696

Psihologie Sociala

Embed Size (px)

Citation preview

yersity of

Connecticutibraries

t>BOOK136.4.

Wg6

1

,

,

3

^i53 000bl70b

VlkerpsychologieEine Untersuchung der Entwicklungsgesetze

Sprache, Mythus

und

Sitte

Wilhelm Wundt

Erster

Band

Die SpracheZweite, umgearbeitete AuflageErster Teil

Mit 40 Abbildungen im Text

LeipzigVerlag von Wilhelm Engelmann1904

Alle Rechte, besonders das der C^bersetzung;, werden vorbehalten.

Vorwort zur ersten Auflage.)

>

..

ber

Plan und Absicht des

vorliegenden Werkes gibt die Ein-

leitung

Rechenschaft.

Ich kann

mich daher an dieser

Stelle

auf einige kurze

Bemerkungen ber mein

wenn

ich

mich des

Ausdrucks bedienen darfstande beschrnken.lichen

persnliches Verhltnis zu

dem Gegen-

Sprache, Mythus, Sitte bildenInhalt

in ihren tatsch-

Zusammenhngen zunchst densie

bestimmter philolozugleich

gisch-historischer Arbeitsgebiete;als andere,

nehmen aberAnspruch.

mehr

dem

weiteren Umkreis der Geschichte angehrige Stoffein

Nein direktes psychologisches Interessehltnis gibt

Dieses Ver-

den genannten Gebieten das Vorrecht, zugleich Grundzu sein.

lagen der Vlkerpsychologieals

Nun knnte

es scheinen,

wenn auchder

der Psychologie dannsich

am

besten gedient wre,

wennmitich

derjenige,

an die vlkerpsychologischen Probleme herandes Philologen

wagt,

die

Eigenschaften

und

des Historikers

denen des Psychologen verbnde.jedoch, dadieser

Aus zwei Grnden glaubewird

Wunsch,werden.

vorlufig wenigstens,

kaum Aussichtbei

hat, verwirklicht

zu

Erstens

mandie

der

gegen-

wrtigen Teilung der wissenschaftlichen Arbeit schwerlich erwartendrfen,

da der Philologe oder Historiker

Sache

in

einer

den

heutigen Forderungen der psychologischen Wissenschaft gengenden

Weise

in

Angriff

nehmen werde; und

vielleicht Vv^ird

man ihm

dies

nicht einmal verdenken knnen,

da die Aufgaben und, was damitGesichtspunkte, mit denen er an

unvermeidlich verbundendie

ist,

die

Problemeich

herantritt, wesentlich

abweichend

sind.

Sodann aberdie

kanndie

nicht

umhin zu glauben, jene Arbeitsteilung,

hier

psychologische AnalysePhilologie

der Erscheinungen der Psychologiezuweist,

und nicht der

und Geschichte

werde

in

einem

VI

Vorwort.

gewissen

Ma immerdie Philologen

fortdauern,

wenn

auch,

wie zu hoffentreten

ist,

beide Gebiete in Zukunft

dadurch

einander nher

msren, O

7

da

sich

und

die Historiker mit

den Betrachtungs-

weisen der

wissenschaftlichen Psychologie

mehr befreunden, undmehr bewut werden,

daalsals

sich

die

Psychologen der Bedeutung der Vlkerpsychologie

einerdies

unentbehrlichen Erkenntnisquelle

gegenwrtigals

derein

Fall

ist.

Gleichwohl wird die Vlkerbleiben.

psychologie

solche

Teil

der Psychologie

Dennvermag,

wenn

der Philologe gewi mit Recht geltend macht, da nur der

mit Erfolg in die Kulturwelt des Altertums

einzudringen

der die Elemente der philologischen Methode beherrscht, so wird

doch wohl auch der Psychologe daran festhalten mssen, da man,

um

die verwickelten

Erscheinungen der Vlkerpsychologie zu entexakte Analyse der elementaren Bewut-

wirren,

zuerst durch diesie

seinsvorgnge, wielogie

die

Methoden der experimentellen Psychodie

vermitteln,

den Blick geschrft und

Fhigkeit

psycho-

logisch zu denken gebt

haben mu.das Gebiet

Wohlihrer

gibt es

heute selbst noch Psychologen, die

Betrachtungen grundstzlich auf diese einfacheren Aufgaben

einschrnken mchten;gleiche

und

in

derin

ffentlichen

Meinung

findet die

Anschauung gelegentlich

der bedauernden

Bemerkung

ihren Ausdruck, die heutige Psychologie sei

ganz und gar zur Psy-

chophysik, also zu einem Anhangsgebiet der Physiologie geworden,

und

sie sei

damit

in

den Kreis jener Disziplinen hinbergewandert,ein Interesseist

die nur fr diejenigenzialitt

besitzen,

die

sie

zu ihrer Spe-

machen.

Dies

nach meinerdie

tiefsten

berzeugung ein

Irrtum,

einer jener Irrtmer,fr

daraus entstehen, da

man

einen

vorbergehenden Zustandansieht.

das

bleibende

Wesen

eines Dinges

Da

die einfacheren

Fragen der physiologischen Psycho-

logie bis

zu einem gewissen Grade geklrt sein muten, ehe sich

die wissenschaftliche Arbeit

den komplizierteren vlkerpsychologiist

schen Problemen zuwenden konnte,

wohl

begreiflich.in

In dieser

Bedingung

liegt aber,

wie ich meine,

ebensowenig wie

der

teil-

weise vernderten Beschaffenheit der Hilfsmittel eine Rechtfertigung

Vorwort.

VII

dafr,

der Psychologie dauernd ein Gebiet fern zu halten, das seiner

eigensten Natur nach zu ihr gehrt, und das, wie

man

vielleicht

behaupten

darf,

den wichtigeren und fruchtbareren Teil

ihrer

Auf-

gaben

in sich schliet.

Im Hinblick

auf die in den obigen

Bemerkungen angedeutete

Scheidung der Standpunkte des Psychologen und des Historikersversteht es sich brigens

von

selbst,

da ich michstreitige

in

demder

folgendenSprach-,

Werk

eines

eigenen

Urteils

ber

Fragenrein

Mythen- und Sittengeschichte,Art sind, enthalte.

soweit solche

geschichtlicher

Nur

da,

wo

sich die historischen

Folgerungen

mit psychologischen Hypothesen verbinden

oder gar, wie es wohl

zuweilen

geschieht,

ausschlielich

in

solchen bestehen, glaube ich

aus

dieser

Rolle

eines

unbeteiligten

Zuschauers

heraustreten

zu

drfen.

Ich

betrachte

demgem

die

geschichtlichen

und ethno-

logischen Ergebnisse auf allen hierher gehrigen Gebieten als einenStoff,

den

ich,

ebenso wie das Resultat eines Experimentes,,

als

einen

gegebenen anerkennen mu

ber

dessen

psychologische

Natur ich mir aber wohl mit demselben Rechte, mitPhilologen

dem

es

diedarf.

und Historiker

selbst

tun,

ein

Urteil

gestatten

Dabei unterscheidet sich meine psychologische Betrachtung dieser

Dinge von derjenigen der Spezialforscher auf den gleichen Gebietennatrlich

dadurch,

da diesen ohne Zweifel

die

Tatsachen leichter

und reichlicher zu Gebote stehen, da dagegen meine Betrachtungsweise

nach den anderwrts,

namentlich nach den

innerhalb

derist,

physiologischen Psychologie gewonnenen Ergebnissen orientiert

und da

sie

von dem Streben

geleitet wird,

auf diesem

Wege

so

weit als mglich die

allgemeinen psychologischen Erkenntnisse zu

ergnzen und zu erweitern. Ich habe geglaubt, diesem Standpunktevor allem insofern Rechnung tragen zu mssen,als ich

meinen Beletzteren

trachtungen

nur

solche

Tatsachen oder

soweit die

hypothetische Ergnzungen nie ganz entbehrlichsolche Voraussetzungen geschichtlicher Artgesichert oder durch die bereinstimmende

machenlegte,

nur

zugrunde

die als

berzeugung der Sach-

verstndigen

als

zureichend beglaubigt angesehen werden knnen.

VIII

Vorwort.

Ich meinte im Zweifelsfalle lieber auf ein glcklich gewhltes Beispielfr irgendeine

psychologische Gesetzmigkeit verzichten,

als

mich

der Gefahr ungewisser linguistischer,historischer

mythologischerdrfen.Sollte

oder

kultur-

Hypothesen aussetzenfehlgegriffen

zu

ich trotzdem

im einzelnen einmal

haben,

so wird

das

der

sach-

kundige Leser, wie ich hoffe,standes entschuldigen.

mit der

Schwierigkeit des Gegen-

Ich kann dieses Vorwort nicht schlieen, ohne dankbar der Hilfe

zu gedenken,ersten

die mir zunchst

fr

den die Sprache behandelndenin der

Band

die sprachwissenschaftliche Literatur,

wieder die

indogermanistische und germanistische in erster Linie steht, geleistethat.

Innerhalb der Jahre, in denen ich mich mit den Vorarbeiten

zu diesem

Werke

beschftigte, hat sich mir

immer mehrvonin

die

berausin

zeugung aufgedrngt, da

die Sprachwissenschaft

sich die

wachsendem Malogische Seite

einer

grndlicheren

Vertiefung

psycho-

der Sprachprobleme zugefhrt werde.

Dieser

Um-

stand hat es gefgt,selbst

da

vielfach innerhalb der Sprachwissenschaft

schon die einzelnen Tatsachengebiete einer psychologischen

Behandlung

um

vieles

zugnglicher geworden sind,

als

sie

es

zu

der Zeit waren,die

da ich selbst es

zum

ersten

Mal unternahm, mirEs wrde zuzuwill

Aufgaben der Vlkerpsychologie zurechtzulegen.fhren,ichin

weit

hier

auch nur die

wichtigsten Arbeitenbin.

nennen,

denendie

dieser

Beziehung verpflichtetbeschrnken.der

Ich

mich aufich

drei

hauptschlichstenPauls

Zunchst

verdanke

Hermann

Prinzipien

Sprachgeschichte

mannigfache

Anregungen.

Sein Streben,die

berall die Analyse

der sprachlichen

Vorgnge an

Erscheinungen der lebenden Sprache, und hier

wieder das Studium der generellen an das der individuellen Erschei-

nungen anzuknpfen, kam durchausundauf

einer

von mir

selbst

gehegtenentgegen.

andern

Gebieten

bettigtenich

berzeugungrckhaltloser

Diese Anregungenje

mchtein

um

so

anerkennen,

mehr

ich

sowohl

der

allgemeinen

psychologischen Auffas-

sung, wie infolgedessen zumeist auch in der Interpretation des einzelnen

andere

Wege

einschlagen

mute.

Unter

den

spezielleren

Vorwort.

IX

sprachwissenschaftlichen

Werken gewhrte

mir sodann fr das weite

Gebiet allgemeiner Sprachvergleichung

vor allem Friedrich Mllers

Grundridie

der Sprachwissenschaftdiesich

vielfache

Frderung.

Geradeer

Zurckhaltung,auf die

Mller auferlegt hat,fr

indem

sich

berall

Zusammenstellung derTatsachen,der

die

Beurteilung

einer

Sprache

wesentlichen

Lautsysteme,

Paradigmen,

Sprachproben usw., beschrnkte, macht dieses Werk vor andern,die

von vornherein

die

Erscheinungen nach bestimmten linguistischen

oder psychologischen Hypothesen gruppieren, fr den Psychologenwertvoll.

Fr das Indogermanische bin

ich

endlich

hauptschlich

dem

Grundri der vergleichenden Grammatik der indogermanischenfr

Sprachen von K. Brugmann und B. Delbrcklehrungen verpflichtet.

zahlreiche

Be-

Leipzig, im Mrz igoo.

Vorwort zur zweiten Auflage.Die zweite Auflage dieses Werkes hat wederauffassungin

der Gesamt-

noch

in

der

Anordnung des

Stoffs

wesentlicheist

ndeein-

rungen gegenber der ersten aufzuweisen.zelne

Dagegen

alles

noch

einmal

sorgfltig

durchgearbeitet

worden.

Manches

hoffe ich durch ergnzende

Ausfhrungen

in helleres Licht gesetzt,

anderes

durch

Berichtigungenirrig

und Zustze verbessert zu haben.

Zweifelhafte oder als

erkannte Beispiele wurden beseitigt undersetzt.

womglich durch zuverlssigereauch diesmal geglaubt,spieledie

Im ganzen aber habe

ich

mich jeweils auf wenige erluternde Bei-

beschrnken zu drfen, da es sich ja hier nicht sowohldas

um

Mitteilung sprachwissenschaftlichen Materials,

den Sprach-

forschern besser und reicher zu Gebote steht als mir, und das den

Psychologenwrde,als

vielleicht

als

eine

berflssigedie

Belastung

erscheinen

vielmehr lediglich

um

notwendige Exemplifikation

der an der Sprache nachgewiesenen oder wahrscheinlich gemachten

psychischen und psychophysischen Vorgnge handelt. Tiefer greifende

X

Vorwort.

Umarbeitungen hat im ersten Teil namentlich das Kapitel ber denLautwandel, im zweiten die Darstellung der Wortformen und teilweisedie des Satzes erfahren.

Fr

viele kritische

Bemerkungen und Be-

richtigungen im einzelnen bin ichdie dieses

den zahlreichen Besprechungen,Seite

Werk von

linguistischer

erfahren hat, verpflichtet.

Besonders habe ich den Schriften von B. Delbrck ber Grundfragender Sprachforschung

und von L.

Stterlin

ber das

Wesen

der

sprachlichen Gebilde, die beide aus Anla diesessind,

Werkes erschienendankbar

manche Anregungen zu Verbesserungen und Umarbeitungenaufrichtig

entnehmen knnen, wofr ich diesen Forschernbin. Freilich sind diese

Verbesserungen, wenn

sie als

solche anerkanntdie ich

werden

sollten,

nur zu einem kleinen Teil Zugestndnisse,allzu

dem, wie mir scheint, etwasder genannten Autoren

einseitig historischen

Standpunkt

machen

durfte.

In der Mehrzahl der Flleein-

habe

ich

mich vielmehr gentigt gesehen, eben einem solchen

seitigen Historismus

gegenber das Recht der psychologischen Be-

trachtung zu wahren und

wenn mglich eingehender,

als es vielleicht

da und dort

in

der

ersten Auflagebillig

geschehen war, zu begrnden.

Hoffentlich wird

aber der

denkende Leser nicht verkennen,

da ich den Wert der Sprachgeschichte darum wahrlich nicht geringachte, sondern

da

ich,

wo

sie

uns zugnglich

ist,

hier wie berall

im Gebiet der geistigen Vorgnge das geschichtliche Werden der Erscheinungenals

die

Grundlage ansehe, auf der sich

erst die

psycho-

logische Untersuchung erheben kann.schichte ltsich,

Doch

mit der bloen Gemit reiner

wie

ich

glaube,

ebensowenig wie

Psychologie ein tieferes Verstndnis der sprachlichen Entwicklungen

gewinnen, sondern beide mssen zu diesem Zweck zusammenwirken.

Fr das Gebiet der indogermanischen Sprachgeschichte bin ichdieser Beziehung

in

meinem verehrten Kollegen K. Brugmann

fr viele

berichtigendeverpflichtet.

und ergnzende Bemerkungen zu besonderem Dank

Leipzig, im

Mrz 1904.

W. Wundt.

Inhalt.Seite

EinleitungI.

i.

n.ni. IV.

Aufgaben und Nachbargebiete der Vlkerpsychologie. Volksgeist und Volksseele Zur Entwicklungsgeschichte der Vlkerpsychologie Hauptgebiete der VlkerpsychologieErstes Buch.

i

7.

.

18

30

Die Sprache.Erstes Kapitel. Die Ausdrucksbewegungen I. Allgemeine Bedeutung der Ausdrucksbewegungen.IL

37.

.

37

Verhltnis der

Ausdrucksbewegungen

zu den

Gefhlen43

und Affekten1.

Einfache GefhlsformenGefhlsverlauf der AffekteInnervation der Ausdrucksbewegungen

4350 59 70

2.3.

4.III.

Sensorische Rckwirkungen der Ausdrucksbewegungen

Prinzipien der Ausdrucksbewegungen1.

74

Herbert Spencers physiologische Theorie

2. 3.

Darwins Prinzip der zweckmig assoziierten GewohnheitenVersuche einer psychologischen Theorie

...

74 7885

4.

Allgemeinstes psychophysisches Prinzip der Ausdrucksbewegungen

9091 91

IV.

ntensi ttsuerungen der Affekte 1. Ausdrucksbewegungen starker Affekte2. 3.

Beteiligung

einzelner Muskelgebiete

an den Intensittssymptomen

Vasomotorische Intensittssymptome

94 96loo 100loi

V,

Qualittsuerungen der Affekte1.

Gefhle

als

Grundlagen der Qualittssymptome

2. 3.

4.5.

Mechanismus der mimischen Ausdrucksbewegungen Mimische Symptome der Lust- und Unlustgefhle Mimische Symptome der Spannungs- und LsungsgefhleTheorie der mimischen Ausdrucksbewegungen

103

....

HO112123

VI.

Vorstellungsuerungen der AffekteI.

Verhltnis

der

Vorstellungsuerangen

zu

den

andern

Affekt-

symptomen

123

XII

Inhalt.

Seite

2.3.

4.

Hauptformen pantomimischer Bewegungen Theorie der pantomimischen Bewegungen Verbindungen und bergnge zwischen verschiedenen Ausdrucksformen

126128

133

Zweites Kapitel. Die Gebrdensprache I. Die Entwicklungsformen der Gebrdensprache1.

136136

Begriff

und allgemeine Eigenschaften der Gebrdensprache

...

136138145

2. 3.

Gebrdensprache der Taubstummen

Gebrdensprache bei den NaturvlkernGebrdezeichen bei den europischen Kulturvlkern.

4. berlieferte5.II.

147151

Gebrdezeichen der Zisterziensermnche

Grundformen der Gebrden1.

154154157 161 169

Psychologische Klassifikation der Gebrden

2.3.

Hinweisende GebrdenNachbildende GebrdenMitbezeichnende Gebrden

4.5.III.

Symbolische Gebrden.

174.

Vieldeutigkeit und Bedeutungswandel der Gebrden1.

191 191

Unbestimmtheit der BegriffskategorienBegriffsbertragungen und Bedeutungswandel der Gebrden

2.

...

199

IV.

Syntax der Gebrdensprache1.

208208

Gebrdenfolge der Taubstummen

2.3.

Gebrdenfolge der IndianerPsychologische Ursachen der Gebrdensyntax..

214217

V.

Psychologische Entwicklung der Gebrdensprache.1.

222222

2.

Ursprung der Gebrdensprache aus den Ausdrucksbewegungen Die Gebrde und die Anfnge der bildenden Kunst

.

.

229233 242

3. 4.

Gebrdensprache und BilderschriftPsychologischer Charakter der Gebrdensprache

Drittes Kapitel.I.

Die Sprachlaute Stimmlaute imTierreich1.

248

248248 252 255 263271 271

Stimmlaute

als

Ausdrucksbewegungenals

2.

Allgemeine Entwicklung der Ausdruckslaute

3.

Tonmodulationen

Ausdrucksformen bei Tieren

4.II.

Tonmodulation und Lautartikulation beim Menschen

Sprachlaute des Kindes1.

Stadien der Lautbildung beim Kinde

2.3.

Angebliche Worterfindung des Kindes Psychophysische Bedingungen der individuellen SprachentwicklungPsychologische Eigenschaften der kindlichen Sprache

277 292

4.5.

298302

Lautvertauschungen und Lautverstmmelungen in der Kindersprache

in.

Naturlaute der Sprache und ihre UmbildungenI.

307 307

Primre und sekundre Interjektionen

Inhalt.

XniSeite

2.

Wortformen mit Affektbetonung: Vokativ und ImperativNaturlaute als Grundbestandteile von Wortbildungenin der

....

310 314

3.

IV.

Lautnachahmungen1.

Sprache

317317 326333 336

Schallnachahmungen und LautbilderAllgemeine Bedeutung der Lautnachahmung

2. 3.

Lautgebrden zur Bezeichnung der ArtikulationsorganeNatrliche Lautmetapherna.

4.

LautmetaphernLautmetaphernkeitsbegriffen

in in

den Wrtern

fr Vater

und Mutter

......

339343

b.c.

Ortsadverbien und Pronominalformen.

.

Korrespondierende Laut- und Bedeutungsvariationen bei Ttig-

346

5.

Psychologische Entstehung der Lautgebrden und Lautmetaphern

354 360 360 360363 367

Viertes Kapitel.I.

Der Lautwandelin

Die Lautgesetze1.

der Sprachwissenschaft

2. 3.

Das Postulat der Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze Teleologische Hypothesen ber die Ursachen der Lautnderungen

Annahme

physischer und psychischer

Momente

der Lautentwicklung

4.

Komplikation der Ursachen des Lautwandels

370.

n. Individuelle1.

und generelle Formen der Lautnderung

372

Lautwandel und LautwechselSpielraum der normalen Artikulationen

372376 379 380

2.

3.

Strungen der Lautbildunga.

Lauterschwerungen

b.c.

4.5.

Lautvermengungen Wortvermengungen Sprachmischungen und Mischsprachen Grundformen des generellen Lautwandels

382387393

402

m. Assoziative Kontaktwirkungen der Laute1.

Regressive und progressive Lautinduktion

2.

Theorie der Kontaktwirkungena.

sthetische, teleologische und psychologische Deutungen

.

.

.

b.

Psychophysische Theorie der Lautinduktion

410 410 416 416 422431431

IV.

Assoziative Fernewirkungen der Laute 1. Allgemeine Formen assoziativer Fernewirkung2.

Grammatische Angleichungena.

Innere grammatische Angleichungen

434 434435 438

b.3.

uere grammatische AngleichungenAngleichung durch Begriffsverwandtschaft

Begriffliche Angleichungena.

b.c.

Angleichung durch Kontrast der Begriffe

438 440441

Komplikationen der Angleichsvorgnge

4.

Psychologische Theorie der assoziativen Fernewirkungena.

....

443

Entstehung der Fernewirkungen aus elementaren AssoziationenAnalyse der vier Hauptformen der Lautangleichung

443 452 457

b. Psychologische5.

Physiologische Einflsse bei den Lautangleichungen

XIV

Inhalt.

Seite

V.

Laut- und Begriffsassoziationen bei Wortentlehnungen.1.

.

459 459 461

2. 3.

Hauptformen der Wortentlehnung Wortentlehnungen mit reiner Lautassoziation Wortentlehnungen mit Begriffsassoziationen a. Wortassimilationen mit begrifflichen Nebenwirkungenb. Wortassimilationen mit

464 466469471

Begriffsumwandlungen

4.

Beziehungen der Wortentlehnungen zu den anderen assoziativen

Femewirkungen"VI.

Regulrer stetiger Lautwandel 1. Allgemeine Bedingungen des regulren Lautwandels2.3.

473473 478481

Naturumgebung Mischungen und Berhrungen der VlkerEinflu derEinflsse der Kultur

4.5.

Tempoa.

der

Rede und Wortbetonung.

Allgemeine Wirkungen der Artikulationsgeschwindigkeit.Vokalkontraktionen und Lautschwchungen

.

.

484 488 488491

b.c.

Lautnderungen der Verschlulaute

493507511

d.6.

Lautnderungen unter Einflu des AkzentwechselsPhysische, psychophysische und psychische Hypothesen

Zur Theorie des regulren Lautwandelsa.

....singu-

511

b.

Der regulre Lautwandellren Lautnderungen

als

resultierende

Wirkung der

517 526

VII.

Allgeraeiner Rckblick auf die Vorgnge des Lautwandels

Fnftes Kapitel.I.

Die Wortbildung

530

Psychophysische Bedingungen der Wortbildung1.

530 530535

Zentrale Strungen der Wortbildung

2.3.

Hypothesen ber

die physischen Substrate der

Wortbildung

.

.

.

Unzulnglichkeit der Lokalisationshypothesen

538

4.5.

Physiologische und pathologische Amnesie

540 544547 550 557

Erscheinungen der ParaphasiePsychophysisches Prinzip der FunktionsbungPsychologische Deutung der zentralen Sprachstrungen

6.7.II.

Psychologie der Wortvorstellungen1.

Psychische Struktur der Wortvorstellungen

2.3.

Tachistoskopische Methode

557 564.

Erscheinungen bei kurz dauernder Einwirkung von Wortbildern

569573

4.5.

Das Wort

als

simultane Vorstellung

Psychologische Analyse der Wortassimilationen

6.

Apperzeption des Wortes

als Einzelvorstellung

579 582583 583 585..

in.

Stellung des Wortes in der Sprache1.

Grund- und Beziehungselemente des Wortes

2.3.

Wurzeln der SpracheUnterscheidung von Sprachtypen auf Grund der Wurzeltheorie

587 592

4.

Reale Bedeutung der Sprach wurzeln

Inhalt.

XVSeite

5. 6.

Wort und

Satz

Ursachen der Wortsonderung

599 603

IV.

Neubildungvon Wrtern1.

606606 612

Volkstmliche NeubildungenGelehrte Neubildungen

2.

V.

Wortbildung durch Lautverdoppelung1.

618618623

Allgemeine Formen der LautverdoppelungBedeutungsarten der Lautverdoppelunga.

2.

Verdoppelung zum Ausdruck

sich wiederholender

Vorgnge

.

.

623625

b.c.

Verdoppelung bei Kollektiv- und Mehrheitsbegriffen Verdoppelung zur Steigerung von EigenschaftsbegriffenVerdoppelungals

....

627

d. 3.

Steigerungsform der Verbalbegriffe

628632

Psychologisches

Schema der Verdoppelungsformen

4.

Psychologische Theorie der Verdoppelungsformen

634642642

VI.

Wortbildung durch Zusammensetzung1.

Begriff

2.

Sprachliche

und Hauptformen der Wortzusammensetzung Formen der Wortzusammensetzung

648653

3.

Laut- und Bedeutungsnderungen der Komposita

4.

Theorie der Wortzusammensetzung und Wortverschmelzung

....

657661 661

VII.

Ursprngliche Wortbildung1.

Verhltnis der urspnglichen zu den sekundren Wortbildungen

2.

Wortbildungen

bei

der Entstehung neuer Sprachen aus voran-

gegangenen

664

Einleitung.

I.

Aufgaben und Nachbargebiete der Vlkerpsychologie.in

Die Psychologiedieses

der gewhnlichen und allgemeinen Bedeutungdie Tatsachen der unmittelbaren Erfahrung,

Wortes sucht

wie

sie

das subjektive Bewutsein uns darbietet, in ihrer Entstehung

undSinn

in

ihrem wechselseitigen Zusammenhang zu erforschen. In diesemsie

ist

Individualpsychologie.

Sie verzichtet durchgngig

auf eine Analyse jener Erscheinungen, die aus der geistigen Wechsel-

wirkung einer Vielheit von Einzelnen hervorgehen.bedarfsie

Eben

deshalb

aber einer ergnzenden Betrachtung, die wir der Vlkerzuweisen.

psychologie

Demnach

besteht die Aufgabe dieses Teil-

derjenigen psychischen Vorgnge, die der allgemeinen Entwicklung menschlicher Gemeinschaften und der Entstehung gemeinsamer geistiger Erzeugnisse von allgemeingltigem Werte zugrunde liegen. Indem die Vlkerpsychologie den Menschen in allen den Begebiets der Psychologie in der Untersuchung

ziehungen, die ber die Grenzen des Einzeldaseins hinausreichen und

auf

die

geistige

Wechselwirkung

als

ihre

allgemeine

Bedingung

zurckfhren,freilichist

zu ihrem Gegenstande nimmt,

bezeichnet nun aber

jener

Name

nur unvollstndig ihren Inhalt.einer

Der EinzelneAlsnchster

nicht

blo

Mitglied

Volksgemeinschaft.

Kreis umschliet ihn die Familie;

durch den Ort, den Geburt undstehter

Lebensschicksale

ihm anweisen,

inmitten

noch anderer,

mannigfach sich durchkreuzender Verbnde, deren jeder wieder vonder erreichten

besonderen Kulturstufe mit ihren Jahrtausende altenAlles das wird durchj

Errungenschaften und Erbschaften abhngt.Wandt,VlkerpsychologieI,

i.

2.

Aufl.

2

Einleitung.

den Ausdruck Vlkerpsychologie natrlich nur unvollkommen angedeutet,

und

es

knnte darumsoziale

vielleicht

sinngemer scheinen, der

individuellen

eine

Psychologie gegenberzustellen.

DochGesell-

wrde diese Bezeichnung wiederum wegen der Bedeutung, die man

dem

Begriff der

Gesellschaft

innerhalb der sogenannten

schaftswissenschaften bereits angewiesen hat, Miverstndnissen be-

gegnen knnen.Lebenskreise,aus

Auch

ist

dasdie

Volk

jedenfalls der wichtigste

der

denen

Erzeugnisse

gemeinsamen

geistigen

Lebenseinem

hervorgehen.hier

psychologie

umist.

Wir werden daher den Namen Vlkerso mehr beibehalten knnen, als er inAllerdings pflegt

dem

hier

angewandten annhernd entsprechenden Sinne nun

einmal eingefhrt

man

dabei,

von der un-

mittelbaren Bedeutung des Wortes ausgehend, mit diesem

Namen

noch einen

spezielleren Begriff zu verbinden,

indem darunter eineder

Charakteristik

der

geistigen

Eigentmlichkeiten

einzelnenist

Rassen und VlkerdiesemPlanwissenschaft,

verstanden wird. psychische

In der Tat

eine nach

ausgefhrte

Ethnologieeine

neben

Sprach-

Mythen-

und

Sittengeschichte

unentbehrliche

Grundlage der Vlkerpsychologie.

Zugleich

teilt sie

aber mit diesensichselbst hin-

historischen Hilfsgebieten die Eigenschaft,

da

sie

wiederum

berall

auf die

allgemeinen GesetzeForschungsgebiet,sieht.

des das

geistigen Zu-

sammenlebens,

also

auf das

wir

hier

der

Vlkerpsychologie vorbehalten, angewiesenlt sich

Diesem Verhltnisda manspezielle Vlkermitdersichdie

zweckmig wohl dadurch Ausdruck geben,als eine

jenen psychischen Teil der Ethnologie

psychologie

der

allgemeinen

gegenberstellt,soll.ist

folgende Betrachtung beschftigen

Ein wesentlich anderer Gesichtspunkt

dagegen

fr

die

Ab-

grenzung der historischen Disziplinen gegenber der Vlkerpsychologie magebend.Natrlich gehren die vlkerpsychologischensie

Erscheinungen, insofern

an der allgemeinen geschichtlichen Ent-

wicklung der Menschheit teilnehmen, smtlich auch zum Inhalt derGeschichte.

Aber whrend

die

letztere

den ganzen Umfang der

physischen und geistigen Bedingungen insdiese Entwicklung entspringt,

Augein

fat,

aus denen

um

sie

danach

ihrem tatschlichendieselbe

Verlaufe

zu

schildern,

zergliedert

die

Vlkerpsychologie

lediglich mit

Rcksicht auf die in ihr hervortretenden psychologischen

Aufgaben und Nachbargebiete der Vlkerpsychologie.

Zusammenhnge undhnlich

Gesetze.

Sie

verhltdie

sich

also

annherndzur

zur

Vlkergeschichte,Biographie.die

wie

Individualpsychologieauf jenen

historischen

Insbesonderesich,

Gebieten

der

Geistesgeschichte,geschichte, mit

wie

Sprach-,

Mythen- und

Sitten-

dem

Inhalt der Vlkerpsychologiedie

am

nchsten be-

rhren, scheiden sich deshalb

Aufgaben ziemlich scharf schondie

nach

dem ueren Merkmal, da

Erscheinungen von

dem

Augenblick an der Geschichtedas

zufallen, wo sie unmittelbar durch persnliche Eingreifen Einzelner zustande kommen. Darum gehrt die Geschichte der geistigen Erzeugnisse in

Literatur,

Kunstist

und WissenschaftHauptaufgabeder

nicht

zur

Vlkerpsychologie.aufallen

Dennsowie

es

die

Geschichte

diesen

Gebieten,

das Zusammenwirken der Natur- und Kulturbedingungen

der

psychischen Anlagen

der Vlker mit der persnlichen

Begabung und Bettigung Einzelner in ihrem inneren Zusammenhange verstndlich zu machen. Insoweit bei der Lsung dieser Aufgabe psychologische Momente von allgemeinerer Natur zur Geltung kommen, sind es mehr solche, die der psychischen Ethnologieals

der

allgemeinen Vlkerpsychologie angehren.ist

Von denwirdsie

Gebieten der allgemeinen Kulturgeschichte

es aber besonders die

Urgeschichte, mit derDie UrgeschichteZeugnisse,

sich jene berhrt.

Auch von

ihr

jedoch durch die abweichende Richtung ihrer Interessen geschieden.hat ihren Blick der Geschichte

zugewandt:

die

die Sprache,

Mythen undsie,

sonstige Volksberlieferungen

an die Hand geben,graphische Merkmale,

sucht

ebenso

wiedie

physische

und geo-

zu verwerten,

um

Geschichte ber die

durch die historischen Zeugnisse gesteckten Grenzen hinaus zu ergnzen.

Die Vlkerpsychologie hat dagegenGesetzmigkeitdes

ihr

Augenmerk aufselber

die

psychologischerichtet.

Zusammenlebens

ge-

Die lokalen und nationalen Unterschiede seiner Gestaltunginsoweit sie nicht in

sind ihr gleichgltig,

irgendeiner Weise auffr sie eine

jene Gesetzmigkeit Licht werfen.

So kann

konkrete

Sprachform von InteressemenschlicheGesetzeder

sein,

weil

sich in ihr gewisse allgemeinin

Sprachentwicklung

charakteristischer

Weise uern.

Doch

dies Interesse hrt auf, sobald

etwa eine solche

Form

als

Merkmal

bentzt wird, ein

Zusammenhangs verschiedener Vlker Punkt, wo nun umgekehrt die Erscheinung fr deneinstigen

A

Einleitung.

Geschichtsforscher ihren Hauptwert gewinnt.sich

Dieses Verhltnis ergibt

eben mit Notwendigkeit daraus, dawill als

die

Vlkerpsychologie nichts

anderes seinlogie auf die

eine Erweiterung

und Fortsetzung der Psycho-

Phnomene gemeinsamen Lebens.Grunddafr,

In dieser Aufgabe liegt nun aber zugleich einihre

da

Abgrenzung gegen

die

historischen

Nachbargebiete

niemals

eine absolute sein kann.vidueller Willensbettigung

Denn

der Punkt,

wodie

die Einflsse indi-

beginnen

oder

aufhren,

bleibt

nicht

selten unbestimmbar; vor allem aber bilden

Wechselwirkungen

zwischen den Individuen und der Gemeinschaft selbst wesentlicheDies erhellt Faktoren der vlkerpsychologischen Entwicklungen. schon daraus, da das geistige Leben einer Gemeinschaft schlielich

doch nur aus dem Leben der Einzelnen

besteht, die ihr angehren,die

und da

daherals

alle

die

geistigen

Erzeugnisse,

wir

auf die

Gemeinschaft

solche

zurckfhren,

wenn

sie

auch

ohne dassein

Zusammenleben undwrden, dochhaben.wirin

seine

Wechselwirkungen nicht mglich

den individuellen Eigenschaften

ihre letzte Quelle

Gleichwohl gibt es

zwei Merkmale,prinzipiell

an denen das, was

im Leben

eines Volkes ein gemeinsames Erzeugnis nennen,

von einerist.

individuellen

Schpfungdarin,

stets

zu unterscheiden

Das erste besteht

da

an jenem

unbestimmt

viele

Glieder einer Gemeinschaft in einer Weise mitgewirkt haben, welchedieist

Zurckfhrung auf bestimmte Individuen ausschliet.dies,

Das zweiteEntwicklung

da

die

gemeinsamen Erzeugnisse

in

ihrer

zwar mannigfache, zumeist geschichtlich bedingte Unterschiede darbieten, trotz dieser Mannigfaltigkeit aber gewisse

allgemeingltigesind

Entwicklungsgesetze erkennenin

lassen;

und dieseletzte

es

dann,

deren Auffindung die Vlkerpsychologie ihresieht.

und wichtigste

AufgabeGebiet,

Neben Ethnologie und Geschichtelogie.

liegt

endlich noch ein drittesdie

das mit der Vlkerpsychologie sich berhrt:

Soziosie

Die Frage, was

die

Soziologie

sei,

welche

Stellung

innerhalb der sonstigen, die gesellschaftliche Existenz des

Menschenist

voraussetzenden

ArbeitsgebieteIhre

zu

bernehmen habe,

freilich

noch eineihr

umstrittene.

Aufgabedasie

lt sich daher vorlufig aus

selbst

nicht

entnehmen,

noch nicht oder mindestens

nicht in einer anerkannten

Form

existiert.

So

bleibt

denn nichts

Aufgaben und Nachbargebiete der Vlkerpsychologie.

e.

anderes brig,sich

als

umgekehrt nach den Bedrfnissen zu fragen,bereits

die

von bestimmten,einer

vorhandenen Wissensgebieten aus imUnter diesem Gesichtspunkt

Sinn

allgemeineren,

deren eigene Grenzen berschreitendenist

Gesellschaftswissenschaft erheben.

nun wohl vor

allen

Dingen

festzuhalten,

da

die Soziologie,

wennsie als

man

sie

nach dieser Bedrfnisfrage bemit, keine philosophischeist,

Wissenschaft

so oft auch der VersuchIn Wahrheitist

gemacht wurde,

eine solche aufzufassen.logie

die philosophische Soziobisalsist

von Auguste Comte und Herbert Spencer anunterdie

auf dieeine

neuesten hnlichen Versuche durchaus nichts anderesschichtsphilosophieverstndlich,

Geeine

da

Denn es Geschichtsphilosophie immerneuem Namen.

ja selbst-

zugleich

Philosophiediese

der menschlichen Gesellschaft sein

mu, dain

sich aber

eben wegen des allgemeinen Zusammenhanges,Betrachtungeinerdie

den die

philosophischebringt,stets

gesellschaftlichen

Erscheinungen

zu

philosophischen Beleuchtung der geschicht-

lichen Entwicklung

der Menschheit erweitern wird.

Ganz

abseits

vongabe

einer solchen philosophischen liegt jedoch die empirische Auf,

die gesellschaftlichen

Erscheinungen

in

ihrem gesamten Zuin

sammenhang undzufhren.

mit Rcksicht auf die Beziehungen,

denen

sie

zueinander stehen, zu beschreiben und auf ihre Bedingungen zurck-

Die Soziologie

in

diesem Sinninnerhalb

ist

eine

Zustandsschilzeitlicher

derung der Gesellschaftrumlicher Grenzen.seits

bestimmter

und

Sie steht einerseits mit der Geschichte, andersozialen

mit

den

einzelnen

Wissenschaften,

Rechts-, Wirtteils

schafts-, Staatslehre, inin alle diese

enger Verbindung. Ihre Aufgaben greifenteils

Einzelgebiete ein,

bringt sie in der Untersuchung

der Verhltnisse der verschiedenen Faktoren des gesellschaftlichen

Lebens zueinander

eine neue

und eigenartige Aufgabe hinzu.

Fr

diese bietet vornehmlich die Statistik der Bevlkerungserscheinungen

das erforderliche Material.

Von

der Geschichte scheidet sich eine

solche empirische Soziologie dadurch,

da jene

die

ganze Aufein-

anderfolge der Zustnde samt den Ereignissen, die den Wechsel der

Zustnde herbeifhrten, zu ihrem Objekt hat,

whrend diese gesucht.

wissermaen Querschnitte durch einzelne Stellen dieses fortan sichvernderndenzentriert sich

organischen

Ganzen zu legen

Dabei

kon-

wiederum naturgem das vor\valtende soziologische

6Interesse

Einleitung.

auf gewisse,die

auch historisch besonders bedeutsame EpoZustnde der Gegenwart

chen,

unter denen

um

so

mehr imgewisseneine

Vordergrund stehen,Exaktheit

als fr sie allein die Hilfsmittel

der statistischen

Methode ausgebildet genug

sind,

umNunin

die Ergebnisse einerist

nahe zu bringen^).

es

klar,

daals sie

em-

pirische Soziologie in diesem Sinn

dem Mae,Aufgaben zu

von den

ihr zunchst obliegenden deskriptiven

einer Interpretadie

tion der

Erscheinungen fortschreiten

will,

nach manchen,

physische

Seite

des

Zusammenlebens betreffenden Richtungen mit gewissennach andern mit der Individual- undtreten wird.

Teilen der Naturwissenschaft,

Vlkerpsychologie

in

Konnex

Aber

diese psychologi-

schenals

wie jene naturwissenschaftlichen Gebiete knnen dabeieiner solchendie

nur

Hilfsdisziplinen

gesellschaftlichen Verhltnisse

interpretierenden Soziologie gedacht werden.

Dagegen

ist

es vlligsei

unfabar, wie etwa umgekehrt die Soziologie eine Grundlage,es der Psychologie berhaupt,sei

es insbesondere der Vlkerpsyist,

chologie werden

sollte.

Wenn

daher behauptet worden

die hier

der Vlkerpsychologie zugewiesene Aufgabe

sei eigentlich

das recht-

mige Eigentum

einer zuknftigensein,

Soziologie,

oder diese msselasse,

mindestens erst gefestigtihr

ehe sich daran denken

nun von

aus zu einer ihr untergeordneten sozialen Psychologie zu gediese

langen, so zeigen

uerungen, da man weder von dem,

was

allenfalls

eine Soziologie,

noch von dem, was

die

VlkerpsyHinsichtlich

chologie zu leisten hat, eine klare Vorstellungder Soziologieheit ihres

besitzt.

magin

das angesichts der noch bestehenden Unsichersein.

Programms entschuldbar

Nicht so fr die Vlker-

psychologie,

wo

den allgemein menschlichen Erzeugnissen, be-

sonders in Sprache,

Mythus und Religion,

Sitte

und Kultur,

die

^)

Vgl. ber diese Aufgaben der Soziologie neben und ber den einzelnen Gedie

sellschaftswissenschaften, -wie Ethnologie, Bevlkerungslehre, Staatswissenschaft,

Ausfhrungen

in

meiner Logik

~

Bd.

2,

2,

S.

philosopischezu,

Soziologie gemeint sei, da Soziologie und Geschichtsphilosophie eins und dasselbe sind (Paul Barth,als

436 ff. Mit der Beschrnkung, da die stimme ich ganz der These Paul BarthsBd.1897, S. 10

Die Philosophie der Geschichte

Soziologie,

i,

ff.).

Aber

die

These

verliert,

wie ich meine, ihr Recht, wenn

man den

Begriff der Soziologie im

wenig wie die Geschichte zur Philosophie, sondernals eine

Sinne einer empirischen Gesellschaftswissenschaft auffat: dann gehrt diese ebensoist hchstens neben der Geschichte

Grundlage der Geschichtsphilosophie anzuerkennen.

Volksgeist und Volksseele.

Probleme berallErgebnisse,gibt,

bereit liegen

und schon auf Grund der allgemeinen

die

uns die experimentelle Psychologie an die

Hand

zu einer psychologischen Analyse und Interpretation heraus-

fordern.

II.

Volksgeist und Volksseele.

Geist und Seele sind Wechselbegrifife, deren Bedeutungsentwicklung,in

wenn

sie

auch erst einer spteren Zeit angehrt, dennoch bisGeister,

das mythologische Denken zurckreicht.

nicht Seelen,

nennt der Aberglaube noch heute die krperlos, aber gleichwohlmateriell

gedachten Schatten der Verstorbenen oder jene hherener

Wesen, von denen

annimmt,

sie seien niegilt

an einen krperlichenals ein

Leib gebunden gewesen.

Die Seele

ihm zwar auchverlasse;

be-

sonderes Wesen, das beimdies geschehe,

Tode den Krpersie zugleichsie

doch sobald

entschwinde

der sinnlichen Anschauung.Geiste.

Wo

sie in dieser bleibt,

da wird

eben zum

Darum

ist

die Seele fr

den Volksglauben nur

in ihrer

Gebundenheit an den Leibexistiert sie

der Erfahrung zugnglich.

Getrennt von ihm

nur in einer

berirdischen Welt. Die Geister dagegen sind Wesen, die ebensowohlin

der Umgebung der Lebenden, wie jenseits derselben ein selbstndiges

Dasein fhren.Diesedeutlich

Unterscheidungenin

des

mythologischen Denkens

wirken

noch

dem uns

gelufigen wissenschaftlichen Gebrauch der

Begriffe nach.berall da,

Vom

Geist

und von geistigen Vorgngen reden wirvon ihnen abgesehenwird.

wo an

irgendwelche Beziehungen zur krperlichen Natur

nicht gedacht, oder

wo

geflissentiich

Beistets

der Seele und den seelischen Vorgngen sind unszugleich die Beziehungen

dagegen

bersetzen wir mit gutem Recht daslehre,

zum physischen Leben gegenwrtig. Darum Wort Psychologie durch Seelendie

whrend wir den Naturwissenschaften

Geisteswissen-

schaften gegenberstellen.

Die Psychologie kann nun unmglich an

den Beziehungen des Seelenlebens zum krperlichen Sein vorber-

Denn empirisch ist uns die Seele berhaupt in einem Zusammenhang von Erfahrungen gegeben, die zu ihrem Zustandegehen.

kommen

einen physischen Organismus von gewissen Eigenschaften

8

Einleitung.

fordern.

Diesefr

Beziehung zur Naturseitedie

der

Erscheinungen

gilt

zwar auch

smtlichen

sogenannten

Geisteswissenschaften.

Aber da

bei ihnen

doch bald mehr, bald weniger diese NaturseiteRcksicht-

auer Betracht

bleibt, so scheint es berechtigt, eine solche

nahmeLebenlogie

auf physische Bedingungen und Wirkungen

hier

nur

still-

schweigend hinzuzudenken,als

um

die

Beziehungen zu

demsie

geistigen

das allen diesen Gebieten gemeinsame und

von derPsycho-

Naturforschung scheidende Merkmal zu betonen.

Wie

die

berhaupt, so hat es daher auch die Vlkerpsychologie, infr jene

sofern die

magebenden Bedingungen notwendig

fr

sie

gleichfalls gelten,

mit der Seele, nicht mit

dem

Geist in der diesen

unterscheidenden Bedeutung des Wortes zu tun.

NurSie

greift sie die

besonderen

Erscheinungen heraus,

die

an die Bedingungensind.

des

menschlichen

Zusammenlebens- gebunden

wirdsein.

daher

sinngem eine Lehre von der Volksseele zu nennendann reden knnen, wenn es sich

Vom

Volksgeiste werden wir dagegen, wie es auch der Sprachgebrauchbesttigt,

um

eine Charakteristik

der geistigen Eigentmlichkeiten eines bestimmten Volkes oder verschiedener Vlker handelt.

Eine solche Untersuchung wrde demVlkerpsychologie,

nach

nicht

der

eigentlichen

sondernTeil

einer

Charakterologie

der

Vlker

oder

demdie

psychologischen

der

Ethnologie zufallen.Nicht selten hat

man

freilich

gegendie

Berechtigung einer Vlker-

psychologie

Bedenken erhoben,ausgegangen

eben an jene Vorstellungen

anknpfen, von denen die Unterscheidung der Begriffe Seele undGeist

ursprnglich

ist.

Wennebenso

wir

eine

Seele

als

Substrat der geistigen Lebensuerungen eines Individuums voraussetzen, sagtdieser

man, so

entspricht das

dem Gebundenseindesletzteren

Lebensuerungen an einen bestimmten physischen Krper,aus

wie

der Unmglichkeit,

den Eigenschaften

die

seelischen

Vorgngehaben?

abzuleiten.

Wo

aber

soll

eine

Volksseele

ihren Sitz

So wenig

es einen einzigen einheitlichen Volks-

krper gibt, ebenso undenkbar erscheint ein einheitliches Substratdes gemeinsamen geistigen Lebens.ausnichts

Wie vielmehraller

der Volkskrpereinzelnen Volks-

anderem

als

aus

den Krpern

genossen besteht, gerade soRest in die

lst sich die

sogenannte Volksseele ohne

Summe

der Einzelseelen auf, die diesen Volksgenossen

Volksgeist und Volksseele.

angehren.Wirklichkeit.

Sie

ist

ein

Geschpf der mythologischen Phantasie, keine

Essind,

ist

jedoch augenfllig, da diejenigen, die diese Einwnde

erheben, selbst in jener mythologischen Vorstellungsweise befangendiesie

hinter

dem Ausdruckist

Volksseele verborgen whnen.

Der

Begriff Seele

fr

sie

so untrennbar an die Vorstellung

eines substantiellen, mit

einem eigenen Krper ausgestatteten Wesens

geknpft, da ihnen jeder Wortgebrauch, der ihm diese Bedeutungraubt,fr

unerlaubtist,

gilt.

Da

die Vlkerpsychologie nicht der ge-

eignete Ort

um

an metaphysischen Hypothesen Kritik zu ben,

so knnen wir uns hier mit

dem Hinweis begngen,Seelesein

da, wie wichtig

auch im metaphysischen Interesse die Frage nach der Bedeutungdes Begriffseinerals

substantiellen

mag,

die

empirischebleibt.

Psychologie

solche

an dieser Frage gnzlich unbeteiligtdie Notwendigkeit

Denn wie man auch bersamtinhalt

denkt,

zu

dem Geeineist,

dessen,

was

wir

das

seelische

Leben

nennen,

transzendente Substanz

als

Trgerin vorauszusetzen, gewi

da

wir es in der Erfahrung niemals mit einer solchen zu tun haben,

und

da,

wo man

etwa

ber

diesen Punkt

anders

dachte,als

die

Voraussetzungen ber die Seelensubstanz entweder sichmetaphysische Ornamentenichtdirekt

unntze

erwiesen

oder

zu

zweifelhaften,

wenn

der Erfahrung

widerstreitenden Folgerungendie Seele

fhrten.

Fr die empirische Psychologie kannsein als der

nie

etwas anderes

tatschlich

gegebene Zusammenhang der psychischen

Erlebnisse, nichts,

was zu diesen von auen oder von innen hinzuda der Begriff Seeleals die,

kommt.

Aus allem dem

folgt,

keine

andere

empirische Bedeutung haben kann

den Zusammenhang der

unmittelbaren Tatsachen unseres Bewutseins oder, wie wir diese der

Krze wegen nennen wollen, der psychischen Vorgngebezeichnen.begriff nur in diesem empirischen Sinne gebrauchen;

selbst zu

Natrlich kann auch die Vlkerpsychologie den Seelen-

und es

ist

ein-

leuchtend, da ineine realefr sich in

ihm die Volksseele genau mit demselben Rechtbesitzt,

Bedeutung

wie die individuelle Seele eine solche

Anspruch nimmt.

Die geistigen Erzeugnisse, die durcheiner Volksgemeinschaft entstehen,

das

Zusammenleben der Glieder

sind nicht minder tatschliche Bestandteile der Wirklichkeit wie die

1

o

Einleitung.

psychischen Vorgngeallerdings nichts,

innerhalb

des Einzelbewutseins.

Sic

sind

was jemals auerhalb

individueller Seelen vor sichiso-

gehen knnte.lierten

Aber wie

nicht

die

psychischen Elemente im

Zustande, sondern ihre Verbindungen und die hieraus ent-

springenden Produkte das bilden,so

was wir eine Einzelseele nennen,

besteht

die

Volksseele

im

empirischen Sinne nicht aus einer

bloenmit

Summeaus

individueller Bewutseinseinheiten, deren Kreise sich ihres

einem

Teil

Umfangsdie

decken;

sondern

auch

bei

ihr

resultieren

dieser

Verbindung eigentmlichein

psychische

undallein

psychophysische Vorgnge,

dem

Einzelbewutseinin

entweder gar nicht oder mindestens nichtstehen knnten,in

der Ausbildung ent-

der

sie

sichist

infolge

der Wechselwirkung derein

Einzelnen

ent\vickeln.

Sosie

die

Volksseele

Erzeugnis

der

Einzelseelen,

aus denen

besteht:

aber diese sind nicht mindersie

Erzeugnisse der Volksseele, an dersich hier,jekte,

teilnehmen.die nicht

Es wiederholtbestimmte Ob-

was bei solchen Begriftsbildungen,

sondern ver\vickelte Verbindungen und Beziehungen von Tat-

sachen ausdrcken, zumeist geschieht: die Begriffe erfahren je nach

den Gebieten ihrer Anwendung notwendige Modifikationen.

Ahnlich

wie wir kein Bedenken tragen, den Staat einen Organismus zu nennen, ohne zu bersehen, da dem Begriff in dieser neuen Bedeutung nicht alle Merkmale zukommen, die seiner ursprnglichen An-

wendunger

auf lebende organische Einzelwesen eigen sind, und dadie

dagegen dort Merkmale annimmt,

ihm

hier

fehlen,

hn-

lich verhlt es sich

mit der Volksseele.sie

Der

individuellen Seele

gegenber bezeichnet

sowohl eine Erweiterung wie eine Verda bei dieser bertragung

engerung des

Begriffs: eine Erweiterung,

gewisse Begriffselemente, namentlich die der Einzelseele anhaftende

Beziehung auf einen physischen Einzelorganismus, verloren gehen;eine Verengerung,

indem

sich

aus

dem Zusammenleben

vieler In-

dividuen besondere Bedingungen und Eigenschaften ergeben.

Hier-

her gehrt namentlich die Beschrnkung

der vlkerpsychologischgei-

bedeutsamen psychischen Leistungen auf bestimmte Seiten desstigen Lebens, sowie die Tatsache,

da

die vlkerpsychologischen

Ent^vicklungen das individuelle Leben berdauern, dabei aber doch,

da

sie

durchaus von den psychischen Eigenschaften der Einzelnen

getragen sind, mit

dem Wechsel

der Generationen eigenartige Ver-

Volksgeist und Volksseele.

nderungen erfahren,

die

prinzipiell jeder Vergleichbarkeit

mit

dem

individuellen Seelenleben entrckt sind.

Besonders diese Kontinuitt

psychischer Entwicklungen bei fortwhrendem Untergang ihrer individuellen

Trger

ist

es,

die

als

ein der Volksseele spezifisch

zu-

gehrendes Merkmal angesehen werden kann.

Das Verhltnis derdiesen Eigenschaften

Einzelseele

zur Volksseele,

wie es in allen

zum Ausdruck kommt,

bedingt nun aber notin

wendig auch eine gewisse Beschrnkung desBegriffeeine

dem

zweiten dieser

zusammengefaten empirischen Tatbestandes

und

damit

Begrenzung der vlkerpsychologischen Aufgaben

selber.

WennEr-

es innerhalb des Bereichs unmittelbarer Erlebnisse des Einzelbewutseins schlechterdings nichts gibt,

was nicht

als Inhalt subjektiver

fahrung

zugleich Inhalt

der Individualpsychologie

wre,

so

kann

von den psychischen Erlebnissenselbe gesagt werden.ja

einer Volksgemeinschaft nicht das-

Der Gesamtinhalt

dieser Erlebnisse

umfat

auch

alles

das,

was Einzelnen

als ihr ausschlieliches

Eigentumist,

angehrt, oder was, obzwar es in weitere Kreise gedrungen

un-

zweideutig auf einen individuellenist

Ursprung zurckweist.

Zugleich

es aber

wegen

dieser fortwhrenden

Wechselwirkungen des Ein-

zelnen und der Gesamtheit unvermeidlich, da die Grenze zwischen

dem, was dem Ganzen angehrt, und dem, was Eigentum des Einzelnenist,

keineswegs scharf gezogen werden kann.

Ja

man kann

sagen:

das Ineinanderflieen beider Gebiete liegt so sehr in der

Natur des Gegenstandes, da es fehlerhaft wre, wollte

man

durch

knstliche Begriffsunterscheidungen jenes bergangsgebiet beseitigen.

Dennoch

lassen

sich

zwei allgemeine Kennzeichen

festhalten,

ein

ueres und ein inneres, die innerhalb des eine Flle individueller

und gemeinsamer

geistigerals

Bewegungen umfassenden Gesamtlebensandereesals

bestimmte Tatsachen

solche genereller,

solche in-

dividueller Natur ausscheiden.weisbareEingreifen

Erstens

ist

das direkt nachihre

Einzelner mit den durchdasdie

individuelle

Eigenart bestimmten Willensrichtungen,

eine

Reihe

von Er-

scheinungen

als

solche

erkennen

lt,

zwar auf das gemeinin

same Leben Wirkungen ausben knnen, abernicht der Volksseele angehren.

ihrem Ursprung

Zweitens

ist

es

durchgngig das

Gebiet des willkrlichen,

eine

bewute Abwgung der Motive

voraussetzenden Handelns, das auerhalb der vlkerpsychologischen

1

2

Einleitung.

Vorgng-e

liegt.

Fr

diese bleiben

dagegen

die Gebiete der trieb-

artigen Willenshandlungen von vorwiegender Bedeutung.beiden

Dastets

bei

Merkmalenvonin

die

Grenzen

vielfach

unsicher

sind,

versteht

sich brigensoft

selbst,

da ja das individuelle Handeln

und

unmerklich

allgemeine Wirkungen bergehen kann,

und da

Trieb- und Willkrhandlungen nicht Vorgnge verschiedener Art,

sondern nur Stufen einer

und

derselben Willensentwicklung

sind.

Ebenso

ist

es einleuchtend,

da beide Merkmale im Grunde nur eineeinem verschiedenen

einzige Tatsache ausdrcken, die jedesmal unter

Gesichtspunkte betrachtet wird:Einflu auf das allgemeine

im ersten

Fall,

wo

der individuellewird, unter

Leben zum Mae genommen

dieses

dem historischen; im zweiten Fall, wo die Natur Ma bestimmt, unter dem psychologischen.als ein

der Vorgnge

Diesen beiden

kann endlichrelativer

dritter,

freilich in

noch hherem Grade blo

Gesichtspunkt der ethnologische angereiht werden. Nichts

bezeichnet nmlich die Grenze,

wo

der Begriff desschrfer als

Naturvolkes dem

des Kulturvolkes

Platz macht,

eben jenes Eingreifen

der Individuen mit ihrem willkrlichen Handeln.

Denn

dieses

ist

es,

durch das sich das gemeinsame Leben zu einem geschichtlichen

in

der engeren Bedeutung des Wortes erhebt, indem es eine dauernde

berlieferung v^on Generation zu Generation ermglicht.herrscht bei

Dagegen

dem

Naturvolke das triebartige und instinktive Leben

vor, das aus der inneren Naturbestimmtheit

und den ueren Natur-

bedingungen mit einer Art naturgesetzlicher Notwendigkeit hervorgeht und deshalb

dem Wechsel

geschichtlicher Schicksale gegen-

ber

relativ

gleichfrmig abfliet.

Auch

die Aufeinanderfolge ver-

schiedener Zustnde hat darum hier etwas von jener Regelmigkeit,

welche die einfacheren seelischen Assoziations- und Triebvorgnge

im Einzelbewutsein

beherrscht'].

Immerhin bringt

es die nirgends

ganz fehlende Kontinuitt der Entwicklungen mit

sich,

da auch

dieist,

Grenze zwischen Natur und Kultur nirgends scharf zu ziehen

und da daher der Naturzustandprimitiven Kulturzustand bedeutet.als primitiv

eigentlich

immer schon einen

Die Frage,nicht,

wo

eine Kultur

nochein

anzusehen

sei

und wo

kann daher unmglich

fr allemal unzweideutig

beantwortet werden.

Auchff.

ist

ja nicht zu

A. Vierkandt, Naturvlker und Kulturvlker. 1S96, S. 7

Volksgeist und Volksseele.

j

}

vergessen, da sich dereinstin

alle,

selbst die hchsten Kulturvlker,

einem Zustande primitiver Kultur befanden.in diese Urzeit

Da nun

Sprache,

Mythus, Sitte berall

zurckreichen oder wenigstens

berlieferungen aus ihr enthalten, so bilden beide, die Natur- unddie

Kulturvlker,

zusammengenommendie

die

einanderdie

ergnzenden

Objekte

der Vlkerpsychologie.

Lassen unsder

Naturvlker

am

deutlichsten

noch

Ausgangspunkte

psychischenin

Entwick-

lungen erkennen, so bieten die Kulturvlker

dem

geschichtlichen

Werden

ihrer geistigen Erzeugnisse das unentbehrliche Substrat fr

die Erkenntnis dieser Entwicklungen.

Fr beide Aufgaben

ist

nun jenes Verhltnis des Einzelnen zur

Gemeinschaft, wie es die obige Definition der Begriffe Einzelseele

und Volksseele andeutet, von entscheidender Bedeutung.auch die Gemeinschaft eines Volkes ohnenossen bestehen knnte, soist

So wenigbloe

die einzelnen Volksge-

sie

darum doch

nicht eine

Addition und Verstrkung der Eigenschaften und Ttigkeiten, die

demdie

Einzelnen fr sich allein schon zukommen.

Vielmehr

ist

es

eben die Verbindung und Wechselwirkung der Individuen, welcheGemeinschaftals

solche zu den Anlagen

des Einzelnen hinzu-

bringt,

und

dui'ch die sie in

diesem neue,

spezifisch

angehrige Leistungen weckt.ist

dem gemeinsamen Leben Dieses Medium der Verin

bindung und Wechselwirkung

es aber,

welchem

die Vlker-

psychologie ihre eigensten Aufgaben vorfindet.einer substantiellen Volksseele

Wie

die

Annahmedie

ein

von psychologischer Auffassungist

weit

abfhrender

Irrweg

ist,

so

auch der Versuch,

Er-

zeugnisse der

Gemeinschaft und ihre Vernderungen ausschlielichEinflsse

auf individuellelogie

zurckzufhren,der

also

die

Vlkerpsychoauszu-

gewissermaen

zugunsten

IndividualpsychologieIn der Tat

schalten, nicht

minder undurchfhrbar.

kommt man

auf

diesem Wege, abgesehen von gewissen singulren Grenzfllen, durch-

wegletzte

zu willkrlichen Interpretationen, hinter denen schlielich als

Zufluchtin

der absolute Zufall steht.

Dahin gehrtverbreiteteeines

z.

B.

die

noch heute

der Sprachwissenschaft

weit

Annahme,sei

jeder generelle Laut- oder Bedeutungswandel

Wortes

auf

irgendeine einmalige individuelle

und okkasionelle Abweichung zu-

rckzufhren.

Whrend

zahlreiche andere individuellesei

Abweichungen

wieder verloren gingen,

irgendeine, weil sie

einer bestehenden

I

^

Einleirang.

Neigung entgegenkam, usuell geworden V>

Diese mitwirkende Nei-

gung selbst gilt dabei im allgemeinen als eine von dem individuellen Ausgangspunkt der Vernderung gnzlich unabhngige Anlage: sie,wird zuweilen in

dem

Wohlgefallen

am

Neuen, besonders aber

in

dem Da nunsoweit

der menschlichen Gattimg eigenen Nachahmungstrieb gesehen.die ursprnglichen individuellen

Abweichungen, namentlichabsolut

sie

dem

Gebiet der Lautnderungen angehren, rein zuflligersich

Art sein knnen undso geht diese Theorie

wegen

ihrer

unberechenbaren

Entstehvmgsweise jeder Erforschung ihrer

Bedingungen entziehen.

vom bergang

okkasioneller in usuelle Er-

scheinungen offenbar der Frage nach den Ursachen der Erschei-

nungen berhaupt aus dem Wege, oderauf das ^soziologische Gesetz < der

sie

weist statt der Antworthin,

Nachahmung

nach vv'elchem

kein einer Gesellschaft angehrendes Individuum irgend etwas Auffallendes oder

seine

vom Gewohnten Abweichendes tun knne, ohne da Genossen dem suggestiven Einflu unterliegen, den eine solcheausbt.

Handlung

In dieser Nachahmungstheorie

ist

dann im eigent-

lichsten Sinne der Zufall

zum Schpfer

der sozialen Erscheinungen,die

also schlielich der Gesellschaft selber gemacht,

sich

doch nur

aus allen jenen Erscheinungen zusammensetzt.

Die Gesellschaft*

so resmiert daher folgerichtig G. Tarde seine auf dieser Voraus-

setzung aufgebauten berlegimgendie

>ist

die

Nachahmung, undWirkung^,.

Nachahmung ist Nun spielt zwar

eine Art somnambulischerdie

Nachahmung gewitiefer

in

vielen Fallen

eine

mitwirkende Rolle, aber gerade bei den

greifenden und allge-

meineren Verndenmgen des gemeinsamen Lebens und seiner Erzeugnisse

kommt

ihr schwerlich

jemals die Hauptrolle zu.

Vielmehr

erweisen sich diese Vernderungen berall,ihren Bedingungen nachzugehen,

wo

wir imstande sind

und

sie

erweisen sich auch dann,

wenn ims

die letzten

imd entscheidenden Ursachen noch unbekannt

bleiben, regelmig als solche, die nicht

nicht einmal

von einem Individuum imd von einer bestimmt begrenzten Zahl von IndividuenS. 68.

^ H. PaoL Prinzipien der Sprachgescliiclite

3,

hnlich Delbrck. Grund-

fragen der Sprachforschimg 1901. S. 98

ff.

Vgl. dzza meine Schrift: Sprachgeschichte

und Sprachpsychologie. S. 59 ff. ^, >La societe c est 1 Imitation, et 1 Imitation (Tarde, Les lois de l'imitatin ^, 1895, pag. 95

c'est

une espece de somnambnlisme

.

Volks^eist und Volksseele.

ausgehen knnen, sondern auf Einflssen beruhen mssen, die ent-

wederdie

die smtlichen ]\Iitglieder einer Gemeinschaft oder mindestenstreffen.

berwiegende Masse derselbendie einen

Dabei mgen da nn im-

merhin

mehr, die andern weniger diesen Einflssen unterberdies,

li^en, und es

nachdem erst die allgemeine Richtimg eingeschlagen ist, die aus dem Zusammenleben entspringende und zum Teil auf dem Trieb zur Nachahmung beruhende AusgleichungindiNndueller Unterschiede nachtrglich mit^\irken.

mag

Nirgends verrat sich

aber bei allemdeutlicher alsitalienisch otto

dem die primre Natur der generelien Einflsse auf dem Gebiet der Sprache. Wenn lateinisch t\--V inoder im Deutschen brumben in brumvicn berging,in eine fast

und diese Beispiele

unbersehbarespricht

Mengedie

analoger Er-

scheinungen sich einreihen,scheinlichkeitdafr,

so

nicht

geringste \\'ahrzufallig

da irgendwo imd irgend\^"ann

einmal

einem Einzelnen oder mehreren Einzelnen diese Abweichung begegnet und dannerst

von andern ebensousuell

zuflligsei.

wiederholt odersich xielmehr

nachgeahmt und so endlichbeobachtenlt,

geworden

Da

da

ein solcher

an den Kontakt der Laute gebunnamentlich

dener Wandel leicht von selbst

eintritt,

wenn man vonnachstetig

einer langsameren zu einer schnelleren

Sprechweise bergeht, und

da dieser

letztere

bergang

aller \\"ahrscheinliclikeit

und

allgemein bei den ^litgliedem einer Sprachgemeinschaft erfolgt seinwird, so liegt durchaus kein

Grund zu der Annahme

vor,

da nicht

auch die Wirkung dieser allgemeinen Ursache eine gemeinsame ge-

wesen

sei.

Natrlich kmien ja hierbei Zwischenstadien existieren,erst

wo

sich die

neue Sprechweisedie

unvollkommen durchgesetztlteren

hatte.

Aber auch da wirdeine idividuelle

Abweichung von der

doch weder

noch eine okkasionelle genannt werden knnen: dasden gleiclien abndernden Krften

erstere nicht, weil alle Individuen

unter^\orfen sind

und ihnen daher

voraussichtlich auch ziemlich gleich-

frmig folgen werden; das letztere nicht, weil ein solches Z%nschen-

stadium ent\veder darin besteht, da die gelufige durchschnittliche

Lautform zwischen der alten und der neu sich bildenden ungetahrdie

Mitte hlt,

oder darin,

da der

stetsals

vorhandene Spielraumzuvorist.

der individuellenFllenist

Artikulationen

grer

In

beiden

aber der Zustand ein genereller und wird daher auch sofort

wieder einen usuellen Charakter gewimien.

Sobald

man

alloremeine,

1

6

Einleitung.

das heit auf die Gesamtheit einwirkende

Ursachen annimmt, soOffenbar mssen

wird demnach die Voraussetzung des individuellen Ausgangspunktes

ebenso wie die des zuflligen Ursprungs

hinfllig.

wir nun die nmlichen Gesichtspunkte auch dann anwenden,nicht,

wenn

wie

in

jenen leicht zu durchschauenden Fllen einer unmittel-

baren Kontaktwirkung der Laute, die generelle Natur der wirkenden

Ursachen ohne weiteres erkennbar sein

sollte,

sobald nur die Erschei-

nungenheit der

selbst genereller Art sind.

Dann

weist eben die Beschaffen-

Wirkungen auch aufdahereinez,

eine entsprechende der

Ursachen hinEnt-

und

schlietaus.

blo

okkasionelle

und

individuelle

stehung

Wenn

B. in

den germanischen Sprachen allgemeinsogenannte Tenuisist

der im Vorgermanischen als

vorhandene Get in

ruschlaut in eine Spirans bergegangen

[p in /,

engl, th^

k

in ch

oder

/z),

so

mu

diesersein.

manischer Zeit eingetretenWahrscheinlichkeitins

Wandel irgend einmal in urgerEs wrde aber allen Regeln derwollte

Gesicht schlagen,

diese Vernderungen, mit

denen noch eine Reihe anderer, dieoder

man annehmen, mansie

mit ihnen unter

dem

Begriff der gemeingermanischen Lautverschiezuerst nur okkasionell,

bungen zusammenfat, seien

seien

gar nur individuell entstanden,

um

sich

dann nach dem Ausdruckeinzelne

Tardes durch eine somnambulische Wirkung weiter auszubreiten.Einsolcher

Ursprung knnte

doch immer nur

fr

eine

Lautnderung angenommen werden.okkasioneller

Die Gesamtheit der Lautver-

schiebungen wrde dann also durch eine Flle solcher alleinstehender

Abweichungen zustande gekommenaller Zuflle

sein, die schlielich

smtlich durch den merkwrdigsten

wieder

in

vollkomes

mener Harmonie miteinander entstanden wren.denn doch nicht nureinfacher,

Da

erscheint

sondern geradezu zwingend geboten,

zu den allgemeinen Wirkungen auch allgemeine und gleichfrmige

Ursachen vorauszusetzen.

Nicht anders verhlt es

sich

mit

der

groen Mehrzahl der Vernderungen, die der begriffliche Inhaltder Wrter erfhrt, namentlich

wenn auchoder

dies in

der

Formdiein

lang-

samer Verschiebungen geschieht,

mit

solchen,

den

Wortformen und im syntaktischen Aufbau der Sprache eintreten. Natrlich schliet das nicht aus, da, je mehr bei einzelnen dieserErscheinungen die Einflsse der Kunst und der wissenschaftlichenLiteratur einwirken,

nun auch wirklich einmal

ein individueller

und

Volksgeist und Volksseele.

i

y

bis

ZU

einem gewissen Grade sogar okkasioneller Ansto weiter

greifende Vernderungen hervorbringen kann.Flle

Wir werden

solche

singulrer Ursachen zu generell werdenden Vernderungen

speziell

beim Bedeutungswandel der Wrter genugsam kennen von deneiner

lernen^).

Je deutlicher aber diese Erscheinungen

von Anfang an Merkmaleallgemeineren Gesetzmigso

an sich tragen, diekeit folgenden

sie

Vorgngenklar

scheiden,

um

mehr

ist

es geboten, da,

wo

es sich wirklich einmal

um

blo individuelle Wirkungen handelt,

diese

nun auch so

wie nur

immer mglich den von Anfanggenau ebenso vonessein,

an generellen Vorgngen gegenberzustellen.

Was vonprimitiver

der Sprache, das

gilt

allen

andern

Formen gemeinsamen Lebens.Kunst,in

Magund

da

in

Mythus unddie

Religion

Sitte

da

und dort verhltnis-

mig frhe schon

individuelle Einflssealle diese

strker hervortreten,

bereinstimmungen, die

Entwicklungen darbieten, weisenhin, die erst in ihren letzten

nicht minder auf generelle

Bedingungen

Auslufern teilweise in individuelle Einflsse ausmnden.

Die Quelle,

aus der hier, ebenso wie bei der Sprache, der Fehler jener individualisierenden und daher jede allgemeine Gesetzmigkeit schlielich

auf einen ursprnglichen Zufall zurckfhrenden Betrachtungsweiseentspringt,

kann

nicht zweifelhaft sein.

Sie geht auf jenen in der

heutigen Wissenschaft

immer noch fortwirkenden

Individualismus der

Aufklrungszeit zurck,

dem

das Individuum als der Schpfer allergalt.

Erzeugnisse des

menschlichen Geistes

Wohl

hatte schon die

Romantik diese

in der Idee eines ersten Erfinders kulminierende

An-

schauung zu Fall gebracht.

Aber

sie selbst hatte

den Ursprung derin

gemeinsamen geistigen Erzeugnissesisch-mythologisches Dunkel gehllt.

geflissentlich

ein

metaphy-

Als nun

in

den aus der ro-

mantischenallmhlichstellte

sich

Bewegung entsprungenen historischen Wissenschaften eine positivistische Strmung die berhand gewann, da dann von selbst eine Art Kompromi zwischen Aufkl-

rung und Romantik heraus.diese ein ursprnglichesZufall

Wo

jene eine planmige Erfindung,

Wunder gesehen hatte, da machte man nun zum Schpfer und den Mechanismus der Gewhnung und Nachahmung zum Vollender der Dinge. Zufllig soll hierden')

Vgl. Tl. n, Kap. 8, V.VlkerpsychologieI,

Wundt,

i.

2.

Aufl.

1

8

Einleitung.

einmal jemand ein

Wort

falsch ausgesprochen, dort ein anderer eine

irrtmliche Vorstellung mit einem solchen verbunden haben,

die

Genossen machen das nach, undwichtiger Begriffswandelist

ein

neues Lautgesetz odergeleitet.

ein

in

die

Wege

In griechischer

Vorzeit geschah

es,

wie

Max

Mller erzhlt, da jemand die hnlich

klingenden Wrter fr die Morgenrte und den Lorbeer (Daphne)verwechselte.

Damit habe

er

der Vorstellung deneinstigen

Ursprung ge-

geben, daheilig sei').

dem Nunund

Apollo,

dem

Sonnengott, der Lorbeer

glaube ich zwar nicht, da diese Ansicht ber die

individuelle

zufllige

Entstehung neuer geistiger Werte von der

Mehrzahl der Sprachforscher, Mythologen und Kulturhistoriker geradein solch

extremer

Form

geteilt wird.

Dochist

die

Grundanschauung,

aus

der jene Theorien erwachsen sind,

heute noch weit verals eine

breitet.

Wre

sie

richtig, so

wrde eine VlkerpsychologieWissenschaftaber jene Anschauung falschsie

irgendwie

selbstndig

abzugrenzende

offenbar

kein

Existenzrecht besitzen.

Da

ist,

da

vielmehr jede Gemeinschaft, obgleich

keine neuen psychischenMitgliederhinzufgt,

Elemente

zu

den Bewutseinsinhalten

ihrer

doch mit den Bedingungen der Verbindung und Wechselwirkungderselben neue geistige Schpfungen erzeugt, so hat in diesen undin

der Nachweisung

ihrer

Beziehungen zu den schon im Einzel-

bewutsein wirksamenihre

psychischen Krften die Vlkerpsychologie

groe selbstndige Aufgabe.

III.

Zur Entwicklungsgeschichte der Vlkerpsychologie.die allgemeine Psychologie

Schon

kann nicht ganz an der Tat-

sache vorbergehen, da das Bewutsein des Einzelnen unterEinflsse seiner geistigen

dem

Umgebung

steht.

berlieferte Vorstellun-

gen, die Sprache und die in ihr enthaltenenendlichsinddietief

Formen des Denkens,In vielen Beerst

greifenden

Wirkungen der Erziehung und Bildungvon

Vorbedingungen jeder subjektiven Erfahrung.

ziehungen kann darum der Inhalt der Individualpsychologie

der Vlkerpsychologie aus unserem vollen Verstndnisse zugnglich

I)

Max

Mller, Essays, Bd. 2^, 1881, S. 83

ff.

Zur Entwicklungsgeschichte der Vlkerpsychologie.

ig

werden.

Gleichwohl bleibtGebiet.

diese

im ganzen dasdie

speziellere,

vonsie

jener abhngigesich

Denn

Erscheinungen,

mit denen

beschftigt,

mssen

schlielich

doch

aus

den

allgemeinenin

Gesetzen des geistigen Lebens erklrt werden, die schon

dem

Einzelbewutsein auf jeder Stufe seiner Entwicklung wirksam sind;

und unmglich kanngeistiges

durch

eine

Vereinigung von Menschen ein

Erzeugnis entstehen, zu

demsich

nicht

in

den Einzelnendie

die

Anlagen vorhanden wren.logie

LtRecht

demnach

VlkerpsychoPsychologie

mit einemist

gewissen

eine

angewandte

nennen, so

brigens der Ausdruck angewandtals

hier in

einem

andern Sinne zu verstehen,

in

dem man etwa vonliegt

einer angeals einer

wandten Physik und Chemie oder auch von der Pdagogikangewandten Psychologieredet.

Dies

schon darin ausgespro-

chen, da die Vlkerpsychologie von den allgemeinen psychologi-

schen Erfahrungen zu keinerlei praktischen Zwecken Gebrauch macht,sondern dasie,

ebensogut wie die Individualpsychologie, eine reinist.

theoretische Wissenschaft

Der Ursprung undsittlichen

die

Entwicklung

der Sprache, die Bildung mythologischer und religiser Vorstellungen,die Entstehung

von

Sitten

und

Gefhlen

die

Behand-

lung dieser und verwandter Probleme dient unmittelbar nur den Interessen der Psychologie selbst und der mit ihrtheoretischenGeisteswissenschaften.

zusammenhngendenGesichtspunkt

Von solchem

aus besteht daher die Vlkerpsychologie nicht sowohl in einer

Anauf

wendungsuchung

als

in

einer

Ausdehnung

der psychologischen Unter-

auf

die

soziale

Gemeinschaft.

Diese

Ausdehnung

Erscheinungen, bei deren Entstehung neben den subjektiven Eigenschaften

des

menschlichen Bewutseinsin

noch

die

besonderen Be-

dingungen des gemeinsamen Lebenses zugleich

Betracht

kommen,

bringtihr er-

mit

sich,

da

die

Vlkerpsychologie

bestimmte,

ausschlielich

angehrende Gebiete psychischer Tatsachen zuGebiete,die

forschen hat,ihrer

von der allgemeinen Psychologie beihat

gewhnlichen Begrenzung ausgeschlossen bleiben.zwei verschiedenen Richtungen herin der

Vongefat.

daher

auch der

Gedanke der VlkerpsychologieZuerst

neueren Wissenschaft Wurzel

wurde

innerhalb

einzelner Geisteswissenschaften

das Bedrfnis nach einer psychologischen Grundlage, die den eigen-

tmlichen Erscheinungen geistiger Wechselwirkung in Gesellschaft

20

Einleitung.

und Geschichte gerecht werde, immer mehrsich

fhlbar.

Dazu

gesellte

dannzu

in

der Psychologie selbst das Streben, objektive Hilfsmittels

mittel

schaffen,

deren

manin

der Unsicherheit und Viel-

deutigkeit der reinen Selbstbeobachtung zu entgehen suchte.

Unter den einzelnen Disziplinen,gische Bedrfnis regte,in erster Linie.

denen sich jenes psycholo-

standen Sprachwissenschaft und Mythologie

Beide hatten sich ausStudien

dem

allgemeineren Umkreissie

philologischer

abgesondert.

Indem

aber

dabei

denan-

Charakter

allgemeiner

oder

vergleichender

Wissenschaften

nahmen, mutedain

sich ihnen

von

selbst die Erkenntnis

aufdrngen,

Sprachen- und Mythenentwicklung neben den besonderen

geschichtlichen

Bedingungen, die berall

die

konkrete Gestaltung

der Erscheinungen bestimmen, allgemeine psychische Krfte wirk-

sam

seien.

Hat unter diesen Gebieten wohl am meistenschaft eine

die Sprachwissen-

Anlehnung an

die Psychologie gesucht, so fand freilich

gerade die Psychologie der Sprache ein gewisses Hindernis darin,

da ihre Aufgaben vielfach mit den Zielen verwechselt wurden,seit

die

langer Zeit die

Sprachphilosophie

sich gestellt hatte.

Mgen

aber auch in dieser,

vom

platonischen Kratylos an bis auf Wilhelmdie Verschiedenheit des

von Humboldts berhmte Einleitung bermenschlichen

Sprachbaues

und andere neuere Werke hnlicherTendenzsolcher

Richtung, gelegentlich psychologische berlegungen enthalten sein,soist

doch

die

vorherrschende

Arbeiten

eine

metaphysische, und demgemnis zur

steht ihnen

das

eine Problem

des Ursprungs der Sprache berall im Vordergrund.

Das Verhlt-

Sprachpsychologie

wird

hier

genugsam schon durch den

Umstand gekennzeichnet, da die psychologische Untersuchung eine Menge von Aufgaben auch dann noch vorfnde, wenn sie auf jenesUrsprungsproblem gnzlich verzichtender Erledigung jenererfolgreichewollte,

da aber dieseserst

vomnach

Standpunkte psychologischer Betrachtung aus jedenfallskonkreten Aufgaben die Aussicht

auf eine

Lsung

bietet.

Da nunphilosophie

die Sprachwissenschaft

an der metaphysischen Sprach-

ebensowenig wie an den herrschenden Richtungen derauf jene Kunst psychologischer Interpretation

Psychologie eine nennenswerte Hilfe fand, so war es begreiflich,

da

sie

zumeist sich

Zur Entwicklungsgeschichte der Vlkerpsychologie.

21

verlie,

die

man

nirgends zu lernen braucht,

weil sie

von jederMit diesem

mann

bei der Beurteilung praktischer Lebensverhltnisse fortwhrend

gebt wird:

auf die Kunst der

Vulgrpsychologie.

Namen

darf

man wohlder sich

jene Mischung von wirklichen Beobachtun-

gen, berlebnissen lterer Theorien und populren Vorurteilen be-

zeichnen,

mit

die Vertreter

einzelner Wissenschaften

zu

behelfen pflegen,

wotiefe

sie

einer psychologischen Interpretation nicht diese Aushilfe vornehmlich in den Geisteshat,

entgehen knnen.wissenschaften

Wenn

Wurzeln gefat

so

liegt

das wohl

vor

allem ingrndet.

dem eigentmlichen Charakter der Vulgrpsychologie beDenn dieser besteht im wesentlichen darin, da irgendLebens auf solcheer dieintellektuelle

welche Erscheinungen des individuellen, gesellschaftlichen oder geschichtlichen

berlegungendie

und

Zweckmigkeitserwgungen zurckgefhrt werden,achter, falls

den Beob-

Erscheinungen mit Plan und Absicht herbeige-

fhrt htte, mglicherweise

bestimmt haben knnten.kurz

Alle Vulgr-

psychologie

besteht

also

gesagt

in

einer subjektiven Reflexion ber dieselbst.

Hat

sich

z.

B. in einer Sprache ein

Hinbertragung Dinge in die Dinge Wort in zwei verschiederals

dene Wrter gespalten, so deutet

man

dies

ein Streben

nach

Erzeugung bedeutsamer Unterschiede.

Sind dagegen wichtige Unter-

schiede durch Lautverluste geschwunden, so erklrt

gekehrt aus der Tendenz, sich das Sprechen sozu machen.

man das umbequem wie mglichsei

Nach den meisten Ausfhrungen ber Bedeutungswandelfortwhrend

mte man annehmen, eine redende Gemeinschaftusw.

bemht, die logischen Kategorien der ber-, Unter-, Nebenordnungauf die Worte der Sprache anzuwenden;

denn man scheintsolche erklrt,sei,

der

Meinung zues

sein,

mit der Zurckfhrung auf derartige Begriffs-

verhltnisse seien die psychologischen

Vorgnge

als

oder

bedrfe

doch,

wenn

ein

Begriffsverhltnis gefunden

einer weiteren Erklrung nicht mehr.

Nicht anders steht es in der

Mythologie.

Bald

soll

die ursprngliche

Mythenbildung eine aus

dembald

Streben

nach Naturerklrung hervorgegangene phantastischealso

Naturphilosophie,sollsie

eine Art primitiver

Naturwissenschaft

sein;

auf zuflligen Miverstndnissen und Begriffsverwechs-

lungen beruhen.

Fr

die

Deutung gewisser

frhester

Formen

der

Eheschlieung zieht

man

gelegentlich Motive herbei, die

dem

Natur-

22

Einleitung.

menschen einen Grad der Frsorgetes

fr die

Zukunft seines Geschlech-

zutrauen,

von dem

sich

die

ungeheuere Mehrzahl der Kultur-

menschenlogische18.

nichts

trumen

lt.

Im

Prinzip stimmt

diese

psychodes

Interpretation

mit der

teleologischen

Naturerklrung

Jahrhunderts vollkommen berein.

Nur

pflegte

die letztere die

Motive des Geschehens einem vernnftigen Urheber der Dinge zuzuschreiben,

whrend

die Vulgrpsychologieselbst

dieselben den jeweils

handelnden Menschenwirklich nachweisbar, ja

aufbrdet.

Ob

aber solche

Motive

ob

sie

unter den gegebenen Bedingungengefragt.

mglichaller

sind,

danach wird nicht

Wennsein

also das Bestrebendie

wahren Psychologie dahin gerichtetwiesie

mu,

Tatsachen

so zu erfassen,teilung

unabhngig von unserer subjektiven Beurso

beschaffen sind,

geht umgekehrt die Vulgrpsychologie

darauf aus, ber die Wirklichkeit ein Netz subjektiver und willkrlicher logischer Reflexionen zu breiten.

In dieser allgemeinen

Ten-

denz befindetder Scholastik

sie

sich zugleich

in

bereinstimmung mit einer ausauf unsere .Tage herabreichenihr

berkommenen,

bis

den

intellektualistischen

Strmung der Philosophie und der aus

hervorgegangenen Reflexionspsychologie.tet

Denn auchwas

diese betrach-

es

nicht

als

ihre

Aufgabe,

festzustellen,sie

die

psychischen

Vorgnge

wirklich

sind,

und wie

tatschlich

zusammenhngen,

sondern auseinanderzusetzen, was nach Magabe irgendwelcher logischer oder philosophischer Voraussetzungen der reflektierende Psy-

chologe von ihnen denkt.Dies fhrt uns auf das zweite Motivfr

die

Entstehung der

Vlkerpsychologie, dessen oben gedacht wurde.selbst bedarf nichtterials,

Die Psychologie

minder dringend des vlkerpsychologischen Ma-

das gewisse Geisteswissenschaften ihr bieten, wie diese der

psychologischen

Grundlagen;

und

in

dem Augenblick, wo

die

Psychologie den Quellen nachgeht,

die ihr

aus den einzelnen Be-

reichen des geistigen Lebens zuflieen, wird das, was hinwiederumsie

aus der allgemeinen Betrachtung dieses Lebens der Wrdigung

des Einzelnen entgegenbringt, nicht mehr unbeachtet bleiben.in

Denndie

Einem kann

es

doch

der

feinste

praktische

Takt

und

reichste

psychologische Lebenserfahrung mit der wissenschaftlichenin der Fhigkeit, die bei der

Psychologie nicht aufnehmen:dereinfacheren

Analyse

Bewutseinsvorgnge

gewonnenen Gesichtspunkte

Zur Entwicklungsgeschichte der Vlkerpsychologie.

23

fr das Verstndnis d