4
Copyright und Erstveröffentlichung: Personalwirtschaft Ausgabe 02/2016, S. 45-47 Publikation Was bleibt, was kommt

Publikation Was bleibt, was kommt - Lurse AG · 2018-10-01 · Umfeld DAX, MDAX und größerem Mittel-stand beteiligt. Erstmalig wurde im Rahmen dieser jährlich von der Lurse AG

  • Upload
    others

  • View
    3

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Copyright und Erstveröffentlichung:

Personalwirtschaft Ausgabe 02/2016, S. 45-47

Publikation

Was bleibt, was kommt

02 | 2016 www.personalwirtschaft.de 45

FACHTEIL HR-Trends

n der Studie haben sich knapp 200Unternehmen vorwiegend aus dem

Umfeld DAX, MDAX und größerem Mittel-stand beteiligt. Erstmalig wurde im Rahmendieser jährlich von der Lurse AG durchgeführ-ten Erhebung eine differenzierte Einschät-zung der Teilnehmer zur aktuellen undzukünftigen Relevanz unterschiedlicher HR-Themen für die Personalpolitik erfragt.

Talent Management und Leadership ganz oben

An diesem kombinierten Thema arbeitendie Unternehmen derzeit am meisten undgleichzeitig mit der höchsten Intensität. Sogeben 96 Prozent der Unternehmen an, sichmit diesen Aspekten auseinanderzusetzen,über die Hälfte dieser Unternehmen tut diesmit Nachdruck. Ein Trend, der die Entwick-lung der vergangenen Jahre deutlich fort-setzt und zeigt, dass Bewegung von Talen-ten in und durch die Unternehmen sowiedie erfolgskritische Ressource Führungnichts von ihrer Aktualität und Wichtigkeitin den Unternehmen verloren haben, ganzim Gegenteil sehen die Unternehmensver-treter eine steigende Relevanz dieser Themenfür eine zielstrebige Personalarbeit. Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen die Har-monisierung globaler HR-Prozesse, varia-ble Vergütung, Performance Managementund das Thema One-HR. Auch das ThemaDigitalisierung wird von 43 Prozent der

Befragten als Trend-Thema bewertet. In Zei-ten herausfordernder Demografie, Fachkräf-temangel, und lebensphasenbezogenenAnforderungen der Mitarbeiter an dasArbeitsleben ist das richtige Personal mehrdenn je entscheidender Erfolgsfaktor. So istein bewegliches Talent Management wesent-licher Baustein im Rahmen einer strukturier-ten und nachhaltigen Harmonisierung vonHR-Prozesse.

Trend-Themen im Fokus

Talent Management und Leadership habeninnerhalb des HR-Aufgabenspektrums auchzukünftig deutliche Relevanz und werdenvon 62 Prozent der Teilnehmer als zukünf-tig wesentlich eingestuft. Für keines derbefragten Unternehmen sind die Themenin der Zukunft irrelevant. Bei der zukünftigen Bedeutsamkeit steigendie Themen Digitalisierung, Employer Bran-ding, Fachkräftemangel und demografischerWandel im Vergleich zur aktuellen Einschät-zung am stärksten, das Thema PerformanceManagement stufen 42 Prozent der Befrag-ten als zukünftig relevantes Thema ein.Aktuell sorgt die These, dass das Perfor-mance Management tot sei, vorangetriebeninsbesondere durch US-amerikanische Fir-men, auch in Deutschland für Furore. Diesbezieht sich jedoch nur auf die operativeDetaillierung und Auswirkungen dieses zen-tralen HR-Prozesses. Der Trend geht dahin,

dass Unternehmen zunehmend ihre Feed-back-Kultur überdenken und sich dabei vonfeingliedrigen Zielkaskaden trennen sowiedie enge Verknüpfung von individueller Ziel-erreichung und variabler Vergütung auflö-sen oder zumindest in Frage stellen.Der Trend geht weg von formalen, mathema-tisch bis zur kleinsten Kommastelle ausge-arbeiteten jährlichen Beurteilungen hin zuregelmäßigerem Feedback und Dialog zwi-schen Führungskraft und Mitarbeiter. Dasneue Feedback ist insbesondere auch demBedarf jüngerer Generationen nach schnel-ler und ereignis- beziehungsweise aufga-benbezogener Rückmeldung geschuldet,muss dabei nicht an einen direkten Vorge-setzen gebunden sein – Peer-Feedback rücktin den Fokus – wird durch den Mitarbeiterund/oder die Führungskraft initiiert undvorangetrieben und bedient sich dabei ein-facherer beziehungsweise pragmatischerKategorien. Dieser Feedbackdialog ist wie-derum stärker mit den Instrumenten undProzessen des Talent Managements verbun-den und setzt den Fokus auf Leistungs- stattVergütungsentwicklung.Dabei ist es ganz wesentlich, das Perfor-mance Management unternehmensspezi-fisch an die Realität des jeweiligen Unter-nehmens anzupassen. Der Reifegrad desUnternehmens und die Mitarbeiterstruktursind hier entscheidend. So wird ein KMU, dasbis dato noch wenig Strukturen und Prozes-

Was bleibt, was kommtWelche Themen bestimmen die Personalarbeit

in den kommenden Jahren? Die Studie „Trends

in der Vergütung 2015/2016“, an der sich knapp

200 Unternehmen vorwiegend aus dem Umfeld

DAX, MDAX und größerem Mittelstand beteiligt

haben, verschafft Klarheit.

A

02 | 2016 www.personalwirtschaft.de46

se im Personalmanagement etabliert hat,mit einer Empfehlung auf kürzere Feedback-schleifen und weniger Formalismus zu set-zen, nicht weiterkommen. Es nützt wenig,Visionen von der Führung von morgen hin-terherzulaufen ohne nachvollziehbare Struk-turen und handhabbare Prozesse zu etablie-ren, so verlieren sie letztendlich denAnschluss komplett.Es kommt auf den Kontext und das Unter-nehmen selbst an: Welcher Branche gehörtdas Unternehmen an? Welchen Typus vonOrganisation vertritt es – projektorientiertund damit eher komplex, oder produktions-orientiert und damit eher homogen in denStrukturen? Individuell auf das jeweilige Unternehmenangepasst, impliziert das Trend-Thema Per-formance Management eine Reduktion vonKomplexität und mehr Agilität in der Aus-gestaltung der Feedbackprozesse. Auch im vielzitierten Megatrend, der digi-talen Transformation, die von 51 Prozentder Befragten als zukünftig wesentlich ein-geschätzt wird, geht es ebenfalls im Kern umdeutlich flexiblere und offene Arbeitsstruk-turen. In einer durch IT und immenser Daten-fülle sowie deren Verfügbarkeit geprägten

und beeinflussten Arbeitswelt wird nichtmehr in starren Strukturen, sondern in soge-nannten Think Tanks und unternehmensun-abhängigen Netzwerken gedacht. Individu-elles Können rückt in den Vordergrund,Team- und organisationale Zughörigkeitwechseln in rascher Folge. Für HR stehtdamit die Frage im Raum, wie Teams in ent-grenzten Unternehmens-Systemen geführtund gesteuert werden können und sollen, wieWissen verfügbar und leichter übertragbarwird und Talente agil im und außerhalb desUnternehmens bewegt werden.Leitfragen in diesem Zusammenhang sind:Mit welchen Instrumenten und Prozessenwerden Organisationen zukünftig ein effi-zientes Performance Management verfol-gen und gleichzeitig kontinuierlich einenMehrwert in die Organisation bringen ohneim Selbstzweck zu verharren? Wie sind dieHR-Organisationen aufgestellt, um mitTrends und Megatrends adäquat umzuge-hen?

Strategie ist bei HR angekommen

Der Schlüssel, um aktuelle Themen und Fra-gestellungen optimal mit den spezifischenAnforderungen einer Organisation zu verzah-

FACHTEIL HR-Trends

nen und diese konsequent an den Unter-nehmenszielen auszurichten, ist eine durch-dachte HR-Strategie. So steht das ThemaStrategie im Fokus des aktuellen Lurse CrossIndustry Benchmarks. Innerhalb dieser Studie hat die HR-Strategieberatung gemein-sam mit train, Gesellschaft für Personalent-wicklung, die teilnehmenden HR-Organisa-tionen insbesondere nach Strategiedefinitionund -umsetzung sowie Verantwortlichkei-ten, Systematik und Ressourceneinsatz imBereich HR befragt. Die Studie zeigt deutlich,dass das Thema Strategie oben auf der HR-Agenda angekommen ist. So haben 76Prozent der 52 befragten HR-Organisatio-nen eine explizit formulierte HR-Strategie.Jährliche Schwerpunktsetzungen für HR-Themen sind durchgängig vorhanden.

Management der Strategieumset-zung verbesserungswürdig

Beim Management der Strategieumsetzungmit Kennzahlen besteht jedoch deutlicherSpielraum für Verbesserung. Nur etwa 30Prozent der HR-Organisationen sind nacheigener Einschätzung sehr konsequent gema-nagt und verfügen durchgängig über Prozes-se und Kennzahlen. Davon sind 40 ProzentUnternehmen, die weniger als 5000 Mitar-beiter in Deutschland haben und nicht Toch-ter eines internationalen Konzerns sind. ImGegenzug geben ein Zehntel der Befragtenan, HR nicht systematisch steuern zu kön-nen, da weder eine Strategie, noch Prozes-se oder Kennzahlen vorhanden sind. AlleUnternehmen dieser Gruppe haben weni-ger als 5000 Mitarbeiter.Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass HRunterschätzt, wie sehr die eigene Leistungauf der Verknüpfung von effizienter Orga-nisation und systematischem Managementberuht. Vor allem beim Prozessmanagementlässt sich das beobachten. Die weitere Auswertung der Befragung zeigt,dass die Definition der wesentlichen Pro-zesse über alle Unternehmen hinweg weitfortgeschritten ist. Damit ist ein Teil derVoraussetzungen geschaffen, um effizientzu arbeiten, HR professionell zu managenund auch in der Leistung kontinuierlich zuverbessern. Ohne klare und effiziente Pro-

Aktuelle und zukünftige HR-Trends in Ihrer Rele-vanz für die Personalpolitik

Abbildung 1

Talent Management und Leadership haben innerhalb des HR-Aufgabenspektrums auch zukünftig deutliche Relevanz.

Quel

le: L

urse

AG,

201

5

hoch

hoch gering Heutige Relevanz in %

Zukünftige Relevanz

in %

Talentmanagement und Leadership

Umgang mit Jobtiteln

Harmonisierung globaler HR-Prozesse

Häufigkeit der Nennung als Top Thema

wenige viele

Abnehmender Trend

Zunehmender Trend

Gesundheits-management

Digitalisierung

Long term incentives

HR-Analytics

Benefits

Employer Branding

Fachkräftemangel

Demografischer Wandel

Generation Y One HR

Performance Management

Variable Vergütung

Generisches Management-System Abbildung 2

Systematisches Management, das kontinuierliche Verbesserung einschließt, beinhaltet immerdie abgebildeten Systemkomponenten.

Quel

le: t

rain

Gm

bH, 2

015

02 | 2016 www.personalwirtschaft.de 47

zesse würden durch fehlende Systematik zuviele Ressourcen verbraucht.

Effiziente Kennzahlensysteme sind entscheidend

Die Strategieumsetzung und ein strategi-sches HR-Management bedürfen aber nichtnur effizienter Prozesse. Denn Prozesse kön-nen sich überleben und lassen in der Regelauch in der Leistung nach, wenn sie nichtkonsequent gemanagt werden. Um konsequent managen zu können, musssichtbar sein, was in den Prozessen vor sichgeht und dieses Sichtbar-Machen geschiehtüber Kennzahlensysteme. Strategie untersetzende Kennzahlensyste-me sind neben den Prozessen eine conditiosine qua non für eine erfolgreiche Imple-mentierung der HR-Strategie und vor allemfür die kontinuierliche Verbesserung vonHR. Systematisches Management, das kon-tinuierliche Verbesserung einschließt, bein-haltet immer die in Abbildung 3 aufgezeig-ten Systemkomponenten.Basierend auf der Strategie ist es sinnvoll,in der Planungsphase Kennzahlen zu defi-nieren, die es ermöglichen, die Strategie-umsetzung zu beobachten und im Bedarfs-fall korrigierend einzugreifen. Dabei gilt eszu beachten, dass diese Kennzahlen nichtunverbunden nebeneinander stehen, son-dern sich zu einem System ergänzen, in demsich die Kennzahlen gegenseitig stützen.Außerdem braucht es Kennzahlen entlangder Prozesse und Kennzahlen, die es erlau-ben, die funktionalen Einheiten zu mana-gen. Hinsichtlich der Prozesskennzahlenbleibtaber noch einiges zu tun. Insbesondere fälltauf, dass obwohl Talent Management undLeadership sowie Performance Managementin ihrer strategischen Relevanz als top ein-geschätzt werden, die dazugehörigen Prozes-se nicht konsequent mit Kennzahlen gema-nagt werden. Nur der Recruiting-Prozess alsTeil des Talent Managements ist meist durchKennzahlen gesteuert. Daneben gehört derPersonal-Controlling-Prozess zu den Spit-zenreitern. Die Situation scheint darauf hinzu deuten, dass gemessen wird, was leichtzu messen ist, und nicht das, was strate-

gisch wichtig wäre zu messen. Hier zeigtsich also weiter Raum für Verbesserungen,insbesondere wenn man berücksichtigt, wel-che Menge an Kennzahlen ManagementInformationssysteme in anderen Bereichenheute schon zur Verfügung stellen. Hiermuss HR aufpassen, nicht den Anschlusszu verlieren und aus Sicht des Linienmana-gements in die alten Zeiten der Soft Factszurück zu fallen.

Status Quo & Ausblick

Neben den reiferen Organisationen, die sichschon differenziert mit Transformationsma-nagement auseinander setzen, beginnt invielen mittelständischen Unternehmen erstdie Umwandlung zu einer effektiven HR-Organisation. Der Umbau nimmt deshalbFahrt auf, weil bei diesen Mittelständlerndie Organisation nicht stimmt. Häufig fin-den sich über Jahre gewachsene Struktu-ren, die sehr komplex und nicht mehr zeit-gemäß sind. Hier liegt der Fokus klar in derHarmonisierung und Neuausrichtung derHR-Strukturen und -Prozesse.Von der organisatorischen Aufstellung herfolgen die meisten reiferen HR-Organisatio-nen inzwischen dem Drei-Säulen-Modell(Business Partner, Center of Competenceund Shared Services). Die Umsetzung vonCenters of Competence zeigt eine hohe

Autor

Klaus D. Wittkuhn, Geschäftsführer train, Gesellschaft für Personal-entwicklung mbH

Autor

Dr. Stefan Fischer, Partner, Lurse AG

Durchdringung, während die Einführungvon Shared Services deutlich mit der Unter-nehmensgröße korreliert. Ein verändertesRollenverständnis beim Übergang von Per-sonalreferenten zum Business Partner lässtsich jedoch nur zum Teil ausmachen. Gera-de in KMU wird die umfassende Betreuungdurch den Personalreferenten durchausgeschätzt Trotz allem ist der Durchdrin-gungsgrad des Drei-Säulen-Modells hoch.Es rückt also vielmehr die Frage in denFokus, wie die nächste Evolution des HR-Operating-Modells gestaltet sein wird, umsich den Herausforderungen der digitalenTransformation und den weiteren Trendthe-men optimal zu stellen.