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© Karsten Kilian 2004 Markenlexikon.com Qualität von Markenbeziehungen Gender-übergreifende oder Gender- spezifische Markenbeziehungsqualität? Arbeitspapier 401, Januar 2004 Karsten Kilian Sonnenhalde 7 97922 Lauda-Königshofen Tel.: 09343 / 50 90-31 Fax: 09343 / 50 90-32 Mail: [email protected] Web: www.markenlexikon.com

Qualität von Markenbeziehungen€¦ · Demgegenüber kommt Baron-Cohen zu dem Ergebnis, dass sich Männer und Frauen im Hinblick auf Ihren Gehirntyp unterscheiden lassen. Die von

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    Qualität von Markenbeziehungen Gender-übergreifende oder Gender- spezifische Markenbeziehungsqualität? Arbeitspapier 401, Januar 2004 Karsten Kilian Sonnenhalde 7 97922 Lauda-Königshofen Tel.: 09343 / 50 90-31 Fax: 09343 / 50 90-32 Mail: [email protected] Web: www.markenlexikon.com

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    Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung ................................................................................................................ 1

    1.1 Problemstellung .............................................................................................. 2

    1.2 Zielsetzung...................................................................................................... 3

    1.3 Methodisches Vorgehen ................................................................................. 4

    2 Theoretische Grundlagen ....................................................................................... 7

    2.1 Menschliche Persönlichkeit............................................................................. 7

    2.2 Markenpersönlichkeit ...................................................................................... 8

    2.2.1 Definition von Markenpersönlichkeit ....................................................... 8

    2.2.2 Dimensionen der Markenpersönlichkeit .................................................. 8

    2.3 Persönlichkeitskongruenz ............................................................................. 10

    2.4 Markenbeziehungen ..................................................................................... 11

    2.4.1 Definition von Markenbeziehungen....................................................... 11

    2.4.2 Qualität von Markenbeziehungen ......................................................... 12

    2.5 Gehirntypologie............................................................................................. 13

    3 Fallstudien ............................................................................................................ 15

    3.1 Fallstudie „Ben“............................................................................................. 15

    3.1.1 Markenbeziehung zu Champion ........................................................... 16

    3.1.2 Markenbeziehung zu Nutella................................................................. 19

    3.1.3 Markenbeziehung zu Elmex.................................................................. 20

    3.2 Fallstudie „Ron“............................................................................................. 22

    3.2.1 Markenbeziehung zu Tchibo „Feine Milde“ ........................................... 23

    3.2.2 Markenbeziehung zu Nivea Aftershave Balsam ................................... 26

    3.2.3 Markenbeziehung zu Toblerone............................................................ 28

    4 Zusammenfassung und Ausblick.......................................................................... 31

    Anhang 1: Überblick verschiedener Definitionen der Markenpersönlichkeit................. 33

    Anhang 2: Dimensionen und Facetten der Markenpersönlichkeit für vier Länder ........ 34

    Anhang 3: Typologie möglicher Konsument-Marken-Beziehungen.............................. 35

    Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 36

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    Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Analytisches Raster der Markenbeziehungsqualität.................................. 3

    Abbildung 2: Vorgehen zur Beantwortung der Forschungsfragen.................................. 4

    Abbildung 3: Situationsadäquate Forschungsstrategien ................................................ 5

    Abbildung 4: Methodische Vorgehensweise in drei Phasen........................................... 6

    Abbildung 5: Persönlichkeitsdimensionen im Vergleich ................................................. 9

    Abbildung 6: Dimensionen der Markenpersönlichkeit für Deutschland ........................ 10

    Abbildung 7: Facetten der Markenbeziehungsqualität.................................................. 13

    Abbildung 8: Gehirntypologie........................................................................................ 14

    Abbildung 9: Reales und Ideals Selbstkonzept von Ben .............................................. 16

    Abbildung 10: Markenprofil von Champion................................................................... 18

    Abbildung 11: Markenprofil von Nutella ........................................................................ 20

    Abbildung 12: Markenprofil von Elmex ......................................................................... 22

    Abbildung 13: Reales und Ideales Selbstkonzept von Ron .......................................... 23

    Abbildung 14: Markenprofil von Tchibo „Feine Milde“ .................................................. 25

    Abbildung 15: Markenprofil von Nivea Aftershave Balsam........................................... 28

    Abbildung 16: Markenprofil von Toblerone ................................................................... 30

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    1 Einleitung

    Sozio-kulturelle Veränderungen, insbesondere die abnehmende Bedeutung traditioneller

    Institutionen wie Familie und Religion, führen dazu, dass sich Menschen zunehmend über ihr

    Erscheinungsbild, die berufliche Betätigung und Besitztümer definieren. Symptome dieser

    Veränderungen sind die Zunahme von Schönheitsoperationen, die dominierende Rolle der

    Arbeitswelt und des eigenen Arbeitsplatzes und der Erwerb, Besitz und Konsum von

    markierten Produkten.1

    Zugleich führt die zunehmende Angleichung von Produktqualitäten auf funktionaler Ebene

    dazu, dass die Unterscheidungskraft von Produkten zunehmend verloren geht. Einer

    aktuellen Studie von BBDO zufolge empfinden Konsumenten durchschnittlich 80% der

    Produkte als austauschbarer2 während gleichzeitig einer Studie von Sattler zufolge

    Führungskräfte Marken im Schnitt 56% des Unternehmenswertes zurechnen und damit den

    großen Stellenwert von Marken verdeutlichen.3 Die genannten Studien verdeutlichen, dass

    Wettbewerbsvorteile durch funktionale Produktdifferenzierung nur noch in den seltensten

    Fällen erzielt werden können, während mit emotionalem Produktnutzen aufgeladene Marken

    hierzu reichlich Möglichkeiten bieten.4

    Ausgangspunkt für die Differenzierung und den Wert von Marken bildet das Markenimage5,

    das beschreibt „how customers and others perceive the brand“6. Zentral für die Wirkungskraft

    des Markenimages sind Vorteilhaftigkeit, Stärke und Einzigartigkeit der mit einer Marke

    verbundenen Markenassoziationen.7 Das Markenimage lässt sich unterteilen in

    Unternehmensimage, Nutzerimage und Image der Leistung.8 Zugleich kann zwischen immer

    weniger bedeutsamen „harten“, technisch-funktionalen Attributen und zunehmend relevanten

    „weichen“ Zügen des Images unterschieden werden. Zu letzterem zählen sowohl

    Markenpersönlichkeit9 als auch Markenbeziehungen10, die im Folgenden näher betrachtet

    werden.

    1 Vgl. Batra, R./Myers, J.G., Aaker, D.A. (1996), S. 326f.; vgl. hierzu auch Wippermann, P. (2003),

    S. 23f.; zur Verweltlichung von Religion und zur „Vergötterung“ des säkularen vgl. Belk, R.W./ Wallendorf, M./Sherry Jr., J.F. (1989), S. 1ff.

    2 Vgl. Baumgarth, C. (2001), S. 10f. 3 Vgl. Sattler, H. (2001), S. 19ff. 4 Vgl. hierzu auch Kressmann, F. et al. (2003), S. 401ff. 5 Vgl. Farquhar, P.H./Herr, P.M. (1993), S. 263 sowie Biel, A.L. (2001), S. 70ff.; ähnlich Kroeber-Riel,

    W./Weinberg, P. (1999), S. 196f.; vgl. hierzu auch Coulter, R.H./Zaltman, G. (1994), S. 501ff. 6 Aaker, D.A. (1996), S. 69. 7 Vgl. Keller, K.L. (1993), S. 5ff.; vgl. hierzu auch Biel, A.L. 1993, S. 71 und Keller, K.L. (2001),

    S. 1061ff. 8 Vgl. Biel, A.L. (1993), S. 71; ähnlich Biel, A.L. (2001), S. 70. 9 Abweichend hierzu definieren Kressmann, F. et al. (2003) Markenpersönlichkeit nicht als Teil des

    Markenimages, sondern „lediglich als expressiven Teil der Markenassoziationen“ (S. 414) während Batra et al. (1996) darauf hinweisen, dass Markenpersönlichkeit nicht auf Assoziationen begrenzt ist (S. 321).

    10 Vgl. Biel, A.L. (1993), S. 71 sowie Biel, A.L. (2001), S. 70.

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    1.1 Problemstellung Zentrale Herausforderung für das Markenmanagement ist es, die Markenpersönlichkeit als

    zentralen Bestandteil des emotionalen Markenimages als auch die im Zusammenspiel mit

    der Persönlichkeit des Konsumenten resultierenden Markenbeziehungen zielgerichtet zu

    steuern. Dafür ist es zum einen notwendig, mögliche Dimensionen der Markenpersönlichkeit

    für einzelne Kulturkreise empirisch zu ermitteln, zum anderen gilt es, eine Typologie

    möglicher Markenbeziehungen abzuleiten und anhand von Facetten zu beschreiben.

    Für beide Fragestellungen liegen bereits erste empirische Ergebnisse vor, die im Rahmen

    dieser Arbeit im Einzelnen erläutert werden. Die empirisch validierten Dimensionen der

    Markenpersönlichkeit basieren im Wesentlichen auf Forschungsergebnisse von Aaker, die

    für die USA fünf valide und reliable Dimensionen ermitteln konnte.11 Darüber hinaus konnte

    sie zusammen mit Benet-Martinez und Garolera nachweisen, dass die Dimensionen der

    Markenpersönlichkeit, im Gegensatz zu den menschlichen Persönlichkeitsdimensionen,

    kulturabhängig variieren.12

    Im Hinblick auf mögliche Typen von Markenbeziehungen von Konsumenten konnten

    ebenfalls erste Modellkonstrukte abgeleitet werden, die auf Studien von Fournier Mitte der

    90er Jahre zurückgehen.13 Einschränkend weißt Fournier selbst jedoch darauf hin, dass „little

    empirical work has been conducted on relational phenomena in the consumer products

    domain, particularly at the level of the brand.”14 Die von ihr ermittelten Indikatoren der

    Qualität von Markenbeziehungen basieren auf phänomenologischen Fallstudien von drei

    Frauen in unterschiedlichen Lebenslagen. Markenbeziehungen von Männern wurden

    demgegenüber bei der Entwicklung der Beziehungstheorie von Fournier nicht berücksichtigt:

    „Women exhibit more and stronger interpersonal relationships and brand involvements“15.

    Demgegenüber kommt Baron-Cohen zu dem Ergebnis, dass sich Männer und Frauen im

    Hinblick auf Ihren Gehirntyp unterscheiden lassen. Die von ihm entwickelte Empathising-

    Systemising (E-S) Theorie besagt, dass bei einem Teil der Individuen, typischerweise

    Frauen, das Einfühlungsvermögen stärker ausgeprägt ist als das Systemdenken.

    Demgegenüber ist der primär von Systemdenken geprägte Gehirntyp eher bei Männern

    vorzufinden.16 Im Rahmen dieser Arbeit soll deshalb ein Ansatz entwickelt und im Rahmen

    von zwei Pilot-Fallstudien getestet werden, der es ermöglicht, die Markenbeziehungsqualität

    von Fournier auf ihre Gültigkeit und Vollständigkeit im Hinblick auf männliche Konsumenten

    zu überprüfen. Abbildung 1 stellt alle beschriebenen Konstrukte in Form eines vorläufigen

    Analytischen Rasters dar.

    11 Vgl. Aaker, J.L. (1997), S. 350ff.; ähnlich Aaker, J.L. (2001), S. 96ff. 12 Vgl. Aaker, J./Benet-Martinez, V./Garolera, J. (2001), S. 495ff. 13 Vgl. Fournier, S. (1998), S. 361ff.; ähnlich Fournier, S. (2001), S. 151ff. 14 Fournier, S. (1998), S. 343. 15 Ebenda, S. 347. 16 Vgl. Baron-Cohen, S. (2003a).

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    Markenbeziehungsqualität (BRQ)

    Konativ Kognitiv

    Interde-pendence

    Commit-ment

    Love/Passion

    Self-Con-nection Intimacy

    PartnerQuality

    Affektiv

    Varianten der Loyalität

    Mensch-lichePersön-lichkeit

    Selbst-Konzept

    Gender

    Marken-persön-lichkeit

    Dimen-sionen

    Deter-minan-ten

    Beziehungsstabilität, -intensität und -dauer

    „Störfaktor“

    Kongruenz

    Markenverhalten Konsumentenverhalten

    Verhalten Wettbewerbermarken

    Abbildung 1: Analytisches Raster der Markenbeziehungsqualität Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Fournier, S. (1998), S. 366ff. sowie Aaker, D.A.

    (1996), S. 166f.

    1.2 Zielsetzung Untersuchungsobjekt im Rahmen dieser Arbeit sind Beziehungen von Konsumenten mit

    Marken. Wie gezeigt wurde, basiert die von Fournier entwickelte Markenbeziehungsqualität

    (Brand Relationship Theory) lediglich auf durch von drei Frauen beschriebene Beziehungen

    mit Marken. Die Ergebnisse von Baron-Cohen zeigen jedoch, dass geschlechtsspezifische

    Unterschiede nachweisbar sind. Die im Rahmen dieser Arbeit dargestellten Pilot-Fallstudien

    dienen der Überprüfung und ergebnisabhängigen Anpassung der entwickelten Modell-

    konstrukte. Sie werden in der 2004 stattfindenden Hauptstudie herangezogen, um die

    folgenden drei Fragen zu beantworten:

    Forschungsfrage 1: Unterscheiden sich Konsumenten-Marken-Beziehungen von Männern von den von Fournier mittels phänomenologischer Interviews mit Frauen ermittelten Beziehungstypen bzw. -qualitäten?

    Forschungsfrage 2: Hat Kongruenz zwischen menschlicher und Markenpersönlichkeit Einfluss auf den jeweils dominierenden Beziehungstyp und/oder die ermittelte Beziehungsqualität?

    Forschungsfrage 3: Lässt sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Marken-persönlichkeit und Beziehungstyp bzw. -qualität feststellen?

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    Ausgangspunkt für die modifizierten Fallstudien von Lebensgeschichten17 mehrerer Männer

    bilden die Darstellung der Forschungsergebnisse von Aaker und Fournier sowie neuste

    Erkenntnisse der Gehirn- und Gender-Forschung von Baron-Cohen (vgl. Abbildung 2).

    Theorie Empirie Auswertung

    Herausarbeitung der Fragestellung aus theoretischer SichtDarstellung der Konstrukte

    MarkenpersönlichkeitMarkenbeziehungGehirntypologie

    Operationalisierung von Indikatoren

    Durchführung empi-rischer Untersuchungen

    Fallstudie „Ben“Fallstudie „Ron“

    Überprüfung der Forschungsfragenmittels qualitativerund quantitativer Methoden

    Analyse und Inter-pretation der Ergebnisse

    IdiographischPersonenübergreifend

    Integration der For-schungsergebnissein den bestehendenAnsatz von Fournier

    Abbildung 2: Vorgehen zur Beantwortung der Forschungsfragen Quelle: Eigene Darstellung Im folgenden wird das methodische Vorgehen begründet. Parallel hierzu werden die

    verwendeten Methoden kurz erläutert.

    1.3 Methodisches Vorgehen Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, ein in Anlehnung an bestehende Methoden18

    entwickeltes Forschungsdesign zur Aufdeckung von Beziehungen zwischen Konsumenten

    und „ihren“ Marken zu verfeinern.

    Die Verwendung phänomenologischer19 und narrativer20 Interviews im Rahmen von

    ausgewählten Lebensgeschichten21 ausgewählter Männer in verschiedenen Lebens-

    situationen ist zu diesem Zweck stärker strukturierten Untersuchungsansätzen vorzuziehen,

    da ein Verständnis der subjektiven Bedeutung von Markenbeziehungen ermöglicht wird.22

    Wie Abbildung 3 verdeutlicht, ermöglicht das induktive Vorgehen23 mittels ausgewählter,

    multipler Fallstudien eine Beantwortung der beiden Fragen „Wie?“ und Warum?“, ohne die

    Verhaltensereignisse kontrollieren zu müssen.24

    17 Vgl. hierzu Fournier, S. (1998), S. 347. 18 Vgl. Zaltman, G. (1997), S. 428ff. sowie Fournier, S. (1998), S. 347ff. 19 Vgl. Fournier, S. (1998), S. 347 ; zur Lehre der Phänomenologie vgl. auch Lamnek, S. (1995),

    S. 58ff. 20 Vgl. Lamnek, S. (1995), S. 34f. und S. 268; zur Interpretation vgl. ebenda, S. 205f.; vgl. hierzu auch

    McAdams, D.P. (1999), S. 478ff. sowie Thompson, C.J. (1997), S. 439ff. 21 Vgl. hierzu auch Yin, R. (2003), S. 22f. 22 Vgl. Fournier, S. (1998), S. 347; ähnlich Catchings-Castello, G. (2000), S. 8 sowie Stake,

    R.E. (1995), S. 64ff.; vgl. hierzu auch die Ausführungen von Tavers, M. (2001) zu Symbolischer Interaktion und deren Anliegen „in getting close to human beings and describing how they understand their own activities and social worlds“ (S. 17).

    23 Vgl. hierzu z.B. Mayring, P. (2002), S. 19 und S. 36f. 24 Vgl. Yin, R. (2003), S. 3ff.

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    Wie?Warum?

    EntscheidungskriterienArten vonForschungs-fragen?

    Notwendige Kontrolle von Verhaltens-ereignissen?

    Fokus auf zeit-genössische Ereignisse?

    Wer? Was? Wo?Wieviel? Wieviele?

    Nein Ja

    Forschungs-strategie

    Umfrage

    Nein Ja/Nein Archivauswertung

    Ja Ja Experiment

    Nein Nein Historie

    Nein Ja Fallstudie

    Abbildung 3: Situationsadäquate Forschungsstrategien Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Yin, R. (2003), S. 5 In Anlehnung an Fournier25 werden die Beziehungen von Konsumenten zu „ihren“ Marken

    mittels folgender Vorgehensweisen näher beleuchtet:

    Beschreibung der eigenen Markennutzungsgeschichte

    Lebensweltbeschreibung (Entstehungs-, Entwicklungs- und Verwendungsgeschichten)

    Informationen zur eigenen Lebensgeschichte (wichtige Lebenserfahrungen, zentrale Entscheidungen und Übergangspunkte im Leben)

    Betrachtet werden im wesentlichen Konsum- und Gebrauchsgüter sowie optional Dienst-

    leistungen. Ausgangspunkt und Abschluss der Gespräche bilden folgende, mittels

    Fragebogen erfasste Informationen:

    Ermittlung des eigenen E-S Typs

    Wertung der Wichtigkeit der einzelnen Persönlichkeitsdimensionen

    Bestimmung der Dimensionen der eigenen Persönlichkeit (real/ideal)

    Ermittlung der Persönlichkeitsdimensionen der genannten Marken

    Nutzungshistorie der Marken (Dauer, Häufigkeit, Dominanz)

    Identifikation mit und Loyalität zur Marke

    Parallel hierzu werden folgende qualitative Techniken angewandt, um die Beschreibung der

    eigenen Markenbeziehungen zu stimulieren26, da sich die Ursachen für Beziehungen mit

    Marken mittels Fragebogen nur teilweise ermitteln lassen:

    25 Für die folgenden Ausführungen zum methodischen Vorgehen vgl. Fournier, S. (1998), S. 347f.

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    Sichtung von Marken im Haushalt (Schrankinhalte, Lebensmittellisten etc.)

    Nutzung von Bildmetaphern (Zeitungsanzeigen, Fotos etc.)

    Einsatz visueller Hilfsmittel (zur Beschreibung von Entwicklungszeitlinien)

    Die so ermittelten Markenbeziehungen werden anschließend mittels idiographischer und im

    Rahmen de Hauptstudie zusätzlich in Form von personenübergreifenden Analysen

    ausgewertet. Damit sichergestellt ist, dass die Interpretationen des Autors glaubwürdig sind,

    werden die Interviewaufzeichnungen und wertenden Zusammenfassungen von mehreren

    Kollegen kritisch hinterfragt und anschließend mit dem Autor diskutiert. Daneben werden im

    Sinne der Triangulation27 mehrere Befragungen mit der gleichen Person zu verschiedenen

    Zeitpunkten durchgeführt, qualitative und quantitative Methoden kombiniert28 (vgl. Abbildung

    4) und unterschiedliche Datenquellen zur ganzheitlichen Erfassung und Beschreibung der

    Konsument-Marken-Beziehung herangezogen, z.B. Geschichten anderer Haushalts-

    mitglieder sowie im Haushalt vorgefundene und verwendete Marken.

    Phase 1 Phase 2 Phase 3

    Befragung (quantitativ)mittels Fragebogen

    Nennung von 3 MarkenWichtigkeit der Persön-lichkeitsdimensionenEinschätzung der eigenen Persönlich-keit (aktuell/ideal)S-E-Bewertung

    PhänomenologischesInterview (Gesprächs-leitfaden)

    Markennutzung undLebensweltBildmetaphern und deren InterpretationBeziehungs-Referenzen

    Befragung (quantitativ)mittels Fragebogen

    Bewertung von Markenpersönlich-keitsdimensionenEinschätzung derBeziehungsqualitätEinschätzung von Identifikation und Loyalität

    Abbildung 4: Methodische Vorgehensweise in drei Phasen Quelle: Eigene Darstellung Das nächste Kapitel stellt relevante Dimensionen der Markenpersönlichkeit dar, erläutert die

    Theorie der Markenbeziehungen, die Kongruenztheorie sowie die E-S Theorie. Es wird

    gezeigt, wie diese Konstrukte mit der menschlichen Persönlichkeit zusammenhängen und

    bei der Erklärung von Konsument-Marken-Beziehungen Anwendung finden.

    26 In Anlehnung an Fournier, S. (1998), S. 347f., Coulter, R./Zaltman, G. (1994), S. 502 ff. sowie

    Zaltman, G. (1997), S. 428ff; vgl. hierzu auch Batra, R./Myers, J.G., Aaker, D.A. (1996), S. 328ff. sowie Keller, K.L. (2003), S. 432ff.

    27 Vgl. Stake, R.E. (1995), S. 107ff., Lamnek, S. (1995), S. 248ff., Perry, C. (2001), S. 304, Mayring, P. (2002), S. 147f. sowie Yin, R. (2003), S. 97ff.

    28 Vgl. hierzu übereinstimmend Yin, R. (2003), der betont, dass „case studies can be based on any mix of quantitative and qualitative evidence“ (S. 15); zur Gegenüberstellung qualitativer und

    quantitativer Forschungsansätze vgl. Tomczak, T. (1992), S. 81ff.

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    2 Theoretische Grundlagen

    Grundlage der Analyse von Konsument-Marken-Beziehungen bilden die Persönlichkeiten der

    involvierten Personen und Marken. Hierzu ist es zunächst erforderlich, beide Konstrukte zu

    definieren und empirisch validierte Dimensionen der Persönlichkeit zu erläutern. Darauf

    aufbauend werden die Kongruenztheorie und die Beziehungstheorie beschrieben, bevor auf

    die S-E-Theorie näher eingegangen wird.

    2.1 Menschliche Persönlichkeit Die menschliche Persönlichkeit lässt sich Mischel zufolge definieren als „an individual’s most

    striving or dominant characteristic.“29 Demgegenüber definiert Plummer die menschliche

    Persönlichkeit als “the way individuals react fairly consistently to a variety of environmental

    situations.”30 Mischel weißt darauf hin, dass viele verschiedene Definitionen des Terminus

    existieren, wobei den meisten von ihnen die Beschreibung von Persönlichkeit als „the

    distinctive patterns of behavior (including thoughts and emotions) that characterize each

    individual’s adaptation to the situation of his or her life“31 gemeinsam ist.

    Weitgehend Einigkeit herrscht darüber, wie sich die menschliche Persönlichkeit geschlechts-

    und kulturübergreifend beschreiben lässt.32 Der seit den 80er Jahren dominierende

    lexikalische Ansatz33 der sogenannten „Big Five“ beschreibt die menschliche Persönlichkeit

    anhand von fünf Dimensionen34:

    Neurotizismus (Emotionale Stabilität)

    Extraversion (Überschwenglichkeit)

    Offenheit für Erfahrungen (Bildung)

    Liebenswürdigkeit (Verträglichkeit)

    Gewissenhaftigkeit (Sorgfalt)

    Jede der fünf genannten Dimensionen lässt sich anhand von sechs Facetten messen und

    ermöglicht somit, die Persönlichkeit von Menschen allgemein zu beschreiben.35

    29 Mischel, W. (1993), S. 5. 30 Plummer, J.T. (1984), S. 27; vgl. ähnlich Wee, T.T./Ming, M.C. (2003), S. 209. 31 Mischel, W. (1993), S. 5. 32 Für einen Überblick verschiedener Persönlichkeitstheorien und -konzepte vgl. Weis, M./Huber, F. (2000), S. 51ff. und S. 64ff.; vgl. hierzu auch eine Auswertung von 152 Zeitreihenstudien bei

    Roberts, B.W./DelVecchio, W.F. (2000), S. 10ff.; vgl. abweichend hierzu Digman, J.M. (1997), S. 1246f.

    33 Auch Reivsed NEO Personality Inventory, kurz NEO-PI-R genannt, vgl. Gemäß Costa, P.T./McCrae, R.R. (1995), S. 21.

    34 Vgl. Goldberg, L.R. (1990), S. 1220f. sowie Vgl. Costa, P.T./McCrae, R.R. (1995), S. 23; für eine detaillierte Beschreibung der historischen Entwicklung der „Big Five“ vgl. John, O.P./Srivastava, S. (1999), S. 102ff. sowie Weis, M./ Huber, F. (2000), S. 70ff.

    35 Für ein umfassende Darstellung der 30 Facetten vgl. Costa, P.T./McCrae, R.R. (1995), S. 26; zu methodischen Schwächen des NEO-PI-R Ansatzes vgl. Digman, J.M. (1997), S. 1246.

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    2.2 Markenpersönlichkeit Ausgehend von der Theorie des Animismus lassen sich Marken, ähnlich wie Menschen,

    Persönlichkeitswesenszüge zuschreiben.36 Bevor länderspezifisch empirisch ermittelte

    Dimensionen der Markenpersönlichkeit vorgestellt werden, wird im folgenden zunächst der

    Terminus „Markenpersönlichkeit“ näher definiert.

    2.2.1 Definition von Markenpersönlichkeit Markenpersönlichkeit als ein zentraler Bestandteil des Markenimages37 lässt sich definieren

    als „human characteristics associated with a brand“38. Auf Basis der in Anhang 1

    wiedergegebenen Definitionen der Markenpersönlichkeit lassen sich drei zentrale Merkmale

    einer Markenpersönlichkeit feststellen:

    (1) Wahrnehmung: Resultierend aus Kommunikation, (in)direktem Kontakt und

    beobachtetem Verhalten der Marke

    (2) Assoziationen: Kognitiv und affektiv wahrgenommene und von der Marke ausgelöste

    Assoziationen und Charaktereigenschaften

    (3) Charakter: Emotionale Anziehungskraft besitzend, symbolische Werte

    verkörpernd und mit Bedeutungsgehalt aufgeladen

    Zur optimalen Ausgestaltung der Markenpersönlichkeit gilt es, zentrale Dimensionen der

    Markenpersönlichkeit zu ermitteln.

    2.2.2 Dimensionen der Markenpersönlichkeit Nachdem bis Mitte der 90er Jahre primär Ad-hoc-Skalen und Skalen der menschlichen

    Persönlichkeit als Konstrukt der Markenpersönlichkeit herangezogen wurden, ist es der

    Verdienst von Aaker, mittels emisch-etischem Ansatz fünf Dimensionen der Marken-

    persönlichkeit empirisch ermittelt zu haben.39 Abbildung 5 fasst die Ergebnisse für die von

    Aaker und Kolleginnen untersuchten Länder USA, Japan und Spanien zusammen. Es zeigt

    sich, dass die Dimensionen der Markenpersönlichkeit, im Gegensatz zu den Dimensionen

    der menschlichen Persönlichkeit, länderspezifisch variieren.40

    36 Vgl. Aaker, J.L. (1997), S. 347 sowie Weis, A,/Huber, F. (2000), S. 47. 37 Vgl. hierzu auch die Ausführungen in der Einleitung. 38 Aaker, J.L. (1997), S. 347. 39 Vgl. Aaker, J.L. (1997) sowie Aaker, J.L./Benet-Martinez, V./Garolera, J. (2001); für eine kritische

    Betrachung der Ergebnisse von Aaker et al. vgl. Austin, J.R./Siguaw, J.A./Mattila, A.S. (2003). 40 Vgl. hierzu eine Übersicht interkultureller Validierungsstudien bei Hieronimus, F. (2004), S. 81.

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    Neurotizismus

    Offenheit für Erfahrungen

    Liebenswürdigkeit

    Extraversion

    Gewissenhaftigkeit

    Aufrichtigkeit

    Erregung/Spannung

    Kompetenz

    Kultiviertheit

    Robustheit

    Aufrichtigkeit

    Erregung/Spannung

    Kompetenz

    Kultiviertheit

    Friedlichkeit

    Aufrichtigkeit

    Erregung/Spannung

    Kultiviertheit

    Friedlichkeit

    Leidenschaft

    Menschliche Persönlichkeit MarkenpersönlichkeitWeltweit USA Japan Spanien

    ~

    ~

    ~

    Abbildung 5: Persönlichkeitsdimensionen im Vergleich Quelle: Eigene Darstellung der Ergebnisse von Costa, P.T./McCrae, R.R. (1995),

    S. 23, Aaker, J.L. (1997), S. 352, Aaker, J.L./Benet-Martinez, V./Garolera, J. (2001), S. 500 und S. 505.

    Aufbauend auf die Ergebnisse von Aaker und Aaker, Benet-Martinez und Garolera hat

    Hieronimus41 die insgesamt sieben empirisch ermittelten Dimensionen auf ihre

    Anwendbarkeit für Deutschland überprüft.42 Abweichend von Aaker gelangt er für

    Deutschland zu zwei validen und reliablen Dimensionen der Markenpersönlichkeit. Die

    beiden Dimensionen und die dazugehörigen Facetten sind in Abbildung 6 wiedergegeben.

    Eine ausführliche Darstellung mit Nennung aller Facetten für alle vier Länder findet sich in

    Anhang 2.

    41 Vgl. Hieronimus, F. (2004), S. 118ff. 42 Daneben wird zurzeit eine ähnliche Studie an der Universität Mannheim am Lehrstuhl von Prof.

    Dr. Hans H. Bauer von Ralf Mäder durchgeführt; erste Ergebnisse werden für Mitte 2004 erwartet.

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    Temperatment & Leidenschaft (emotional)

    Vertrauen & Sicherheit (rational)

    Aufrichtigkeit

    Erregung/Spannung

    Kompetenz

    Kultiviertheit

    Robustheit

    Friedlichkeit

    Leidenschaft

    Aufrichtigkeit

    Erregung/Spannung

    Kompetenz

    Leidenschaft

    zuverlässigunverfälscht, authentischehrlichbodenständigerfolgreich

    temperamentvollleidenschaftlichphantasievollfröhlichwagemutig

    Überprüfte Für Deutschland... Dimensionen ...relevant ....ermittelte Dimensionen & Facetten

    Abbildung 6: Dimensionen der Markenpersönlichkeit für Deutschland Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hieronimus, F. (2004), S. 149 und 154.

    Aufgrund der signifikant von Aaker und Kolleginnen abweichenden Forschungsergebnisse

    von Hieronimus für Deutschland finden Im Rahmen der Fallstudien finden die zwei in

    Abbildung 6 dargestellten Dimensionen mit ihren insgesamt 10 Facetten Anwendung.

    2.3 Persönlichkeitskongruenz Die auf Lecky und Levy43 zurückgehende Hypothese der Selbst-Kongruenz unterstellt, dass

    Konsumenten nach Übereinstimmung der Markenpersönlichkeit mit ihrer eigenen

    Persönlichkeit, dem sogenannten Selbstkonzept, streben.44 Es wird davon ausgegangen,

    dass „sich mit zunehmender Übereinstimmung zwischen einer Markenpersönlichkeit und der

    Persönlichkeit eines Konsumenten (Selbstähnlichkeit, Selbst-Kongruenz) eine Valenz zum

    Produkt einstellt“45. Begründet wird dieses Verhalten damit, dass mit zunehmender

    Identifikation mit der Marke das Vertrauen und die Bindung gegenüber der Marke wächst.46

    Eine Reihe empirischer Untersuchungen belegt, dass Kongruenz zwischen tatsächlichem

    bzw. idealem Selbst-Konzept und Dimensionen der Markenpersönlichkeit die (Wieder-

    43 Vgl. Levy, S.J. (1959), S. 119f. Levy verweist auf einen Aufsatz von Prescott Lecky (1945), der Levy

    zufolge beschreibt „how people behave in consistency with their self-concepts“ (S. 120). 44 Vgl. Weis, M./Huber, F. (2000), S. 20ff. sowie Bauer, H.H./Mäder, R./Huber, F. (2002), S. 688; für

    eine umfassende Darstellung verschiedener Selbst-Konzepte vgl. Sirgy, M.J. (1982) sowie Belch, G.E. (1978), S. 320ff. 45 Bauer, H.H./Mäder, R./Huber, F. (2002), S. 689. 46 Vgl. Baumgarth, C./Hansjosten, U. (2002), S. 43; zur Bedeutung von Vertrauen und Bindung für

    Markenbeziehungen vgl. Garbarino, E./Johnson, M.S. (1999), S. 73ff. sowie Coulter, R.A./Price, L.L./Feick, L. (2003), S. 153ff.

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    )Kaufbereitschaft signifikant erhöht.47 Herrmann, Huber und Magin konnten beispielsweise

    für eine Automarke die Annahme nachweisen, dass „sich aus der Ähnlichkeit zwischen der

    wahrgenommenen Markenpersönlichkeit und der menschlichen Persönlichkeit ein Einfluss

    auf die Loyalität zur Marke ergibt.“48 Zur Berechnung der Kongruenz wird in Anlehnung an

    Bauer, Huber und Mäder die absolute, gewichtete Distanz (City-Block-Metrik) als

    Distanzmaß herangezogen.49

    2.4 Markenbeziehungen Wie bereits einführend gezeigt wurde, gewinnen Marken als Symbole gesellschaftlich

    zunehmend an Bedeutung, während physische Produktunterschiede in vielen Leistungs-

    kategorien kaum noch wahrgenommen werden. Dementsprechend hat sich in den letzten

    Jahren ein Wandel von transaktionsbasiertem Marketing und damit verbundener

    kontinuierlicher Neukundenakquise zu Relationship Marketing vollzogen50 mit dem Ziel, „die

    Kundenbeziehung zum Ausgangspunkt der Betrachtung“51 zu machen und entsprechende

    Kundenbindungsmaßnahmen zu initiieren. Ähnlich betonen Walker und Olsen die Bedeutung

    von Markenbeziehungen:

    „One of the central functions of marketing is to create, at least momentarily, a psychological relationship between consumers and a product or service. That is, marketing must persuade the consumer to associate the product or service with satisfying some benefit, goal, or value that is important to the consumer.“52

    Die Verbindung zur Markenpersönlichkeit herstellend, betont Blackston, dass „a brand

    relationship is a logical extension of the idea of a brand personality“53. Im Folgenden wird der

    Terminus Markenbeziehung definiert. Hierauf aufbauend werden Qualitäten und Typen

    möglicher Markenbeziehungen, basierend auf den Forschungsergebnissen von Fournier,

    erläutert.54

    2.4.1 Definition von Markenbeziehungen Vergleichbar menschlichen Beziehungen55 lassen sich auch zwischen Mensch und Marken

    Beziehungsmuster erkennen. Markenbeziehungen können Blackston zufolge verstanden

    47 Vgl. hierzu die Auswertung der Ergebnisse von 28 Studien bei Sirgy, M.J. (1982), S. 291f.; für

    aktuelle empirische Forschungsergebnisse vgl. Bauer, H.H./Mäder, R./Huber, F. (2002), S. 693 und Kressmann, F. et al. (2003), S. 412.

    48 Herrmann, A./Huber, F./Magin, S. (2000), S. 92 sowie die dazugehörigen Ergebnisse auf S. 99f.; zu ähnlichen Ergebnissen gelangen auch Bauer, H.H./Mäder, R./Huber, F. (2000), S. 37.

    49 Vgl. Bauer, H.H./Mäder, R./Huber, F. (2000), S. 28f. 50 Vgl. Bruhn, M. (2001), S. 8f. sowie S. 12. 51 Bruhn, M. (2001), S. V. 52 Walker, B.A./Olson, J.C. (1991), S. 111. 53 Blackston, M. (1992), S. 80. 54 Vgl. hierzu Fournier, S./Yao, J.L. (1997) sowie Fournier, S. (1998). 55 Für eine Einführung zur wissenschaftlichen Forschung im Bereich zwischenmenschlicher Beziehungen vgl. Duck, S./West, L./Acitelli, L.K. (1996), S. 1-23 sowie Berscheid, E./Peplau,

    L.A. (1983), S. 1-19.

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    werden als „an analogue – between brand and consumer – of that complex of cognitive,

    affective, and behavioral processes which constitute a relationship between two people“56.

    Ähnlich wie Fournier, die betont, dass die Qualität von Konsument-Marken-Beziehungen

    „evolves through meaningful brand and consumer actions, as per the reciprocity principle on

    which all relationships are grounded”57, verweist Blackston darauf, dass sich das

    Beziehungskonstrukt definiert lässt als “the interaction between consumers‘ attitudes toward

    the brand and the brand‘s ‘attitudes‘ toward the consumer”58. Ergänzend zur Analogie mit

    menschlichen Beziehungen und zur Gegenseitigkeit von Konsument-Marken-Beziehungen

    betont DeWulf die wahrgenommene zeitliche Ausdehnung der Interaktion als prägendes

    weitere Charakteristikum von Markenbeziehungen: „One or more exchanges between a

    buyer and a seller that are perceived by the buyer as being interrelated to potential past and

    future exchanges with the seller.“59

    2.4.2 Qualität von Markenbeziehungen Vier Voraussetzung sind grundlegend für die Konzeptionalisierung des Konstruktes

    Markenbeziehung. Erstens ist es notwendig, dass die Marke als Beziehungspartner fungiert

    und die Beziehung auf Gegenseitigkeit beruht. Des weitern ist es zweitens erforderlich, dass

    sie eine bedeutungsverleihende oder bedeutungsstrukturierende Rolle im soziokulturellen

    Umfeld übernimmt und z.B. mithilft, grundlegende existenzielle Sorgen oder Spannungen zu

    lösen. Drittens lassen sich Markenbeziehungen meist als äußerst facettenreich und komplex

    charakterisieren. Schließlich können Beziehungen, abweichend von isolierten Transaktionen,

    als Serie wiederholter Austauschvorgänge zwischen sich gegenseitig vertrauten Partnern

    beschrieben werden.60

    Ausgehend von diesen Grundannahmen wurden von Fournier drei phänomenologische

    Tiefeninterviews mit Frauen unterschiedlichen Alters und voneinander abweichenden

    Lebensgeschichten durchgeführt. Die idiographische und einzelfallübergreidene Auswertung

    der Gesprächsaufzeichnungen führte zu einer Typologie mit insgesamt 15 aussagekräftigen

    Beziehungsmustern, die von Zwangsheiraten über verwandtschaftliche Beziehungen bis hin

    zu heimlichen Affären reichen (vgl. Anhang 3).61 Hierauf aufbauend wurden von Fournier

    durch Gegenüberstellung von starken Markenbeziehungen mit den übrigen ermittelten

    Markenbeziehungen eine Reihe von Indikatoren ermittelt, die die Qualität, Tiefe und Stärke

    der Konsument-Marken-Beziehung beschreiben und zu deren Stabilität und Dauerhaftigkeit

    beitragen. Das sogenannte Konstrukt der Brand Relationship Quality (BRQ) umfasst die in

    Abbildung 7 dargestellten sechs Facetten.

    56 Blackston, M. (1992), S. 80. 57 Fournier, S. (1998), S. 365. 58 Blackston, M. (1993), S. 113. 59 De Wulf, C. (1999), S. 19. 60 Vgl. Fournier, S. (1998), S. 344ff.

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    Affektiv Konativ Kognitiv

    Liebe und Leidenschaft Gegenseitige Abhängigkeit Vertrauter Umgang Wärme, Zuneigung, Vernarrt- heit, eigennützige/obszessive Abhängigkeit

    Kaufrituale; Teil des täglichen Lebens (häufige Interaktion erhöhte Bandbreite, Vielfalt und Intensität)

    reichhaltige Bedeutungen, per-sönliche Assoziationen und Er-fahrungen, Glaube an überle-gene Leistung

    Verbindung mit Selbst/Ich Verpflichtung/Bindung Partnerqualität bedeutenden Teil des Selbst ausdrückend (vergangen, aktuell, möglich/ angestrebt)

    Persönliche Hingabe (emotional) bzw. strukturelle Ausstiegsbar-rieren (investiv)

    wahrgenommene Erfüllung der Partnerschaftsrolle (Verlässlich-keit, Vorhersehbarkeit etc.)

    Abbildung 7: Facetten der Markenbeziehungsqualität Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Fournier, S. (1998), S. 363ff. Zur Operationalisierung der BRQ wurden die von Kressmann et al. in Anlehnung an Aaker

    entwickeltelten Items herangezogen.62 Daneben wurden in Anlehnung an Bauer, Mäder und

    Huber die Konstrukte Identifikation mit der Marke und Markenloyalität jeweils mit Hilfe von

    vier Items operationalisiert.63 Ergänzend wurden die Dimensionen des zwischenmenschliche

    Beziehungen beschreibenden Relationship Closeness Inventory (RCI) in vereinfachter Form

    berücksichtigt. Bei den zentralen Merkmalen intensiver Beziehungen handelt es sich um

    Stärke, Häufigkeit, Vielschichtigkeit und Dauer von Beziehungen.64

    Wie gezeigt wurde, basiert Fourniers Brand Relationship Quality auf Ergebnissen von

    Tiefeninterviews mit drei Frauen. Damit bleibt unklar, ob sich die gefundenen Typen und

    Facetten eins zu eins auf männliche Konsumenten übertragen lassen. Im Folgenden wird in

    diesem Zusammenhang die Gehirntypologie von Baron-Cohen erläutert.

    2.5 Gehirntypologie Aktuelle Erkenntnisse der Gehirn- und Gender-Theorie belegen, dass Denkschemata von

    Frauen und Männer im Durchschnitt voneinander abweichen.65 Im Zusammenhang mit

    dieser Arbeit lassen sich deshalb zwei Gründe nennen, die im folgenden beschriebene E-S

    Theorie im Rahmen der Fallstudien zu berücksichtigen. Zum einen gilt es die ausschließlich

    auf Tiefeninterviews mit Frauen aufbauende Brand Relationship Quality einer erneuten

    Betrachtung aus dem Blickwinkel der E-S Theorie zu unterziehen, zum anderen ermöglichen

    die Forschungsergebnisse von Baron-Cohen, Probanden entsprechend ihrer Gehirnstruktur

    zu typologisieren. Im Rahmen der Hauptstudie bietet sich damit die Möglichkeit, den

    jeweiligen Empathie- bzw. Systematisierungsquotienten als Screening-Instrument zu nutzen,

    61 Vgl. Fournier, S. (1998), S. 362. 62 Vgl. Kressmann et al. (2003), S. 410 sowie Aaker, D.A. (1996), S. 166f.; vgl. hierzu auch den Fragebogen im Anhang. 63 Vgl. Bauer, H.H./Mäder, R./Huber, F. (2000), S. 44; vgl. hierzu auch den Fragebogen im Anhang. 64 Vgl. Berscheid, E./Snyder, M./Omoto, A.M. (1989), S. 792ff. 65 Vgl. Baron-Cohen, S. (2002), S. 251f. sowie Baron-Cohen (2003a).

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    um Probanden mit „maskulinen Gehirnstrukturen“ zu identifizieren bzw. diese mit davon

    abweichenden Probanden zu vergleichen, deren Gehirn „feminine Strukturen“ aufweisen.

    In einer Reihe von Untersuchungen konnte Baron-Cohen zeigen, dass sich Frauen im

    Durchschnitt durch einen höheren Grad an spontanem Einfühlungsvermögen

    charakterisieren lassen (Typ E für Empathie), während Männer im Durchschnitt ein größeres

    spontanes Systemdenkvermögen (Typ S für Systematisierung) aufweisen. Es sei angemerkt,

    dass es sich hierbei lediglich um verallgemeinerte Schemata handelt, die nicht ohne

    weiteres auf den Einzelfall übertragen werden können. Beispielsweise können auch Frauen

    im fallweise über eine eher „maskuline Gehirnstruktur“ verfügen, während Männer vereinzelt

    überwiegend „feminine Gehirnstrukturen“ aufweisen.66

    -4 6 16 27 37 48 608

    20

    32

    43

    55

    67

    78

    Neigung zu Systematisierung

    Empathie-neigung Gehirntypologie

    Extremtyp E (E>>S)

    Typ E (E>S)

    Typ B (E=S)

    Typ S (S>E)

    Extremtyp S (S>>E)

    ∅ Frauen (24, 47)

    ∅ Männer (30, 42)

    „Ben“(29, 32)

    „Ron“(38, 42)

    Abbildung 8: Gehirntypologie Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Baron-Cohen, S. (2002), S. 249 sowie ebenda

    (2003b), online. In Abbildung 8 sind die beiden Dimensionen der E-S Theorie dargestellt. Neben den von

    Baron-Cohen ermittelten Durchschnittswerten für von ihm befragte Männer und Frauen sind

    auch die Ergebnisse der im folgenden Kapitel beschriebenen Probanden „Ben“ und „Ron“

    wiedergegeben. Diese wurden mittels einer deutschen Übersetzung des Originalfragebogens

    unter Anwendung der Rückübersetzungsmethode erfasst.

    66 Vgl. Baron-Cohen, S. (2002), S. 248f.; vgl. hierzu auch Canary, D.J./Emmers-Sommer, T.M./Faulkner, S.

    (1997): Sex and Gender Differences in Personal Relationships, S. 3 und S. 12f.

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    3 Fallstudien

    Die beiden im Folgenden beschriebenen Fallstudien haben zur Aufgabe, das entwickelte

    Forschungsdesign auf dessen Angemessenheit zur Beantwortung der Forschungsfragen hin

    zu überprüfen und erste Erkenntnisse zur Beziehung zwischen Marke und Konsument zu

    liefern.

    Hierzu wurden zwei Männer unterschiedlichen Alters ausgewählt, die sich beide

    augenblicklich in einer Übergangsphase ihres Leben befinden, sich deshalb verstärkt mit der

    eigenen Identität auseinandersetzen und vielfach ein erhöhtes Aktivitätsniveau im Hinblick

    auf die (Weiter-)Entwicklung von Beziehungen an den Tag legen.67 Einführend wird jeweils

    kurz die Lebensgeschichte der Person beschrieben. Im Anschluss daran werden drei

    ausgewählte Markenbeziehungen im Detail besprochen.

    3.1 Fallstudie „Ben“ Ben68 ist 15 Jahre alt und befindet sich mitten in der Pubertät, die geprägt ist von ein-

    schneidenden Veränderungen der eigenen Persönlichkeit. Geboren und aufgewachsen in

    einer kleinen Gemeinde besucht er heute die 9. Klasse des örtlichen Gymnasiums. Er hat

    einen älteren Bruder, der seit kurzem studiert und bewohnt seitdem alleine das

    Dachgeschoss im elterlichen Haus. Nach dem Abitur möchte er Informatik studieren.

    Eines der einschneidensten Erlebnisse in Bens Leben war der Wegzug seiner Großmutter,

    die ihn schon als Kleinkind mit aufgezogen hatte, weil beide Elternteile berufstätig waren.

    Dennoch verfügt Ben über einen „guten Draht“ zu seinen Eltern und unternimmt noch immer

    viele Dinge mit ihnen und geht z.B. gemeinsam mit ihnen ins Kino. Allerdings gewinnt seine

    „Clique“ zunehmend an Bedeutung. Einen Großteil seiner Freizeit verbringt er mit Freunden

    und beim Sport. Der aktuellen Lebensphase von Ben entsprechend, weichen sein Reales

    und sein Ideales Selbstkonzept deutlich voneinander ab, wie Abbildung 9 deutlich macht.69

    Bens Umfeld ist durchdrungen von Marken. Er trägt fast ausschließlich Markenkleidung und

    sein Zimmer ist übersät mit Markennamen und -symbolen. Beispielsweise finden sich

    Aufkleber von Markenartikeln auf seinem Computerbildschirm und seiner Schreibtisch-

    unterlage.

    67 Vgl. Fournier, S. (1998), S. 347. 68 Die Namen der Gesprächspartner wurden zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte anonymisiert. 69 Demgegenüber sind Reales und Ideales Selbstkonzept bei Ron sehr ähnlich (vgl. Kapitel 3.2).

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    ehrlich

    unverfälscht

    zuverlässig

    bodenständig

    leidenschaftlich

    fröhlich

    temperamentvoll

    wagemutig

    phantasievoll

    erfolgreich

    1 2 3 4 5 6 7

    trifft überhauptnicht zu

    trifft voll-kommen zu

    Selbst Ideal

    SelbstReal

    Abbildung 9: Reales und Ideals Selbstkonzept von Ben Quelle: Eigene Darstellung Während des ersten Tiefeninterviews mit Ben wurden insgesamt 19 Markenbeziehungen

    identifiziert, darunter sieben Beziehungen zu Kleidungsmarken und fünf Haut- und

    Körperpflegemarkenbeziehungen. Nachfolgend werden die Markenbeziehungen zur

    Kleidungsmarke „Champion“, zum Brotaufstrich „Nutella“ und zu Zahnpastamarke „Elmex

    grün“ im Detail beschrieben.

    3.1.1 Markenbeziehung zu Champion Eine von Bens Lieblingsmarken ist die Kleidungsmarke Champion, die er „beim ersten Mal

    geschenkt bekommen“ hat und von der er aktuell, wie er spontan aus dem Stehgreif zu

    berichten weiß, drei T-Shirts, einen gefütterten Winterpulli, einen Sommerpulli mit Kapuze

    und einen Schal besitzt.

    „Champion-Pullis gefallen mir gut, die gibt’s in jeder Größe. Die sieht man bei Freunden öfters ... ist wirklich ’ne Marke die jeder kennt, und wirklich viele tragen; Champion ziehe ich an in die Schule, wenn ich weggehe, mit Freunden auf die Messe ... so gut wie überall hin, wenn ich zur Oma gehe, hab’ ich ihn dabei, beim Sport hab’ ich T-Shirts, die für Sport sind – ist ja eigentlich eine Sportmarke; T-Shirts trage ich immer, Pullis eher, wenn ich ausgehe.“

    Zunächst bietet Champion für Ben den funktionalen Vorteil, dass es Pullis und T-Shirts in

    allen Größen gibt, was bei anderen Marken Ben zufolge nicht der Fall ist. Wichtiger aber

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    noch ist für Ben das bewusste Tragen von Champion, wenn er mit Freunden weggeht oder

    Sport treibt, „weil viele darauf achten, wie man sich anzieht“ und „weil’s momentan ‚in’ ist“.

    Der Preis der Marke Champion spielt für Ben ebenfalls eine zentrale Rolle: „Jeder weiß, dass

    es ein Pulli ist, der nicht gerade billig ist.“ Für Ben ist Champion ein Indikator für andere, der

    „zeigt, dass man sich was leisten kann, dass Du kein armer Schlucker bist“. Ihm ist es

    wichtig, „akzeptiert zu werden als jemand der mehr Geld hat“. Neben der Nutzung von

    Champion als Zeichen für die eigene, finanzielle Wertigkeit und als Qualitätsindikator nutzt

    Ben die Pullis und T-Shirts als Möglichkeit zur Typdefinition.

    „Man kann an der Kleidung sehen, was für Musik man hört; weite, breitere Klamotten wie Sancezz und Freeman stehen für Hip-Hop, Rap und Sprechgesang, während normale, enge Klamotten, für Rockmusik stehen ... und Lederklamotten für Freaks und Heavy-Metal.“

    Neben einer engen Verknüpfung der Markenkleidung mit bestimmten Musikrichtungen bietet

    Champion die Möglichkeit, selbst zu einer präferierten Gruppe („peer goup“) dazuzugehören

    bzw. eine Ausgrenzung zu vermeiden.

    „Wenn ich mit einer breiten Hose zu einem Rockkonzert gehe, komme ich fast nicht rein; keiner mag Dich. [...] Beim ‚Lost Eden’ Konzert [Rockmusik, Anm. d. Verf.] war’s so, dass die, die mit weiten Klamotten reinkommen, nicht wegen der Musik kommen – hören’s nicht – sondern , weil’s ’ne Fete ist und sie sich besaufen wollen.“

    Ähnlich einem Regelwerk ermöglichen es Kleidermarken Ben, sich in seiner Umwelt zurecht

    zu finden und sich selbst zu positionieren: „Andere achten darauf, wie ich aussehe, nicht wie

    ich mich gebe“. Die Marke Champion hilft Ben, „sich vor den Freunden nicht zu blamieren“,

    sowohl die Freunde als auch „den Rang [zu] behalten“ und akzeptiert zu werden.

    „Champion ist so’n Zwischending, sagt gar nichts aus, ist sowohl Rock, wie auch Hip-Hop ... keiner weiß, was Du hörst. [...] Da ich keine Rockerklamotten habe, ziehe ich auf Rock-Konzerten Champion an, damit keiner sagen kann, der will ja gar nichts.“

    Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Champion liegen Ben zufolge in der veränderten,

    breiteren Positionierung der Marke begründet: „Champion ist für mich eigentlich keine

    Sportbekleidung mehr, obwohl es eine ist und deshalb sagt es nichts mehr aus.“ Er betont,

    dass er Champion durchaus noch zum Sport anzieht, z.B. zum Schulsport und beim

    Tischtennistraining, „aber nicht zum Fußball außen“.

    Die exponierte Bedeutung von Kleidung begründet Ben unter anderem damit, dass Kleidung

    seinen Lehrern zufolge wichtig für das berufliche Fortkommen ist, z.B. bei

    Vorstellungsgesprächen, denn „andere schauen darauf, und beurteilen Dich danach“.

    Champion im Besonderen bietet ihm vielfältige Verwendungsmöglichkeiten.

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    „Von jung bis alt kann ich es anziehen; Champion kann ich tragen, wenn ich mit Freunden weggehe, um Omas neunzigsten zu feiern oder auf eine Beerdigung zu gehen.“

    Während jedoch Freunde und Arbeitgeber Ben zufolge wissen, wofür die Marke Champion

    steht und der Marke hohe Aufmerksamkeit schenken, spielt dies im familiären Umfeld kaum

    eine Rolle.

    „Bei Oma ist es egal ... ist nicht wichtig, kennt sich nicht aus. Die Familie kennt mich so, wie ich bin, nicht so, wie ich mich anziehe.“

    Dem entsprechen auch die Ergebnisse der mittels quantitativer Befragung ermittelten

    Markenbeziehungsindikatoren (vgl. Abbildung 10).

    zuverlässigunverfälscht

    ehrlichfröhlich

    erfolgreich

    bodenständigwagemutig

    phantasievollleidenschaftlich

    temperamentvoll

    1 2 3 4 5 6 7

    - +Markenpersönlichkeitsprofil

    4,55

    6,5

    1

    2

    3

    4

    5

    6

    7

    Identifikation Loyalität BRQ

    Markenbeziehungsindikatoren

    Loya-lität

    BRQ

    Kongruenzabweichung

    -1,3

    -1

    -2

    -1

    0d x Ak tu e ll d x Id e a l

    Identi-fikation

    SelbstkonzeptReal Ideal

    Abbildung 10: Markenprofil von Champion Quelle: Eigene Darstellung Während die Loyalität zur Marke Champion hoch ist, sind die beiden Konstrukte Identifikation

    mit der Marke und BRQ nur mittelmäßig stark ausgeprägt. Dies impliziert, dass Ben die

    Beziehung zur Marke Champion weniger deshalb führt, weil seine Persönlichkeit und der

    Persönlichkeit der Marke kongruent sind, sondern weil Champion in seinem Umfeld als

    Marke anerkannt ist und deshalb quasi von außen induziert von Ben verwendet wird.

    Versucht man, Bens Beziehung zur Marke Champion den von Fournier ermittelten

    Beziehungstypen zuzuordnen, erscheinen auf den ersten Blick die „Zweckgemeinschaft“ und

    die „Interessengemeinschaft“ als am geeignetsten (vgl. Anhang 3), erweisen sich jedoch bei

    näherer Betrachtung der von Fournier hierfür herangezogenen typischen Beispiele als eher

    unpassend.70 In der Hauptstudie sollte deshalb überprüft werden, ob und inwieweit es sich

    bei beschriebener Markenbeziehung um eine die Typologie von Fournier erweiternde

    Beziehungsform handelt.

    70 Vgl. Fournier, S. (1998), S. 362.

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    3.1.2 Markenbeziehung zu Nutella

    Die Marke Nutella ist fester Bestandteil von Bens Frühstück seit dessen frühester Kindheit,

    wobei sein älterer Bruder Nutella schon vor ihm gegessen hat und ihm als Vorbild diente. Pro

    Monat isst Ben seit mehreren Jahren ca. ein 750g Glas Nutella und weicht nur selten und

    dann meist unfreiwillig auf andere Brotaufstriche aus.

    „Im Urlaub müssen wir was anderes essen, weil’s Nutella nicht gibt und Eichhörnchencreme, so eine Nutella-Nachahmung, nicht so schmeckt; und wenn Nutella zu Hause mal aus ist, essen wir zur Not Honig.“

    Neben dem Verzicht auf Nutella im Urlaub kommt es nur selten vor, dass Ben beim

    Frühstück auf Nutella verzichtet, z.B. wenn kein Toast da ist, er vergisst, Nutella auf den

    Einkaufszettel zu schreiben oder wenn er bei seiner Großmutter zu Besuch ist.

    „Manchmal hängt’s einem zum Hals raus; habe dann einen Monate Honig gegessen; meistens nachdem ich bei Oma war; die kauft selten Nutella ... esse bei ihr Honig; danach dauert’s ein bis zwei Wochen, auch wenn ich wieder daheim bin, bis ich wieder Nutella esse.“

    Das morgendliche Toastbrot Nutella bietet Ben nicht nur funktionalen Nutzen, weil es ihm

    schmeckt, sondern hat auch eine ganz zentrale sachfremde Aufgabe innerhalb seiner

    morgendlichen Routine.

    „Bin morgens noch nicht auf der Höhe. Nutella essen ist wie als wenn ich mich morgens dusche – ist wie eine kalte Dusche; merke, dass ich aufwache ... ich merke, dass es Tag ist. [...] Wenn ich morgens nix esse, bin ich grantiger ... wirkt wie bei meiner Mutter der Kaffee.“

    Seine Präferenz für Nutella erstreckt sich aber nicht nur auf dass tägliche Frühstück, sondern

    auch auf andere Gerichte, bei denen Nutella verwendet wird.

    „Auf’m Messestand bei Crepes; haben meistens Nutella ... würde es auch essen, wenn es nicht Nutella wäre, aber nur einen .... und statt eines zweiten Crepe würde ich mir dann einen Döner kaufen.“

    Die Beziehung zu Nutella entspricht weitgehend dem Typus „Liebesheirat“, könnte aber auch

    als „Intensive Freundschaft“ oder „Zweckgemeinschaft“ gedeutet werden. Dem entsprechen

    auch die zentralen Bilder, die Bens Beziehung zu Nutella beschreiben: Das Bild eines

    „Weckers“ („zum aufwachen“), die Metapher einer „positiv wirkenden Droge“, der „kalte

    Sprung ins Wasser“ und das Bild eines „verschlafenen Jungen“, der darauf wartet, Nutella zu

    essen. Ähnliches zeigt sich auch bei Analyse der Markenpersönlichkeit von Nutella, die Ben

    als „unverfälscht, „ehrlich“ und „temperamentvoll“ charakterisiert (vgl. Abbildung 11).

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    - +Markenpersönlichkeitsprofil

    3

    3,9

    5,5

    1

    2

    3

    4

    5

    6

    7

    Identifikation Loyalität BRQ

    Markenbeziehungsindikatoren

    Loya-lität

    BRQ

    Kongruenzabweichung

    -1,1-1

    -2

    -1

    0 d x Ak tu e ll d x Id e a l

    Identi-fikation

    SelbstkonzeptReal Ideal

    zuverlässigunverfälscht

    ehrlichfröhlich

    erfolgreich

    bodenständigwagemutig

    phantasievollleidenschaftlich

    temperamentvoll

    1 2 3 4 5 6 7

    Abbildung 11: Markenprofil von Nutella Quelle: Eigene Darstellung Der Loyalitätsindikator für Ben erreicht keinen besonders hohen Wert, was sich

    möglicherweise damit erklären lässt, dass Ben auf Honig als Ersatz zurückgreifen kann und

    sich deshalb weder abhängig noch als hundertprozentig loyal einschätzt. Wenig

    überraschend erreichen sowohl Markenidentifikation als auch BRQ nur unter-

    durchschnittliche Werte, da Nutella Ben primär funktionalen und kaum emotionalen Nutzen

    stiftet, auch wenn dieser, die „Weckfunktion“, auf den ersten Blick für einen Brotaufstrich

    eher ungewöhnlich erscheint. Als Teil seiner täglichen Routine führt die Beziehung zu

    ausgeprägter Loyalität, ohne dass sich Ben hierfür besonders mit der Marke zu identifizieren

    braucht.

    3.1.3 Markenbeziehung zu Elmex Ben benutzt seit jeher Elmex zum Zähneputzen, unter anderem, weil er schlechte Zähne

    hatte und mehrere Jahre eine Spange tragen musste.

    „Als ich meine Spange hatte, hab’ ich viele verschiedenen Zahnpasten gehabt: Elmex, eine zur Versiegelung, eine zur Reinigung der Zahnspange; hat genervt ... Elmex sagt nix, schmeckt normal, macht nichts besonderes, außer die Zähne sauber.“

    Gerade weil Elmex Ben zufolge nichts besonderes kann, außer Zähne putzen, schätzt er die

    Zahnpasta sehr. Für ihn ist es wichtig, dass das Zähneputzen einfach und schnell geht und

    er nicht drei Zahnpasten benötigt.

    „Habe früher im Schrank drei Zahnpasten gehabt; musste mit jeder die Zähne putzen, sonntags Zähne putzen und danach versiegeln ... nur ausspucken, aber nicht ausspülen ... ich finde es reicht, alle halbe Jahr zum Zahnarzt zu gehen und den Zahnarzt die Zähne versiegeln zu lassen.“

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    Die Zahnpastawerbung für andere Marken nimmt Ben wahr, betont aber zugleich, dass er

    nicht an die Multifunktionalität anderer Zahnpasten glaubt.

    „Ich schaue mir gerne Zahnpastawerbung an, ist echt lustig, aber fünf in eins interessiert mich nicht; würde vermutlich auch nicht funktionieren.“

    Im Gegensatz zu Nutella benutzt Ben im Urlaub oder auf Besuchen bei seiner Großmutter

    keine andere Zahnpasta, sondern ausschließlich Elmex, die er als kleine, beim Zahnarzt

    erhältliche Packung mitnimmt oder die, wie im Fall seiner Großmutter, für ihn aufgewahrt

    wird.

    „Mit Elmex meine Zähne putzen ist Gewohnheit; ist so ’drin seit ich klein bin; wenn ich eine andere Zahnpasta nehmen soll, soll mir der Zahnarzt erst mal Gründe nennen, warum. [...] Neues ist schön, aber ständig neues ist nicht so toll; das mag ich nicht; habe mich an eine gewöhnt, da kann passieren was will, ich würde sie immer noch nehmen, selbst bei einer Namensänderung oder Übernahme durch ein anderes Unternehmen.“

    Neben der gewohnheitsmäßigen Überzeugung („Umstellung würde nerven“) spielt auch der

    Geschmack der Zahnpasta eine gewisse Rolle für Ben. So nimmt er beispielsweise nicht die

    „rote“ Elmex, „weil sie zu scharf ist“. Für Ben ist Elmex

    „wie ein guter Freund: sehe ich täglich, kann mit ihm alles machen; wenn er einmal ein guter Freund ist, dann bleibt er es auch lang ... tut gut, mit einem länger zusammen zu bleiben“.

    Metaphorisch ausgedrückt, ist Elmex für Ben ein „Freund für’s Leben“, ein Wegbegleiter über

    alle Lebensphasen hinweg, ähnlich einem „Ehepartner“. Auch vergleicht er die Gewohnheit,

    morgens und abends seine Zahnpasta zu benutzen mit einem Zeitungsabonnement; Ben

    könnte sich sogar vorstellen, Elmex zu abonnieren und sie regelmäßig zugeschickt zu

    bekommen, um nicht mehr einkaufen gehen zu müssen. Als möglicher Typ zur Beschreibung

    der Markenbeziehung eignet sich von Fourniers Typologie die „Zweckgemeinschaft“. Dem

    entspricht auch die geringe Ausprägung der Persönlichkeitseigenschaften „wagemutig“,

    „phantasievoll“ und „leidenschaftlich“, wie die Ergebnisse in Abbildung 12 zeigen. Dass

    Elmex als „temperamentvoll“ charakterisiert wird, kann als Ausdruck ihrer Reinigungsleistung

    interpretiert werden.

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    - +Markenpersönlichkeitsprofil

    4,8 5

    6,5

    1

    2

    3

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    5

    6

    7

    Identifikation Loyalität BRQ

    Markenbeziehungsindikatoren

    Loya-lität

    BRQ

    Kongruenzabweichung

    -1,4

    -1,1

    -2

    -1

    0 d x Ak tu e ll d x Id e a l

    Identi-fikation

    SelbstkonzeptReal Ideal

    zuverlässigunverfälscht

    ehrlichfröhlich

    erfolgreich

    bodenständigwagemutig

    phantasievollleidenschaftlich

    temperamentvoll

    1 2 3 4 5 6 7

    Abbildung 12: Markenprofil von Elmex Quelle: Eigene Darstellung Das Profil der drei Markenbeziehungsindikatoren entspricht weitgehend den Werten der

    Markenbeziehung zwischen Ben und Nutella. Dies ist nicht sonderlich verwunderlich, wenn

    man bedenkt dass beide Markenbeziehungen geprägt sind von einem hohen Maß an

    Gewohnheit und Routine.

    Im Vergleich hierzu werden im nächsten Abschnitt drei weitere Markenbeziehungen eines

    anderen Probanden beschrieben, dessen Lebensgeschichte zunächst näher beschrieben

    wird.

    3.2 Fallstudie „Ron“ Ron ist 37 Jahre alt, zweifacher Familienvater und seit einigen Jahren erfolgreicher Key

    Account Manager bei einem großen deutschen Energieunternehmen. Geboren und aufge-

    wachsen in einem kleinen Dorf, absolvierte er nach seinem Realschulabschluss eine

    technische Ausbildung und leistete anschließend seinen Grundwehrdienst ab. Die erste

    einschneidende Veränderung in seinem Leben vollzog sich, als Ben sich mit 21 Jahren dazu

    entschloss, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, das Fachabitur nachzuholen, daheim

    auszuziehen und ein technisches Studium zu absolvieren. Nach seiner Heirat vor fünf Jahren

    und dem anschließenden Bau eines eigenen Eigenheimes wurde Ron in den letzten zwei ein

    halb Jahren zweimal Vater, wobei Komplikationen bei und nach der ersten Geburt des ersten

    Kindes beide Elternteile stark beanspruchten. Zusammen mit den finanziellen

    Verpflichtungen durch den Hausbau markiert die neue Rolle als Familienvater den Beginn

    eines neuen Lebensabschnittes bei Ron, der u.a. auch geprägt ist vom erstmaligen Konsum

    einer Reihe neuer Marken, angefangen von Babywindeln, über Kinderspielsachen bis hin zu

    Einrichtungsgegenständen einer jungen Familie. Abbildung 13 gibt Rons Tatsächliches

    (Reales) und Ideales Selbstkonzept wieder. Abweichend von Ben fällt auf, dass Reales und

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    Ideales Selbstkonzept nur geringfügig voneinander abweichen, was möglicherweise vom

    Altersunterschied und den unterschiedlichen Lebensphasen herrühren könnte, in denen sich

    Ben und Ron befinden. So stimmen bei den drei für Ron wichtigsten Eigenschaften (in

    Abbildung 13 an oberster Stelle genannt) Reales und Ideales Selbstkonzept exakt überein.

    zuverlässig

    unverfälscht

    ehrlich

    fröhlich

    erfolgreich

    bodenständig

    wagemutig

    phantasievoll

    leidenschaftlich

    temperamentvoll

    1 2 3 4 5 6 7

    trifft überhauptnicht zu

    trifft voll-kommen zu

    Selbst Real

    Selbst Ideal

    Abbildung 13: Reales und Ideales Selbstkonzept von Ron Quelle: Eigene Darstellung

    Zu Beginn des ersten Tiefeninterviews wurden insgesamt 12 Markenbeziehungen

    identifiziert, von denen die nach Einschätzung des Befragten bedeutendsten drei Marken

    anschließend im Detail diskutiert und ergänzend mittels Fragebogen untersucht wurden. Die

    Markenbeziehungen von Ron zu den drei Marken Tchibo „Feine Milde“ (Kaffee), Nivea

    Aftershave Balsam (Rasierbalsam) und Toblerone (Schokolade) werden im Folgenden

    detailliert beschrieben.

    3.2.1 Markenbeziehung zu Tchibo „Feine Milde“ Der eigenen Einschätzung zufolge war Ron bis vor einigen Jahren „überzeugter

    Nichtkaffeetrinker“. Selbst während des Studiums und an seinen ersten beiden Arbeitsstellen

    hat er sich nicht vom Kaffeetrinken der Studien- bzw. Arbeitskollegen anstecken lassen oder

    sich dem „Gruppenzwang“ unterworfen. Erst vor ein paar Jahren, beim Antritt seiner jetzigen

    Stelle wurde aus dem überzeugten Kaffeeverweigerer Ron ein überzeugter Kaffeetrinker und

    Kenner:

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    „In meinem neuen Job wurde ich öfters mit Kaffee konfrontiert; mir wurde öfters ein Kaffee vom Chef, der Sekretärin oder beim Außendienst von Kunden angeboten. Ich wusste am Anfang gar nicht, was für ein Kaffee das ist; der Kaffee hat mir anfänglich auch nicht geschmeckt, habe deshalb viel Zucker und Milch dazu getan, damit ich es überhaupt trinken konnte.“

    Der Hauptgrund für den anfänglichen, zögerlichen Konsum von einer Tasse Kaffee pro Tag

    war, dass Ron seinem Chef bzw. seinen Kunden gegenüber nicht unhöflich sein wollte und

    deshalb das Angebot, einen Kaffee zu trinken, annahm, obwohl er in keinster Weise davon

    überzeugt war. Auch Unsicherheit im neuen Job spielte nach eigenem Bekunden eine Rolle

    für sein Verhalten. Nach den ersten Wochen situationsbedingten Kaffeekonsums wandelte

    sich schrittweise Rons Einstellung zu Kaffee.

    „Ich bekam oft Kaffee angeboten, den ich dann verdünnt habe; ich habe mit der Zeit immer häufiger Kaffee getrunken und der Anteil Milch und Zucker wurde immer weniger, da ich langsam für mich herausgefunden hatte, dass es zwischen Kaffees geschmacklich unheimliche Unterschiede gibt, auch von den Auswirkungen her (lacht).“

    Mit der Zeit entwickelte sich so Rons Beziehung zu Kaffee. Während zu Beginn die

    Minderung des Kaffeegeschmacks im Vordergrund stand, wurde mit der Zeit die

    Verträglichkeit und der Geschmack bedeutsamer und Ron entdeckte in der Marke „Feine

    Milde“ von Tchibo seine Kaffeemarke.

    „Beim Kaffee kommt’s mir nicht darauf an, dass er mich stark aufputscht; ich muss ihn vertragen, er muss mir schmecken ... im Vergleich zu Aldi, Jacobs Krönung. ’Feine Milde’ ist mir von all denen, die ich probiert habe am bekömmlichsten.“

    Vorbild und prägenden Einfluss auf Rons Kaffeekonsum übte dessen Chef aus. Jedoch

    weniger in seiner Funktion als Vorgesetzter, denn als Kaffeekenner.

    „Mein Chef ist ein extremer Kaffeeexperte, der nur frischen [Kaffee] kauft und daheim selbst mahlt; er hat dafür zu Hause eine teure, exklusive Kaffeemaschine von Saeco. Wir [meine Kollegen und ich] übernehmen das von ihm; ich habe von ihm indirekt vieles über den Geschmack von Kaffee und die Unterschiede gelernt.“

    Mittlerweile geht die Kaffeebegeisterung von Ron soweit, dass er sich zusammen mit seinen

    Kollegen am Arbeitsplatz mit eigenem Geld eine Saeco-Kaffeemaschine gekauft hat und am

    Arbeitsplatz primäre Kaffee vom Cafehaus Haagen aus Heilbronn trinkt, dem „Mercedes

    unter den Kaffees“. Demgegenüber trinkt er zu Hause ausschließlich Tchibo „Feine Milde“.

    Zum einen, weil er für die andere Kaffeemarke eine auf den Kaffee abgestimmte, teure

    Saeco-Kaffeemaschine bräuchte, zum anderen weil der andere Kaffee an sich ebenfalls sehr

    teuer ist: „So viel Qualitätsunterschied habe ich bei Tchibo nicht“. Neben der

    geschmacklichen Seite übt Kaffee eine wichtige Rolle im Arbeitsalltag von Ron aus.

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    „Bei Kundengesprächen ist oft nur Kaffee verfügbar; wenn ich nicht mittrinken würde, wär’s eine unangenehme Gesprächseröffnung. Aber bei fünf Kundenterminen trinke ich keine fünf Kaffees, sondern vielleicht zwei; beim nächsten Termin sage ich ’danke, ich habe schon zwei Kaffees gehabt’; dann bekomme ich etwas anderes.“

    Feine Milde ist mittlerweile zu Rons Lieblingskaffee geworden, den er anderen Kaffeemarken

    gegenüber klar bevorzugt und den er regelrecht beschützt.

    „Ich verteidige meinen Kaffee; jeder versucht mir einen anderen aufzuschwätzen, und einen anderen anzubieten, aber ich bleibe standhaft ... bei meiner Feinen Milde, aus innerlicher Überzeugung bezüglich der Qualität ... und weil er zu meiner persönlichen Zufriedenheit beiträgt.“

    Bei den Bildbesprechungen konnte der gleiche Schutzeffekt mit umgekehrten Rollen

    herausgearbeitet werden. Neben der Vorstellung, dass sich „viele Kaffeetrinker auf die

    Marke eingeschworen“ haben und Kaffee somit die Zusammengehörigkeit und das

    Teamgefühl stärkt, „gibt der Kaffee Sicherheit“ und macht Ron „weniger angreifbar von

    außen“. Gleichzeitig betont Ron die Verlässlichkeit von „Feine Milde“ und die Zeitersparnis

    beim Einkauf durch habitualisiertes Kaufverhalten. Auch die Verpackung und die „eleganten

    Shops“ von Tchibo tragen zu Rons Markentreue gegenüber „Feine Milde“ bei. Die

    gemachten Aussagen finden sich auch in den Ergebnissen der Konstrukte Identifikation mit

    der Marke, Markenloyalität, BRQ und der ermittelten Kongruenzabweichung von

    Tatsächlichen und Idealen Selbstkonzept sowie dem Eigenschaftenprofil der Marke Tchibo

    „Feine Milde“ wieder (vgl. Abbildung 14).

    - +Markenpersönlichkeitsprofil

    6 5,8 5,6

    1

    2

    3

    4

    5

    6

    7

    Identifikation Loyalität BRQ

    Markenbeziehungsindikatoren

    Loya-lität

    BRQ

    Kongruenzabweichung

    -1,1-0,9

    -2

    -1

    0 d x Ak tu e ll d x Id e a lzuverlässigunverfälscht

    ehrlichfröhlich

    erfolgreich

    bodenständigwagemutig

    phantasievollleidenschaftlich

    temperamentvoll

    1 2 3 4 5 6 7 Identi-fikation

    SelbstkonzeptReal Ideal

    Abbildung 14: Markenprofil von Tchibo „Feine Milde“ Quelle: Eigene Darstellung

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    Die beiden Eigenschaften „zuverlässig“ und „unverfälscht“ sind nicht nur Rons Einschätzung

    zufolge die wichtigsten Persönlichkeitseigenschaften71, sondern zugleich auch die am

    stärksten prägenden Eigenschaften der Marke „Feine Milde“. Die drei Marken-

    beziehungsindikatoren weißen alle einen hohen bis sehr hohen Wert auf. Ähnliches zeigen

    die nur gering ausgeprägten Abweichungen der Markenpersönlichkeit vom Tatsächlichen

    (Realen) und Idealen Selbstkonzept von Ron. Betrachtet man die sechs Facetten der BRQ

    im Detail, so fällt auf, dass einzig und allein die Facette „Bindung“ mit einem Punktwert von

    vier niedriger ausfällt, als es die beschriebene Markenbeziehung vermuten lässt.

    Möglicherweise liegt dies daran, dass hierzu lediglich das Item „Wenn die ... Marke eine

    Person wäre, dann würde ich mich ihr verpflichtet fühlen“ herangezogen wurde. Für die

    Hauptstudie sollte deshalb überlegt werden, in Anlehnung an die bei Aaker genannten Items

    ein zweites Item mit aufzunehmen.72

    Vergleicht man die Beziehung von Ron zu „Feine Milde“ mit der von Fournier ermittelten

    Typologie (vgl. Anhang 3), so kommt am ehesten der Beziehungstyp „Intensive

    Freundschaft“ in Betracht, nachdem anfänglich eher eine „Feindschaftliche Beziehung“

    vorherrschte.

    3.2.2 Markenbeziehung zu Nivea Aftershave Balsam Vor Beginn der Beziehung von Ron mit der Marke Nivea fand bei Ron eine längere Phase

    des Experimentierens statt, wobei die jeweiligen Markenbeziehungen eher von kurzer Dauer

    waren und damit prinzipiell Fourniers Typus „Flüchtige Liebschaften“ entsprachen.

    „Anfangs habe ich normale Aftershaves ausprobiert, nicht Balsam, und habe oft nach dem Rasieren darauf ‚reagiert’, weshalb ich dazu übergegangen bin, verschiedenen Sachen auszuprobieren. Nivea Aftershave Balsam habe ich dann mal zu Weihnachten geschenkt bekommen, nachdem ich meiner Schwester gesagt hatte, dass ich mit normalen Aftershave Probleme habe und was brauche, das nicht so reagiert.“

    Die erstmalige Nutzung der Marke erfolgte, wie beschrieben wurde, primär problemorientiert.

    Unzufriedenheit mit dem funktionalen Nutzen anderer Produkte führte zu einer Phase des

    Ausprobierens, die dann schließlich dadurch beendet wurde, dass „der Partner für’s Leben“

    gefunden wurde.

    „Nivea Balsam habe ich von Anfang an sehr gut vertragen; hatte keine Reaktionen mehr danach und weil Nivea sowieso im Haushalt vorhanden war, war’s für mich einfach, mir den Namen einzuprägen, da das Balsam sehr lange reicht und ich es deshalb nicht oft kaufe, dann aber noch weiß, wie es heißt, ohne die Flasche zum Einkauf mitnehmen zu müssen.“

    71 Die dargestellten Eigenschaften sind der Wichtigkeit nach sortiert, wobei die wichtigsten Eigenschaften oben stehen. 72 Aaker, D.A. (1996) nennt als mögliches weiteres Item „I will stay with this brand through good times and bad (S. 167),

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    Neben dem funktionalen Nutzen des Balsams ist für Ron die Marke von zentraler

    Bedeutung, wobei primär Bekanntheit und Erinnerungsfähigkeit sowie die bisherige Nutzung

    anderer Produkte der gleichen Dachmarke dafür ausschlaggebend waren, die Marke

    „danach immer wieder gekauft“ zu haben.

    „Manchmal habe ich ein anderes Aftershave unaufgefordert geschenkt bekommen; das stand dann jahrelang herum, bis ich es irgendwann weggeschmissen habe; vielleicht habe ich es auch ausprobiert ... aber es ist einfach nicht das, was Nivea ist.“

    Nach einer Reihe „flüchtiger Liebschaften“ war Nivea, in der Typologie von Fournier

    argumentierend, zunächst eine „Zweckgemeinschaft“, die sich jedoch im Laufe der Zeit zu

    einer „Intensiven Freundschaft“ bzw. einer „Ehe aus Verbundenheit“ entwickelt hat.

    Problematisch an der Typologie von Fournier ist es, diagnostizierte Markenbeziehungen

    eindeutig einem Typ zuordnen zu können. Auch wird die Möglichkeit von „Beziehungsfolgen“

    von Fournier nicht explizit thematisiert. Im Rahmen der Hauptstudie sollte deshalb eine

    trennscharfe Definition der vorliegenden und möglicher weiterer ermittelter Typen

    vorgenommen werden. Zugleich sollten typische Muster von Beziehungsabfolgen identifiziert

    und systematisiert werden. Ein weiterer in der Realität zu beobachtender Sachverhalt

    erschwert die Zuordnung:

    „Ich habe auch andere Aftershaves ausprobiert, bin aber immer wieder zum altbewährten zurückgekehrt; Nivea kaufe ich meist selbst und wenn es jemand anderer einkauft, dann sage ich ‚das hätte ich gerne’ zu der Person.“

    Unklar bei der Typologie von Fournier bleibt, wie mit markentechnischem „Fremdgehen“

    umzugehen ist. Während die „Heimliche Affäre“ als eigener Typus existiert, ist unklar, mit

    welchen anderen Beziehungsformen der beschriebene Sachverhalt einhergeht und ab

    welchem Punkt dieser zu einer möglichen „Scheidung“ vom Markenpartner führt.

    Ron beschreibt seine Beziehung zu Nivea als „zärtlich“, geprägt von „Wärme“ und

    „Geborgenheit“ und betont, dass das Balsam „wie eine Schutzhülle“ funktioniert, die ihn

    „unantastbar“ macht. Auch gibt ihm das Aftershave Sicherheit, nach dem Rasieren oder beim

    Sport im Gesicht nicht rot zu werden oder ein Kratzen auf der Haut zu verspüren. Dem

    entsprechen auch die von Ron ausgewählten Bilder. Präferiert wurde das Bild eines

    Elternteils, das sein Baby eng an der Wange hält. Daneben wurde als Metapher ein

    Hochleistungssportler genannt, der problemlos Höchstleistungen erbringt, ein Airbag-Bild

    ausgewählt, das absolute Sicherheit symbolisiert und das Bild einer Gesichtskur, die

    beschreibt, wie sich Nivea „richtig tut auf der Haut anfühlt“ und „ruhiger, ausgeglichener und

    belastbarer macht“.

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    zuverlässigunverfälscht

    ehrlichfröhlich

    erfolgreich

    bodenständigwagemutig

    phantasievollleidenschaftlich

    temperamentvoll

    1 2 3 4 5 6 7

    - +Markenpersönlichkeitsprofil

    5

    6

    5,3

    1

    2

    3

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    7

    Identifikation Loyalität BRQ

    Markenbeziehungsindikatoren

    Identi-fikation

    Loya-lität

    BRQ

    Kongruenzabweichung

    -0,8-0,9

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    -1

    0 d x Ak tu e ll d x Id e a l

    SelbstkonzeptReal Ideal

    Abbildung 15: Markenprofil von Nivea Aftershave Balsam Quelle: Eigene Darstellung Deshalb überrascht es auch nicht, dass die Eigenschaften „zuverlässig“, „fröhlich“ und

    „erfolgreich“ die Marke Ron zufolge am besten charakterisieren (vgl. Abbildung 15). Bei den

    Markenbeziehungsindikatoren zeigt sich, dass die Markenloyalität höher eingeschätzt wird

    als die Identifikation mit der Marke und das Konstrukt BRQ. Mögliche Erklärung hierfür ist,

    dass die funktionalen Vorteile von Nivea Balsam maßgeblich für die Loyalität sind, während

    die Konstrukte Identifikation mit der Marke und BRQ trotz ihrer mittelmäßigen Ausprägung

    nur eine untergeordnete Rolle in der Markenbeziehung mit Nivea spielen.

    3.2.3 Markenbeziehung zu Toblerone Die Markenbeziehung mit Toblerone begann für Ron in seiner Jugendzeit. Die Schweizer

    Schokolade war für ihn etwas ganz besonders „Reizvolles“, das es nur im Ausland zu kaufen

    gab und das deshalb für ihn anfänglich gleichbedeutend war mit „Schweiz“ und „Urlaub“.

    „Toblerone gab’s früher nur im Ausland zu kaufen; wenn meine Eltern über die Schweiz gefahren sind, haben Sie mir im Duty-Free Shop immer eine gekauft, die richtig große 300g-Packung, die optische durch das lange Dreieck sehr ansprechend war und die ich damals verbunden habe mit Urlaubsgefühlen und in Urlaub gehen.“

    Dadurch dass die Schokolade durch ihre Form deutlich von anderen Schokoladenprodukten

    abwich („die geniale Größe, 300 oder 500g“) und nur schwer zu bekommen war, war sie für

    Ron etwas ganz besonderes, was er „damals in der Form noch nie gesehen hatte“.

    „Altersbedingt musste ich mir die Toblerone am Anfang mitbringen lassen. Auf die Frage, ob man mir aus dem Urlaub mitbringen solle, antwortete ich immer: ’Ja, die richtig schöne, möglichst große 300g-Packung’.“

    Die erschwerte Beschaffung und damit künstliche Verknappung trug dazu bei, dass der „Reiz

    noch größer war“. Zugleich war es für Ron „etwas neues, was ich haben wollte“. Als es

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    Toblerone dann später auch in Deutschland zu kaufen gab, blieb Ron der Marke treu, „weil

    sie mir geschmeckt hat“. Konsumierte er zunächst deutlich mehr Toblerone als früher, ging

    einige Zeit später sowohl die konsumierte Menge als auch das „Reizniveau“ zurück. Aber

    auch heute noch ist die Schokolade für Ron ein Genuss, wobei er den Reiz dadurch wieder

    erhöht, dass er sich die Schokolade nur selten „gönnt“.

    „Toblerone zu kaufen ist ein Genuss, aber nicht jede Woche, sonst ist es kein Genuss mehr; die Schokolade ist wie ein gutes Glas Wein oder ein schönes Essen. [...] Sie wird für mich wieder etwas besonderes, weil ich sie weniger oft kaufe.“

    Neben dem vorherrschenden Thema „Genuss“ ist die Beziehung zu Toblerone für Ron

    vergleichbar einer heimlichen Leidenschaft.

    „100g vernichte ich dann komplett; auch verschenke ich Toblerone nicht und nach Möglichkeit teile ich sie auch nicht. Ich kaufe nie eine, sondern immer zwei oder drei und teile sie höchstens mit meiner Frau, wobei ich immer am meisten esse ... und nach einem Wochenende sind sie weg; wenn sie da sind, sind sie innerhalb von zwei bis drei Tagen gegessen.“

    Sich bildhaft mit einem „Weinkenner“ vergleichend, betont Ron die Bedeutung von Toblerone

    als etwas, womit „ich mir selbst Freude machen kann“. Der Genuss ist jedoch überlagert von

    kaum zu bändigender Leidenschaft: „zu wissen, dass sie da ist – spätestens am gleichen

    Abend muss ich mich damit belohnen ... und kann mich nicht mehr bremsen“. Der Konsum

    der Schokolade bewirkt zudem momentane mentale Veränderungen bei Ron.

    „Nach dem Genuss von Toblerone wäre ich auch zu so etwas bereit [auf ein selbst ausgewähltes Bild eines in Fahrt befindlichen Segelbootes verweisend, Anm. d. Verf.], fühle mich berauscht ... fühle mich mutiger, inspiriert zu außergewöhnlichen Dingen: Musik, Erinnerung an Urlaube und das Gefühl, in Urlaub gehen zu wollen.“

    Passend zur beschriebenen Leidenschaft wurde von Ron als Metapher das Bild eines

    feuerspeienden Drachen ausgewählt, der seine Toblerone verteidigt:

    „So werde ich, wenn mir einer ein Stück von meiner Toblerone weggenommen hat – außer bei meiner Frau, die mal ein Stück abbekommt – weil’s was besonderes ist; das gönne ich mir nicht jeden Tag, bekomme es nicht am nächsten Tag wieder.“

    Wenig überraschend ist deshalb, dass das Markenpersönlichkeitsprofil von Toblerone

    dominiert wird von der Eigenschaft „leidenschaftlich“ (vgl. Abbildung 16), gefolgt von

    „wagemutig“ und „phantasievoll“. Zugleich finden die Eigenschaften „zuverlässig“ und

    „erfolgreich“ breite Zustimmung bei Ron im Hinblick auf die Marke Toblerone. Vergleicht man

    das eben genannte Profil mit den dominierenden Eigenschaften von Nivea und Tchibo, wird

    deutlich, dass sich die beiden letztgenannten Marken eher ähneln und deutlich von der

    Markenpersönlichkeit und der Markenbeziehung mit Toblerone abweichen.

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    - +Markenpersönlichkeitsprofil

    5

    5,86,5

    1

    2

    3

    4

    5

    6

    7

    Identifikation Loyalität BRQ

    Markenbeziehungsindikatoren

    Loya-lität

    BRQ

    Kongruenzabweichung

    -1,3

    -1

    -2

    -1

    0 d x Ak tu e ll d x Id e a l

    Identi-fikation

    zuverlässigunverfälscht

    ehrlichfröhlich

    erfolgreich

    bodenständigwagemutig

    phantasievollleidenschaftlich

    temperamentvoll

    1 2 3 4 5 6 7 SelbstkonzeptReal Ideal

    Abbildung 16: Markenprofil von Toblerone Quelle: Eigene Darstellung Die Beziehung von Ron entspricht damit sehr genau dem von Fournier beschriebenen

    Beziehungstypus „Verfallenheit“, bei dem der Partner „blind vor Liebe ist“ und der Marke

    völlig ausgeliefert ist. Übereinstimmend hiermit sind auch die Werte der drei

    Markenbeziehungsindikatoren, wobei ähnlich wie bei Nivea der Indikator Loyalität die

    Konstrukte Identifikation mit der Marke und BRQ deutlich übertrifft. Während jedoch bei

    Nivea der funktionale Vorteil hierfür verantwortlich zeichnet, ist bei Toblerone die emotionale

    Ebene klar dominierend.

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    4 Zusammenfassung und Ausblick

    Die Ergebnisse der beiden Pilot-Fallstudien haben gezeigt, dass das Konstrukt der

    Markenbeziehungsqualität von Fournier erweitert werden sollte, zum einen im Hinblick auf

    Kombinationsmuster und Beziehungsfolgen verschiedener Beziehungstypen im Zeitablauf,

    zum anderen dahingehend, dass sich ermittelte Markenbeziehungen anhand klar definierter

    Kriterien und Regeln einem bestimmten Beziehungstyp zuordnen lassen, was z.B. im Fall

    von Bens Beziehung von Nutella momentan noch nicht der Fall ist.

    Daneben konnte anhand der Markenbeziehung von Ben zu Champion gezeigt werden, dass

    die von Fournier erarbeiteten Typologien nicht ausreichen, um alle empirisch ermittelbaren

    Konsument-Marken-Beziehungen zuzuordnen und sich durch weitere Beziehungstypen, z.B.

    dem Beziehungstyp „Mitgliedschaft“ im Fall von Champion ergänzen lassen. Rons

    Beziehung zu Nivea wiederum hat deutlich gemacht, dass die gelegentliche Nutzung anderer

    Marken und deren Effekt auf die Markenbeziehung näher untersucht werden sollte.

    Im Hinblick auf das methodische Vorgehen hat es sich gezeigt, dass ein Marken-

    Brainstorming vorab äußerst hilfreich ist, um gemeinsam mit dem Probanden geeignete

    Markenbeziehungen für die anschließenden Tiefeninterviews herauszufiltern. Die in

    Anlehnung an Fournier durchgeführten phänomenologischen Interviews mit narrativem

    Charakter haben sich bei beiden Pilot-Fallstudien als zielführend erwiesen. Kombiniert mit

    den Instrumentarien Bildmetapher, Repertory Grid und Laddering konnten so tieferliegende

    Beweggründe für Markenbeziehungen aufgedeckt werden.

    Die beiden Fragebögen von Baron-Cohen zur Gehintypologie haben sich als sehr

    zeitintensiv und anspruchsvoll erwiesen, weshalb diese in der Hauptstudie in gekürzter Form

    zum Einsatz kommen sollten. Daneben konnten bei beiden Fragebögen zur

    Markenbeziehung Anhaltspunkte für Detailverbesserungen gewonnen werden.

    Die beiden Pilot-Fallstudien haben zudem deutlich werden lassen, dass im Rahmen der

    Hauptstudie sowohl Männer als auch Frauen befragt werden sollten, und diese sowohl

    mittels E-S Theorie als auch anhand ihres Geschlechtes im Detail analysiert und verglichen

    werden sollten, um herauszufinden, inwieweit das Geschlecht an sich oder die

    Gehirnprägung mit dem Eingehen bestimmter Markenbeziehungstypen korreliert. Ergänzt

    um die Erfassung des Realen und des Idealen Selbstkonzepts der Probanden wären somit

    verallgemeinerungsfähigere Aussagen möglich, als dies bei der Vorgehensweise von

    Fournier bisher der Fall ist.

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    Des Weiteren sollten die drei eingesetzten Item-Batterien zur Operationalisierung der

    Markenbeziehung weiter verfeinert werden. Insbesondere bei den zwei BRQ-Facetten

    „Bindung“ und „Interdependenz“ sollten in Anlehnung an Aaker73 weitere Items

    Berücksichtigung finden, da es in Übereinstimmung mit Fournier letztendliches Ziel der

    Hauptstudie sein sollte, die beziehungsbasierte Operationalisierung von Partnerschaften als

    zentrale Voraussetzung für das Verständnis von Loyalität, definiert als langfristige,

    verbindliche und gefühlsbetonte Partnerschaft, nachhaltig zu o