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Tcchnisrhe Fachhochsrhule Wilcl<1u vvissr-nsrhafrfirh« 13eirr;ige 1/1995 Qualitätsmanagement auch bei der Autoverwertung? Prof D1:-/11g. habil. Gerd Stege 11101111, D1:-/11g. /11golf Wohlfahrt, Dipl. -lng. Horst 0. Friese 1. Charakteristika der Autoverwertung Alle Welt spricht heute von Qualität, Qualitätsmana- gement (QM) oder QM-Systemen. Begriffe, die sich auf den ersten Blick schwer mit Schrottauto, Aurowrackplatz oder Shredderleichtrnüllfraktion in Verbindung bringen lassen. Tatsächlich zeigen Erfahrungen der Autoren, daß es (heute noch) vielen Autorverwertungsunternehmen schwerllt, sich ihre Tätigkeit eingebettet in den Rah- men eines systematisch gestalteten und zielgerichtet realisierten QM-Systems vorzustellen. Ist damit die Titelfrage beantwortet'? Sicher nicht, zumal davon auszugehen ist, daß sich die Recyclinglandschaft national und international, z. B. auf Grund eines ge- schärften Umweltbewußtseins, der Verknappung natür- licher Ressourcen und des Deponierraumes, sich verän- dernden rechtlichen Rahmenbedingungen sowie sich wandelnden marktwirtschaftlichen Bedingungen, grund- sätzlich verändern wird. Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, syste- matisches Qualitätsmanagement bei der Autoverwer- tung ja oder nein bzw. auf welcher Grundlage und in welchem Umfang, kann deshalb nur das unter diesen Be- dingungen zu entwickelnde System der Autoverwertung sein, welches wiederum in ein Gesamtsystem Entwick- lung, Fertigung und Nutzung von Autos einzupassen ist. Es ist nicht Aufgabe dieses Beitrages, ein derartiges Sy- stem ZLI entwickeln. Vielmehr dienen nachfolgend auf- gehrte Kennzeichen der Autoverwertung der Charak- terisierung der Aufgabenstellung für das Qualitätsmana- gement und der Begrenzung des Betrachtungsbereiches. Als typische Kennzeichen eines zukünftigen Systems der Autoverwertung werden angesetzt: - Abfallvermeidung mit dem Ziel einer drastischen Re- duzierung ZLI deponierender Abfälle, - weitgehende Realisierung der Kreislaufwirtschaft (Bau tei 1-/Baugru ppen-rS toffkrei släufe), - vielltige Verwertungsvarianten r Komponenten und Wertstoffe aus Altautos, z. B. durch originäre Wiederverwendung von Bauteilen und Baugruppen durch die Autoverwertungsunternehmen mit einem. Trend zur rechnerunterstützten überregionalen Ver- marktung sowie die industriemäßige stoffliche und energetische Verwertung von Komponenten und Wertstoffen, z. B. durch die Automobilindustrie bzw. ihre Systemlieferanten. Wesentliches Glied in einem flächendeckenden Netz zur Erfassung, Rücknahme und Verwertung von Altautos ist der Autoverwertungsfachbetrieb, ein Klein- oder Mittel- unternehmen. Auf ihn beziehen sich nachfolgende Ausfüh- rangen. Kennzeichen der Arbeit dieser Unternehmen sind: - Typenoffenheit und eine damit einhergehende große Produktvarianz, Übergang von Einzelarbeitsplätzen zur Losbildung gleichartiger Produkte und arbeitsteiligern Prozeßab- lauf auf der Basis von Fließbandkonzepten, Verwertung von überwiegend moralisch und physisch verschlissenen Autos mit einem Alter zwischen 8 und 15 jähren (Abb. 1 ). Dazu kommen Autos ngeren Al- ters, z.B. infolge von Unllen, Diebshlen mit Berau- bung oder Randale mit Beschädigungen, - mögliche Verwertungsarten nach Abb. 2. 4 ~. _.,../ b c &N' · PKW's gesamt / 16 / !" t 14 An1e1I 12 rn % 10 :~ D · PKW's ostouropfuscher P1oduk1ion IZ) · Ubrigo PKW's 1 1 0 ~ 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 Alter in Jahren AIJ/J. /: /dtetsstruktur der verwerteten l'l(W's eines i\11toverwertungsfi1chbctriebes Ma!edaJ/'et:ydicig, ~~~~1 Kunststoff NE K:!.truysatoren G~' Spezia!isJ&flOf Elastomaie BT/BG-lnsblnd· .__ _ setzunggblltriab Abi;. 2: Möglic/1e Verwerl11ngsorten fiir Alta11tqs cII1s der Sicht des A11toverwerters Es zeigt sich, daß neben traditionellen Aufgaben, wie Trockenlegung und Entnahme ausgewählter Bauteile/ -gruppen, in immer stärkerem Maße eine in wirtschaft- lichen Grenzen realisierbare gezielte Demontage und Entfrachtung der Altautos erfolgt, außerdem im Rahmen der Verwertung Reinigungsaufgaben erforderlich sowie die Sortierung, Vorverdichtung bzw. die Vorzerklei- nerung, die Lagerung und der Transport von Komponen- ten und Wertstoffen ZLI organisieren sind. 61

Qualitätsmanagement auch bei der Autoverwertung? · /11golf Wohlfahrt, Dipl. -lng. Horst 0. Friese 1. Charakteristika der Autoverwertung Alle Welt spric ht heute von Qualität, Qualitätsmana

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Tcchnisrhe Fachhochsrhule Wilcl<1u vvissr-nsrhafrfirh« 13eirr;ige 1/1995

Qualitätsmanagement auch bei der Autoverwertung?

Prof D1:-/11g. habil. Gerd Stege 11101111, D1:-/11g. /11golf Wohlfahrt, Dipl. -lng. Horst 0. Friese

1. Charakteristika der Autoverwertung

Alle Welt spricht heute von Qualität, Qualitätsmana­ gement (QM) oder QM-Systemen. Begriffe, die sich auf den ersten Blick schwer mit Schrottauto, Aurowrackplatz oder Shredderleichtrnüllfraktion in Verbindung bringen lassen. Tatsächlich zeigen Erfahrungen der Autoren, daß es (heute noch) vielen Autorverwertungsunternehmen schwerfällt, sich ihre Tätigkeit eingebettet in den Rah­ men eines systematisch gestalteten und zielgerichtet realisierten QM-Systems vorzustellen. Ist damit die Titelfrage beantwortet'? Sicher nicht, zumal davon auszugehen ist, daß sich die Recyclinglandschaft national und international, z. B. auf Grund eines ge­ schärften Umweltbewußtseins, der Verknappung natür­ licher Ressourcen und des Deponierraumes, sich verän­ dernden rechtlichen Rahmenbedingungen sowie sich wandelnden marktwirtschaftlichen Bedingungen, grund­ sätzlich verändern wird. Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, syste­ matisches Qualitätsmanagement bei der Autoverwer­ tung ja oder nein bzw. auf welcher Grundlage und in welchem Umfang, kann deshalb nur das unter diesen Be­ dingungen zu entwickelnde System der Autoverwertung sein, welches wiederum in ein Gesamtsystem Entwick­ lung, Fertigung und Nutzung von Autos einzupassen ist. Es ist nicht Aufgabe dieses Beitrages, ein derartiges Sy­ stem ZLI entwickeln. Vielmehr dienen nachfolgend auf­ geführte Kennzeichen der Autoverwertung der Charak­ terisierung der Aufgabenstellung für das Qualitätsmana­ gement und der Begrenzung des Betrachtungsbereiches. Als typische Kennzeichen eines zukünftigen Systems der Autoverwertung werden angesetzt: - Abfallvermeidung mit dem Ziel einer drastischen Re­

duzierung ZLI deponierender Abfälle, - weitgehende Realisierung der Kreislaufwirtschaft

(Bau tei 1-/Baugru ppen-rS toffkrei släufe), - vielfältige Verwertungsvarianten für Komponenten

und Wertstoffe aus Altautos, z. B. durch originäre Wiederverwendung von Bauteilen und Baugruppen durch die Autoverwertungsunternehmen mit einem. Trend zur rechnerunterstützten überregionalen Ver­ marktung sowie die industriemäßige stoffliche und energetische Verwertung von Komponenten und Wertstoffen, z. B. durch die Automobilindustrie bzw. ihre Systemlieferanten.

Wesentliches Glied in einem flächendeckenden Netz zur Erfassung, Rücknahme und Verwertung von Altautos ist der Autoverwertungsfachbetrieb, ein Klein- oder Mittel­ unternehmen. Auf ihn beziehen sich nachfolgende Ausfüh-

rangen. Kennzeichen der Arbeit dieser Unternehmen sind: - Typenoffenheit und eine damit einhergehende große

Produktvarianz, Übergang von Einzelarbeitsplätzen zur Losbildung gleichartiger Produkte und arbeitsteiligern Prozeßab­ lauf auf der Basis von Fließbandkonzepten, Verwertung von überwiegend moralisch und physisch verschlissenen Autos mit einem Alter zwischen 8 und 15 jähren (Abb. 1 ). Dazu kommen Autos jüngeren Al­ ters, z.B. infolge von Unfällen, Diebstählen mit Berau­ bung oder Randale mit Beschädigungen,

- mögliche Verwertungsarten nach Abb. 2.

4 ~. _.,../ b

c

&N' · PKW's gesamt /

16 / !" t 14

An1e1I 12 rn % 10 :~

D · PKW's ostouropfuscher P1oduk1ion

IZ) · Ubrigo PKW's

• 1 • 1

0 ~ 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

Alter in Jahren AIJ/J. /: /dtetsstruktur der verwerteten l'l(W's eines i\11toverwertungsfi1chbctriebes

Ma!edaJ/'et:ydicig,

~~~~1 Kunststoff NE K:!.truysatoren G~'

Spezia!isJ&flOf Elastomaie BT/BG-lnsblnd· .__ _

setzunggblltriab

Abi;. 2: Möglic/1e Verwerl11ngsorten fiir Alta11tqs cII1s der Sicht des A11toverwerters

Es zeigt sich, daß neben traditionellen Aufgaben, wie Trockenlegung und Entnahme ausgewählter Bauteile/ -gruppen, in immer stärkerem Maße eine in wirtschaft­ lichen Grenzen realisierbare gezielte Demontage und Entfrachtung der Altautos erfolgt, außerdem im Rahmen der Verwertung Reinigungsaufgaben erforderlich sowie die Sortierung, Vorverdichtung bzw. die Vorzerklei­ nerung, die Lagerung und der Transport von Komponen­ ten und Wertstoffen ZLI organisieren sind.

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Wissenschafrliche Beitrage l/l lJlJ5

Als wesentliches wirtschaftliches Standbein des Auto­ verwertungsfachbetriebes wird der Verkauf von Bautei­ len/Baugruppen (originäre Wiederverwendung), gegebe­ nenfalls nach Teilinstandsetzung und in jedem Fall nach Qualitätsprüfung. angesehen. Bei einem Preis von 10 bis 4096 des Neuteiles gewährt er eine Händlergarantie. Branchentypische Kennzeichungen, z. B. mit Gütezei­ chen, .Blauer Engel" u. ä., scheinen zur Verbesserung der Kundenakzeptanz möglich. Das Kundenspektrum des Autoverwertungsfach betri ebes umfaßt:

Recycling-Ne ra rbe i tu ngs-/S h red de ru n te rn eh m e n, - Kunden im Ersatzteilgeschäft, z. B. Kfz-Werkstätten, - Bauteil-/Baugruppeninstanclsetzungsbetriebe, - Automobilindustrie. Die sich daraus andeutende Forderungsvielfalt und der teilweise „fertigungstechnische" Charakter der Autor­ verwertung zwingen zur Systemarisierung des Qualitäts­ managements im Rahmen der Autoverwertung.

2. Grundlagen für die Gestaltung von QM-Systemen

Qualität im allgemeinsten Sinne ist die Erfüllung von Kun­ denforderungen. Es ist davon auszugehen, daf?, die Be­ schaffenheit des vom l.etztbesitzer angebotenen Altautos bezüglich seiner Elemente sehr inhomogen ist, determi­ nierte Qualitätsforderungen sind ihm gegenüber nicht ein­ forderbar (fast jedes Altauto wird abgenommen) (Abb. 3). Durch die Gestaltung des Vewertungsprozesses hat der Autoverwerter zu gewährleisten, dar?. die in Abhängig­ keit von der Verwertungsart determinierte Qualitäts­ forderung für die Komponenten und Wertstoffe (im wei­ teren Angebotsprodukte) gegenüber dem Kunden erfüllt wird. Im Sinne dieses Artikels steht verwcrtungsprozefs für den durch den Autoverwertungsfachbetrieb zu rea-

'lechnische Fachhochschule Wildau

lisierenden Dienstleistungsprozef?. (Letztbesitzer Alt­ auto/Kunde für Angebotsprodukte der Autoverwertung) und den eigentlichen „Fertigungsprozeß" der Autover­ wertung - den Recyclingprozeß. Die Prozeßgestaltung wird wie kaum in einer anderen Branche durch die be­ rechtigten Interessen der Allgemeinheit mitgeprägt (Abb. 4).

• Gesetze Berechtiqte * Vorschritten Interessen

• UmwC!llbewußtsein der Allgemeinhert

Marktfähige verwcrtuoqsart

"Preisrelationen •Stand der

Qualitätsforderung der Autoverwertung

Qualltätslorderung an Komponenten und

Wertstofle ("Angebotsprotjukte

Quali'!.ätsforderung an den

verwertunqeprczcn

~------------------~----------------------------

Angebol$produkt frozeßgestaftung

Ab/J. 4: Q11cllcn 1111c/ Ziele von Quulitiitsfinderungen der 1\11toverwert1111g

Die Ableitung der Qualitätsforderung für die Angebots­ produkte der Autoverwertung ist deshalb als erste und wichtige Aufgabe das Qualitätsmauagernent anzusehen. Dabei ist zu berücksichtigen, daf?. der Rang der Qualitäts­ forderung <111 das Angebotsprodukt stark durch die Ver­ wertungsart bestimmt wird (Abb. 5).Wiihrend z. B. für das metallurgische Recycling neben der Trockenlegung eine gezielte Entfrachtung des Objektes erfolgen muß, sind bei der originären Wiederverwendung von Bautei­ len (Formrecycling) Forderungen zur Funktionsfähigkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit zu erfüllen. Den prinzipi­ ellen Ablauf der Beschreibung der Qualitätsforderung durch Qualitätsmerkmale und für die Ableitung von Prüf­ merkmalen zeigt Abb. 6.

Forderungen Gesetzgeber, Interessen der Allgemeinheit

Qualität "Realisierte Beschaffenheit einer Einheit bezüglich Qualitätsforderung"

Qualität c> Altauto

Schnittstelle Letztbesitzer

~ 1 Autoverwerter ...,

~ Beschaffenhert Qualitätsforderung

* sehr inhomogen 1 * global * (wirtschaftlich)

1 * nicht deter- t

begrenzt be- miniert ein- wertbar

1 forderbar

Verwertungsprozeß (Dienstleistungs- und

Recyclingprozeß)

* Sicherung Kunden- zufriedenheit

* Gewährleistung Umwelt- und Ressourcenschonung

•Erhaltung Beschaffenheit

• Verbesserung Beschaffenheit

* Prozeßfähigkeit

c> Qualität Komponenten / Wertstoffe

' (Angebotsprodukte)

Schnittstelle 1

Autoverwerter I Kunde 1

~ ..., ~ -

Beschaffenheit i Qualitätsforderung *Nachweis- * determiniert in verpflichtung

1 Abhängigkeit

entsprechend von Verwertungs Qualitäts-

1 art forderunq

Ab/J. 3: 111/wltliche U111~etzu11g des Quo/itiils/Jegrifli:s fiir die Auto11erwert1111g

62

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Technische Fachhochschule Wildau

Kategorie / Rang der Qualitäts­ forderung an das Angebots­ produkt

Form-.mfor ~lochWür!rocycling

Matorialrncycling /

/ Export kompletter

Altautos /

_,,//,/ metallurgisches Recycling

Trockenlegung

Verwertungsart

A/J/J. 5: Z11sa111111enl1011g zwischen der Verwertungsart und der Kat:cgorie/de111 liang der QualiW{sjarden111g an Ko111po11e11te11 bzv: Wertstofle (1i11ge/Jot-s­ produkte) nus Sicht des A11lo11erwerters

.:::::>- Beispiele: - Umwelt- /Ressourcenschonung - Stoff- /Sortenreinheit - Schadensfreiheit - Funktionsfähigkeit - Sicherheit - Zuverlässigkeit - Heizwert

.:::::>- Beispiele: - Produkt- und Marktanalysen - Verbandsarbeit · Befragungen/ Interviews J Messen - Kundenkonferenzen - Forderungsanatysen

Q Beispiele: - Gefahrstoffgehalt - Beimengungsgehalt - Entfrachtung nach Vorgabe - Trc_nnungsgrad von Verbünden - "Zßrkleinerungs-.(Vardichtungszustand - Reinigungszustand - lnstandeetzbarkeä - Schädigungsgrenzen

Prüfrnerkma'e ableiten

Q Beispiele: • Entleerungsgrad (Betriebsflüssigkeit) - Gehalt an Verunreinigungen - Abriebpartikelgehalt und/oder -qeetalt · PCB-Gehalt - Funktionsfähigkeit

P.rüfverfahrer.l/ Prüfmittel

Prüfmerkrnalskatalog der Autovmwertung (PMKA)

11/J/J. G: Ableitung der Q11(1/itiits- und l'riifi11erkmolr .fiir Ko111po11ente11 und Wertstoffe (1\11gehots-produkte) r111s der A11lo11e1wert11og

Entsprechend der allgemeinen Erkenntnis, dafs ein Pro­ dukt nicht besser sein kann als der zu seiner Herstellung genutzte Prozeß, kommt auch in der Autoverwertung der Prozeßgestaltung eine besondere Bedeutung zu, Die Abb. 7 vermittelt ausgewählte Qualitätsforderungen für die Gestaltung des Recyclingprozesses. Diese Darstel­ lung unterstreicht die notwendige Verbindung von Qua­ litäts- und Umweltmanagement bei der Autoverwertung. Entsprechend der Untergliederung des Verwertungspro­ zesses im Dienstleistungs- und Recyclingprozeß wird empfohlen, die Gestaltung norrnenkonformer QM-Syste­ me für die Autorverwertung auf der Basis der Re­ gelwerke DIN EN ISO 9004-1 und DIN ISO 9004-2 vorzu­ nehmen (Abb. 8). Erste Analysen zur Norrnenkonformität (DIN EN ISO 9002) qualitätsrelevanter Tätigkeiten bei der Autover­ wertung verdeutlichen besonders große Defizite bezüg-

Wisseuschafrlirhc lleirriige 1/1995

lieh der Dokumentation und Nachweisführung, insbe­ sondere für den Recyclingsprozefs. Besondere Schwer­ punkte für die Verfahrensforschung zum Recycling­ prozeß ergeben sich aus den Abweichungen innerhalb des Prozefselerneutes „Komponenten- und Wertstoff Identifikation" (s. Abb. 7), insbesondere begründet in un­ befriedigenden Verfahren zur „Produktverifizierung" und fehlenden Detektionsverfahren.

3. Einrichtung von QM-Systemen

Als wesentliche Gründe für die Einrichtung und Erhal­ tung von QM-Systemen bei der Autoverwertung werden

die Herstellung und Erhaltung der Qualitätsfähigkeit des Autoverwertungsfachbetriebes sowie der Nachweis der Qualitätsfähigkeit durch den Auto­ verwertungsfach betrieb gegenüber seinem Kunden und gegeni.iber der Allgemeinheit gesehen (Abb. 9).

Vorstellbar ist, dafS die Zulassung zum Betrieb eines Autoverwertungsunternehmens (z. ß. auf der Grundla­ ge eines Planfeststellungsverfahrens) und/oder die Au­ torisierung eines Autoverwertungsfachbetriebes, z. ß . durch einen Automobilhersteller, mit dem Nachweis der Qualitätsfähigkeit des Autoverwertungsfachbetriebes auf der Grundlage eines normenkonforrnen QM-Systems gekoppelt wird. Die Optimierung betrieblicher Abläufe und in der Ge­ samtheit des Verwertungprozesses muß sich, neben herkömmlichen Zielkriterien, wie z. B. zur Effektivität oder zur Gewährleistung des Umweltschutzes im Ver­ wertuugsprozefs, in stärkerem Maf?.e an der Abfallver­ meidung orientieren. QM-Systeme bilden dann eine wesentliche Vorausset­ zung für Marktzugang und Marktanteil. Sie sind ein wichtiges Instrument zur Risikovermeidung/-begrenwng und der Ertragssicherung. Abgeleitet aus der Tatsache. dafS der Recyclingprozels im Sinne dieses Artikels nicht schlechthin die Umkehrung der Arbeitsfolge der Montage in der Neufertigung ist, er­ geben sich eine Reihe Spezifika für das Qualitätsmana­ gement der Autoverwertung, die letztlich branchenspe­ zifische Lösungen für die Einrichtung und Erhaltung von QM-Systemen bei der Autoverwertung erfordern. Wesentliche Schwerpunktaufgaben der Integration des Qualitätsmanagements in den verwertungsprozefs von Altautos sind in Abb. 10 zusammengefaßt. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dafS als Ausgangs­ punkt der Arbeiten wm Qualitätsmanagement in der Autoverwertung die Beschreibung der Qualitätsforde­ rung unter ßeri.icksichtigung wirtschaftlicher Realisie­ rungsmöglichkeiten anges.ehen wird (s. Abb. 10: Q-Pla­ nung). Die Zusammenfassung aller Aktivitäten zur Einrichtung und Erhaltung von QM-Systemen ist inhaltlich und ter­ minlich genau zu planen, die Aufgaben in diesem Pro­ zefS sind abwstecken und w beschreiben.

Das in Abb. 11 dargestellte Ablm1fScherna läf~t sich in drei Hauptabschnitte gliedern: - Entscheidung zum „Warum QM" durch die Unterneh-

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Wissenschaftliche Beiträge 1/ 1995 Technische Fachhochschule Wildau

Trockenlegung ,..-~~~~~~~~~--11 : • umweltgerecht 1 • hoher TrockenlegungsgrocJ : * artentreue Erfassung und 1 umweltgerechte Lagerung der : Betriebsflüssigkerten , .. + 1

1

1 1

1

1

1 1 1 1

1

' 1 , . 1

1 1

1

Letztbesitzer ~ 1 Dienstleistungsprozeß 1 Q Kunde

- - - - ·- - - - -· - -j Schnittstelle des Verwertungsprozesses 1- - - - - - - - ~ "' -- - - - - f Recyclingprozeß 1

~Handling

"I „ Annahme

•Fahrzeug anhand Kfz-Papiere •vor.zerkleinern/ vorverdichten • umwe!tgerechte /sichere Lagerung sowie Transport in Abhängigkert von Verwertungsart

• vertragsgerechte Ver\M>rtung • Dokumentation der VetWertung • Vermeidung versteckter Deponien

identifizieren • Bewertung nach vorgegebenen Krrterien und Preisbildung

*Annahmedokumentation erstellen, in Begleitkarten Verwertungsart und Demontagetiefe festlegen

• umweltgerechte Abstellung • Entsorgungsnachweis erstellen

1

• differenziert nach Ver\MOrtungsart

• gesundherts- und ümweltverträghch

• schä:Jigungshemmend

Reinigung ~ Demontage ~ Komponenten- / Wertstoff- 1---------t1 ldentrfikation

• angepaßt an Verwertungsart

• werterhaltend * arten- und sortenreine Erfassung

• effektiv = sicber

... Aufarbeitung

*Reinigung • Komplex-/Funktions- diagnose

• Teilins!Mdsetzung • Konservierung • Dokumentation für Händlergarmtie

• Identifizierung • Klassifizierung • Ken!Wchnung • Dokumentation

AiJ/J. 7: Ausgewiihlte Q11alitiits/örderu11ge11 fiir die GesUat1111g des l\eLycling-pmzesses der Autoverwertung (noch f'rozeßele(l)mten}

Überprüfung durch Gesetzgeber

r----- --------------------------------------- ------1 1 .-----'----.

: Gestaltungs- : Vorschrift für

Verwertungs­ prozeß

Schnijtstelle

Letztbesitzer •

Beschaffenheit

• Autoverwerter

Qualitätsforderung

•global • nicht deter­ miniert ein­ forderbar

• sehr inhomogen • (wirtschaftlich) begrenzt be­ wertbar

Beurteilung durch Kunden

Reinigung . , Verwertungs­ konzept erstellen

Beurteilung durch Auto­ verwerter

Schn~elle 1

Autoverwerter • ( .... Kunde

1

Beschaffenheit l Qualitätsforderung 1-~~~~-~- • Nachweisverpflich- : • determiniert in tung entsprechend 1 Abhängigkeit von Qualität&forderung l Verwertungsart

Analyse und Verbesserung der Autoverwertung

Katalog Verwertungs­

arten

l __ -- - -- -~- -- - - --- ~ -- -- --- ~ - - - ~~-- - --------"----.- - - ---- ---~- ___..J

Abb. 8: .Auf\e1'e/" (DIN ISO 9004-2) utu! .inneier" (DIN EN ISO 9004-1) ,,Qualitiitskreis" der Autoverwertllng

mensführung herbeiführen (Verantworung der ober­ sten Leitung). Aufwendungen für und Ziele von QM­ Systemen sind gründlich zu erarbeiten. Analyse des Systems qualitätsrelevanter Tätigkeiten im Unternehmen, Programm zur Erreichung der Qua­ litätsfähigkeit erarbeiten und realisieren (s. Abb. 11 ). Laufende Aktualisierung des QM-Systems.

Beispielhaft in Abb. 11 eingezeichnete Schnittstellen be­ inhalten folgende Arbeitsaufgaben:

1 Ziele/Aufgaben für normeukonforrne QM-Systeme in Geschäftsführung erarbeiten,

2 Qualitätsphilosophie im Management beraten und Festlegungen treffen,

3 Mitarbeiterinformation und -einbeziehung, begin-

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Technische Fachhochschule Wildau

Gründe für Qualitätsmanagementsysteme

~d~GV ~ ~

.--~-K-u_n_d_e~~I ~,-G~e-setz~-g-e_be_r--.1

* Gewährleistung 0-Forderung Recyclat * Marktzugang * Gesetzes- und Normenkonformität * Kundenzufriedenheit * Risikovermeidung / -begrenzung

Herstellung und Erhaltung der Qualitätsfähigkeit zur Gewährleistung:

Nachweis der Qualitätsfähigkeit zur Sicherung:

* Unternehmenszulassung (Gesetz- / Auftraggeber)

* Optimierung betrieblicher Abläufe und des Verwertungsprozesses

* Marktanteil * Ertragsverbesserung

Abb. 9: Criinil» .Jiir die Einrichtung und Erlrnltung 11011 Qua/iliils111anage·111cntsyste111e11 bei der 1\utoverwert1111g

~ unabhängige Unter­ suchung der Wirk· samkeit quahtäls­ relE111anter T itigkerten/ Systeme/Produkte

0-Verbesserung Maßnahmen zur Erhöhung Effektivität und Effizienz der Tätig­ keiten und Prozesse

OM-Dadegung • • QMS darlegen ' • Transparenz sichern

und Vertra.ien beim Kunden schaffen

II> a s: CL II> -0 c 121 c OS 0...

Proze6analyse der Autoverwertung

Forderungsanalyse • Kunde 1 Markt •Vorschriften

Entwickeln QM-Dokumentation

1 QM-Handbuch QM-Verfalirensanweisungen

1 produktspezifische QM-Dokumentaion

1 Ablaufplan qualrtasrelevanter T äligkeiten der Autoverwertung

0-Plaoung • ableiten/ entwickeln von Q-Merkrnalen * Beschreibung der Einzelforderungen unter Berücksichtigung der Real1sierungsmöglichkerten

Konstruktions­ analyse

Al;I!. I 0: Schwerp.unktauf'goben bei der tniegrutio» des Quri'lilätsmo11oge111e11ts in den \!ewertungsprozefs von 11/toulos

nend mit der Diskussion der Unternehmensgrundsät­ ze zur Qualitätsarbeit,

4 Festlegung der Organisationseinheit, für die (zu­ nächst) das QM-System erarbeitet werden soll,

5 Projektteam benennen und mit Verantwortung und Kompetenzen ausstatten,

6 umfassende Mitarbeiterschulung einleiten,

7 Crobkonzept für den Stufenplan zur Einrichtung ei­ nes normenkonformen QM-Systems erstellen,

8 Festlegung der Qualitätsaspekte in der Aufbau- und Ablauforganisation, Ergänzung der Stellenbeschrei­ bungen für das Management um Aspekte der Quali­ tätsarbeit,

9 Kunden in die konzeptionelle Arbeit einbeziehen,

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Wisse11sch;1frliche Beirräge 1/1995

Ab/J. 11: Ablmljsche11rn zur frla11g1111g der QunlitätsJ(ihigkeit

10 Einheit von Erarbeitung und Überführung der QM­ Dokumente sichern,

11 regelmäßige Bewertung der Wirksamkeit des QM­ Systems (interne Audits, Qualitätsreviews) durchfüh­ ren und in der Geschäftsführung bewerten.

4. Zusammenfassung

Im Artikel werden Charakteristika der Autoverwertung als Grundlage für die Ableitung von Aufgabenstellungen des Qualitätsmanagements in Autoverwertungsfach­ betrieben beschrieben. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit der Einrichtung von QM-Systemen in der Autoverwertung bei Berücksichtigung der notwen­ digen Ganzheitlichkeit der Qualitätsstrategie in den Pha­ sen Planung, Realisierung und Nutzung von Autos. Davon ausgehend werden Voraussetzungen fi.ir die Ge­ staltung von QM-Systemen zusammengestellt und An­ satzpunkte für die Einrichtung von QM-Systemen in Autoverwertungsfachbetrieben erarbeitet. Als Basis fiir diese Arbeiten wird das Regelwerk DIN EN ISO 9004-1 und DIN ISO 9004-2 vorgeschlagen. Die Darstellung des methodischen Apparates erfolgt am Beispiel der Autoverwertung, eine Übertragung der verallgemeinerungsfähigen Aussagen auf andere Produk­ te ist möglich.

Verfasser

Prof. D1:-I11g. habil. Gerd Stegemann Technische Fachhochschule Wildau Fachbereich Maschinenbau ·rei. (03375) 507-213 D1A11g. Ingolf Wohlfahrt Technische Fachhochschule Wildau Fachbereich Maschinenbau Tel. (03375) 507-213 Dipl.-Ing. Horst 0. Friese Ceschäftsfiihrer; Autoverwertungscenter Neuenhagen

'Iechnisrhe Fachhochschule Wildau

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