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Biochem. Physiol. Pflanzen 177, 192-196 (1982) Kurze Mitteilungen Quantitative Struktur-Aktivitats-Beziehungen fUr die Wachstumshemmung von Chlorella vulgaris-Suspensionen durch 4-Alkylsemicarbazide CLAU'S- RUDIGER KRAMER, LOTHAR BECK und HORST ARNDT Sektion Chemie/Biologie der Padagogischen Hochschule "Wolfgang Ratke" Kothen, DDR Quantitative Structure/ Activity Relations for Growth Inhibition of Chlorella vulgaris Suspensions by 4-Alkylsemicarbazides Key Term Index: alkyl semicarbazides, quantitative structure-activity relations; Cklorella vulgaris. Summary The biological activities of fourteen 4-Alkylsemicarbazides were investigated by means of a growth test of synchronized cultures of Cklorella vulgaris. At all concentrations of the semicarbazides inhibiting effects were observed. Dosage-effectivity graphs are reproducible, showing similar shape and slope. The isoactive concentrations, inhibiting growth by 50 %, vary from 2.5 x 10- 4 to 2 X 10- 5 M within the group, of substances investigated. The correlations of the logarithms of the isoactive concentrations between logarithms P1) and n-values as well as to the number n of the carbon atoms up to a chain of 3 carbon atoms in any case showd linear relations. In der Literatur gibt es eine Vielzahl von Arbeiten, in denen die biologische Aktivitat einzelner 4-substituierter Semicarbazide und besonders des Semicarbazids an verschie- denen Testobjekten untersucht worden ist (BECK 1980). Dber das MaB halbquantitativer Aussagen zur biologischen Wirksamkeit einzelner Semicarbazide hinaus kommen KRA- MER et al. (1979), die die Hemmwirkung von 26 substituierten 4-Arylsemicarbaziden auf das Wachstum von Chlorella-Suspensionen untersuchten und fan den, daB zwischen der Hemmwirkung dieser Semicarbazide und ihren hydrophoben Eigenschaften line are Beziehungen bestehen. Die untersuchten 4-Alkylsemicarbazide (Tabelle 1) lassen sich nach allgemeinen Methoden von WHEELER et al. (1951) durch Kochen der entsprechenden Alkylharnstoffe mit 70-90%igem Hydrazinhydrat synthetisieren und reinigen. Die dazu notwendigen Alkylharnstoffe sind entweder kommerziell erhaltlich, oder sie lassen sich aus den ent- sprechenden Aminhydrochloriden bzw. -hydroacetaten und Kaliumcyanat nach Methoden von KU'RZER (1951) darstellen. Die Identifikation der Substanzen erfolgte durch Elementaranalyse und Auswertung ihrer IR-Spektren. 1) Abkiirzungen: P, Verteilungskoeffizient fUr das System n-Octanol/Wasser, n, hydrophobe Sub- stituentenkonstanten nach HANseR.

Quantitative Struktur-Aktivitäts-Beziehungen für die Wachstumshemmung von Chlorella vulgaris-Suspensionen durch 4-Alkylsemicarbazide

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Page 1: Quantitative Struktur-Aktivitäts-Beziehungen für die Wachstumshemmung von Chlorella vulgaris-Suspensionen durch 4-Alkylsemicarbazide

Biochem. Physiol. Pflanzen 177, 192-196 (1982)

Kurze Mitteilungen

Quantitative Struktur-Aktivitats-Beziehungen fUr die Wachstumshemmung von Chlorella vulgaris-Suspensionen

durch 4-Alkylsemicarbazide

CLAU'S-RUDIGER KRAMER, LOTHAR BECK und HORST ARNDT Sektion Chemie/Biologie

der Padagogischen Hochschule "Wolfgang Ratke" Kothen, DDR

Quantitative Structure/ Activity Relations for Growth Inhibition of Chlorella vulgaris Suspensions by 4-Alkylsemicarbazides

Key Term Index: alkyl semicarbazides, quantitative structure-activity relations; Cklorella vulgaris.

Summary

The biological activities of fourteen 4-Alkylsemicarbazides were investigated by means of a growth test of synchronized cultures of Cklorella vulgaris.

At all concentrations of the semicarbazides inhibiting effects were observed. Dosage-effectivity graphs are reproducible, showing similar shape and slope. The isoactive concentrations, inhibiting growth by 50 %, vary from 2.5 x 10-4 to 2 X 10-5 M within the group, of substances investigated. The correlations of the logarithms of the isoactive concentrations between logarithms P1) and n-values as well as to the number n of the carbon atoms up to a chain of 3 carbon atoms in any case showd linear relations.

In der Literatur gibt es eine Vielzahl von Arbeiten, in denen die biologische Aktivitat einzelner 4-substituierter Semicarbazide und besonders des Semicarbazids an verschie­denen Testobjekten untersucht worden ist (BECK 1980). Dber das MaB halbquantitativer Aussagen zur biologischen Wirksamkeit einzelner Semicarbazide hinaus kommen KRA­MER et al. (1979), die die Hemmwirkung von 26 substituierten 4-Arylsemicarbaziden auf das Wachstum von Chlorella-Suspensionen untersuchten und fan den, daB zwischen der Hemmwirkung dieser Semicarbazide und ihren hydrophoben Eigenschaften line are Beziehungen bestehen.

Die untersuchten 4-Alkylsemicarbazide (Tabelle 1) lassen sich nach allgemeinen Methoden von WHEELER et al. (1951) durch Kochen der entsprechenden Alkylharnstoffe mit 70-90%igem Hydrazinhydrat synthetisieren und reinigen. Die dazu notwendigen Alkylharnstoffe sind entweder kommerziell erhaltlich, oder sie lassen sich aus den ent­sprechenden Aminhydrochloriden bzw. -hydroacetaten und Kaliumcyanat nach Methoden von KU'RZER (1951) darstellen. Die Identifikation der Substanzen erfolgte durch Elementaranalyse und Auswertung ihrer IR-Spektren.

1) Abkiirzungen: P, Verteilungskoeffizient fUr das System n-Octanol/Wasser, n, hydrophobe Sub­stituentenkonstanten nach HANseR.

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Wachstumshemmung durc(4-Alkylsemicarbazide 193

Die Wachstumsmessungen wurden mit einzelligen Griinalgen des Species Chlorella vulgaris var. vulgaris, Stamm BOHM und BORNS 1972/1 durchgefiihrt.

Zur Anzucht und zur Entwicklungssynchronisation wurde eine von BOHM (1973) entwickeIte Appa­ratur benutzt. Die Temperatur von 308 K, die Lichtintensitat, die Luft- und Kohlendioxydzufiihrung (2 %) und die Zusammensetzung des Nahrmediums werden konstantgehalten. Das Nahrmedium basiert auf Angaben von KUHL und LORENZEN (1964).

Das Prinzip der von uns durchgefiihrten Wachstumstests erfolgte nach dem von BOHM et ai. (1971) vorgestellten Chlorella-Testsystem. Dabei werden definiert konzentrierte Suspensionen frisch ge­schliipfter Autosporen von Chlorella vulgaris (z. B. 7 X 106 Zellen/ml) mit der Wirkprobe, die maximal 3 % des Volumens der Suspension betragt, in abgestuften Konzentrationen konfrontiert und parallel mit unbehandelten Kontrollen belichtet.

Die relative Wachstumsentwicklung wurde durch direkte Extinktionsmessung bei 685 nm nach 6 h Belichtung registriert.

Die Differenz der Extinktion der unbehandelten Kontrolle und der Extinktion der Ausgangs­suspension entspricht einem Wachstum von 100 %. Mit Hilfe dieser Festlegung lassen sich leicht die Wachstumswerte der behandelten Proben bestimmen. Die Hemmdaten in % erhaIt man durch Er­ganzen zu 100 %.

AIle untersuchten 4-Alkylsemicarbazide hemmten das Wachstum von Chlorella vulgaris-Suspensionen in typischer Weise. Bei der Auftragung der Hemmwirkung in Prozent als Funktion der Logarithmen der eingesetzten Wirkkonzentrationen (in M) erhalt man gut reproduzierbare Dosis-Wirkungs-Kurven. Diese sigmoidalen Dosis­Wirkungs-Kurven weisen aIle einen typischen linearen Bereich von etwa 15-85 % Hemmung auf.

Aus den linearen Bereichen lassen sich durch Interpolation die Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen entnehmen, die das Wachstum von Chlorella vulgaris um 50 % hemmen.

Die Hemmaktivitaten der 4-Alkylsemicarbazide auf das Wachstum von Chlorella vulgaris liegen bei den gegebenen Bedingungen im Bereich von 2,4 X 10-4 bis 2,1 x 10-5 M. Sie liegen im gleichen Bereich wie die der 4-Arylsemicarbazide (KRAMER et a1. 1979). Die Logarithmen der isoaktiven Konzentrationen der 4-Alkylsemicarbazide sind in Tabelle 1 zusammengefaBt.

Tabelle 1. Logarithmen der isoakiiven Konzeniraiionen -lg Coo von 4-Alkylsemicarbaziden R-NHCONHNH2•

Die -lg C50- Werte wurden durch Interpolation aus den entsprechenden Dosis-Wirkungs-Kurven entnommen. Die in der Tabelle 1 enthaltenen Daten wurden fiir die Korrelation (1) und (2) benutzt.

Nr. R -lg Coo Nr. R -lg Coo

1 H 3,65 8 n-C,Hg 4,35 2 CHa 3,95 9 i-C,Hg 4,53 3 CaHo 4,30 10 t-C,Hg 4,50 4 (CHa)2 4,38 11 (C2Ho)z 4,33 5 CaHo 4,48 12 n-CoHn 4,06 6 n-CaH? 4,67 131) n-C6H1a 3,62 7 i-CaH? 4,63 14 C6Ho-CHa 4,11

1) Der -lg C50-Wert fiir 13 konnte nur durch Extrapolation der erhaltenen Dosis-Wirkungs-Kurve erhalten werden und ist deshalb auch mit einem relativ hohen Febler behaftet.

12a

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194 C.-R. KRAMER U. a.

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Wachstumshemmung durch 4-Alkylsemicarbazide 195

Eine Auftragung der -lg Cso-W erte als Funktion der Logarithmen der Verteilungs­koeffizienten 19 P fUr die Verteilung dieser Semicarbazide im System n-OctanolfWasser (KRAMER et al. 1981) ist in Abb. 1 zu sehen.

Fur die 4-Alkylsemicarbazide bis zu 3 Kohlenstoffatomen im Alkylrest wurde die lineare Beziehung (1) und fUr die Derivate mit drei und mehr Kohlenstoffatomen im Alkylrest wurde der Zusammenhang Gl. (2) gefunden.

nC-Atome < 3

-lg Cso = 0,637 19 P + 5,40

n = 7 r = 0,990 s = 0,371

nC-Atome ~ 3

-lg C50 = -0,657 19 P + 4,04

n = 8 r = -0,993 s = 0,334

(1)

(2)

Korrelationen der --lg C50-Werte der untersuchten 4-Alkylsemicarbazide als Funk­tionen von hydrophoben Substituentenkonstanten n nach HANseR bzw. von Mol­refraktionswerten oder den Molmassen der Alkylreste ergaben in allen Fallen ahnliche lineare Beziehungen, wie sie in Abb. 1 dargestellt sind.

Diese Sachverhalte lassen sich theoretisch durch das Proteinbindungsmodell der QSAB nach FRANKE (1970) deuten. Mit groI3er werdender Kettenlange ist innerhalb einer homologen Serie dann eine sterische Hemmung zu erwarten, wenn ein kritischer Wert fUr die MolekulgroI3e uberschritten wird und die Molekiile groI3er sind als die bindende hydrophobe Region. Gleichzeitig nehmen innerhalb einer homologen Serie Loslichkeit und isoaktive Konzentration in gesetzmaI3iger Weise abo Da im allgemeinen die Wasserloslichkeit schneller abnimmt als die isoaktive Konzentration, wird an einer Stelle die Tatsache erreicht, daI3 die Loslichkeit kleiner ist als die notwendige Wirk­konzentration. Damit wird die zur Erzeugung des standardisierten biologischen Effektes notwendige Konzentration nicht mehr erreicht, was zum Abbruch der biologischen Aktivitiit fiihrt. Aus den Anstiegen der Gl. (1) und (2) ist abzuleiten, daI3 die Wirkstoff-

Abb. 1. Beziehungen zwischen den -lg C50- Werten fur die Wachstumshemmung von Chlorella vulgaris durch 4-Alkylsemicarbazide und den 19 P-Werten fur die Verteilung dieser Stoffklasse im System n-OctanolJ Wasser. -lgC5o = negativer dekadischer Logarithmus der Konzentration des Wirkstoffes, die eine 50%ige

Wachstumshemmung verursacht 19 P = dekadischer Logarithmus des Verteilungskoeffizienten fiir die Verteilung im System n­-OctanolJWasser

o = Semicarbazid; die Zahlen 1, 2, n3, n4, n5, n6 geben die Kettenlange der Alkylgruppen der 4-Alkylsemicarbazide an; i3, i4, t4 = iso-Prophyl-, iso-Butyl-, tertiares-Butyl-semicarbazid; Di 1, Di 2 = 4-Dimethyl-,4-Diethylsemicarbazid; All = Allkylsemicarbazid; Benz = 4-Benzylsemicarbazid.

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196 C.-R KRAMER u. a., Wachstumshemmung durch 4-Alkylsemicarbazide

molekiile nur an der Proteinoberflache fixiert bzw. nur zum Teil in das Innere der bindenden hydrophoben Region eingedrungen sein konnen. Vber den eigentlichen Wirk­mechanismus konnen z. Z. keine Aussagen gemacht werden, sie waren nicht Ziel der Arbeit.

Literatur

BECK, L.: Physikalisch-chemische Eigenschaften, Reaktivitat und biologische Aktivitat von 4-sub­stituierten Semicarbaziden. Diss. A. PH "Wolfgang Ratke" Kiithen, S. 34-45 (1980).

BOHM, H.: Verfahren zur Selektion biochemisch wirksamer Substanzen. Wirtschaftspatent DDR Nr. 94234/C 12 K, 1/00 (1971).

- Das Chlorella-Testsystem (eine Ubersicht). Wiss. Hefte d. Pad. Inst. Kiithen 2, 9-16 (1973). - Konzeption fiir eine Anlage zur automatischen Produktion synchronen Zellmaterial einzelliger

Griinalgen in Suspensionskultur. Wiss. Hefte d. Pad. Inst. Kiithen 2, 217-220 (1973). FRANKE, R: Homologe Serien hydrophoberVerbindungen im Gleichgewicht zwischen einer wa13rigen

und einer hydrophoben Phase. II. Biologische Aktivitat und hydrophobe Wechselwirkungen mit dem Rezeptor. Acta. bioI. med. germ. 25, 789-803 (1970).

KRAMER, C.-R, BECK, L., und ARNDT, H.: Biologische Aktivitat und Struktur-Aktivitats-Beziehun­gen von 4-Arylsemicarbaziden in Chlorella vulgaris. Biochem. PhysioL Pflanzen 174, 672-677 (1979).

- und BECK, L.: Verteilungseigenschaften von homologen Reihen im System n-Octanol/Wasser. 2. Mitt. Zur Verteilung von 4-Alkylsemicarbaziden im System n-Octanol/Wasser. Z. Chern., im Druck.

KUHL, A., and LORENZEN, H.: In "Methods in Cell Physiology". VoL 1 (ed. D. PRESCOTT). Academic Press, New York, 159-187 (1964).

KURZER, F.: Arylharnstoffe 1. Mitt. Cyanatmethode, p-Bromphenylharnstoff. Org. Syntheses 31, 8-11 (1951).

WEELER, A. S., MARVEL, C. S., und BRUBAKER, M. M.: 4-Phenylsemicarbazide. Organic Syntheses Collect 1, 450-451 (1951).

Eingegangen am 23. Februar 1981; in revidierter Form am 10. September 1981

Anschrift des Verfassers: Dr. C.-R KRAMER, Padagogische Hochschule "Wolfgang Ratke" Kiithen, Sektion Chemie/Biologie, Lohmannstra13e 23, DDR - 4370 Kiithen.