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Nr. 1 | 35. Jahrgang 2005 | Biol. Unserer Zeit | 61 RÄTSEL | MAGAZIN 350.000 beschriebene Arten umfasst die Tiergruppe, zu der die beiden Rätseltiere gehören. In terrestrischen und limnischen Lebensräumen findet man sie allenthalben und oft in ho- hen Populationsdichten. Unter ihnen sind Zwergformen, die nur Bruchteile eines Millimeters lang sind, aber auch solche, die etwa 20 Zentimeter Länge erreichen. Für eine besonders große Art wählte man den Namen Titanus giganteus. Die umfangreichste zu dieser Tiergruppe gehörende Familie enthält mehr Arten als die rezenten Wirbeltiere und wurde kürzlich in BIUZ vorgestellt. Wie bei einer so hohen Artenzahl und Formenfülle nicht anders zu er- warten, haben Menschen dieser Tier- gruppe gegenüber ganz unterschied- liche Gefühle entwickelt. Albrecht Dürer stellte eine besonders impo- sante Art in einem bekannten Ge- mälde dar. Biologen gaben dieser das Epitheton „cervus“, also den Gat- tungsnamen eines Säugers. Millionen Menschen in unserem Sprachraum se- hen in einer anderen Gattung einen Glücksbringer und tragen das Abbild als Amulett und an Ringen oder ver- zehren auch die Schokoladennachbil- dung. Manche Formen dieser Familie, der Coccinellidae, spielen eine wich- tige Rolle in der biologischen Schäd- lingsbekämpfung. Sowohl die Larven als auch die Imagines leben von Blatt- läusen. Unter den Curculionidae ist Sitophilus granarius wohl der wich- tigste Schädling in Getreidelagern. Wiederum andere Formen dieser Tiergruppe – die Silphidae – haben sich auf den Verzehr von Fäkalien und Leichen spezialisiert und spielen eine wichtige Rolle in biogeochemi- schen Zyklen. In Australien hat man viel Zeit investieren müssen, um For- men zu finden, die sich am Abbau des Kots der importierten Schafe und Rinder beteiligten, und bei uns hat man etlichen Silphidae den Namen „Totengräber“ gegeben. FÜR UNSERE RÄTSELFREUNDE | Vergöttert und verteufelt Schon Kinder kennen mehrere Arten aus dieser großen Tiergruppe. Sie nennen bestimmte Arten nach den Monaten, in denen sie bevorzugt auf- treten, das sind Mai, Juni und Juli. Hier werden jedoch zwei Arten gesucht, zu denen die Einstellung zeitweise extrem war: die eine wurde vergöttert, die andere verteufelt. Zunächst zur ersten: In einer al- ten Kultur, deren Reste auch heute noch von Millionen besucht und be- wundert werden, hat man zahlreiche Tiere als Götter verehrt, zum Beispiel Krokodile, Katzen und Ibisse. Später versah man sie mit menschlicher Ge- stalt, so entstanden der falkenköpfige Horus und der schakalköpfige Anu- bis. In diesem Kulturkreis gab es auch den Gott Chepre, der unser Rät- seltier auf dem Haupt trug (Abb. a). In ihm verkörperte sich die Vorstel- lung von der Urzeugung. Wer heute das Land bereist, welches die beein- druckendsten Bauwerke aus jener versunkenen Kultur beherbergt, wird unser Rätseltier als Nachbildung überall angeboten bekommen, „garantiert echt“, in der Tat jedoch in modernen Betrieben als Massenware für Touristen hergestellt. Frage 1: Wie heißen das Land und das Tier? Dann zum zweiten Rätseltier, dem verteufelten: Dabei handelte es sich zunächst um einen Endemiten einer Region in Nordamerika, der an eini- gen Nachtschattengewächsen lebte. Dann kam er jedoch mit der aus Südamerika stammenden Kartoffel zusammen und wurde zum Groß- schädling. Er erreichte bald auch Europa, und in Deutschland richtete man gegen ihn einen „Abwehrdienst“ ein. Im zweiten Weltkrieg soll er im Feindesland ausgebracht worden sein, und in der DDR machte man mit seinem Streifenmuster Politik ge- gen „stars and stripes“ (Abb. b). Frage 2: Wie heißt der Staat, aus dem das Rätseltier kommt, wie das Tier? Volker Storch, Heidelberg Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 7. März 2005 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit”, Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Verlost wird dreimal ... In Heft 6/2004 suchten wir: Frage 1: Dattelpalme (Phoenix dactylifera) Frage 2: Arecaceae Gewonnen haben Dr. Hans Volker Neidhart, Sarstedt Mirjam Bleiker, Dottikon Norbert Koch, Göllheim Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ABB. a) In einer alten Kultur wurde das erste Rätseltier vergöt- tert... und b) viele Jahre später das zweite als Schäd- ling verteufelt. a) b)

Rätsel: Biologie in unserer Zeit 1/2005

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Nr. 1 | 35. Jahrgang 2005 | Biol. Unserer Zeit | 61

R Ä T S E L | M AG A Z I N

350.000 beschriebene Arten umfasstdie Tiergruppe, zu der die beidenRätseltiere gehören. In terrestrischenund limnischen Lebensräumen findetman sie allenthalben und oft in ho-hen Populationsdichten. Unter ihnensind Zwergformen, die nur Bruchteileeines Millimeters lang sind, aber auchsolche, die etwa 20 Zentimeter Längeerreichen. Für eine besonders großeArt wählte man den Namen Titanusgiganteus. Die umfangreichste zudieser Tiergruppe gehörende Familieenthält mehr Arten als die rezentenWirbeltiere und wurde kürzlich inBIUZ vorgestellt.

Wie bei einer so hohen Artenzahlund Formenfülle nicht anders zu er-warten, haben Menschen dieser Tier-gruppe gegenüber ganz unterschied-liche Gefühle entwickelt. AlbrechtDürer stellte eine besonders impo-sante Art in einem bekannten Ge-mälde dar. Biologen gaben dieser dasEpitheton „cervus“, also den Gat-tungsnamen eines Säugers. MillionenMenschen in unserem Sprachraum se-hen in einer anderen Gattung einenGlücksbringer und tragen das Abbildals Amulett und an Ringen oder ver-zehren auch die Schokoladennachbil-dung. Manche Formen dieser Familie,der Coccinellidae, spielen eine wich-tige Rolle in der biologischen Schäd-lingsbekämpfung. Sowohl die Larvenals auch die Imagines leben von Blatt-läusen. Unter den Curculionidae ist Sitophilus granarius wohl der wich-tigste Schädling in Getreidelagern.Wiederum andere Formen dieserTiergruppe – die Silphidae – habensich auf den Verzehr von Fäkalienund Leichen spezialisiert und spieleneine wichtige Rolle in biogeochemi-schen Zyklen. In Australien hat manviel Zeit investieren müssen, um For-men zu finden, die sich am Abbaudes Kots der importierten Schafe undRinder beteiligten, und bei uns hatman etlichen Silphidae den Namen„Totengräber“ gegeben.

F Ü R U N S E R E R ÄT S E L F R EU N D E |Vergöttert und verteufelt

Schon Kinder kennen mehrere Artenaus dieser großen Tiergruppe. Sienennen bestimmte Arten nach denMonaten, in denen sie bevorzugt auf-treten, das sind Mai, Juni und Juli.

Hier werden jedoch zwei Artengesucht, zu denen die Einstellungzeitweise extrem war: die eine wurdevergöttert, die andere verteufelt.

Zunächst zur ersten: In einer al-ten Kultur, deren Reste auch heutenoch von Millionen besucht und be-wundert werden, hat man zahlreicheTiere als Götter verehrt, zum BeispielKrokodile, Katzen und Ibisse. Späterversah man sie mit menschlicher Ge-stalt, so entstanden der falkenköpfigeHorus und der schakalköpfige Anu-bis. In diesem Kulturkreis gab esauch den Gott Chepre, der unser Rät-seltier auf dem Haupt trug (Abb. a).In ihm verkörperte sich die Vorstel-lung von der Urzeugung. Wer heutedas Land bereist, welches die beein-druckendsten Bauwerke aus jenerversunkenen Kultur beherbergt, wirdunser Rätseltier als Nachbildungüberall angeboten bekommen, „garantiert echt“, in der Tat jedoch inmodernen Betrieben als Massenwarefür Touristen hergestellt.

Frage 1: Wie heißen das Landund das Tier?

Dann zum zweiten Rätseltier, demverteufelten: Dabei handelte es sichzunächst um einen Endemiten einerRegion in Nordamerika, der an eini-gen Nachtschattengewächsen lebte.Dann kam er jedoch mit der ausSüdamerika stammenden Kartoffelzusammen und wurde zum Groß-schädling. Er erreichte bald auch Europa, und in Deutschland richteteman gegen ihn einen „Abwehrdienst“ein. Im zweiten Weltkrieg soll er imFeindesland ausgebracht wordensein, und in der DDR machte manmit seinem Streifenmuster Politik ge-gen „stars and stripes“ (Abb. b).

Frage 2: Wie heißt der Staat, ausdem das Rätseltier kommt, wie dasTier?

Volker Storch, Heidelberg

Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 7. März2005 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit”,Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Verlost wird dreimal ...

In Heft 6/2004 suchten wir:Frage 1: Dattelpalme (Phoenix dactylifera)Frage 2: Arecaceae

Gewonnen haben• Dr. Hans Volker Neidhart, Sarstedt• Mirjam Bleiker, Dottikon• Norbert Koch, Göllheim

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

A B B . a) In eineralten Kulturwurde das ersteRätseltier vergöt-tert... und b) vieleJahre später daszweite als Schäd-ling verteufelt.

a) b)