Räumliche Wachstumstheorien

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Implikationen für Konvergenz und Divergenz

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  • I

    I. Inhaltsverzeichnis

    II. Abbildungsverzeichnis ................................................................................................ 2

    III. Abkrzungsverzeichnis ................................................................................................ 2

    1. Einleitung .................................................................................................................... 1

    2. Definition der Begriffe Konvergenz und Divergenz ................................................... 1

    3. Die Neoklassische Theorie .......................................................................................... 2

    3.1. Das Solow-Swan-Modell ..................................................................................... 3

    3.1.1. Implikationen fr Konvergenz und Divergenz ............................................ 5

    4. Endogene Wachstumstheorien .................................................................................. 10

    4.1. Das AK-Modell. ................................................................................................ 10

    4.1.1. Implikationen fr Konvergenz und Divergenz .......................................... 11

    4.2. Das multisektorale Schumpeter-Modell nach Aghion & Howitt....................... 11

    4.2.1. Implikationen fr Konvergenz und Divergenz .......................................... 13

    5. Die Polarisationstheorien .......................................................................................... 14

    5.1. Das Modell der regionalen Polarisation (Myrdal) ................................................. 15

    5.1.1. Implikationen fr Konvergenz und Divergenz .......................................... 15

    6. Empirische Befunde .................................................................................................. 16

    7. Fazit ........................................................................................................................... 18

    IV. Literaturverzeichnis .................................................................................................. 20

  • II

    II. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Absolute Konvergenz im Solow-Swan-Modell ............................................. 7 Abbildung 2: Bedingte Konvergenz im Solow-Swan-Modell ............................................. 8

    III. Abkrzungsverzeichnis BIP Bruttoinlandsprodukt

    bzw. beziehungsweise

    PF Produktionsfunktion

    PKE Pro-Kopf-Einkommen

  • 1

    1. Einleitung Bis zum Ende der achtziger Jahre wurde die (rumliche) Wachstumstheorie durch die neoklassische Theorie beherrscht, die auf Tinbergen (1942) zurckgeht und von Solow (1956) mageblich weiterentwickelt wurde. Erst Mitte der achtziger Jahre wurde das Forschungsgebiet der Wachstumstheorie durch neue Anstze widerbelebt. Der Grund hierfr lag zum einen darin, dass die Aussagen der Neoklassik nicht mehr mit den fortgeschrittenen empirischen Beobachtungen vereinbar waren. Zum anderen wurde die Diskussion um die Konvergenz- bzw. Divergenz zwischen den Wachstumsraten von konomien immer prominenter und somit wuchs auch der Bedarf an neuen Anstzen zur Erklrung des Konvergenz- bzw. Divergenzphnomens.

    Die vorliegende Arbeit gibt eine bersicht ber die einflussreichsten rumlichen Wachstumstheorien und analysiert deren Implikationen in Bezug auf die Konvergenz und Divergenz.

    In Kapitel 2 werden zunchst die Begriffe Konvergenz und Divergenz definiert und verschiedene Konzepte abgegrenzt. In jedem der folgenden Kapitel wird zunchst ein grundlegendes, fr die entsprechende Theorie reprsentatives Modell beschrieben und danach die Implikationen fr Konvergenz und Divergenz aufgezeigt.

    Das dritte Kapitel gibt einen Einblick in die neoklassische Theorie und das Solow-Swan-Modell. Kapitel 4 widmet sich den endogenen Wachstumstheorien, mit Fokus auf das AK-Modelll und das Schumpeter-Modell nach Aghion und Howett. Das fnfte Kapitel greift den Ansatz der Polarisationstheorien auf.

    Abschlieend werden im sechsten Kapitel wichtige empirische Beobachtungen zur Konvergenz und Divergenz zusammengefasst.

    2. Definition der Begriffe Konvergenz und Divergenz In der rumlichen Wachstumstheorie lsst sich die Konvergenz nicht eindeutig definieren. Vielmehr gibt es mehrere Konzepte, die versuchen ein einheitliches Phnomen zu beschreiben. Dieses Phnomen lsst sich als Aufholprozess oder Catch-up-Phnomen bezeichnen. Eine erste Definition der Konvergenz wurde durch Aleksander Gerschenkron (1952) und Moses Abramovitz (1986) vorgenommen, die schon frh die Hypothese aufstellten, dass unter bestimmten Umstnden weniger

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    entwickelte konomien schneller wachsen als reiche konomien und somit die Einkommenslcke zwischen den beiden konomien im Zeitverlauf geschlossen wird.1

    Die in der Literatur prominenteste Unterscheidung verschiedener Konvergenzkonzepte wird durch Barro und Sala-i-Martin (2004) vorgenommen. Die beiden Wissenschaftler unterscheiden zunchst zwischen der sogenannten -Konvergenz und -Konvergenz, wobei sich die -Konvergenz wiederum in zwei verschiedene Konzepte, die absolute Konvergenz und die bedingte Konvergenz, unterteilen lsst.

    Die absolute Konvergenz beschreibt den Fall, dass bei identischen Wachstumsparametern, d.h. bei identischen Gleichgewichtszustnden, rmere2 konomien hhere Pro-Kopf-Wachstumsraten erreichen als reichere konomien.3

    Das Konzept der bedingten Konvergenz lsst die unrealistische Annahme fallen, dass alle konomien dieselben Wachstumsparameter besitzen. Vielmehr wird angenommen, dass jede konomie einen individuellen Gleichgewichtszustand aufweist. Es liegt also in dem Fall Konvergenz vor, in dem eine konomie schneller wchst, je weiter sie von ihrem individuellen Gleichgewichtszustand entfernt ist.4

    Ein weiteres Konzept stellt die -Konvergenz dar. Konvergenz im Sinne der -Konvergenz liegt vor, wenn die Streuung der Pro-Kopf-Einkommen, gemessen durch die Standardabweichung oder Varianz, verschiedener konomien im Zeitablauf geringer wird5

    3. Die Neoklassische Theorie Die neoklassische Wachstumstheorie geht auf die Arbeiten von Solow (1956) und Swan (1956)6 zurck und versucht die Frage zu beantworten, welche Bestimmungsfaktoren mageblichen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum haben. Wirtschaftliches Wachstum wird in der neoklassischen Theorie in Abhngigkeit von der Entwicklung des Produktionspotentials betrachtet, welches wiederum abhngig vom Stand des technologischen Wissens, der Arbeitskrfte und des Kapitals ist.7

    1 vgl. Jones (2002), S. 63

    2 Der Reichtum der jeweiligen konomie wird hierbei anhand der Kapitalintensitten

    gemessen. 3 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 45, Aghion & Howitt (2009), S. 56

    4 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 47, Aghion & Howitt (2009), S. 56

    5 vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 146-147

    6 Weitere einflussreiche Arbeiten sind u.a. die Beitrge von Meade (1961) und Phelps (1961).

    7 vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 27-28

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    3.1. Das Solow-Swan-Modell

    Grundlegende Bausteine des Modells sind die nachfolgend beschriebene neoklassische Produktionsfunktion, die Annahme marktrumender Gleichgewichte fr alle Teilmrkte8, eine konstante Spar- bzw. Investitionsquote, Bevlkerungswachstumsrate und Abschreibungsrate sowie die Immobilitt der Produktionsfaktoren.9

    Die Produktionsfunktion (PF). Der neoklassischen Theorie liegt eine gesamtwirtschaftliche PF zugrunde, in der die substituierbaren Produktionsfaktoren Arbeit (L) und Kapital (K) zur Erstellung des Produktionsergebnisses (Y) eingesetzt werden. Zudem wird ein exogen vorgegebener, konstanter Stand des technologischen Wissens (A) impliziert, durch den die Produktivitt der eingesetzten Faktoren erhht werden kann.10 11

    Formal kann die PF als Y = F(A, K, L) dargestellt werden.12 Die PF ist neoklassisch, wenn sie die folgenden vier grundlegenden Eigenschaften erfllt:

    1. Die PF ist hinsichtlich ihrer Argumente stetig differenzierbar.13 2. Die Funktion F(.) ist homogen vom Grade Eins und weist somit konstante

    Skalenertrge auf. 3. Die Produktionsfaktoren L und K weisen positive aber abnehmende

    Grenzertrge auf, es gilt: und . 4. Die PF erfllt die Inada-Bedingung (nach Inada (1963)).14

    Aufgrund der linearen Homogenitt der PF lsst sich diese zu der sogenannten

    Arbeitsproduktivittsfunktion umformen. Es gilt: , sodass folgt: Hierbei stellt y das Produktionsergebnis pro eingesetzter Arbeitseinheit dar.15

    8 Die Annahme marktrumender Gleichgewichte fr alle Teilmrkte beinhaltet: 1. Alle

    produzierten Gter werden verkauft, 2. Alle vorhandenen Kapitalgter werden eingesetzt, 3. Alle verfgbaren Arbeitskrfte werden beschftigt. (Vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 38) 9 vgl. Meyer, Mller-Siebers & Strbele (1998), S. 56

    10 vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 28

    11 vgl hierzu auch Stern (1991), S. 125: Bei der Gre A handelt es sich um ein Residuum,

    das sich aus der Differenz zwischen der tatschlichen Wachstumsrate des gesamtwirtschaftlichen Einkommens und den Wachstumsbeitrgen der Faktoren Kapital und Arbeit ergibt. Neben technischen Innovationen werden hier also auch institutionelle und sozio-kulturelle Rahmenbedingungen betrachtet. 12

    vgl. Solow (1956), S. 66 13

    vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 29 14

    vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 27 15

    vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 29. Arbeitseinheit lsst sich hier sowohl als eine Arbeitskraft (pro-Kopf Betrachtung) als auch als Arbeitsstunden definieren.

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    Gem der Arbeitsproduktivittsfunktion ist die Arbeitsproduktivitt also vom

    eingesetzten Kapital pro Arbeitseinheit abhngig, was auch als Kapitalintensitt (k) beschrieben werden kann.16 Alle zeitlichen Ablufe des Modells knnen anhand dieser Variablen festgemacht werden.

    Die Kapitalakkumulationsfunktion.

    Das Wachstum des Kapitalstocks ( 17 entspricht in einer geschlossenen konomie den Nettoinvestitionen und ergibt sich aus der Differenz der Bruttoinvestitionen (I) und den Abschreibungen auf den Kapitalbestand, wobei die Abschreibungsrate ( und die Sparquote (s)18 exogen und konstant sind. Fr die Kapitalakkumulationsfunktion gilt folglich .19 Nach weiteren Umformungen ergibt sich die fundamentale Anpassungsgleichung des

    Solow-Swan-Models, die nicht-linear und ausschlielich abhngig von k ist: .20 stellt hierbei die Vernderung der gesamtwirtschaftlichen Kapitalintensitt und n die konstant vorgegebene Wachstumsrate der Bevlkerung dar.21

    Das langfristige Gleichgewicht. Aufgrund der abnehmenden Kapitalertrge existiert ein langfristiges, stabiles Gleichgewicht (Steady-State22), in dem keine Vernderung der gesamtwirtschaftlichen Kapitalintensitt beobachtet wird ( . Im Gleichgewicht gilt folglich: . Die gleichgewichtige Kapitalintensitt wird erreicht, wenn die aus dem Einkommen gebildeten Ersparnisse pro Person gerade ausreichen, die Kapitalintensitt trotz steigender Bevlkerung und Abschreibungen

    konstant zu halten ( ). Aufgrund der konstanten Kapitalintensitt wird gleichzeitig ein gleichgewichtiges Pro-Kopf-Einkommen (PKE)23 y* in Hhe von erreicht. Die Konstanz der Pro-Kopf-Variablen bedeutet, dass das Niveau des Outputs und des Kapitalstocks im Steady-State mit der Rate des exogen

    16 vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 29

    17 Nachfolgend entspricht die Darstellung einer Variable in Punkt-Notierung der Ableitung

    dieser Variablen nach der Zeit, z.B. . 18

    Im Solow-Modell wird von einer geschlossenen konomie ausgegangen, sodass die Ersparnisse den Investitionen entsprechen. Die Investitionen werden daher ausschlielich zur Kapitalakkumulation verwendet. (Vgl. Jones (2002), S. 24) 19

    vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 25-26 20

    vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 30. 21

    In diesem Falle ist Bevlkerung mit Arbeitskrftebestand gleichzusetzen. 22

    Steady-State heit ein Zustand, in dem alle Variablen sich mit einer konstanten, nicht notwendigerweise auch identischen Wachstumsrate verndern. (Meyer, Mller-Siebers & Strbele (1998), S. 40) 23

    Es wird im Folgenden der Pro-Kopf-Begriff verwendet, der aber in Bezug auf physische Arbeitsmengeneinheiten interpretiert werden muss.

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    vorgegebenen Bevlkerungswachstums (n) wchst. Punktuelle Vernderungen der Produktionsfunktion, der Sparquote, der Abschreibungsrate oder des Bevlkerungswachstums haben im Gleichgewicht demnach nur einen Einfluss auf das Niveau des Pro-Kopf-Outputs und -Kapitalbestands, nicht aber auf die entsprechenden Wachstumsraten.24 Ist der Gleichgewichtspunkt erreicht, lsst sich folglich mittels dieses Grundmodells ein langfristiger Anstieg des PKEs nicht erklren.25

    Die einzige Gre, deren Ausweitung theoretisch keine Grenzen gesetzt sind und die somit auch langfristig einen Einfluss auf das PKE einer konomie hat, ist das technische Wissen. Technologischer Fortschritt hat also die Eigenschaft, den einschrnkenden Effekt der sinkenden Grenzertrge immer wieder aufzuheben. Um das langfristige PKE zu erhhen, sollte das Wachstum folglich nicht von physischer Kapitalakkumulation, sondern von technologischem Fortschritt getrieben sein.26 Um dieser Tatsache gerecht zu werden, wurde das grundlegende Modell zum Solow-Swan-Modell mit arbeitsvermehrendem technologischen Fortschritt weiterentwickelt.27 Dieses Modell wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit allerdings nicht betrachtet.

    Trotz der Weiterentwicklung des neoklassischen Modells kann die treibende Kraft des langfristigen Wachstums, der technologische Fortschritt, allerdings nicht modellendogen erklrt werden, sondern bleibt ein exogen vorgegebener Faktor. Dieses stellt einen wesentlichen Kritikpunkt des neoklassischen Modells dar.28

    3.1.1. Implikationen fr Konvergenz und Divergenz Vorrausetzung fr die Betrachtung der Implikationen der neoklassischen Theorie fr Konvergenz und Divergenz ist die vorherige Analyse der bergangsdynamiken des Modells. Diese beschreiben, wie die konomie sich dem im vorherigen Kapitel beschriebenen langfristigen Steady-State annhert. Die Wachstumsrate der

    Kapitalintensitt ( ) ist hierbei gegeben durch: . Sie wird folglich als Differenz zwischen den Bruttoinvestitionen pro eine Einheit Kapital und der Abschreibungsrate der Kapitalintensitt definiert. bersteigen die Investitionen die Abschreibungsrate wchst die Kapitalintensitt (k). Mit der

    Annherung von k an den Gleichgewichtspunkt k*, sinkt die Wachstumsrate und

    24 vgl. Meyer, Mller-Siebers & Strbele (1998), S. 61

    25 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 37

    26 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 38-39

    27 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 54

    28 vgl. Aghion & Howitt (2009), S. 13

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    nhert sich Null an. Die konomie konvergiert folglich in Richtung ihres Steady-State-Zustands, in dem die Kapitalintensitt und der Pro-Kopf-Output konstant sind.

    Dies lsst sich durch die zuvor beschriebenen sinkenden Kapitalertrge erklren. Die Fundamentalgleichung des Modells impliziert, dass die Ableitung der Wachstumsrate

    der Kapitalintensitt nach der Kapitalintensitt negativ ist, d.h. [ ] . Sind alle anderen Parameter konstant bedeutet dies, dass niedrigere

    Kapitalintensitten (k) mit hheren Wachstumsraten ( ) einhergehen.29 Befindet sich die konomie also unterhalb ihres Steady-State Zustands (k(0) < k*), ist die Kapitalintensitt k vergleichsweise gering und somit das durchschnittliche

    Produkt des Kapitals vergleichsweise hoch. Per Definition sparen und investieren Haushalte einen bestimmten Anteil dieses Produkts, sodass bei einer geringen

    Kapitalintensitt k die Bruttoinvestition pro eine Einheit Kapital vergleichsweise hoch ist. Gleichzeitig wird ein Teil der Kapitalintensitt mit der

    konstanten Rate abgeschrieben. Demnach ist die Wachstumsrate anfnglich vergleichsweise hoch und sinkt im Zeitablauf. Befindet sich die konomie oberhalb des Gleichgewichtszustands (k(0) > k*) ist die Wachstumsrate der Kapitalintensitt negativ und steigend und die Kapitalintensitt sinkt im Zeitablauf, sodass sie in

    Richtung k* > 0 konvergiert. 30

    Die Wachstumsrate des Pro-Kopf-Outputs bzw. -Einkommens ist definiert als [ ] , wobei der Ausdruck in den Klammern als Kapitalanteil31 bezeichnet werden kann. Wird die Produktionsfunktion durch eine

    Cobb-Douglas-Funktion32 beschrieben, entspricht der Kapitalanteil einer Konstanten und ist der Anteil von . Das heit, dass sich die Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens identisch zur Wachstumsrate der Kapitalintensitt verhlt.33

    Absolute Konvergenz. Dies lsst die Interpretation zu, dass, gemessen am PKE, konomien mit einer anfnglich niedrigeren Kapitalintensitt schneller wachsen als konomien mit einer anfnglich hheren Kapitalintensitt und dass fr jeden anfnglichen Wert k(0)>0 die

    29 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 44

    30 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 38-39

    31Der Kapitalanteil ist in diesem Fall definiert als der Anteil des Einkommens, der durch Zinseinnahmen generiert wird. 32

    vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 29. mit , bzw. 33

    vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 39-40

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    konomie in Richtung des Steady-State-Zustands k*>0 konvergiert. Dies entspricht der Definition der absoluten Konvergenz.34

    Um diese These zu verifizieren, ist es sinnvoll zwei konomien zu betrachten, die sich hinsichtlich ihrer Sparquote, der Rate des Bevlkerungswachstums, der Abschreibungsrate und der Produktionsfunktion gleichen. Das heit es werden zwei konomien betrachtet, die den gleichen Gleichgewichtszustand k* und y* besitzen und sich ausschlielich in der anfnglichen Hhe ihrer Kapitalintensitt unterscheiden. Die Kapitalintensitt der konomie mit dem geringeren Anfangswert wird als bezeichnet, die der anderen konomie als . Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht diesen Ausgangspunkt.

    Abbildung 1: Absolute Konvergenz im Solow-Swan-Modell35

    Da beide konomien die gleichen Wachstumsparameter aufweisen, wird der Anpassungsverlauf von k durch die gleichen Kurven und bestimmt. Folglich ist die Wachstumsrate in der konomie hher, die den niedrigeren anfnglichen pro Kopf Kapitalbestand aufweist. Dieses Ergebnis zeigt, dass das Solow-Swan-Modell absolute Konvergenz impliziert. konomien mit geringeren anfnglichen Kapitalintensitten, das heit rmere Lnder, erreichen hhere Wachstumsraten als reichere Lnder. Bezglich des Pro-Kopf-Einkommens erfolgt also ein Aufholprozess.36

    Die Annahme von identischen Wachstumsparametern scheint in Bezug auf industrialisierte Lnder zunchst sinnvoll und die Voraussage von Konvergenz somit eindeutig. Die gleiche Argumentation fhrt aber bei einer Betrachtung aller Lnder der Welt zu dem Schluss, dass keine Konvergenz vorliegt, da nicht anzunehmen ist,

    34 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 38-39, 44

    35 Entnommen aus: Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 38

    36 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 44-45

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    dass alle Lnder die gleichen Wachstumsparameter und Gleichgewichtszustnde besitzen und somit auch nicht erwartet wird, dass sie in Richtung eines identischen Gleichgewichtspunktes wachsen.37 Dies fhrt zum Konzept der bedingten Konvergenz.

    Bedingte Konvergenz. Das Konzept der bedingten Konvergenz lsst sich im Solow-Swan-Modell an Hand von zwei konomien verdeutlichen, die sich hinsichtlich ihrer anfnglichen Kapitalintensitten < ) und ihrer Sparquoten < unterscheiden. Demzufolge gilt auch, dass < . Wie in Abbildung 2 dargestellt kann in diesem Fall also aufgrund der hheren Sparquote das reichere Land weiter von seinem Steady-State-Zustand entfernt sein und somit eine hhere

    Wachstumsrate aufweisen, als das rmere Land. Dies lsst sich dadurch begrnden, dass die geringere Sparquote der rmeren konomie den hheren durchschnittlichen Kapitalertrag ausgleicht, was zu einer vergleichsweise geringeren Wachstumsrate

    fhrt.38

    Abbildung 2: Bedingte Konvergenz im Solow-Swan-Modell39

    Das neoklassische Modell sagt also im Fall unterschiedlicher Wachstumsparameter vorher, dass jede konomie in Richtung ihres eigenen Gleichgewichtszustandes konvergiert und dass sich die Geschwindigkeit der Konvergenz umgekehrt proportional zur Entfernung vom Gleichgewichtszustand verhlt.40

    Konvergenz und Divergenz durch Faktorwanderung. Die vorangegangene Analyse konzentriert sich ausschlielich auf den Wachstumsprozess innerhalb einer konomie. Im Rahmen der Neoklassik lsst sich

    37 vgl. Jones (2002), S. 69

    38 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 47-48

    39 Entnommen aus: Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 48

    40 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 48

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    aber auch die Interaktion mehrerer konomien miteinander analysieren. Im Folgenden wird dies an Hand der Produktionsfaktoren Arbeit (L) und Kapital (K) dargestellt.41

    Aufgrund der in Kapitel 3.1. aufgefhrten Annahmen werden beide Produktionsfaktoren nach dem Wert ihres Grenzproduktes entschdigt, das heit im Falle der Arbeit nach dem Lohnsatz und im Fall des Kapitals nach dem Zinssatz. Da alle Wirtschaftssubjekte das Ziel der Nutzenmaximierung verfolgen, werden Arbeit und Kapital immer dort verwendet, wo der hchste Lohnsatz oder Kapitalzins geboten wird. Zustzlich wird nun unterstellt, dass die Produktionsfaktoren zwischen den Regionen bzw. konomien vollkommen mobil sind, d.h. dass keine Transportkosten anfallen.42 43

    Um die Auswirkung dieser (vernderten) Annahmen auf den Wachstumsprozess der konomien zu analysieren, werden im Folgenden zwei konomien betrachtet, die die gleiche Produktionstechnologie verwenden, die eine konomie (Region 1) aber kapitalintensiver produziert als die Andere. Aufgrund des hheren Kapitaleinsatzes ist das Grenzprodukt des Kapitals in Region 1 niedriger und das der Arbeit hher. Daraus folgt, dass der Kapitalzins der Region 1 unter dem der Region 2 liegt, der Lohnsatz darber. Damit ist nun fr die Arbeitskrfte ein Anreiz gegeben, von Region 2 zu Region 1 zu wandern, fr das Kapital fhrt der Anreiz zu einer entgegengesetzten Wanderungsbewegung.44

    Beide Wanderungsbewegungen fhren zu einer Verschiebung der Einsatzverhltnisse von Kapital und Arbeit in den beiden Regionen. Die Produktion der Region 1 wird weniger arbeitsintensiv, da hier Kapital ab- und Arbeit zuwandert, die der Region 2 mehr, da hier Arbeit ab- und Kapital zuwandert. Die Kapitalintensitten der beiden Regionen gleichen sich solange aus, bis keine Unterschiede in Lohnhhe und Kapitalzins mehr zwischen den Regionen bestehen. Die uneingeschrnkte Mobilitt der Produktionsfaktoren fhrt also zu einem Ausgleich von Lohn- und Zinsunterschieden, welcher den oben beschriebenen Ausgleich durch Kapitalakkumulation verstrkt. Das Kapitalwachstum in relativ arbeitsintensiveren Regionen oder konomien wird beschleunigt und in kapitalintensivieren konomien gebremst, sodass sich die PKE der konomien annhern. Es liegt Konvergenz vor.45

    41 Eine weitere mglich Betrachtung ist die des Gtermarktes bzw. des internationalen/

    interregionalen Handel, welche hier aber auen vor gelassen wird. 42

    Diese Annahme ist aufgrund ihrer starken Vereinfachung der Realitt Ansatzpunkt vieler Kritiken. (siehe hierzu z.B. Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 71-74). 43

    vgl. Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 62 44

    vgl. Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 63 45

    vgl. Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 63, 65

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    4. Endogene Wachstumstheorien Aus den Erklrungsdefiziten der neoklassischen Wachstumstheorie erwuchsen die sogenannten endogenen Wachstumstheorien. Obwohl diese neue wachstumstheoretische Ausrichtung sehr heterogen ist, weisen alle Anstze ein

    gemeinsames Ziel auf: die Erklrung dauerhaften Wachstums des PKEs nicht durch den Rckgriff auf exogene Parameter sondern aus dem Modell heraus (endogen46).47

    Innerhalb der Theorierichtung lassen sich zwei wesentliche Strmungen unterscheiden. Die erste Modellklasse begrndet dauerhaftes Wachstum bei konstantem Technologieparameter durch die Nicht-Existenz von abnehmenden Grenzertrgen. Die zweite Modellklasse endogenisiert den technologischen Fortschritt.48

    Reprsentativ fr die erste Modellklasse wird im Folgenden das AK-Modell und fr die zweite Modellklasse das multisektorale Schumpeter-Modell nach Aghion & Howitt beschrieben.

    4.1. Das AK-Modell.

    Das AK-Modell49 verwendet eine Produktionsfunktion, die bezglich des Kapitalstocks linear homogen ist und somit keine abnehmenden sondern konstante Grenzertrge der Kapitalakkumulation aufweist. Das Produktionsergebnis (Y) wird ausschlielich durch den Einsatz von Kapital (K) erklrt, sodass , wobei A ein konstanter Effizienzparameter ist. Als Kapital werden hierbei alle Produktionsfaktoren akkumuliert betrachtet, u.a. Sach- und Humankapital. Im Gegensatz zum Solow-Modell ist ungelernte Arbeit kein relevanter Produktionsfaktor mehr.50 Das Durchschnittsprodukt des Kapitals (DPK) stimmt mit dem Grenzprodukt des Kapitals (GPK) berein und ist im Fall A>0 ebenfalls konstant: .51 Das PKE ist definiert als . Die Fundamentalgleichung ist hnlich definiert wie im Solow-Modell und hat die folgende Form: . Die Wachstumsrate der Kapitalintensitt ( ) ist demnach definiert als und ist somit konstant und unabhngig von der Kapitalintensitt (k).

    46 Pfade fr die Entwicklung konomischer Gren heien endogen, wenn sie durch die

    Produktions- und Prferenzparameter einer Volkswirtschaft beeinflusst werden knnen. (Meyer, Mller-Siebers & Strbele (1998), S. 134) 47

    vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 176 48

    vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 176 49

    Dieser Ansatz wird mageblich durch Rebelo (1991) beeinflusst. 50

    vgl. Aghion & Howitt (2009), S. 13 und Frenkel & Hemmer (1999), S. 182 51

    vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 181

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    Aufgrund der Linearitt der Produktionsfunktion ergibt sich auerdem die identische

    Wachstumsrate fr das PKE . Die Wachstumsrate des PKEs ist also eine steigende Funktion der Investitionsrate. Somit ist die Wachstumsrate der

    Kapitalintensitt im Steady-State nur Null, wenn gilt. Fr ist positiv und gegeben durch . Folglich ist auch die PKE-Wachstumsrate im Steady-State positiv und gegeben durch dieselbe Wachstumsrate . Die Kapitalintensitt nimmt daher in dem Fall, in dem die Ersparnis die Reduktion der Kapitalintensitt durch Abschreibungen und Bevlkerungswachstum bersteigt, kontinuierlich zu und somit setzt sich auch das Wachstum des PKE kontinuierlich fort.52 Damit ist dauerhaftes Wachstum auch ohne technischen Fortschritt mglich.53

    4.1.1. Implikationen fr Konvergenz und Divergenz Aufgrund der konstanten Grenz- und Durchschnittsprodukte des Kapitals weisen die Wachstumsraten keine Konvergenzeigenschaften auf. Das AK-Modell sagt demnach

    weder absolute noch bedingte Konvergenz voraus, das heit, gilt fr alle Niveaus des PKEs.54

    Dies lsst sich wieder an Hand von einer Gruppe von konomien verdeutlichen, dessen Verhaltensparameter s, A, n und identisch sind. Der einzige Unterschied der konomien besteht in ihren anfnglichen Kapitalintensitten k(0) und somit dem anfnglichen PKE y(0). Da das Modell impliziert, dass, unabhngig von den anfnglichen Kapitalintensitten, die Wachstumsrate des PKEs einer jeden konomie gleich ist, ist die Vorhersage, dass alle konomien mit der gleichen Pro-Kopf-Wachstumsrate wachsen und sich somit nicht annhern. Diese Folgerung stellt ein erhebliches Versagen des Modells dar, da die bedingte Konvergenz eine empirische Regularitt zu sein scheint.55

    4.2. Das multisektorale Schumpeter-Modell nach Aghion & Howitt

    In dem hier beschriebenen Modell endogenen Wachstums wird Wachstum durch eine Zufallsfolge von qualittsverbessernden oder vertikalen Innovationen generiert. Das Modell ist nach Joseph Schumpeter benannt, da es den von Schumpeter (1942) begrndeten Prozess der schpferischen Zerstrung verkrpert dies bedeutet dass, die Innovationen, die das Wachstum durch die Schaffung von neuen Technologien

    52 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 64

    53 vgl. Frenkel & Hemmer (1999), S. 184

    54 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 65

    55 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 65., siehe auch Kapitel 6

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    vorantreiben, auch die Ergebnisse vorangegangener Innovationen durch deren berholung zerstren.56

    Die folgenden berlegungen basieren auf dem multisektoralen Schumpeter-Modell, welches mehrere innovative Sektoren betrachtet, und dessen Weiterentwicklung von Aghion & Howitt (2009).57 Das Modell versucht die empirische Beobachtung zu erklren, dass die meisten Lnder in Richtung paralleler Wachstumspfade konvergieren, d.h. identische langfristige Wachstumsraten besitzen, dennoch viele arme Lnder stetig zurckfallen, d.h. divergieren - ein Phnomen, welches auch club convergence genannt wird.58

    Fr die Produktionsfunktion des Endprodukts wird ein Produkt betrachtet, welches

    durch Arbeit (L) und mehrere Zwischenprodukte produziert wird, sodass wobei der Einsatz des Zwischenprodukts i, der Produktivittsparameter und . Das Endprodukt wird bei perfektem Wettbewerb produziert, sodass der Preis jedes Zwischenprodukts dessen Grenzprodukt entspricht ( ). Das Zwischenprodukt wird durch einen Monopolist mit der profitoptimalen Menge und einem korrespondierenden Profit von 59produziert. Die Wahrscheinlichkeit fr den Erfolg einer Innovation innerhalb eines Sektors wird als bezeichnet, wobei sich der erwartete Profit der

    Innovation dann als ergibt.60 stellt die produktivittsangepassten Forschungsausgaben dar und der Wert von n so gewhlt ist,

    dass .61 Ob in einer konomie Forschung betrieben wird ist abhngig von der Kostenfunktion

    der Innovationen . Im Fall ist der Profit der Innovationen in Relation zu den Kosten gro genug, sodass eine positive Innovationsttigkeit

    stattfindet. Im Fall sind die Bedingungen so schlecht, dass nicht innoviert wird.62

    56 vgl. Aghion & Howitt (2009), S. 85

    57 Die nachfolgenden Erluterungen werden bewusst kurz gehalten. Fr nhere Erluterungen

    zu dem grundlegenden multisektoralen Schumpeter-Modell bietet sich Aghion & Howitt (2009), S. 92-96 an. 58

    vgl. Aghion & Howitt (2009), S. 151 59

    60

    Die Wahrscheinlichkeit des Erfolges ist eine steigende Funktion der produktivittsangepassten Forschungsausgaben , wobei die Forschungsausgaben und das Zielproduktivittsniveau darstellt. 61

    vgl. Aghion & Howitt (2009), S. 152-153 62

    vgl. Aghion & Howitt (2009), S. 153-154

  • 13

    In diesem Modell resultiert Wachstum aus Innovationen, die den

    Produktivittsparameter erhhen. Bei erfolgreichen Forschungsanstrengungen wird eine Technologie mit einem Produktivittsniveau von implementiert, welches dem weltweiten Technologiestandard entspricht, der mit einer Rate g wchst, die auerhalb der betrachteten konomie determiniert wird. Der durchschnittliche Produktivittsparameter der konomie entwickelt sich somit zu , das heit, in dem Anteil der Sektoren, die innovieren, entspricht die Produktivitt , im restlichen Anteil gleicht die Produktivitt der der Vorperiode t-1. Die Entfernung der konomie zum weltweiten Technologiestandard wird durch die Gleichung gemessen, wobei sich entsprechend der Gleichung entwickelt. Hieraus ergibt sich die folgende spezifische Gleichgewichtsentfernung (Steady-State) der konomie zum weltweiten Technologiestandard: 63.64

    4.2.1. Implikationen fr Konvergenz und Divergenz Betrachtet man die Aussagekraft des Modells bzgl. des Konvergenz- bzw. Divergenzphnomens, lassen sich zwei grundlegende Ergebnisse unterscheiden.

    Das erste Ergebnis besagt, dass alle konomien, in denen gilt, langfristig im gleichen Tempo wachsen. Alle konomien, die innovieren, konvergieren also in Richtung einer gleichen Wachstumsrate. Der Grund hierfr ist, dass als Folge des Technologietransfers, das durchschnittliche Ausma einer Innovation in der konomie grer ist, die anfnglich weiter vom Technologiestandard entfernt ist. Da die Wachstumsrate der konomie der Hufigkeit mal der Gre der Innovation entspricht, ist die Wachstumsrate der konomie grer, je weiter sie vom weltweiten Technologiestandard entfernt ist. Langfristig gilt , sodass die langfristige Wachstumsrate also der Wachstumsrate des weltweiten

    Technologiestandards entspricht - . Innovierende konomien konvergieren also in Richtung paralleler Wachstumspfade, was allerdings nicht bedeutet, dass auch die Niveaugren der konomien konvergieren. Die Gleichgewichtsentfernungen mehrerer konomien knnen sich unterscheiden, wenn sie unterschiedliche Werte fr die Parameter vorweisen. 65

    63 Die Variable g steht fr das Wachstum des PKE, welche dem Wachstum des

    Produktivittsparamters entspricht. 64

    vgl. Aghion & Howitt (2009), S. 155 65

    vgl. Aghion & Howitt (2009), S. 156-157

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    Das zweite Ergebnis besagt allerdings, dass das Wachstum aller konomien, in denen gilt, langfristig stagniert. Das heit, Lnder mit schlechten makrokonomischen, rechtlichen, finanziellen oder ausbildungstechnischen Bedingungen, innovieren nicht im Equilibrium und profitieren daher nicht vom Technologietransfer sondern werden vielmehr stagnieren. Die Tatsache, dass fr diese

    Lnder gilt, bedeutet, dass ihre Gleichgewichtsentfernung zum weltweiten Technologiestandard Null betrgt.66 Diese beiden Ergebnisse erklren das zuvor beschriebene Phnomen der club convergence.

    5. Die Polarisationstheorien Auch die polarisationstheoretischen Anstze grnden sich auf der Kritik an der neoklassischen Theorie. Hierbei wird vor allem die der Neoklassik inhrente Tendenz zum Gleichgewicht kritisch betrachtet. Denn dieser Ausgleichsfunktion des Marktes steht die Erfahrung gegenber, dass im Wirtschaftsleben prosperierende und stagnierende Bereiche nebeneinander auftreten, [] zwischen denen oft erhebliche Einkommens- und Preisunterschiede bestehen.67

    Obwohl die Polarisationstheorie keine in sich geschlossene Theorie darstellt, haben alle Anstze die Vorstellung von ungleichgewichtigen und divergierenden Entwicklungspfaden gemeinsam. Wachstum und Entwicklung fhren im Gegensatz zur Neoklassik nicht zu einem Ausgleich sondern viel mehr zu einer Verstrkung von Unterschieden. Die wichtigsten Gemeinsamkeiten der Anstze knnen unter den folgenden zwei Punkten zusammengefasst werden:

    Die Produktionsfaktoren werden als heterogen und teilweise als immobil angesehen.

    Die Mrkte sind durch Monopole, Oligopole und Externalitten gekennzeichnet.68

    Innerhalb der Polarisationstheorie wird zwischen zwei Anstzen, der sektoralen und der regionalen Polarisation unterschieden. In der nachfolgenden Betrachtung der Implikationen fr Konvergenz und Divergenz steht die regionale Polarisation im Vordergrund, dessen prominenteste Vertreter Gunnar Myrdal (1957) und Alfred O.

    66 vgl. Aghion & Howitt (2009), S. 157

    67 Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 77

    68 vgl. Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 78-79

  • 15

    Hirschmann (1958) sind.69 Der Ansatz der regionalen Polarisation betrachtet den Wachstumsprozess innerhalb einer rumlichen Einheit, z.B. einer Region oder einer konomie.70

    5.1. Das Modell der regionalen Polarisation (Myrdal) Der Annahme der Existenz von (regionalen) Entwicklungspfaden liegt die berlegung zu Grunde, dass Strukturen und Entscheidungen aus der Vergangenheit eine Auswirkung auf die Gegenwart und Zukunft haben. Die Entwicklungspfade prgen also die Bedingungen fr das gegenwrtige Handeln mit. Dieses wird in Form von positiv und negativ rckgekoppelten, rumlich begrenzten Prozessen dargestellt, die sich selbst verstrken knnen.71

    Der Wachstumsprozess innerhalb einer rumlichen Einheit wird vor allem durch Skalenertrge, externe Effekte und oligopolistische oder monopolistische Strukturen beeinflusst. Durch die genannten Mechanismen verbessern zufllige Wachstumsimpulse die Chancen fr zuknftiges Wachstum oder verschlechtern zufllige Wachstumshemmnisse diese Chancen. Intersektorale Verflechtungen (z.B. Input-Output-Verflechtungen) und Externalitten fhren dazu, dass sich positive sowie negative Entwicklungsimpulse auch auf andere Sektoren der rumlichen Einheit ausbreiten. Eine besondere Bedeutung haben hierbei die Innovationen, die einer Region oder konomie einen erheblichen Entwicklungsvorsprung vor anderen Regionen oder konomien schaffen kann. 72

    5.1.1. Implikationen fr Konvergenz und Divergenz In der neoklassischen Theorie lst eine Abweichung vom Gleichgewichtszustand Prozesse aus, die die abweichende Gre wieder auf ihren Gleichgewichtswert zurckfhren. Dies wird auch als negative Rckkoppelung bezeichnet, da der Rckkoppelungseffekt dem ursprnglichen Impuls entgegenwirkt. Myrdal hingegen argumentiert, dass vielmehr zirkulr verursachte kumulative Prozesse vorliegen, die so auf die Abweichung einwirken, sodass diese verstrkt wird (positive Rckkoppelung). Impulse in positiver oder negativer Richtung kumulieren daher im Laufe der Zeit zu ausgeprgten und stabilen Entwicklungsunterschieden.73 Im Gegensatz zur Neoklassik, die nur die negative Rckkoppelung betrachtet, argumentiert Myrdal aber weiter, dass sich die Effekte nicht gegenseitig ausschlieen, sondern dass positive und

    69 Die folgende Analyse basiert hauptschlich auf den berlegungen von Myrdal.

    70 vgl. Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 78-79

    71 vgl. Bathelt & Glckler (2003), S. 70

    72 vgl. Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 80

    73 vgl. Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 80

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    negative Effekte nebeneinander auftreten.74 Das Verhltnis der negativen und positiven Rckkoppelungseffekte zueinander entscheidet darber, ob sich Wachstumsunterschiede im Zeitverlauf verstrken oder verringern.75

    Im interregionalen oder internationalen Mastab betrachtet bewirken zirkulr verursachte kumulative Prozesse also eine rumliche Differenzierung in wachsende und zurckgebliebenen Regionen oder konomien. Die Interaktion der Regionen miteinander kann in zwei gegenlufigen Effekten zusammengefasst werden:

    Zentrifugale Ausbreitungseffekte fhren zur rumlichen Ausbreitung von Entwicklungsimpulsen, in dem sie einen positiven Ansto in die Nachbarregion tragen und ihn so rumlich ausbreiten. Diese positiven Effekte werden z.B. durch die Ausbreitung technischen Wissens wirksam.

    Zentripetale Entzugseffekte umfassen alle Effekte, durch die sich ein positiver Entwicklungsimpuls negativ auf seine Umgebung auswirkt z.B. durch den Abzug von Produktionsfaktoren.76

    Je nach dem welcher der beiden Effekte berwiegt, kommt es in einem System von Regionen im Zuge des Wachstumsprozesses somit zu einem Ausgleich oder zu zunehmender Polarisierung.77 bertragen auf die Begriffe der Konvergenz und Divergenz hat dies die folgende Bedeutung. berwiegen die zentrifugalen Ausbreitungseffekte entwickeln sich die Regionen oder konomien in die gleiche Richtung und es kommt zu Konvergenz, sofern sich die anfnglich zurckgebliebene konomie schneller entwickelt als die anfnglich reichere konomie. berwiegen die zentripetalen Entzugseffekte, hemmt das Wachstum der einen konomie das Wachstum der anderen konomie und es kommt so zur Divergenz.

    Myrdal geht davon aus, dass die Entzugseffekte dauerhaft strker sind als die Ausbreitungseffekte, sodass eine dauerhafte Tendenz zu ungleichen rumlichen Wachstumsprozessen und somit zu rumlichen Ungleichgewichten besteht.78

    6. Empirische Befunde Die durch die neoklassische Theorie beschriebene Hypothese der absoluten -Konvergenz hlt der empirischen berprfung nicht (durchgngig) stand. Barro und Sala-i-Martin berprfen die Hypothese mittels einer Querschnittsanalyse von 114

    74 vgl. Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 80

    75 vgl. Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 81

    76 vgl. Bathelt & Glckler (2003), S. 71

    77 vgl. Bathelt & Glckler (2003), S. 71 und Maier, Tdtling & Trippl (2006), S. 83-84

    78 vgl. Bathelt & Glckler (2003), S. 71

  • 17

    Lndern im Zeitraum 1960 bis 2000. Hierbei werden die durchschnittlichen jhrlichen Wachstumsraten der Bruttoinlandsprodukte (BIP) der konomien im Vergleich zu ihren anfnglichen BIPs (im Jahr 1960) betrachtet. Die Analyse ergibt, dass die Wachstumsraten positiv mit der anfnglichen Position korreliert sind. Das heit, es besteht eine Tendenz, dass anfnglich reichere Lnder in Bezug auf ihre Pro-Kopf-Gren schneller wachsen, was nicht der absoluten -Konvergenz entspricht.79

    Das Konzept der bedingten -Konvergenz bildet die tatschlichen Wachstumsprozesse besser ab. Bei einer Untersuchung einer homogenen Gruppe von Lndern (18 OECD-Staaten) ab dem Jahr 1961, kann (absolute) Konvergenz festgestellt werden anfnglich rmere Lnder erreichen hier deutlich hhere Wachstumsraten. Dieses Ergebnis kann noch verdeutlicht werden, wenn man die U.S. amerikanischen Staaten als einzelne konomien betrachtet. Im Zeitraum von 1880 bis 2000 kann hier eindeutig Konvergenz beobachtet werden.80

    Evans (1995) besttigt auch mit seiner Studie die Existenz von Konvergenz fr eine groe Gruppe von Lndern mit mittlerem bis hohem Einkommen, zumindest die Konvergenz in Richtung paralleler Wachstumspfade. Viele empirische Studien belegen aber auch die Existenz von Divergenz in den Daten. Pritchett (1997) zeigt, dass die PKE-Unterschiede zwischen einzelnen Lndern im 20. Jahrhundert rapide angestiegen sind.81

    Mayer-Foulkes (2002) beschreibt mit seiner empirischen Studie die Existenz von club convergence. Die Studie untersucht Marktwirtschaften, die nicht hauptschlich Erdl exportieren, im Zeitraum von 1960 bis 1997. Die Lnder werden auf Basis ihrer Vernderungsraten und -niveaus des PKE und der Lebenserwartung der Einwohner in fnf verschiedene Cluster unterteilt. Mayer-Foulkes zeigt, dass die folgenden drei Eigenschaften fr die Cluster gegeben sind. Die Wachstumsraten zwischen Gruppen von Lndern divergieren global. Die Einkommensunterschiede zwischen den Gruppen sind gestiegen, whrend die Einkommensunterschiede innerhalb der Gruppen fast

    gleich geblieben sind. Alle Gruppen zeigen zwischen den Gruppen - und -Divergenz und innerhalb der Gruppen Konvergenz auf.82

    79 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 45

    80 vgl. Barro & Sala-i-Martin (2004), S. 46

    81 vgl. Mayer-Foulkes (2002), S. 1-2

    82 vgl. Mayer-Foulkes (2002), S. 1

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    7. Fazit Die neoklassische Theorie stellt die Grundlage fr die meisten nachfolgenden Wachstumstheorien dar. Der Erfolg geht auf die Simplizitt des Modells zurck. Dennoch weist das Modell ein wesentliches Erklrungsdefizit auf. Die treibende Kraft langfristigen Wachstums, der technologische Fortschritt, wird nicht modellendogen beschrieben, sodass das Modell langfristiges Wachstum nicht erklren kann. In Bezug auf den Annherungsprozess der PKE-Wachstumsraten verschiedener konomien prognostiziert das Modell in Bezug auf konomien mit gleichen Gleichgewichtszustnden absolute Konvergenz und in Bezug auf konomien mit unterschiedlichen Wachstumsparametern bedingte Konvergenz. Diese Voraussage ist auch grundstzlich mit den empirischen Befunden von Barro und Sala-i-Martin vereinbar. Andere empirische Befunde, die Divergenz zwischen konomien aufzeigen, lassen sich durch das Solow-Swan-Modell jedoch nicht erklren.

    Die endogenen Wachstumstheorien greifen die Kritik am neoklassischen Modell auf und versuchen, dauerhaftes Wachstum modellendogen zu erklren. Das AK-Modell ist der erste Ansatz dieser Theorierichtung und lsst sich zusammenfassend als neoklassisches Modell ohne abnehmende Grenzertrge beschreiben. Ein wesentlicher Kritikpunkt des Modells ist die homogene Betrachtung des Kapitalstocks, auf den hier aber nicht nher eingegangen werden soll. Aufgrund der abnehmenden Grenzertrge beschreibt das Modell weder einen Konvergenz- noch einen Divergenzprozess und liefert somit keine berzeugende Erklrung fr Konvergenz. Jede konomie wchst mit einer konstanten Wachstumsrate, es findet weder eine Annherung noch ein Auseinanderdriften der Wachstumsraten statt.

    Das Schumpeter Modell nach Aghion und Howitt ist ein Beispiel eines innovationsbasierten Wachstumsmodells. Wachstum innerhalb einer konomie wird durch produktivittsverbessernde Innovationen generiert. Die Wachstumsentwicklung einer konomie ist abhngig vom Abstand der konomie zum weltweiten Technologiestandard. Das Modell liefert eine plausible Erklrung fr das Phnomen der club convergence und beschreibt somit, warum einige, reichere Lnder in Richtung paralleler Wachstumspfade konvergieren und einige andere, rmere Lnder stetig zurckfallen.

    Innerhalb der Polarisationstheorien wird zwischen sektoraler und regionaler Polarisation unterschieden. Die regionale Polarisation nach Myrdal betrachtet zunchst den Wachstumsprozess innerhalb einer konomie, in dem negative und positive Rckkoppelungseffekte entscheidend fr die zuknftige Entwicklung der konomie sind. Bei der Betrachtung der Interaktion mehrerer konomien, werden

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    Ausbreitungs- und Entzugseffekte betrachtet, deren jeweilige Dominanz entscheidend dafr ist, ob es im Zuge des Wachstumsprozesses zu einem Ausgleich oder zu zunehmender Polarisierung zwischen den konomien kommt. Myrdal geht in seinem Modell von einer zunehmenden Polarisierung, d.h. Divergenz zwischen den konomien aus.

    Abschlieend lsst sich feststellen, dass, ausgehend von der neoklassischen Theorie, alle nachfolgenden Modelle versuchen, einen oder mehrere Kritikpunkte des Solow-Swan-Modells vor allem hinsichtlich der Modellspezifikation oder der Implikation fr Konvergenz und Divergenz, zu verbessern. In Bezug auf das Konvergenz- bzw. Divergenzphnomen gelingt es jedem Modell, eine bestimmte empirische Beobachtung zu erklren, dennoch ist keines der Modelle allumfassend genug, um die in der Realitt zu beobachtbaren Wachstumsprozesse vollstndig zu erfassen.

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    IV. Literaturverzeichnis Aghion, P., & Howitt, P. (2009). The Economics of Growth. Cambridge:

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