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> RAUS AUS ÖL UND ATOM – REIN IN NEUE ENERGIEN > DAS ENERGIE- UND KLIMASCHUTZPROGRAMM DER GRüNEN

Raus aus Öl und atom – Rein in neue eneRgien das eneRgie- und … · 2012. 10. 30. · Energieträgern und Atomkraft auf erneuerbare Energieträger und eine Effizienzrevolution

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> Raus aus Öl und atom – Rein in neue eneRgien

> das eneRgie- und KlimaschutzpRogRamm deR gRünen

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Energiepolitik ist in den letzten Monaten wieder ins Zentrum der politischen Aufmerksam-keit gerückt. Das ist gut so, denn unsere Welt steht vor einer schweren Energiekrise, wenn nicht rasch ein Kurswechsel vollzogen wird.

Der Ölpreis klettert Monat für Monat auf eine neues Rekordniveau. Aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China und Indien und die brisante Situation in geopolitischen Krisenregionen wie beispielsweise im Nahen Osten heizen die Preisspirale weiter an. Die Gaskrise zwischen Russland und der Ukraine hat gezeigt, wie gefährlich die hohe Abhängig-keit Europas von russischem Erdgas ist.

Das Klima spielt zunehmend verrückt, der Klimawandel ist mittlerweile eine unbestrittene Tatsache. Die Häufung von Überschwemmungen, verheerenden Hurrikans und Hitzeperioden ist der Anfang einer globalen Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes, die auf die Menschheit zukommt, wenn es nicht gelingt die Erderwärmung zu stoppen.

Die Energieversorgung Österreichs ist weit entfernt von einem nachhaltigen Weg. Energie-verbrauch und Treibhausgasemissionen steigen kontinuierlich, Energieimporte nehmen zu, fossile Energieträger dominieren und die Energiekosten für Haushalte explodieren. Viele Milliarden Euro fließen Jahr für Jahr in die Kassen von Öl-, Gas und Atomkonzernen, ohne Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen.

Österreich braucht eine Energiewende. Der miserable Kurs der blau-schwarz-orangen Bundesregierung führt in die energiepolitische Sackgasse. Die Demontage des Ökostromge-setzes, das Ignorieren der immer teurer werdenden Importabhängigkeit von Öl und Gas sowie die Mutlosigkeit in der Anti-Atom-Politik sind klare Belege dafür.

Die Grüne Energiewende stellt die richtigen Weichen für eine sichere, umweltfreundliche und sozial gerechte Energieversorgung der Zukunft. Gemeinsam mit einem Team ausge-zeichneter ExpertInnen haben wir das vorliegende Energie- und Klimaschutzprogramm erarbeitet. Neben einer genauen Analyse der derzeitigen unerfreulichen Ausgangssituation beschreibt das Programm die Wege aus der Energiekrise. Es formuliert klare Ziele und ein umfassendes Maßnahmenprogramm. Es zeigt, dass die Energiewende nicht nur eine umwelt-freundliche Energieversorgung für nachfolgende Generationen sichern kann, sondern auch, dass dadurch neue Arbeitsplätze geschaffen und ein Aufschwung für die österreichische Wirtschaft erreicht werden kann.

Es ist mein zentrales politisches Ziel, diese Energiewende in Österreich zu verwirklichen.

Eine energiegeladene und spannende Lektüre wünscht Ihnen

Abg. z. NR Dr. Eva Glawischnig(Stv. Bundes-, Energie- und Umweltsprecherin der Grünen)

Vorworte

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Als ich vor 15 Jahren als burgenländische Landesgeschäftsführerin der Grünen mit Vertre-terInnen der Biomasse–Idee aus Güssing und mit WindkraftbefürworterInnen aus Parndorf Pressekonferenzen zum Thema alternative Energiegewinnung abgehalten habe, wurden wir als versponnene PhantastInnen abgetan, von der herrschenden Politik und von der Öffentlichkeit.

Diese Menschen und die Grünen haben trotzdem nicht aufgehört, für ihre Ideen zu kämp-fen. Heute ist Güssing zu einem international besuchten Kompetenzzentrum für Bioenergie geworden und auf der Parndorfer Platte stehen genug Windkraftmaschinen, um das ganze Burgenland mit Strom zu versorgen.

Wir alle wissen, dass die fossilen Energieträger irgendwann zu Ende gehen, wir wissen außer-dem, dass sie geopolitisch abhängig machen und eine Menge Wertschöpfung außer Landes tragen. Wir alle wissen, dass in Österreich niemand den Retro-Trend in der EU in Richtung Atomkraft befürwortet. Wir alle wissen, dass Klimaschutz ein Gebot der Stunde ist.

Menschen, die weit in die Zukunft denken, brauchen oft einen langen Atem, um ihre Ideen umzusetzen. Dieses Grüne Energie- und Klimaschutzprogramm, dessen Erarbeitung die Grüne Bildungswerkstatt gemeinsam mit Grünen PolitikerInnen und ExpertInnen mitgestaltet hat, hat visionäre Züge.

Ich bin überzeugt, dass unsere Visionen in den kommenden Jahren umgesetzt werden können und in der Zukunft selbstverständlicher Alltag sein werden, wie heute die Windräder im Burgenland.

Daniela Graf(Obfrau der Grünen Bildungswerkstatt)

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inhaltsverzeichnis

Vorworte 2

1 einleitung 51.1 Es ist höchste Zeit für den Aufbruch ins Solarzeitalter 51.2 Die Grüne Energiewende 51.3 Energiepolitik rückt wieder ins Zentrum 61.4 Nachhaltigkeit als Leitprinzip in der Politik verankern 6

� die energiewende kann nicht warten 72.1 Der Klimawandel: Eine der größten Herausforderungen für die Menschheit 72.2 Weltweite Energiekrise: Ungebremster globaler Energiehunger 82.3 Peak Oil – Das Zeitalter billigen Erdöls ist vorbei 102.4 Energieversorgung in Europa im Umbruch 112.5 Atomkraft: teuer, riskant, keine Lösung für den Klimawandel 122.6 Energiepolitik in Österreich auf falschem Kurs 142.7 Der Verkehrswahnsinn: Mit Vollgas in die Sackgasse 162.8 Katastrophale Klimaschutzbilanz der Bundesregierung 17

� grüne ziele und strategien für die nachhaltige energiezukunft 193.1 Leitlinien, Ziele und Strategien 193.2 Grünes Energieszenario für Österreich 213.3 Grünes Energieszenario für die EU 233.4 Die globale Energiewende ist möglich 253.5 Die Energiewende belebt Wirtschaft und Arbeitsmarkt 26� maßnahmen und umsetzung der energiewende �74.1 Einstieg in die ökologisch-soziale Steuerreform: Ökologisch. Sozial. Gerecht. 274.2. Nachhaltige Stromversorgung in Österreich 284.2.1 Effizienzrevolution beim Stromverbrauch 284.2.2 Neue Energien – neues Ökostromgesetz 304.2.3 Europäischer Atomausstieg 324.2.4 Sicherung der Energieversorgung als staatliche Aufgabe 334.3 Nachhaltige Wärmeversorgung durch Effizienz und erneuerbare Energien 334.3.1 Warme Häuser, Wohnungen und Büros durch Ökowärmeoffensive 334.3.2 Nachhaltiges Bauen – der ökologische Neubau 354.3.3 Die Grüne Sanierungsoffensive 374.4 Die Grüne Verkehrswende: Sanft, Solar, Sozial 394.4.1 Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung 394.4.2 Effizienzrevolution im Verkehr 414.4.3 Biotreibstoffe und alternative Antriebskonzepte 414.5 Raumplanung als Klimaschutzinstrument 444.6 Innovation und Forschung als Teil der Energiewende 454.7 Solare Energiepolitik im Netzwerk mit Ländern und Gemeinden 484.8 Klimaschutz braucht Bildung, Beratung und Ressourcen 504.9 Klimaschutz in der Landwirtschaft 514.10 Wirkungsvoller Emissionszertifikatshandel 524.11 Internationale Klima- und Energiepolitik 52

5 glossar 55

6 Quellen, anmerkungen 6� Abkürzungsverzeichnis 63 Impressum 63

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1.1 es ist höchste zeit für den aufbruch ins solare zeitalter

1 einleitung

Die Energiewende ist möglich: Erneuerbare Energien, modernste Effizienztechnologien und Energiesparen ohne Komfortverlust ermöglichen eine ökologisch und sozial verträgliche Versorgung mit Energiedienstleistungen, erhöhen die Versorgungs- und Krisensi-cherheit, schaffen Arbeitsplätze und sind der zentrale Schlüssel für den Klimaschutz.

Das Ende des Erdölzeitalters hat begonnenDer Ölpreis hat sich in den letzten vier Jahren nahezu vervierfacht. Das Erreichen des Maximums der Ölförderung – des „Peak Oil“ – steht unmittelbar bevor. Danach wird die Ölproduktion sinken. Getrieben durch den Öldurst rasant wachsender Wirtschaftsräume wie China und Indien wird Öl noch teurer und zunehmend knapper werden. Auch Österreich hängt am Öltropf: Zwei Drittel des Energieverbrauchs werden mit Öl und Gas gedeckt. Die hohe Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten dämpft die Konjunktur und schwächt die Wirtschaft. Die Verbrennung von Erdölprodukten in Autos, Heizkesseln und Kraftwerken Umweltschäden, gefährdet die Gesundheit der Menschen und ist Hauptursache für den Klima-wandel. Hochwasserkatastrophen, Hitzeperioden, der dramatische Rückgang der Gletscher und die Zunahme vernichtender Hurrikans sind klare Anzeichen des Klimawandels. Die vor allem durch den Straßenverkehr verursachten Schadstoffe Feinstaub und Ozon verursachen EU-weit 300.000 frühzeitige Todesfälle.

Die Energiewende ist ohne AlternativeZu einer nachhaltigen Energiewende gibt es keine sinnvolle Alternative. Mit dem Öl wird auch Erdgas teurer und knapper. Eine sichere Nutzung der Atomkraft gibt es nicht. Kohle steht zwar noch für einen längeren Zeitraum zur Verfügung, mehr Kohleverbrennung führt aber aufgrund der damit verbundenen CO2-Emissionen zum Klimakollaps. Bleibt die Energiewende aus, wird sich die Energiekrise zuspitzen und auch zum sozialen Problem werden. Eine Million Haushalte heizen in Österreich immer noch mit Öl. Knapp die Hälfte dieser Ölöfen sind älter als 15 Jahre und können in den kommenden zehn Jahren durch moderne Holz- und Pelletsheizungen oder Fernwärmeversorgungen ersetzt werden. Zusätzlich braucht es umfassende Energieeffizienzmaßnahmen (z.B. Wärmedämmung). Bleibt es bei der Ölabhängigkeit, werden sich viele Menschen bald keine warme Wohnung mehr leisten können. Bei steigenden Ölpreisen wird das Autofahren bald zum Luxus der Besserverdienenden. Für Hunderttausende PKW-PendlerInnen gibt es schon jetzt kaum Alternativen im öffentlichen Verkehr, sie haben keine Wahlfreiheit.

Die Energiewende ist die einzig vernünftige Alternative. Mit ihr wird das solare Zeitalter1 eingeläutet, das für den Wechsel von fossilen Energieträgern und Atomkraft auf erneuerbare Energieträger und eine Effizienzrevolution steht.

1.� die grüne energiewende

Die Zukunft gestalten – mit einer Vision, klaren Zielen und durchdachten KonzeptenMit dem Grünen Klimaschutz- und Energieprogramm wird ein ambitioniertes Konzept vorgelegt, das nicht nur die Notwendigkeit und Chancen einer Energiewende aufzeigt, sondern auch konkrete Wege. Ohne eine entsprechend engagierte Politik wird weder der Klimakollaps verhindert werden, noch können die negativen Konse-quenzen der steigenden Preise für Öl und Gas abgefedert werden.

Das Programm orientiert sich an ehrgeizigen Zielen und der Vision einer hundert Prozent nachhaltigen Energieversorgung, die letztendlich ausschließlich auf Basis erneuerbarer Energieträger und Energieeffizienz erfolgt. Die Grünen wollen damit nicht nur warnende Stimme vor Umweltbedrohungen sein, sondern nachhal-tige Wege, konkrete Möglichkeiten, vielfältige Chancen zeigen und politischen Gestaltungsanspruch stellen.

Die Energiezukunft ist effizient und erneuerbarMit Sonne, Biomasse, Wind, Wasser und Erdwärme stehen riesige

erneuerbare und klimaschonende Quellen zur Erzeugung von Strom, Wärme und Treibstoffen zur Verfügung. Die unverzichtbare Grundlage der Energiewende ist eine Effizienzrevolution. Steigt der Energieverbrauch weiter so rasant wie in den letzten Jahren, wird der Ausbau der neuen Energien vom Verbrauchszuwachs wettgemacht und die Energiewende kommt nicht in Schwung. Die Energiewende ist auch ökonomisch machbar. Würden die hohen Folgekosten der Energieerzeugung durch fossile und nukleare Quellen in die Preise eingerechnet, so wären die meisten erneuerba-ren Energien bereits heute wirtschaftlich am günstigsten. Teilweise sind sie es schon jetzt. Die Energiewende bringt Arbeitsplätze Die Grüne Energiewende kann bis 2020 mindestens 100.000 neue Arbeitsplätze in den Branchen Energieeffizienz und Erneuerbare Energie schaffen. Österreich hat die besten Vorraussetzungen bei der Energiewende weltweit führend voranzugehen und sowohl sozial als auch wirtschaftlich zu profitieren.

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Fragen der Energiepolitik betreffen nahezu alle Lebensbereiche. Vielen Menschen ist es zunehmend nicht egal, woher ihr Strom kommt und womit sie ihre Wohnungen heizen. Die Preisschübe der letzten Jahre und bedrohliche Zukunftsszenarien haben viele zum Umdenken veranlasst. Es gilt die richtigen langfristigen Schlussfolgerungen zu ziehen und dies in die unmittelbare Energiepolitik einfließen zu lassen. Es geht dabei auch um ein neues Bewusstsein und eine neue Kultur im Umgang mit Energie. Beispiele erfolgreicher Gemeinden zeigen, dass die Energiewende eine neue Identifikation schaffen kann, wenn die Energie aus dem eigenen Umfeld bezogen wird und die Finanzmittel dafür in der Region bleiben.

Nachhaltigkeit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Nur die erneuerbaren Energietechnologien sind in der Lage, eine nachhal-tige Energieversorgung zu ermöglichen. Also Energieträger, die weder die Ressourcen unseres Planeten ausbeuten, noch das Klima zum Kippen bringen, noch aufgrund ihrer Endlichkeit keine Zukunft

haben. Nachhaltigkeit als Leitprinzip unserer Politik heißt nicht nur an das Jetzt zu denken, sondern kommenden Generationen eine Energieversorgung zu ermöglichen die Lebensqualität, Ressourcen und Sicherheit bietet. Nachhaltigkeit bedeutet auch, dies nicht nur aus der technischen Perspektive der Energieproduktion zu tun, sondern aus ökologischer Verantwortung, mit sozialer Gerechtigkeit und demokratiepolitischem Bewusstsein.

Die Energiewende bringt auch ökonomische Nachhaltigkeit: Langfristig gesicherte Arbeitsplätze sowohl im Produktionsbereich wie auch bei neuen Dienstleistungen, hohe regionale Wertschöp-fung, Exportchancen durch technologische Vorreiterschaft und ständige Weiterentwicklung durch neue Innovationen.

Die Weichen werden jetzt gestellt. Die Kraftwerke, die jetzt errichtet werden, werden auch in 30 Jahren in Betrieb sein. Das aktuelle Jahrzehnt entscheidet über den langfristigen Weg der Energiever-sorgung.

1.� nachhaltigkeit als leitprinzip in der politik verankern

1.� energiepolitik rückt wieder ins zentrum

In den vergangenen zwei Jahrzehnten stand die Energiepolitik nicht im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzungen. Die Ölschocks aus den 70er und 80er Jahren schienen verdaut. Österreich hatte mit den Konflikten rund um das geplante AKW Zwentendorf 1978 und das Donaukraftwerk Hainburg 1984 die Höhepunkte des energiepolitischen Diskurses hinter sich. Die Regierungspolitik konzentrierte sich ausschließlich auf die Liberalisierung der Energiemärkte. Wie ein sicheres und umwelt-verträgliches österreichisches Energiesystem zukünftig aussehen könnte und sollte, war seit den Achtziger Jahren kein Thema der Bundesregierungen. Seit dem EU-Beitritt Österreichs geht es um kurzfristige Preissenkungen, die rasche Liberalisierung von Märkten, die Rücknahme staatlicher Regulierung, nicht jedoch darum, wie eine langfristige Struktur der Energieversorgung aussehen soll.

Nur einige NGOs, Grüne und zahlreiche EinzelkämpferInnen (sei es in Unternehmen, in Verwaltungen oder als Privatpersonen)

forderten einen nachhaltigen Wandel in der Energieproduktion und eine Kehrtwende vom ständig steigenden Energieverbrauch. Jetzt stehen Fragen der Energieversorgung wieder im Zentrum der Politik. Die steigenden Öl- und Gaspreise, die weltweite stark steigende Nachfrage nach Energie, die Kapazitätsgrenzen der Ölversorgung und vor allem der Klimawandel veranlassen uns, die Energiewende rasch zu beginnen. Im Stromsektor wird vor Kapazitätsengpässen gewarnt – nicht zuletzt ein Resultat der Preissenkungen und der Deregulierung. Die kommenden Jahre werden entscheiden, welchen Weg wir in der Energieversorgung gehen werden. Entscheidet sich Europa für den fossilen Weg, der uns noch weiter abhängig macht und langfristig extrem kostspielig sein wird? Kommt es tatsächlich zum ökologisch und ökonomisch absurden Comeback der Nuklearenergie? Oder setzt sich die Grüne Energiewende durch, die den nachhaltigen Weg einer zukunftsfä-higen Energieversorgung beschreitet? Darüber entscheiden nicht zuletzt auch die politischen Rahmenbedingungen und Machtver-hältnisse.

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Der Klimawandel ist bereits Realität. Ein Katastrophenjahr reiht sich ans nächste. Seit 2002 verging kein Jahr ohne fürchterliche Hoch-wasserkatastrophen, Hurrikans, Hitzeperioden, Murenabgänge, Dürreperioden und massive Ernteschäden. Der globale Klimawan-del beschleunigt sich schneller als erwartet und ist die wohl größte Bedrohung für die Menschheit und unseren Planeten.

Durch den Ausstoß von Treibhausgasen ist die Temperatur im vergangenen Jahrhundert weltweit um durchschnittlich 0,7 Grad Celsius angestiegen. Die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen2 traten alle nach 1989 auf. Der Meeresspiegel ist bereits um 10 bis 20 cm gestiegen, die Schnee-bedeckung der nördlichen Hemisphäre hat seit 1960 um 10% abgenommen. Die Konzentration von Kohlendioxid, des wichtigsten Treibhausgases3 , ist seit der Industrialisierung um 30% gestiegen, die Methankonzentration hat sich verdoppelt. Während der letzten 420.000 Jahre hat es keine vergleichbar hohen Konzentrationen gegeben.4

Falls die Treibhausgasemissionen nicht drastisch reduziert werden, prognostizieren KlimaforscherInnen eine weitere Erwärmung der Erdatmosphäre bis zum Jahr 2100 um 1,4 bis 5,8 Grad. Mit katastro-phalen Folgen: Die Gletscher der Alpen drohen bis zum Ende dieses Jahrhunderts vollständig abzuschmelzen. Hitzewellen wie jene in den Jahren 2003 und 2006 werden zur Regel. Hochwasserkatas-trophen häufen sich. Schmilzt der Grönländische Eisschild, ist ein Anstieg des Meeresspiegels um langfristig bis zu sieben Meter zu befürchten.

„Europa droht der schlimmste Klimawandel seit 5000 Jahren“2005 veröffentlichte die Europäische Umweltagentur einen Bericht5 , wonach Europa der „schlimmste Klimawandel“ seit 5.000 Jahren droht. Die vier heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnun-gen in Europa waren 1998, 2002, 2003 und 2004. Allein im Sommer 2003 verschwanden zehn Prozent der alpinen Gletscher. Die Durch-schnittstemperatur in Europa ist während des 20. Jahrhunderts bereits um 0,95 Grad Celsius gestiegen. Dies liegt um 35% über der durchschnittlichen weltweiten Zunahme von 0,7 Grad.

Der Klimawandel verursacht verheerende und exorbitant teure Schäden. Allein der Hurrikan „Katrina“ (2005), dessen gewaltige

Stärke von KlimaforscherInnen auf die Erderwärmung zurück-geführt wird, hat Schäden von umgerechnet 100 Milliarden Euro angerichtet. Auch Europa kann künftig von Hurrikans heimgesucht werden. Im Jahr 2005 wurden erstmals zwei Tropenstürme bei Ma-deira und den kanarischen Inseln beobachtet. Ein Phänomen, dass es bisher nicht gegeben hat.

Bedrohliche Folgen für Mensch und UmweltWissenschaftlerInnen warnen immer eindringlicher vor den Folgen des menschengemachten Klimawandels:

> Europas Städte werden immer heißer.6 Die Zahl der Tage mit Temperaturen über 30 Grad könnte bis 2040 in Wien um das Dreifache, in Salzburg um das Fünffache und in Bregenz um das Siebenfache steigen.

> Der alpine Raum ist besonders vom Klimawandel betroffen. Wäh-rend die globale Durchschnittstemperatur im Verlauf der letzten Jahrzehnte im Mittel um 0,7 Grad angestiegen ist, ist sie in Öster-reich um 1,8 Grad gestiegen. Wird die Erwärmung nicht gestoppt, droht der alpine Wintertourismus zum Erliegen zu kommen.

> Der Klimawandel bedroht den heimischen Schutzwald. Bereits 160.000 Hektar sind sanierungsbedürftig. Dadurch steigt die Lawinengefahr für viele Orte in den Alpen. Dieses Problem hat es vor 15 Jahren noch nicht gegeben und ist eine Folge der Erder-wärmung.7

> Bereits im Jahr 2010 werden 50 Millionen Menschen auf der Flucht vor den Auswirkungen des Klimawandels sein.8

> Der Golfstrom hat sich in den letzten 50 Jahren um 30% abge-schwächt.9, 10 Kommt die „Wärmepumpe Europas“ ganz zum Erliegen – wovor das Pentagon bereits 2003 in einer Studie11 gewarnt hat – würde das Klima in Europa drastisch kälter werden.

> Auf Grund der Klimaerwärmung wird die Schneeschmelze im-mer früher eintreten und ein Großteil des Wassers wird wegen fehlender Speichermöglichkeiten ungenutzt ins Meer abfließen. Mehr als ein Sechstel der Weltbevölke-rung wird im Sommer von Wassermangel bedroht sein.12

> Der Klimawandel wird zu verstärkten gesundheitlichen Pro-blemen führen.13 Laut WHO sterben bereits heute ca. 150.000 Menschen an den Folgen des Klimawandels. Europa ist massiv betroffen. Allein 35.000 Menschen sind auf Grund der Hitzwelle im Sommer 2003 gestor-

� die energiewende kann nicht warten �.1 der Klimawandel: eine der größten herausforderungen für die menschheit

„Ohne effektive Maßnahmen über Jahrzehnte wird die globale Erwärmung zum Abschmelzen des Eises im Norden und zur Ausbreitung von Wüsten von Süden aus führen. Die Bevölkerung des Kontinents könnte sich zwangsläufig in der Mitte konzentrieren. Selbst wenn wir die globale Erwärmung auf das EU-Ziel von 2 °C begrenzen, werden wir unter atmosphärischen Bedingungen leben, die Menschen noch nie erlebt haben. Stärkere Emissionsreduzierungen sind vonnöten.“ Jacqueline McGlade, Exekutivdirektorin der Europäischen Umweltagentur, 29.11.2005

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ben. Mit dem Anstieg der Temperaturen gibt es auch mehr Krankheitserreger in Lebensmitteln wie etwa Salmonellen.

> Die Permafrostböden in Sibirien beginnen auf Grund der Erderwärmung aufzutauen. Dadurch könnten Milliarden Tonnen des Treibhausgases Methan in die Atmosphäre gelangen und den Treibhauseffekt weiter anheizen.14

Um dramatischen Schäden zu vermeiden, muss der Temperatu-ranstieg dauerhaft auf maximal 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau stabilisiert werden. Das bedeutet, dass der Anstieg der Emissionen in den nächsten 10 bis 20 Jahren weltweit gestoppt werden muss. Bis 2050 müssen die globalen Treibhaus-gasemissionen um 50% gegenüber dem heutigen Stand gesenkt werden. Die Industriestaaten müssen dazu ihre Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts um 80% gegenüber dem Stand von 1990 verringern.

�.� Weltweite energiekrise: ungebremster globaler energiehunger

Der Weltenergieverbrauch steigt scheinbar unaufhaltsam. Im Jahr 2004 war mit 4,4% der stärkste Anstieg seit 20 Jahren zu ver-zeichnen, 2005 betrug der Anstieg 2,7%. Insgesamt wurden 2005 weltweit unvorstellbare 10,5 Milliarden Tonnen Erdöläquivalente verbraucht. Abbildung 1 zeigt das stetige Wachstum des Weltener-gieverbrauchs von 1980 bis 2005, aufgegliedert nach den dominie-renden Energiequellen.

Das stärkste Wachstum im Zeitraum 2004 bis 2005 verzeichnet der Asiatisch-Pazifische Raum mit 5,8%, während Nordamerika mit 0,3% die niedrigste Wachstumsrate aufweist und Europas Energie-

verbrauch um 1,1% anstieg. Über die Hälfte des Zuwachses beim Energieverbrauch entfällt allein auf China.15

Unser Energieverbrauch kann kein Weltmodell seinDer Anstieg des Energieverbrauchs ist enorm, aber auch das Ungleichgewicht im Energiekonsum: 12% der Weltbevölkerung ver-brauchen 54% der Energie. 33% der Weltbevölkerung haben noch immer keinen Zugang zu modernen Energiequellen. Vergleicht man den weltweiten Pro-Kopf Primärenergieverbrauch17 im Jahr 2005, so wkonsumiert Afrika, Südamerika und Südostasien mehrheitlich

Abbildung 1: Weltenergieverbrauch 1980-2005.16 Von unten nach oben: Grün = Erdöl; Rot = Erdgas; Gelb = Atomenergie; Blau = Wasserkraft; Grau = Kohle.

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weniger als 1,5 t Öläquivalente pro Kopf. Die Mehrheit Westeuro-pas verbraucht zwischen 3 und 4,5 t. In den USA, Kanada, Belgien, Luxemburg, Island, Norwegen, Katar, Saudi-Arabien, den Vereinigte Arabischen Emiraten und Singapur sind es über 6 t Öläquivalente pro Kopf (siehe Abbildung 2).

Der hohe Energieverbrauch der westlichen Industriestaaten kann kein Weltmodell sein. Wenn z.B. der Autobesitz in China auf die gleiche Rate emporklettern würde wie in den USA, würde China rund 88 Millionen Barrel Öl pro Tag verbrennen, mehr als die der-zeitige Weltölproduktion. Die chinesische Autoflotte wäre riesig: 1,1 Milliarden Fahrzeuge – mehr als die 795 Millionen Autos, die derzeit weltweit in Betrieb19 sind. Prognosen über die Entwicklung des Erd-ölverbrauchs pro Kopf bis 203020 zeigen deutlich, dass Staaten wie China oder Indien trotz exorbitantem Wachstum auch in Zukunft noch um ein Vielfaches unter dem Energieverbrauchsniveau der USA oder Europa liegen werden (siehe Tabelle 1).

Eines wird dadurch klar: Die Weltenergieressourcen reichen bei weitem nicht aus, den Energieverbrauch Chinas und Indiens auf das heutige Niveau der westlichen Industriestaaten zu steigern.

Laut World Energy Outlook 200522, dem jährlichen Weltenergiebe-richt der IEA, wird die Weltenergienachfrage zwischen 2005 und

2030 über 50% ansteigen, wenn sich an der derzeitigen Politik nichts ändert. Über 60% des Energiezuwachses machen dabei Öl und Gas aus, mit jährlichen Wachstumsraten von 1,4% bzw. 2,1% . Zwei Drittel der steigenden Energienachfrage sind auf Entwicklungs-länder zurückzuführen. In China wird sich der Energieverbrauch bis 2030 verdoppeln, in Indien um 90% steigen.

Aber auch in den OECD-Staaten prognostiziert die IEA einen Verbrauchsanstieg um 30% bis 2030 . Die CO2-Emissionen aus Energieproduktion werden in diesem Szenario um 52% steigen. Der Klimakollaps wäre vorprogrammiert.

Abbildung 2: Weltweiter Energieverbrauch pro Kopf 200518

Tabelle 1: Erdölverbrauch pro Kopf ausgewählter Staatengruppen – Prognose 203021

Barrel pro Kopf und Jahr

2002 2030Anstieg

2002–2030 (absolut)

Anstieg 2002–2030

(Prozent)

USA/Kanada 22,8 23,8 1,0 4%

EU-25 10,4 11,6 1,1 11%

Japan/Korea 15,0 16,9 1,9 13%

China 1,4 3,2 1,8 128%

Indien 0,8 1,4 0,5 64%

Saudi Arabien 26,0 29,6 3,5 14%

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�.� peak oil – das zeitalter billigen erdöls ist vorbei

Der US-Ölpreis erreichte am 14. Juli 2006 ein Rekordhoch von 78,40 Dollar pro Barrel. Die für den europäischen Markt maßgebende Nordseesorte Brent hat am 17. Juli 2006 die 78-Dollar-Marke über-schritten. Auch OPEC-Öl wird immer teurer, ein Fass kostete am 14. Juli 2006 bereits 71,71 US-Dollar. Noch Ende 1998 lag der Preis für ein Fass Brent mit 9,3 Dollar klar unter der 10-Dollar-Marke. Zu Beginn des Jahres 1999 kam es durch Vereinbarungen von Förder-kürzungen auf Seiten der OPEC zu einem erheblichen Anstieg der Preise. Anfang September 2000 wurde mit 36,4 Dollar pro Barrel Brent die höchsten Preise seit 1985 (zweite Erdölkrise) erreicht.23 Danach kam es zu einer Periode von starken Preisschwankungen, bis der Ölpreis ab Jänner 2002 ausgehend von ca. 20 Dollar mehr oder weniger kontinuierlich auf ca. 78 Dollar im Jahr 2006 gestiegen ist , sich also innerhalb von vier Jahren fast vervierfacht hat. Erdöl wird wohl nie wieder wirklich billig sein, auch wenn Ölkonzerne behaupten, es gäbe noch Jahrzehnte lang genug davon. Diese Behauptung ist ein Trugschluss. 100 Dollar für ein Fass Erdöl ist mittlerweile ein realistisches Szenario.

Peak Oil – Das Maximum der ÖlförderungDie weltweiten Erdölreserven reichen bei konstanter Nachfrage noch für 40 Jahre, lautet seit vielen Jahren die gängige Lehrmeinung. Diese „statistische Reichweite“ wird mit der Formel Reserven divi-diert durch Weltjahresverbrauch berechnet: Diese Betrachtung hat schwerwiegende Fehler: Erstens geht sie davon aus, dass der Welt-ölverbrauch konstant bleibt und ignoriert damit die jährliche Steige-

rung um 2% und mehr. Zweitens wird davon ausgegangen, dass die Welt-Ölproduktion über die nächsten 30 Jahre auf heutigem Niveau gehalten bzw. sogar noch ausgeweitet werden kann. Immer mehr ExpertInnen auch aus der Erdölbranche rechnen hingegen damit, dass die Weltölförderung irgendwann im Zeitraum 2010 bis 2020 ihr Maximum überschreiten und ab dann kontinuierlich sinken wird. Dieser Punkt wird als „Peak Oil“ bezeichnet.

Die Förderung bei der Mehrzahl der Ölquellen ist bereits heute rückläufig. Dass trotz der hohen Ölpreise die Investitionen der inter-nationalen Ölkonzerne in die Suche und Förderung von Erdöl heute um 50% niedriger liegen als noch vor fünf Jahren deutet darauf hin, dass die Unternehmen nicht mehr mit großen Neufunden25 rechnen. Wie Abbildung 5 zeigt, ist die Zeit der Entdeckung großer Ölfelder längst vorbei. Während bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein immer wieder riesige neue Ölfelder entdeckt wurden, ist das Auffinden dieser „Giants“ seit den 1970ern stark zurückgegangen. Heute werden keine richtig großen Ölquellen mehr entdeckt.

Zahlreiche Ölförderländer haben ihr Fördermaximum bereits über-schritten. Die Nordseeproduktion erreichte ihren Peak im Jahr 2000 und sinkt seither um 4-6% pro Jahr (siehe Abbildung 6). England, Ecuador, China oder Malaysia gehören ebenfalls zur Staatengruppe, die das Produktionsmaximum überschritten haben. Sogar im OPEC-Land Indonesien sinkt die Ölförderung seit über 10 Jahren.

„Wir schätzen, dass die Weltöl- und Gasproduktion aus bestehenden Feldern mit einer durchschnittlichen Rate von 4-6 Prozent pro Jahr sinkt.“ Jon Thompson, Präsident der Exxon-Mobil Explorationsabteilung, 2003.

Abbildung 3: Entwicklung der Rohölpreise 1960-200624

Abbildung 4: Ideal-Profil der Erdölförderung (Hubbert-Glockenkurve)

Juli 2006: 78 Dollar/Barrel

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Die Energieversorgung in Europa steht derzeit vor entscheidenden Weichenstellungen, insbesondere beim Ausbau bzw. der Substitu-tion von Kraftwerkskapazitäten und der Verankerung von Effizienz-maßnahmen, um den steigenden Energieverbrauch in den Griff zu bekommen. Folgenden Kernproblemen muss sich Europa derzeit stellen: 29

Seit Anfang der Siebziger Jahre ist der Energieverbrauch der heuti-gen 25 EU-Mitgliedsstaaten kontinuierlich angestiegen – unterbro-chen nur von den Ölpreisschocks der Jahre 1973/74 und 1979/80. Zwischen 1971 und 2003 betrug der Anstieg 41%. Auch wenn die 25 Mitgliedsstaaten als Gesamtheit eine geringere Verbrauchs-steigerung vorweisen können als andere Wirtschaftsräume (etwa die USA), ist dennoch festzustellen, dass das geringere Wachstum

teilweise aufgrund der wirtschaftlichen Transformation in den Staa-ten Mittel- und Osteuropas zurückzuführen ist. So hat sich in den Neunziger Jahren die Energieintensität in den neuen EU-Mitglieds-staaten um 3,6% pro Jahr verbessert, während sie in den EU-15 nur um 1,1% pro Jahr gesunken ist.

Der Energieverbrauch steigt weiter. Zwar wird der Anstieg in Europa nicht derart hoch prognostiziert wie weltweit. Dennoch ist ein Anstieg um 30% bis 2030 auch in den OECD Staaten dramatisch. Abbildung 7 zeigt den bisherigen und weiter prognostizierten An-stieg des Energieverbrauchs. Ca. 80% des Energieverbrauchs der EU-25 basiert auf Öl, Gas und Kohle. Der fossile Anteil steigt weiter an, da die Verbrauchssteige-

�.� energieversorgung in europa im umbruch

Matthew Simmons, Chef einer Investmentbank in Houston (USA), rechnet damit, dass Peak-Oil entweder bereits überschritten ist, oder in den nächsten paar Jahren überschritten wird. Simmons geht davon aus, dass die von den Ölmultis und Erdölländern angege-benen Reserven zu hoch geschätzt sind. Auch das Hoffnungsland Saudi-Arabien verfüge nicht über jene großen Reserven, die immer wieder in den Raum gestellt werden. Es werde daher „praktisch sicher“ zu Engpässen kommen.28

Der Ölmarkt hat sich deutlich verändert. Bis vor wenigen Jahren war der Ölmarkt ein Markt der Anbieter. Der Preis konnte auf niedrigem Niveau stabil gehalten werden, da genug kurzfristig verfügbare Quellen vorhanden waren. Mit dem rapid steigenden Bedarf von China und Indien gemeinsam mit der Verschärfung der Dauerkri-senzone Naher Osten und dem Wiedererstarken Russlands als Energielieferant hat sich ein „Käufermarkt“ etabliert. Der Ölpreis spiegelt nicht nur die globalen Unsicherheiten in den Quellenlän-dern wider, sondern wird zunehmend von der Nachfragekonkur-renz zwischen USA, Europa und dem Fernen Osten geprägt. Die Erdölländer nutzen diese Situation für sich gut aus und werden dies auch weiterhin tun. Der Erdöldurst scheint in fatalem Ausmaß ungebremst.

Der hohe Ölpreis ist nicht nur ein Alarmsignal für die bevorstehende Verknappung, sondern schadet letztlich auch der Wirtschaft. Die IEA rechnet bei einem durchschnittlichen Ölpreis von 50 Dollar für 2005 mit 0,8 Prozentpunkten weniger Weltwirtschaftswachstum. Letztlich sind die KonsumentInnen die Leidtragenden hoher Öl- und Gaspreise. Eine Familie mit Einfamilienhaus, Ölheizung und Diesel-Pkw muss im Jahr 2006 um mehr als 500 Euro mehr für Heizung und Treibstoff bezahlen als noch vor einem Jahr.

Abbildung 5: Entwicklung der Neuentdeckungen von Ölfeldern im 20. Jahrhundert26

Abbildung 6: Rohölproduktion Norwegen (aus allen bis 2003 angeschlossenen Feldern)27

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Abbildung 7: Prognose Energieverbrauch in der EU bis 2030 (von unten nach oben: Öl, Gas, Strom/Wärme, Feste Brennstoffe, erneuer-bare Energie)30

Abbildung 9: Gesamtenergieverbrauch EU-25 (2004), nach Energieträgern33

Abbildung 8: EU – Steigende Importab-hängigkeit31

rung den wachsenden Beitrag der erneuerbaren Energien in Europa überkompensiert. Mit dem 15-prozentigen Anteil der Atomkraft in den EU-Staaten sind derzeit 94% der Energie- versorgung der EU-25 aus fossiler oder nuklearer Quelle (siehe Abbildung 8).

Die Importabhängigkeit der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nimmt weiter zu (siehe Abbildung 9). Schon jetzt ist die Energieversorgung der EU zu knapp 50% von Importen abhängig. Die Importabhängigkeit bei Öl wird bei einer Fortsetzung der aktuellen Politik bis 2030 auf 94% ansteigen, bei Gas auf 84%

und bei Kohle auf 59%.32 Die Eigenproduktion wird weiter sinken, was die Importabhängigkeit weiter erhöht.

Derzeit wird rund die Hälfte des EU-Erdgasverbrauchs nur durch drei Länder (Russland, Norwegen, Algerien) gedeckt. Der Gas-Kon-flikt zwischen Russland und der Ukraine Anfang 2006 hat die hohe auch politische Abhängigkeit offenbart. Hinzu kommt mit dem Alter der Kraftwerke ein weiterer Faktor. In den EU-15 Staaten werden im Jahr 2010 97% der thermischen Kraftwerke älter als 30 Jahre sein.34 Ohne Energiewende in Richtung Effizienz und erneuerbare Energie geht Europa seinen Weg weiter direkt in die fossile Abhängigkeit.

�.5 atomkraft: teuer, riskant, keine lösung für den Klimawandel

Atomkraftwerke sind gefährlich, teuer und keine nachhaltige Form der Energiegewinnung. Sie tragen heute nur knapp 6% zur weltwei-ten Energieversorgung bei. Bislang gibt es weltweit kein einziges genehmigtes Endlager für den Jahrtausende lang strahlenden Atommüll. Zahlreiche Unfälle belegen, dass Atomkraftwerke nie si-cher sein können. Beim Störfall in einem schwedischen AKW im Juli 2006 konnte eine Katastrophe nur knapp verhindert werden. Die Pannenserie im AKW Temelin reißt nicht ab. Atomkraftwerke sind gegen Terrorattacken nicht ausreichend geschützt. Atomenergie stellt keine Option für die Zukunft der Energieversorgung dar. Auch die Kernfusion birgt Risken, beinhaltet ein enormes Abfallproblem, ist nicht nachhaltig, bindet Milliarden an Forschungsmitteln und

wird vor dem Jahr 2060 sicher keinen Beitrag zur Energieversor-gung leisten können.35

Die Katastrophe von TschernobylAm 26. April 1986 explodierte der Reaktorblock 4 des russischen Atomkraftwerkes Tschernobyl. Die Ursache des bisher schwersten Atomunfalls in der Geschichte: Konstruktionsfehler und Bedie-nungsmängel. Das Dach der Reaktorhalle wurde weggesprengt. Der Reaktor brannte tagelang, radioaktive Stoffe gelangten in großer Menge in die Atmosphäre. Wind und Regen verteilten die radioaktiven Stoffe in den angrenzenden Regionen der Ukraine, Russlands und Weißrusslands und verfrachteten sie auch bis nach

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Schweden und Österreich. Große Teile Nord- und Mitteleuropas wurden verstrahlt.

Die WHO schätzt, dass die beim Super-Gau in Tschernobyl freigesetzte Menge an Radioaktivität dem 200-fachen der beiden Atombomben von Hiroshima und Nagasaki entsprach. Ein Gebiet von 155.000 km2 (das entspricht fast der doppelten Fläche Öster-reichs), bewohnt von 7 Millionen Menschen, wurde stark radioaktiv verstrahlt. 350.000 Menschen mussten evakuiert werden.

Über die Zahl der Todesopfer gibt es bis heute keine eindeutigen Angaben. Unabhängige ExpertInnen schätzen die zu erwartenden Todesfälle auf insgesamt bis zu 60.000 Opfer. Fünf Millionen Men-schen leben heute noch in kontaminierten Regionen.

Terror und Atomkraftwerke: Eine neue Dimension der BedrohungSeit den verheerenden Terroranschlägen vom 11. September 2001 gelten Terrorattacken mit Flugzeugen als neue Dimension einer Bedrohung mit der vorher niemand gerechnet hatte. Die schlimms-te denkbare Katastrophe wäre ein erfolgreicher Terror-Angriff auf ein Atomkraftwerk.

Nach dem 11.9.2001 wurde vielerorts die Sicherheit der AKW ge-genüber Flugzeugabstürzen untersucht. Eine Studie der deutschen GRS belegt, dass keines der 19 deutschen AKW dem Absturz eines Verkehrsflugzeugs standhalten würde. ExpertInnen gehen davon aus, dass keines der weltweit 441 AKW gegen einen gezielten Absturz mit einer vollbetankten Verkehrsmaschine geschützt ist. Ein solcher Anschlag könnte das Kühlsystem zerstören und eine Kernschmelze auslösen.

Eine unmittelbare Gefahr für Österreich droht durch das AKW Isar 1 in der Nähe von München und die grenznahen AKW in Osteuropa. Terroranschläge auf die unsicheren AKW Dukovany (Tschechi-en), Mochovce, Bohunice (Slowakei) und Paks (Ungarn) hätten verheerende Folgen für Wien und den Osten Österreichs. Diese größte anzunehmende Katastrophe würde innerhalb kürzester Zeit – ExpertInnen schätzen den Zeitraum auf wenige Stunden – zum Schmelzen des Reaktorkerns und in Folge zum großflächigen Austritt von Radioaktivität führen. Ein Gebiet größer als Österreich könnte langfristig verseucht werden. Wien hat nur für ca. 2% der Bevölkerung Schutzräume. Eine geordnete Evakuierung von Groß-städten wie Wien, Graz oder Linz wäre in den wenigen verbleiben-den Stunden unmöglich.

Die Atomindustrie wäre ohne staatliche Sub-ventionen längst in KonkursNur massive Subventionen erhalten die Atomindustrie am Leben. Atomare Brennstoffe sind steuerbefreit, AKW-Betreiber von Haftungsverpflichtungen freigestellt, Vorzugskredite und Investiti-

onsbeihilfen werden en masse vergeben. Die weltweite Staatsför-derung für Atomkraft liegt inkl. Nicht-OECD-Ländern bei insgesamt ca. einer Billion US-Dollar – gegenüber höchstens 40 Mrd. US-Dol-lar für erneuerbare Energien. Das Beispiel des EPR, der als europä-ischer Prototyp der so genannten Dritten Generation von AKW seit September 2005 in Finnland von der französischen und deutschen Atomindustrie gebaut wird, belegt eindrucksvoll, dass die Atomin-dustrie ohne staatliche Subventionen längst bankrott wäre.

Der finnische Stromversorger TVO, in dessen Auftrag der EPR gebaut wird, gehört zu 43% der öffentlichen Hand. Die rund 60 Teilhaber zeichneten im Gegenzug zu ihren Beteiligungen Abnah-megarantien für Strom aus dem EPR zu Fixpreisen. Die Bayerische Landesbank stellte einen billigen Kredit (2,6% Zinsen) in Höhe von 1,95 Milliarden Euro zur Verfügung. Der französische Staat gab eine Exportkreditgarantie in der Höhe von 610 Millionen Euro. Ohne staatliche Subventionierung würde das AKW nicht gebaut werden.

Auch Österreich finanziert die AtomindustrieObwohl Österreich selbst keine Atomkraftwerke betreibt, ist es doch über die EU und über internationale Organisationen an der Finanzierung der Atomindustrie beteiligt. Österreichs Anteil an den letzten drei EU-Atomforschungsprogrammen beträgt insgesamt ca. 110 Mio. Euro. Das neue EU-Atomforschungsprogramm sieht für den Zeitraum 2007 bis 2013 Mittel für die Atomindustrie in der Höhe von mehr als vier Milliarden Euro vor. Österreichs Anteil daran beträgt mehr als 120 Mio. Euro. Zum Vergleich: Die im österreichi-schen Budget für „Energiepartnerschaften“36 mit den Mittel- und Osteuropäischen Staaten zur Verfügung stehenden Mittel belaufen sich für die vier Jahre 2002 bis 2005 auf insgesamt vergleichsweise geringe 1,5 Millionen Euro.

Atomkraft kann das Klimaschutzproblem nicht lösenAtomenergie ist nicht in der Lage, einen substantiellen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Um zum Beispiel den Anteil der Atomener-gie an der globalen Stromerzeugung von derzeit 16% auf 33% im Jahr 2030 anzuheben und dadurch mit ca. 15% zur global notwendi-gen Reduktion der Treibhausgasemissionen beizutragen, wäre etwa 1300 GW nukleare Kraftwerksleistung nötig. Bis 2030 muss aber ein großer Teil der heutigen AKW stillgelegt werden. Daher müssten in diesem Szenario bis 2030 insgesamt 1200 große AKW-Blöcken mit je 1000 MW Leistung gebaut werden. Derzeit sind gerade einmal 25 AKW in Bau.

Der Uranbedarf würde von derzeit ca. 70.000 Tonnen Uran jährlich auf ca. 210.000 Tonnen pro Jahr steigen. Im Jahr 2030 wären dann bereits 4 Millionen Tonnen Uran verbraucht, etwa die Menge der heute bekannten Uranvorräte. Ein solches Szenario wird sich kaum verwirklichen lassen: wegen des Widerstands der Bevölkerung, den enorm hohen Investitionskosten, der Verschärfung der Endlager-

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frage und des steigenden Risikos eines weiteren schweren Unfalls. Atomkraft ist zudem nicht klimaneutral und keinesfalls nachhaltig. Im gesamten atomaren Brennstoffzyklus werden bei Uranabbau, -aufbereitung und -transport große Mengen an CO2 freigesetzt.

Irrweg KernfusionObwohl seit den 60er Jahren an der kontrollierten Nutzung in Kernfusion-Kraftwerken gearbeitet wird und jährlich weltweit 1,5 Mrd. Euro ausgegeben werden, ist eine großtechnische Anwendung nicht vor dem Jahr 2060 zu erwarten. Die anfängliche Euphorie von der unerschöpflichen, sauberen und billigen Energie ist heute ge-dämpft. Die Kernfusion ist – wie die Kernspaltung – eine Risikotech-nologie, weil auch hier hochradioaktiver Atommüll – für mehrere hundert Jahre - endgelagert werden muss.

Es ist der Fusionsforschung seit mehr als 50 Jahren trotz unglaub-licher Forschungsmittel nicht gelungen zu beweisen, dass bei

kontrollierter Kernfusion technisch überhaupt Energie gewonnen werden kann. Zahlreiche erneuerbare Energietechnologien haben diesen Beweis längst hinter sich und warten nur darauf, durch Forschung und Entwicklung zur Markreife zu gelangen, bzw. stehen knapp davor. Energiegewinnung aus Kernfusion ist nur in sehr großen Kraftwerken möglich. Das steht in Widerspruch zu einer zukunftsorientierten und krisensicheren Energiestrategie, die einer dezentralen, regionalen Gegebenheiten angepassten Energiever-sorgung den Vorzug gibt.

Angesichts des großen Handlungsdrucks auf Grund der bevorste-henden Energiekrise und des einsetzenden Klimawandels erscheint es, abgesehen von ungeklärten Sicherheitsrisiken, nicht sinnvoll, gewaltige Mittel in eine mittelfristig nicht verfügbare und derart kapitalbindende Technologie zu investieren. Würde dasselbe Kapital in Energieeffizienztechnologien und Erneuerbare investiert werden, würde dies schneller, billiger und sicherer zur Lösung der Energie-probleme beitragen.

Verdoppelter Energieverbrauch seit 1970Österreich verbraucht immer mehr Energie. Der Bruttoinlandsver-brauch hat sich seit 1970 nahezu verdoppelt (siehe Abbildung 10). Das durchschnittliche Energieverbrauchswachstum lag in diesen 34 Jahren bei 1,9% pro Jahr. Gerade in den letzten Jahren hat sich der Energiehunger noch einmal beschleunigt. Zwischen 1990 und 2004 stieg der Verbrauch um durchschnittlich 2,2% pro Jahr.

Öl, Gas und Kohle dominieren auch in ÖsterreichIm österreichischen Energiemix dominieren die fossilen Energieträ-ger Öl, Gas und Kohle. 42,7% des Energieverbrauchs wurden 2004

durch Erdöl gedeckt, 23,1% durch Erdgas und 11,9% aus Kohle. Ins-gesamt haben die fossilen Energieträger im Jahr 2004 einen Anteil von 77,7% am österreichischen Bruttoinlandsverbrauch. Der Anteil erneuerbarer Energieträger betrug im Jahr 2004 rund 21,6%.

Teure Importabhängigkeit der österreichischen EnergieversorgungDie Importabhängigkeit der Österreichischen Energieversorgung beträgt knapp 70%. Bei Erdgas ist Österreich zu 75 bis 80% von Importen abhängig, nur 20-25% können aus eigener Förderung gedeckt werden. Die Importabhängigkeit konzentriert sich dabei

�.6 energiepolitik in Österreich auf falschem Kurs

Abbildung 10: Entwicklung des Bruttoinlandsverbrauchs an Energie in Öster-reich von 1970 bis 200437

Abbildung 11: Aufteilung des energetischen Endverbrauchs auf Energieträger im Jahr 200438.

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Abbildung 12: Entwicklung des Energieverbrauchs der Sektoren 1990 bis 2004.44

Abbildung 13: Entwicklung des Stromverbrauchs von 1970 bis 200446

Abbildung 14: Stromerzeugung in Österreich im Jahr 2004

stark auf Russland, das 60% des österreichischen Erdgases liefert. Bei Erdöl (93%) und Kohle (84%) ist die Importabhängigkeit noch deutlich höher. Die Energieimporte kommen Österreichs Volkswirt-schaft immer teurer. Von 2002 auf 2003 stiegen sie um 12,6% auf knapp 6,5 Milliarden Euro.39 Im Jahr 2004 betrugen die Kosten für die Energieimporte bereits 8,2 Mrd. Euro. Österreichs Ölrechnung ist besonders hoch: Alleine für Rohöl und Mineralölprodukte betru-gen die Importkosten im Jahr 2004 vier Milliarden Euro.

Kaum Verbesserungen bei der Energieintensität40 Zwischen 1976 und 2002 ist die Energieintensität in Österreich um durchschnittlich 0,8% pro Jahr gesunken. Insbesondere in Zeiträu-men mit stark steigenden Rohölpreisen (z.B. 1978) folgten Phasen (1979 – 1983) in denen eine Verbesserung der Energieintensität erkennbar war. In den letzten Jahren (1993 – 2002) hat sich die En-ergieintensität allerdings nur mehr geringfügig verbessert und sank nur mehr um 0,3% pro Jahr. Beim Stromverbrauch kam es zu keiner Verbesserung mehr.41 Österreich benötigt heute pro Wirtschafts-leistung gleich viel Strom wie vor 10 Jahren, weil keine Effizienzfort-schritte erreicht wurden. Der Stromverbrauch stieg direkt gekoppelt mit dem Wirtschaftswachstum.

Sorgenkinder Verkehr und Dienstleistungen In allen für den Energieverbrauch in Österreich relevanten Sekto-ren42 ist der Energieverbrauch zwischen 1990 und 2004 angestie-gen. Am stärksten stieg der Verbrauch in den Bereichen Verkehr (+70%) und Dienstleistungen (+67%).43 Bei Dienstleistungen kam es zu einer Verschlechterung der Energieintensität, in den anderen Sektoren nur zu leichten Verbesserungen. Der Verkehrssektor war im Jahr 2004 mit einem Anteil von 30,9% erstmals der größte Energieverbraucher.

Stromverbrauchswachstum ohne EndeDer österreichische Stromverbrauch ist von 1990 bis 2004 um durchschnittlich 2,3% pro Jahr gestiegen (siehe Abbildung 13). Das bedeutet in absoluten Zahlen ein Wachstum von 1.200 GWh jährlich, ein Wert der deutlich höher liegt als die Jahreserzeugung des Donaukraftwerkes Freudenau.45 Insgesamt wird in Österreich heute um 33% mehr Strom verbraucht als noch 1990. Der Zuwachs in diesen 14 Jahren betrug mit insgesamt 16.300 GWh weit mehr als die gesamte Erzeugungskapazität aller neun österreichischer Donaukraftwerke zusammen.

Sinkender Anteil erneuerbarer Energieträger im StrommixDer Anteil erneuerbarer Energieträger (inkl. Großwasserkraft) an der Stromerzeugung betrug im Jahr 1997 noch 70% und ist bis 2004 auf 62,5% gesunken. Der Grund für diesen negativen Trend liegt im massiven Anstieg des Stromverbrauchs. Wird der gegenwärtige Trend nicht gestoppt, wird Österreich trotz des Anstiegs der Öko-stromproduktion in den letzten Jahren das EU-Ziel, den Anteil der

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erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2010 auf 78% zu steigern, glatt verfehlen.

Das Ökostrom-Debakel der schwarz-blauen BundesregierungNachdem das Ökostromgesetz zwei Jahre lang einen Boom bei neuen Ökostromanlagen ausgelöst hat (siehe Kapitel 4.2.2.) legte die schwarz-blaue Bundesregierung im Herbst 2004 einen Geset-zesentwurf vor, der vorsah die Ökostrom-Förderungen massiv zu kürzen und die Rahmenbedingungen für ÖkostrombetreiberInnen zu verschlechtern. Damals hatte die SPÖ48 den Beschluss der Gesetzesnovelle noch verhindert. „Die SPÖ wird niemals Kürzungen für die Förderung erneuerbarer Energien zustimmen, wie sie die Regierungsparteien heute durch eine Novelle zum Ökostromgesetz beschließen wollen“, verlautbarte damals SPÖ-Chef Alfred Gusen-bauer per Aussendung.49

Ein Jahr später war alles anders. Am 25.11.2005 einigten sich die Regierungsparteien mit der SPÖ im parlamentarischen Wirtschafts-ausschuss auf eine Ökostromnovelle, die im wesentlichen dem Entwurf aus 2004 gleicht und die schließlich am 23. Mai 2006 im Nationalrat beschlossen wurde. Das novellierte Ökostromgesetz bedeutet einen großen Rückschritt für den Ökowirtschaftsstandort Österreich und den Klimaschutz. Die Förderungen für neue Öko-stromanlagen werden um 80% gekürzt, die Förderlaufzeit von 13 auf 10 Jahre gesenkt. Die bisher geltende generelle Abnahmepflicht für Ökostromanlagen fällt und gilt nur mehr nach Maßgabe vorhande-ner Mittel. Damit wurde die klar im europäischen Trend liegende Einspeiseregelung untergraben.

Die Fördermittel werden künftig neben einem fixen Verrechnungs-preis statt Zuschläge auf den Strompreis durch eine so genannte Zählpunktpauschale aufgebracht. Dadurch werden vor allem kleine Haushalte überproportional belastet, während die Industrie deutlich entlastet wird. Während ein Ein-Personen- Haushalt mit 1.000 kWh Jahresstromverbrauch bisher knapp sechs Euro pro Jahr an Ökostromkosten zu tragen hatte, muss derselbe Haushalt künftig mehr als 16 Euro pro Jahr, also fast das Dreifache bezahlen. Die Industrie wird hingegen um bis zu 34% entlastet.

Das Gesetz bringt große Planungs- und Investitionsunsicherheit für die heimischen Ökoenergie-Unternehmen. Der Ökostrom-Ausbau wird stark gebremst, künftig werden pro Jahr gerade nur mehr einige wenige Anlagen in den Bereichen Biomasse, Biogas und Windkraft errichtet werden können. Für die Photovoltaik stehen fast gar keine Mittel zur Verfügung. Der Aufbau eines österreich-ischen Heimmarktes in zukunftsorientierten Feldern wie z.B. fassadenintegrierte Photovoltaik wird damit unmöglich gemacht, die großen Chancen österreichischer Unternehmen in diesem Bereich vernichtet.

Eine Studie50 im Auftrag des Grünen Landesrats Rudi Anschober belegt, dass sich ab dem Jahr 2007 durch die massive Kürzung der Fördermittel das durchschnittliche zusätzliche Bruttoinlandspro-dukt, das durch einen forcierten Ökostromausbau erzielbar wäre, um bis zu 510 Mio. Euro pro Jahr verringert. Pro Jahr reduziert sich dadurch der zusätzliche Beschäftigungseffekt um bis zu 5.800 Arbeitsplätze.

Der motorisierte Straßenverkehr wächst seit vielen Jahren ebenso rasant und ungebremst wie der Flugverkehr. Der Straßenverkehr ist zu 99%, der Flugverkehr zu 100% von fossilen, nicht erneuerba-ren Energiequellen abhängig. Die Auswirkungen auf Umwelt und Klima nehmen zunehmend katastrophale Ausmaße an. Europaweit kommt es zu 300.000 frühzeitigen Todesfällen durch Feinstaub und Ozon. Österreichweit verkürzt die Feinstaubbelastung das Leben der ÖsterreicherInnen im Schnitt um 9 Monate. In Graz, der “Feinstaub-hauptstadt Europas“ sind es sogar 17 Monate. Kinder und ältere Menschen leiden besonders unter der Schadstoffbelastung, deren Hauptverursacher der Straßenverkehr ist. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die mehr Verkehr mit mehr Schäden zu höheren Kosten brachte, ist nicht nachhaltig.51 Megastaus, Lärmbelastung und Zehn-tausende jährliche Todesopfer durch Unfälle auf Europas Straßen tun ihr Übriges, um deutlich zu machen: Wir leben in einer Verkehrshölle.

Wachsende VerkehrslawinePKW- und LKW-Verkehr wachsen jährlich um ca. 3%. Die Perso-

nenkilometer haben seit 1990 um 62% zugelegt, die Tonnenkilome-ter im Güterverkehr sogar um 75%. Seit 1980 ist die pro Kopf und Tag zurückgelegte Strecke von 28 auf 42 km angewachsen. Die hinsichtlich ihrer Energieeffizienz problematischsten Verkehrsträger – Straßen- und Flugverkehr – haben dabei am stärksten zugelegt. Der Ausbau von Bahn und Bus tritt auf der Stelle.

Hoher EnergieverbrauchDer Energieverbrauch pro Personenkilometer ist beim PKW fünf- bis zehnmal so hoch als bei der Bahn, pro Tonnenkilometer beim LKW mindestens dreimal so hoch. Jeder PKW trägt gemessen an der Beförderungsleistung im Vergleich zur Bahn einen etwa zwölf mal so großen „ökologischen Rucksack“ an Material- und Energieverbrauch. Der Energieverbrauch des Verkehrs hat sich seit 1950 versiebenfacht, alleine seit 1990 ist er um 70% gestiegen. Kontinuierliche Gewichts- und Leistungszunahme (um ca. 2% pro Jahr) heben technologische Fortschritte bei PKW wie LKW wieder auf.

�.7 der Verkehrswahnsinn: mit Vollgas in die sackgasse

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Abbildung 15: CO2-Emissionen pro Personenkilometer im Vergleich Abbildung 16: CO2-Emissionen pro Tonnenkilometer im Vergleich

Gemäß Kyoto-Vertrag und verbindlichem EU-Beschluss muss Ös-terreich seine Treibhausgasemissionen bis 2010 um 13% unter den Stand von 1990 senken. In absoluten Zahlen dürfen die Emissionen

der sechs klimarelevanten Gase im Jahr 2010 nicht mehr als 68,7 Millionen Tonnen betragen. Österreich ist meilenweit von der Errei-chung dieses Ziels entfernt (siehe Abbildung 17).60

�.� Katastrophale Klimaschutzbilanz der Bundesregierung

Immer mehr Treibhausgase und SchadstoffeDer Verkehr ist mit Abstand der Sektor mit den am raschest wachsenden Emissionen und daher energie- und umweltpolitisch das Schlusslicht unter allen Wirtschaftssektoren. Die Treibhausgas-emissionen aus dem Verkehrssektor sind seit 1990 um 87,1 Prozent gestiegen. Eine Studie zum Tanktourismus52 kommt zum Ergebnis, dass rund 30% der für die Berechnung der Klimabilanz herange-zogenen Treibstoffmenge zwar in Österreich verkauft, nicht aber hier verfahren wird. Dies liegt daran, dass die Treibstoffpreise in Österreich im Vergleich zu den meisten Nachbarländern auf Grund geringerer Besteuerung niedriger sind.53 Aber auch ohne Berück-sichtigung des Tanktourismus haben sich die Treibhausgasemissio-nen des Straßenverkehrs von 1990 auf 2003 um ca. 20% erhöht.54

Bei Neufahrzeugen ist nur ein langsames Absinken der durch-schnittlichen CO2-Emissionen zu beobachten. Von 2000–2003 kam es bei Benzinfahrzeugen zu einer Abnahme der CO2-Emissionen von 176 auf 170 g/km, bei Dieselfahrzeugen war der Rückgang von 161 auf 160 g/km nur marginal.55 Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Die Wirtschaft wird immer verkehrsintensiver und ineffizienter: In-zwischen wird jede zusätzliche Einheit BIP-Wachstum mit mehreren Einheiten Verkehrswachstum erkauft, die Transportintensität der Wirtschaft ist seit Mitte der Achtzigerjahre um mehr als ein Drittel gestiegen.

Dass Bahn, Schiff und Bus deutlich besser für das Klima sind als LKW oder Auto ist evident. Legt eine Person einen Kilometer zurück, dann emittiert sie am meisten CO2, wenn sie das Flugzeug

wählt. Aber auch die Fahrt mit dem Auto ist deutlich schädlicher für das Klima als die mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie z.B. Bus oder Bahn (siehe Abbildung 15).56

Beim Güterverkehr verursacht der Transport auf der Straße deut-lich mehr CO2 als mit der Bahn. Das Schiff ist klimafreundlicher als der LKW (siehe Abbildung 16).57

Der Straßenverkehr ist auch Hauptverursacher für eine Reihe von gesundheitsgefährlichen Luftschadstoffen wie etwa Feinstaub, Stickoxiden und Ozon. Die Stickoxidemissionen aus dem Straßen-verkehr haben zwischen 1990 und 2003 um 31% zugenommen.58 Die Staubbelastung aus dem Verkehr nimmt seit Jahren beständig zu. Verantwortlich sind hierbei in erster Linie Dieselmotoren. Zu den Verursachern zählen neben dem PKW und LKW auch Baumaschi-nen und Fahrzeuge aus der Land- und Forstwirtschaft.59

Hohe Kosten93 Mrd. Euro pro Jahr kostet der Verkehr derzeit in Österreich. Davon werden 58 Mrd. Euro in Geld bezahlt. 29 Mrd. werden von der Allgemeinheit getragen. Jeder Bürger, jede Bürgerin bezahlt pro Monat fast 300 Euro für jene Kosten des Verkehrs, die auf die All-gemeinheit umgewälzt werden, also Staukosten, Unfallkosten und Umwelt- und Gesundheitsschäden. Die Kosten für das eigene Auto sind da noch nicht mit einberechnet. Der LKW ist besonders teuer. Pro Tonnenkilometer kommt er die Allgemeinheit fast dreimal so teuer wie der Güterzug. Flug- und Straßenverkehr sind weit entfernt davon, ihre wahren Kosten selbst zu tragen.

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Abbildung 17: Österreichische Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Kyotoziel64

Abbildung 18: Anteil (2004) und Wachstumsraten (1990-2004) der Treibhausgasemissionen nach Sektoren63

Abbildung 19: Entfernung der EU-15-Staaten vom Kyoto-Ziel im Jahr 200365

Im Jahr 2004 betrugen die Treibhausgasemissionen in Österreich 91,3 Millionen Tonnen und lagen damit um 15,7% höher als im Basisjahr 1990. Die Entfernung zum Kyotoziel beträgt 22,6 Millionen Tonnen oder 28,7 Prozentpunkte. Berechnet man die geplanten Maßnahmen im Rahmen der so genannten flexiblen Mechanismen62 im Ausmaß von 7 Mio. Tonnen mit ein, klafft immer noch ein Lücke von 15,6 Mio. Tonnen zwischen dem derzeitigen Emissionsniveau und dem Kyoto -Ziel.

Der Verkehr verzeichnet den mit Abstand stärksten Zuwachs, gefolgt von der öffentlichen Strom- und Wärmeproduktion und der Industrie, insbesondere der Eisen- und Stahlerzeugung (siehe Abbildung 18). Die Emissionen aus der Energieaufbringung sind seit 1990 um 13,9 Prozent angewachsen. Wichtigster Verursacher ist die Strom- und Wärmeproduktion in kalorischen Kraftwerken (plus 60% zwischen 1990 und 2004). Die Emissionen aus dem Industrie-sektor sind zwischen 1990 und 2004 um 7,8% gestiegen, jene aus dem Raumwärmebereich lagen 2004 leicht unter den Werten von 1990, während die Klimastrategie eine Reduktion um 28,1% vor-

sieht.64 Österreich zählt zu den europäischen Schlusslichtern beim Klimaschutz (siehe Abbildung 19).

Die Treibhausgasemissionen sind in Österreich zwar von 2003 auf 2004 erstmals seit 1990 leicht (um 1,3%) gesunken, der Rück-gang ist aber vor allem auf die milden Winter und die im Jahr 2004 gegenüber dem Vorjahr bessere Wasserführung der Flüsse und damit auf mehr Wasserkraft-Energie zurückzuführen. Von einer Trendwende kann nicht gesprochen werden. Der kalte und lange Winter 2005/2006 wird voraussichtlich wieder einen Anstieg der Emissionen bewirken.

Um das Kyotoziel tatsächlich zu erreichen, müssten die Emissionen ab sofort um mindestens 3% pro Jahr sinken. Dazu bedarf es nicht nur einer konsequenten Umsetzung der bestehenden Klima-strategie, sondern auch die Umsetzung zahlreicher zusätzlicher Maßnahmen. Beides wurde von der schwarz-blau-orangen Bundes-regierung verabsäumt. Wird das Klimaschutzziel verfehlt, drohen Österreich gemäß Kyoto-Vertrag Strafzahlungen in Millionenhöhe.

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� grüne ziele und strategien für die nachhaltige energiezukunft

Die Energiewende ist eines der zentralen Projekte zur Zukunfts-sicherung. Sie ist Voraussetzung für hohe Lebensqualität und wirtschaftliche Stabilität in Österreich und ein unverrückbarer Eckpfeiler Grüner Politik. Die Leitlinien des Grünen Energie- und Klimaschutzprogramms beschreiben Strategien und übergeordnete Ziele der Energiewende. Sie legen die Basis für das Maßnahmen-programm und zeigen, dass Klimaschutz und die Energiewende mit vielfältigen Chancen verbunden sind.

Nachhaltigkeit als LeitprinzipNachhaltigkeit ist nicht nur Schlagwort, sondern Leitprinzip. Das Grüne Klimaschutz- und Energieprogramm ist Ausdruck unserer Verantwortung gegenüber kommenden Generationen und des Umgangs mit unserem Lebensraum. Nachhaltiger Klimaschutz wirkt in allen Lebensbereichen und stellt einen Paradigmenwechsel in der Politik dar. Er wird als öffentliche Aufgabe wahrgenommen und mit entsprechenden Instrumenten (Regulierung, Anreizsysteme, Fiskalmaßnahmen, energiepolitische Strategie) umgesetzt.

Eine 100% nachhaltige Energieversorgung ist möglichDie Energiewende mit dem Ziel einer vollsolaren Energieversor-gung66 ist die einzige langfristig geeignete Strategie im Kampf gegen die weltweite Bedrohung des Klimawandels. Die Vision einer 100% nachhaltigen Energieversorgung legt die Latte hoch, doch die Grünen verstehen es als Aufgabe zukunftsorientierter Politik, hohe Ansprüche zu stellen. Die Vision wird Realität werden, wenn man jetzt die richtigen Hebel in Bewegung setzt.

Die Effizienzrevolution kommtDie unverzichtbare Grundlage der Energiewende ist eine Effizienz-revolution. Steigt der Energieverbrauch weiter so rasant wie in den letzten Jahren, wird der Ausbau der Erneuerbaren vom Verbrauchs-zuwachs wettgemacht und die Energiewende kommt nicht in Schwung. Energieeffizienz bedeutet aber nicht Verzicht. Wir haben die Technologien und das Know-how bei Produkten und Dienst-leistungen, sowohl in der Industrie, bei der Mobilität wie auch im privaten Haushaltsbereich, um mit der Hälfte (in vielen Bereichen sogar einem Viertel) des heutigen Energieverbrauchs den selben Wohlstand zu genießen.

Raus aus dem Öl ...Das Zeitalter der fossilen Energieversorgung geht zu Ende. Je früher die Strategie einer vollsolaren Energieversorgung greift, desto eher wird man zu den GewinnerInnen der grundlegenden Änderung der weltweiten Energieversorgung gehören. Die Preissteigerungen der fossilen Energieträger wie Öl und Gas sind erst der Beginn einer Entwicklung, die nur eines bedeuten kann: Wir müssen raus aus dem Öl und der fossilen Energieversorgung.

... und Atom!Die Nuklearenergie ist keine Alternative zu fossilen Brennstoffen. Sie ist riskant, teuer und nicht nachhaltig. In der europäischen Politik ist eine Weichenstellung für solare Energien und gegen die Nuklearoption notwendig. Dies betrifft nicht nur die Energiever-sorgung selbst, sondern insbesondere auch Forschungsmittel und öffentliche Subventionen.

Den Erneuerbaren gehört die ZukunftMit Sonne, Biomasse, Wind, Wasser und Erdwärme stehen riesige erneuerbare und klimaschonende Quellen zur Erzeugung von Strom, Wärme und Treibstoffen zur Verfügung. Diese Technologien werden weltweit stark wachsen. Die Rah-menbedingungen von heute schaffen die Grundlagen, damit die Energiewende morgen funktioniert.

Die Energiewende sichert die Energieversorgung der ZukunftDurch den weltweit stark steigenden Energieverbrauch steht erst-mals nach Jahrzehnten die Frage der Versorgungssicherheit wieder im Mittelpunkt der politischen Aufmerksamkeit. Die Energiewende ist die sicherste Option, eine nachhaltige und stabile Energiever-sorgung in Zukunft zu garantieren. Dabei wird die Sicherung der Energieversorgung als Aufgabe des Staates verstanden.

Neue Chancen für die österreichische WirtschaftDer Ausbau der Technologien bei erneuerbaren Energien und der Einsatz von Energieeffizienzleistungen sind eine Riesenchance für unseren Wirtschaftsraum. Sie fördern machen österreichischen Unternehmen den Weg zur Weltspitze frei. Die Energiewende ist keine Belastung, sondern ein Zukunftsprogramm für die Wirtschaft. Die gute Ausgangsposition heimischer Unternehmen am Weltmarkt bei Effizienz-, Solar-, Mobilitäts- und Biomassetechnologien wird durch die volle Unterstützung am Heimmarkt gestärkt. „Klima-schutztechnologie aus Österreich“ wird eine weltweit erfolgreiche Handelsmarke.

Die Energiewende bringt Arbeitsplätze. Bis 2020 können mindestens 100.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Erneuerbaren und Energieeffizienzmaßnahmen sind deutlich beschäftigungsintensiver als die auf Importen aufbauende fossile Wirtschaft.

Die Energiewende ist der beste Schutz vor der sozialen ÖlpreisfalleZiel der Energiewende ist es, sozial verträgliche Rahmenbedingun-gen für den Energiemarkt zu schaffen. Besonders sozial schwächere Personengruppen werden etwa von verbesserter Gebäudetechnolo-

�.1 leitlinien, ziele und strategien

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gie profitieren. Nicht nur Besserverdienende werden sich Inves-titionen (z.B. in die Gebäudesanierung) leisten können, sondern alle sollen von der Effizienz und den Technologien profitieren. Die Vermittlung von Know-how in alle sozialen Gruppen soll dabei für Interesse und Akzeptanz sorgen.

Dezentralität schafft regionale WertschöpfungDie Energiewirtschaft steht vor einer Revolution: Die Zukunft ist dezentral und flexibel, vielfältig und solar. Die Energieversorgung der Zukunft baut stark auf dezentralen Einheiten auf. Dies erhöht die regionale Wertschöpfung.

Die Energiewende als Zivil- und KatastrophenschutzDie Energiewende trägt maßgeblich zu einem verbesserten Zivil- und Katastrophenschutz bei. Eine konsequente Anti-Atom-Politik mit dem Ziel eines Atomausstiegs in Europa und der raschen Schließung grenznaher, unsicherer AKW ist ein zentraler Beitrag für den Terrorschutz. Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen verringert die Gefahr von Katastrophen, wie z.B. Überschwemmun-gen und Hitzeperioden.

Hohe Importabhängigkeit und wirtschaftliche Risiken verringernÖsterreich und Europa sind von Energieimporten abhängig. Diese Abhängigkeit und damit verbunden das Handelsbilanzdefizit wird sich vergrößern, wenn nicht gegengesteuert wird. Gas aus Russ-land, Öl aus dem Nahen Osten – die grüne Energiewende verringert wirtschaftliche und damit auch politische Abhängigkeit, indem eigene Ressourcen nachhaltig genutzt werden und der Energiever-brauch reduziert wird.

Technologie & Innovation als Motor der EnergiewendeWir brauchen Technologieentwicklung, um weltweit Spitze zu wer-den. In einigen Bereichen sind wir das dank der Innovationen vieler Pioniere schon. Und zwar weitgehend trotz und nicht wegen der bisherigen politischen Rahmenbedingungen. Ziel der Energiewende ist es, Modelle und Produkte der zukünftigen Energieversorgung zu entwickeln, und diese breitenwirksam dem Markt zuzuführen.

Die Energiewende lässt forschenDie Energiewende legt einen breiten Schwerpunkt in Wissenschaft und Forschung. Die weltweite Dynamik im Bereich der Energiever-sorgung erhöht den Innovationsdruck. Es braucht insbesondere in der nachhaltigen Energieforschung Rahmenbedingungen und Voraussetzungen, um Energiewendeprojekte zu forcieren. Dafür werden sowohl die finanziellen Ressourcen bereit gestellt, als auch neue Kapazitäten im Bereich Ausbildung, Universitäten, For-schungseinrichtungen und internationale Kooperationen entwickelt.

Kostenwahrheit und VerursacherprinzipDie Energiewende reformiert das Steuersystem und schafft Kosten-wahrheit und soziale Gerechtigkeit. Die ökosoziale Steuerreform der Grünen ist ein zentraler Eckpfeiler der Klimaschutzpolitik.

Die Energiewende als kulturelles ProjektDie Energiewende ist nicht nur eine technische Frage. Um Energie-effizienz und erneuerbare Energietechnologien zu verankern, sind auch kulturelle Revolutionen notwendig. Ob beim Hausbau, in der Mobilität oder im Umgang mit Elektrizität – nur mit Wissensver-mittlung und der kulturellen Verankerung (etwa in der Architektur durch den Passivhausstandard) wird die Energiewende den Schritt vom Modell zur Realität schaffen.

BündnispartnerInnen für die EnergiewendeDie Energiewende setzt auf Kooperationen und Partnerschaften. Ob Bund, Länder und Gemeinden, Zivilgesellschaft, Nichtregierungsor-ganisationen oder Wirtschaft – die Energiewende wird nicht nur das Projekt einer Gebietskörperschaft sein können, sondern muss alle relevanten Bereiche mitnehmen. Vielfalt ist eine Stärke - auf den Mix kommt es anEs gibt nicht die eine Technologie der Energiewende, sondern viele. Es ist die Vielfalt der erneuerbaren Energiequellen, die ihre Stärke sein wird. Beispiele energieautonomer Gemeinden beweisen, dass nicht nur eine erneuerbare Technologie die Unabhängigkeit von Importen geschafft hat, sondern ein sinnvoller Mix möglich und notwendig ist.

Die Energiewende wirkt internationalDie Energiewende erzielt internationale Wirkung. Einerseits durch die Kooperation mit internationalen Partnern sowohl auf politischer wie auch auf wirtschaftlicher Ebene, andererseits durch die Modell-wirkung, die von Österreich ausgeht. Insbesondere das Engagement in der europäischen Union und im Rahmen des UN-Klimaregimes erhält entsprechende Aufmerksamkeit. Energie- Außenpolitik wird ein Schwerpunktbereich.

Die Energiewende als FriedensprojektDie Nachfrage nach Energieressourcen ist wesentlicher Grund für internationale Konflikte. Der vielzitierte Krieg ums Öl ist Realität geworden. Die Ausbeutung der fossilen Ressourcen, nicht selten gestützt durch autoritäre Regime, geht zuweilen Hand in Hand mit dem Bruch von Menschenrechten. Eine nachhaltige Energiewende, die auf der Nutzung eigener Ressourcen aufbaut, stellt das Ge-genmodell zum Kampf um knapper werdende Ressourcen dar. Um Sonne, Holz und Wind werden keine Kriege geführt werden.

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Das Grüne Energieszenario für Österreich ist ein Idealbild. Werden für diese Vision rasch die Weichen gestellt, so ist deren Realisierung bei entsprechendem politischen Mut durchaus machbar. Auch wenn eine Welt ohne Öl, Gas, Kohle und Atomkraftwerke für viele aus heutiger Sicht schwer vorstellbar erscheint, so kann eine klare Vorstellung davon, wie die Energiewelt in 50 Jahren ausschauen soll, helfen sich diesem Ideal weitgehend anzunähern.

50% neue Energien...Die Grüne Energiewende bringt Österreich auf einen ökologisch und sozial verträglichen Kurs, der auch Arbeitsmarkt und Wirtschaft belebt. Langfristiges Ziel ist die 100%ige Versorgung Österreichs mit erneuerbaren Energien. Bis zum Jahr 2050 sollen in Österreich Strom, Wärme und weitgehend auch Treibstoffe ausschließlich aus umweltfreundlichen, klimaneutralen, erneuerbaren Energien erzeugt werden.

... 50% durch EnergieeffizienzUm das Ziel einer 100%igen Grünen Energieversorgung zu errei-chen, wird ein Kulturwandel im Umgang mit dem wertvollen Gut Energie eingeleitet. Das derzeitige Dogma eines ständig steigenden Energieverbrauchs wird durchbrochen. Durch eine Energieeffizi-enz-Revolution benötigt Österreich im Jahr 2050 nur mehr 50% des heutigen Energieverbrauchs. Die anderen 50% werden durch „Kraftwerke“ erzeugt, die keine Betriebsbewilligungen benöti-gen und keine Emissionen erzeugen: Grüne Effizienzkraftwerke. Ohne Komfortverlust und im Vergleich zu Kraftwerksneubauten geringeren wirtschaftlichen Kosten kann mit heutiger Technologie mindestens 20% unseres Energieverbrauchs vermieden werden . Bis 2050 werden durch neue Technologien, marktwirtschaftliche Anreize, politische Rahmenbedingungen und unterstützt durch öffentliche Kampagnen die Hälfte unseres heutigen Energiever-brauchs eingespart.

Die Grüne Energiewende braucht Etappenziele Wie die Tour de France wird auch die grüne Energiewende nicht in einer Etappe gewonnen. Die Energiewende braucht langfristige Planungssicherheit für InvestorInnen, Politik und BürgerInnen. Dazu werden für den Ausbau erneuerbarer Energieträger und die Verbesserung der Energieeffizienz konkrete Ziele festgeschrieben und gesetzlich verankert.

Energieeffizienz 2020Der Gesamtenergieverbrauch Österreichs wird bis 2020 um 20% gesenkt und damit das Verbrauchsniveau von 1995 erreicht. Dabei soll der Stromverbrauch bis zum Jahr 2010 stabilisiert und dann bis zum Jahr 2020 um 10% auf das Stromverbrauchsniveau des Jahres 2000 gesenkt werden. Im Sektor der privaten Haushalte, der Büros

�.� grünes energieszenario für Österreich

und im Öffentlichen Bereich (z.B. Straßenbeleuchtung) wird der Verbrauch elektrischer Energie bereits bis 2015 um 20% gesenkt.

Strom 2010 – 2015 – 2020 - 2030Der Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung soll bis 2010 EU-konform auf mindestens 78%, bis 2015 auf 85% und bis 2020 auf 90% gesteigert werden. Ab dem Jahr 2007 soll der Stromverbrauch um ca. 610 GWh/Jahr verringert werden. Dies entspricht einer jährlichen Reduktion von rund 1% pro Jahr. Bis 2010 kann dadurch der Stromverbrauch auf den Wert des Jahres 2004 stabilisiert und bis 2020 um weitere 6500 GWh gesenkt werden. In absoluten Zahlen soll der Stromverbrauch im Jahr 2020 nicht mehr als 58.000 GWh betragen. Um dann einen Anteil von 90% erneu-erbare Energien an der Stromerzeugung zu erreichen ist darüber hinaus eine Steigerung der Stromerzeugung aus Ökostromanlagen

pRaXisBeispiel 1

Kleinwasserkraft -Revitalisierungsoffensive:Das Beispiel Oberösterreich zeigt, dass durch Revitalisierun-gen und Effizienzsteigerungen trotz Berücksichtigung der EU-Wasserrahmenrichtlinie eine Steigerung der Stromproduktion aus Kleinwasserkraftwerken möglich ist. In Oberösterreich gibt es rund 570 Kleinwasserkraftwerke die derzeit ca. 635 GWh Ökostrom pro Jahr ins öffentliche Netz liefern - das sind 7 Prozent des oberösterreichischen Gesamtstromverbrauches. Mit einer Kleinwasserkraft-Beratungsaktion des Energier-essorts sind in den vergangenen zwei Jahren insgesamt 338 AnlagenbetreiberInnen beraten worden mit dem Ziel, die Anlagen zu modernisieren, also auf den Stand der Technik und gleichzeitig auch auf den aktuellen Stand der Ökologie zu bringen. Das Ergebnis: Insgesamt 178 Kraftwerksbetreiber ha-ben ihre Anlagen modernisiert (davon 29 komplette Neubau-ten auf teils bestehenden Standorten), insgesamt 34 Millionen Euro wurden investiert und im Schnitt die Stromerzeugung um 33% je Anlage gesteigert - in Summe 30 GWh neuer Ökostrom pro Jahr. Der Energieertrag konnte durch Anlagenmodernisie-rung und Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (Installation von Fischaufstiegshilfen etc.) gesteigert werden.

Tabelle 2: Szenario Stromerzeugung 2004 - 2020

Strom 2004 GWh % Strom 2020 GWwh %

Wasserkraft 39.000 60,5 Wasserkraft 41.000 70,7

Ökostrom 1.500 2,3 Ökostrom 11.000 19

Öl, Gas, Kohle 24.000 37,2 Öl, Gas, Kohle 6.000 10,3

Gesamt 64.500 100 Gesamt 58.000 100

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und Kleinwasserkraftwerken notwendig (siehe Tabelle 2). Bis 2030 soll die Energiewende im Strombereich vollständig umgesetzt sein und die Stromproduktion zu 100% aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden.

Eine WIFO Studie68 berechnet in einem „Baseline“ Szenario (keine Änderung der derzeitigen Energiepolitik) die Entwicklung des Stromverbrauchswachstums in Österreich zwischen 2004 und 2010 mit durchschnittlich + 2,3% pro Jahr und im Zeitraum 2010 – 2020 weiter ansteigend mit durchschnittlich + 2,7% jährlich. Ein in der selben WIFO-Studie berechnetes „Energie-Effizienz Szenario“ geht immer noch von einem Stromverbrauchswachstum von +1,6% in den Jahren 2004 – 2010 und sogar +1,9% im Zeitraum 2010 –2020 aus. Das Grüne Energiewende-Szenario sieht hingegen für den Zeitraum 2007 bis 2014 eine Stromverbrauchsverringerung von mi-nus 0,9% pro Jahr von 2014 bis 2020 eine Verringerung um jährlich 1,0% vor (siehe Abbildung 20).

Wärme 2015 - 2030Das Passivhaus wird zum Standard für neue Gebäude und hat sich bis 2010 im Neubau flächendeckend durchgesetzt. Bis 2015 soll die Energiewende im Raumwärmebereich bewirken, dass zwei Drittel der Heizenergie für Haushalte und Büros aus Holz (Pellets, Hack-schnitzel, etc.), Sonne (Solaranlagen), Fernwärme aus Abwärme und Erneuerbaren und hocheffizienten Erdwärme- und Grundwas-serwärmepumpen gedeckt werden. Bis 2030 sollen Häuser und Büros in Österreich unterstützt durch verbesserte Wärmedäm-mung zu 100% mit erneuerbaren Energien und Fernwärme beheizt werden. Öl-, Gas-, Kohle- und Stromheizungen gehören dann der Vergangenheit an.

Biogas 2010 – 2015 – 2020Zur beschleunigten Markteinführung von Biogas werden Quoten-ziele für die Erdgassubstitution durch Biogas-Netzeinspeisung (zur Verwendung in den Segmenten Treibstoffe und Wärme) festgelegt.

Die Förderung der Netzeinspeisung kann dabei etwa durch ein zu schaffendes Ökogasgesetz erfolgen. Bis 2010 sollen 4% des Gasan-teils in Österreich aus Biomethan bestehen. Die Biogas-Quote soll bis 2015 auf 10% und bis 2020 auf 20% gesteigert werden.

Treibstoffe 2010 – 2020Eine durchdachte Biokraftstoff-Strategie kann einen wichtigen Beitrag für eine Energiewende im Verkehrsbereich leisten. Bis 2010 sollen 10% der in Österreich verkauften Treibstoffe aus erneuer-baren Energiequellen kommen. Der Bioanteil soll bis 2015 auf 15% und bis 2020 auf 20% gesteigert werden. Das nachhaltige Erreichen dieses Ziels wird durch rechtliche, technische und organisatori-sche Maßnamen zur Verringerung des Energieverbrauchs deutlich begünstigt. Neben Biodiesel und Bioethanol soll dabei vor allem auf Biogas (Biomethan) gesetzt werden. Bis 2020 soll mindestens die Hälfte des Biokraftstoffs in Österreich von Biomethan abgedeckt werden. Beim Einsatz von Biogas sollen Flottenlösungen (Busse, Taxis, Betriebe etc.) Vorrang haben.

Die Verwendung von Erdgas (Methan) als Treibstoff wird als Brück-entechnologie unterstützt, sofern durch gesetzliche Vorgaben ein Mindestanteil von 25% Biomethan am Gas-Treibstoff festgeschrie-ben wird. Der Biogasanteil soll in Folge, abhängig von den verfügba-ren Mengen, weiter gesteigert werden. Um Biogas als Treibstoff in entsprechender Menge auf den Markt, d.h. an die AutofahrerInnen zu bringen, ist die Errichtung von Gasbetankungsanlagen an den bestehenden Tankstellen in Österreich notwendig. Bis 2020 sollen dazu 1000 Anlagen errichtet werden. Gleichzeitig wird durch entsprechende Anreize der Markt für Gasfahrzeuge (PKW, LKW, Busse, Taxis, Mietwagen etc.) stark weiterentwickelt.

Biomasse-Strategie für ÖsterreichBiomasse wird als Brenn- und Treibstoff immer attraktiver und kommt auch in der Stromerzeugung zum Einsatz. Der Boom bei Pellets, die wachsende Anzahl an Biomassekraftwerken und die Perspektiven im Treibstoffbereich zeigen das Potential der biogenen Rohstoffe. Österreichs Biomassewirtschaft steht eine große Zukunft bevor. Im Rahmen der Grünen Energiewende soll dieser Zukunft mit einer eigenen Biomasse-Strategie begegnet werden, da mit der erhöhten Nachfrage auch Fragen der Preisentwicklung, wirtschaftli-chen Struktur und Versorgungsfragen auftreten.

Eine österreichische Biomasse-Strategie beinhaltet folgende Eckpunkte:> Nachhaltige Bewirtschaftung unserer Wälder bei gleichzeitig

erhöhter Mobilisierung von Holz aus dem Wald. Jährlich wachsen über 30 Mio. Festmeter Holz zu, wovon ca. ein Drittel ungenutzt bleibt.

> Schaffung von Bewirtschaftungsstrukturen, die auch den vielen Wald-KleinstbesitzerInnen in Österreich die Möglichkeit bieten,

Abbildung 20: Energieeffizienzszenario 2020 im Stromsektor

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ihren Wald zu bewirtschaften. Es braucht entsprechende Analy-sen, Beratung und Serviceangebote.

> Gewährleistung eines multifunktionalen Zugangs bei der Bewirt-schaftung von 100.000 ha ungenutzter landwirtschaftlicher Fläche.

> Lagerhaltung und Verarbeitung von Biomasse.> Schaffung von Voraussetzungen für eine nachhaltige Biomas-

seLogistik, die vermehrten LKW-Einsatz so weit wie möglich verhindert.

> Definition von Schwerpunktbereichen der Biomassenutzung in Österreich.

> Entwicklung von Biomasseszenarien in Österreich.> Verknüpfung von Biomasse mit anderen erneuerbaren

Energieträgern, insbesondere der Solarenergie.> Definition von Leitprojekten zur Entwicklung von

Innovation und Technologien, aber auch Produktion und Vertrieb.

> Erfassung und Weiterentwicklung rechtlicher Rahmenbedin-gungen (etwa im Wohnrecht) zur Forcierung von Biomasse im Wärmebereich.

> Entwicklung von Beratungs- und Qualifizierungsprogrammen im

Biomassebereich.> Entwicklung von Forschungsprogrammen im Rahmen des

österreichischen Energieforschungsschwerpunktes zum Bereich Biomasse.

Klimaschutzszenario 2010 – 2020 - 2050Die Grüne Energiewende ist der Schlüssel für einen wirksamen Klimaschutz. Als erster Schritt ist eine kyotokonforme Reduktion der österreichischen Treibhausgasemissionen bis 2010 um 13% gegen-über dem Emissionsniveau von 1990 notwendig, das österreichische Klimaschutzziel soll erreicht werden, auch wenn das durch die Versäumnisse der schwarz-blau-orangen Bundesregierung aus heutiger Sicht großer Anstrengungen bedürfen wird.

Im Jahr 2015 sollen die Emissionen um 20% unter dem Wert von 1990 liegen. Bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um mindestens 30% gegenüber 1990 sinken. Im Jahr 2050 sollen die klimaschädlichen Emissionen um 80% unter dem Wert von 1990 liegen. Diese Ziele sollen gesetzlich verankert und deren Einhaltung laufend überprüft werden.

Kurz & KonkretÖsterreich hat gute Vorraussetzungen, die Energiewende bis zum Jahr 2050 vollständig umzusetzen. Die Ausgangsituation für eine Energiewende in Europa ist auf Grund der großen Dominanz von fossilen Energieträgern und Atomenergie schwieriger. Trotzdem kann Europas Energieversorgung langfristig auf einen nachhaltigen Kurs gebracht werden. Szenario-Berechnungen belegen, dass Eu-ropa seinen Energiebedarf bis Mitte des Jahrhunderts weitgehend aus erneuerbaren Energien decken und gleichzeitig auf Atom-kraft verzichten kann. Szenarien sind keine Prognosen, sondern beschreiben machbare Entwicklungspfade. Bei entsprechendem politischen Willen können sie Wirklichkeit werden.

AusgangslageDer Anteil erneuerbarer Energien in Europa (EU-25) lag im Jahr 2004 bei 6% des Gesamtenergieverbrauchs. Seit 1997 arbeiten die EU-15 auf das Ziel hin, diesen Wert bis zum Jahr 2010 auf 12% zu steigern. Für den Strombereich wurde ein gesondertes Ziel fest-gelegt: Bis 2010 sollen 22% des Stroms in der EU-15, bzw. 21% des Stroms in der EU-25 aus erneuerbaren Energiequellen kommen.69

Die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien hat sich in der EU-15 seit dem Jahr1997 um durchschnittlich 3% pro Jahr erhöht und trägt bereits knapp 15% zur Strombereitstellung bei. Der bishe-rige Anstieg ist vor allem auf die Entwicklung in zwei Sparten der Erneuerbaren Energien zurückzuführen: die Windenergie mit einem durchschnittlichen Wachstum von 35% pro Jahr (siehe Abbildung

21) und die Biomassenutzung zur Stromerzeugung mit jährlich 13% Wachstum. Um das EU-Ziel von 21% bis zum Jahr 2010 zu erreichen, braucht es auch angemessene Wachstumsraten in den anderen Sparten der erneuerbaren Energien.

Beim EU-Gipfel im März 2006 wurden erstmals – wenn auch sehr unverbindlich und vage – Ziele für den Zeitraum nach 2010 formuliert. Es solle überlegt werden, den Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis 2015 auf 15% zu steigern, jener der Biotreibstoffe soll bis dahin auf 8% steigen.71 Darüber hinaus gibt es einen Beschluss der EU-Umweltminister, die Treibh-ausgasemissionen der EU bis 2020 um 15 bis 30% und bis 2050 um 60 bis 80% zu senken.

25% erneuerbare Energien bis 2020 sind machbarEine Studie72 des European Renewable Energy Council (EREC)73 kommt zu dem Schluss, dass der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch der EU-15 bis zum Jahr 2020 auf 20% gesteigert werden kann. Die Studie geht dabei von einer weiteren Steigerung des Energieverbrauchs um insgesamt 8% bis 2020 aus, lässt also das von der EU-Kommission selbst angegebene Energie-Einsparpotential von 20% bis 2020 unberücksichtigt.

Unter der Annahme, den europäischen Energieverbrauch zusätz-lich bis 2020 um 20% zu senken, könnte der Anteil erneuerbarer Energien in diesem Szenario bis 2020 sogar auf 27% gesteigert

�.� grünes energieszenario für die eu

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Abbildung 21: Stromerzeugung aus Windenergie in der EU: 1990 – 200470

werden.74 Die Erreichung eines Anteils erneuerbarer Energieträger am Gesamtenergieverbrauch der EU auf 25% bis 2020 sollte daher als Ziel für die Europäische Energiepolitik fixiert werden.

Mindestens 50% bis 2050Der Gesamtenergieverbrauch Europas kann bis zum Jahr 2050 zu mindestens 50% aus erneuerbaren Energien abgedeckt werden, wenn gleichzeitig der Energieverbrauch deutlich gesenkt wird. Ein entsprechendes Szenario hat beispielsweise Joachim Nitsch berechnet (siehe Abbildung 22).75

Ein im Auftrag von Greenpeace errechnetes Szenario76 kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Energiebedarf der EU-25 im Jahr 2050 zu 50% aus erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. Die Studie geht dabei von einer Reduktion des Energiever-brauchs um 36% im Jahr 2050 gegenüber dem Jahr 2003 aus. Im Strombereich ist in diesem Szenario bis 2050 ein Anteil von 70% erneuerbarer Energien machbar.

In nahezu allen Szenarien liegen die Kosten für den Weg einer konsequenten Energiewende bis zum Jahr 2050 unter jenen einer Fortsetzung des fossil-atomaren Weges.

Beispiel DeutschlandDeutschland hat im Vergleich zu Österreich eine ungünstigere Ausgangssituation für die Energiewende. Während Österreich vor allem auf Grund der Wasserkraft und der Holznutzung einen Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch von ca. 22% aufweist (im Strombereich: 62,5%),77 tragen die erneuerbaren Energien in Deutschland gerade einmal 3,6% zum Energieverbrauch (Strom: 9,4%)78 bei. Deutschland kann daher als Beispiel dienen, um zu zeigen, dass auch große Industriestaaten in der EU die Ener-giewende umsetzen können.

Ein im Auftrag des deutschen Umweltministeriums erstelltes Szenario zeigt, dass durch den verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien und eine effizientere Energienutzung die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 um 80% gegenüber dem Jahr 1990 gesenkt werden können. Bereits im Jahr 2020 könnten 12% des Primärener-gieverbrauchs und 30% der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Bis zum Jahr 2050 steigt nach diesem Szenario der Anteil an der Stromerzeugung auf 68% und der Beitrag der erneuerbaren Energien zur Wärmebereitstellung auf rund 50% (siehe Abbildung 23).

Szenarien, die etwa vom Wuppertal Institut und anderen For-schungsinstituten im Auftrag des deutschen Bundestages80 erstellt wurden, zeigen, dass es technisch sogar machbar ist, die Ener-gieversorgung Deutschlands bis zum Jahr 2050 fast zu 100% auf erneuerbare Energien umzustellen.

Abbildung 22: Energieszenario EU 2050

Abbildung 23: Energieszenario Deutschland 205079

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Kurz & KonkretEines ist klar: Langfristig werden die erneuerbaren Energien die glo-bale Energieversorgung komplett übernehmen, und zwar aus einem simplen Grund: Es gibt dazu keine Alternative. Die Menschheit kann bei der Energieversorgung nicht dauerhaft auf endliche Energie-ressourcen wie Öl, Gas, Kohle oder Uran bauen. Für jene ca. zwei Milliarden Menschen in den Entwicklungsländern, die über keinen Zugang zu modernen Energiequellen wie etwa Strom verfügen, bietet die Vielfalt der erneuerbaren Energien geeignete Lösungen an. Erneuerbare Energien funktionieren dezentral und ohne teure und groß angelegte Leitungsnetze. Eine gleichzeitige Effizienzrevo-lution vorausgesetzt, kann bis zum Jahr 2050 die Hälfte der weltweit benötigten Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden. Bis zum Ende des Jahrhunderts kann die globale Energieversorgung komplett auf nachhaltige Füße gestellt werden.

50% erneuerbare Energien bis 2050Zahlreiche publizierte Szenarien zeigen, dass die Energiewende auch auf globaler Ebene machbar ist. Ein von EREC berechnetes Szenario81

skizziert den Weg der globalen Energieversorgung bis ins Jahr 2040 und zeigt, wie erneuerbare Energien bis dahin die Hälfte des weltwei-ten Energieverbrauchs abdecken können (siehe Abbildung 24).

�.� die globale energiewende ist möglich

2001 2010 2020 2030 2040

Gesamtenergieverbrauch in Mio. Tonnen Erdöläquivalent. 10.038,3 10.549 11.425 12.352 13.310

Biomasse 1080 1313 1791 2483 3271

Großwasserkraft 222,7 266 309 341 358

Kleinwasserkraft 9,5 19 49 106 189

Wind 4,7 44 266 542 688

Photovoltaik 0,2 2 24 221 784

Solarthermie 4,1 15 66 244 480

Solarthermie – Elektrizität 0,1 0,4 3 16 68

Geothermie 43,2 86 186 333 493

Gezeiten-, Wellenenergie 0,05 0,1 0,4 3 20

Summe Erneuerbare Energien 1364,5 1745,5 2694,4 4289 6351

Anteil Erneuerbare Energien 13,6% 16,6% 23,6% 34,7% 47,7%

Abbildung 24: Globales Energieszenario 204082

Tabelle 3: Szenario Erneuerbare Energien weltweit 2001 - 204083

Insbesondere für die Bereiche Photovoltaik, Windenergie, Solarther-mie und Geothermie werden in diesem Szenario hohe Wachstums-raten vorausgesagt. Bis 2040 kann demnach die Photovoltaik sogar die Windkraft überholen (siehe Tabelle 3).

In diesem Szenario wird von einer Steigerung des Energiever-brauchs bis 2040 um 32% ausgegangen. Würde der Energie-verbrauch bis zum Jahr 2040 jedoch auf dem Niveau von 2001 stabi-lisiert werden, so entspräche der Anteil der erneuerbaren Energien im Jahr 2040 in obigem Szenario sogar einem Wert von 63%.84

In einem „Idealszenario“ für die Weltenergieversorgung im Jahr 2050 (siehe Abbildung 25) decken erneuerbare Energien sogar 75% des Gesamtbedarfs. Der mittlere Pro-Kopf-Verbrauch bleibt in

diesem Szenario konstant, verschiebt sich aber von den Industrie-staaten zu den Entwicklungsländern. Die Industriestaaten halbieren ihren Energieverbrauch, den Entwicklungsländern wird eine Ver-doppelung des Pro-Kopf-Verbrauchs zugebilligt. Der Einsatz von Öl, Gas und Kohle wird halbiert, aus der Atomkraft weltweit ausge-stiegen. Erneuerbare Energien müssten etwa alle zehn Jahre ihren Beitrag verdoppeln, bzw. ein durchschnittliches globales Wachstum von 6,4% bis ins Jahr 2050 aufweisen. 100% erneuerbare Energien bis 2100Das Potential für eine zu 100% nachhaltige globale Energieversor-gung existiert. Das technische Potential erneuerbarer Energien liegt unter konservativen Annahmen in der Größe des Sechsfachen des derzeitigen Weltenergieverbrauchs86 (siehe Abbildung 26).

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Abbildung 25: Idealszenario einer nachhaltigen globalen Energieversorgung für das Jahr 205085

Abbildung 26: Angebot natürlicher Energieströme und technisches Potential erneuerbarer Energien87

Kurz & KonkretSowohl der Ausbau der heimischen erneuerbaren Energieprodukti-on wie auch der Einsatz von Energieeffizienzleistungen ist eine Rie-senchance für unseren Wirtschaftsraum. Die Energiewende fördert heimische Technologieentwicklungen und macht österreichischen Unternehmen den Weg zur Weltspitze frei. Die gute Ausgangs-position heimischer Unternehmen am Weltmarkt bei Effizienz-, Solar-, Mobilitäts- und Biomassetechnologien wird durch die volle Unterstützung am Heimmarkt gestärkt. „Klimaschutztechnologie aus Österreich“ wird eine weltweit erfolgreiche Handelsmarke.

Die Energiewende schafft ArbeitsplätzeAlleine in Österreich können bis zum Jahr 2020 über 100.000 neue Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbaren Energien geschaffen werden. Der Ausbau einer starken Ökoenergiewirtschaft in Öster-reich würde riesige Chancen für den Export umweltfreundlicher Energietechnologien eröffnen. Schon derzeit sind im Bereich Erneu-erbare Energie in Österreich knapp 33.000 Menschen beschäftigt Davon 13.600 durch die Technologieproduktion und 19.100 beim Betrieb.88 Nach auf mehreren Studien gestützten Schätzungen könnten durch kosteneffiziente Einsparung von 20% des EU-En-ergieverbrauchs bis zu einer Million neue Arbeitsplätze in Europa geschaffen werden.89

Zukunftsbranchen in HoffnungspositionEine Reihe von Untersuchungen zeigen das enorme Wachstumspo-tential im Bereich erneuerbare Energie und Energieeffizienz. Schon jetzt sind einige Unternehmen in Weltmarktspitzenpositionen in ihren Sparten, etwa die Firma Fronius, die im Photovoltaikbereich Wechselrichter herstellt und Weltmarktzweiter ist, oder Greenone-

tech, der heute weltweit größte Produzent von Flachkollektoren.Fronius hat im Jahr 2006 untersucht, wie viele Arbeitsplätze bei Übernahme der deutschen Ökostromförderung in Österreich geschaffen werden könnten: 5.000 alleine im Bereich „Strom aus der Sonne“ und langfristig gesehen sogar 20.000 neue Arbeitsplätze nur durch Photovoltaik. 4.000 MW Photovoltaikleistung sind auf Österreichs Dächern möglich. Knapp 1000 ArbeitnehmerInnen sind derzeit in der österreichischen PV-Industrie tätig – hauptsächlich in stark exportorientierten Unternehmen.

Energiewende ist beschäftigungsintensivInvestitionen in die kosteneffiziente Förderung der Energieeffizi-enzverbesserung haben fast immer eine positive Auswirkung auf die Beschäftigung. In sämtlichen Fällen ist die Anzahl von ge-schaffenen Arbeitsplätzen größer als jene, die von vergleichbaren anderen Investitionen geschaffen werden. Ein gutes Beispiel sind Investitionen in den Umbau bestehender Gebäude. Viele solcher Investitionen haben den zusätzlichen Vorteil, arbeitsintensiv zu sein und regionale Wertschöpfung zu schaffen. Viele andere direkte Investitionen in Energieeffizienz wie zum Beispiel energieeffiziente Produktverfahren in der Industrie, die Installation energieeffizienter Boiler, ein verbesserter Gebäude-Instandhaltungsdienst werden mehr Beschäftigung pro investierten Euro erzeugen als vergleich-bare Alternativen wie zum Beispiel Infrastrukturinvestitionen in Straßen-, Brücken- und Energieübertragungsbau.

Auch in der Solarbranche weisen aktuelle Studien auf das konkrete Beschäftigungspotential hin. Allein im Bereich Solarthermie können bei ambitionierter Politik über 16.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.90

�.5 die energiewende belebt Wirtschaft und arbeitsmarkt

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� maßnahmen und umsetzung der energiewende

Kurz & KonkretDie aufkommensneutrale ökologisch-soziale Steuerreform der Grü-nen ist ein Vorschlag zum ökologischen Umbau unseres veralteten Steuersystems und ein Grundpfeiler der Energiewende. Durch diese Steuerreform wird ein Steuertausch zwischen Energie und Arbeit bewirkt. Innerhalb von vier Jahren soll durch eine stufenweise Einführung der ökologisch-sozialen Steuerreform ein Umschich-tungsvolumen von drei Mrd. Euro erreicht werden. In den Folgejah-ren soll das Volumen weiter gesteigert werden. Unternehmen und Haushalte werden durch Senkung der Lohnnebenkosten entlastet. Der Verbrauch klimaschädlicher Energieträger wird belastet. Jeder einzelne Euro, der bei Energie und Verkehr mehr eingenommen wird, wird an Privatpersonen und die Wirtschaft durch Steuersen-kungen oder Direktzahlungen („Ökobonus“) zurückgegeben bzw. zur Finanzierung von Klimaschutzprogrammen zweckgebunden. Das schafft Arbeitsplätze, stärkt die Kaufkraft, schont die Umwelt und ist sozial gerecht.

Aufkommensneutrale UmschichtungDas gut untersuchte und in Deutschland sehr erfolgreich umge-setzte Ökosteuer-Modell hat – wie von Gegnern dieses Zukunfts-konzepts fälschlicherweise behauptet – nichts mit Steuererhöhun-gen zu tun. Es ist eine aufkommensneutrale Umschichtung der Steuerlast vom Faktor Arbeit auf den Verbrauch umweltschädlicher Energien. „Aufkommensneutral“ heißt, dass sämtliche Einnahmen aus einer höheren Besteuerung klimaschädlicher Energieträger (Öl, Gas Kohle) und Aktivitäten (z.B. LKW-Verkehr) zu 100% an die privaten Haushalte und die Wirtschaft zurückgegeben werden, bzw. zum Teil für Klimaschutzprogramme zweckgebunden wird.

30.000 neue ArbeitsplätzeWissenschaftliche Untersuchungen beweisen, dass die ökologisch-soziale Steuerreform der Grünen mehr als 30.000 neue Arbeits-plätze schaffen kann. Unternehmen können durch niedrigere Lohnsteuern um das selbe Budget mehr Menschen beschäftigen. Beschäftigungsintensive Unternehmen wie etwa Dienstleistungs-branchen und wichtige Forschungsbereiche profitieren besonders stark. Die Gesamtsteuerlast ändert sich für die meisten Unterneh-men nur geringfügig. Das gilt durch entsprechende Sonderregelun-gen auch für die energieintensive Grundstoffindustrie.

10% weniger TreibhausgaseDie Verbrennung von Erdöl, Gas und Kohle ist die Hauptursache für die globale Erwärmung. Die hohen durch Klimakatastrophen verursachten Kosten sind in den Energiepreisen nicht enthalten. Es

fehlen Anreize, vorhandene Energiesparpotenziale auszuschöpfen und mehr erneuerbare Energien einzusetzen. Die Ökosteuerreform ist daher ein zentraler Hebel für den Klimaschutz. Klimaschädliche Treibhausgas-Emissionen werden durch die ökologische Steuer-reform mittelfristig um bis zu 10 Prozent reduziert. Erneuerbare Energie aus Wind, Sonne, Biomasse und Kleinwasserkraft bleibt steuerfrei und wird damit konkurrenzfähig.

Sozial gerechtDie ökologisch-soziale Steuerreform ist ein wichtiger Beitrag für mehr soziale Gerechtigkeit. Finanziell schwächer gestellte Personen, PensionistInnen und kinderreiche Familien profitieren ganz beson-ders von der Ausbezahlung des Ökobonus, da sie in der Regel pro Kopf deutlich weniger Energie verbrauchen als der Durchschnitt und Besserverdienende.

Ökosteuern auch bei hohen Ölpreisen?Öl-, Gas-, und Treibstoffpreise haben sich in den vergangenen Jahren stark verteuert. „Hilfsmaßnahmen“ wie Heizkostenzuschüsse oder die Erhöhung des Kilometergeldes treiben die Menschen aber nur tiefer in die Abhängigkeit immer teurer und knapper werdender fossiler Rohstoffe. Auch wenn es paradox erscheint: Gerade weil fossile Energieträger wie Erdöl teurer und knapper werden, braucht es den Einstieg in die Ökosteuer. Denn jene Staaten, die als erste in Richtung einer effizienten, erneuerbaren und umweltschonenden Energiepolitik umsteuern, werden sich am besten und leichtesten auf diese neue und unvermeidbare Energiezukunft einstellen und stark davon profitieren.

Das Grüne Programm der ökologisch-sozialen Steuerreform> Privathaushalte werden nach schrittweiser Einführung

der Ökosteuerreform nach vier Jahren um 1,7 Milliarden Euro pro Jahr entlastet, die lohnsummenbezogenen Abgaben für die Wirt-schaft um 1,1 Milliarden Euro pro Jahr reduziert. 200 Mio. Euro werden für konkrete Klimaschutzmaßnahmen zweckgebunden.

> Im Gegenzug werden im gleichen Umfang die Steuern auf umwelt- und gesundheitsschädliche Energieträger (Kohle, Öl, Gas) und Verkehr erhöht.

> Durch eine schrittweise Einführung des Ökosteuer-modells soll in der Endausbaustufe eine jährliche, aufkommens-neutrale Steuerumschichtung von 3 Mrd. Euro erzielt werden.

> Jede Österreicherin und jeder Österreicher wird durch die Ausbezahlung eines „Ökobonus“ entlastet. Jeder Erwachsene bekommt im Endausbau ca. 250 Euro pro Jahr, jedes Kind ca.125 Euro pro Jahr.

�.1 einstieg in die grüne steuerreform: Ökologisch. sozial. gerecht

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Kurz & KonkretMindestens 20% unseres derzeitigen Energieverbrauchs wird rein ökonomisch gesehen sinnlos verschwendet. Es wäre wirtschaftlich günstiger diese Energie einzusparen, als sie in Kraftwerken zu er-zeugen. Weitere 20-30% können durch entsprechende Programme und technologische Entwicklung in den kommenden Jahrzehnten eingespart werden. Die Hälfte des heutigen Energieverbrauchs wird nicht mehr notwendig sein, wenn die Energiewende vollzogen ist, auch bei steigendem Wohlstand. Die Energiewende braucht diese Effizienzrevolution. Der Ausbau erneuerbarer Energien alleine wird nicht reichen, um die Energieversorgung sicherzustellen und gleich-zeitig die Treibhausgasemissionen so weit zu reduzieren, dass die Klimakatastrophe ausbleibt. Die Grüne Effizienzrevolution wird im Stromsektor, der seit Jahren hohe Verbrauchszuwächse aufweist, in den nächsten Jahren eine Trendwende vollziehen. Die Einrichtung eines Energieeffizienzfonds, Stromsparprogramme und ein wir-kungsvolles Energieeffizienzgesetz sind die zentralen Maßnahmen für eine Senkung des Stromverbrauchs ohne Komfortverlust.

Große EnergiesparpotentialeLaut Angaben der EU-Kommission besteht in der Industrie ein Ein-sparpotential von ca. 17%, im Haushalts- und Dienstleistungssektor sind es 22% und beim Verkehr 14%.91 Die Durchschnittskosten für die Einsparung einer Kilowattstunde Strom in den Haushalten

der EU belaufen sich nach Schätzungen der EU-Kommission aus dem Jahr 2003 auf 2,6 Cent/kWh. Dies ist um 1,3 Cent weniger als der Preis für die Erzeugung derselben Energiemenge und deren

Transport (3,9 Cent/kWh92). Eine Reduktion des europäischen Energieverbrauchs um 20% bis zum Jahr 2020 bringt finanzielle Einsparungen in der Höhe von 60 Mrd. Euro pro Jahr. Dabei würde eine Energiemenge eingespart, die dem derzeitigen Verbrauch von Deutschland und Finnland zusammen entspricht.93

Stromsparpotentiale in ÖsterreichAuch in Österreich bestehen große Stromsparpotentiale. Unter-suchungen belegen, dass die seit Jahren enormen Verbrauchszu-wächse im Strombereich durch entsprechende Effizienzmaßnah-men gestoppt werden können. Im Jahr 1998 hat ein Projekt der Wiener Grünen95 in 100 Haushalten in den Bereichen Licht, Kühlen/Gefrieren und Stand-by mit geringen Investitionen durchschnittlich knapp 20% des Stromverbrauchs eingespart. Eine Studie des WWF schätzt das gesamte Einsparpotential für den Haushaltsbereich in Österreich auf über 4.300 GWh bzw. mehr als 25%.96

Eine Studie der Energieagentur vom Dezember 200497 untersuchte unter restriktiven Vorgaben realistische technische und wirtschaft-liche Potentiale der Energieeinsparung in Österreich aus unter-schiedlichen Sektoren. Die Studie zeigt für einen abgegrenzten Maßnahmenbereich , dass innerhalb von sechs Jahren 5433 GWh oder 8,4% des gesamten österreichischen Stromverbrauchs ein-gespart werden können. Dabei ergab die Kostenanalyse folgendes Ranking von „Top“ Maßnahmenbereichen (siehe Tabelle 5).

1. IT-Geräte, Drucker und Kopierer

2. Elektrische Antriebssysteme

3. Energiemanagementsysteme

4. Kühl- und Gefriergeräte

5. Industrieöfen (Strom)

6. Haushaltsbeleuchtung

7. Stromsparmaßnahmen im Nichtwohngebäudebereich

Ungefähr 30% des Stromverbrauchs in Büros wird für Bürogeräte aufgewendet. Das wirtschaftliche Einsparpotential in diesem Be-reich beträgt im Schnitt 50%. In Einzelfällen können durch gezielte Beschaffung von energieeffizienten Bürogeräten sogar bis zu 75% des Energieverbrauches eingespart werden.100 Auch bei Gewerbe und Industrie werden die Einsparpotentiale in der Regel mit 25% bewertet. Selbst in energieintensiven Branchen sind jährliche Verbesserungen der Energieeffizienz in der Größenordnung von 1% durchaus möglich, wie Untersuchungen belegen.101

Dass es vielfach darum geht, der besten verfügbaren Technologie zum Durchbruch zu verhelfen, um vorhandene Effizienzpotentiale zu

�.� nachhaltige stromversorgung in Österreich

�.�.1 effizienzrevolution beim stromverbrauch

Tabelle 4: Beispiele für Ökonomische Energieeffizienz Potentiale in Westeuropa 2010 bis 202094

Ökonomische Energiesparpotentiale

Sektor Potential bis 2010 in%

Potential bis 2020 in%

Industrie

Eisen und Stahl 9 - 15 13 - 20

Glasproduktion 10 - 15 15 - 25

Investment und Konsumgüter 10 - 20 15 - 25

Wohnbereich

Warmwasser Heizung 15 - 20 20 - 25

Wärmedämmung 8 - 12 10 - 20

Bei Neubauten 20 - 30

Elektrische Geräte 20 - 30 35 - 45

Gewerbe, Dienstleistung, Landwirtschaft

Geschäftsgebäude 10 - 20 30

Elektrizität 10 - 25 20 - 37

Öffentliche Gebäude 30 - 40

Tabelle 5: Top-Maßnahmenbereiche zur Energieeinsparung im Strombereich99

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heben, belegt das Beispiel der Stand-by- Verluste bei Haushaltsge-räten. Es bestehen gravierende Unterschiede zwischen dem durch-schnittlichen Gerätebestand und den effizientesten Geräten, die am Markt existieren. In Deutschland könnten beispielweise ein bis zwei Atomkraftwerke sofort abgeschaltet werden, wenn die Stand-by-Verluste auf den heute technisch möglichen Wert verringert würden (siehe Abbildung 27).

Vorbildliche Effizienzprogramme103,104 Während in Österreich der Begriff staatliche Energiesparpro-gramme noch ein Fremdwort ist, zeigen erfolgreiche Beispiele aus europäischen Ländern, was machbar ist.

Dänemark: Effizienzverpflichtung und StromsparfondsSeit 1992 sind die Energieunternehmen verpflichtet, ihren Kunden Einsparmaßnahmen anzubieten. Jährlich müssen kostenlose Ener-gieanalysen bei 10% der Geschäftskunden mit einem Verbrauch von über 20 MWh/Jahr bzw. 10% des Gesamtverbrauchs der Kunden-gruppe durchgeführt werden. Im Durchschnitt wurde danach rund 5% der untersuchten Energiemenge eingespart.105 Ein mit 0,08 Cent pro kWh Stromabgabe dotierter Stromsparfonds vergibt Fördermit-tel für jene Energieeffizienzprogramme mit den höchsten Einspa-rungen an Treibhausgasen. Von 1998 - 2001 wurden damit u.a. 17.000 Wohnungen von Elektroheizung auf Fernwärme umgerüstet und 24.000 ineffiziente Kühlschränke ersetzt.

Großbritannien: Stromsparfonds und EffizienzverpflichtungEin Stromsparfonds bietet Starthilfen und Fördermittel für Ener-gieeffizienzmaßnahmen in Haushalten. Die Haushalte sparten sich rund 42 Euro pro Jahr an Stromrechnung. Energieunternehmen mit mehr als 15.000 Kunden wurden zu einer Steigerung der Energie-effizienz ihrer Haushaltskunden verpflichtet. Die Vorteile für die Verbraucher überstiegen die Kosten für das jeweilige Programm durchschnittlich um das Vierfache.Niederlande: Ökosteuerrückvergütung für HaushalteHaushalte, die energieeffiziente Geräte kauften, erhielten Teile ihrer Ökosteuer rückvergütet. Damit konnte u.a. zwischen 1999-2001 der

Marktanteil von Waschmaschinen der Effizienzklasse A von 40% auf 88% gesteigert werden.

Der Energie-EffizienzfondsDer Effizienzfonds schafft einen attraktiven Markt für Energieeffi-zienz-Dienstleistungen und ermöglicht die breite Umsetzung von Energieeffizienzprogrammen, die von den EnergiedienstleisterInnen zur Förderung beantragt werden. Sektorspezifische Programme für Industrie und Gewerbe, Dienstleistung und den Haushaltsbereich decken dabei das ganze Spektrum der Effizienzpotentiale ab. Eine schrittweise Erweiterung des Aufgabengebietes des Effizienzfonds von Strom auf Gas und andere Energieträger wird angestrebt. Durch den Effizienzfonds wird eine flächendeckende Energiebe-ratung in Österreich auf hohem Niveau sichergestellt. Der Fonds erhält den gesetzlichen Auftrag, vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen beim Energiesparen zu unterstützen.Durch den Effizienzfonds werden u.a. Markteinführungspro-gramme zur Energieeffizienzsteigerung bei Geräten und Anlagen, Stromsparprogramme bei Haushalts-, Bürogeräten und haustechni-schen Anlagen und Aktivitäten zur Unterstützung des Contracting-Marktes gefördert.

Zur wettbewerbsneutralen Aufbringung der Mittel bieten sich folgende Möglichkeiten an:> Zweckbindung eines Teils der Einnahmen aus der ökosozialen

Steuerreform oder der Energieabgabe.> Geringer Aufschlag zur Netzgebühr.> Verwendung der zusätzlichen Einnahmen der Mehrwertsteuer

auf Öl und Ölprodukte nach dem Anstieg des Ölpreises.> Einnahmen aus einer Normverbrauchsabgabe für Elektrogeräte.

Das EnergieeffizienzgesetzAls Rahmengesetz soll das Energieeffizienzgesetz neue Regelungen bzw. Novellierungen bestehender, einschlägiger Gesetze umfassen. Bestehende Gesetze werden überprüft und den Zielsetzungen einer verbesserten Energieeffizienz angepasst. Das Energieeffizienzge-setz befördert eine raschere Marktdurchdringung energieeffizienter Technologien in den Bereichen Neukauf standardisierter Geräte und Produkte (Massenware) und Neuerrichtung von Anlagen im Bereich System- und Gebäudetechnik.

Elektrogeräte: Bonus-Malus oder NovaIm Massenmarkt der standardisierten Geräte und Produkte (Elek-tro-, Bürogeräte, etc.) wird das Kaufverhalten der KonsumentInnen durch finanzielle Anreize zu Gunsten energieeffizienter Geräte beeinflusst. Ineffiziente Geräte sollen durch einen technologischen Wettlauf praktisch vom Markt verschwinden.

Es bieten sich zwei Optionen:> Generelles Bonus-Malus-System für die Anschaffung

verschiedenster elektrische Geräte (Prämie und/oder Normver-Abbildung 27: Stand-by-Verluste bei verschiedenen Geräten102

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brauchsabgabe) abhängig von ihrem typischen Stromverbrauch. Dies kann generell für Haushaltsgeräte (von Küchengeräten über Fernsehern bis hin zu Computern), Leuchtkörper, Bürogeräte, Motoren, etc. angewendet werden. Die Anschaffung umwelt-freundlicher Geräte wird gefördert, energiefressende, umwelt-schädliche Geräte werden belastet.

> Einführung einer Normverbrauchsabgabe (Nova), die auf Geräte eingehoben wird, deren Anschaffung vermieden werden sollten (z.B. E-Boiler, Klimageräte, Wäschetrockner, elektrische Zusatzheizgeräte etc.)

Im Bereich Gebäude- und Systemtechnik werden entsprechende Planungsvorgaben gesetzlich verankert. Dies betrifft insbesondere Regelungen zur zentralen, umweltfreundlichen Warmwasserauf-bereitung, ein Verbot von E-Raumheizungen und Regelungen zur Klimatisierung von Gebäuden. Eine Verbesserung der Kennzeich-nungspflicht von elektrischen Geräten und eine Verschrottungsprä-mie für Altgeräte sind weitere Bestandteile des Energieeffizienzge-setzes.

Das Grüne Programm für eine Effizienzrevolution im Strombereich> Der Stromverbrauch wird bis 2010 stabilisiert und bis 2020 um

10% reduziert. > Im Dienstleistungssektor und im öffentlichen Bereich soll der

Verbrauch elektrischer Energie bis 2015 ohne Komfortverlust um 20% gesenkt werden.

> Ambitionierte Umsetzung der EU-Richtlinie über Energieeffizienz und Energiedienstleistungen: Minus 1% Energieverbrauch pro Jahr.

> Förderung der gekoppelten Produktion von Strom und Wärme.> Regelmäßiger Check der Effizienzkriterien bei Stromproduktion

und Stromtransport.> Förderung der Abwärmenutzung aus dem produzieren-

den Bereich nach einer Quellen/Senkenanalyse.> Kühlen mit Wärme statt mit Strom.> Einführung eines Energieeffizienzfonds. Schrittweise Anhebung

des Fonds-Volumens auf 200 Mio. Euro bis 2015. > Bonus-Malus-System bzw. eine Normverbrauchsabgabe auf

Elektrogeräte.

Kurz & KonkretNach dem Vorbild des deutschen Gesetzes für Erneuerbare Ener-gien (EEG) soll ein überarbeitetes Ökostromgesetz den raschen Ökostrom-Ausbau sicherstellen. Für die Branche werden langfristig sichere Investitionsbedingungen geschaffen. Effizienzkriterien bei der Förderung führen die Ökostromanlagen an die Marktreife heran.

Ökostrom in Österreich: Eine ErfolgsgeschichteMit dem Ökostromgesetz wurde 2003 ein erfolgreiches System zur Förderung der Nutzung von Erneuerbaren Energien geschaffen. Ökostromanlagen sollten demnach bis 2008 mindestens 4% des Strombedarfs in Österreich decken, Kleinwasserkraft weitere 9% beitragen. Ermöglicht wurde das durch auf 13 Jahre garantierte Einspeisetarife für alle genehmigten Anlagen in den Bereichen Windkraft, flüssige und feste Biomasse, Biogas, Photovoltaik, Depo-

nie- und Klärgas sowie Geothermie.106 Die Kosten für Haushalte und Industrie halten sich dabei in Grenzen bzw. werden mittelfristig sin-ken, je ausgereifter die Erneuerbaren Technologien werden und je höher Öl- und Gaspreise und damit auch der Marktpreis für Strom klettert. Auch viele andere europäische Staaten setzen mittlerweile auf vergleichbare Erfolgsmodelle. Österreichische Unternehmen profitieren vom Ökostrom-Ausbau und haben auch auf Exportmärk-ten Erfolg. In den Jahren 2003 und 2004 wurde durch das Ökostromgesetz und die zugehörige Einspeiseverordnung (fixe Tarife für die verschiede-nen Ökostromtechnologien)107 ein wahrer Boom ausgelöst (siehe Tabelle 6). Windkraft und feste Biomasse liefern gemeinsam den Löwenanteil des Ökostroms (ca. 85%).

Das gesetzlich verankerte Mindestziel von 4% Ökostrom bis 2008 wurde bereits 2005 erreicht. Mit der Inbetriebnahme jener Öko-

�.�.� neue energien – neues Ökostromgesetz

Energieträger 2002 2003 2004 2005 2006

Windkraft 203 366 924 1.328 1.680

Biomasse fest 95 99 313 553 1.365

Biogas 20 42 102 220 300

Biomasse flüssig 3 2 18 33 84

Photovoltaik 3 11 12 13 12

Anderer unterstützter Ökostrom 88 78 76 65 110

Summe „sonstiger Ökostrom“ 412 598 1.445 2.212 3.551

Kleinwasserkraft 4.243 3.386 3.995 3.558 4.411

Summe unterstützter Ökostrom 4.655 3.984 5.440 5.773 7.962

Tabelle 6: Unterstütze Ökostrommengen 2002-2006 in GWh108

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stromanlagen, die in den Jahren 2003 und 2004 genehmigt wurden, wird bis zum Jahr 2007 ein Ökostromanteil von 7 bis 7,5% prognos-tiziert (siehe Abbildung 28).

Sinkende Förderkosten durch gestiegenen MarktpreisDer Marktpreis für Strom ist seit Inkrafttreten des Ökostromgeset-zes am 1.1. 2003 von 24,5 auf zuletzt 58,2 EUR/MWh gestiegen.112 Damit sinken die Kosten für die Ökostromförderung, wie Abbildung 29 verdeutlicht, die als Konstante den Einspeisetarif für Windener-gie darstellt und den geringer werdenden Abstand zum steigenden Marktpreis zeigt.

Eine Marktpreis-Erhöhung von 1 EUR pro MWh (bzw. 0,1 Cent/kWh) bedeutet eine Reduktion des notwendigen Fördervolumens um 1 Mio. Euro pro TWh-Ökostrom. Seitens der E-Control wurden für das Jahr 2006 Ökostrom- und Kleinwasserkraft-Förderkosten von ca. 307 Mio. Euro prognostiziert, wobei ein Marktpreis von 34,97 EUR/MWh unterstellt wurde. Da der tatsächliche Mittelwert der ersten beiden Quartale 2006 aber bereits 55,37 EUR/MWh beträgt, dürften die tatsächlichen Kosten für das Jahr 2006 ca. um 100 Mio. EUR geringer ausfallen.

Ökostrom verhindert Schäden in MilliardenhöheDie Stromproduktion aus erneuerbaren Energien hat in Deutsch-land im Jahr 2005 Schäden von mindestens 2,8 Milliarden Euro vermieden. Das geht aus einem Gutachten hervor, das das Deut-schen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung im Auftrag des deutschen Umweltministeriums erstellt haben.114 Dieser Wert liegt über den Jahreskosten der Ökostromförderung in Deutschland (2005 ca. 2,4 Milliarden Euro).

Das Grüne Programm für neue Energien und ein wirksames Ökostrom-Gesetz> Der Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromer- zeugung soll bis 2010 EU-konform auf mindestens 78% und bis 2015 auf 85% gesteigert werden. > Bis 2030 soll die Energiewende im Strombereich vollständig umgesetzt sein und die Stromproduktion zu 100% aus Erneuerbarer Energien gedeckt werden. > Die Forcierung der Wasserkraft soll durch Revitali-

sierung und Effizienzsteigerung bei bestehenden Anlagen erfol-gen und ein Ausbau auf Fließstrecken beschränkt werden, deren Ökosysteme nicht aus Naturschutzgründen unberührt bleiben sollen bzw. die - auch im Bezug auf Hochwasserschutz – kein Renaturierungspotential besitzen.

> Ausbau der Umweltförderung im Inland für die Umstellung auf erneuerbare Energieträger.> Das bisherige Modell einer generellen Abnahmepflicht

pRaXisBeispiel �

Windkraft in Österreich110 Die österreichischen Windräder versorgen mittlerweile 550.000 Haushalte mit sauberem Strom, das sind 17,5 Prozent aller österreichischen Haushalte. 607 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 965 Megawatt sind nun in Österreich am Netz (siehe Tabelle 7). Das Investitionsvolumen im Jahr 2005 betrug 275 Mio. Euro, ein Drittel davon kommt der heimischen Wirtschaft direkt zu Gute. 2005 war auch ein erfolgreiches Jahr für den Export von Windkraftkomponen-ten: über 100 Mio. Euro betrug die gesamte Exportleistung. Führend sind Firmen wie die OÖ Firma Hexcel Composites, die High-Tech-Material für die Rotorflügel von Windkraftanlagen liefert, oder der Generatorenlieferant Elin EBG Motoren GmbH. Im ersten Halbjahr 2006 wurden 76 Anlagen mit 146 MW neu errichtet, 69 davon in Niederösterreich und sieben in der Steiermark.

Abbildung 28: Entwicklung des Ökostromanteils an der öffentlichen Stromabgabe.109

Bundesland Leistung Anlagen

Niederösterreich 5117 MW 333

Burgenland 369,2 MW 206

Steiermark 48,3 MW 33

Oberösterreich 26,4 MW 23

Wien 8,4 MW 12

Kärnten 0,5 MW 1

Österreich 964,5 MW 607

Tabelle 7: Windkraftanlagen in Österreich 2006111

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für Ökostrom aus allen genehmigten Ökostromanlagen wird beibehalten und dadurch Planungs- und Investitionssicherheit für Anlagenbetreiber wieder hergestellt.

> Die mit der Ökostromgesetz-Novelle 2006 eingeführte Plafondierung der Fördermittel wird – analog dem deutschen EEG – aufgehoben.

> Durch Effizienzkriterien, wie sie etwa im deutschen Erneuerbaren Energien Gesetz verankert sind, werden die Kosten der Ökostromförderung in vertretbarem Rahmen gehalten und Innovation und Technologieentwicklung unterstützt.

> Die Laufzeit der Ökostromförderung wird auf 20 Jahre ausgedehnt.

Abbildung 29: Marktpreisentwicklung Strom 2003-2006 und Ve gleich zu Einspeisetarif Windenergie.v113

Kurz & KonkretAtomkraft hat keine Zukunft. Der europäische Atomausstieg ist ein zentrales Ziel Grüner Umwelt- und Energiepolitik. Der globale Atomausstieg würde unweigerlich folgen. Die ungerechtfertigten Milliardensubventionen müssen beendet werden. Der Euratom-Vertrag, der die Förderung der Atomindustrie seit 50 Jahren EU-rechtlich festschreibt wird zu einem Ausstiegsvertrag. Österreich nimmt als AKW-freier Staat eine führende Rolle beim europäischen Atomausstieg ein. Gemeinsam mit anderen atomkraftfreien Staaten, Institutionen, Persönlichkeiten und Staaten, die den Atomausstieg beschlossen haben, wird eine kräftige Allianz für ein Ende des Atomrisikos in Europa geschmiedet.

Eine Umfrage im Auftrag der EU-Kommission115, bei der über 24.000 Personen aus allen 25 Mitgliedsstaaten befragt wurden zeigte, dass 55% der Befragten grundsätzlich gegen Kernenergie sind. „Voll und ganz dafür“ sind nur 7% der Befragten. Auch die IAEA hat 2005 ein unabhängiges Institut mit einer weltweiten Sympathieumfrage be-auftragt116 und musste feststellen, dass außer in Südkorea in keinem der 18 befragten Staaten117 eine Mehrheit in der Bevölkerung für eine Kernenergiezukunft besteht. Die Studie wurde daraufhin nie ernsthaft diskutiert. Diese und andere Umfragen zeigen deutlich: Unabhängig von staatlichen Beschlüssen für die Kernenergie sind die Bevölkerungen klar gegen eine Zukunft der Atomkraft. In Öster-reich, Europa und weltweit.

Das Grüne Programm für einen Atomausstieg in Europa> Österreich schmiedet eine Anti-Atomallianz für ein atomkraft-

freies Europa und gegen alle AKW-Neubaupläne.> Sofortige Abschaltung aller besonders terrorgefährdeten AKW.

Initiative für eine europäische Richtlinie zum Thema AKW und Terrorsicherheit und sofortige Abschaltung aller AKW, die einem Terroranschlag mit Flugzeugen, Lenkwaffen oder Hubschraubern nicht standhalten würden.

> Die im Euratom-Vertrag verankerte einseitige Förderung der Atomindustrie durch die EU muss beendet werden. Die weiterhin relevanten Fragen der Sicherheit, des Gesundheitsschutzes, der Entsorgung, des Transports von spaltbarem Material, des Rück-baus von Atomkraftwerken und der Abfallbehandlung sollen in geeigneter Weise vertraglich sichergestellt werden. Diese Fragen könnten beispielsweise auch in der EU-Verfassung geregelt wer-den. Gelingt dies nicht, wird ein Ausstieg Österreichs aus dem Euratom-Vertrag geprüft.

> Atomkraft kann das Klimaproblem nicht lösen: Im Zuge der aktuellen Debatte um die Zukunft der europäischen Energie-versorgung muss sichergestellt werden, dass in allen relevanten EU-Dokumenten keine Hintertür für eine weitere Subventionie-rung der Atomenergie unter dem Deckmantel des Klimaschutzes verankert wird.

> Abschaffung aller Subventionen für die Kernenergie, die Inte-gration der Atomforschung in das allgemeine EU-Forschungs-programm mit dem Ziel, eine ausgewogene Verteilung der Forschungsmittel im Energiebereich herzustellen.

> Veto Österreichs im EU-Rat gegen alle weiteren öffentlichen Subventionen und EU-Forschungsmilliarden für die Atomindus-trie, Gegenstimme Österreichs zu allen EU-Atomverträgen mit Drittstaaten.

> Das europäische Wettbewerbsrecht soll unter Aufsicht des Wettbewerbskommissariates beim Betreiben von Atomanlagen uneingeschränkt Geltung haben.

> Volle Kostenwahrheit für AKW: Die Fonds für Atommülllagerung und die Abwrackung von AKW sollten EU-rechtlich verpflichtend in der Höhe der zu erwartenden Kosten dotiert werden. Zur Be-seitigung der Umwelt- und Gesundheitsschäden des Uranabbaus müssen ebenfalls Rücklagen gebildet werden.

> Europäische Atomhaftung: Die Haftungssummen für AKW-Betrei-ber sollten auf das Niveau erwartbarer Schäden eines Super-Gaus erhöht werden. Geschädigte sollen jederzeit (auch nach mehr als 10 Jahren) Haftungsansprüchen geltend machen können.

�.�.� europäischer atomausstieg

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Kurz & KonkretDer Staat darf sich nicht von seinen Verpflichtungen in der Da-seinsvorsorge verabschieden. Eine Privatisierung von Unternehmen, die leitungsgebundene Energie bereitstellen, führt in die falsche Richtung. Auch der Ausverkauf von Wasserrechten (z.B. Verbund) durch Privatisierung wird von den Grünen abgelehnt. Die Rolle des Energieregulators wird nicht primär – wie bislang - vor dem Ge-sichtspunkt günstigere Strompreise gesehen, sondern soll Fragen der Energieversorgungssicherheit verstärkt integrieren.

Energieversorgungssicherheit und aktive EnergiepolitikIn den vergangen en Jahren war der einzige Schwerpunkt der österreichischen Energiepolitik die Umsetzung der Marktliberalisie-rung. Fragen der Energieversorgungssicherheit sind dabei in den Hintergrund getreten. Entsprechend wurde auch die Funktion des Energieregulators (E-Control) definiert, der sich in erster Linie als Kämpfer für günstigere Strompreise sieht.

Die Aufsehen erregenden Stromausfälle in den USA und auch in Europa haben jedoch die Schwächen und Abhängigkeiten bei der Bereitstellung von Energie, insbesondere bei der Elektrizität, aufgezeigt.

Öffentliche Regulierungsstrukturen haben Fragen der Versorgungs-sicherheit und der vermiedenen Kosten zu berücksichtigen. Die

Sicherung der Energieversorgung ist Aufgabe des Staates. Immer wieder gerät die Privatisierung von wesentlichen Energieversor-gungsunternehmen, auch auf Landesebene, in Diskussion. Diese wird von den Grünen sehr skeptisch gesehen. Eine Privatisierung von Wasserrechten (z.B. Verbund) oder der Leitungsinfrastruktur wird von den Grünen abgelehnt. Als Rückgrat der österreichischen Stromversorgung sollte das österreichischen Stromnetz in staatli-cher Hand bleiben.

Um die öffentlichen Interessen bei der Gestaltung der Energie- versorgung wahrnehmen zu können, ist der Verbleib des Mehr- heitseigentums des Staates (Bund oder Länder) an den österreichi-schen Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu erhalten. Jedenfalls soll bei Wasserkraftwerken das Verfügungsrecht über das Wasser beim Staat bleiben. Aus Sicht der Grünen ist sogar eine stärkere Wahrnehmung öffentlicher Interessen, etwa bei der (nachhaltigen, sozial gerechten) Tarifgestaltung, wünschenswert.

Die Energieleistungen sind als wesentlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge und in diesem Sinne für die Aufrechterhaltung und gegebenenfalls auch Erweiterung der öffentlichen Steuerungs-möglichkeiten bei Energieversorgungsunternehmen zu sehen. Die öffentliche Hand muss Garant dafür sein, dass die Daseinsvorsorge nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit, sozialen Gerechtigkeit und dem Klimaschutz erfolgt.

�.�.� sicherung der energieversorgung als staatliche aufgabe

Kurz & KonkretDer Raumwärmebereich gehört zu den Schlüsselbereichen für den Klimaschutz. Immer noch heizen beispielsweise rund 1 Millionen Haushalte in Österreich mit Öl. Der Solarthermie-Boom in vielen Bundesländern zeigt das enorme Potential insbesondere heimischer Technologien. Auch moderne Biomasseheizsysteme stellen eine immer beliebtere Alternative zu den fossilen Energieträgern dar. Ein großangelegtes Heizkesseltauschprogramm soll den Umstieg insbesondere von veralteten Ölheizungen auf klimafreundliche Alternativen massiv voran treiben. Auch der Ausbau der Fernwärme ist vorrangiges Ziel der nachhaltigen Energiewende. Verstärkte Abwärmenutzung (etwa aus der Industrie) soll verhindern, dass Energie völlig sinnlos verschwendet wird, und somit Gebäude auf effiziente Art und Weise mit Wärme versorgt werden. Weiteres Ziel ist, hinkünftig Biogas auch zur Einspeisung ins Erdgasnetz heranzu-ziehen. Erste Pilotprojekte waren erfolgreich – nun geht es um die Schaffung entsprechender rechtlicher Voraussetzungen.

Das SonnenpotentialÖsterreich nimmt im Bereich der thermischen Solarenergie eine Spitzenposition ein. Einerseits liegt Österreich bei der Nutzung der thermischen Solarenergie – bezogen auf die installierte Leistung pro EinwohnerIn – weltweit gesehen an vierter Stelle hinter Zypern, Israel und Griechenland. Andererseits besitzt Österreich innerhalb der EU-25 einen Marktanteil von 25% in der Solartechnik. 2005 wa-ren in Österreich geschätzte 224.500 Solaranlagen mit 3 Millionen m2 Kollektorfläche installiert. Die Anlagen wurden im Jahr 2005 zu 65% zur Warmwasseraufbereitung und zu 35% mit Heizungseinbin-dung eingesetzt. Im Jahr 2005 wurden 232 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet und 3.320 Arbeitsplätze gesichert. Von den produ-zierten verglasten Kollektoren wurden 2005 66,4% exportiert.118

Diese günstige Ausgangsposition soll genützt und weiter ausge-baut werden. Der Markt für solarthermische Anlagen ist nahezu unbegrenzt. Am heimischen Markt liegt weiterhin großes Potential.

�.� nachhaltige Wärmeversorgung durch effizienz und erneuerbare energien

�.�.1 Warme häuser, Wohnungen und Büros durch Ökowärme-offensive

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Die Zielgruppen sind neben Eigentümern von Wohngebäuden (Ein- und Mehrfamilienhäuser), auch Tourismusbetriebe, Gemeinde-, Landes- und Bundesgebäude, Sportanlagen, Hallenheizungen etc. Das größte Potential hinsichtlich des Energiebedarfs bieten derzeit in dieser Kategorie die Wohngebäude und Tourismusbetriebe.119 „Solares Kühlen“ wird zum attraktiven Markt.

Das Grüne Programm für eine Ökowärme- Offensive

pRaXisBeispiel �

GREENoneTEC – Österreichischer Weltmarkt-führer bei SonnenkollektorenGREENoneTEC ist der weltweit größte Produzent von Flach-kollektoren. Im Jahr 2005 wurden am Standort St. Veit an der Glan (Kärnten) 430.000 m2 Kollektorfläche produziert und der Umsatz gegenüber 2004 um 50% auf ca. 41 Millionen gesteigert. Die Exportquote betrug 2005 80%, wobei die Flachkollektoren bis nach Brasilien, Japan und Australien verkauft werden. Im Jahr 2006 soll die Produktionskapazität auf eine Million m2 Kollektorfläche erhöht, der Umsatz auf 60-70 Millionen Euro gesteigert werden. Derzeit beschäftigt GREENoneTEC ca. 200 MitarbeiterInnen, Tendenz steigend.

Foto: Produktionshalle Greenone Tech St. Veit a. d. Glan, www.greenone-tec.com

pRaXisBeispiel �

Europaweit erstes Projekt zur Biogaseinspeisung ins Erdgasnetz in Obe-rösterreichIm Juni 2005 wurde in Pucking (Oberösterreich) die euro-paweit erste Anlage eröffnet, die gereinigtes und veredeltes Biogas aus Rückständen einer Hühnerfarm in das bestehende Erdgas-Leitungsnetz einspeist. Ziel des einzigartigen Projek-tes ist die Biogasnutzung aus landwirtschaftlicher Produktion. Das Projekt wurde mit dem EPCON-Award, dem Energy Globe Austria und dem Energy Globe World Award ausgezeichnet. In einem Reinigungsvorgang wird Biogas aus tierischen Abfäl-len in einer Aufbereitungsanlage getrocknet, entschwefelt und von Kohlendioxid befreit. Bei einer Erdgas-Einspeisemenge von 6m3/h können jährlich bis zu 38.000m3 Biogas mit einem Energiegehalt von 400.000 kWh in das Erdgas-Leitungsnetz eingespeist werden. Das entspricht dem Jahresbedarf von ca. 40 Wohnungen. Im Vergleich zu üblichen Ölheizungen werden 108 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart.

Foto: www.chorherr.at

> Bis 2015 soll die Energiewende im Raumwärmebereich bewirken, dass zwei Drittel der Heizenergie für Haushalte und Büros aus Holz (Pellets, Hackschnitzel, etc.), Sonne (Solaranla-gen), Fernwärme aus Abwärme und erneuerbaren Energieträgern und hocheffizienten Erdwärme- und Grundwasserwärmepumpen gedeckt werden.

> Bis 2030 sollen Häuser und Büros in Österreich - unterstützt durch verbesserte Wärmedämmung - zu 100% mit er-neuerbaren Energien und Fernwärme beheizt werden. Öl-, Gas-, Kohle- und Stromheizungen gehören dann der Vergangenheit an.

> Alle Neubauten sollen insbesondere an jenen Stand-

orten, wo keine Fernwärme vorhanden ist, mit Solaranlagen aus-gestattet werden. Der Anteil der Heizenergie aus Solaranlagen soll bis 2015 von derzeit 1% auf 4% vervierfacht werden. Dazu werden zu den heute bestehenden 3 Mio. m2 zusätzliche 7 Mio. m2 Solarkollektoren installiert.

> Ein Heizungstauschprogramm hilft in den kommenden zehn Jahren 500.000 Haushalten aus der Erdölfalle. Dazu werden eine halbe Million Häuser mit einer Kombination von modernen Pellets- oder Holzheizungen und Solaranlagen sowie Fernwär-meanschlüssen aus Abwärme und Erneuerbaren ausgestattet. Für Pellets- bzw. Biomasseheizungen werden – wo möglich

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- insbesondere Mikronetze mehrerer Wohneinheiten unterstützt. Haushalte mit niedrigen Einkommen werden ganz besonders gefördert. Zentrales Steuerungsinstrument ist die Wohnbauför-derung.

> Die Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz ist nach erfolgreichen Pilotprojekten zu einer ernsthaften Alternative geworden, um Erdgas zu ersetzen. Dafür braucht es rechtliche Rahmenbedingungen. So sind – etwa im Rahmen eines Öko-gasgesetzes (analog zum Ökostromgesetz bei der Elektrizität) - verbindliche Quotenziele und Fördermodelle vorzusehen, um die Biogas-Netzeinspeisung auszuweiten.

> Weitgehende Nutzung von Abwärme als Fernwärme: Förderung für betriebliche Abwärme, Sicherung des Netzzugan-ges, Klärung der Ausfallssicherheit und Spitzenlast.

> Hohe Anschlussdichte und geeignete Tarifgestaltung für Fernwärme.> Geeignete Standortauswahl bei neuen Kraftwerken (Abwärmenutzung).

> Schaffung eines abgesicherten finanziellen Anreizes zur Investition in Ökowärmeanlagen. Auf Bundesebene wird eine steuerliche Besserstellung für Solaranlagen und Holz- bzw. Pelletsheizungen eingeführt. Sie sichert mittelfristig einen kontinuierlichen finanziellen Anreiz für KonsumentInnen, der auf Landesebene auf Grund der sich immer wieder ändernden Förderpolitiken nicht immer gegeben ist.

> Schrittweise Aufstockung der Mittel für das klima:aktiv Programm von dzt. ca. 3 Mio. Euro pro Jahr auf 15 Mio. Euro pro Jahr.

> Qualifizierungsoffensive für das Installationsgewerbe, für HaustechnikplanerInnen und ArchitektInnen. Entwicklung von neuen Berufsbildern im Bereich Ökowärme und Etablierung entsprechender Ausbildungsschienen.120

> Evaluierung und Harmonisierung der Brandschutz-bestimmungen im Hinblick auf ihre Angemessenheit. Abschaf-fung aller ungerechtfertigten, administrativen Hindernisse für Solaranlagen und Holz- bzw. Pelletsheizungen.

�.�.� nachhaltiges Bauen – der ökologische neubau

Kurz & KonkretJeder Neubau ist ein zusätzlicher Energieverbraucher. Höchste En-ergieeffizienz ist daher im Neubau die logische Konsequenz. Dank innovativer Technologieentwicklungen ist der Passivhausstandard heute bereits kaum teurer in der Errichtung als ein Gebäude nach Mindeststandard, verbraucht aber nur ein Fünftel an Energie als 80% aller heutigen Neubauten. In der Praxis wird von den theoretischen Einsparpotenzialen nur etwa die Hälfte bis ein Drittel realisiert. Das Passivhaus wird ab 2010 zum energetischen Standard im Neubau. Langfristiges Ziel ist die Reduktion des Raum-wärmeverbrauchs in Österreich um 70% bis 2030. Zur Erreichung der Klimaschutzziele sollten Bautechnikverordnungen den nachhal-tigen technologischen Möglichkeiten angepasst und – ebenso wie Förderungen - aufeinander abgestimmt werden. Eine ökologi-sche Neubauinitiative und die damit verbundene 100% Versorgung der Häuser mit erneuerbaren Energieträgern ist nicht nur aus Gründen der Versorgungssicherheit und des Klimaschutzes, sondern auch aus sozialpolitischen Gründen ein Gebot der Stunde.

Wohnbauförderung und Finanzausgleich werden starkes KlimaschutzinstrumentDie Wohnbauförderung ist eines der stärksten finanziellen Instrumente zur Erreichung der Klimaschutzziele, zur Schaffung zehntausender neuer Arbeitsplätze und zur Forcierung des sozialen und ökologischen Wohnbaus. Die Wohnbaufördermittel der Länder belaufen sich auf ca. 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Eine Milliarde Euro an Förderung löst dabei ein Investitionsvolumen von ca. 2,5 Mrd. Euro aus.

Das WIFO hat in einer Studie im Jahr 2002 das Investitionsvolumen im Bereich der thermischen Sanierung zur Erreichung des Kyoto-Ziels auf jährlich 530 Mio. Euro geschätzt. Bis 2010 wären demnach insgesamt 5,1 Milliarden Euro notwendig, was einem Aufwand von ca. zwei Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln allein für die thermische Sanierung voraussetzt. Dies bedeutet auf Basis der Förderintensität im Jahr 2000 einen zusätzlichen Förderaufwand von 200 Mio. Euro pro Jahr. Damit könnten jährlich 750.000 t CO2-Emissionen und 120 Mio. EUR Energiekosten eingespart werden. Das WIFO rechnet in diesem Szenario mit der Schaffung von 11.400 neuen Arbeitsplätzen pro Jahr.

Energetische Standards und Baubestimmungen adaptierenIn der §15a Vereinbarung über die Verwendung der Mittel für die Förderung der Errichtung und Sanierung von Wohngebäuden121 sind die Mindestanforderungen für die Wohnbauförderungen in den Bundesländern geregelt. Die bisher getroffenen Vereinbarungen zur Verbesserung der Energieeffizienz von geförderten Bauten gehen aber zu wenig weit, und bauen nur auf dem Business-as-usual Szenario auf. In den meisten Bundesländern erhalten Neubauten bereits öffentliche Fördermittel bei einer Energiekennzahl von 65 kWh/m2a. Während der Sockelbetrag unabhängig von der Energie-effizienz meistens den Gutteil der Förderung ausmacht, erhöht sich der Förderbetrag bei Energieeffizienzsteigerung nur marginal, hat also nur begrenzte Lenkungseffekte.

Förderungen als Energiewendemotor im NeubauDamit Förderprogramme die angestrebte Rolle als Motor einer

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nachhaltigen Klimaschutzpolitik tatsächlich wahrnehmen können, müssen sie auf innovative und vorbildliche Energiesparmaßnah-men abzielen, weshalb die geförderten Gebäudeenergiestandards angehoben werden sollten. Zudem sollte auch die Förderung im Gebäudebestand um besondere Konditionen für Sanierungen auf einen sehr hohen energetischen Standard wie zum Beispiel bei Passivhäusern ergänzt werden.

Gleichzeitig wurde durch die Differenzierung in Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser eine Ungleichbehandlung bei den Anforderun-gen festgeschrieben. So müssen kompakte, großvolumige Mehr-familienhäuser strengere energetische Anforderungen erfüllen, als freistehende Einfamilienhäuser, welche zusätzlich aber nicht nur wesentlich höhere beheizte Wohnnutzflächen pro Person besitzen, sondern zumeist durch Zersiedelung auch höheres Verkehrsauf-kommen verursachen.

Passivhausboom in ÖsterreichIn Österreich herrscht jetzt schon ein Boom an Passivhäusern. Im Jahr 2006 wurde das tausendste Passivhaus in Österreich errichtet. Die IG Passivhaus geht davon aus, dass im Jahr 2010 mehr als 10.000 Passivhäuser fertiggestellt sein werden.122 Das Potential des ökologischen Bauens ist enorm. Neben der Adaptierung techni-scher Standards geht es auch darum, die Baukultur in Österreich weiter zu entwickeln. Das Passivhaus wird vom Modell zum Stan-dard. Dass die öffentliche Hand hier eine bedeutende Rolle spielt, zeigt das Beispiel Vorarlberg. Hier wurde zwischen dem Land und den gemeinnützigen Bauträgern vereinbart, dass diese zukünftig nur noch Mehrfamilienhäuser im Passivhausstandard errichten werden. So kann sichergestellt werden, dass sich MieterInnen und EigentümerInnen sozial verträglich auch langfristig die Dienst-leistung Energie noch leisten können. Die Mieter und Eigentümer haben trotz des Top-Qualitätsstandards der Wohngebäude keine höheren Gesamtbelastungen – vom ersten Tag an.

Das Passivhaus trägt stark zur Reduktion des Heizwärmebedarfs und der CO2 Emissionen bei, wie eine Analyse der IG Passivhaus zeigt. Hierbei wurde von einer Prognose von 11.800 Passivhäusern in Österreich im Jahr 2010 ausgegangen (siehe Tabelle 8).

Reduktion Energie/Emissionen versus konven-tioneller Objekte

Stand 12/2005 950 gebaute Passivhäuser in Österreich

Prognose 2010 rund 11.800 Passivhäuser in Öster-reich (siehe oben)

Nutzfläche 428.000 m2 6,500.000 m2

EinsparungseffektHeizwärmebedarf / Jahr

29.300 MWh 390.000 MWh

Einsparungseffekt Heizöl extra leicht / Jahr

3,050.000 Liter Öl 40,700.000 Liter Öl

EinsparungseffektCO2 Emissionen / Jahr

4.400 Tonnen CO2 60.000 Tonnen CO2

Tabelle 8: Prognose Energieeinsparungen durch Passivhaus-Bau bis 2010

pRaXisBeispiel 5

Bürobauten im Passivhausstandard ohne KlimaanlagenDas Christophorushaus der MissionsVerkehrsArbeitsgemein-schaft in Stadl Paura (Oberösterreich) ist ein multifunktionales Betriebs- und Verwaltungsgebäude mit Logistik- und Kultur-zentrum im Passivhausstandard und nachhaltiger Holzbauwei-se. Der Bürobau wurde im R ahmen der Programmlinie „Haus der Zukunft“ gefördert. Das Hauptgebäude ist ein dreigeschossiger Holz-Rundbau – das erste Passivhaus dieser Art in Österreich. Innovative Passivhaus-Fenster tragen zur guten Energiebilanz bei. Der Holzbau wurde in nur 12 Tagen fertig montiert. Die gesamte Bauzeit betrug 10 Monate. Konstante Erdtemperatur aus acht Erdsonden erwärmt das Haus im Winter und kühlt es im Sommer. Reicht die zusätzliche Erwärmung durch Menschen und Geräte nicht aus, bzw. ist im Sommer die Hitze zu groß, so wird eine Wärmepumpe dazu geschaltet. Eine 10 Kilo-watt-Photovoltaik-Anlage erzeugt Strom, Sonnenkollektoren wärmen das Wasser. Das Belüftungssystem gewinnt Wärme aus der Abluft zurück. Tageslicht sowie Energiesparlampen reduzieren den Stromverbrauch.

Foto: IG Passivhaus

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Kampf den Bürohaus EnergiefressernZu den größten Energieverschwendern zählen mittlerweile die heutigen Büroglashäuser. Hier schlagen sich vor allen die enormen Kühllasten zu Buche, welche meist zu riesigen Klimaanlagen führen, die wiederum für einen erheblichen Anstieg des Stromverbrauchs verantwortlich sind. Während der Heizwärmebedarf durchschnitt-lich bei rund 60 kWh/m2a liegt, benötigen diese Bürobauten Klima-anlagen mit Kühllasten von 100 – 300 kWh/m2a und mehr! Nebenbei geht damit sehr häufig eine sehr hohe Unbehaglichkeit und erhöhte Krankheitsrate der MitarbeiterInnen einher.

Europäischer Gebäudepass aktiv und rasch umsetzenDie verpflichtende Einführung des europäischen Gebäudepasses ist in Österreich seit Jahresbeginn 2006 überfällig und rasch umzuset-zen. Die Übergangsfrist bis 2009 zur Ausweisung des Energiever-brauchs bei Altbauten ist zu verkürzen, da jede/r KäuferIn auch von Altbauten und Wohnungen das Recht auf Information h maximalen Heizwärmebedarf von 30 kWh/m2a aufweisen und dem klima:aktiv haus Kriterienkatalog entsprechen.> Ab 2010 sollen nur mehr Passivhäuser durch die Wohnbauförde-

rung gefördert werden.> Erhalten Neubauten – sowohl Wohn- als auch Nichtwohnbauten

- öffentliche Förderungen, dürfen keine fossilen Energieträger zum Einsatz kommen.

> Entwicklung energetischer Standards für gewerblich genutzte Gebäude im Neubau.

> Reform der Bauordnungen – etwa durch §15a Vereinbarungen über die energetischen Mindestanforderungen in der Bautechnik Verordnungen der Bundesländer für sämtliche Gebäudetypen:123 Weitere schrittweise Absenkung des maximalen Heizwärmebe-darfs und der maximalen Kühllast.

> Neu erschlossene Siedlungs- und Betriebsgebiete müssen ein Gesamtenergiekonzept unter den Gesichtspunkten höchster Energieeffizienz und Verwendung ausschließlich Erneuerbarer Energien vorweisen.

> Die unterschiedlichen Wohnbauförderungen sollen schrittweise Österreichweit nach dem Vorbild des Klima:aktivhaus Krite-rienkatalogs angeglichen und zur Verwaltungsvereinfachung vereinheitlicht werden. Eine derartige Verwaltungsreform würde zudem erhebliche Verwaltungskosten einsparen.

> Vom Passivhaus zum Plus Energie Haus: Die Zukunft geht noch einen Schritt weiter. Nach dem Passivhaus folgt das Plus Energie Haus, das dank optimaler Technik und Solarenergie mehr Energie produziert als es selbst verbraucht. Entsprechende Forschungs-programme sind vorzubereiten.

Kurz & KonkretDrei Viertel der bewohnten Wohnungen - inkl. Ein- und Zweifami-lienhäuser - Österreichs, also ca. 2,4 Millionen Wohnungen, sind laut Angaben des WIFO sanierungsbedürftig. 65% der Wohnungen wurden zwischen 1920 und 1980 errichtet und weisen erhebliche Energiesparpotenziale auf. Mit heutiger Technologie können auch Altbauten im besten Fall auf Passivhausstandard saniert werden. Das reduziert Heizbedarf und Kosten um bis zu 95% gegenüber dem Baubestand.

Eine konsequente optimale thermische Sanierung von 80% aller Nachkriegswohnbauten innerhalb der nächsten 30 Jahre in Rich-tung Passivhausstandard steigert erheblich deren Wohnkomfort, sichert die Versorgungssicherheit und stellt alleine ein Einsparungs-potential von 5,8 TWh dar. Dies entspricht vergleichsweise 6 Donau-kraftwerken Freudenau. Heute übliche unvollständige Sanierungen vergeben jedoch die Chance auf eine zügige Energiewende, und sind damit die Sorgenkinder der nächsten 40 Jahre.

Damit Förderprogramme die angestrebte Rolle als Motor einer nachhaltigen Klimaschutzpolitik tatsächlich wahrnehmen können, müssen sie auf innovative und vorbildliche Energiesparmaßnah-men abzielen, weshalb die geförderten Gebäudeenergiestandards angehoben werden sollten. Zudem sollte auch die Förderung im

Gebäudebestand um besondere Konditionen für Sanierungen auf einen sehr hohen energetischen Standard wie zum Beispiel bei Passivhäusern Österreichweit ergänzt werden.

Das Grüne Programm für eine Sanierungsoffensive> Häuser bekommen Mäntel: Wärmedämmung bei Altbauten senkt den Heizbedarf um bis zu 90%. Dazu wird ein umfassendes Sanierungsprogramm gestartet. Bis spätestens 2015 soll dazu der Anteil der Wohnbauförderung an der Althaussanierung von derzeit 35% auf mindestens 50% steigen und die jährliche Sanierungsrate von derzeit etwa 1% auf 3% verdreifacht werden. > Reform der Wohnbauförderungen für Althaussanierungen:

Sanierung von Bauteilen soll nur mehr im Niedrigstenergiehaus-standard erfolgen.

> Begleitung durch umfassende Sanierungsprogramme im Rahmen von klima:aktiv und entsprechenden Länderaktivitäten.

> Förderschwerpunkt für die Sanierung von gewerblich genutzten Gebäuden. In der Umweltförderung im Inland (UFI) werden För-derschwerpunkte für verschiedene Gebäudesegmente eingerich-tet und die Umweltförderung entsprechend höher dotiert.

> Schaffung verbindlicher Rechtsinstrumente in der Althaussa-nierung, die Sanierungen auf hohem Niveau möglich machen (Änderung des Einstimmigkeitsprinzips, das häufig Sanierungen verhindert).

�.�.� die grüne sanierungsoffensive

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pRaXisBeispiel 6

Althaussanierung auf Passivhausstandard für alle Gebäudenutzungen Alle fünf Praxisbeispiele stammen aus der Bauperiode 1950 – 1975 und wurde auf Passivhausstandard bzw. nahe diesen saniert. Gegenüber einer konventionellen thermischen Sanierung, wie sie heute zu 80% mit einer Energieeinsparung von lediglich 30% durch-geführt wird, lagen die durchschnittlichen Mehrkosten bei € 140.-/m2. Damit konnten Energieverbrauch und Emissionen jeweils um 90 – 95% reduziert werden. Der Restenergiebedarf konnte bei allen Beispielen von fossilen auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden.

Bildleiste: Quelle IG Passivhaus Österreich; Altbausanierungsobjekte auf Passivhausstandard v.l.n.r.: EFH Schwarz in Pettenbach, LANG consulting; MFH der GIWOG in Linz, Architekturbüro ARCH+MORE; Hauptschule II + Polytechnische Schule in Schwanenstadt, PAUAT Architekten; Bezirkspensionistenheim in Weiz, Architekturbüro DI Erwin Kaltenegger; Firmengebäude Drexel und Weiss energieeffiziente Haustechniksysteme, Architekturbüro DI Gerhard Zweier. Quelle: Lang, „Erste Altbausanierungen auf Passivhausstandard“ Endbericht 2006 „Haus der Zukunft“

pRaXisBeispiel 7

Pilotprojekt in Oberösterreich: Weltweit rich-tungsweisendes Sanierungsprojekt Mit der Sanierung der HS II und der Polytechnischen Schule in Schwanenstadt auf Passivhausstandard werden weltweit neue Maßstäbe in der thermisch optimierten Altbausanierung gesetzt. Dieses Schulgebäude aus den 70-iger Jahren wird von der ARGE „Erste Passivhaus Schulsanierung“ – Mitglieder der IG Passivhaus - auf thermisch und energetisch neuesten Stand gebracht und gleichzeitig die Tageslichtnutzung optimiert. Neben Einsparungen von jährlich 400.000 kWh und einem Restenergiebedarf in der Größenordnung eines konventionellen Einfamilienhauses wird den SchülerInnen und LehrerInnen zukünftig durch die

Komfortlüftung beste Luftqualität zur Verfügung stehen, Hygiene und Konzentrationsfähigkeit werden erheblich gesteigert. Dieses weltweite Pionierprojekt wird auch den modernen pädagogischen Anforderungen an den zukünftigen Schulbe-trieb und höchsten architektonischen Ansprüchen gerecht. Den Mehrkosten von 13% für Passivhausstandards, Verbesserung der Tageslichtnutzung und Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen stehen Einsparungen der Betriebskosten um 90% gegenüber. Mit einer Reduktion der CO2-Emissionen sogar um 95% stellt dieses Pilotprojekt neue Weichen zur Erreichung der Klimaschutzzie-le. Das Projekt wird vom Land Oberösterreich, der Gemeinde Schwanenstadt und dem BMVIT finanziert. Unter dem Motto „Praxis lernen – Wissen von Morgen erweitern“ fertigen die SchülerInnen im Zuge ihrer Berufsausbildung selbst Teile dieses Vorzeigeprojekts. Als „Schule im Klimabündnis“ soll sie auch ein „Nachhaltiger Ort der Begegnung mit der Zukunft“ wer-den. Veranstaltungen, Vorträge und Exkursionen sollen dieses Vorbildprojekt einer breiten Öffentlichkeit nahe bringen und zur Nachahmung animieren – weltweit!

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Kurz & KonkretEnergiepolitik ist auch Verkehrspolitik. Die Grünen bekennen sich zur Mobilität. Mobilität heißt, Ziele umweltschonend, kostenspa-rend und für alle leistbar zu erreichen. Analog zur Vision „Null Tote“ in der Verkehrssicherheit wird für eine umwelt- und gesund-heitsverträgliche Verkehrspolitik eine zu 100% solare, erneuerbare und schadstofffreie Mobilität mit einem Bruchteil des heutigen Energieverbrauchs als langfristiges Ziel definiert. Dazu braucht es ein radikales Umdenken in der Verkehrspolitik. Grundprinzip ist die deutliche Reduktion des klima- und gesundheitsschädlichen motorisierten Straßenverkehrs durch Ausbau von Alternativen, Kostenwahrheit für LKW und PKW sowie einen Stopp der Zersiede-lung durch ökologische Weiterentwicklung von Raumordnung und Wohnbauförderung.

Der Ausbau von Bus und Bahn sowie mehr Mittel und höhere Qualität für den Nahverkehr schaffen Wahlfreiheit für PendlerIn-nen. Der Güterverkehr wird durch mehr Kostenwahrheit, strengere LKW-Kontrollen und einen konsequenten Ausbau der Infrastruk-tur auf die Schiene verlagert. Durch eine ökologisch verträgliche Biotreibstoff-Strategie wird der Anteil erneuerbarer Biotreibstoffe schrittweise ausgeweitet.

Eine auf Dauer zum Wohl der BürgerInnen aufrechterhaltbare Mobilität setzt auf die Grundpfeiler Verkehrsvermeidung, Verkehrs-verlagerung, Ressourceneffizienz, erneuerbare Energieträger und Chancengleichheit für „Nichtmotorisierte“. Das Verkehrssystem des 21. Jahrhunderts wird ökologisch, wirtschaftlich und sozial verträglich gestaltet. Eine sanfte, solare und soziale Mobilität ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Grünen Energiewende.

�.� die grüne Verkehrswende: sanft, solar, sozial

Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung haben höchste Priorität. Mo-bilität ist auch ohne Verkehrswachstum und Energieverschwendung möglich. Der Wachstumstrend im Straßen- und Flugverkehr wird durch Maßnahmen in der Raumordnung, Bewusstseinsbildungs-maßnahmen, Förderungen des Fußgänger- und Radverkehrs und intelligentes betriebliches Mobilitätsmanagement gestoppt.

15% der Pkw-Gesamtkilometerleistung in Österreich – das sind etwa 8,75 Milliarden km - entstehen durch Fahrten, die weniger als 5 km124 betragen. Gelingt es, nur jede fünfte dieser Fahrten aufgrund verbesserter Infrastruktur- und Rahmenbedingungen durch das Zufußgehen und Fahrradfahren zu ersetzen, ergäbe dies ein Einsparpotenzial von 1,75 Milliarden Pkw-Kilometer. Bei Durchschnittsemissionen von 160 g CO2/km entspricht dies einer CO2-Einsparung von 280.000 t.Der Trend zur Zersiedelung und Gewerbe-Standorten „auf der grü-nen Wiese“ hält ungebrochen an. Einkaufs- und Freizeitzentren am Rande von Siedlungen und Städten tragen zu erhöhtem Verkehrs-aufkommen bei. Verkehrssparende Anreize in Siedlungsentwicklung und Raumplanung durch Bund, Länder und Gemeinden können

einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrsvermeidung leisten. Das Konzept der Verkehrsspargemeinden soll Österreichweit weiterent-wickelt werden. Durch Programme für Mobilitätsmanagement in Betrieben, Schulen, im Tourismus, der öffentlichen Verwaltung und kommunales Mobilitätsmanagement wird ebenfalls zur Verkehrs-vermeidung beigetragen.

Neue Prioritäten in der Infrastrukturpolitik Die Schwerpunkte in der Infrastrukturpolitik, die mit Gesamtausga-ben von 8 Mrd. Euro pro Jahr über ein beträchtliches Steuerungsvo-lumen verfügt, werden geändert. Ein ökologisch und klimapolitisch vorausschauender „Grüner Generalverkehrsplan“ verfolgt folgende Eckpunkte:

> Erhaltung, ökologische Sanierung und fußgängerInnen- und fahrradgerechter Umbau von Straßen hat Vorrang gegenüber dem Bau neuer Straßen.

> Querfinanzierung des Bahnnetz-Ausbaus aus Mitteln der LKW-Maut.

> Umsetzung eines Österreichweiten Stundentakts, um die Haupt-

�.�.1 Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung

> Entwicklung von Kommunikationsprogrammen, um auf die Be-deutung und Vorteile von Sanierungsmaßnahmen hinzuweisen.

> Sanierungsoffensive für Schulen auf Passivhausstandard: Neben dem energetischen Aspekt kommt bei Schulen vor allem die gravierende Steigerung der Luftqualität in den Schulklassen zum Tragen. Wie Messungen der Oö. Landesregierung gezeigt haben, herrschen während des Unterrichts in Klassenräumen faktisch permanent CO2-Konzentrationen die regelmäßig den Grenzwert

der WHO bis zum fünffachen Wert überschreiten. Durch die kon-trollierte Be- und Entlüftung, die mit der Sanierung auf Passivh-ausstandard einhergeht, wird die CO2-Konzentration permanent unter dem Grenzwert gehalten. Damit steigt gleichzeitig die Konzentrationsfähigkeit, was wiederum positive Auswirkungen auf den Schulerfolg hat. Diese Sanierungsoffensive soll in allen Bundesschulen und durch die BIG verwalteten Schulgebäude, wenn technisch möglich, im Sanierungsfall umgesetzt werden.

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pRaXisBeispiel �

Dass es sich auch mit weniger motorisiertem Verkehr gut vorankommen lässt, zeigen erfolgreiche Beispiele auf Gemein-deebene:

Verkehrsspargemeinde Langenlois125

Verkehrspargemeinden realisieren bewusstseinsbildende und angebotsverbessernde Maßnahmen. Ziel ist die freiwillige Ver-meidung jener Autofahrten, die mühelos durch umweltfreund-lichere Fortbewegungsarten ersetzt werden können. Die Förderung der lokalen Wirtschaft ist ein gleichrangiges Ziel. Eine attraktive Einkaufs- und Freizeitinfrastruktur sowie mög-lichst viele lokale Arbeitsplätze sind Grundvoraussetzungen. Im Zuge eines vierjährigen Modellprojektes konnte der Anteil der Autofahrten an allen Wegen der Bevölkerung ab 18 Jahren von 63% auf 54% gesenkt werden. Der Anteil der Radfahrten stieg hingegen von 3% auf 14%. Die mit dem Pkw zurückge-legte Entfernung der Langenloiser Bevölkerung ging um rund 4% zurück. Zusteige-Mitnahme-System mit Rückfahrgaran-tie durch ein Anruf-Sammel-Taxi (AST), Gratis-Gutscheine für ein Radservice bzw. zur Mobilisierung älterer Räder, ein Bonussystem für das Einkaufen mit dem Rad, die Montage attraktiver Radständer im Ortszentrum und die Entwicklung von Verkehrsparmaßnahmen in Betrieben sind nur einige von vielen Maßnahmen, die zum Verkehrssparen beitragen.

Sanfte Urlaubs-Mobilität in Werfenweng126 Werfenweng ist eine von 17 alpinen Gemeinden in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Italien und Frankreich, die sich der sanften Mobilität verschrieben haben. Das EU-Projekt „Alps Mobility“ setzt in den Gemeinden ein sanftes Mobili-tätskonzept um. Wer für seine Urlaubsreise nach Werfenweng die Bahn benutzt, kann auch vor Ort problemlos mobil sein. Elektrofahrzeuge, Fahrräder und Scooter stehen vor Ort zur Verfügung. Shuttlebusse und Nachtmobile ergänzen das Mobilitätsangebot, das den Urlaubsgästen ein problemloses und umweltfreundliches Bewegen in einem Umkreis von 40 Kilometern ermöglicht. Das Modellvorhaben „Sanfte Mobilität - Autofreier Tourismus“ stellt das bisher größte derartige Projekt in Österreich dar.

städte mindestens eines Halbstundentakts.> Gesetzlich abgesicherte Mindesterschließung mit Bus und Bahn

im ländlichen Raum.> Die Infrastrukturpolitik wird gemäß diesen Zielen neu ausgerichtet.

Ökologisch UmsteuernDie derzeit im Straßenverkehr bestehenden Fixabgaben haben im Hinblick auf Energieeinsparung und Klimaschutz kontraproduktive Wirkungen. Mit zunehmender Fahrleistung wird der einzelne gefah-rene Kilometer billiger. Durch eine Variabilisierung der Fixkosten soll ökologisch umgesteuert werden und unnötiger Verkehr vermieden bzw. verlagert werden.127 Eine Generalreform der ungerechten Steuern und Fixabgaben im Verkehrsbereich verfolgt folgende Ziele und Maßnahmen:

> Kostenwahrheit beim LKW: Anhebung der LKW-Maut um 5% pro Jahr und schrittweise Ausdehnung auf das gesamte Straßennetz. Dadurch soll der LKW einen angemessenen Beitrag zu den von ihm verursachten Kosten leisten. Mit der jährlichen Anhebung wird Gerechtigkeit zur Bahn hergestellt, die heute schon im gesamten Schienennetz eine jährlich steigende „Schienenmaut“ zahlen muss. Der Ausweichverkehr über Bundesstrassen und durch die Dörfer soll gestoppt werden.

> Eine flächendeckende LKW-Bemautung bringt zugleich ausrei-chend Einnahmen, um 200 Mio. Euro pro Jahr für die Modernisie-rung der Schiene bereitzustellen.

€ Die Dieselbesteuerung wird im Rahmen einer ökosozialen Steuerreform schrittweise auf das Niveau der Besteuerung von Benzin angehoben. Dadurch verringert sich auch der Tanktouris-mus nach Österreich128.

>Die motorbezogene Versicherungssteuer wird variabilisiert und von der derzeitigen leistungsbezogenen auf eine verbrauchs- bzw. fahrleistungsabhängige Bemessung umgestellt.

> Die Normverbrauchsabgabe (NoVA) wird entweder – wie die motorbezogene Versicherungssteuer – ebenfalls variabilisiert oder weiterentwickelt in Richtung einer progressiven Belastung leistungs- und verbrauchsstarker Fahrzeuge.

> Steuerliche Begünstigung bei Car-Sharing Modellen.

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Ziel der Effizienzrevolution im Verkehr ist es, Mobilität mit deutlich geringerem Energieverbrauch als heute zu organisieren. Dazu braucht es zwei Arten von Maßnahmen:

> Priorität für Effizienzüberlegungen bei „harten“ Entscheidungen wie Investitionsschwerpunkten in Infrastruktur oder technischen Innovationen. Bei Investitionen entlang derselben Strecke Vor-rang für die energieeffizientere Schiene. Motorentechnologie für Einsparung statt für weitere Leistungssteigerung.

> Förderung effizienten Verhaltens und effizienter Verkehrsorganisation.

> Klare Deklaration des Verbrauchs von Kfz für KäuferInnen.

Die Mobilität unserer Kinder wird um mindestens 50% effizienter und energiesparender als heute sein müssen - oder sie wird infolge knapper, teurer Ressourcen nur mehr für eine Minderheit leistbar sein.

Für den Flottenverbrauch und für den CO2-Ausstoß pro Kilome-ter werden verbindliche Ziele festgelegt. Dabei sind die derzeit auf EU-Ebene als freiwillige Vereinbarungen verankerten 140 g CO2/km in Höhe und Verbindlichkeit unzureichend. Ein Ziel in der Größenordnung von 80 g CO2/km (3-Liter Auto) in den kommen-den zehn Jahren ist nötig, um die erforderlichen technischen wie organisatorischen Innovationen auf den Weg zu bringen. Quanti-tativ festgelegte Zwischenziele für Flottenverbrauch einerseits und Fahrzeughöchstverbrauch andererseits machen den Pfad Richtung 1-Liter-Auto begehbar.

�.�.� effizienzrevolution im Verkehr

Eine durchdachte Biotreibstoff-Strategie und die Entwicklung alter-nativer Antriebstechnologien wie etwa der Brennstoffzelle können einen wichtigen Beitrag für eine Energiewende im Verkehrsbereich leisten. Alleine durch den Ersatz fossiler Treibstoffe durch Biokraft-stoffe kann das Problem des steigenden Verkehrsaufkommens und der wachsenden Treibhausgasemissionen jedoch nicht gelöst werden. Wächst der Verkehr weiter so rasant wie in den letzten Jahren, würde beispielsweise die Beimischung von 5,75% Biotreib-stoffen – wie von der EU bis 2010 vorgeschrieben – gerade einmal den Anstieg der Treibhausgasemissionen des Verkehrs eines Jahres kompensieren.

Neue Antriebstechnologien und Biotreibstoffe steuern gerade einmal knapp 5% zu der in der österreichischen Klimastrategie vorgesehenen Reduktion von Treibhausgasen im Verkehrsbe-reich bei. Zugleich könnte selbst die vollständige Umsetzung der EU-Biotreibstoffrichtlinie nur eine Reduktion der Treibhausgas-emissionen aus dem Verkehrssektor um etwa 5% bewirken.129 Der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel, eine deutliche Reduktion des Treibstoffverbrauchs von Kraftfahrzeugen und eine Senkung des Flottenverbrauchs bleiben daher, wegen höherer Ziel-Mittel-Effizi-enz, oberste Priorität.

Die Grenzen der Verwendung von Biotreibstoffen Der breite Einsatz von Biotreibstoffen ist nur sinnvoll wenn er innerhalb klarer ökologischer und volkswirtschaftlicher Leitplanken

erfolgt. Der Anbau von Energiepflanzen darf nicht mit dem Anbau von Nahrungsmitteln konkurrieren. Die ausreichende und sichere Versorgung mit Lebensmitteln hat Vorrang vor der Treibstoffpro-duktion aus Energiepflanzen.

Der Einsatz der Gentechnik hat auch bei Biotreibstoffen nichts verloren. Die ökologischen Risken der Gentechnik-Landwirtschaft dürfen nicht über die Hintertüre der Biotreibstoffproduktion auf Österreichs und Europas Felder getragen werden. Auch die kon-ventionelle Intensivlandwirtschaft beim Anbau von Energiepflanzen wie z.B. Raps soll ökologisch optimiert stattfinden. Dass als Preis für mehr Biotreibstoffe durch eine intensive Düngung mehr Schadstoffe ins Grundwasser gelangen, ist nicht vertretbar. Im Zuge der im EU-Biomasse-Aktionsplan und der Biotreibstoff-Strategie vorgesehe-nen Zertifizierung für die Bereitstellung der Biotreibstoff-Rohstoffe muss Gentechnikfreiheit und Minimierung der Transportwege sowie generell Nachhaltigkeit deutlich berücksichtigt werden.

Die Steigerung des Biotreibstoff-Anteils darf nicht in eine neue starke Importabhängigkeit führen. Nur ein Prozent des gesamten Dieselverbrauchs in Österreich oder etwa 13% des Biodieselbe-darfs sind mittelfristig aus heimischer Rohstoff-Produktion zu decken, der Rest werden Importe aus Rumänien, Brasilien, China oder anderen weit entfernten Staaten sein. Da diese teilweise bedenkliche ökologische und soziale Rucksäcke mitbringen - sei es Gentechnikanbau, seien es schlechte Arbeitsbedingungen wie bei der Zuckerrohrernte, sei es Palmöl oder Soja aus Plantagen in dafür

�.�.� Biotreibstoffe und alternative antriebskonzepte

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zerstörten Regenwaldgebieten130 – soll vor allem auf jene Biotreib-stoffe gesetzt werden, die weitgehend aus inländischen Rohstoffen erzeugt werden können.

Die einzelnen Biotreibstoffe werden einer „well-to-wheel“-Betrach-tung unterzogen. Das bedeutet, der gesamten Prozess von der För-derung, Produktion über die Verarbeitung, Verteilung, Transport bis zum Verbrauch wird – sozusagen von der „Rohstoffquelle bis zum Reifen“ – einer ökologischen Gesamtbilanz unterzogen. Dabei wer-den in allen einschlägigen Studien zu Folge nennenswerte ökologi-sche Vorteile überwiegend nur für Biogas sowie für unvermischten Biodiesel, Bioethanol oder Synthetischen Diesel angegeben. Aus volkswirtschaftlicher Sicht sind zusätzlich die – etwa bei Biodiesel – vergleichsweise recht hohen Kosten pro eingesparter Tonne CO2 zu berücksichtigen.

Mehr Biotreibstoffe dürfen nicht mehr Verkehr bedeuten. Eine Festlegung quantitativer Verbrauchsgrenzen sowie absoluter statt anteilsmäßiger Ziele für Biotreibstoffe ist sinnvoll, um den bisher fehlenden verbrauchsbegrenzenden Effekt beizusteuern.

Biotreibstoffe der ersten Generation: Biogas-Einsatz forcierenBis 2010 müssen gemäß der EU-Biokraftstoffrichtlinie131 5,75% der in Österreich verkauften Treibstoffe aus erneuerbaren Energie-quellen kommen. Österreich hat die Erreichung dieses Ziels bereits bis 1. Oktober 2008 festgeschrieben.132 Derzeit sind dabei fast ausschließlich Biotreibstoffe der ersten Generation (Biodiesel, Bioethanol, Pflanzenöle, Biogas) im Einsatz.

Die Treibhausgasemissionen können dabei durch Pflanzenöl um 50%, Biodiesel um 60-95%, Bioethanol um 30-75% und Biogas um 60-100% gesenkt werden. Zu beachten ist, dass jedoch teilweise andere Schadstoffprobleme auftreten, so führt Biodiesel etwa zu höheren Stickoxidemissionen.

Um das Ziel der Grünen Verkehrswende im Bereich Biotreibstoffe -10% der in Österreich verkauften Treibstoffe bis 2010 aus erneuer-baren Energiequellen, 15% bis 2015, 20% bis 2020 – zu erreichen, ist eine Konzentration auf effiziente Alternativen nötig. Neben maßvollem Einsatz von Biodiesel und Bioethanol unter Ausschluss von Fernimporten und gentechnisch manipulierten Ausgangsstof-fen soll kurz- und mittelfristig vor allem auf Biogas (Biomethan) gesetzt werden.

Biogas schneidet in punkto Kraftstoffertrag und CO2-Reduktions-potential von allen Biotreibstoffen der 1. Generation mit Abstand am besten ab. Der Hektarertrag ist mehr als viermal so hoch als bei Biodiesel. Im Gegensatz zu Biodiesel können die für die Biogaspro-duktion benötigten Rohstoffe (Mais, Kleegras, Grünroggen, Gras, Gülle etc.) zur Gänze im Inland erzeugt werden. Daher sind auch die

inländischen Wertschöpfungseffekte im Vergleich zu Biodiesel und Bioethanol jeweils um den Faktor 10 bis 20 höher. Die vollständige Ausschöpfung des Biogas-Potenzials im Verkehr könnte 27% des heutigen Gesamt-Treibstoffverbrauchs abdecken.133

Erdgas (CNG) wird als kurzfristiger Beitrag zur Emissionsminderung (Feinstaub, Stickoxide) sowie mittelfristige als Brücke zur Wasser-stofftechnologie derzeit stark gefördert, stellt aber als fossile und preislich an Öl gebundene Ressource nur in Verbindung mit Biogas eine ökologisch ernstzunehmende Alternative dar. Zudem liegen auch marktgängige Erdgasfahrzeuge nicht nennenswert unter bzw. teilweise sogar über dem derzeitigen EU-Zielwert von140g/km für den CO2-Ausstoß.

Biotreibstoffe der zweiten Generation: Forschung intensivieren, Marktreife vorbereitenAls Biotreibstoffe der zweiten Generation werden synthetische Treibstoffe (z.B. Biomethanol, Bio-Dimethylether, Fischer-Tropsch-Diesel, synthetisches Erdgas) sowie hydrothermisch aus Biomasse gewonnene Treibstoffe bezeichnet.

Bei den Biotreibstoffen der 2. Generation sind bis zu 80% geringere Treibhausgas¬emissionen erzielbar. Bei biogen erzeugtem Öko-Wasserstoff und „sonnenstrom-betriebenen“ Elektrofahrzeugen liegen die Reduktionspotentiale ebenfalls bei ca. 80%.134, 135 Die Forschung an synthetischen Treibstoffen aus Biomasse soll weiter forciert werden, um jene Treibstoffe der zweiten Generation nach einer eingehenden ökologischen und wirtschaftlichen Analyse beschleunigt marktreif zu machen, die das größte Ausbaupotenzial und die größten ökologischen Vorteile haben.

Neue Antriebstechnologien: Hybrid, Elektro, BrennstoffzelleNeben neuen Treibstoffen bieten auch alternative Antriebstechno-logien Potenziale für einen umwelt- und klimagerechteren Verkehr.

Elektrofahrzeuge sind eine ökologische Alternative, wenn sie mit Ökostrom betrieben werden. Sie haben zudem den Vorteil der Rückspeisung von Energie beim Bremsen und Bergabfahren, der den Verbrauch gegenüber Verbrennungsmotoren sehr stark senkt. Investitionen in die Weiterentwicklung der Speichertechnologie sind hier noch nötig, um die Alternative für eine breite Anwendung attraktiv zu machen.

Hybridfahrzeuge verbinden die beiden Antriebstechniken Verbren-nungs- und Elektromotor und haben zusätzlich den Vorteil geringe-rer Schadstoff- und Lärmemissionen bei niedrigeren Geschwindig-keiten, also vor allem im Siedlungsgebiet. Sie sind daher ein Beitrag zur Ökologisierung. Zugleich darf der Ressourcenaufwand und der Mehrgewichtseffekt von bis zu 150 kg durch die „doppelten Motori-

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sierung“ nicht unterschätzt werden. Große und schwere Fahrzeuge können trotz Hybridmotors CO2-Emissionswerte aufweisen, die um fast 50% höher als der EU-Zielwert von 140g CO2/km und um etwa 25% über dem aktuellen Durchschnittswert in Mitteleuropa liegen.

Mittelfristig ist daher ein CO2-Emissionswert von 120g CO2/km, längerfristig von 80g CO2/km als Ziel zu fixieren und auch bei alternativen Antriebsformen ein Abspecken bei Fahrzeuggewicht, Leistung und Endgeschwindigkeit unumgänglich.

Die Brennstoffzelle ist aufgrund ihres Potenzials zur Gewichtsreduk-tion, die auch bei geringeren Motorleistungen den selben Fahrkom-fort ermöglichen würde, eine förderwürdige Zukunftsperspektive. Sie beruht auf dem Prinzip, dass (an Bord, oder auch extern) aus einem Energieträger (Wasserstoff) Strom produziert wird. Lokal fallen dabei keine Emissionen an.

Die wegen der geringen Energiedichte von Wasserstoff nötige kom-primiert gasförmige oder verflüssigte Bereitstellung für die Speiche-rung ist allerdings sehr energieintensiv, ebenso die Herstellung von Wasserstoff136, der derzeit meist aus Erdgas durch Dampfreformie-rung oder durch Elektrolyse, z.B. mittels Atomstrom erzeugt wird.

Da eine breite Marktreife für die Brennstoffzelle erst in 15 bis 25 Jahren erwartet wird, kann diese Technologie kaum einen Beitrag für die kurzfristig nötige Lösung der Emissions- und Klimaprobleme des Verkehrs bringen. Die Entwicklung ökologisch vertretbarer Pfade der Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologie sollte daher durch entsprechend geförderte Forschungsschwerpunkte vorangetrieben werden.

Das Grüne Programm für eine Verkehrswende für Mensch und Klima:

Vorrang für den Öffentlichen Verkehr> Raus aus dem Stau! Komfortables Umsteigen für ganz Österreich

wird Wirklichkeit - durch integrierten bundesweiten Öffi-Takt, flächendeckende gesetzlich abgesicherte Mindesterschließung durch Öffentliche Verkehrsmittel und eine bequeme Mobilitäts-karte.

> Nahverkehrs-Offensive: mehr Angebot, Qualität und Pünktlich-keit durch effizientere Organisation. Zusatzmittel von jährlich mindestens 70 Mio. Euro für wichtige, schon jahrelang aufge-schobene Investitionen und zusätzliche Züge und Buslinien.

> Vorrang und Gerechtigkeit für PendlerInnen und BenutzerInnen Öffentlicher Verkehrsmittel: Ein gerechtes, verkehrsträgerun-abhängiges Mobilitätsgeld stellt sicher, dass BenutzerInnen Öf-fentlicher Verkehrsmittel bei gleicher Pendeldistanz nicht länger benachteiligt werden.

> Eine Weiterentwicklung der Schülerfreifahrt bringt mehr Attrakti-vität für Junge.

> Unmäßigen Preissteigerungen im öffentlichen Verkehr wird ein Riegel vorgeschoben.

> Der Ausbau des Mobilitätsmanagements schärft das Bewusst-sein bei Unternehmen, Schulen, Öffentlicher Verwaltung und im Tourismus für sanfte Mobilität. Insbesondere kommunales Mobilitätsmanagement soll unterstützt werden.

Kostenwahrheit und Gerechtigkeit> Mehr Gerechtigkeit durch mehr Kostenwahrheit: Der LKW trägt

durch eine flächendeckende Ausweitung der LKW-Maut wie in der Schweiz seinen Teil an den hohen Kosten des Verkehrssys-tems. Ein jährlicher Anstieg der LKW-Maut durch Indexierung um 5% pro Jahr macht den Nachteil der Bahn (durch jährlich steigende Schienenmaut im ganzen Netz) wett.

> Güter intelligenter transportieren: mit der zügigen Weiterentwick-lung der LKW-Maut wird auch die Querfinanzierung Straßen-/Schieneninfrastruktur substanziell vorangebracht: Eine flächen-deckende LKW-Bemautung bringt ausreichend Einnahmen, um 200 Mio. Euro pro Jahr für die Modernisierung der Schiene bereitzustellen. Zusätzlich werden Anschlussbahnen gefördert sowie unfaire LKW-Vorteile durch mehr LKW-Kontrollen zurück-gestutzt.

> Beim PKW wird umweltfreundliches Verhalten rechtlich und finanziell bessergestellt und die Steuern und Abgaben entspre-chend umgestaltet. Für BenutzerInnen sparsamer Autos und Wenigfahrer gibt es Vorteile.

> Österreich wird beim Flugverkehr Vorreiter für eine Kerosinbe-steuerung. Die Einnahmen sollen im Sinne einer Europäischen Ökosteuer zur Finanzierung wichtiger europäischer Moderni-sierungsprojekte bei Schiene und Binnenschifffahrt verwendet werden. Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel.

> Durch das Testen moderner Stau-Vermeidungs-Instrumente wie Staumaut oder City-Maut wird - nach dem erfolgreichen Vorbild anderer Städte – das Umsteigen auf energieeffizientere Verkehrsmittel in Ballungsräumen besonders unterstützt.

> Die Infrastruktur-Ausbauprogramme werden anhand Klima-schutz- und Effizienzkriterien überprüft und erforderlichenfalls redimensioniert. Erhaltungs- und Sanierungsinvestitionen werden Priorität eingeräumt.

Sanfte Mobilität>Sanft mobil für mehr Lebensqualität: ein Masterplan Rad nach

deutschem und niederländischem Vorbild unterstützt wirksam das Fahrrad als energieeffizientestes Verkehrsmittel.

€> Neben Fördermaßnahmen wird durch eine StVO-Überarbeitung auch auf rechtlicher Ebene eine wesentliche Besserstellung des Radfahrens und Zufußgehens erreicht (u.a. Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht).

> Mit einer Lärmschutz-Offensive, die alle Verkehrsträger umfasst und auch den Fluglärm nicht ausspart, dämmt Belastungen und Belästigungen ein.

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Biogas und Umweltstandards> Biogas-Offensive: Um Biogas als Treibstoff in entsprechender

Menge an die AutofahrerInnen zu bringen, ist neben regional gespeisten Anlagen für regionale Flotten die Errichtung von Gasbetankungsanlagen an den bestehenden Tankstellen in Österreich – vorzugsweise mit Biogas - zielführend. Bis 2020 sollen insgesamt 1000 Anlagen errichtet werden. Gleichzeitig wird durch entsprechende Anreize der Markt für Gasfahrzeuge (PKW, LKW, Busse, Taxis, Mietwagen etc.) weiterentwickelt, mit Schwerpunkt auf mit regional bereitgestelltem Biogas versorgten Flotten. Steuerlich ist die Besserstellung von Biogas gegenüber fossilem Erdgas zu akzentuieren.

> Umwelt- und Sicherheitsstandards werden innerstaatlich wie international so verschärft, dass die Entwicklung umwelt- und gesundheitspolitisch vertretbarer Fahrzeuge massiv beschleu-nigt und ihre Nutzung begünstigt wird. Das reicht von einer Beschleunigung und Verschärfung der Einführung der Euro-5-Schadstoffgrenzen bis zu neuen Ansätzen wie etwa verbindlichen Verbrauchsobergrenzen für Kfz. Konkret sollen auf EU-Ebene die CO2-Emissionsgrenzen für PKW bis 2016 auf 80g/km gesenkt werden.

> Österreich tritt gegen die Lockerung von Schadstoffzielen und Grenzwerten (z.B. Feinstaub) auf europäischer Ebene auf.

Kurz & KonkretFragen der Raumplanung sind bislang nicht in ausreichendem Maße in der Klimaschutzpolitik berücksichtigt worden. Die Grüne Energiewende greift jedoch in diesen Bereich ein, der strukturell zu den bedeutsamsten und langfristig wirksamsten zählt. Die fortschreitende Zersiedelung erhöht die Abhängigkeit vom Auto, belastet die Lebensqualität und die Wirtschaft. Die Zersiedelung wird durch öffentliche Mittel gefördert. Es gilt, Raumordnungs- und verkehrspolitische Instrumente in die Politik zu integrieren, dem Trend zur Zersiedelung Einhalt zu gebieten und Alternativen zu entwickeln. Besonders Länder und Gemeinden sind gefordert, Kli-maschutzaspekte in die Raumplanungsinstrumente zu integrieren. So gilt es, die Mittel aus dem Finanzausgleich für die Wohnbauför-derung auch an raumbezogene Qualitätskriterien zu koppeln.

Zersiedelung und Suburbanisierung verhindernImmer mehr Menschen ziehen in Österreich aus den Ballungszen-tren ins Grüne und pendeln täglich mit dem Auto in die Stadt. Seit dem Jahr 1991 haben die Gemeinden im 20-Kilometer-Umkreis um die Landeshauptstädte um zehn Prozent an Bevölkerung zuge-nommen. Der Wunsch nach einem Eigenheim im Grünen ist fest verankert in den Köpfen vieler Menschen. Dem Bedürfnis nach Grün- und Freiraum soll durchaus entsprochen werden; jedoch sollen dichte Siedlungsstrukturen, die ebenso Freiraum- und Grünraumqualität haben können, höhere Priorität genießen als das Einfamilienhaus auf der grünen Wiese ohne soziale Infrastruktur und öffentlichen Verkehr.

Riesige Einkaufszentren am Stadtrand, Dienstleistungs- und Gewerbezentren, die sich ebenfalls in der Peripherie ansiedeln, verstärken Suburbanisierung und Zersiedelung enorm (siehe z.B. das größte Shopping Center Europas, die SCS in Vösendorf).

Diese Trends belasten die Lebensqualität und die Wirtschaft in den Städten. Wer von Wien ins Umland zieht und täglich rein und

rauspendelt, verursacht laut VCÖ alleine 1.400 Euro an Staukosten pro Jahr. Die Mobilität eines Haushalts im „Speckgürtel“ ist im Durchschnitt für die doppelte Menge Treibhausgase wie die Mobili-tät eines städtischen Haushalts verantwortlich.

Zersiedelung bedeutet lange Wege, die nur mehr mit dem Auto zurückgelegt werden können und konterkariert somit die An-strengungen beim Klimaschutz. Zudem fördert die Zersiedelung den Zusammenbruch der Nahversorgung und den Wildwuchs der Einkaufszentren und Gewerbeparks. Nicht zu unterschätzen ist weiters die demographische Entwicklung (steigender Anteil älterer Altersgruppen), was im zersiedelten Raum ohne Nahversorgung zu sozialen Problemen wie Vereinsamung führt.

Die Zersiedelung wird durch öffentliche Mittel gefördert. So unter-stützt die Wohnbauförderung den Neubau von Einfamilienhäusern viel stärker als die Sanierung und Revitalisierung des Bestandes; die Pendlerpauschale fördert den täglichen Weg zur Arbeit. Es gilt, Raumordnungs- und verkehrspolitische Instrumente in die Politik zu integrieren, die den Trend zur Zersiedelung Einhalt gebieten und Alternativen anbieten.

Das Grüne Programm für eine Klimaschutz- orientierte Raumplanung:> Verankerung von Klimaschutzkriterien in Raumordnungskonzep-

ten, mit dem Ziel, weitere Zersiedelung zu vermeiden.> Kriterien für die Prüfung von siedlungsstrukturellen Maßnahmen.

Integration in die Wohnbauförderungskriterien.> Bindung der Zuwendung von Mitteln aus dem Finanzausgleich

an raumbezogene Qualitätskriterien.> Kompaktere Siedlungsformen, welche das Bedürfnis nach Grün-,

Frei- und Erholungsraum abdecken können.> Maßnahmen zur Förderung der Nahversorgung, etwa durch

Unterstützung lokaler Initiativen, Maßnahmen zur Förderung von Kleinstunternehmen, Ansätze im Mietrecht.

�.5 Raumplanung als Klimaschutzinstrument

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> Kritische Prüfung der Kompetenzverteilung bei Raumplanung und Baurecht. Überprüfbare Kriterien zur nachhaltigen Raument-wicklung sollten festgelegt werden und quer durch die Gebiets-körperschaften verbindlich werden.

> Stärkere Bindung der Kommunalkreditvergaben an einschlägige Qualitätskriterien und laufende Qualitätssicherung.

> Integration des Verursacherprinzips in der Infrastrukturkosten-verteilung.

> Verlagerung der Schwerpunkte in der Wohnbauförderung vom Neubau zur Sanierung und Revitalisierung.

€ Raumordnungskompetenz sollte ins Umwelt- bzw. Energieminis-terium verlagert werden.

Kurz & KonkretDer Forschungs- und Innovationspolitik kommt im Rahmen der Energiewende besondere Bedeutung zu. Einerseits soll eine signifikante Erhöhung der Energieforschungsmittel (innerhalb von vier Jahren schrittweise auf 50 Mio. Euro/jährlich durch den Bund) stark zu neuen Innovationen beitragen. Anderseits wird es darum gehen, den privaten Chancenkapitalmarkt zu stimulieren, die Entwicklung von Netzwerken und Clustern der Energieforschung zu unterstützen, die Mittel im Rahmen der EU-Forschungsgelder weg von der Nuklearenergie Richtung Erneuerbare und Energieeffizienz zu lenken, und sowohl universitäre wie auch außeruniversitäre Rahmenbedingungen für dieses Zukunftsfeld massiv zu verbessern. Denn Forschung braucht auch ForscherInnen und StudentInnen. Ein Schwerpunkt der Energiewende wird der Technologietransfer und die Technologiediffusion darstellen. Auch die Klimaforschung wird weiter an Bedeutung gewinnen.

Ausrichtung Grüner InnovationspolitikFür die Grünen ist die intensive Auseinandersetzung mit Innovation und Forschung zentrales Element ihrer Politik zur nachhaltigen Zukunftsgestaltung. Dabei geht es nicht nur um die Erreichung rein wirtschaftlich definierter Wachstumsziele, sondern auch um gesellschaftspolitische Anliegen. Auf inhaltlicher Ebene spielen der Klimaschutz und die zukünftige Energieversorgung eine wesentli-che Rolle.

Zentrale Aufgabe der Innovationspolitik ist es, innovativen Gruppen (private, außer- wie universitäre Forschungseinrichtungen, Unter-nehmen) Andockstellen zur etablierten Förderung und anderen Möglichkeiten der Unterstützung zu eröffnen. Obwohl eine inhalt-liche Schwerpunktsetzung im Sinne der Klimaschutzzielerreichung notwendig und wichtig ist, zählt die Förderung von Diversität im Sinn von produktiver Vielfalt zu den wesentlichen Eckpfeiler grüner Innovationspolitik.

Die Auseinandersetzung mit dem Klima und Klimaschutz bzw. den Energiesystemen der Zukunft eröffnet den Zugang in eine Welt voller Komplexität. Die Verarbeitung dieser Komplexität ist ebenso Aufgabe von Innovationspolitik. Vielfalt ist die notwenige Basis für Weiterentwicklung und Veränderungen. Damit bildet sie auch die Grundlage für das Zustandekommen von Innovationen. Ein Klima

der Offenheit eröffnet erst den Freiraum, den innovative Köpfe brau-chen, um sich in einem Land wohl zu fühlen und ihre Kreativität zu entfalten. Innovationen setzen kulturelle Veränderungen voraus.

Integrierte Energieforschungs- und InnovationsstrategieDie Erarbeitung einer Energieforschungsstrategie gemeinsam mit österreichischen und internationalen AkteurInnen ist zentraler Bestandteil der Energiewende. Mit derzeit laufenden Programmen wie dem Energiesystem der Zukunft oder dem Haus der Zukunft besteht eine gute Basis für darüber hinaus gehende Aktivitäten. Eine Strategie für Innovationen verlangt mehr als ausschließlich das Hochfahren von Forschungsbudgets. Innovationen brauchen einen Staat der fördert und fordert und nicht lähmt.

Definierte Schwerpunkte der Energieforschung sollen eine internationale Führungsrolle österreichischer Unternehmen und Forschungseinrichtungen ermöglichen. Ziel muss es u.a. sein, in Zukunftsbereichen wie der Photovoltaik (insb. im innovativen An-wendungsbereich), solarer Kühlung, Gebäudetechnik, Bioenergie-technologien und Solarthermie nicht den internationalen Anschluss zu verlieren.

Folgende Eckpfeiler liegen einer Energieforschungs- und Innovati-onsstrategie zu Grunde:

> Weiterentwicklung und Ausbau bestehender, funktionierender Programme.

> Analyse von Hemmnisfaktoren und Forschungsbarrieren.> Adaptierung und Festlegung von Forschungsschwerpunkten.> Österreichweite und internationale Netzwerkbildung zwischen

Forschungseinrichtungen und -unternehmen.> Entwicklung von Energieprodukten als Schwerpunktschiene.> Technologie- und Innovationstransfer als Schwerpunkt.> Einbeziehung von Genderaspekten in die Energieforschung.

Deutliche Erhöhung der Fördermittel für Öster-reichs EnergieforschungBezogen auf das Bruttoinlandsprodukt liegt Österreich mit seinen Energieforschungsausgaben der öffentlichen Hand im Vergleich zu 21 vergleichbaren IEA Staaten auf Platz 14, also am unteren Ende

�.6 innovation und Forschung als teil der energiewende

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des mittleren Drittels (siehe Abbildung 30). Betrachtet man nur die Ausgaben für nichtnukleare Energieforschung verbessert sich diese Position um 3 Plätze auf Platz 11 und entspricht damit in etwa dem Schnitt der EU 15. Der Rückstand zu vergleichbaren Volks-wirtschaften (und KonkurrentInnen bei Energietechnologien) ist beträchtlich – Schweden, Finnland und die Schweiz liegen in beiden Betrachtungen weit vor Österreich.

Im Rahmen der Energiewende soll eine schrittweise Aufstockung der Bundesmittel von derzeit 12 Mio. EUR auf jährlich 50 Mio. EUR innerhalb von vier Jahren erfolgen. Die damit finanziell ausgestat-tete Bundes-Offensive in den Bereichen Energieforschung legt Forschungsschwerpunkte und Impulse im Bereich Erneuerbarer Energien (z.B. Photovoltaik, Solare Kühlung, KWK, Smart Grids), Effizienztechnologien und Mobilität. Auch die strategische Forschung muss vermehrt Aufmerksamkeit genießen und budgetär deutlich erhöht werden. Strategische, politikberatende Forschung wie etwa Foresight Methode (voraus-schauende Szenarien zur Strategieentwicklung), Klimaentwick-lungen und –konsequenzen, volkswirtschaftliche Beurteilungen von Energiepfaden, Befassung mit NutzerInnenverhalten und Lifestylefragen, Risikoabschätzungen, globale Entwicklungen etc. werden immer wichtiger und benötigen inter- und transdisziplinäre Zugänge.

Weiterentwicklung des Forschungsförderungssystems:> Finanzielle Verbesserung und strukturelle Weiterentwicklung des

Energieforschungsförderungssystem in Österreich.> Schaffung einer übersichtlichen und transparenten Forschungs-

förderungsstruktur.> Anpassung der Förderinstrumente an verschiedene Entwicklun-

gen und Innovationen (Portfolio-Förderung).> Angebot förderinstrumentübergreifender Beratung, insbesondere

Unterstützungsmaßnahmen für kleine Betriebe und GründerInnen.> Strategische Schwerpunktsetzungen durch mehrjährige Im-

pulsprogramme. > Sicherheit und Klarheit bei Kofinanzierungen von EU-Projekten.

Mehr Chancen-Kapital für die neuen EnergienUm zusätzliche private Mittel für F&E zu generieren, ist es auch Aufgabe der öffentlichen Hand, Maßnahmen umzusetzen, welche die Verfügbarkeit von Chancenkapital138 verbessern. Für neue Unternehmen ist es sehr schwierig geworden, für Innovationen Finanzmittel mit Eigenkapitalqualität zu bekommen. Ohne eine funktionierende Frühphasenfinanzierung über den Venture-Capital-markt wird es kaum gelingen, die Zahl der technologieorientierten Gründungen wieder deutlich anzuheben. Im Gegensatz zu anderen Industrieräumen (etwa in den USA) ist die Bereitschaft, Risikoka-pital für Innovationen und Technologien einzusetzen, gering. Die Entwicklung neuer Finanzierungsinstrumente und Beratungsange-bote für Unternehmen und InnovatorInnen sollen u.a. dabei helfen, Schnittstellen zwischen privatem Kapital und EnergieinnovatorInnen zu schaffen. Junge forschungsintensive Unternehmen insbesondere in diesem Bereich sollen bestmöglich unterstützt werden, wobei auch Kooperationen ein relevanter Förderfaktor sind. Förderpoli-tik ist unter anderem dazu da, Kooperationen anzuregen und das Bestehen der innovativen AkteurInnen in ihrem wirtschaftlichen und/oder gesellschaftlichen Umfeld zu stärken.

Neue Prioritätensetzung im EU-Budget: kein Geld für die NuklearforschungAuch 20 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wird weiterhin mit öffentlichen Mitteln massiv in die Nuklearenergie investiert. Im neuen EU-Atomforschungsprogramm ist geplant, die Mittel – auch für die Entwicklung neuer Atomreaktoren – stark anzuheben. Anstatt weiter Mittel in die Atomforschung zu leiten, gilt es, die Gelder in erneuerbare Energien und Energieeffizienz umzulenken. Das Euratom-Forschungsprogramm muss an das Ziel eines EU-weiten Atomausstiegs angepasst werden.

Schwerpunkt Technologie- und InnovationstransferNeben der Entwicklung neuer Technologien und Innovation wird verstärkt Augenmerk auf den Transfer und die Technologiediffusion

Abbildung 30: Öffentliche Energieforschungsausgaben bezogen auf das BIP, 2004137

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gelegt werden. Aus Technologien müssen Anwendungen und Pro-dukte werden, die ihren Markt finden. Auch die kulturelle Integra-tion neuer Technologien in unser Wirtschafts- und Gesellschafts-system ist wesentlicher Bestandteil des Erfolgs der Energiewende. Für den Forschungstransfer sind beispielsweise größer angelegte Pilotphasen oder Breitentests erforderlich, um sehr neue Techno-logien markttauglich zu machen. Für solche Phasen sind entspre-chende Finanzierungsinstrumente zu entwickeln.

Netzwerke der InnovationWir brauchen Netzwerke, die Innovation fördern, Stärken herausar-beiten und international und regional verankert sind. Die Bundes-regierung hat diese Netzwerke zu unterstützen und entsprechende Strukturen zu schaffen. Dabei wichtig sind sowohl internationale Netzwerke (was teilweise schon im Rahmen von EU Programmen erfolgt z.B. DER LAB139), wie auch Österreichweite, Institutionen übergreifende Kooperationen und regionale, themenbezogene Netzwerke.

Auf internationaler Ebene sollten daher mehr Mittel für Kofinanzie-rungen internationaler Projekte mit österreichischen Forschungs-einrichtungen erfolgen. Die meisten EU Energieforschungsprojekte können nur über nationale Kofinanzierungen getragen werden. Es wird vermehrt entscheidend sein, Innovationsallianzen zu bilden. Auf regionaler Ebene haben sich als ein Element Innovationscluster mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen bewährt. Doch gerade junge und kleinere Unternehmen haben dazu oft noch zuwenig Zugang. In Kooperation mit Ländern und Gemeinden sollen regionale Schwerpunkte und heimische Wirtschaftskraft, Forschungskompetenzen und Bildungsangebote bzw. -netzwerke entwickelt und gebündelt werden. Die Grünen sehen es ebenso als wichtiges Ziel von Innovations- und Technologiepolitik, informel-le innovative Netzwerke zu unterstützen und ihnen Zugänge zu etablierten Fördermöglichkeiten zu eröffnen, von denen sie bisher ausgeschlossen blieben.

Die Innovationen und neuen Produkte der Energiewende brauchen einen HeimmarktDie besten Förderungen helfen nichts, wenn Österreichs Innovatio-nen keinen Heimmarkt haben. Wie sollen Unternehmen im Bereich Photovoltaik Entwicklungspotential erhalten, wenn der eigene Heimmarkt keine Möglichkeit bietet, weil die Fördermittel auf sehr geringem Niveau gedeckelt werden? Ein wirtschaftlich starker und

frühzeitiger österreichischer Markt für Erneuerbare Energien und dezentrale Ressourcen ist nicht zuletzt entscheidend, um erfolg-reich europäische und weltweit Märkte anzusprechen und die Vorreiterrolle auszubauen. Heute ist Österreich bereits Europaex-portmeister im Bereich Solarthermie und Bioenergietechnologien. Die Förderpolitik sollte sowohl auf Kontinuität (lang- und mittelfris-tige Ziele, die Berechenbarkeit und Planungssicherheit vermitteln), Flexibilität (für nicht absehbare technologische Entwicklungen), Kooperationen wie auf Qualitätssicherung, Transparenz und Ver-mittlung aufbauen.

Forschung braucht ForscherInnenDie besten Forschungsprogramme bringen nichts, wenn es zu wenige ForscherInnen gibt. In vielen Bereichen der erneuerbaren Energien besteht ein hoher Nachholbedarf in spezifischer Bildung, Ausbildung und entsprechenden Institutionen, um den wach-senden Bedarf dieser jungen und sich dynamisch entwickelnden Branche an qualifizierten Arbeitskräften decken zu können. Dazu gehören der Mangel an qualifizierten ForscherInnen in Österreich, der auch seitens der EU kritisiert wird, ein finanziell ungenügend ausgestattetes Universitätssystem und eine unübersichtliche Förderlandschaft. Diese Defizite sollen behoben werden. Das uni-versitäre Angebot im Bereich Energietechnik, Energiewirtschaft und Energiesysteme ist dringend auszuweiten. Schnittstellen zwischen Universitäten, InvestorInnen und Unternehmen müssen geschaffen und unterstützt werden.

Mit Initiativen wie dem Fachhochschul-Studiengang - Erneuerbare Urbane Energiesysteme, der kürzlich von der FH Technikum Wien in Kooperation mit dem Arsenal Research entwickelt wurde und ab 2007 150 Studierende im Bereich Erneuerbare Energien ausbilden wird, wurde ein Schritt in die richtige Richtung getan.

Klimaforschung gewinnt weiter an BedeutungAuch wenn der Klimawandel als erwiesen gilt, die Herausforderun-gen und Aufgaben in der Klimaforschung werden immer größer. Die Komplexität des Klimas mit all ihren Faktoren benötigt eine starke Forschungsbasis, etwa im Bereich Klimawandelanpassung, die insbesondere in Österreich, das überdurchschnittlich vom Treib-hauseffekt betrofft sein wird, an Bedeutung gewinnt. Auch auf die Vermittlung von Klimaforschungsergebnissen wird vermehrt Wert zu legen sein.

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Kurz & KonkretDie öffentliche Hand muss Vorbild sein – sowohl durch höchste Energieeffizienz bei der nachhaltigen Energieversorgung in ihren Gebäuden (Neubau und Sanierung) als auch in ihrem Mobilitätsma-nagement. Kommunen und Länder sind als Bau- und Planungsbe-hörden, EnergieverbraucherInnen und bedeutende MultiplikatorIn-nen wichtige PartnerInnen für die Energiewende und werden daher durch maßgeschneiderte Programme unterstützt. Mindestens 100 Gemeinden werden in zehn Jahren frei von fossilen Energien und Atomstrom sein und versorgen sich ausschließlich auf Basis erneu-erbarer Energien.

Länder und Gemeinden als TrägerInnen der EnergiewendeDen Ländern und Gemeinden kommt bei der Energiewende eine wichtige TrägerInnen-Rolle zu. Sie sollen und müssen als Partne-rInnen gewonnen werden. Die Länder haben vor allem im Gebäu-debereich (Wohnbauförderung) und im Bereich Verkehr wichtige Kompetenzen in ihrer Hand, die für den Klimaschutz essentiell sind. Insbesondere die Gemeinden sind häufig der Keim von Maßnahmen und Aktivitäten einer gesicherten, nachhaltigen Energiezukunft. Energieautarke Gemeinden zeigen, dass die Energiewende funktio-niert. Vorbilder wie die burgenländische Gemeinde Güssing zeigen das enorme lokale und regionale Potential einer nachhaltigen, innovativen Energiepolitik (siehe dazu auch Praxisbeispiel).Als direkte Schnittstelle zu den BürgerInnen, KommunikatorInnen aber auch als wichtiger Nachfragefaktor sind die Gemeinden wichti-ger Klimaschutzplayer. Ob in der Ökostromversorgung, bei der en-ergieeffizienten Straßenbeleuchtung, ökologischem Bauen, Fragen von Architektur und Siedlungsentwicklung, Energiebereichten etc. der Klimaschutz muss hier integraler Bestandteil werden. Und dabei soll es zu größtmöglicher Unterstützung kommen.

Die Unterschiede zwischen Ländern bzw. Gemeinden sind inner-halb von Österreich sehr groß. Neben vielen Erfolgen in Gemeinden und Ländern sind auch noch auf kontraproduktive Maßnahmen und Förderungen zu verweisen. So gibt es immer noch Länder, die beispielsweise den Einbau von Ölheizungen fördern.

Klimarelevante Informationen und Know How anbieten Das Informationsbedürfnis über Klimaschutzmaßnahmen in Gemeinden ist oft sehr hoch. Nicht jedes Know How über die vielfäl-tigen Klimaschutzaspekte ist lokal verfügbar. Es gilt, im Rahmen der Energiewende angemessene Anlaufstellen zu schaffen, die als Informationspool, Akteursnetzwerk etc. auftritt. Energiebeauftragte für jede Gemeinde sollen wesentliche Aufgaben in der Bewertung

und Umsetzung von Maßnahmen übernehmen und als Schnittstel-len und ExpertInnen tätig sein. Man- und Womanpower in diesem Bereich sollte jedenfalls unterstützt werden, auch und insbesonde-re, wenn mehrere Gemeinden kooperieren wollen.

e5 Gemeinde Programm ausbauene5 – Gemeinden ist ein Auszeichnungsprogramm für Gemeinden, die durch ihre Energieversorgung (erneuerbare Energieträger und Energieeffizienzmaßnahmen) zum Klimaschutz beitragen. Das Programm unterstützt gemeinsam mit einem e5 Gemeindeteam bei der Konzeptentwicklung und Umzusetzung. Ende 2005 wurden 50 Gemeinden diesbezüglich betreut.

Folgende Elemente werden dabei berücksichtigt:> Kontinuierliche Steigerung der Energieeffizienz und eine damit

verbundene Kosteneinsparung. > Die Umsetzung einer zukunftsverträglichen Energiepolitik> Erschließung von Problemlösungskapazitäten und Befähigung

engagierter BürgerInnen zu Eigeninitiative und Eigenverantwor-tung durch aktive BürgerInnenbeteiligung.

> Qualifizierung von GemeindemitarbeiterInnen und Unterstützung durch das e5-BeraterInnennetzwerk bei der Planung und Umset-zung von Maßnahmen.

> Optimierung gemeindeinterner Strukturen und Prozesse in ener-gierelevanten Bereichen (Planung – Umsetzung – Evaluierung).

> Vergleichsmöglichkeit mit anderen engagierten Gemeinden (Benchmarking).

> Zugriff auf das Know-how von Energie-Mustergemeinden (regio-nal, national und international).

> Imagegewinn durch verantwortungsbewusste Energie- und Klimaschutzpolitik.

Klimabündnis stärkenDas Klimabündnis140 ist eine Initiative zur Verbreitung und Imple-mentierung von Klimaschutzmassnahmen. Die BündnispartnerInnen haben sich zum Ziel gesetzt, Schritte zum Erhalt der Erdatmosphäre zu unternehmen. Die beigetretenen Gemeinden verpflichten sich zur Reduktion der Treibhausgas-Emission (v.a. CO2) bis zum Jahr 2010 um 50%, zum Verzicht auf die Verwendung von Tropenholz, FCKW, H-FCKW und H-FKW und zur Unterstützung der india-nischen PartnerInnen in Amazonien bei ihren Bemühungen zum Erhalt ihrer Lebensweise und des Regenwaldes.

Über 600 Städte und Gemeinden und alle neun Bundesländer sind Teil des Klimabündnisses. Das Ziel ist rechtlich nicht verbindlich und die meisten Maßnahmen bauen auf Freiwilligkeit auf. Das Klimabündnis soll als wesentlicher Kommunikator in den Gemein-

�.7 solare energiepolitik im netzwerk mit ländern und gemeinden

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den eine gestärkte Rolle entwickeln und ausüben können und zur Vernetzung von Gemeindeaktivitäten beitragen.

Klimaschutz in der Verwaltung und in Ausschreibungen Die Gebietskörperschaften können beim Klimaschutz nicht nur auf marktwirtschaftliche und ordnungspolitische Instrumente zurück greifen, sondern auch durch Maßnahmen im eigenen Verwaltungs-bereich vieles erwirken. Verwaltungen treffen z.B. als Einkäuferin von Energie, haustechnischen Anlagen, Kraftfahrzeugen, Bürogerä-ten, Baustoffen, landwirtschaftlichen Produkten wesentliche Nach-frageentscheidungen. Im Sinne der Vorbildwirkung sollte sich die öffentliche Hand bei ihren Investitionsentscheidungen nicht nur von betriebs-, sondern primär von klimaschutzbezogenen Überlegungen leiten lassen. Das Potential als Nachfrageinstitution ist weiterhin

enorm. Entsprechend ist in Ausschreibungen durch Verwaltungsin-stitutionen die Klimaschutzwirkung als wesentliche Voraussetzung und Kriterium zu integrieren. Auch die Anwendung des Gebäu-deausweises ist in den Gemeinden entsprechend voranzutreiben:

Sanfte, umweltfreundliche Mobilität in Gemeinden verankernAuch in der Entwicklung der Mobilitätskultur haben die Gemeinden eine wesentliche Rolle Sowohl durch Aufgaben der Regionalent-wicklung (siehe Kapitel 4.5.) wie auch in der Schaffung von Anreiz-systemen für umweltfreundlichen Verkehr (Radverkehrsanlagen, Radabstellanlagen, betriebliche Mobilitätsmanagementangebote, fußgängerInnenfreundliche Verkehrsflächengestaltung etc.) gilt es sanfte, umweltfreundliche Mobilität voranzutreiben.

pRaXisBeispiel 9

Güssing – Metropolis der erneuerbaren Energien Die 4.000 BewohnerInnen von Güssing sind energetische SelbstversorgerInnen: die Region wird zu 100% autark mit Wärme, Strom und Biodiesel aus in der Region nachwachsen-den Rohstoffen und Sonnenenergie versorgt. Bis 2010 soll die Energieautarkie der Stadt Güssing auf den gesamten Bezirk ausgeweitet werden. Vor fünfzehn Jahren war Güssing eine sterbende Region. 1990 fasste der Gemeinderat von Güssing einen Grundsatzbeschluss: Kompletter Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung. In Folge wurden Energieeffizienzmaßnahmen wie die energetische Optimierung aller im Gemeindezentrum befindliche Objekte und Anlagen verwirklicht und voll auf erneu-erbare Energieträger gesetzt. Eine Biodieselanlage auf Basis von Rapsöl, zwei Biomasse-Nahwärmenetze, ein Biomassekraftwerk mit einem Gesamtwirkungsgrad von 85% versorgen Güssing mit

mehr umweltfreundlichem Strom, Wärme und Treibstoffen, als in der Gemeinde verbraucht wird. Die regionale Wertschöpfung beläuft sich auf 13 Mio. Euro im Jahr. Durch eine professionelle Holzlogistik wurde sicher gestellt, dass nur Waldhackgut aus der Region verwendet wird.

Durch ein spezielles Betriebsansiedlungsprogramm gelang es in den letzten Jahren 50 neue Betriebe mit mehr als 1.000 neuen direkten und indirekten Arbeitsplätzen in Güssing anzusiedeln. Durch die Gründung des Kompetenznetzwerkes Renewable Energy Network Austria kam auch die nationale und internatio-nale Forschung nach Güssing. Mit Schwerpunkten wie Wasser-stoff, Brennstoffzelle, Methan-, Treibstofferzeugung, Kühlung über Fernwärme forschen mittlerweile auch große europäische Konzerne wie VW, Daimler Chrysler, Volvo, Renault und BP in Güssing. Das Europäische Zentrum für Erneuerbare Energie Güs-sing arbeitet neben der Betreuung der Demonstrationsanlagen in den Bereichen Forschung & Entwicklung, Aus- und Weiterbildung sowie Ökoenergietourismus. Zahlreiche Auszeichnungen und Preise wie z.B. der kürzlich erhaltene Global 100 Eco Tech Award, ein weltweiter Umweltpreis, bestätigen den erfolgreichen Weg der Gemeinde, die längst im Solarzeitalter angekommen ist.

Auch in anderen Bundesländern gibt es einige modellhafte Gemeinden, etwa Mureck, Bruck/Leitha oder Großschönau. Das Potential in den Gemeinden ist jedenfalls enorm.

Foto: www.chorherr.at

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Kurz & KonkretDie BürgerInnen werden durch umfassende Informationskam-pagnen motiviert, sich aktiv an der Energiewende zu beteiligen. Ein durchschnittlicher Vier-Personenhaushalt kann durch die Maßnahmen im Rahmen der Energiewende bis zu 1000 Euro im Jahr sparen (z.B. Reduktion Stromverbrauch, Heizkesseltausch, Wärmedämmung, Umstieg auf Öffentlicher Verkehrsmittel etc.)141 Die Implementierung von Klimaschutzmaßnahmen ist kein rein technisches Projekt, sondern bedarf einer Reihe von Schritten, die in der Wirtschaft, Wissenschaft, im (Aus-)bildungssystem und den Kapazitäten nachhaltig greifen. Die sog. „soft measures“ sind kei-neswegs weniger bedeutend als die Frage technischer Standards.

Die Vermittlung von Wissen ist zentral, um die Energiewende voran-zutreiben. Dabei geht es nicht nur bzw. primär um Werbekampagnen, sondern darum, die institutionellen Rahmenbedingungen zu schaffen, die Energieversorgung der Zukunft auf neue, zukunftsfähige Beine zu stellen. Die bestehende Kluft zwischen Forschung, Innovation und konkreter Anwendung muss verringert bzw. geschlossen werden. Der Klimaschutz muss kulturell verankert werden, denn die Energiewende beginnt in den Köpfen.

Klima:aktiv2

Mit den bestehenden klima:aktiv Programmen des Umweltminis-teriums ist ein guter Rahmen für Maßnahmen im Bereich Wissens-transfer geschaffen worden, der jedoch auf Grund der zu geringen Dotation lediglich ein erster, noch zu kurz greifender Schritt ist. In vielen Bereichen werden mit klima:aktiv die richtigen Netzwerke angesprochen und wichtige Informationen weiter vermittelt. Für eine echte Energiewende sind diese Aktivitäten zu verstärken und die institutionellen Rahmenbedingungen auf neue Beine zu stellen. Dafür braucht es:> Langfristig gesicherte, bessere finanzielle Rahmenbedingungen

für Energieberatung.> Entsprechende institutionelle Kapazitäten, insbesondere bei der

Energieberatung – in vielen Bundesländern und Gemeinden gibt es hier deutlich zu wenig Ressourcen.

> Stärkere Integration des Klimaschutzes in unser Aus- und Wei-terbildungssystem, der über die derzeitigen Bildungsmaßnahmen im Rahmen von klima:aktiv hinausgeht. Letztlich braucht es deut-lich höhere Budgetmittel für klimarelevante Transfermaßnahmen.

Universitäre Rahmenbedingungen verbessernDie Universitäten sind an vielen Standorten keineswegs auf die Energiewende vorbereitet. Hier fehlt es an Mitteln, Infrastruktur und teilweise auch Flexibilität, um auf die zukünftigen Anforderungen zu reagieren. Gerade die Universitäten und Fachhochschulen werden jedoch an der Schnittstelle zwischen Forschung, Bildung, Quali-fikation und Vermittlung eine wesentliche Rolle spielen. Wichtige

Maßnahmen werden dabei sein:> Entwicklung neuer Studienrichtungen mit Fokus Energieversor-

gung der Zukunft.> Integration von Klimaschutzaspekten als Querschnittsmaterie in

unterschiedlichen Studienzweigen.> Vernetzung bestehender österreichischer und internationaler

universitärer Institutionen.

Klimaschutz und Energie an SchulenDas grundlegende Verständnis über Energie beginnt schon sehr früh. Leider hat das Schulsystem noch kaum jene Vermittlungsfunktion übernommen die begreiflich macht, was Energie ist, wie Energie entsteht, wie sie genutzt wird und wie wir damit um gehen. Es muss schon in Kindesalter damit begonnen werden Bezugspunkte zur Energieversorgung herzustellen und Neugierde zu entwickeln.

Mehrere Schienen sollen der Integration von Klimaschutzaspekten an Schulen dienen:> Schulbücher auf den Stand der Zeit bringen. „Willkommen im 21.

Jahrhundert“ – die zuweilen kursierenden Schulbücher entspre-chen weder im Inhalt noch in der Aufbereitung einer zukunftsfä-higen Vermittlung von Energiefragestellungen. Eine entsprechen-de Adaptierung und Ergänzung durch neue Schulmaterialien wird Teil der Energiewende.

> Klimaschutz hautnah. Ausbau und Initialisierung von Klima-schutzprojekten an Schulen durch DirektorInnen bzw. LehrerIn-nenkontakt- und beratung.

> EnergieberaterInnen an Österreichs Schulen. Im Zuge ange-wandter Energieberatungen sollen auch SchülerInnen Einblicke in Maßnahmen, Möglichkeiten und Eckpunkte der Energiever-sorgung erhalten. Ein entsprechendes didaktisches Konzept wird erarbeitet.

> Die Schule muss raus - Projektpfade Energiezukunft: In nahezu jeder Region wird es nachhaltige Energieprojekte geben, die Bezugspunkte zur Energiewende herstellen. Kooperationen zwischen Schulen und Projektbetreibern sollen dem konkreten Vermittlungsbedarf gerecht werden und Neugier wecken.

Die Energiewende schafft neue Berufe und QualifikationenDurch die Energiewende entstehen neue Berufe. Der Ausbau der Energieberatung sowohl in Zielgruppen wie auch allgemein wird neue Dienstleistungszweige entstehen lassen. Das Beispiel „So-larteur“ beweist, dass die Technologien und neuen Anwendungen der Energiewende neue Berufsbilder und –zweige entstehen lassen können. Es bedarf entsprechender Flexibilität in den Ausbildungsin-stitutionen Österreichs, um dem gerecht zu werden. Es ist Aufgabe der Bundesregierung und der Sozialpartner, hier für entsprechende Infrastruktur, Rahmenbedingungen und Impulse zu sorgen. Dies

�.� Klimaschutz braucht Bildung, Beratung und Ressourcen

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beinhaltet finanzielle, räumliche Ressourcen und die Unterstützung entsprechender Informationsaktivitäten.

Das grüne Kraftwerk – Energieberatung für jedenZiel ist es, innerhalb von 8 Jahren jedem österreichischen Haushalt eine individuelle Energieberatung anzubieten und bei der Umset-zung von Maßnahmen zu unterstützen. Allein im Haushalt sind beim Stromverbrauch rund 20-25% an Energie und Kosten mit ver-gleichsweise einfachen Maßnahmen einzusparen. Ohne individuelle Beratung wird es hier zu keinem Durchbruch kommen. Qualifizierte, fachlich und kommunikativ geschulte Energieberate-rInnen sollen mit entsprechenden Angeboten Haushalte betreuen, einen individuellen Energiecheck durchführen und Maßnahmen vorschlagen. Das Projektmodell „Das Grüne Kraftwerk“142, das dies in Hunderten Haushalten in mehreren Bundesländern vorexerziert hatte, beweist den Erfolg mit durchschnittlich rund 20% Kosten- und Energieeinsparungen. Zielgruppe dieser Beratungsoffensive sind vor allem auch untere Einkommensgruppen, bei denen sich entsprechende Maßnahmen besonders auswirken können. Zur Finanzierung von Energiesparmaßnahmen stehen Mittel aus dem Energieeffizienzfonds zur Verfügung.

Energieberatungsnetzwerk ausbauen – Kapazitäten schaffenEs existieren in Österreich einige fachlich sehr qualifizierte Bera-tungsinstitutionen mit regional sehr unterschiedlichen Strukturen und Ausrichtungen. Es gilt, das Beratungsnetzwerk in Österreich massiv auszubauen, und entsprechende durchdringende Bera-tungsschienen anzubieten. Betroffen davon sind u.a.:> Der Gebäudebereich und Energieeffizienz, inkl. Bauträger,

ArchitektInnen etc.> Haushalte> Erneuerbare Energieträger (Solar, Photovoltaik Installation,

Planung, Biomasse) etc.> Kommunale Einrichtungen> Betriebliche Angebote> Mobilitätsberatung> Schulen und UniversitätenDie Energieberatungsoffensive der Energiewende soll nicht nur be-stehende Institutionen ausbauen, sondern neue schaffen und einen echten Quantensprung in diesem Dienstleistungsbereich erwirken. Dies wird sowohl durch freiwillige Angebote (getragen von ent-sprechenden Kampagnen) gestützt, wie auch durch verpflichtende Maßnahmen.

�.9 Klimaschutz in der landwirtschaft

Die Landwirtschaft ist gemeinsam mit der Forstwirtschaft einer der wichtigsten Energielieferanten für eine Energiewende. Gleichzeitig verursacht die Landwirtschaft aber selbst auch Treibhausgasemissi-onen. Die klimarelevanten Emissionen der Landwirtschaft umfassen die Treibhausgase Methan und Lachgas. Die Entwicklung von 1990 bis 2003 zeigt einen kontinuierlichen Rückgang der Treibhausgase. Ursachen für diesen Trend sind sinkende Tierzahlen und ein redu-zierter Mineraldüngereinsatz.

Dennoch bestehen weitere Potentiale zur Reduktion der Treibh-ausgase, das genutzt werden soll. Der verstärkten Förderung des Biolandbau, dem Verzicht auf ertragssteigernde Betriebsmittel und der Reduktion von ertragssteigernden Betriebsmitteln auf Acker- und Grünlandflächen sind dabei die höchsten Wirkungen zuzu-schreiben.143 Darüber hinaus ist die Bindung von CO2 im Boden in Form von Orga-nischer Masse und Humus eine bisher vernachlässigte Strategie, die durch eine ökologische Bewirtschaftung innerhalb weniger Jahre zu messbaren Ergebnissen führt.

Das Grüne Programm für eine Reduktion der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft> Reduktion des Energieverbrauchs in der Landwirtschaft – weite-

rer Ausbau der biologischen Landwirtschaft.

> Biotreibstoffe bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Maschinen.> Ökologisch orientierter Energiepflanzenanbau, der die Agrar-

landschaft arten- und strukturreich gestaltet und in Fruchtfolgen eingebunden ist, die zu einem messbaren Humusaufbau (= CO2-Bindung) führen.

> Ausbau von Biogasanlagen zur Erfassung von Methan bei der Lage-rung von Wirtschaftsdüngern bei intensiven Tierhaltungsbetrieben.

> Umweltfreundliche Behandlung und bodennahe Ausbringung von Wirtschaftsdüngern.

> Forcierung von ÖPUL-Programmlinien, welche unmittelbare Auswirkung auf N2O- und CH4-Emissionen haben (Reduktion/Verzicht beim Düngemitteleinsatz, Nährstoffbilanzen, Boden-schutzmaßnahmen).

> Bindung der Größe des Viehbestandes an die Futterfläche des landwirtschaftlichen Betriebes durch die Förderung und Forcie-rung der im ÖPUL dafür vorgesehen Maßnahmen.

> Forcierung von Lagerhaltungs- und Behandlungssystemen für tierische Exkremente, die zur Reduktion der Methanemissionen und Bindung von Stickstoff beitragen (z. B. Festmistsysteme bzw. Behandlung von Gülle mit Zusätzen).

> Senkung der Schwellenwerte für die Massentierhaltung im UVP-G und im WRG zur Reduktion der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft.

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�.11 internationale Klima- und energiepolitik

Kurz & KonkretDie UN-Klimarahmenkonvention mit dem sog. Kyoto Protokoll, das verpflichtende Treibhausgasemissionsziele für die Mitgliedsstaa-ten festlegt, bildet den Rahmen für die internationale Klimapolitik. Österreich muss sich sowohl in der EU wie auch durch Allianzen mit progressiven Staaten im Bereich Klimaschutz als einer der Antreiber verstehen, weitgehendere Klimaschutzziele auf internationaler Ebe-ne zu vereinbaren. Eine ambitionierte nationale Klimaschutzpolitik ist notwendig, um auch auf internationaler Ebene Glaubwürdigkeit ausstrahlen zu können.

Auf EU-Ebene wird derzeit eine neue Energiepolitik diskutiert. Dafür braucht es die richtigen Prioritäten. Die Reduzierung der Abhän-gigkeit vom Öl und Konzentration auf die Kernkompetenzen der EU städtischer Verkehr, Energieeffizienz und erneuerbare Energien müssen einen Schwerpunkt der europäischen Energiepolitik bilden. Eine an Nachhaltigkeit orientierte, aktive Umweltaußenpolitik hat viele Vorteile. Sie leistet einen Beitrag zur Friedenssicherung und Gerechtigkeit, entwickelt wirtschaftliche Perspektiven, vermittelt Know How und gegenseitiges Verständnis.

Internationale Lösungen und nationale InitiativenDie Klimaschutzpolitik kann nicht entkoppelt von der internatio-

nalen Politik gesehen werden. Internationale Vereinbarungen zur gemeinsamen Reduktion der Treibhausgasemissionen sind ein wesentlicher Motor für Klimaschutzprogramme.

Das Kyoto Protokoll144 ist das zentrale internationale Dokument im Kampf gegen den Klimawandel. Obwohl es bei weitem nicht den eigentlich notwendigen Anforderungen zum Klimaschutz entspricht, stellt es den wesentlichen Rahmen für weitere internationale Schrit-te im Rahmen der Vereinten Nationen dar. Das Kyoto-Protokoll wurde 1997 als Zusatzprotokoll der Klimarahmenkonvention145 der Vereinten Nationen beschlossen. Es schreibt verbindliche Ziele für die Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen fest.

Die Vertragsstaaten haben das Ziel, ihre Treibhausgasemissionen bis zum Jahre 2012 um durchschnittlich 5,2 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Die einzelnen Länder haben dabei unterschiedliche Vorgaben, die vor allem von ihrer wirtschaftlichen Entwicklung abhängen146. Mehrere Instrumente zur Erreichung dieser Ziele sind im Kyoto Protokoll und in den folgenden UN-Kli-makonferenzen entwickelt worden. Flexible Mechanismen wie der Handel mit Emissionsrechten, Joint Implementation und der Clean Development Mechanism148 sollen eine effiziente CO2-Reduktion ermöglichen.

�.10 Wirkungsvoller emissionszertifikatshandel

Kurz & KonkretDie EU-Emissionshandels-Richtlinie kann bei engagierter Umset-zung einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Durch eine entsprechend restriktive Vergabe von Emissionszertifikaten an große Industrie- und Energieunternehmen kann eine Reduktion der Treibhausgasemissionen erzielt werden. Der Nationale Allokations-plan für die zweite Periode des Emissionshandels (2008-2012) soll in Österreich jährlich nicht mehr als 27 Millionen Tonnen CO2 an Zertifikaten zuteilen, damit Österreich in der kommenden Periode tatsächlich einen Beitrag zur internationalen Klimapolitik leisten kann. Die von der Bundesregierung nach Verhandlungen mit Indus-trie und E-Wirtschaft im Juli 2006 bekannt gegebene Zuteilungs-menge von 32,8 Mio. Tonnen CO2 bedeutet lediglich ein Einfrieren der Emissionen auf dem Stand 2004 und leistet keinen Beitrag zur Erreichung des Kyoto-Ziels.

Zu viele Zertifikate – zu wenig KlimaschutzFür die erste Phase des Handelssystems (2005-2007) bekamen die in Österreich betroffenen rund 250 Unternehmen Gratis-Zer-tifikate für 33 Mio. Tonnen CO2 zugeteilt. 2005 wurden von diesen Unternehmen 33,3 Mio. Tonnen CO2 emittiert. Die angeblichen

Existenzängste der Unternehmen haben sich als unbegründet herausgestellt. Die vom Emissionshandel betroffenen Unternehmen haben gute Gewinne eingefahren. Österreich ist derzeit 23,2 Millio-nen Tonnen bzw. 30 Prozentpunkte vom Kyotoziel entfernt. Auch die Unternehmen, die dem Emissionshandel unterliegen und für 36% der heimischen CO2 Emissionen verantwortlich sind sollen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Das Grüne Programm für einen wirkungsvollen Emissionszertifikathandel> Europaweit harmonisiertes System der Zuteilung unter Bedacht-

nahme auf erreichbare Energieeffizienz (z.B. Benchmarking).> Echte Verknappung der Zertifikate auf maximal 27 Mio. Tonnen

CO2 in der Periode 2008-2012, sodass der Preis für die Zertifikate Anreize für Effizienz-Investitionen und Sparmaßnahmen schaffen.

> Zusätzlicher Anreiz für gekoppelte Strom und Wärmeproduktion (Effizienzsteigerung) und Fernwärmeproduktion.

> Kein Konterkarieren inländischer Maßnahmen durch wirtschaft-lich interessantere (weil billigere) JI und CDM Projekte.

> Nationale und EU-weite Evaluierung der Zuteilungen; insbeson-dere der in der Emissionshandelsrichtline genannten Zuteilungs-Kriterien (u.a. Produktionssteigerung und Energieeffizienz).

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Ambitionierte Klimaschutzziele auch nach KyotoIn den kommenden Jahren entscheidet sich, wie es mit dem Kyoto Protokoll und der UN Klimarahmenkonvention weiter geht. Klar ist, dass die bisherigen Ergebnisse der internationalen Klimapolitik nicht einmal ansatzweise ausreichen, um den Klimawandel einzu-schränken. Bei der Klimakonferenz in Montreal 2005 einigten sich die Vertragsstaaten darauf, Verhandlungen für neue Klimaschutz-ziele aufzunehmen.

Der Dissens zwischen den Staaten ist jedoch groß, sowohl inner-halb der Industriestaaten wie auch im Konflikt zwischen Industrie-staaten und Entwicklungsländern. Es braucht ambitionierte Staaten (Deutschland in den vergangenen Jahren, Schweden derzeit), die durch aktive, erfolgreiche Klimaschutzpolitik andere Staaten mitziehen und auch auf internationaler Ebene Initiativen setzen. Ös-terreich könnte eine Vorreiterrolle einnehmen – jedoch ist dies nur glaubwürdig, wenn auch auf österreichischer Ebene eine progressi-ve Klimaschutz- und Energiepolitik greift.

Wettbewerbsfähigkeit: Ein fairer Binnenmarkt für Strom und GasDie Lissabon-Strategie sollte die Wettbewerbsfähigkeit der europä-ischen Wirtschaft erhöhen. Wenn nicht gehandelt wird, können die aktuellen Energiepreissteigerungen diesen Prozess unterminieren. Die europäischen VerbraucherInnen zahlen für Energie höhere Preise, da unter anderem die Weltmarktpreise gestiegen sind. Es führen jedoch noch weitere Faktoren zu höheren VerbraucherIn-nenpreisen:> Einige große Energieunternehmen erhöhen derzeit ihre Gewinne

deutlich. Durch die Marktdominanz können sie deutlich höhere Preise berechnen als ihre Produktionskosten betragen. Die kumulierten vergrößerten Gewinne (sog. „windfall profits“) der größten Energieunternehmen in Deutschland und Frankreich werden im Zeitraum von 2005 und 2006 auf 20 Milliarden Euro geschätzt.

> Obwohl den meisten EVUs im EU-Emissionshandelsprogramm ihre CO2-Emissionsberechtigungen kostenlos zugeteilt wurden, sind die Strompreise bei den Energiebörsen um 5 bis 8 Euro pro MW gestiegen. Dies basiert auf der Verrechnung der CO2-Kos-ten in den Preisen der Energiebörsen, was zu umfangreichen Gewinnen für die EVUs und zu Nachteilen für große Teile der Gesellschaft führt.

> Die Zunahme bei Sondergewinnen und sonstigen Einnahmen der Energieunternehmen hat eine starke Häufung von Fusionen und Übernahmen begünstigt, so zum Beispiel bei E.on/Endesa oder Suez/Gas de France. Diese Marktkonzentration stärkt die Macht der großen Unternehmen und schwächt Wettbewerb und technische Innovation.

Beteiligung an internationaler Organisation für erneuerbare EnergienSeit Mitte der 70er Jahre besteht die Internationale Energie-Agentur (IEA) in Paris als Behörde von inzwischen 26 Mitgliedsstaaten. Sie befasst sich vor allem mit fossilen Energieträgern, nachdem sie 1973 gegründet worden war, um gegen die damalige Ölkrise vorzugehen. Eine internationale Institution, die sich mit den erneuerbaren Ener-gien auseinander setzt gibt es noch nicht. Seit 2001 gibt es (lanciert von Eurosolar) die Idee einer Errichtung einer Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA). Die Gründung IRENAs ist bis heute wegen mangelnder politischer Initiative auf Regierungsebene nicht erfolgt. Die deutsche Regie-rung hat erste Schritte zur Gründung einer Internationalen Agentur für erneuerbare Energien eingeleitet. Mit Unterstützung weiterer Staaten kann eine internationale Organisation aufgebaut werden, die eine wichtige Rolle auf internationaler Ebene spielt. Grünes Programm für eine energiepolitische Wende in Europa

Ziele einer neuen Energiepolitik für Europa:> Ausstieg aus der Kernenergie.> Verkehrsvermeidung, gesteigerte Verkehrseffizienz und Ausbau

der Bahn.> Steigerung der Energieeffizienz beim Endverbraucher.> Ausbau der erneuerbaren Energien.> Effizienz bei der Energieerzeugung (Kraft-Wärme-Kopplung).> Bis 2020 soll in der EU ein Anteil von 25% erneuerbarer Energien

im Wärme/Kühlungsbereich als Ziel verbindlich festgeschrieben werden.

> Besonders bei der Nutzung des großen Potenzials von Wind in Hochseegebieten der Nordsee, von Biomasse und im Bereich So-larthermie ist eine Weiterentwicklung möglich. Weitere Forschun-gen in den Bereichen Wellen, Gezeiten und Photovoltaik sollen forciert werden.

Fairer Wettbewerb im Energiebinnenmarkt> Einführung einer Steuer auf Sondergewinne bei Versorgungs-

leistungen. Die Gelder sollen verwendet werden, um zum einen Ausgleichszahlungen an die VerbraucherInnen zu leisten, die von Ungerechtigkeiten des Markts am stärksten betroffen sind. Zum anderen sollen neue Marktakteure im Bereich der industriellen Wärmekraftkopplung, der erneuerbaren Energien und der Ener-gieeffizienz unterstützt werden.

> Eine neue, stärkere Regulierung des Markts und Lösung besonders drängender Probleme wie Entflechtung von Eigen-tumsverhältnissen oder die Trennung von Mitteln zur Stilllegung nuklearer Anlagen.

> Stärkung des europäischen Emissionshandelssystems. Gewähr-leistung, dass die nationalen Zuteilungspläne keine Bevorzugung von Kohleenergie bewirken, sondern kurzfristig eine deutliche

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Reduzierung des CO2-Ausstoßes bei der Energieerzeugung herbeiführen.

Wende in der Verkehrspolitik> Die Effizienzstandards besonders von Pkw und Lkw müssen

angehoben werden.> Im Rahmen einer Partnerschaft zwischen den großen Städten

der EU müssen Pläne für sanfte Mobilität und den Öffentlichen Nahverkehr erarbeitet werden.

> Es bedarf einer EU-Politik für ein europaweit harmonisiertes Eisenbahnsystem (v.a. technische Normen) und bessere Zugver-bindungen.

> Die Internationalisierung aller externen sozialen und umweltbe-zogenen Kosten bei den verschiedenen Verkehrsarten, vorrangig bei Straßen- und Luftverkehr, soll einen gerechten Wettbewerb zwischen allen Verkehrsarten ermöglichen.

> Der Einsatz von umweltfreundlichen und auch für das soziale Klima günstigen Bio-Kraftstoffen, elektrischen Systemen und Brennstoffzellen auf Grundlage erneuerbarer Energien muss ausgeweitet werden (siehe Kapitel 4.4.3.).

Partnerschaften für eine neue Energie- und Verkehrs-KulturWenn die EU sich wirklich nachhaltig den aktuellen Herausforde-rungen stellen will, ist ein vollkommen neuer Ansatz notwendig. Die Politik muss von einer zentralisierten, elitären und auf kurzfristigen Gewinn orientierten Verfahrensweise hin zu einem Handeln gelan-

gen, das sich durch demokratische Beteiligung und Nachhaltigkeit auszeichnet. Folgende Partnerschaften sind notwendig:> Globale Partnerschaft für Energie- und Verkehrseffizienz und für

die Entwicklung erneuerbarer Energien. > Partnerschaft zwischen EU-weiter und nationaler Ebene durch

eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Agen-tur für intelligente Energie und den nationalen Energieagenturen.

> Partnerschaft zwischen der regionalen und lokalen Ebene. Die politischen Rahmenbedingungen werden zwar meist auf europä-ischer und nationaler Ebene geschaffen, die meisten Entschei-dungen, auch zu Investitionen, werden jedoch regional oder lokal getroffen.

> Partnerschaft mit den großen europäischen Städten. In der Verkehrspolitik wird sich wenig ändern, wenn die großen Städte nicht miteinander und auch auf EU-Ebene eine Partnerschaft eingehen, um die Städte umweltfreundlicher zu machen.

> Partnerschaft mit Industrien der Zukunft. Weitere Verbesse-rungen beim Wirkungsgrad und der Wirtschaftlichkeit durch Massenproduktion können durch europaweite Zusammenarbeit erreicht werden.

> Partnerschaft mit den Bürgern. Wir brauchen auch einen Wechsel der Kultur, wenn wir Veränderungen bei Energie und Verkehr in Angriff nehmen. Das letzte Eurobarometer hat gezeigt, dass die BürgerInnen zu diesem Wechsel bereit sind. Die EU wird das Herz und den Verstand ihrer BürgerInnen und der Zivilgesellschaft nicht mit Werbung für einen Ausbau der Atomenergie gewinnen.

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5 glossar

15a Vereinbarung Vereinbarung zwischen dem Bund und den Bundesländern über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wir-kungsbereiches.

Atomkraft Technologie bzw. Industrie zur großtechnischen Erzeugung von Sekundärenergie, wie Elektrischem Strom, aus Kernenergie

Biodiesel Gängige Bezeichnung für Pflanzenölmethylester (PME), häufig in Form von Rapsölmethylester (RME). Er besitzt ähnliche Eigenschaften wie konventioneller Dieselkraftstoff und kann in herkömmlichen Dieselmo-toren eingesetzt werden.

Bioenergie Sammelbegriff für Energieformen, die aus unterschiedlichen Arten von festen, flüssigen oder gasförmigen Biomassen gewonnen werden.

Bioethanol Wird durch Gärung von Biomasse gewonnenen. Alkohol aus zucker-, stärke- oder cellulosehaltiger Bio-masse, der auch als Kraftstoffkomponente in Benzin konventionellen Ursprungs eingesetzt werden kann.

Biogas Brennbares Gas, das bei der Vergärung von organischem Material wie Pflanzen, Gülle, Hausmüll und Kompost entsteht.

Biomasse Biomasse, auch als Bioenergie oder nachwachsende Rohstoffe bezeichnet (z.B. Holz, Stroh, Mais, Getreide, Zuckerrüben, Raps) wird von Pflanzen durch den Prozess der Photosynthese gebildet und ist gespeicherte Sonnenenergie. Die dafür notwendige Energie liefert die Sonne. Biomasse ist ein nachwach-sender, erneuerbarer Energieträger. Wird Biomasse energetisch genutzt, bleibt der Kohlendioxid-Kreislauf weitgehend geschlossen. Biomasse ist damit klimaneutral. Biomasse kann vielseitig eingesetzt werden: zur Raumwärmeerzeugung (z.B. Pellets-, Hackschnitzelheizung, Biomasseheizkraftwerke mit Nah- und Fernwärmeauskopplung), zur Stromerzeugung (Kraft-Wärme-Kopplung/KWK), als Biotreibstoff (Biodie-sel, Bioethanol, Biogas etc.) und zur Erzeugung von Biowasserstoff (Zukunft der Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle.

BIP Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistung eines Landes. Das BIP gibt alle neu zur Verfügung stehenden Waren- und Dienstleistungen zu ihren Marktpreisen an, die im Inland innerhalb einer definierten Periode hergestellt wurden und dem Endverbrauch dienen.

Blockheizkraftwerk Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme, die mit stationären Verbrennungsmotoren arbeiten. Sie werden vielfach mit Erdgas betrieben, sind aber auch für den Betrieb mit rohem Pflanzenöl, Biodiesel, Biogas oder anderen Energieträgern geeignet.

Brennstoffzelle Elektrochemische Systeme, die chemische Energie von Oxidationsprozessen direkt in elektrische Energie umsetzen.

CDM Der Clean Development Mechanism (CDM) ist einer der vom Kyoto-Protokoll vorgesehenen flexiblen Mechanismen. Ein Land welches im Anhang B des Kyoto-Protokolls aufgeführt wird, kann bei einem Land, welches dort nicht aufgeführt wird, Kohlenstoffeinheiten einkaufen.

Cluster (engl. cluster = Traube, Bündel, Schwarm, Haufen) Netzwerke von Produzenten, Zulieferern, Forschungs-einrichtungen (z. B. Hochschulen), Dienstleistern und verbundenen Institutionen (z. B. Handelskammern) mit einer gewissen regionalen Nähe zueinander, die über gemeinsame Austauschbeziehungen entlang einer Wertschöpfungskette gebildet werden.

Emissionshandel In einem Emissionshandelssystem legt ein Land den nationalen Emissionsausstoß für einen bestimmten Zeitraum fest und teilt den teilnehmenden Unternehmen Zertifikate zu, wonach sie eine festgelegte Men-

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ge an Emissionen ausstoßen können. Der Anreiz für die Teilnehmer liegt darin, ihre festgelegte Emissions-grenze zu unterschreiten und nicht genutzte Rechte an andere Teilnehmer zu verkaufen, die ihre Grenze überschreiten.

Endenergie Die Energieform, die dem Verbraucher nach Umwandlung aus Primärquellen wie Erdöl, Erdgas, Kern- und erneuerbarer Energie zur Verfügung steht.

Energieintensität Gibt an, welches Verhältnis zwischen Energieeinsatz und Produktionsergebnis besteht.

Energiepflanzen Werden zum Zwecke der Energiegewinnung (z. B. Verbrennung) angebaut. Als Energierohstoff können ganze Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenabfälle eingesetzt werden.

Erneuerbare Energie Auch regenerative Energie genannt, bezeichnet Energie aus nachhaltigen Quellen, die nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich sind. Sonnenenergie, Windenergie, Wellenenergie, Gezeitenenergie, Energie der Meeresströmungen, Wasserkraft, Biomasse, Geothermie.

Euratom-Vertrag Vertrag aus der Gründungszeit der Europäischen Wirtschafts Gemeinschaft EWG, heute Europäische Union. Wichtigstes Ziel ist die Förderung der Kernenergie.

Feinstaub Besteht aus mikroskopisch kleinen Teilchen, die vom Menschen über die Atemwege aufgenommen werden können und so ein Gesundheitsrisiko darstellen. Einmal eingeatmet, können sie in den feinen Verästelungen des menschlichen Lungengewebes großen Schaden anrichten, etwa Asthma, Bronchitis und Lungenkrebs.

Fernwärme Wohnungs- und Gebäudeheizung für ganze Siedlungen oder Stadtteile. Wärmeerzeugung durch ein zen-trales Heizwerk, Verteilung über Warmwasser- oder Dampfrohrsysteme.

Flexiblen Mechanismen Das Kyoto-Protokoll sieht drei Instrumente vor, die den Vertragsstaaten Flexibilität bei der Umsetzung ihrer Reduktionsziele erlauben: Emissionshandel, Joint Implementation (gemeinsam durchgeführte Projekte zwischen Industrieländern) und Clean Development Mechanism (Projekte zur Emissionsreduktion in Entwicklungsländern).

Fossile Energieträger Die in der erdgeschichtlichen Vergangenheit (vor mehr als 60 Jahrmillionen) vor allem aus abgestorbenen Pflanzen und tierischem Plankton entstandenen festen, flüssigen und gasförmigen Brennstoffe wie Stein- und Braunkohle, Erdöl, Erdgas und Torf.

Geothermie Nutzung der Erdwärme zur Wärmeversorgung und Stromgewinnung. Die Temperatur der Erde steigt mit zunehmender Tiefe um ca. 25 bis 30 ° Celsius pro Kilometer an. Geothermie kann direkt als Wärme (Wär-mepumpen) oder nach Umwandlung in Strom in einem Geothermie-Kraftwerk genutzt werden.

Grünbuch Die von der EU-Kommission veröffentlichten Grünbücher sollen auf europäischer Ebene eine Debatte über grundlegende politische Ziele in bestimmten Bereichen in Gang setzen. Die durch ein Grünbuch einge-leiteten Konsultationen können die Veröffentlichung eines Weißbuchs zur Folge haben, in dem konkrete Maßnahmen für ein gemeinschaftliches Vorgehen vorgeschlagen werden.

Heizwert Quotient aus der bei der Verbrennung eines Brennstoffs frei werdenden Wärmemenge und seiner Masse bzw. Stoffmenge.

Hybridantrieb Kombination verschiedener Antriebsprinzipien oder verschiedener Energiequellen für eine Antriebsaufga-be innerhalb einer Anwendung. Z.B. Benzin- und Elektromotor bei PKW.

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IEA Die Internationale Energiebehörde (kurz IEA, von engl. International Energy Agency) ist eine Kooperati-onsplattform im Bereich der Erforschung, Entwicklung, Markteinführung und Anwendung von Energie-technologien. Gegründet wurde sie 1973 von 16 Industrienationen zum gemeinsamen Vorgehen gegen die damalige Ölkrise. Aktuell zählt die IEA 26 Mitgliedstaaten.

IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change: Organisation der Vereinten Nationen bzw. der Weltorganisa-tion für Meteorologie (WMO) zur Klimawissenschaft.

Joint Implementation Instrument im Rahmen des Kyoto Protokolls, das Industrieländern ermöglicht, gemeinsam Klimaschutz-Projekte durchzuführen. Dabei wird das Projekt (z. B. die Errichtung einer Windkraftanlage) zwar in Land A durchgeführt, aber von Land B finanziert. Die in Land A vermiedenen Emissionen darf das Land B gutschreiben lassen.

Kernenergie Primärenergie, die bei Kernreaktionen, insbesondere bei der Kernspaltung und Kernfusion freigesetzt wird.

Kernfusion Bezeichnet eine Kernreaktion, bei der zwei Atomkerne zu einem schwereren Kern „verschmelzen“ und dabei Energie freisetzen.

Kilowattstunde Einheit der Energie, Einheitenzeichen kWh; Der Verbrauch elektrischer Energie wird in kWh angegeben

Kleinwasserkraft Unter Kleinwasserkraft werden all jene Wasserkraftwerke verstanden, die als maximal mögliche Leistung zehn Megawatt (also zehntausend Kilowatt) nicht überschreiten.

Kraft-Wärme-Kopplung Gleichzeitig in einem gemeinsamen Prozeß gekoppelte Gewinnung von thermischer und elektrischer Energie mittels einer Energie-Umwandlungs- Anlage.

Kyoto Abkommen Zentrales Dokument auf internationaler Ebene im Kampf gegen den Klimawandel. Das Kyoto-Protokoll wurde 1997 als Zusatzprotokoll der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) der Vereinten Nationen beschlos-sen. Es schreibt verbindliche Ziele für die Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen fest.

Lissabon Strategie Beim Europäischen Rat in Lissabon im Frühjahr 2000 vereinbartes Programm zur wirtschaftlichen und sozialen Weiterentwicklung der Europäischen Union.

NoVA Abkürzung für Normverbrauchsabgabe. Verbrauchsabhängige Steuer, die beim Kauf eines Kraftfahrzeu-ges einmalig zu entrichten ist. Dabei wird für jedes Fahrzeug ein Prozentsatz angegeben, welcher auf den Nettopreis aufzuschlagen ist.

OPEC Ein Akronym für „Organization of the Petroleum Exporting Countries“ (Organisation erdölexportierender Länder). Die OPEC–Mitgliedstaaten fördern etwa 40% der weltweiten Erdölproduktion und verfügen über drei Viertel der weltweiten Erdölreserven. Sitz in Wien.

Ökostrom Strom aus erneuerbaren Energieträgern, wobei die Großwasserkraft hierbei nicht inkludiert wird. In Öster-reich: Windkraft, Photovoltaik, Biomasse, Biogas, Geothermie, Kleinwasserkraft.

Öläquivalent Internationaler Standard zum Vergleich des Brennwertes verschiedener Energieträger.

ÖPUL „Österreichisches Programm für eine Umweltgerechte Landwirtschaft“: Förderprogramm für Naturschutz-maßnahmen in der Landwirtschaft und Forstwirtschaft.

Passivhaus Diese Weiterentwicklung des Niedrigenergiehauses benötigt nur etwa ein Zehntel der Heizenergie, die herkömmliche Neubauten verbrauchen. Die Bezeichnung passiv heißt, dass zur Erwärmung des Hauses die durch die Fenster einstrahlende Sonnenwärme genutzt wird.

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Peak Oil Beschreibt das Ölfördermaximum, auch Hubbert‘s Peak, den Zeitpunkt, ab dem die Gesamtförderung von Ölfeldern ihr Maximum erreicht.

Photovoltaik (Aus dem griechischem: photo = Licht und Volt = Maßeinheit der elektrischen Spannung). Unmittelbare Umwandlung des Sonnenlichts in elektrische Energie mittels Solarzellen.

Primärenergie Rohenergie bzw. Energierohstoffe in ihrer natürlichen Form, bevor sie technisch umgewandelt sind (Uran, Erdöl, Kohle, Erdgas, Holz, Wasser oder Sonnenenergie).

Pumpspeicherkraftwerk Wasserkraftwerk, das Wasser in ein Staubecken pumpt, um bei Bedarf Verbrauchsspitzen abzudecken: Zu Zeiten, in denen ausreichend Strom zur Verfügung steht, wird Wasser hochgepumpt. In laststarken Zeiten wird diese „gespeicherte“ Energie (potentielle Energie) genutzt, indem das Wasser abgelassen wird und eine Turbine zur Stromerzeugung antreibt.

Regelarbeitsvermögen Um Schwankungen bei der Stromproduktion auszugleichen, wird das Regelarbeitsvermögen berechnet. Es stellt die realistische, durchschnittliche Jahresproduktion dar und ist der Mittelwert der Jahresprodukti-onen einer zusammenhängenden Reihe möglichst vieler, mindestens dreier Jahren.

Retentionsflächen Rückhalteräume dienen der Zwischenspeicherung von Hochwasser. Sie werden durch Aufstauen bzw. Überfluten aktiviert.

Sekundärenergie Bezeichnung für die durch Umwandlung natürlicher Energieträger (Primärenergie) gewonnene Energie (z. B. Elektrizität).

Solares Kühlen Nutzung der Sonnenenergie als Antriebsenergie für eine Kältemaschine. Die Kältemaschinen, die bei der solaren Kühlung eingesetzt werden können arbeiten mit der Sorptionstechnik. Der Vorteil einer solaren Kühlung liegt darin, dass in den Sommermonaten, in denen der Kühlbedarf am größten ist, eine thermi-sche Solaranlage den maximalen Ertrag liefert.

Solarthermie Umwandlung der Sonnenstrahlung in Wärmeenergie mit Hilfe von Solarkollektoren

Sonnenenergie Oder Solarenergie ist die von der Sonne auf die Erde abgestrahlte Energie. Sonnenenergie kann in elektri-sche Energie umgewandelt werden (Photovoltaik, Solarzellen). Die thermische Nutzung der Sonnenener-gie wird in der Solarthermie über Sonnenkollektoren nutzbar gemacht. Solar betriebene Absorptionskälte-maschinen werden für die Gebäudeklimatisierung eingesetzt. Ohne technische Apparate kann die Sonne auch passiv genutzt werden und z.B. ein Gebäude durch entsprechend ausgerichtete Fensterflächen oder durch sogenannte „Transparente Wärmedämmung“ erwärmen (Passivhaus).

Spitzenlast Kurzzeitig auftretende hohe Energienachfrage im Stromnetz. Zur Abdeckung der Spitzenlast kommen schnell regelbare Spitzenlastkraftwerke zum Einsatz, die kurzzeitig hohe Leistungen zur Verfügung stellen können.

Standby Bereitschaftszustand von Geräten, die zwar eingeschaltet sind, aber zur Zeit des Standby Modus nicht benutzt werden. Im Standby Betrieb wird weiterhin eine bestimmt Menge Restenergie benötigt

Suburbanisierung Der Begriff Suburbanisierung bezeichnet die Entstehung von Agglomerationen, also die Ausdehnung von städtischer Siedlungsweise und Bevölkerung in das Umland einer Stadt. Sie wird durch den Bau von Straßen und Einkaufzentren begünstigt.

Supergau GAU ist ein Akronym. Die Buchstaben stehen für „Größter Anzunehmender Unfall“. Als Super-GAU wird ein Unfall bezeichnet, der die Auslegung der Anlage überschreitet, z.B. Tschernobyl 1986.

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Technologiediffussion Verbreitung neuer Technologie und Übertragung auf neue Anwendungsfelder.

Treibhauseffekt Zusätzliche Erwärmung der Atmosphäre durch vom Menschen verursachte zusätzliche Anreicherung der Spurengase (Kohlendioxid, Methan, Distickoxid, Ozon, Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Die natür-liche Rückstrahlung des Sonnenlichts von der Erde wird unter anderem durch diese Anlagerungen in der Atmosphäre zurück gehalten. Unter dem Mantel des Treibhausgases erwärmt sich die Erdoberfläche.

Venture Capital Bezeichnung für Wagniskapital. Darunter versteht man Beteiligungskapital für wachstumsträchtige Unter-nehmen, die in innovative Technologien investieren.

Verursacherprinzip In der Umweltpolitik praktizierter Grundsatz, nach dem diejenigen Produzenten bzw. Konsumenten für Umweltschäden aufkommen müssen, die sie verursachen. Dieses Prinzip trägt zu einer volkswirtschaftlich sinnvollen und zugleich ressourcenschonenden Nutzung bei.

Wärmepumpe Die Anlage holt Heizenergie aus dem Erdreich, der Luft, oder dem Wasser. Sie funktioniert wie ein umge-kehrter Kühlschrank. Die elektrische Wärmepumpe nutzt die in den Elementen gespeicherte Sonnenwär-me als Energiequelle. Mit Strom pumpt sie eine im Rohrkreislauf der Anlage zirkulierende Flüssigkeit durch Rohrsysteme, komprimiert diese und bringt sie auf ein höheres Temperaturniveau. Ein Wärmetauscher überträgt die Energie aufs Heizwasser.

Wasserkraft In Wasserkraftwerken wird die mechanische Energie des Wassers in Laufwasserkraftwerken oder Speicherkraftwerken zur Erzeugung von elektrischem Strom genutzt. Bei einem Laufkraftwerk wird ein Fluss gestaut und mit dem abfließenden Wasser elektrischer Strom erzeugt. Bei einem Speicherkraftwerk wird das Wasser über einen Zeitraum gespeichert, um bei Bedarf wertvollen Spitzenstrom zu erzeugen. Das Ausbaupotential für die große Wasserkraft ist in Österreich weitgehend ausgeschöpft. Potentia-le bestehen vorwiegend noch im Bereich der Kleinwasserkraft.Auch aus der Kraft des Meeres kann Energie in vielfältiger Form gewonnen werden. Gezeitenkraftwerke nutzen die Energie des wechselnden Wasserpegels des Meeres zur Produktion von elektrischem Strom. Meeresströmungskraftwerke erzeugen aus der natürlichen Meeresströmung Elektrizität. Wellenkraftwerke nutzen die Wasserkraft der Meeres-wellen, um elektrischen Strom zu erzeugen. Meereswärmekraftwerke gewinnen elektrischen Strom aus dem Temperaturunterschied zwischen kalten und warmen Wassermassen in unterschiedlichen Tiefen der Meere. Osmosekraftwerke nutzen den Unterschied im Salzgehalt zwischen Süßwasser und Meerwasser, um daraus Energie zu gewinnen und Strom zu erzeugen.

Wechselrichter Auch DC-AC-Konverter genannt; sie sind das Bindeglied zwischen Gleich- und Wechselstromtechnik.

Windenergie Kinetische Energie der bewegten Luftmassen der Atmosphäre, eine indirekte Form der Sonnenenergie. Windenergieanlagen können in allen Klimazonen, auf See und in allen Landformen (Küste, Binnenland, Gebirge) zur Gewinnung elektrischen Stroms eingesetzt werden.

Zersiedelung Unter Zersiedelung versteht man den Bau von Gebäuden außerhalb geschlossener Ortschaften. Maß-geblich vorangetrieben wurde die Zersiedelung der Landschaft durch landwirtschaftliche Betriebe und Industrie. Das Auto spielt eine wesentliche Rolle bei der Zersiedelung von Städten, die hauptsächlich durch Straßenbau vorangetrieben wurde.

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1 Vom solaren Zeitalter wird gesprochen, da mit solarer Energie jene Energiequel-

len definiert werden, welche die Sonne als direkte und indirekte Quelle haben

(Biomasse, Solarthermie, Photovoltaik, Wasserkraft, etc.). Weitere ökologische

Energiequellen wie die Geothermie werden aufgrund ihrer Klimaschutzneutralität

bzw. geringen Emissionen ebenso im Rahmen der grünen Energiewende berück-

sichtigt.

2 Im Jahr 1861

3 Als Treibhausgase werden vor allem folgende sechs Gase bezeichnet: Kohlen-

dioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (Lachgas, N2O), teilhalogenierte

Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFCs), perfluorierte Kohlenwasserstoffe

(FKW/PFCs) und Schwefelhexafluorid (SF6). Kohlendioxid ist das Treibhausgas

mit dem größten Anteil (84% aller Treibhausgase in Österreich im Jahr 2004). Die

Treibhausgasemissionen werden meist in sog. CO2-Äquivalenten angegeben, d.h.

die verschiedenen Treibhausgasemissionen werden in CO2-Einheiten umgerech-

net und so gemeinsam ausgewiesen.

4 Deutsches Umweltbundesamt, Globaler Klimawandel, Klimaschutz 2004, Berlin,

Mai 2004

5 http://org.de.eea.eu.int/documents/newsreleases/soer2005_pp-de

6 http://www.wwf.de/imperia/md/content/klima/ST_heat_wave_final040805.pdf

7 derStandard.at, 23. Juni 2005

8 http://www.unu.edu/hq/rector_office/press2005mre29-05.doc

9 http://www.nature.com/news/2005/051128/full/051128-9.html

10 http://www.nature.com/nature/journal/v438/n7068/abs/nature04385.html

11 Peter Schwartz, Doug Randall, An Abrupt Climate Change Scenario and Its Impli-

cations for United StatesNational Security; Pentagon; October 2003

12 http://www.nature.com/nature/journal/v438/n7066/abs/nature04141.html

13 http://www.nature.com/nature/journal/v438/n7066/abs/nature04188.html

14 derStandard.at, 10.8.2005

15 BP 2006: BP Statistical Review of World Energy June 2006, Quantifying Energy

16 BP Statistical Review of World Energy June 2006

17 Unter Primärenergie werden hier nur kommerziell gehandelte Brennstoffe

berücksichtigt. Holz, Torf, Tiermist sind aufgrund fehlendem Zahlenmaterials nicht

enthalten. Unberücksichtigt bleiben auch Wind, Geothermie und Solarenergie in

dieser Statistik.

18 Statistical Review of World Energy 2006, BP

19 Thomas Seifert / Klaus Werner, Schwarzbuch Öl, Eine Geschichte von Gier, Krieg,

Macht und Geld, Deuticke im Paul Zsolnay Verlag, Wien, 2005

20 IEA, World Energie Outlook 2004, zitiert nach: EU-Kommission: COMMISSION

STAFF WORKING DOCUMENT, Annex to the Green Paper, A European Strategy

for Sustainable, Competitive and Secure Energy, What is at stake - Background

document, COM(2006) 105 final

21 Zitiert nach: EU-Kommission: COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT,

Annex to the Green Paper, A European Strategy for Sustainable, Competitive and

Secure Energy, What is at stake - Background document, COM(2006) 105 final

22 IEA 2005: World Energy Outlook 2005

23 http://www.energyagency.at/(de)/enz/brent.htm

24 www.tecson.de; eigene Ergänzungen

25 ARD, 18.7.2005

26 Quelle: The world oil Supply 1930-2050, Petroconsultants

27 Jörg Schindler, Ölwechsel, Wann geht das „billige“ Öl zu Ende? L-B-Systemtech-

nik, (www.lbst.de); Vortrag in Dornbirn, Energieinstitut Vorarlberg, 11. Mai 2004

28 Tages-Anzeiger, 23.7.2005

29 Vergleich u.a. Europäische Kommission: Grünbuch für eine europäische Strategie

für nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energie, Brüssel, März 2006

30 Europäische Kommission, Slide Show: Green Paper on a European Strategy for

Sustainable, Competetive & Secure Energy. What is a stake – background docu-

ment, http://ec.europa.eu/energy/green-paperenergy/index_en.htm, Juni 2006

31 EU Kommission, Commission Staff Working Document. Annex to the Green Paper.

A European Strategy forSustainable, Competetive and Secure Energy. What is at

stake – Background document. {COM (2006) final}

32 ebd.

33 European Commission, Directorate-General for Energy and Transport: Memo

FUELLING OUR FUTURE. GREEN PAPER FOR A EUROPEAN STRATEGY FOR

SUSTAINABLE, COMPETITIVE AND SECURE ENERGY, März 2006

34 Vergleiche Univ.-Prof. Dr. Günther Brauner, Institut für Elektrische Anlagen und

Energiewirtschaft, TU Wien:Versorgungssicherheit Österreichs bis 2015. Entwick-

lung der Erzeugungskapazitäten und deren Auswirkungen auf die Netzkapazitä-

ten, Pressekonferenz Oktober 2004

35 Für eine ausführliche Darstellung zu Status und Risken der Atomkraft siehe: Ing.

Antonia Wenisch, Nadia Prauhart: 20 Jahre nach Tschernobyl: 50 Jahre Atomen-

ergie sind genug. Zum Status der Atomkraft im 21.Jahrhundert. Studie im Auftrag

von „Die Grünen“; Österreichisches Ökologieinstitut für angewandteUmweltfor-

schung Wien 2006; download unter:

http://www.gruene.at/uploads/media/50Jahre_Atomenergie.pdf

36 Über Energiepartnerschaften werden Projekte zum Umstieg auf Erneuerbare

Energien bzw. Energieeffizienz finanziert, die so auch zum Atomausstieg beitragen

sollen.

37 Statistik Austria 2005: „Energiebilanz Österreich 1970 – 2004“

38 ebd. (Die im Vergleich zum Text niedrigeren Anteile bei Gas, Kohle etc. ergeben

sich aus der gesonderten Ausweisung des Anteils „Elektrische Energie“, die zu ei-

nem Anteil von ca. 37% ebenfalls aus fossilen Energieträgern (v.a. Gas und Kohle)

erzeugt wird.

39 Die Erlöse aus Energieexporten beliefen sich 2003 auf knapp zwei Milliarden Euro,

per Saldo wurde die Handelsbilanz also mit ca. 4,5 Mrd. Euro belastet.

40 Die Energieintensität ist eine Kennzahl, die den Energieverbrauch einer Volkswirt-

schaft in Bezug zum erwirtschafteten Bruttosozialprodukt setzt. Sie wird wie folgt

berechnet: Energieintensität = Energieeinsatz / Bruttosozialprodukt. Je niedriger

die Energieintensität, desto stärker sind Wirtschaftswachstum und Energiever-

brauch entkoppelt. Eine sinkende („verbesserte“) Energieintensität ist also aus

Sicht der Nachhaltigkeit positiv.

41 Lechner 2004: Austrian Energy Agency: „Energieeffizienz und Erneuerbare 2010“,

Dezember 2004

42 Industrie, Dienstleistungen, Haushalte, Verkehr und Landwirtschaft

43 Kratena 2005: WIFO, Energieszenarien für Österreich bis 2020, Juni 2005; Statistik

Austria „Energiebilanz Österreich 1970 – 2004“

44 Statistik Austria, „Energiebilanz Österreich 1970 – 2004“

45 1.052 GWh Regelarbeitsvermögen

46 E-Control: http://www.e-control.at/

47 ebd.

48 Das Ökostromgesetz beinhaltet Verfassungsbestimmungen und braucht daher

eine 2/3-Mehrheit im Nationalrat

49 Aussendung der SPÖ, 9.12.2004

6 Quellen und anmerkungen

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61

50 Schneider, F., Holzberger, M., Wegmayr, J., Ökostrom und seine Volkswirtschaftli-

che Bedeutung für Österreich und Oberösterreich, Mai 2006

51 Dangschat Jens/Kratochvil Susanne (2005): Nicht nachhaltige Trends – Modul

2: Verkehr und Siedlungsentwicklung. Studie im Auftrag Forum Nachhaltiges

Österreich. TU Wien.

52 „Abschätzung der Auswirkungen des Tanktourismus auf den Treibstoffverbrauch

und die Entwicklung der CO2-Emissionen in Österreich“, BMLFUW, 2005.

53 Juli 2006: Dieselpreis brutto (d.h. Abgabepreis inkl. Steuern/Abgaben) in Ös-

terreich 8-9 Cent unter dem EUDurchschnitt, netto (ohne Steuern) knapp unter

EU-Schnitt. Bruttopreis 10 Cent unter Deutschland, 20 Cent unter Italien, 8 Cent

unter Schweiz, 2 Cent unter Slowakei, gleich hoch wie in Tschechien und Ungarn,

nur Slowenien ist etwas billiger.

54 EVALUIERUNGSBERICHT ZUR KLIMASTRATEGIE 2002, Endbericht, Umweltbun-

desamt, Wien, 2006

55 ebd.

56 http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/verkehr/abgase/treibhausgase/

57 ebd.

58 Umweltbundesamt, Österreichischen Luftschadstoffinventur, Wien, 2004

59 http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/verkehr/abgase/staub/

60 KYOTO-FORTSCHRITTSBERICHT ÖSTERREICH 1990–2004, (Datenstand 2006),

Umweltbundesamt, Wien, 2006

61 ebd.

62 JI/CDM-Programm, Zukauf von Emissionsreduktionseinheiten aus dem Ausland

ohne volkswirtschaftlichen Nutzen.

63 KYOTO-FORTSCHRITTSBERICHT ÖSTERREICH 1990–2004 (Datenstand 2006),

Umweltbundesamt, Wien, 2006

64 ebd.

65 Europäische Umweltagentur, 2004

66 Unter vollsolarer Energieversorgung werden hier alle Energiequellen verstanden,

die sich direkt oder indirekt aus der Sonnenenergie ableiten, also neben der

direkten Sonnenenergie auch Windenergie, Energie aus Biomasse, aber auch

Geothermie oder Gezeitenenergie.

67 GRÜNBUCH über Energieeffizienz oder Weniger ist mehr, Brüssel, den 22.6.2005,

KOM(2005) 265 endgültig

68 WIFO 2005: Kurt Kratena, Michael Wüger, Energieszenarien für Österreich bis

2020, Juni 2005

69 EU-Richtlinie 2001/77/EG; Mit der EU-Erweiterung am 1. Mai 2004 haben die

neuen Mitgliedsstaaten die entsprechende EU-Richtlinie anerkannt und nationale

Zielwerte wurden fixiert. Daraus ergibt sich für die EU-25 ein Richtwert von 21%

erneuerbare Energien am Stromverbrauch bis zum Jahr 2010.

70 Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,

Deutschland

71 Schlussfolgerungen des Rates, 23./24. März 2006

72 Renewable Energy target for Europe – 20% by 2020; EREC, 2004

73 Dachverband der europäischen Industrie für erneuerbare Energien. www.erec-

renewables.org

74 Eigene Berechnungen

75 Joachim Nitsch, Die Perspektiven der erneuerbaren Energien bis 2050 – Deutsch-

land, Europa, global; DLR Stuttgart; „Systemanalyse und Technikbewertung“,

Vortrag auf Tagung: „Tschernobyl 1986-2006: Erfahrungen für die Zukunft“, Berlin,

24. bis 25. April 2006

76 Energy Revolution: A sustainable pathway to a clean energy future for europa

– a European energy scenario for EU-25, erstellt von DLR, Institute of Technical

Thermodynamics, Departement of Systems Analysis and Technology Assessment,

Stuttgart, Deutschland, September 2005.

77 Daten 2004

78 Daten 2005

79 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Erneuerbare

Energien in Zahlen – nationale und internationale Entwicklung; Berlin, Dezember

2005

80 http://www.bundestag.de/parlament/gremien/kommissionen/archiv14/ener

/index.html;

http://www.eurosolar.org/new/SZA-4_03_Peter_100-Prozent-Deutschland.pdf

81 EREC, Renewable Energy Szenario to 2040, Half of the Global Energy Supply from

renewables in 2040.

82 EREC, Renewable Energy Szenario to 2040

83 ebd.

84 Eigene Berechnungen

85 Aus: Dr. Joachim Nitsch, Stuttgart, Ein globales Nachhaltigkeitsszenario, Mai 2004;

Annahme: Bevölkerungswachstum von 6 Mrd. in 2000 auf 9 Mrd. Menschen in

2050

86 Nitsch, J.: Ein globales Nachhaltigkeitsszenario, 2004 (http://www.eurosolar.org

/new/Nitsch_Globales_Nachhaltigkeitsszenario_mai04.pdf)

87 Joachim Nitsch, Die Perspektiven der erneuerbaren Energien bis 2050 – Deutsch-

land, Europa, global; DLR Stuttgart; „Systemanalyse und Technikbewertung“,

Vortrag auf Tagung: „Tschernobyl 1986-2006: Erfahrungen für die Zukunft“, Berlin,

24. bis 25. April 2006

88 Haas, Kranzl (EEG): Erneuerbare aus und in Österreich. Technologien zur Nutzung

Erneuerbarer Energieträger – wirtschaftliche Bedeutung für Österreich Kurzfas-

sung, im Auftrag. WKO, Dachverband Energie-Klima, Wien Februar 2006

89 Quelle: EU Kommission, 2005

90 W. Weiss, C. Isaksson, H. Adensam: Wirtschaftsfaktor Sonnenenergie, Berichte aus

Energie- und Umweltforschung 38/2005, BMVIT 2005.

91 GRÜNBUCH über Energieeffizienz oder Weniger ist mehr, Brüssel, den 22.6.2005,

KOM(2005) 265 endgültig

92 (KOM(2003) 739) vom 10.12.2003)

93 GRÜNBUCH über Energieeffizienz oder Weniger ist mehr, Brüssel, den 22.6.2005,

KOM(2005) 265 endgültig

94 ebd.

95 Die Grünen, E. Glawischnig, M. Weishäupl „Das Grüne Kraftwerk – Der Projektbe-

richt“, Dezember 1998.

96 WWF 2005: „Effektiv 2010 Die Stromsparinitiative des WWF“, Dieter Hornbachner,

Harald Pinter, Stefan Moidl Markus Niedermair, Herbert Schaupp, März 2005.

97 Energieagentur, Lechner Energieeffizienz und Erneuerbare 2010, Dezember 2004

98 Keine Maßnahmen in den Bereichen Verkehr, Landwirtschaft, Maßnahmen v.a. im

Bereich Haushalte, Büros und teilweise auch Industrie

99 Energieagentur, Lechner, Energieeffizienz und Erneuerbare 2010, Dezember 2004

100 Benke 2000: E.V.A. Benke Georg, „Einkauf Energieeffizienter Bürogeräte. 2000

101 energy 04/2003, S 31, Untersuchung der E.V.A. für die österreichische

Papierindustrie

102 Haas 2004: Grundlagen für das Energiesparkonzept der Stadt Wien, Dr. Reinhard

Haas Oktober 2004, Institut für elektrische Anlagen und Energiewirtschaft im

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Auftrag der MA 27 der Stadt Wien

103 zitiert nach D. Hornbachner, H. Pinter, Best Practice, Modelle für Energieeffizienz-

maßnahmen in liberalisierten Elektrizitätsmärkten, i.A. des WWF Österreich, 2004

104 Abgesehen von internationalen Erfahrungen liegen auch in Österreich mehrere

Studien vor, in denen dieErrichtung eines Energieeffizienzfonds vorgeschlagen

wird. Diese können bei der konkreten Ausgestaltung des Energieeffizienzfonds als

Orientierung dienen. Siehe z.B. Lechner 2004: Austrian Energy Agency: „Energie-

effizienz und Erneuerbare 2010“, Dezember 2004 sowie Hornbachner/WWF 2005:

„Effektiv 2010“.

105 Thomas 2002: Tomas, Wissner, Kristof, Irrek: Die vergessene Säule der Energiepoli-

tik: Wuppertal Institut 2002

106 Diese Ökostromtechnologien werden im Ökostromgesetz auch als „sonstiger

Ökostrom“ bezeichnet.

107 Die Einspeiseverordnung gilt für all jene Anlagen, für die bis zum 31.12.2004 eine

Genehmigung vorgelegen ist und die bis zum 31.12.2007 in Betrieb gehen. Für

Anlagen, die ab dem 1.1.2005 genehmigt wurden, gab es auf Grund der mehr

als zweijährigen Verhandlungen über eine neue Ökostromgesetznovelle keine

Rechtsgrundlage für eine Förderung. Mit der Novellierung des Ökostromgesetzes

im Mai 2006 und der zu erlassenden neuen Einspeiseverordnung werden für neue

Anlagen neue Regelungen in Kraft treten.

108 E-Control, Daten-Stand Februar 2006; 2002-2005: Ist-Werte; 2006: Prognosewer-

te anhand anerkannter Ökostromanlagen; Kleinwasserkraft extra ausgewiesen. Ein

Teil der Kleinwasserkraftbetreiber ist im Jahr 2005 aus dem Fördersystem ausge-

stiegen, weil auf Grund der gestiegenen Strommarktpreise am freien Markt höhere

Preise erzielbar waren. In dem angeführten Wert sind lediglich die unterstützten

Ökostrommengen angeführt.

109 E-Control (www.e-control.at)

110 Interessensgemeinschaft-Windkraft; http://www.igwindkraft.at/; Stand Juli 2006.

111 www.igwindkraft.at, Stand 4.7.2006

112 Die E-Control hat laut § 20 ÖkostromG vierteljährlich die durchschnittlichen

Marktpreise elektrischerGrundlastenergie festzustellen und in geeigneter Weise

zu veröffentlichen.

113 Daten: Energie-Control GmbH

114 Der Schlussbericht des Gutachtens „Externe Kosten der Stromerzeugung aus

erneuerbaren Energien imVergleich zur Stromerzeugung aus fossilen Energie-

trägern“ kann im Internet unter www.erneuerbare-energien.de heruntergeladen

werden.

115 Eurobarometer Spezial 227, Juni 2005

116 GlobeScan Inc. Public Opinion on Nuclear issues and the IAEA, 2005

117 Darunter die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland und Kana-

da.

118 Fanninger 2006: Der Solarmarkt in Österreich 2006

119 AAE INTEC 2003: Strategien zur Erhöhung des Beitrages von solarthermischen

Anlagen zur Erreichung des Kyoto-Ziels

120 Diese Maßnahmen könnten auch im Rahmen der diversen klima:aktiv Programme

erfolgen

121 §15a Vereinbarung über die Verwendung der Mittel für die Förderung der Errich-

tung und Sanierung von Wohngebäuden zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes

an Treibhausgasen

122 siehe www.igpassivhaus.at

123 Aktuell HWB zw. 70 - 90 kWh/m2a, Kühllastvorgaben existieren bis dato nicht.

124 EVALUIERUNGSBERICHT ZUR KLIMASTRATEGIE 2002, Endbericht, Umweltbun-

desamt, Wien, 2006

125 http://www.vspar.at/vsparLL.htm

126 www.werfenweng.org, www.alpine-pearls.com

127 Novy, Peter (2005): Variabilisierung von Steuern. Studie im Auftrag der Grünen.

Graz: Assist-Novy Gmbh

128 Die Diesel-Mineralölsteuer liegt derzeit in Italien um 10 Cent pro Liter, in Deutsch-

land um 17 Cent pro Liter höher als in Österreich.

129 EVALUIERUNGSBERICHT ZUR KLIMASTRATEGIE 2002, Endbericht, Umweltbun-

desamt, Wien, 2006

130 Tribl, Christoph (2005): Ökonomische Auswirkungen der neuen gesetzlichen Rah-

menbedingungen bezüglich biogener Treibstoffe in Österreich. Studie im Auftrag

der AK Wien. TU München.

131 Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung

der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im

Verkehrssektor.

132 Kraftstoffverordnung BGBl. II 417/2004

133 Pölz Werner/Salchenegger Stefan (2005): Biogas im Verkehrssektor. Technische

Möglichkeiten, Potential und Klimarelevanz. Bericht BE 283. Studie im Auftrag des

BMVIT. Umweltbundesamt Wien.

134 Lichtblau Günther/Pölz Werner/Kurzweil Agnes (2003): Einsatz von Biokraftstof-

fen und deren Einfluss auf die Treibhausgas-Emissionen in Österreich. Bericht BE

144, Umweltbundesamt Wien.

135 Steirische Initiative für Treibstoffe der Zukunft: Treibstoffe der Zukunft. Broschüre.

Red. Joanneum Research Graz.

136 Wasserstoff ist kein primärer Energieträger, sondern muss unter Einsatz von Strom

oder Erdgas hergestellt werden.

137 Web-Datenbank der IEA, Österreichische Energieagentur

138 Es wird bewusst in diesem Programm der Begriff Chancenpotential statt Risikopo-

tential verwendet.

139 uropäisches Network of Excellence - Distributed Energy Sources

140 s iehe auch www.klimabuendnis.at

141 GRÜNBUCH über Energieeffizienz oder Weniger ist mehr, Brüssel, den 22.6.2005,

KOM(2005) 265 endgültig

142 Das „grüne Kraftwerk“ ist ein Projekt, das von den steirischen Grünen und den

Wiener Grünen Ende der 90er Jahre initiiert wurde und bei dem EnergieberaterI-

nnen in Haushalten das Energiesparpotential eruieren haben und eine entspre-

chende individuelle Beratung angeboten haben. In den betroffenen Haushalten

konnten im Schnitt rund 20% Energieverbrauch und damit –kosten eingespart

werden. Mehrere grüne Landesorganisationen schlossen sich dieser Aktion an.

143 EVALUIERUNGSBERICHT ZUR KLIMASTRATEGIE 2002, Endbericht, Umwelt-

bundesamt, Wien, 2006. Anmerkung: Der Biologische Landbau emittiert um ein

Drittel bis zur Hälfte weniger Treibhausgase, vor allem durch den Verzicht auf

mineralische Düngemittel und importierte Futtermittel. Laut Evaluierung der Maß-

nahmen zur Erreichung des österreichischen Kyoto-Ziels bei den Lachgas-Emis-

sionen 2003 wurden allein vom Biologischen Landbau 91.000 t CO2 – Äquivalente

eingespart (sh. 1. BIO AUSTRIA-Zukunftstagung 2006, „Biologischer Landbau:

praktischer Boden- und Klimaschutz“ S. 15 ff.)

144 Benannt nach dem Ort der Konferenz Kyoto in Japan

145 Siehe auch Website des UNO Klimasekretariats http://unfccc.int/

146 Für die EU ist eine Senkung der Emissionen um 8 Prozent vorgesehen, Russland

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und die Ukraine haben sich dazu verpflichtet, das Emissionsniveau von 1990 nicht

zu überschreiten, und für die Volksrepublik China, Indien und für Entwicklungs-

länder sind keine Beschränkungen vorgesehen. Die Europäische Union hat eine

interne Lastenverteilung der Emissionsziele vereinbart, die teils signifikante Unter-

schiede ermöglichen. Während etwa Dänemark und Deutschland (jeweils -21%)

vergleichsweise weitgehende Emissionsreduktionsziele festlegt haben, haben

Staaten wie Irland (+13%), Spanien (+15%), Griechenland (+25%) oder Portugal

(+27%) das Recht, mehr Emissionen aus 1990 auszustoßen. Österreich gehört mit

–13% zu den eher ambitionierten Staaten, jedoch leider nur bei der Zielfestlegung,

nicht in der Umsetzung.

147 Kooperative Maßnahmen zweier oder mehrerer Industrieländer, die sich beide

anrechnen lassen können

148 Ein Industrieland führt Maßnahmen zur CO2-Reduktion in einem Entwicklungs-

land durch.

impressum

Medieninhaberin, Verlegerin: Grüne Bildungswerkstatt, Neubaugasse 8, 1070 Wien, Tel.: +43 1 52 69 111, Fax: +43 1 52 69 115, E-Mail: [email protected], www.gbw.at, Gestaltung: Super-Fi; Redaktion: Oliver Korschil, Georg Günsberg, Katharina Sammer, Reinhard Gschöpf; Redaktionsschluss: 21.Juli 2006; Erscheinungsort: Wien

abkürzungsverzeichnis

AKW AtomkraftwerkCNG Compressed Natural GasCO2 KohlendioxidEPR European Power ReactorEU Europäische UnionEVU EnergieversorgungsunternehmenGRS Gesellschaft für Reaktorsicherheit (Deutschland)GWh GigawattstundenGW GigawattHWB HeizwärmebedarfIEA Internationalen EnergieagenturKWh KilowattstundenLKW Lastkraftwagen

Mio. MillionenMrd. MilliardenMW MegawattNGO Non Governmental Organisation (Nicht-Regierungsorganisation)OECD Organisation for Economic Cooperation and DevelopmentOPEC Organization of the Petroleum Exporting CountriesPKW PersonenkraftwagenPV PhotovoltaikWHO WeltgesundheitsorganisationWIFO Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung

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www.gruene.at