73
Universität Konstanz Mathematisch-naturwissenschaftliche Sektion Fachbereich Psychologie Klinische Psychologie Diplomarbeit Thema: Realisierung der Constraint – Induced Aphasia Therapy (CIAT) durch Laientherapeuten Verfasserin: Silke Streiftau Betreuer: Prof. Dr. Brigitte Rockstroh Prof. Dr. Thomas Elbert Konstanz, im November 2006

Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

  • Upload
    others

  • View
    6

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

Universität Konstanz Mathematisch-naturwissenschaftliche Sektion

Fachbereich Psychologie Klinische Psychologie

Diplomarbeit

Thema:

Realisierung der Constraint – Induced Aphasia

Therapy (CIAT) durch Laientherapeuten

Verfasserin:

Silke Streiftau

Betreuer:

Prof. Dr. Brigitte Rockstroh

Prof. Dr. Thomas Elbert

Konstanz, im November 2006

Page 2: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich allen, die mich bei meiner Arbeit unterstützt haben, herzlich

danken. Zuallererst vielen Dank an Frau Prof. Dr. Rockstroh und Herrn Prof. Dr. Elbert für

die Unterstützung, Betreuung und Begutachtung der Diplomarbeit.

Außerdem danke ich allen Patienten sowie ihren Angehörigen für ihre motivierte Teilnahme

und ihr großes Engagement. Die Arbeit mit ihnen hat mir viel Freude bereitet.

Mein ganz besonderer Dank gilt an dieser Stelle Dr. Marcus Meinzer. Vielen Dank für die

über den üblichen Rahmen hinausgehende Begleitung, die fachliche Unterstützung, deine

Geduld, die vielen Ermutigungen und Anregungen, die konstruktive Zusammenarbeit und das

mehrfache Korrekturlesen.

Danke auch an Daniela Djundja und Dr. Gabriela Barthel für die Unterstützung bei der

Durchführung der Diagnostik und Therapie, die aufmunternden Worte und dass ihr mir

jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung standet.

Schließlich danke ich allen anderen, die mich während dieser Zeit unterstützt und begleitet

haben, ganz besonders meiner Familie.

Page 3: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 1

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ............................................................................. 3 Tabellenverzeichnis.................................................................................. 4 1. Einleitung ......................................................................................... 5 2. Aphasie............................................................................................. 7

2.1 Definition...................................................................................... 7 2.2 Klassifikation ................................................................................ 7 2.3 Ätiologie und Lokalisation .............................................................. 9 2.4 Prävalenz .................................................................................... 11 2.5 Verlauf ....................................................................................... 11 2.6 Diagnose und Differentialdiagnose ................................................. 12 2.7 Prognose ..................................................................................... 13

3. Therapie ......................................................................................... 15 3.1 Methoden der Sprachtherapie......................................................... 15

3.1.1 Der sprachsystematische Ansatz.......................................................................15 3.1.2 Der kommunikative (oder pragmatische) Ansatz .............................................16

3.2 Eine neue Methode sprachtherapeutischer Intervention basierend auf neurowissenschaftlichen Erkenntnissen: Die Constraint-Induced Aphasia Therapy (CIAT) ............................................................................................. 17

3.2.1 Grundprinzipien der Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT)............17 3.2.2 Umsetzung der CI-Prinzipien im Rahmen von Aphasietherapie......................19 3.2.3 Die Behandlungsmethode CIAT.......................................................................20

3.3 Therapieeffizienz ......................................................................... 22 3.4 Aphasietherapie durch Laien.......................................................... 26 3.5 Realisierung der CIAT durch Laientherapeuten ................................ 33 3.6 Ziele der Studie............................................................................ 34

4. Hypothesen..................................................................................... 35 5. Methoden ....................................................................................... 36

5.1 Stichprobe................................................................................... 36 5.2 Therapiegruppen .......................................................................... 39

5.2.1 CIAT Kontrollgruppe........................................................................................39 5.2.2 CIAT Angehörige .............................................................................................39 5.2.3 Besonderheit der Durchführung bei Patient 4...................................................40

5.3 Abhängige Variablen .................................................................... 41 5.3.1 Aachener Aphasie Test (AAT) .........................................................................41 5.3.2 Freies Interview ................................................................................................42

5.4 Statistische Analyse...................................................................... 42 6. Ergebnisse ...................................................................................... 44

6.1 Einzelfallsignifikanzen AAT ................................................................... 44

Page 4: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 2

6.2 Gruppenvergleich AAT................................................................. 47 6.3 Freies Interview ........................................................................... 50

7. Diskussion...................................................................................... 52 7.1 Wirksamkeit der Constraint-Induced Aphasia Therapy ...................... 52 7.2 Umsetzbarkeit der CIAT durch Laientherapeuten ............................. 55

7.2.1 Wirksamkeit der Laientherapie.........................................................................55 7.2.2 Akzeptanz der Laientherapie ............................................................................57

8. Zusammenfassung.......................................................................... 62 Literaturverzeichnis................................................................................ 64 Anhang................................................................................................. 70

Page 5: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 3

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Beispiel für „Constraint“ im Rahmen der CIMT……………………………..18

Abbildung 2 CIAT-Setting…………………………………………………………………22

Abbildung 3 Durchschnittliche Veränderung der Profilscores des AAT

im Rahmen der Therapie für beide Behandlungsgruppen…………...……….47

Abbildung 4 Signifikante Verbesserungen im Rahmen der Therapie in

den Untertests des AAT für beide Behandlungsgruppen…………………….48

Page 6: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 4

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Einflussfaktoren auf die Rückbildung aphasischer Syndrome

(aus Tesak 2001)………………………………………………………………….14

Tabelle 2 Empirische Studien zu Sprachtherapieangeboten durch Laien……….………….30

Tabelle 3 Klinische und demographische Variablen der Behandlungsgruppen…………….37

Tabelle 4 Zusammenfassung demographischer und klinischer Variablen……………...…..38

Tabelle 5 Anzahl von Patienten mit signifikanter Verbesserung in mindestens

einem Untertest oder mindestens einer Subskala des AAT

(N = Anzahl der Patienten)……………………………………………………….44

Tabelle 6 Gesamtanzahl der Untertests bzw. Subskalen des AAT, in denen

nach der Therapie Verbesserungen auftraten

(N = Anzahl der Untertests bzw. Subskalen)……………………………………..45

Tabelle 7 Anzahl der Patienten mit Verbesserungen in den einzelnen Untertests

bzw. Subskalen des AAT (N = Patienten)……………………..…………………45

Tabelle 8 Leistung im AAT für beide Behandlungsgruppen vor (prä) und

nach (post) der Therapie (T-Werte, einseitige Testung) mit

Einzelfallsignifikanzen…………………………………………………………...46

Tabelle 9 Verbesserungen in den Untertests des AAT im Rahmen der Therapie

innerhalb der Behandlungsgruppen (T-Werte, einseitige Testung)………………49

Tabelle 10 Haupteffekte und Interaktionen in den Untertests des AAT im Rahmen

der Therapie (T-Werte, einseitige Testung)………………………………………49 Tabelle 11 Verbesserungen in den Untertests des AAT im Rahmen der Therapie

innerhalb der Behandlungsgruppen (Rohwerte, einseitige Testung)……………..50

Tabelle 12 Haupteffekte und Interaktionen in den Untertests des AAT im Rahmen der

Therapie (Rohwerte, einseitige Testung)…………………………………………50

Page 7: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 5

1. Einleitung Jährlich treten bei etwa 24 000 Menschen in Deutschland infolge eines Schlaganfalls

Aphasien auf (Inzidenzrate). Die Gesamtzahl der Personen mit Aphasie nach einem

Schlaganfall zu jedem gegebenen Zeitpunkt (Punktprävalenz) beträgt in Deutschland 80 000.

Werden auch andere ätiologische Ursachen von Aphasien wie beispielsweise Tumore,

Schädel-Hirn-Traumata und Hirnentzündungen berücksichtigt, ergibt sich eine Gesamtzahl

von ca. 85 000 – 100 000 Patienten mit erworbenen Sprachstörungen (Huber et al. 2000).

Die ersten Monate nach einem Schlaganfall werden als Akutphase bezeichnet. Danach spricht

man vom chronischen Stadium, in dem keine weiteren spontanen Verbesserungen der

Symptomatik mehr erwartet werden. Die Patienten profitieren jedoch weiterhin von

sprachtherapeutischer Intervention. Eine wichtige Voraussetzung erfolgreicher Aphasie-

Therapie vor allem im chronischen Stadium scheint eine hohe Intensität zu sein (zum

Überblick: Boghal et al. 2003). Insbesondere in jüngster Zeit konnten verschiedene Studien

die Wirksamkeit hochintensiver Behandlungskonzepte nachweisen (Pulvermüller et al. 2001

Meinzer et al. 2005, Barthel 2005).

Im Rahmen der neurologischen Rehabilitation ist eine derart intensive Therapie jedoch

angesichts von Kapazitätsproblemen bei der Zuteilung von Ressourcen für

Rehabilitationsmaßnahmen meist nicht zu realisieren. In der Folge können viele Patienten vor

allem in späteren Phasen der Erkrankung keine optimale sprachtherapeutische Betreuung

erhalten. Die traditionelle Behandlung in diesem Stadium umfasst im Allgemeinen maximal

ein bis zwei Stunden Logopädie pro Woche. Nach den aktuellen Leitlinien der Deutschen

Gesellschaft für Neurologie (DGN) zur Behandlung aphasischer Syndrome soll

Sprachtherapie jedoch möglichst täglich, mindestens aber dreimal wöchentlich stattfinden.

Intensive Intervallbehandlungen werden auch mehr als zwölf Monate nach dem Schlaganfall

empfohlen (Ziegler et al. 2006).

Vor diesem Hintergrund scheint es notwendig, für die Rehabilitation von Patienten mit

chronischer Aphasie neben intensiven klinischen Maßnahmen vermehrt außerklinische

Ressourcen einzubeziehen. Einen potentiell wichtigen Faktor stellen Angehörigen dar, da sie

die meiste Zeit mit den Betroffenen verbringen und, da sie persönlich involviert sind, meist

außerordentlich motiviert sind, sich aktiv an der Therapie zu beteiligen. Das Zurückgreifen

auf angelernte Laien-Therapeuten könnte eine Lösung des Widerspruchs der Notwenigkeit

Page 8: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 6

intensiver Therapie auf der einen Seite, der jedoch eingeschränkten Ressourcen im

Gesundheitssystem auf der anderen Seite darstellen.

Bisher existiert in Deutschland jedoch kein Therapiemodul, das sich effektiv im Rahmen

eines ökonomischen und motivational günstigen Gruppensettings von Laien nach kurzer

Einarbeitungszeit umsetzen lässt.

Diese Voraussetzungen erfüllt die Constraint-Induced Aphasia Therapy (CIAT). Das

Intensivtraining (drei Stunden pro Tag an zehn aufeinander folgenden Tagen) basiert auf

lerntheoretischen und neuropsychologischen Prinzipien. Im Rahmen von kommunikativen

Sprachspielen im Gruppensetting können mehrere Patienten gleichzeitig trainiert werden.

Aufgrund der klar definierten Regeln und manualisierbaren therapeutischen Verhaltensweisen

erscheint es möglich, dass sich das Training im nicht-professionellen Umfeld umsetzen und

als ökonomische Ergänzung konventioneller Sprachtherapie evaluieren lässt.

In der vorliegenden Pilotstudie soll die Anwendbarkeit und Effizienz der Constraint-Induced

Aphasia Therapy als therapeuten-unabhängiges Zusatzmodul zu konventioneller

Sprachtherapie durch geschulte nicht-professionelle Therapeuten geprüft werden. Dabei

werden die Ergebnisse von Patienten, die von Angehörigen trainiert werden, mit solchen, die

dieselbe Sprachtherapie von erfahrenen Therapeuten erhalten, anhand eines standardisierten

Sprachtests (Aachener Aphasie Test) verglichen.

Page 9: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 7

2. Aphasie

2.1 Definition

Aphasien sind erworbene Sprachstörungen infolge einer Hirnschädigung (z.B. Schlaganfall,

Schädel-Hirn-Trauma) nach abgeschlossenem Spracherwerb. Linguistisch werden Aphasien

als Beeinträchtigung der verschiedenen Elemente des Sprachsystems (Phonologie, Lexikon,

Syntax und Semantik) definiert. Die Störungen betreffen in der Regel, wenn auch mit

unterschiedlicher Gewichtung sowohl die Sprachproduktion, d.h. die expressiven

Sprachfertigkeiten (Sprechen und Schreiben) als auch das Sprachverständnis, d.h. die

rezeptiven sprachlichen Modalitäten (Verstehen und Lesen). Diese einzelnen Bereiche

können in unterschiedlichen Ausprägungen und Schweregraden gestört sein. Die

Beeinträchtigungen führen meist zu einem Verlust effektiver verbaler Kommunikation.

Allgemeine kommunikative Fähigkeiten, wie beispielsweise das Wissen, wie man sich bei

einer sprachlichen Kommunikation verhält, bleiben jedoch generell erhalten. Auch

differenziertes Denken und Wahrnehmen sind grundsätzlich möglich (Bucher et al. 1997).

Die Beeinträchtigung der Kommunikationsfähigkeit führt häufig zu sozialer Isolation der

Betroffenen. Sie ist mit einem erheblichen Handicap im familiären und sozialen Leben

verbunden, stellt häufig eine große Belastung auch für die Angehörigen dar sowie ein

bedeutendes Hindernis für die berufliche Wiedereingliederung. In der Folge können

psychiatrische Komorbiditäten wie Depressionen und Angststörungen auftreten (Huber et al.

2000).

2.2 Klassifikation

Für die klinische Beschreibung der Symptomatik sind vereinfachende

Klassifikationsschemata zweckmäßig. Die heutzutage gängigste Klassifikation stammt von

Poeck (1983). Dabei werden vier Standardsyndrome der Aphasie (Broca-Aphasie, Wernicke-

Aphasie, amnestische Aphasie und globale Aphasie) sowie vier Nicht-Standardsyndrome

(Leitungsaphasie, transkortikal-motorische Aphasie, transkortikal-sensorische Aphasie und

gemischt-transkortikale Aphasie) unterschieden. Mit diesem Schema ist eine

Syndromzuweisung bei 80-90% der Patienten möglich (Huber et al. 1997).

Bei der Broca-Aphasie (früher auch als expressive oder motorische Aphasie bezeichnet) ist

die Sprachproduktion bei verhältnismäßig gut erhaltenem Sprachverständnis stark

Page 10: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 8

eingeschränkt. Das Sprechen ist deutlich verlangsamt und mit erheblicher Sprechanstrengung,

undeutlicher Artikulation und gestörter Prosodie verbunden. Der Sprachfluss ist

eingeschränkt. Ein weiteres Leitsymptom ist Agrammatismus, bei dem die grammatikalische

Struktur der Sätze auf einzelne Inhaltswörter reduziert ist. Zudem werden häufig Wörter

durch phonematische Paraphasien verändert. Dabei werden einzelne Laute oder Silben

ausgelassen, umgestellt oder ersetzt (z.B. Spille statt Spinne). Die Kommunikation ist schwer

bis mittelgradig gestört.

Die Leitsymptome der Wernicke-Aphasie (früher auch als sensorische oder rezeptive Aphasie

bezeichnet) sind ein meist stark eingeschränktes Sprachverständnis, Paragrammatismus,

zahlreiche phonematische und semantische Paraphasien (Wortverwechslungen wie z.B. Bett

statt Schrank), Neologismen (Wortneuschöpfungen) bis hin zum phonematischen Jargon

(völlige Unverständlichkeit der Sprache). Der Satzbau ist stark gestört, es kommt häufig zu

Satzabbrüchen und Satzverschränkungen. Sprachmelodie, Phrasenlänge und

Sprechgeschwindigkeit sind meist unbeeinträchtigt. Der Sprachfluss ist unauffällig, teilweise

jedoch überschießend (Logorrhö). Die Kommunikation ist bei Jargon schwer, sonst schwer

bis mittelgradig gestört.

Die leichteste Form der Aphasien ist die amnestische Aphasie, die oft das Endstadium im

Rahmen der sprachlichen Rehabilitation, ausgehend von einer Broca- oder Wernicke-Aphasie

ist. Sie zeichnet sich vor allem durch Wortfindungsstörungen aus. Diese werden meist durch

Ersatzstrategien (z.B. Nennen von Oberbegriffen, Beschreiben von Eigenschaften)

kompensiert. Es treten auch einige phonematische und semantische Paraphasien auf, wobei

letztere meist einen engeren Bezug zum Zielwort haben (z.B. Messer statt Gabel). Der

Sprachfluss ist unauffällig, es kommt jedoch häufig zu Suchverhalten und Satzabbrüchen. Die

Satzbildung ist überwiegend korrekt und das Sprachverständnis nur geringfügig

beeinträchtigt. Die Kommunikation ist mittelgradig bis leicht gestört.

Die globale Aphasie (auch Totalaphasie genannt) stellt die schwerste Form der Aphasien dar.

Sie betrifft alle Bereiche der Sprache. Sprachproduktion und Sprachverständnis sind stark

beeinträchtigt. Sprachliche Äußerungen sind durch die starke Sprechanstrengung und die

schlechte Artikulation schwer verständlich. Der Wortschatz ist gering, es treten viele

Sprechautomatismen und Stereotypien auf. Dabei werden Floskeln situationsunabhängig

perseveriert. Der Sprachfluss ist stark eingeschränkt, die Kommunikation schwer gestört. Bei

Page 11: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 9

vielen Patienten ist jedoch die Intonation erhalten, mit Hilfe derer Betroffene ihren

Gesprächspartnern ihre kommunikativen Ziele verdeutlich können.

Das charakteristische Kennzeichen der Leitungsaphasie ist das im Vergleich zu den anderen

sprachlichen Leistungen unverhältnismäßig stark beeinträchtigte Nachsprechen. Bei gut

erhaltenem Sprachverständnis entspricht die Sprachproduktion einer Wernicke-Aphasie mit

vielen phonematischen Paraphasien. Die verbale Merkspanne ist stark reduziert. Der

Sprachfluss zeichnet sich durch häufiges phonematisches Suchverhalten aus. Die

Kommunikation ist mittelgradig gestört.

Eine ausgeprägte Neigung zu Perseverationen und Echolalie charakterisieren die

transkortikal-sensorische Aphasie. Spontansprache und Sprachverständnis entsprechen der

Wernicke-Aphasie: Der Sprachfluss ist unauffällig, das Verstehen jedoch eingeschränkt.

Patienten können häufig komplexe Sätze nachsprechen, ohne deren Sinn zu verstehen.

Die transkortikal-motorische Aphasie zeichnet sich durch einen stark eingeschränkten

Sprachfluss bei gutem Sprachverständnis aus. Spontansprache tritt kaum oder gar nicht auf.

Lautes Lesen ist jedoch möglich.

Der Sprachfluss bei der gemisch-transkorikalen Aphasie ist bei schlechtem Sprachverständnis

stark beeinträchtigt.

Bei allen drei transkortikalen Aphasien ist das Nachsprechen gut erhalten. Die

Kommunikation ist bei allen Formen mittelgradig bis schwer gestört.

2.3 Ätiologie und Lokalisation

Aphasien werden von einer Schädigung des zentralen Nervensystems (ZNS) verursacht, bei

der die Sprachregionen des Gehirns betroffen sind. Inzwischen geht man allerdings nicht

mehr davon aus, dass Aphasien nur durch Verletzungen in den „klassischen“ Spracharealen,

der Broca- und Wernicke-Region sowie ihrem verbindenden Fasterstrang, entstehen können,

sondern auch durch Schädigungen in anderen Hirnregionen (Huber et al. 2000).

Das „Sprachzentrum“ setzt sich aus verschiedenen miteinander vernetzten sprachrelevanten

Regionen zusammen. Dieses Netzwerk liegt bei etwa 90% der Menschen größtenteils in der

linken Großhirnhemisphäre und beinhaltet in erster Linie die perisylvische Kortexregion

einschließlich der Inselrinde sowie subkortikale Strukturen (Thalamus, Basalganglien).

Page 12: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 10

Zudem sind an bestimmten Sprachfunktionen (z.B. Prosodie Aspekte, Hörverständnis) auch

rechtshemisphärische Bereiche beteiligt.

Aphasien werden u.a. von Schlaganfällen, traumatischen Schädigungen, Hirntumoren sowie

entzündlichen oder degenerativen Erkrankungen des Gehirns verursacht (Tesak 2001).

Intermittierende oder dauerhafte aphasische Störungen können auch bei einem Anfallsleiden

auftreten (Chung et al. 2002). Rund 80% aller Aphasien sind Folge eines zerebralen

Gefäßinsults (Schlaganfall). Unter Schlaganfall versteht man eine „plötzlich auftretende,

blutgefäßbedingte Störung der Hirnfunktionen“ (Peuser & Winter 2000). Unterschieden

werden hierbei ischämische und hämorrhagische Infarkte. Bei einem ischämischen Insult

kommt es zu einem Verschluss der versorgenden Blutgefäße, z.B. durch eine Thrombose oder

Embolie. Infolge der Durchblutungsstörung stirbt Hirngewebe ab. Ein hämorrhagischer Insult

entsteht durch Hirnblutungen aufgrund eines Gefäßrisses (Peuser & Winter 2000).

Die Läsion, die zu Aphasien führt, liegt meist im Versorgungsbereich der Arteria media

cerebralis der sprachdominanten Hirnhälfte. Bei Rechtshändern ist fast ausnahmslos die linke

Hemisphäre sprachdominant, ebenso bei über 60 % der Linkshänder. Eine so genannte

gekreuzte Aphasie (crossed aphasia), d.h. eine Aphasie nach rechtshemisphärischer Läsion

bei Rechtshändern, ist sehr selten (Schnider 1997).

Folge einer längeren Unterbrechung der Durchblutung einer Hirnregion ist der irreversible

Zelltod in den betroffenen Bereichen. Die Funktion vorübergehend beeinträchtigter Gebiete

vor allem in direkter Nähe der Läsion kann jedoch wiederhergestellt werden. Es können

allerdings auch dauerhafte Funktionsstörungen als Folge toxischer Prozesse während der

anfänglichen Blutunterversorgung auftreten. Auch weit von der unmittelbaren Schädigung

entfernte Bereiche können in Mitleidenschaft gezogen werden. So kann eine geschädigte

Sprachkomponente mehrere mit ihm vernetzte Elemente funktional beeinträchtigen (Huber et

al. 2000).

Page 13: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 11

2.4 Prävalenz

Bei etwa 25-38% der Patienten, die einen Schlaganfall erleiden, tritt in der Folge eine

Aphasie auf, mehr als die Hälfte dieser Patienten leidet unter einer schweren Aphasie. Bei

mehr als 40% der Patienten bleibt die Symptomatik auch Jahre nach dem Schlaganfall in

unterschiedlichem Ausmaß bestehen (Pedersen et al. 1995).

Die Punktprävalenz zerebrovaskulär bedingter Aphasien wird in Deutschland auf ungefähr

80 000 geschätzt, d.h. zu jedem gegebenen Zeitpunkt leiden ca. 80 000 Patienten nach einem

Schlaganfall an Aphasie, was etwa einem Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Die

jährliche Inzidenz neu auftretender und anhaltender Aphasien infolge eines Schlaganfalls

beträgt rund 24 000.

Werden auch andere ätiologische Ursachen von Aphasien wie beispielsweise Tumore,

Schädel-Hirn-Traumata und Hirnentzündungen berücksichtigt, ergibt sich eine Gesamtzahl

von ca. 85 000 – 100 000 Patienten mit erworbenen Sprachstörungen (Huber et al. 2000).

2.5 Verlauf

Art und Ausmaß von aphasischen Störungen verändern sich im Verlauf. Bei vaskulär

bedingten Aphasien spricht man in den ersten vier bis sechs Wochen nach einem Schlaganfall

von der sog. Akutphase. Auch ohne therapeutische Intervention kann bei den meisten

Patienten in diesem Stadium eine deutliche Symptomverbesserung (Spontanremission)

beobachtet werden. Bei etwa einem Drittel der Patienten bildet sich in dieser Phase die

Symptomatik weitgehend zurück. Nach den ersten Wochen nimmt das Ausmaß der spontanen

Rückbildung immer mehr ab, die Symptomatik stabilisiert sich und es bilden sich

verschiedene relativ beständige aphasische Syndrome heraus (siehe 2.2). Nach vier Monaten

kommt es bei weiteren elf Prozent, nach sieben Monaten nur noch bei zusätzlichen sieben

Prozent der Patienten zu einer vollständigen Remission (Poeck 1983). Diese Phase (drei bis

sechs Monate nach dem Ereignis) wird im Allgemeinen als postakut bezeichnet. Unter den

initial aphasischen Patienten bilden sich bei 44% der nach sechs Monaten noch Überlebenden

die Aphasie komplett zurück (Pedersen et al. 1995).

Sechs bis zwölf Monate nach dem Ereignis ist die Spontanremission weitgehend

abgeschlossen, die Aphasie wird als chronisch bezeichnet. Spätestens nach zwölf Monaten

Page 14: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 12

setzten weitere Verbesserungen nicht mehr spontan ein, können jedoch durch

sprachtherapeutische Intervention auch im chronischen Stadium der Aphasie, d.h. auch Jahre

nach dem Schlaganfall noch erzielt werden (Robey 1998). Bei mehr als 40% aller Patienten

bleibt die Symptomatik jedoch auch Jahre nach dem Schlaganfall in unterschiedlichem

Ausmaß bestehen (Pedersen et al. 1995).

2.6 Diagnose und Differentialdiagnose

Nach Wallesch et al. (1992) ist in der Akutphase eine verlässliche Diagnose von Art und

Ausmaß der Aphasie meist nicht möglich. Stattdessen kann jedoch die sprachliche

Stimulierbarkeit der Patienten, beispielsweise mit dem Aachener Aphasie Bedside Test

(AABT, Biniek 1993) bestimmt werden. Gegen Ende der Akutphase bilden sich schließlich

relativ stabile klinische Syndromausprägungen heraus. Spätestens dann ist eine ausführlichere

neurolinguistische Diagnostik notwendig.

Zur Diagnostik der Beeinträchtigungen sprachlicher Fähigkeiten werden zunächst aphasische

von anderen Störungen, vor allem der Sprechmotorik (Dysarthrien [Störung der Ausführung]

und Sprechapraxie [Störung der Planung]) differentialdiagnostisch abgegrenzt. Dies erfolgt

durch ihre spezifischen sprachsystematischen Merkmale. Bei Dysarthrien ist die

Sprechmuskulatur betroffen. Charakteristisch sind die langsamen, schwachen und

unkoordinierten Bewegungen sowie der veränderte Muskeltonus. Neben Artikulation sind

auch Phonation und Sprechatmung beeinträchtigt. Bei der Sprechapraxie dagegen ist die

Funktion der Sprechorgane nicht betroffen, dennoch tritt artikulatorisches Suchverhalten auf

(Huber et al. 2000).

Daneben müssen Aphasien von zentral bedingten Störungen der Hörwahrnehmung,

Kommunikationsstörungen bei Verwirrtheitszuständen, Demenz, dysexekutivem Syndrom

(Frontalhirnsyndrom) sowie von organischen Psychosen abgegrenzt werden (Huber et al.

1997).

Einen Anhaltspunkt zur Bestimmung des anfänglichen Schweregrads liefert der Token Test

des Aachener Aphasie Tests (AAT, Huber et al. 1983). Differenziertere Aussagen zum

Schweregrad der Störung in den verschiedenen sprachlichen Modalitäten (Sprechen, Lesen,

Schreiben, Verstehen) können durch die anderen Untertests des Aachener Aphasie Tests ermittelt werden. Dieser liefert einen psychometrisch fundierten Nachweis des Vorliegens

Page 15: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 13

einer Aphasie, eine Syndromklassifikation und eine Schweregradbestimmung. Der Aachener

Aphasie Test dient ferner einer zuverlässigen Erfassung der Veränderungen des

Störungsbildes im Verlauf. Verkürzte Screening-Verfahren können orientierenden Aufschluss

über das Vorliegen und den Schweregrad einer Aphasie ergeben, allerdings ohne die

erforderliche psychometrische Absicherung (z. B. Koller et al. 1990, Kalbe et al. 2002).

Die Diagnostik der psychosozialen Auswirkungen einer Aphasie erfordert Verfahren zur

Erfassung der kommunikativen Fähigkeiten und Strategien eines Patienten im Alltag und der

Konsequenzen für die berufliche bzw. schulische Leistungsfähigkeit. Dazu zählen in erster

Linie Verhaltensproben und ADL-Listen (Activities of daily living) sowie Fragebögen zur

Fremd- und Selbstbeurteilung (Glindemann et al. 2002, Bongartz 1998).

2.7 Prognose

Zur Zeit wird in der Literatur der Einfluss vieler Faktoren auf den zu erwartenden

Rehabilitationsverlauf diskutiert. Zu vielen Aspekten bestehen jedoch noch widersprüchliche

Meinungen. Kein Faktor hat zudem eine hinreichende Vorhersagegenauigkeit, der eine

individuelle Prognose bei einem einzelnen Patienten erlaubt. Es handelt sich lediglich um

statistische Tendenzen.

Nach Basso (1992) zählen zu den wichtigsten Prädiktoren für eine Besserung der aphasischen

Symptomatik der anfängliche Schweregrad der Aphasie sowie Größe und Lokalisation der

Hirnläsion. Laut Heiss et al. (1993) sind ischämisch bedingte Läsionen im Versorgungsgebiet

der linken mittleren Hirnarterie mit einem größeren Volumen als 100 cm3 ein sicherer

Indikator für das Bestehen einer schweren Aphasie und ein negativer prognostischer Faktor.

Verschiedene Studien weisen zudem auf die Bedeutung funktioneller Aktivierung im Bereich

der linken superior-temporalen Region hin. Die Reaktivierung linkstemporaler primärer

Sprachareale geht dabei mit deutlicheren Verbesserungen einher (Heiss et al. 2003, Karbe et

al. 1995). Die Aktivierung sekundärer linkstemporaler Sprachareale und kontralateraler

Bereiche weist dagegen auf eine schlechtere Prognose hin (z.B. Cao et al. 1999, Heiss et al.

1999, Karbe et al. 1998).

In der folgenden Tabelle werden weitere potentiell relevante Einflussgrößen auf den Ausgang

der Erkrankung dargestellt.

Page 16: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 14

Tabelle 1 Einflussfaktoren auf die Rückbildung aphasischer Syndrome (aus Tesak 2001)

Positive Prognose Negative Prognose 1. Merkmale der

Hirnschädigung

• Kleine Läsion • Anteriore Läsion • Traumatische Ätiologie

• Umschriebene Hirnschäden

• Reaktivierung linkstemporaler Sprachareale

• Kurze Zeit nach dem Ereignis

• Große Läsion • Posteriore Läsion • Zerebro-vaskuläre

Ätiologie • Diffuse Hirnschäden

• Kompensatorische

rechtshemisphärische Aktivierung

• Längere Zeit nach dem Ereignis

2. Kennzeichen der Sprachstörung

• Verständliche Sprachäußerungen, gutes Verstehen

• Geringer Schweregrad • Wenige Automatismen • Sprachtherapie

• Unverständliche Sprachäußerungen (Jargon), schlechte Verstehensleistung

• Hoher Schweregrad • Viele Automatismen • Keine Sprachtherapie

3. Eigenschaften des Patienten

• Komorbiditäten (z.B. Gedächtnis)

• Keine Depression • Weibliches Geschlecht • Linkshänder • Hoch motiviert • Familiäre Unterstützung • Hohe prämorbide

Intelligenz, hohe Schulbildung (> 12 Jahre)

• Jünger (< 50 Jahre)

• Keine Komorbiditäten • Depression • Männliches Geschlecht • Rechtshänder • Wenig motiviert • Kaum familiäre

Unterstützung • Niedrige prämorbide

Intelligenz, geringe Schulbildung (< 12 Jahre)

• Älter (> 50 Jahre)

Page 17: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 15

3. Therapie Primäres Ziel der Therapie von Aphasien ist die Verbesserung der Sprachfertigkeiten und der

Kommunikationsfähigkeit im Alltag. Es existiert eine große Vielfalt verschiedener

Therapieformen, die versuchen, dieses Ziel zu erreichen. So konzentrieren sich traditionelle

sprach-orientierte Ansätze auf das Training spezifischer Defizite (z.B. Stimulation durch

verschiedene Hilfsmittel [Schuell 1974, Duffy 1986, Shewan & Bandur 1986]).

Neuropsychologische oder neurolinguistische Ansätze wenden dagegen

informationsverarbeitende Modelle für die Diagnose und Behandlung von Sprachstörungen

an (Nickels 2002). Andere Ansätze wiederum konzentrieren sich auf kompensatorische

Strategien (z.B. Reduced Syntax Therapy, REST [Schleck et al. 1995]) oder auf Strategien,

die die Kommunikation zwischen Patient und Angehörigen über verbale oder nonverbale

Mittel verbessern sollen (Bongartz 1998).

Im Folgenden werden die zwei Hauptgruppen, in die sich die verschiedenen Therapieansätze

vereinfacht einteilen lassen, kurz vorgestellt.

3.1 Methoden der Sprachtherapie

Vereinfacht können die verschiedenen Methoden der Sprachtherapie zwei großen Subgruppen

zugeordnet werden: sprachsystematischen und kommunikativen Therapieformen

(Pulvermüller et al. 1992). Im Gegensatz zu sprachsystematischen Therapien wird im

Rahmen kommunikativer Therapieformen der funktionale Sprachgebrauch, d.h. die

Verwendung von Sprache im Alltag, geübt.

3.1.1 Der sprachsystematische Ansatz

Bei diesem Ansatz sollen durch sprachsystematische Wiederholungsübungen die betroffenen

Sprachstrukturen im Gehirn wieder aufgebaut werden. Dabei werden die einzelnen

betroffenen sprachlichen Fähigkeiten wie Nachsprechen, Lesen, Schreiben oder Benennen

trainiert, jedoch nicht primär hinsichtlich ihrer Anwendung im Alltag. Die

Sprachbehandlungen sind somit v.a. defizitorientiert, wobei der Kontext, in dem die

sprachlichen Einheiten verwendet werden, oftmals vernachlässigt wird. Ein generelles

Problem beim Training von isolierten Sprachhandlungen besteht allerdings vor allem in der

oft fehlenden Generalisierung der Trainingseffekte in die alltägliche Kommunikation.

Page 18: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 16

Deshalb gibt es vermehrt Bemühungen, Sprachinterventionen der alltäglichen

Kommunikation anzupassen. Grundprinzip dieser pragmatischen oder kommunikativen

Therapien, die im Folgenden dargestellt werden, besteht darin, dass die Sprechhandlungen,

die in der Therapie geübt werden, alltäglicher Kommunikation ähneln.

3.1.2 Der kommunikative (oder pragmatische) Ansatz

Das Hauptziel kommunikativer bzw. pragmatischer Verfahren der Sprachtherapie besteht in

der Minderung der kommunikativen Beeinträchtigungen der Erkrankung und der

Verbesserung der Fähigkeit des Patienten, sich im Alltag zu verständigen. Der direkte Bezug

zu alltagsrelevanten Sprachhandlungen wird hergestellt, indem die Verwendung einzelner

Sprachelemente im Leben des Patienten außerhalb des Sprachtrainings, d.h. der funktionale

Sprachgebrauch berücksichtigt wird. Die Patienten sollen in der Therapie

Kommunikationshandlungen ausführen, die für den alltäglichen Sprachgebrauch von

Bedeutung sind. Dabei werden sowohl sprachliche als auch nicht-sprachliche Mittel

(Prosodie, Gestik, Mimik) eingesetzt. Zum einen werden die verbliebenen verbalen

Fähigkeiten weiter gefördert und die Kommunikation durch externe Hilfen wie Notizbücher

erleichtert, zum anderen können mangelnde Fertigkeiten kompensatorisch durch nonverbale

Kommunikationsstrategien (z.B. sprachersetzende Symbolsysteme , Zeichensprache) ersetzt

werden.

Um den Transfer des Gelernten in den Alltag zu gewährleisten, sollte das therapeutische

Setting alltäglicher Kommunikation so ähnlich wie möglich sein. Bei Pulvermüller et al.

(1991) werden einige Prinzipien kommunikativer Sprachtherapie genannt. Diese sollten

beachtet werden, um in der Therapie Situationen zu schaffen, die Alltagskommunikation

ähneln. Neben dem Setting sollte auch die Struktur der Konversation mit

Kommunikationsformen im Alltag vergleichbar sein. Das Verhältnis von Wissen und

Information zwischen den Interaktionspartnern sollte dem in alltäglichen Interaktionen

entsprechen. Zudem sollte das Ziel der Konversation sowie die damit zusammenhängenden

Strategien mit dem in alltäglicher Kommunikation übereinstimmen. Außerdem sollte der

Patient die Möglichkeit haben, die kommunikativen Handlungen wiederholt zu trainieren.

Eine Therapieform, die sich an Prinzipien kommunikativer bzw. pragmatischer

Aphasietherapie orientiert, ist die Constraint-Induced Aphasia Therapy, die im Folgenden

beschrieben wird.

Page 19: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 17

3.2 Eine neue Methode sprachtherapeutischer Intervention basierend auf

neurowissenschaftlichen Erkenntnissen: Die Constraint-Induced Aphasia

Therapy (CIAT)

Die Constraint-Induced Aphasia Therapy (im Folgenden als CIAT bezeichnet) wird zu den

kommunikativen Sprachtherapien gezählt. Sie wurde aus der Kombination einer Therapie

motorischer Bewegungsstörungen nach Schlaganfall (Constraint-Induced Movement

Therapy, CIMT, Überblick siehe Taub et al. 2002) und Grundideen kommunikativer

Sprachspiele (Pulvermüller 1990) entwickelt.

3.2.1 Grundprinzipien der Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT)

Die Constraint-Induced Movement Therapy (im Folgenden als CIMT bezeichnet) ist ein

Ansatz zur Behandlung chronischer motorischer Funktionsbeeinträchtigungen bei

Schlaganfallpatienten. Die CIMT besteht aus mehreren Techniken zur

Verhaltensmodifikation, die auf der Grundlage des operanten Konditionierens beruhen

(Überblick siehe Taub et al. 2002).

Grundlage ist das Konzept des „gelernten Nichtgebrauchs“. Nach einem Schlaganfall tritt eine

vorübergehende Bewegungsunfähigkeit als Folge des kortikalen Schocks auf. In dieser Phase

führt der Gebrauch der betroffenen Extremität zu Misserfolgen (z.B. ergriffener Teller fällt zu

Boden), wird somit „bestraft“. Nach der ersten Erholungsphase sind motorische Fähigkeiten in

einem bestimmten Umfang wieder möglich. Dennoch wird die betroffene Extremität nicht

mehr angemessen benutzt, weil gelernt wurde, dass deren Gebrauch nicht erfolgreich ist.

Gleichzeitig lernen die Patienten, dass es erfolgsversprechender ist, die gesunde Extremität zu

benutzen, deren Gebrauch wird somit belohnt. Nach den Prinzipien der kortikalen

Reorganisation werden dadurch jedoch die erhaltenen efferenten Funktionen der betroffenen

Extremität weiter abgebaut. Das Rehabilitationspotential der betroffenen Extremität wird durch

den kompensatorischen Gebrauch der gesunden Extremität eingeschränkt. Der gelernte

Nichtgebrauch steht somit einer im Rehabilitationsverlauf möglichen Verbesserung

motorischer Funktionen entgegen. Damit könnte der gelernte Nichtgebrauch bei Menschen

nach einem Schlaganfall für chronische motorische Bewegungsstörungen verantwortlich sein.

Die CIMT hilft den Patienten, ihre lerntheoretisch bedingte Bewegungsunfähigkeit, den

gelernten Nichtgebrauch bzw. die konditionierte Unterdrückung von Bewegungen, zu

überwinden. Dabei wird der Einsatz der betroffenen Extremität durch Einschränkung der

Page 20: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 18

gesunden Gliedmaße (z.B. durch Tragen einer Schlinge, siehe Abbildung 1) erzwungen

(„constraint“). Der Gebrauch der beeinträchtigten Extremität wird nach den lerntheoretischen

Prinzipien „intensives Üben“ („massed practice“: mehrere Stunden pro Tag an zehn

aufeinander folgenden Tagen) und „shaping“ trainiert. Beim shaping werden erwünschte

Verhaltensweisen schrittweise durch zunehmende Komplexität bzw. Schwierigkeit der

Übungen erreicht. Anfangs werden einzelne Schritte honoriert. Für weitere Belohnung muss

dann eine zunehmend komplexere Leistung erbracht werden. Die therapeutischen Übungen

werden in ihrem Schwierigkeitsgrad dem Niveau des Patienten angepasst. So kann immer an

deren oberer Leistungsgrenze trainiert werden. Das Prinzip der Verhaltensrelevanz wird

durch alltagsnahe Übungen umgesetzt (z.B. Besteck benutzen).

Durch dieses an lerntheoretischen und neurowissenschaftlichen Prinzipien orientierte

Training konnten deutliche Verbesserungen der Bewegungsstörungen nach einem

Schlaganfall, auch über die Therapiesituation hinaus nachgewiesen werden (zum Überblick

siehe Taub et al. 2002). Es wird vermutet, dass die intensive afferente Stimulierung der CIMT

zu einer Reorganisation kortikaler Repräsentationsareale führt (z.B. Liepert et al. 1998 &

2000).

Abbildung 1 Beispiel für „Constraint“ im Rahmen der CIMT

Page 21: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 19

3.2.2 Umsetzung der CI-Prinzipien im Rahmen von Aphasietherapie

Die gleichen Prinzipien, die der CIMT zugrunde liegen, können auch auf Aphasien und deren

Therapie angewendet werden.

Auch hier findet das Konzept des „gelernten Nichtgebrauchs“ Anwendung: viele Patienten

können nach einem Schlaganfall nicht oder kaum sprechen. Zur Kompensation ihrer

sprachlichen Defizite nutzen sie verstärkt nonverbale Kommunikationskanäle (z.B. Gestik,

Mimik, Zeichnungen) und verwenden bei verbalen Äußerungen Formulierungen, die ihnen

wenig Mühe bereiten. Dieses Verhalten wird verstärkt, wohingegen Versuche, sich verbal

mitzuteilen, „bestraft“ werden (z.B. der Patient wird nicht verstanden). Langfristig verhindert

dies jedoch eine im Erholungsverlauf mögliche Verbesserung der Sprachfunktionen. Deshalb

sollten bei einem nach CI-Prinzipien aufgebauten Training dysfunktionale Ersatzstrategien

wie nicht-sprachliche Kommunikation weitgehend vermieden und verbal expressive Sprache

intensiv trainiert werden. Langfristig führt dies zu einer Überwindung des „gelernten

Nichtgebrauchs“ und zu einer Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit, vermutlich über

kortikale Reorganisationsprozesse (Meinzer et al. zur Publikation eingereicht).

Die Grundprinzipien „massed practice“, „constraint“, „shaping“ werden in der analog zu

CIMT entwickelten Constraint-Induced Aphasia Therapy (CIAT, Pulvermüller et al. 2001)

wie folgt umgesetzt:

1) Die Patienten trainieren an zehn aufeinander folgenden Tagen drei Stunden täglich in

Gruppen von zwei bis drei Patienten („massed practice“).

2) Kommuniziert wird über gesprochene Wörter und Sätze. Non-verbale

Kommunikation durch Zeigen einer Karte wird dagegen weitgehend unterbunden

(„constraint“)1

3) Die Anforderungen werden an das Leistungsniveau der Patienten angepasst

(„shaping“) durch:

1 Es ist darauf zu achten, dass die Einschränkungen („constraints“) nicht zu eng gehandhabt werden. Nicht jede kompensatorische non-verbale Kommunikation (z.B. Gestik) soll vermieden werden. Patienten sollen primär zu verbal expressiver Kommunikation ermutigt werden anstatt andere Kommunikationskanäle oder einfache Äußerungen, die ihnen leicht fallen, zu nutzen. So soll z.B. eine vollständige Vernachlässigung der Sprache unterbunden wird. Unterstützende non-verbale Hilfen sind jedoch erlaubt (s. auch Meinzer et al. eingereicht zur Publikation).

Page 22: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 20

a) die Schwierigkeit der Therapiematerialien (z.B. hoch- und niederfrequente

Wörter),

b) die geforderten verbalen Äußerungen (z.B. kompletter Satz,

Höflichkeitsformulierungen),

c) die Leistung, die für soziale Verstärkung (Lob) durch den Therapeuten

erforderlich ist.

3.2.3 Die Behandlungsmethode CIAT

Grundlage dieser sprachtherapeutischen Intervention ist das Karten-Hergeben-Spiel von

Pulvermüller (1990), in dem Aufforderungskommunikation systematisch und wiederholt

trainiert wird.

Die Sprachtherapie wird im Rahmen eines Kartenspiels umgesetzt. Ein Spiel besteht aus

einem Satz von 30 Karten, wobei jedes Motiv zweimal existiert. Es gibt somit 15

Kartenpaare, auf denen einfache Objekte, fotografische Abbildungen, Situationen und

schriftsprachliche Items dargestellt sind. Die Teilnehmer sitzen hinter einem Sichtschutz,

damit die Karten der Mitspieler für die anderen nicht sichtbar sind (Abbildung 2). Die Karten

werden so verteilt, dass keiner der Mitspieler zwei gleiche Karten besitzt. Ziel des Spiels ist

es, möglichst viele Kartenpaare zu sammeln. Dazu erfragt ein Teilnehmer zu einer eigenen

Karte das Gegenstück bei einem Mitspieler, ohne die Karte zu zeigen. Besitzt dieser die

Karte, antwortet er passend und übergibt sie. Hat er sie nicht, verneint er die Frage mit den

entsprechenden Worten. Im Folgenden finden sich zwei Beispiele für die verbalen

Handlungsmuster des Sprachspiels.

Beispiel 1 für einen Spielzug:

Teilnehmer 1: „Hast du das Auto?“

Teilnehmer 2: „Ja, ich habe das Auto.“

Teilnehmer 1: „Gibst du mir bitte das Auto?“

Teilnehmer 2: „Ja, ich gebe dir das Auto.“

Beispiel 2 für einen Spielzug:

Teilnehmer 1: „Ich suche einen Baum. Herr X, haben Sie den Baum?“

Teilnehmer 2: „Nein, ich habe den Baum leider nicht.“

Page 23: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 21

Entsprechend dem Grundprinzip „shaping“ variieren die geforderten verbalen Äußerungen.

Dies richtet sich nach den jeweiligen sprachlichen Fertigkeiten der Patienten. Dabei soll

immer am oberen Leistungslevel der Patienten trainiert werden. So kann anfangs bei einem

sprachlich schwer beeinträchtigten Patienten das korrekte Benennen (z.B. Buch) genügen,

später wird der Name des angesprochenen Spielers gefordert (z.B. „Peter, Buch?“) bis, wenn

möglich hin zum Bilden eines kompletten Satzes (z.B. „Peter, hast du das Buch?“). Bei

sprachlich weniger beeinträchtigten Patienten können z.B. Höflichkeitsformulierungen oder

komplexere Variationen der verbalen Handlungsmuster (z.B. „Kannst du mir bitte die Karte

mit dem blauen Auto über den Tisch reichen?“) gefordert werden. Therapieelemente aus der

herkömmlichen Sprachtherapie wie Benennen, Verstehen und Üben von neuen Äußerungen

werden auch hier trainiert. Die Therapie findet jedoch in der Gruppe statt. So kann wiederholt

ein bestimmtes verbales Verhalten im Kontext eines interaktiven und kommunikativen

Gruppensettings geübt und gefördert werden. Durch das Gruppensetting wird auch eine hohe

Alltagsrelevanz erreicht. Zwischen den Teilnehmern findet ein Informationsaustausch statt.

Durch die Spielsituation entsteht eine Interaktion, die alltäglicher Kommunikation ähnelt und

dadurch von vielen Patienten als motivierender erlebt wird als das Training isolierter

defizitärer Sprachfähigkeiten. Zudem besteht dadurch eine Kontrollmöglichkeit, ob der

angesprochene Mitspieler richtig verstanden hat, indem er die richtige Karte übergibt.

Erfolgreiche kommunikative Handlungen bieten zudem für die Patienten, für die

Kommunikation nicht mehr selbstverständlich ist, einen starken Verstärker.

Aufgabe der Therapeuten besteht darin, das Sprachspiel zu leiten, gegebenenfalls auf die

Einhaltung der Regeln hinzuweisen (z.B. einen ganzen Satz bilden), die Patienten bei

Problemen zu unterstützen (z.B. bei Wortfindungsstörungen den ersten Buchstaben vorsagen)

und durch Lob erwünschte kommunikative Handlungen zu verstärken.

Page 24: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 22

Abbildung 2 CIAT-Setting

3.3 Therapieeffizienz

Heute ist die Ansicht, dass Aphasietherapie effektiv und sinnvoll ist, allgemein akzeptiert.

Verschiedene Studien weisen deutlichere Verbesserungen sprachlicher Leistungen bei

behandelten Aphasikern im Vergleich zu Unbehandelten nach (z.B. Basso et al. 1979,

Holland et al. 1996, Poeck et al. 1989, Wertz et al. 1986). Beispielhaft werden im Folgenden

einige Studien vorgestellt.

Die Ergebnisse von zwei Metaanalysen von Robey (1994 und 1998, 21 und 55 Studien)

weisen die Wirksamkeit von Sprachtherapie im Vergleich zur Kontrollbedingung ohne

Behandlung nach. Behandelte Aphasiker erzielten im Vergleich zu unbehandelten Patienten

in allen Phasen der Rehabilitation bessere Ergebnisse. Patienten mit akuter Aphasie wiesen

zwar stärkere Verbesserungen auf als chronische Aphasiker (Effektstärken: d = 1,15 bzw. d =

0,66), dennoch sind auch in diesem Stadium noch deutliche Therapieeffekte möglich.

Denkbare Einflussfaktoren auf den Therapieerfolg sind laut Robey (1998) neben

Aphasiesyndrom und Schweregrad Art und Beginn der Therapie sowie Intensität, Dauer und

Gesamtanzahl der Therapiestunden. Mit der Therapie sollte möglichst früh nach dem Ereignis

begonnen werden. Zudem sind die Verbesserungen umso größer, je intensiver die

Behandlung ist. So ergaben im chronischen Stadium Interventionen über mindestens fünf

Stunden pro Woche größere Effektstärken als Behandlungen mit zwei bis drei Stunden

wöchentlich (d = 0,55 bzw. d = 32; Weiteres zum Einfluss von Intensität s. unten).

Page 25: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 23

Auch andere Übersichtsarbeiten belegen die Wirksamkeit von Aphasietherapie und zwar in

jeder Phase der Aphasie (z.B. Holland et al. 1996, Boghal et al. 2003). Die lange

vorherrschende Meinung, dass Sprachtherapie nur unmittelbar nach dem Ereignis sinnvoll

und effektiv ist, gilt als überholt. Verschiedene Studien belegen, dass auch im chronischen

Stadium der Erkrankung, selbst bei jahrelang bestehender Aphasie noch bedeutende

Verbesserungen durch sprachtherapeutische Behandlung möglich sind (z.B. Carlomagno et.

al. 2001, Pulvermüller et al. 2001, Aftonomos et. al. 1999, Elman & Bernstein-Ellis 1999,

Katz & Wertz 1997).

Verschiedene Untersuchungen belegen die Wirksamkeit unterschiedlicher Therapieverfahren

(z.B. sprachsystematische, kommunikationsorientierte Verfahren) sowie des therapeutischen

Settings (Einzel-, Gruppensetting) (z.B. Hinckley et al. 1998, Springer et al. 1993, Poeck et

al. 1989, Holland 1980, Aten et al. 1982).

Gruppentherapie unterscheidet sich in einigen Merkmalen von einer Einzelbehandlung und

bietet im Vergleich verschiedene Vorteile. Gruppentherapie stellt die kostengünstigere

Intervention dar, ein Aspekt, der vor dem Hintergrund der abnehmenden finanziellen Mittel

im Gesundheitssystem immer mehr an Bedeutung gewinnt. Patienten können so mit gleichem

finanziellen Aufwand mehr Therapiestunden erhalten. Zudem findet in einer Gruppentherapie

alltagsnähere Kommunikation zwischen den Teilnehmern statt. Die Möglichkeit der

Interaktion mit anderen Aphasikern erlaubt vielfältigere kommunikative Handlungen als in

einem eins-zu-eins Setting (Patient versus Therapeut), in dem nur die Kommunikation mit

einem Sprachgesunden möglich ist. So eignen sich besonders Kommunikationsübungen für

die Gruppentherapie. Zudem bietet der Kontakt mit anderen Betroffenen psychosoziale

Unterstützung (z.B. Angstabbau, Senkung der Hemmschwelle, zu sprechen). Das

Kennenlernen der Stärken und Schwächen der anderen Teilnehmer ermöglicht die

Neubewertung der eigenen verbalen Fähigkeiten. Die gegenseitige Empathie und die

Wettbewerbssituation ermutigen die Patienten zu neuen, komplexeren Sprachversuchen.

Unterstützt durch die Erfahrung, sich wieder mitteilen zu können, positives Feedback,

Anerkennung und Empathie der anderen Teilnehmer sprechen die Patienten häufig auch im

Alltag mehr. Dadurch können Rückzugstendenzen im alltäglichen Leben entgegengewirkt

und so die psychosozialen Folgen der Aphasie gemindert werden. (z.B. Bollinger et al. 1993,

Elman & Bernstein-Ellis 1999, Pulvermüller et al. 2001).

Page 26: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 24

Wie oben erwähnt, scheint ein wichtiger Faktor für Therapieerfolg, vor allem im chronischen

Stadium eine hohe Behandlungsintensität zu sein (zum Überblick: Bhogal et al. 2003).

Verbesserungen der sprachlichen Fertigkeiten finden sich vor allem bei Studien mit hoher

Behandlungsintensität innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeitbereiche (Intensität: Ø 8,8

Stunden pro Woche; Dauer: Ø 11,2 Wochen) im Vergleich zu wenig intensiver, zeitlich

ausgedehnter Therapie (Intensität: Ø 2 Stunden pro Woche; Dauer: Ø 22,9 Wochen) (Bhogal

et al. 2003). Verschiedene Studien variieren jedoch zum Teil beträchtlich bezüglich der

Angaben zu Intensität und Therapiedauer. Einige Autoren halten eine verhältnismäßig lange

Dauer der Intervention (mehrere Monate) für nötig (Robey 1994, Holland 1996, Basso et al.

2001, Bhogal et al. 2003). Wie im Folgenden dargestellt wird, zeigen dagegen aktuelle

Untersuchungen, dass Verbesserungen schon innerhalb eines kurzen Zeitraums erreicht

werden können:

Eine Studie von Pulvermüller et al. (2001) belegt die Überlegenheit eines massierten

Trainings gegenüber einer zeitlich gestreckten Therapie. Es traten deutlichere

Verbesserungen der Sprachfertigkeiten bei intensivem Training innerhalb von zwei Wochen

auf als mit derselben Therapiestundenanzahl über einige Wochen ausgedehnt. An dieser

Studie nahmen 17 Patienten mit chronischer Aphasie (mindestens zwölf Monate nach dem

Ereignis) teil und wurden zufällig einer von zwei Gruppen zugeordnet. Die Patienten der

Experimentalgruppe erhielten Constraint-Induced Aphasia Therapy (CIAT). Die

Kontrollgruppe bekam eine logopädische Standardbehandlung mit vergleichbarer

Gesamtstundenzahl. Allerdings erhielten die Patienten der CIAT-Gruppe die Therapie

massiert innerhalb von zwei Wochen, die Therapiestunden der Standardtherapie waren

dagegen über einen längeren Zeitraum (drei bis fünf Wochen) ausgedehnt. Die Patienten

beider Gruppen verbesserten sich signifikant im Aachener Aphasie Test (AAT). In der CIAT-

Gruppe wurden signifikant mehr Verbesserungen als in der Kontrollgruppe nachgewiesen.

Zudem wurde über vermehrte Alltagskommunikation, gemessen mit dem Communicative

Activity Log (CAL, Selbst- und Fremdrating der Quantität kommunikativer Handlungen,

Pulvermüller et al. 2001) in der CIAT-Gruppe berichtet, d.h. es fand in dieser Gruppe eine

Übertragung des in der Therapie Gelernten auf den Alltag statt.

Eine weitere Studie von Meinzer et al. (2005) repliziert die unmittelbare Effektivität der

CIAT. Bei 27 Patienten konnten innerhalb von zehn Tagen signifikante

Leistungssteigerungen im AAT, CAL und CETI (Communicative Effectivness Index,

Angehörigenfragebogen zur Untersuchung der Qualität der Alltagskommunikation)

Page 27: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 25

nachgewiesen werden. Zusätzlich wurde die Stabilität der erreichten Leistungssteigerungen in

einer follow-up Untersuchung nach sechs Monaten belegt. Während dieser Zeit traten

allerdings keine weiteren Verbesserungen auf, obwohl die Patienten ambulant Sprachtherapie

erhielten, jedoch im Schnitt nur zwei Stunden pro Woche.

Eine aktuelle Studie von Barthel et al. (2005) vergleicht die CIAT mit einer logopädischen

Standardbehandlung mit entsprechender Therapieintensität. Die Patienten beider Gruppen

zeigten vergleichbare signifikante Verbesserungen im Aachener Aphasie Test. Dies legt nahe,

dass für Therapieerfolg, insbesondere im chronischen Stadium der Aphasie, vor allem eine

intensive Behandlung entscheidend ist (Meinzer et al. 2005). Gestützt werden diese

Erkenntnisse auch durch Befunde aus anderen Bereichen der neurologischen Rehabilitation

(z.B. unilateraler Neglect, Hemiparese), die in aktuellen Studien ebenso die Effektivität

hochintensiver Behandlung nachweisen konnten (Taub et al. 2002, Frassinetti et al. 2002).

Im Rahmen der neurologischen Rehabilitation ist eine intensive Therapie jedoch angesichts

von Kapazitätsproblemen bei der Zuteilung von Ressourcen (Verfügbarkeit von Logopäden,

finanzielle Ressourcen des Gesundheitssystems) für intensive Rehabilitationsmaßnahmen

meist nicht zu realisieren, so dass viele Patienten vor allem in späteren Phasen der

Erkrankung keine optimale sprachtherapeutische Betreuung erhalten können. Die traditionelle

Behandlung in diesem Stadium umfasst im Allgemeinen maximal ein bis zwei Stunden

Logopädie pro Woche. Nach den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für

Neurologie (DGN, Ziegler et al. 2006) zur Behandlung aphasischer Syndrome soll

Sprachtherapie jedoch möglichst täglich, mindestens aber dreimal wöchentlich für je 60

Minuten stattfinden (Bauer et al. 2002). Nachweisbar wirksam ist Sprachtherapie bei einer

Intensität von fünf bis zehn Therapiestunden pro Woche (Boghal et al. 2003), eine Intensität

von zwei Wochenstunden oder weniger ist nicht ausreichend (Boghal et al. 2003, Robey

1998). Intensive Intervallbehandlungen werden auch mehr als zwölf Monate nach dem

Schlaganfall empfohlen (Ziegler et al. 2006).

Vor diesem Hintergrund scheint es notwendig, für die Rehabilitation von Patienten mit

chronischer Aphasie neben intensiven klinischen Maßnahmen vermehrt außerklinische

Ressourcen einzubeziehen, um die Therapieintensität zu erhöhen. Eine Möglichkeit stellt eine

Umsetzung von Sprachtherapie im Rahmen von Selbsthilfegruppen dar. Alternativ könnten

auch Angehörige als Laien-Therapeuten eingesetzt werden.

Page 28: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 26

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es jedoch nur vereinzelt sprachtherapeutische Angebote

durch Laien. Ebenso existieren zu diesem Thema nur wenige empirische Studien. Im

folgenden Abschnitt wird ein Überblick über den gegenwärtigen wissenschaftlichen Stand

über Zusatzangebote für aphasische Patienten durch Laien gegeben.

3.4 Aphasietherapie durch Laien

Nur wenige Studien untersuchen die Wirksamkeit und Durchführbarkeit von Sprachtherapie

durch Laien-Therapeuten. Im Anschluss werden einige Studien vorgestellt.

Wertz et al. (1986) untersuchten 37 männliche nicht-chronische Patienten (2-24 Wochen

post-onset), die randomisiert auf drei Gruppen verteilt wurden. Eine Subgruppe erhielt die

Therapie zuhause von einem in Aphasietherapie unerfahrenen Angehörigen. Diese wurden

von einem Logopäden vor und während der Therapie geschult und betreut. Patienten der

Kontrollgruppe bekamen die Therapie in einer Klinik von einem Logopäden. Beide

Therapiegruppen erhielten eine logopädische Standardbehandlung (Stimulus-Response-

Therapie) mit der gleichen Anzahl an Therapiestunden (acht bis zwölf Stunden über zwölf

Wochen) und wurden mit einer dritten Gruppe, die in dieser Zeit keine Therapie erhielt,

verglichen. Nach Therapieende verbesserten sich die Patienten aller Therapiegruppen

überzufällig (Effekt der Spontanremission bei der Gruppe ohne Therapie). In der Logopädie-

Gruppe wurden signifikant mehr Verbesserungen nachgewiesen als in der Gruppe ohne

Therapie (Therapieeffekt). Es wurde jedoch kein signifikanter Unterschied in verschiedenen

standardisierten Tests zwischen den Therapiegruppen gefunden. In der Angehörigen-Gruppe

wurden mehr Verbesserungen als in der Gruppe ohne Therapie, jedoch weniger als in der

Logopädie-Gruppe nachgewiesen. Diese Unterschiede waren jedoch nicht signifikant.

Angehörigen-Therapie ist laut den Autoren somit zumindest tendenziell sinnvoller als keine

Therapie, jedoch weniger effektiv als eine Sprachtherapie durch einen Logopäden.

In dieser Studie wurden allerdings keine chronischen Aphasiker untersucht. Die

Verbesserungen können damit aufgrund des Einflusses der Spontanremission nicht als reines

Therapieresultat angesehen werden. Laut Autoren war der Supervisionsaufwand durch die

Logopäden beträchtlich.

Page 29: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 27

In einer Studie von Lesser et al. (1986) wurden neun akute und chronische Patienten (2-33

Monate post-onset) eine Stunde pro Woche über zehn bis zwölf Wochen mit LET (language

enrichment therapy, eine Stimulationsmethode) von einem Logopäden behandelt. Zusätzlich

wurden die Patienten aufgefordert, alleine oder zusammen mit einem Angehörigen zuhause

zu üben. Bei sieben Patienten zeigten sich nach Therapieende deutliche Verbesserungen.

Allerdings handelte es sich bei diesen vor allem um Patienten mit akuter Aphasie, bei denen

die Spontanremission noch nicht abgeschlossen ist. Angaben zu Verbesserungen in der

Kontrollgruppe, die eine logopädische Standardbehandlung erhielt (nicht LET), fehlen.

Zudem ist die Zeit, die die Patienten zuhause übten, nicht vergleichbar, die Häufigkeit variiert

von nie bis täglich. Sie trainierten jedoch im Durchschnitt nicht mehr als die Kontrollgruppe.

Meikle et al. (1979) untersuchten 13 akute und chronische Patienten (4-268 Wochen post-

onset), die von verschiedenen Freiwilligen viermal pro Woche Therapie erhielten. Den

Freiwilligen wurde keine spezifische Technik vermittelt, sie nahmen an einem

Einführungskurs über Aphasie teil und erhielten eine Beschreibung der Defizite der Patienten

sowie einige Materialien für die Therapie. Als Kontrollgruppe dienten 16 Patienten, die

reguläre logopädische Therapie (vergleichbare Anzahl an Therapiestunden) erhielten.

Patienten beider Gruppen verbesserten sich überzufällig, zwischen den Gruppen konnte

jedoch kein signifikanter Unterschied gefunden werden. Allerdings verblieben die Patienten

unterschiedlich lange in der Therapie (2-84 Wochen). Laut Autoren weist diese Studie darauf

hin, dass Sprachtherapie durch Laien bzw. durch Logopäden vergleichbar effektiv ist.

In einer Studie von Worrall und Yiu (2000) behandelten Freiwillige sechs chronische

Patienten (mindestens zwölf Monate post-onset) ein bis zwei Stunden pro Woche über zehn

Wochen mit dem Programm „Speaking Out“. Dessen Ziel ist eine Verbesserung der

alltäglichen, funktionalen Kommunikation durch vermehrte kommunikative Aktivitäten im

Alltag (z.B. Telefonieren). Durch diese Aktivierung sollen die kommunikativen

Beeinträchtigungen durch die Aphasie gemindert werden. Anschließend erhielten diese

Patienten über zehn Wochen keine Therapie und verbrachten dann zehn Wochen lang ihre

Freizeit für ein bis zwei Stunden pro Woche mit denselben Freiwilligen, jedoch ohne

sprachliche Aktivitäten. Bei der Kontrollgruppe wurde eine andere Reihenfolge der Phasen

(Freizeit, keine Therapie, Therapie) eingehalten. Beide Gruppen blieben nach der letzten

Phase weitere zehn Wochen ohne Therapie. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede

Page 30: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 28

zwischen den Gruppen. Nach der Therapie konnten überzufällige Verbesserungen

nachgewiesen werden, die jedoch nicht größer waren als nach der Freizeitphase.

Bei David et al. (1982) behandelten Freiwillige zwei Stunden pro Woche 48 akute und

chronische Patienten (mindestens drei Wochen nach dem Ereignis). Sie wurden über die

individuellen Kommunikationsprobleme des Patienten informiert und erhielten allgemeine

Ratschläge für die Interaktion, jedoch keine Instruktion über spezielle Logopädie-Techniken.

Sie sollten die Patienten v.a. zu Kommunikation ermutigen. Die 48 Patienten der

Kontrollgruppe erhielten reguläre Logopädie (30 Stunden über 15 – 20 Wochen). Patienten

beider Therapiegruppen verbesserten sich, zwischen den Gruppen wurde kein signifikanter

Unterschied gefunden. Die Patienten wurden je nach Erkrankungsdauer in drei Gruppen

eingeteilt, wobei die Gruppe mit der längsten Dauer Aphasien ab zwölf Wochen einschloss.

Es wurden keine signifikanten Unterschiede bzgl. der Verbesserungen der Sprachleistung

zwischen diesen drei Gruppen gefunden.

Zudem existieren verschiedene Interventionsansätze, die eine Verbesserung der alltäglichen

Kommunikation mit aphasischen Patienten indirekt über eine Intervention bei den

Konversationspartnern anstreben. Dabei erhalten jedoch die Patienten selbst keine Therapie.

Stattdessen nehmen Freiwillige oder Angehörige an unterschiedlichen Trainingsprogrammen

teil, die vor allem inhaltliche Weiterbildungen beinhalten. Sie erhalten allgemeine

Informationen über Aphasie, die daraus resultierenden kommunikativen Beeinträchtigungen

sowie psychosoziale Konsequenzen. Die Ansätze konzentrieren sich auf die Verringerung

dieser psychosozialen Konsequenzen (z.B. Gefühl der Inkompetenz), die aus missglückten

Kommunikationsversuchen resultieren. Die Gesprächskompetenz der Patienten kann

wiederhergestellt werden, indem Kommunikationspartner ihnen bei der Konversation helfen.

In den Trainingsprogrammen werden Kommunikationsstrategien und Techniken vermittelt,

die die Interaktion mit aphasischen Patienten verbessern sollen. Die Beeinträchtigung der

alltäglichen Kommunikation durch die Aphasie soll gemindert werden. U.a. soll der Patient

mehr an Konversationen beteiligt werden. In der Folge einer Erleichterung von

Kommunikation sollen alltägliche verbale Interaktionen zunehmen, was die Basis für eine

Erholung von Sprachfunktionen darstellt. Wichtig ist auch, den Patienten das Gefühl als

gleichwertiger Kommunikationspartner wahrgenommen zu werden, zu vermitteln.

Page 31: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 29

An dieser Stelle wird exemplarisch die SCA (supported conversation for adults with aphasia),

die an einem Aphasiezentrum in Kanada entwickelt wurde, vorgestellt (Kagan & Gailey

1993). Es handelt sich dabei um eine Methode, die die kommunikative Effektivität von

Aphasikern steigern und psychosoziale Konsequenzen reduzieren soll. Die Gesprächspartner

werden trainiert, Konversationen mit den Betroffenen zu fördern. Durch kommunikative

Hilfestellungen kann ein Gesunder viel zu einer besseren Kommunikation mit einem

aphasischen Patienten beitragen und diesen beim Sprechen unterstützen. Kagan vergleicht

den Kommunikationspartner mit einer externen Hilfe, einer sog. „communication ramp“.

Analog zu Rampen, die Rollstuhlfahrern Zugang zu höheren oder tieferen Ebenen

verschaffen, soll der Sprachgesunde Hilfestellungen zu erfolgreicherer Kommunikation

bieten. So sollen z.B. verbale wie non-verbale Kommunikationskanäle (z.B. Gestik,

Schreiben, Zeichnen) genutzt werden. Dem Patienten soll die Möglichkeit gegeben werden,

sich auszudrücken, indem z.B. genug Zeit gegeben wird. Wichtig ist, verbliebene Fähigkeiten

und Ressourcen des Patienten zu nutzen. Mit Hilfe dieser technischen und emotionalen

Unterstützung soll selbst Patienten mit schwerer, globaler Aphasie das Gefühl einer

natürlichen Konversation zwischen Erwachsenen vermittelt werden. Den Patienten soll das

Gefühl, ein vollwertiger, gleichberechtigter Kommunikationspartner zu sein, gegeben

werden. Freiwillige, die in dieser Methode trainiert wurden, konnten effektiver mit

aphasischen Patienten kommunizieren als Personen ohne Training. Die Patienten beteiligten

sich zudem mehr an der Konversation (Kagan 1998, Kagan et al. 2001).

Weitere Untersuchungen über eine Intervention bei Angehörigen oder nicht-verwandten

Freiwilligen finden sich bei Borenstein et al. (1987), Lyon et al. (1997), Booth & Swabey

(1999), Hinckley & Packard (2001) sowie Rayner & Marshall (2003).

Ein Überblick über die dargestellten Studien über Therapieangebote durch Laien findet sich

in Tabelle zwei.

Page 32: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 30

Page 33: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 31

Page 34: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 32

Zusammenfassend weisen die zitierten Studien darauf hin, dass Laientherapie effektiv und

sinnvoll sein kann. In mehreren Studien konnte kein signifikanter Unterschied in den

Verbesserungen der Sprachleistungen zwischen Patienten, die Therapie durch

Laientherapeuten bzw. durch professionelle Therapeuten erhielten, nachgewiesen werden

(z.B. Meikle et al. 1979, Wertz et al. 1986, David et al. 1989, Worral & Yiu 2000). Allerdings

wurden lediglich in einer Studie (Worral & Yiu 2000) ausschließlich Patienten mit

chronischer Aphasie einbezogen. Damit können die sprachlichen Verbesserungen in den

anderen Untersuchungen durch Spontanremission mitbedingt sein und nicht als reines

Therapieresultat angesehen werden. Bei Lesser et al. (1986) und Meikle et al. (1979) nahmen

Patienten mit akuter und chronischer Aphasie teil, in den Ergebnissen wird danach aber nicht

differenziert. Lediglich bei David et al. (1982) wurden die Patienten je nach

Erkrankungsdauer in drei Gruppen eingeteilt, wobei die Gruppe mit der längsten Dauer

Aphasien ab zwölf Wochen einschloss, ein Zeitraum, in dem die Spontanremission noch nicht

als abgeschlossen gilt. Zudem führten die Freiwilligen bei Meikle et al. (1979) und bei David

et al. (1982) keine spezifische Therapie durch. Bei Worral und Yiu (2000) fehlt eine

randomisierte Zuteilung der Patienten zu den Gruppen. Weitere methodologische

Einschränkungen sind geringe Stichprobengrößen (Lesser et al. 1986, Worral & Yiu 2000),

hohe drop-out – Raten (Worral & Yiu 2000, David et al. 1989), keine standardisierten

Sprachtests (David et al. 1989) sowie eine niedrige Anzahl an Therapiestunden pro Woche

(Lesser et al. 1986, David et al. 1989). Zudem erschwert die Tatsache, dass Patientengruppen

zum Teil unterschiedliche Sprachtherapien erhielten (Meikle et al. 1979, Lesser et al. 1986)

sowie die hohe Variabilität der Therapiestunden (Meikle et al. 1979) die Interpretation der

Ergebnisse.

Alle anderen dargestellten Studien untersuchten keine Sprachtherapie, sondern den Einfluss

von indirekten Interventionen bei den Kommunikationspartnern.

Ziel der vorliegenden Studie war es, diese methodischen Einschränkungen zu überwinden,

indem nur chronische Patienten untersucht wurden, die randomisiert zwei

Behandlungsgruppen zugeteilt wurden und dieselbe intensive Sprachtherapie erhielten.

Einziger Unterschied zwischen den Gruppen bestand darin, dass die Behandlung entweder

durch geschulte Laien oder durch professionelle Therapeuten durchgeführt wurde.

Page 35: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 33

3.5 Realisierung der CIAT durch Laientherapeuten

Eine Voraussetzung für die Durchführung einer Sprachtherapie durch Laien sind klare

Anweisungen, nach denen die Therapeuten handeln. Außerdem sollte der

Supervisionsaufwand zu bewältigen sein.

Die CIAT erfüllt diese Forderungen. Zum einen handelt es sich um eine Sprachtherapie mit

klar definierten Regeln und manualisierbaren therapeutischen Verhaltensweisen. Daher sollte

es möglich sein, dass auch unerfahrene Laien nach kurzer Einweisung dieses Training

durchführen können. Zum anderen erwies sich CIAT als hoch effektive Sprachtherapie bei

einer großen Spannweite aphasischer Syndrome. Innerhalb kurzer Zeit (zwei Wochen)

konnten signifikante Verbesserungen der sprachlichen Fertigkeiten auch bei chronischen

Aphasien nachgewiesen werden (Pulvermüller et al. 2001, Meinzer et al. 2005). Die CIAT

sollte somit eine Therapie sein, die sich in einem ökonomischen und motivational günstigen

Gruppensetting von Laien nach kurzer Einarbeitungszeit umsetzten lässt.

Die Sprachtherapie wurde auch bisher an der Universität Konstanz durch in der CIAT

erfahrene Therapeuten gegeben und nur zum Teil durch ausgebildete Sprachtherapeuten.

Dennoch konnten signifikante Verbesserungen erzielt werden. Dies legt nahe, dass eine

Durchführung der CIAT auch durch trainierte Laien-Therapeuten umsetzbar ist.

Da bisher keine Erfahrung bestand bezüglich der Durchführbarkeit einer solchen Therapie

durch Laien, wurde beschlossen, diese Möglichkeit im Rahmen einer Pilotstudie zunächst in

einem klinischen Umfeld mit unmittelbarer Verfügbarkeit der supervidierenden Therapeuten

zu testen, um bei potentiellen Problemen jederzeit intervenieren zu können. Ein erfahrener

Therapeut sollte immer erreichbar sein und im Falle von Schwierigkeiten eingreifen oder

gegebenenfalls die gesamte Therapie übernehmen.

Da die meisten Patienten von ihren Angehörigen für die Dauer der Therapie begleitet werden,

wurden in der vorliegenden Studie aus pragmatischen Gründen Angehörige als Laien-

Therapeuten eingesetzt. Somit konnte auch dem Wunsch der Angehörigen nach mehr

Beteilung und Miteinbeziehung an der Therapie Rechnung getragen werden. Zudem sind

Angehörige im Umgang mit aphasischen Patienten erfahren. Obwohl einige der Angehörigen

zuhause mit den Patienten Sprachübungen durchführten, verfügte keiner über eine formale

Logopädie-Ausbildung oder war mit der CIAT vertraut. Erklärten sich mehrere Angehörige

Page 36: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 34

einer Gruppe bereit, als Therapeut aktiv mitzuwirken, wurden die Therapietage aufgeteilt, so

dass jeden Tag nur ein Angehöriger die Therapie durchführte.

In einer Schulung wurden zunächst allgemeine Informationen über Aphasie,

Therapiemöglichkeiten, neueste Erkenntnisse aus der Forschung bezüglich der Dauer und

Intensität von Sprachtherapie v.a. bei chronischen Aphasien vermittelt. Anschließend wurden

den Teilnehmern die Grundzüge der CIAT beispielhaft durch einen erfahrenen Therapeuten

demonstriert. Daraufhin erfolgte die Schulung der Angehörigen „on task“, wobei ein

professioneller Therapeut unmittelbare Hilfestellung bei der Durchführung leistete.

Dieser zog sich immer mehr zurück, so dass nach zwei bis drei Tagen ein Angehöriger die

Therapie selbstständig durchführte. Ein erfahrener Therapeut saß jedoch in einem

benachbarten Raum und war somit bei Fragen und Problemen erreichbar. Am Ende jedes

Therapietages fand eine kurze Besprechung statt, welche Kartensets in der Therapie

verwendet wurden, welche Schwierigkeiten und Verbesserungen auftraten. Daneben wurden

eventuell auftretende Fragen besprochen.

3.6 Ziele der Studie

Die vorliegende Untersuchung dient der Evaluation der Durchführung der CIAT durch Laien-

Therapeuten. Im Rahmen dieser Pilotstudie sollen erste Hinweise zur Effektivität,

Durchführbarkeit und Akzeptanz, die anhand einer kleinen Stichprobe gewonnen wurden,

dokumentiert werden.

Dazu wird eine Patientengruppe von geschulten Laien-Therapeuten trainiert. Deren

Therapieergebnisse werden den Resultaten einer in klinischen und demographischen

Variablen vergleichbaren Kontrollgruppe, die dieselbe Intervention von erfahrenen

Therapeuten erhält, gegenüber gestellt. Die Verbesserungen der Symptomatik werden

unmittelbar im Anschluss an die Therapie auf Gruppenebene und auf Einzelfallbasis

verglichen.

Abhängige Variable ist der Aachener Aphasie Test (Huber et al. 1983). Daneben wurde mit

den Angehörigen ein freies Interview durchgeführt, um Hinweise auf die Durchführbarkeit

und Akzeptanz der Therapie aus Sicht der Laien-Therapeuten sowie Verbesserungsvorschläge

zu erhalten.

Page 37: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 35

4. Hypothesen

H 1: Wir erwarten, dass sich die CIAT im vorliegenden Setting als durch Laien durchführbar

erweist.

H 2: Wir erwarten, im Rahmen der vorliegenden Pilotstudie Hinweise auf notwendige

Rahmenbedingungen sowie potentielle Probleme bei der Durchführbarkeit der CIAT durch

Laientherapeuten zu erhalten.

H 3: Im Vergleich zu den Sprachfähigkeiten vor der Therapie erwarten wir nach der

zweiwöchigen Intensivtherapie signifikante Verbesserungen sprachlicher Leistungen für

beide Behandlungsgruppen im Gruppenmittel und auf Einzelfallbasis.

H 4: Wir erwarten vergleichbare Verbesserungen beider Trainingsgruppen.

Page 38: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 36

5. Methoden

5.1 Stichprobe

Insgesamt wurden 22 Patienten nach zerebrovaskulärem Schlaganfall behandelt. Die

Rekrutierung erfolgte über eine Auswahl von Patienten, die sich aufgrund eines Zeitungs-

bzw. Fernsehberichts gemeldet und an der Therapie interessiert gezeigt hatten. Von den

behandelnden Logopäden und Ärzten wurden mit Einverständnis der Patienten Gutachten

erbeten, anhand derer die Auswahl getroffen wurde. Ausschlusskriterien waren Restaphasie

(Alloc-Klassifikation des Aachener Aphasie Test, Huber et al. 1983), visueller Neglect,

schwere Visusminderungen oder Gedächtnisstörungen, sowie globale oder fortschreitende

Hirnfunktionseinschränkungen (z.B. altersbedingte Hirnatrophie, Morbus Alzheimer,

Morbus Parkinson). Auch Patienten mit globaler Aphasie konnten teilnehmen, wenn

expressive Sprachfähigkeiten zumindest ansatzweise vorhanden waren. Während der

Therapie nahmen die Patienten an keinem anderen Rehabilitationsprogramm teil.

Um die Effekte spontaner Erholung zu minimieren, wurden nur Patienten im chronischen

Stadium der Aphasie rekrutiert (Chronizität hier definiert als über sechs Monate nach dem

Schlaganfall).

Die Zuteilung zu einer der beiden Behandlungsgruppen (CIAT Angehörige und CIAT

Kontrollgruppe) fand folgendermaßen statt: Aus einer vorliegenden Liste geeigneter Patienten

wurden aufgrund des Schweregrades jeweils potentielle Trainingsgruppen vorselektiert (je

zwei bis drei Patienten). Die betreffenden Patienten und deren Angehörige wurden kontaktiert

und informiert, dass sie nach dem Zufallsprinzip zwei verschiedenen Behandlungsgruppen

zugeteilt werden. Eine dieser Behandlungsgruppen wird nach einer Einweisungsphase durch

professionelle Therapeuten von den Angehörigen trainiert. Falls pro Behandlungsgruppe

mindestens zwei Angehörige vor Beginn der Randomisierung zustimmten, das Training

durchzuführen, wurde sie in die Randomisierungsphase eingeschlossen. Nach Feststehen von

mindestens zwei Therapiegruppen wurden diese zufällig den Behandlungsbedingungen

zugeteilt.

Die Patienten wurden an den Kliniken Schmieder in Allensbach behandelt.

Die relevanten klinischen und demographischen Variablen aller Patienten sind in Tabelle drei

und vier dargestellt.

Page 39: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 37

Page 40: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 38

Die Mehrzahl der Patienten hatte eine mittelgradige Aphasie (N = 13). Sieben Patienten

waren leichtgradig betroffen, zwei Patienten litten unter einer schweren Aphasie. In der

Gruppe CIAT Angehörige wiesen acht Patienten eine mittelgradige Aphasie und drei

Patienten eine leichtgradige Aphasie auf. Bei fünf Patienten der CIAT Kontrollgruppe wurde

eine mittelgradige, bei zwei eine schwere und bei vier eine leichte Aphasie diagnostiziert

(Tabelle 4).

Tabelle 4 Zusammenfassung demographischer und klinischer Variablen

CIAT Angehörige (N = 11) CIAT Kontrollgruppe (N = 11)

Geschlecht Weiblich N = 2 Männlich N = 9

Weiblich N = 4 Männlich N = 7

Ätiologie Verschluss N = 10 Blutung N = 1

Verschluss N = 10 Blutung N = 1

Alter (Jahre) Ø 63,6 (±10,1) range: 44-80

Ø 52,9 (±13,2) range: 35-80

Zeit seit Schlaganfall (Monate)

Ø 44,9 (±17,8) range: 23-79

Ø 30,1 (±18,2) range: 6-72

Syndrome Broca N = 4 Wernicke N = 4 Amnestisch N = 2 Global N = 1 Nicht-klassifiziert N = 0

Broca N = 7 Wernicke N = 1 Amnestisch N = 0 Global N = 2 Nicht-klassifiziert N = 1

Die Patienten der Gruppe CIAT Angehörige waren signifikant älter als die Teilnehmer der

CIAT Kontrollgruppe (F(1,20) = 4.6, p < .05). Bezüglich aller weiteren demographischen und

klinischen Variablen, einschließlich der initialen Schweregradausprägung der Aphasie,

gemessen anhand des Profil-Scores des Aachener Aphasie Test (AAT-Profil vor

Therapiebeginn: F(1,20) = 1.00, p > .3) und der Erkrankungsdauer (F(1,20) = 3.5, p > .07)

unterschieden sich die Behandlungsgruppen nicht.

Eine Patientin wurde zweimal behandelt (Tabelle 3, Patientin 3/15). Zunächst nahm sie im

Rahmen der Kontrollgruppenstudie teil. Anschließend wurde sie sechs Monate nach

Abschluss der ersten Interventionsphase einer Angehörigengruppe zugeteilt. Somit konnte

Page 41: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 39

ergänzend im Einzelfall untersucht werden, ob weitere Verbesserungen auch nach einer

wiederholten Intensivtherapie noch möglich sind und ob sich die in der ersten

Interventionsphase erzielten Leistungssteigerungen über einen Zeitraum von sechs Monaten

als stabil erweisen.

5.2 Therapiegruppen

Alle Patienten erhielten über zwei Wochen in Kleingruppen von zwei bzw. drei Patienten

intensives Sprachtraining (drei Stunden pro Tag über zehn Tage). Die Patienten nahmen an

einer der folgenden Behandlungsgruppen teil:

1. CIAT Kontrollgruppe (N = 11): Durchführung der Therapie durch in der CIAT

geschulte Neuropsychologen.

2. CIAT Angehörige (N = 11): Durchführung der Therapie durch Laientherapeuten

(Angehörige der Patienten) nach einer Schulung. Eine begleitende Supervision

fand nach Abschluss jedes Trainingstages statt.

Alle Patienten nahmen bis zum Ende der Therapie teil. Kein Patient brach die Therapie

aufgrund von Motivationsmangel oder Überanstrengung ab2.

5.2.1 CIAT Kontrollgruppe

Patienten der CIAT Kontrollgruppe erhielten die intensive Sprachtherapie wie unter Punkt

3.2.3 beschrieben durch erfahrene Therapeuten der Universität Konstanz.

5.2.2 CIAT Angehörige

Zunächst erhielten Patienten und Angehörige eine etwa zwei Stunden dauernde Schulung.

Allgemeine Informationen über Aphasie, Therapiemöglichkeiten, neueste Erkenntnisse aus

der Forschung bezüglich der Dauer und Intensität von Sprachtherapie, v.a. bei chronischen

Aphasien wurden vermittelt. Patienten und Angehörige wurden ausdrücklich informiert, dass

es bisher bezüglich der Durchführbarkeit einer solchen Therapie durch angelernte Laien noch

keinerlei Erfahrung gibt und dies mit ihrer Teilnahme an der Pilotstudie erstmals untersucht

wird.

2 Bei einem der Patienten der Angehörigengruppen (Patient 4) wurde ergänzend zur CIAT eine Einzeltherapie nach den Prinzipien der PACE durchgeführt (Siehe Einzelfalldiskussion: 5.2.3).

Page 42: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 40

Anschließend wurden den Teilnehmern die Grundzüge der CIAT beispielhaft durch einen

erfahrenen Therapeuten demonstriert. Daraufhin erfolgte die Schulung der Angehörigen „on

task“, wobei ein professioneller Therapeut unmittelbare Hilfestellung bei der Durchführung

leistete. Er unterstützte die Angehörigen v.a. dabei, das jeweilige Leistungniveau der

Patienten zu ermitteln und entsprechend die Schwierigkeit der Übungen und der geforderten

verbalen Formulierungen anzupassen.

Der Therapeut zog sich im Laufe der nächsten beiden Tage immer mehr zurück und saß am

Ende des dritten Tages nur noch beobachtend im Raum. Ab dem vierten Tag führte ein

Angehöriger die Therapie selbstständig durch, ein erfahrener Therapeut saß jedoch in einem

benachbarten Raum und war somit bei Fragen und Problemen jederzeit erreichbar. Lediglich

bei der Auswahl der Kartensets wurde v.a. in der ersten Woche noch zu Beginn der Therapie

Hilfestellung gegeben. Am Ende jedes Therapietages fand eine kurze Besprechung statt,

welche Kartensets in der Therapie durchgeführt wurden, welche Schwierigkeiten und

Verbesserungen auftraten. Daneben wurden eventuell auftretende Fragen besprochen.

5.2.3 Besonderheit der Durchführung bei Patient 4

Bei der Einteilung der Patienten zu den Gruppen wurde darauf geachtet, dass sich in jeder

Gruppe Patienten mit ähnlicher Symptomschwere befanden. Da der Großteil der Patienten

von außerhalb kam, war es nicht möglich, diese persönlich kennen zu lernen und bezüglich

ihrer Symptome und damit ihrer Gruppeneignung zu beurteilen. Die Entscheidung erfolgte

somit aufgrund von Gutachten von Logopäden und Ärzten.

Patient vier wurde aufgrund des logopädischen Gutachtens als leichtgradige Aphasie

klassifiziert und entsprechend einer Patientengruppe mit leichteren Aphasien zugeteilt. Vor

Ort zeigte er jedoch deutlich schwerere sprachliche Beeinträchtigungen als aufgrund der

Sprachtestergebnisse zu erwarten war. Damit war er hinsichtlich seiner kommunikativen

Fertigkeiten weitaus schwerer beeinträchtigt als die anderen Teilnehmer. Dadurch ergaben

sich Probleme im Gruppensetting. Zum einen war der Patient selbst überfordert, zum anderen

konnten die übrigen Teilnehmer nicht an ihrem Maximum trainieren, da dieser Patient viel

Zeit und Hilfe des Therapeuten erforderte. Deshalb wurde entschieden, den Patienten für eine

Stunde pro Tag aus der Gruppe auszugliedern. In dieser Zeit erhielt er Einzeltherapie nach

dem PACE-Ansatz (Promoting aphasics' communicative abilities) von Davis (Davis &

Wilcox 1985), die ebenso von einem Angehörigen durchgeführt wurde.

Page 43: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 41

Die PACE-Therapie orientiert sich ebenfalls an Prinzipien kommunikativer Aphasietherapie

und beinhaltet verschiedene Sprechakte wie Informieren, Rückversichern und Vermutungen

äußern, die Handlungen in natürlicher Kommunikation ähneln. Diese können in der Therapie

wiederholt geübt werden. Dabei decken Patient und Therapeut abwechselnd Bildkarten auf

und müssen ihrem Gegenüber den Inhalt dieser Karte vermitteln, ohne dass dieser sie sieht.

Der Patient darf und soll dabei alle ihm zur Verfügung stehenden kommunikativen Mittel

ausschöpfen, um zum kommunikativen Ziel (Verstehen durch sein Gegenüber) zu kommen.

Der Therapeut hat die Möglichkeit, durch Raten und Nachfragen zu helfen.

Es handelt sich hierbei um ein pragmatisches Vorgehen, da sonst das Gruppentraining

erschwert worden wäre. Es stellt allerdings nicht die prinzipielle Durchführbarkeit der CIAT

durch Laien in Frage, sondern gibt den Hinweis darauf, dass man ein besonderes Augenmerk

auf die Gruppenzuteilung legen muss. Da die Ergebnisse dieses Patienten nicht das gesamte

Resultat der vorliegenden Studie beeinflusste und er die meiste Therapiezeit in der Gruppe

trainierte (24 von 30 Stunden), wurde er nicht aus der statistischen Analyse ausgeschlossen.

5.3 Abhängige Variablen

5.3.1 Aachener Aphasie Test (AAT)

Alle Patienten wurden unmittelbar vor und nach der Therapie mit dem Aachener Aphasie

Test (AAT, Huber et al. 1983) untersucht.

Der Aachener Aphasie Test (im Folgenden als AAT bezeichnet) ist das Standardverfahren zur

Diagnostik von Aphasien in Deutschland und besteht aus den folgenden fünf Untertests, die

verschiedene sprachliche Modalitäten testen: Token Test (TT), Nachsprechen (NS),

Schriftsprache (SS), Benennen (Be) und Sprachverständnis (SV). Jeder Untertest setzt sich

wiederum aus mehreren Subskalen zusammen, die eine genaue Einschätzung der spezifischen

Defizite erlauben. Die Einteilung der Aphasien erfolgt anhand der vier Standard-Syndrome

(globale, amnestische, Wernicke- und Broca- Aphasie), Nicht-Standard-Syndrome, nicht-

klassifizierbare Aphasien und modalitätsspezifische Sprachstörungen. Der Profil-Score, ein

gewichteter Durchschnitt über alle Untertests, ermöglicht eine quantitative Bewertung des

Schweregrades. Der AAT ist für die wiederholte Anwendung auch innerhalb weniger Tage

geeignet (im Rahmen der Validierung ergaben sich nach zwei Tagen hohe Retest-

Reliabilitäten, siehe Handanweisung AAT, Huber et al. 1983).

Page 44: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 42

Die Bewertungskriterien für die Untertests sind in der Handanweisung des AAT mit

Beispielen ausführlich beschrieben. Allgemein stehen hohe Punktzahlen in den Untertests für

geringe sprachliche Einbußen. Nur beim Token Test bedeutet eine hohe Punktzahl eine

stärkere Beeinträchtigung (Fehlerscore). Durch Addieren der einzelnen Itempunktwerte

werden die in den Untertests erhaltenen Rohpunktwerte errechnet. Jedes Item wird auf einer

vierstufigen Skala quantitativ eingestuft. Dabei können null (massive Beeinträchtigung) bis

maximal drei Punkte (keine Störung) gegeben werden. Lediglich beim Token Test wird nach

richtig bzw. falsch beurteilt und die Fehlerpunkte werden gezählt. Für die Transformation der

Rohpunktwerte in Prozentränge und T-Werte stehen Tabellen zur Verfügung.

Das Handbuch des AAT bietet Normen für signifikante individuelle Verbesserungen für die

einzelnen Untertests sowie für die Subskalen der Untertests Nachsprechen, Schriftsprache,

Benennen und Sprachverständnis (kritische Differenzen, Handanweisung AAT).

5.3.2 Freies Interview

Am Ende einzelner Therapietage sowie nach der zweiwöchigen Therapie wurde mit den

Angehörigen ein kurzes freies Interview durchgeführt, um Hinweise auf die Durchführbarkeit

und Akzeptanz der Therapie aus Sicht der Laien-Therapeuten sowie Verbesserungsvorschläge

zu erhalten.

5.4 Statistische Analyse

Für die statistische Analyse der Daten wurde das Programm JMP 4.0 (SAS-Institute Inc. 1998

– 2000) verwendet.

Zunächst wurden mögliche Unterschiede in demographischen und klinischen Variablen

zwischen den Behandlungsgruppen zum Zeitpunkt der ersten Testung geprüft. Unterschiede

hinsichtlich kontinuierlicher Variablen wurden dabei anhand univariater Varianzanalysen,

Unterschiede hinsichtlich kategorialer Variablen anhand von χ2 – Tests ermittelt.

Verbesserungen der sprachlichen Leistungen zwischen den Behandlungsgruppen im Rahmen

der Therapie wurden anhand von Varianzanalysen mit Messwiederholung evaluiert.

Verbesserungen der sprachlichen Leistungen nach Therapieende innerhalb der

Therapiegruppen wurden für alle Untertests des AAT und den Profil-Score, als Maß für die

globale Aphasieschwere, anhand von T-Tests evaluiert (einseitige Testung). Alle

Berechnungen wurden anhand t-transformierter Rohwerte durchgeführt. Bei

Page 45: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 43

unterschiedlichen Ausgangswerten kann es allerdings bei der Analyse von T-Werten zu einer

Überschätzung von Veränderungen zugunsten der Gruppe mit den höheren Anfangswerten

kommen3. Um mögliche Verzerrungen der Ergebnisse zu kontrollieren, wurde die

Gruppenanalyse der AAT-Ergebnisse nicht nur anhand von T-Werten, sondern auch anhand

von Rohwerten durchgeführt. Die Resultate der T-Wert – Ergebnisse konnten bestätigt

werden.

Die Einzelfallsignifikanzen entsprechen kritischen Differenzen für Untertests und Subskalen

(nach AAT-Handanweisung, Signifikanzniveau α = 0,10, Huber et al. 1983).

Es wurde eine direktionale (einseitige) Hypothesentestung angewendet, da lediglich Patienten

mit chronischer Aphasie, bei denen mit stabiler Symptomatik zu rechnen ist, behandelt

wurden. Daher waren Verschlechterungen der Symptomatik im Rahmen des

Therapieintervalls nicht zu erwarten.

3 Bei einer Normalverteilung sind die Werte in den Randbereichen weniger dicht verteilt. Bei sehr schwer oder nur leicht beeinträchtigten Patienten kann es daher durch die Transformation der Rohpunktwerte in T-Werte zu einer Überschätzung der Veränderung kommen.

Page 46: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 44

6. Ergebnisse

6.1 Einzelfallsignifikanzen AAT

Insgesamt wurden 22 Patienten (CIAT Kontrollgruppe, N = 11, CIAT Angehörige N = 11)

untersucht.

Die Einzelfallanalyse ergab bei einseitiger Testung signifikante Verbesserungen in

mindestens einem Untertest des AAT nach Therapieende bei sieben von elf Patienten der

Gruppe CIAT Angehörige. Bei weiteren drei Patienten konnten überzufällige

Leistungssteigerungen in mindestens einer Subskala des AAT nachgewiesen werden. In der

Kontrollgruppe verbesserten sich acht von elf Patienten signifikant in mindestens einem

Untertest des AAT, bei drei weiteren Patienten ergaben sich überzufällige

Leistungssteigerungen in mindestens einer Subskala. Lediglich ein Patient in der Gruppe

CIAT Angehörige erreichte weder in einem Untertest noch in einer Subskala eine

Signifikanz. Die Behandlungsgruppen unterschieden sich nach Therapieende nicht signifikant

bezüglich der Verbesserungen im Einzelfall (Anzahl der Patienten mit mindestens einer

Verbesserung in einem Untertest oder einer Subskala) zwischen den Gruppen (χ2(2,18) =

1.45; p > .48, Tabelle 5). Signifikante Verbesserungen im AAT-Profilscore, als Maß für eine

allgemeine Verringerung des Schweregrads der Aphasie traten bei neun von elf Patienten der

Gruppe CIAT Angehörige sowie bei allen elf Patienten der Kontrollgruppe auf.

Tabelle 5 Anzahl von Patienten mit signifikanter Verbesserung in mindestens einem

Untertest oder mindestens einer Subskala des AAT (N = Anzahl der Patienten)

Mindestens ein Untertest

Mindestens eine Subskala

Keine Verbesserungen Gesamt

CIAT Ang. N = 7 N = 3 N = 1 NAng. = 11

CIAT Kon. N = 8 N = 3 N = 0 NKon. = 11

Gesamt Nsubtest = 15 Nsubscala = 6 Nkeine Verb. = 1 NGesamt = 22

Insgesamt verbesserten sich die Patienten der Gruppe CIAT Angehörige in zehn Untertests

und 17 Subskalen, die der Kontrollgruppe in zwölf Untertests und elf Subskalen (Tabelle 6).

Die Gesamtzahl verbesserter Untertests und Subskalen war ebenfalls vergleichbar zwischen

den Behandlungsgruppen (χ2(2,18) = 0.54; p > .4).

Page 47: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 45

Tabelle 6 Gesamtzahl der Untertests bzw. Subskalen des AAT, in denen nach der Therapie

Verbesserungen auftraten (N = Anzahl der Untertests bzw. Subskalen)

Untertest Subskala

CIAT Ang. N = 10 N = 17

CIAT Kon. N = 12 N = 11

Gesamt Nsubtest = 22 Nsubscala = 28

Die Patienten der Gruppe CIAT Angehörige verbesserten sich überzufällig in den Untertests

Token Test, Schriftsprache und Benennen sowie in den Subskalen der Untertests

Nachsprechen, Benennen und Sprachverständnis. Bei den Patienten der Kontrollgruppe

zeigten sich signifikante Leistungssteigerungen in allen Untertests (Tabelle 7).

Tabelle 7 Anzahl der Patienten mit Verbesserungen in den einzelnen Untertests bzw.

Subskalen des AAT (N = Patienten)

Signifikanz in AAT Untertest

Signifikanz in AAT Subskala

CIAT Ang. CIAT Kon. CIAT Ang. CIAT Kon.. Token Test N = 4 N = 4 ––– ––– Nachsprechen N = 0 N = 3 N = 8 N = 3 Schriftsprache N = 2 N = 2 N = 0 N = 2 Benennen N = 4 N = 2 N = 3 N = 4 Sprachverständnis N = 0 N = 1 N = 6 N = 2

Die Leistungen im AAT (T-Werte) sowie die Einzelfallsignifikanzen aller Patienten im AAT

nach Therapieende sind in Tabelle acht dargestellt. Die Einzelfalldaten (Rohwerte des AAT)

aller Patienten finden sich im Anhang.

Bei Patientin 3 und 15, die zweimal behandelt wurde, konnten auch nach der wiederholten

Intensivtherapie weitere signifikante Verbesserungen nachgewiesen werden. Die in der ersten

Therapie erzielten Leistungssteigerungen erwiesen sich als stabil.

Page 48: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 46

Page 49: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 47

6.2 Gruppenvergleich AAT Die Patienten der Gruppe CIAT Angehörige waren signifikant älter als die der CIAT

Kontrollgruppe (F(1,20) = 4.6, p < .05). Dieser Altersunterschied wurde jedoch nicht in die

statistische Analyse als Kovariate einbezogen, da individuelle Verbesserungen durch

Therapie nicht mit dem Alter der Patienten korreliert sind (Meinzer et al. 2005).

Der Profilscore des AATs war bei Therapiebeginn zwischen den Gruppen vergleichbar

(Profilcore: F(1,20) = 1.00, p > .3). Die signifikante Verbesserung im AAT Profil-Score

beider Gruppen unmittelbar im Anschluss an die Therapie weist auf eine reduzierte

Aphasieschwere der Patienten nach der Intervention hin (Zeit: F (1,20) = 64,8, p < .0001;

Gruppe CIAT Ang.: t(10) = 5.13, p < .001; Gruppe CIAT Kon.: t(10) = 7.25, p < .0001,

einseitige t-Tests) (Abbildung 3). Die Behandlungsgruppen unterschieden sich nicht im

Ausmaß der Verbesserungen nach der Therapie (Interaktion Zeit*Gruppe: F(1,20) = 0.76,

p > .3).

Abbildung 3 Durchschnittliche Veränderung der Profilscores des AAT im Rahmen der

Therapie für beide Behandlungsgruppen

47

49

51

53

55

57

prä post

AAT-Profil

T-W

erte CIAT Ang.

CIAT Kon.

Die Behandlungsgruppen unterschieden sich zu Beginn der Therapie in den T-Werten in

keinem der Untertests des Aachener Aphasie Tests (F(1,20) = 0.04 - 4.28, p > .05 für alle

Untertests).

Page 50: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 48

Für beide Gruppen konnten im Rahmen der Therapie signifikante Verbesserungen in allen

Untertests des Aachener Aphasie Test nachgewiesen werden (Zeit: F (1,20) = 13.08 – 38.76,

p < .002 für alle Untertests; Gruppe CIAT Ang.: t(10) = 2.53 – 5.13, p < .02 für alle

Untertests; Gruppe CIAT Kon.: t(10) = 1.99 – 7.25, p < .05 für alle Untertests; einseitige t-

Tests) (Abbildung 4, Tabelle 9). Diese Verbesserungen waren für alle Untertests des AAT

zwischen den Behandlungsgruppen vergleichbar (Interaktion Zeit*Gruppe: F(1,20) = 0.07 –

1.93, p > .1 für alle Untertests, Tabelle 10).

Abbildung 4 Signifikante Verbesserungen im Rahmen der Therapie in den Untertests des

AAT für beide Behandlungsgruppen

CIAT Ang.

47

49

51

53

55

57

59

prä post

Untertests

T-W

erte

TTNSSSBeSV

CIAT Kon.

47

49

51

53

55

57

59

61

prä post

Untertests

T-W

erte

TTNSSSBeSV

Page 51: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 49

Tabelle 9 Verbesserungen in den Untertests des AAT im Rahmen der Therapie innerhalb der

Behandlungsgruppen (T-Werte, einseitige Testung)

CIAT Ang. CIAT Kon.

Profilscore t(10) = 5.13, p < .001 t(10) = 7.25, p < .0001

Token Test t(10) = 3.89, p < .01 t(10) = 2.69, p < .02

Nachsprechen t(10) = 4.89, p < .001 t(10) = 3.93, p < .01

Schriftsprache t(10) = 3.01, p < .01 t(10) = 1.99, p < .05

Benennen t(10) = 2.53, p < .02 t(10) = 2.90, p < .01

Sprachverständnis t(10) = 3.73, p < .01 t(10) = 2.82, p < .01

Tabelle 10 Haupteffekte und Interaktionen in den Untertests des AAT im Rahmen der

Therapie (T-Werte, einseitige Testung)

Profilscore Token Test

Nach- Sprechen

Schrift- sprache

Benennen Sprach-

verständis

Haupteffekt Zeit

F (1,20) = 64.8,

p < .0001

F(1,20) = 18.56

p < .001

F(1,20) = 38.76

p < .0001

F(1,20) = 13.08

p < .002

F(1,20) = 13,96

p < .002

F(1,20) = 20,92

p < .001

Interaktion Zeit*Gruppe

F(1,20) =

0.76, p > .3

F(1,20) =

0.10 p > .7

F(1,20) =

0.27 p > .6

F(1,20) =

1.93 p > .1

F(1,20) =

0.20 p > .6

F(1,20) =

0.07 p > .7

Um eine potentielle Überschätzung der Verbesserungen aufgrund der Transformation von

Roh- in T-Werte zu kontrollieren (siehe Methoden), wurden die vorherigen Analysen auch

anhand der Rohwertveränderungen durchgeführt. Die oben genannten Ergebnisse konnten

bestätigt werden. Die Behandlungsgruppen unterschieden sich hinsichtlich der mittleren

Rohwertpunkte zu Beginn der Therapie nicht signifikant voneinander. Für beide

Behandlungsgruppen ergaben sich im Aachener Aphasie Test auch anhand der Rohwerte

signifikante Verbesserungen nach der Therapie. Diese Veränderungen waren zwischen den

Gruppen vergleichbar (Tabelle 11 und 12).

Page 52: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 50

Tabelle 11 Verbesserungen in den Untertests des AAT im Rahmen der Therapie innerhalb

der Behandlungsgruppen (Rohwerte, einseitige Testung)

CIAT Ang. CIAT Kon.

Token Test t(10) = -3.45, p < .01 t(10) = -2.74, p < .03

Nachsprechen t(10) = 7.6, p < .0001 t(10) = 3.26, p < .01

Schriftsprache t(10) = 4.6, p < .001 t(10) = 2.46, p < .02

Benennen t(10) = 3.05, p < .01 t(10) = 4.30, p < .001

Sprachverständnis t(10) = 3.78, p < .01 t(10) = 1.95, p < .04

Tabelle 12 Haupteffekte und Interaktionen in den Untertests des AAT im Rahmen der

Therapie (Rohwerte, einseitige Testung)

Token Test Nach-

sprechen Schrift- sprache

Benennen Sprach-

verständis

Haupteffekt Zeit

F(1,20)=18.25 p < .001

F(1,20)=34.69 p < .0001

F(1,20)=20.64 p < .001

F(1,20)=24,55 p < .0001

F(1,20)=12,55 p < .003

Interaktion

Zeit*Gruppe

F(1,20)=.008

p > .9

F(1,20)=.03

p > .8

F(1,20)=.13

p > .7

F(1,20)=.01

p > .9

F(1,20)=.01

p > .9

6.3 Freies Interview

Alle Angehörigen waren von der leichten Durchführbarkeit der CIAT positiv überrascht und

trauten sich bereits nach einem Tag zu, die Therapie alleine durchzuführen. Kein Angehöriger

fühlte sich überfordert oder alleine gelassen. Dennoch wurde die Erreichbarkeit eines

erfahrenen Therapeuten, der im Nebenzimmer saß und immer ansprechbar war sowie die

Besprechungen vor und nach der Therapie als positiv bewertet. Ebenso sahen Patienten wie

Angehörigen es als vorteilhaft an, dass in jeder Gruppe nicht nur ein Angehöriger, sondern

abwechselnd zwei oder drei als Laien-Therapeuten tätig waren. Alle Angehörigen beurteilten

die CIAT als eine gut von Laien durchführbare Sprachtherapie. Sowohl Patienten als auch

deren Angehörige berichteten während der Therapie über Erfolge und subjektive

Page 53: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 51

Verbesserungen, und bewerteten die CIAT positiv. Auch die Dauer (drei Stunden pro Tag

über zehn Tage) wurde nicht als belastend empfunden. Alle Patienten verblieben bis zum

Ende in der Therapie, bei Patienten und Angehörigen konnten hohe Compliance und

Vertrauen festgestellt werden.

Die Angehörigen fühlten sich in ihrer Rolle als Therapeut durchweg wohl und äußerten sich

sehr positiv darüber, dass sie in die Therapie miteinbezogen wurden und aktiv ihre

aphasischen Angehörigen unterstützen konnten. Viele gaben an, auch zuhause weiterhin

Aspekte der Therapie umsetzen zu wollen und äußerten sich sehr positiv über die Idee einer

Umsetzung von Laientherapie in Selbsthilfegruppen in der Zukunft.

Page 54: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 52

7. Diskussion Ziel der vorliegenden Pilotstudie bestand in der Untersuchung der Durchführbarkeit und

Effizienz der Constraint-Induced Aphasia Therapy durch geschulte Laien-Therapeuten. Dies

wurde im Rahmen einer randomisierten Pilotstudie umgesetzt. Insgesamt wurden 22

Patienten zufällig zwei Behandlungsgruppen zugeteilt, wobei beide Gruppen nach den

gleichen therapeutischen Prinzipien behandelt wurden, das Training jedoch entweder durch

erfahrene Therapeuten oder durch geschulte Laientherapeuten umgesetzt wurde.

7.1 Wirksamkeit der Constraint-Induced Aphasia Therapy

Die Wirksamkeit der CIAT konnte im Rahmen der vorliegenden Untersuchung repliziert

werden. Signifikante Verbesserungen sprachlicher Leistungen konnten für beide

Behandlungsgruppen im Rahmen der zweiwöchigen Intensivtherapie sowohl auf

Gruppenebene als auch im Rahmen der Einzelfallanalyse in einem standardisierten Sprachtest

nachgewiesen werden. Dies repliziert die Befunde früherer Studien (Pulvermüller et al. 2001,

Meinzer et al. 2005, Barthel 2005), die ebenfalls im Rahmen kurzer Interventionszyklen

signifikante Verbesserungen der Symptomatik nachweisen konnten. Die besondere

Bedeutsamkeit der erzielten Verbesserungen ergibt sich v.a. aus der Tatsache, dass neben den

signifikanten Verbesserungen der Gesamtgruppe bei insgesamt 21 von 22 Patienten auch im

Rahmen der Einzelfallanalyse überzufällige sprachliche Leistungssteigerungen gezeigt

werden konnten. Die Verbesserungen konnten in allen Untertests des Aachener Aphasie

Tests, d.h. in den verschiedenen sprachlichen Modalitäten nachgewiesen werden. Zudem

verbesserten sich 20 von 22 Patienten signifikant im AAT-Profilscore, was auf eine reduzierte

Aphasieschwere nach der Therapie hinweist.

Die dritte Hypothese, nach der eine signifikante Zunahme der Sprachfähigkeiten nach der

Therapie für beide Behandlungsgruppen im Gruppenmittel und auf Einzelfallbasis erwartet

wurde, kann somit bestätigt werden.

Verbesserungen im Rahmen der CIAT konnten bei einer großen Spannweite aphasischer

Syndrome nachgewiesen werden. Dies deckt sich mit früheren Befunden zur CIAT (Meinzer

et al. 2005, Meinzer et al. zur Publikation eingereicht). Die CIAT scheint auch für sprachlich

schwer beeinträchtigte Patienten geeignet zu sein, sofern expressive Sprachfertigkeiten

zumindest ansatzweise vorhanden sind.

Page 55: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 53

Zum ersten Mal wurde im Rahmen der vorliegenden Studie eine Patientin (3/15) wiederholt

mit CIAT behandelt. Zu beiden Untersuchungszeitpunkten konnten signifikante

Leistungssteigerungen nachgewiesen werden. Auch bei Wiederholung des zweiwöchigen

Intensivtrainings traten weitere Verbesserungen der Symptomatik auf. Zudem erwiesen sich

die Verbesserungen im Anschluss an die erste Interventionsphase über den Zeitraum von

sechs Monaten als stabil. Dies repliziert im Einzelfall die Ergebnisse einer früheren Studie

(Meinzer et al. 2005), in der im Rahmen einer 6-Monats-Katamnese über die Gesamtgruppe

von 27 Patienten sowie im Einzelfall die Stabilität der durch CIAT erzielten Verbesserungen

nachgewiesen werden konnten.

In den bisherigen Studien zur Wirksamkeit der CIAT (Pulvermüller et al. 2001, Meinzer et al.

2005) wurde nicht untersucht, welcher Aspekt des Trainings (Intensität, shaping, constraints,

hohe Alltagsrelevanz der Übungen, Gruppensetting) zur unmittelbaren Wirksamkeit beiträgt.

Dies stellt jedoch einen wichtigen Gesichtspunkt dar, insbesondere aufgrund der Tatsache,

dass CIAT bei einem breiten Patientenspektrum zu Verbesserungen der Symptomatik führt.

Als eine der entscheidenden Komponenten gilt die Behandlungsintensität. In einer aktuellen

Studie (Barthel 2005) wurde dies hinsichtlich eines Vergleichs von CIAT mit hochintensiver

konventioneller Sprachtherapie, die im Anschluss an eine modellorientierte Diagnostik (in

Anlehnung an das Logogen-Modell von Nickels 2000) umgesetzt wurde, überprüft. Im

Gegensatz zur ersten Wirksamkeitsstudie (Pulvermüller et al. 2001), die ebenfalls

konventionelle Aphasietherapie und CIAT, allerdings in unterschiedlicher Intensität

vergleicht, konnten beim Vergleich beider Interventionsgruppen in der Studie von Barthel

(2005) keine signifikanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen im AAT

unmittelbar nach Therapieende und im Rahmen einer 6-Monats-Katamnese nachgewiesen

werden, was auf die Bedeutung hoher Behandlungsintensität bei chronischer Aphasie

hinweist. Interessanterweise führte die individualisierte, an der individuellen Symptomatik

orientierte logopädische Behandlung, die aufgrund des Einzelsettings (Netto-Therapiezeit)

potentiell eine intensivere Betreuung ermöglicht nicht zu einer deutlicheren Verbesserung der

Symptomatik als im Rahmen des Gruppensettings der CIAT. Unter Umständen spielt damit

ein weiterer CIAT-Faktor (z.B. „constraints“) eine entscheidende Rolle für den

Therapieerfolg.

In der Studie von Pulvermüller et al. (2001) unterschieden sich die Interventionen

(konventionelle Logopädie versus CIAT) nicht nur hinsichtlich der dargebotenen Intensität,

sondern auch bezüglich der Verhaltensrelevanz der Übungen sowie des erzwungenen

Page 56: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 54

Gebrauchs verbal expressiver Sprache („constraint“). In einer aktuellen Studie von Maher et

al. (2006) wurde speziell dieser Einfluss der Unterbindung non-verbaler

Kommunikationsstrategien („constraint“) untersucht. Hierzu wurden neun Patienten entweder

nach Prinzipien der PACE trainiert oder mittels einer Modifikation der CIAT (Constraint-

Induced Language Therapy, CILT). In dieser Gruppe war nur verbal expressive Sprache

erlaubt. Jegliche alternative Kommunikationsform wie Schreiben oder Gestikulieren wurde

unterbunden. Patienten der PACE-Gruppe war Kommunikation jeglicher Modalitäten erlaubt.

Beide Trainingsgruppen erhielten über einen Zeitraum von zwei Wochen an acht Tagen drei

Stunden täglich Sprachtherapie. Bei Patienten beider Gruppen konnten signifikante

Verbesserungen der sprachlichen Leistungen nachgewiesen werden. Zwischen den Gruppen

ergaben sich keine signifikanten Unterschiede, wobei in der CILT Gruppe stabilere

Verbesserungen festgestellt wurden. Allerdings ist die Aussagekraft dieser Studie durch

einige methodische Mängel (z.B. kleine Stichprobengröße, keine randomisierte Zuteilung der

Patienten zu den Gruppen) eingeschränkt. Dennoch deutet diese Studie darauf hin, dass die

Intensität der Intervention für den Therapieerfolg zwar wichtig, jedoch vermutlich nicht der

einzige ausschlaggebende Faktor ist, sondern u.U. auch die Unterbindung non-verbaler

Kommunikationsstrategien („constraint“) entscheidend ist. Dies könnte die geringfügig

bessere Leistung der CILT-Gruppe erklären.

Eine alternative Erklärung für den Therapieerfolg der CIAT im Sinne einer Generalisierung

der Therapieeffekte auf eine bessere Benennleistung im Alltag ergibt sich aus dem Gebrauch

semantischer (z.B. Nennen von Eigenschaften des gesuchten Objekts) und phonologischer

Hinweisreize (z.B. Anfangsbuchstabe oder ähnlich klingendes Wort vorsagen) in der

Therapie. Patienten werden in der CIAT ermutigt, selbst solche „cues“ als Hilfe (z.B.

Umschreiben des gesuchten Wortes, übergeordnete Kategorien nennen) zu verwenden, um

das Benennen zu erleichtern. Damit könnten lexikalische semantische Repräsentationen

verbessert sowie der Abruf im Allgemeinen erleichtert werden.

Zusammenfassend kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine definitive Aussage

getroffen werden, welcher CIAT-Faktor entscheidend zum Therapieerfolg beiträgt. Dies

verdeutlicht die Notwendigkeit weiterer Studien, um zu klären, welche Faktoren essentiell für

den therapeutischen Erfolg der CIAT (und anderer Interventionsparadigmen) sind. Die

vorliegende Studie repliziert jedoch allgemein die Wirksamkeit der CIAT.

Page 57: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 55

7.2 Umsetzbarkeit der CIAT durch Laientherapeuten

Obwohl bisherige Studien zur Umsetzbarkeit therapeutischer Ansätze durch Laien auf die

generelle Wirksamkeit hinweisen (z.B. Meikle et al. 1979, Wertz et al. 1986, David et al.

1989, Worral & Yiu 2000), ist die Aussagekraft dieser Studien aufgrund methodischer

Mängel wie geringe Stichprobengrößen (Lesser et al. 1986, Worral & Yiu 2000), hohe drop-

out-Raten (Worral & Yiu 2000, David et al. 1989) sowie fehlende Randomisierung der

Patienten zu den Gruppen (Worral & Yiu 2000) eingeschränkt.

Andere Ansätze zielen auf eine allgemeine Informationsvermittlung ab, untersuchen jedoch

nicht eine spezifische Umsetzung therapeutischer Module durch Laien (z.B. Kagan 1998,

Borenstein et al. 1987, Lyon et al. 1997, Booth & Swabey 1999, Hinckley & Packard 2001

sowie Rayner & Marshall 2003). Generelles Ziel dieser Ansätze stellt nicht primär eine

Verbesserung der aphasischen Symptomatik dar, sondern des generellen Befindens bzw. eine

Verringerung der psychosozialen Konsequenzen der Aphasie.

Ziel der vorliegenden Untersuchung war, die Umsetzbarkeit der CIAT durch

Laientherapeuten im Rahmen einer randomisierten und kontrollierten Untersuchung zu

evaluieren sowie Hinweise auf Probleme zu erhalten, die dabei entstehen können.

7.2.1 Wirksamkeit der Laientherapie

Für beide Therapiegruppen ergaben sich vergleichbare Verbesserungen der sprachlichen

Leistungen in einem standardisierten Sprachtest. Sie unterschieden sich nicht signifikant

hinsichtlich des Ausmaßes der Verbesserungen, weder bezüglich der Verbesserungen im

Einzelfall noch auf Gruppenebene. Insbesondere im Rahmen der Angehörigen-

Trainingsgruppe konnten ebenfalls deutliche und im Einzelfall signifikante Verbesserungen

sprachlicher Leistungen nachgewiesen werden. Dies ist besonders beachtlich, da sich die

Patienten der Angehörigen-Gruppe aufgrund der Randomisierung durch ein signifikant

höheres Lebensalter und eine tendenziell längere Erkrankungsdauer auszeichneten. Die

Ergebnisse weisen auf die Effektivität der CIAT hin, auch wenn diese durch geschulte

Laientherapeuten durchgeführt wird. Dies repliziert die Resultate anderer Studien, dass für

Therapieerfolg v.a. die Intensität des Trainings entscheidend ist (z.B. Pulvermüller 2001,

Boghal 2003, Meinzer et al. 2005, Barthel et al. 2005). Die vergleichbare Wirksamkeit weist

darauf hin, dass die CIAT nach kurzer Einweisung auch durch Laien umgesetzt werden kann.

Die vierte Hypothese, aufgrund derer vergleichbare Verbesserungen beider Trainingsgruppen

erwartet wurden, wurde somit bestätigt.

Page 58: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 56

Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit anderen Studien, die ebenfalls die Effektivität von

Sprachtherapie durch Laien-Therapeuten nachweisen konnten (Meikle et al. 1979, Wertz et

al. 1986, David et al. 1989, Worral & Yiu 2000).

Geschulte Angehörige konnten somit unter Supervision die CIAT mit vergleichbarer

Effektivität durchführen wie erfahrene Therapeuten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass

Logopäden durch Freiwillige ersetzt werden können. Für deren Schulung und Betreuung, für

die Auswahl der Patienten sowie die Evaluation ihrer Sprachfertigkeiten anhand von

Sprachtests sind professionelle Therapeuten unerlässlich. Laien-Therapie kann eine

ergänzende Alternative für Patienten sein, die aufgrund eingeschränkter Ressourcen

(Verfügbarkeit von Logopäden, finanzielle Ressourcen des Gesundheitssystems) zu wenig

oder keine Therapie erhalten. In diesen Fällen könnten Logopäden eine adäquate Diagnose

stellen, einen Behandlungsplan ausarbeiten, Therapiematerialien zur Verfügung stellen,

Freiwillige schulen und betreuen sowie Fortschritte der Patienten überwachen. Damit könnte

der Widerspruch der Forderung notweniger intensiver Therapie auf der einen Seite, der

jedoch eingeschränkten Ressourcen im Gesundheitssystem auf der anderen Seite durch das

Zurückgreifen auf trainierte Laien-Therapeuten gelöst werden und der momentane Zustand

(allgemein zu wenig Sprachtherapie) behoben werden.

Es wird vermutet, dass v.a. das interaktive und kommunikative Training innerhalb eines

strukturierten Settings gut für eine Durchführung durch Laientherapeuten geeignet ist. Die

CIAT erwies sich vermutlich aufgrund dieser spezifischen Kennzeichen als im Laienkontext

umsetzbar und auch durch Laientherapeuten gut durchführbare Sprachtherapie. Auch der

Supervisionsaufwand war akzeptabel.

Andere Therapieverfahren eignen sich allerdings u.U. weniger gut für eine durch Laien

durchgeführte Therapie. Bei der CIAT handelt es sich um eine Sprachtherapie mit klar

definierten Regeln und manualisierbaren therapeutischen Verhaltensweisen (z.B. durch Lob

soziale Verstärkung bestimmter erwünschter kommunikativer Handlungen). Dadurch konnten

auch unerfahrene Laien innerhalb kurzer Zeit in der Durchführung geschult werden.

Page 59: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 57

Als Testverfahren wurde der Aachener Aphasie Test (AAT, Huber 1983) verwendet. Er

eignet sich zur wiederholten Testung innerhalb weniger Tage (im Rahmen der Validierung

des AAT wurden hohe Retest-Reliabilitäten bei Testungen im Abstand von zwei Tagen

erreicht, siehe Handanweisung AAT, Huber et al. 1983). Da die Grenzen der

Konfidenzintervalle sehr konservativ gewählt sind, kann davon ausgegangen werden, dass die

erzielten Verbesserungen als Therapieeffekt angesehen werden können. In einer aktuellen

Studie von Barthel et al. (2006) konnte zudem die Stabilität der Ermittlung von

Sprachleistungen über wiederholte Baseline-Messungen belegt werden. Die sprachlichen

Fähigkeiten waren über einen Zeitraum von zwei Tagen vergleichbar.

In der vorliegenden Studie wurden keine multiplen Voruntersuchungen zur Sicherung der

Stabilität der Symptomatik vorgenommen. Allerdings nahmen nur Patienten im chronischen

Stadium der Aphasie teil, in dem entscheidende Veränderungen der Symptome innerhalb

kurzer Zeiträume ohne Therapie nicht mehr zu erwarten sind (Robey 1998). Dies wird auch

durch eine Studie von Barthel et al. (2006) belegt, in der hohe Korrelationen zwischen zwei

Vormessungen bei der Analyse von Spontansprache nachgewiesen wurden. Dies weist darauf

hin, dass Spontansprache im Rahmen zweier Vortestungen im Abstand von zwei Tagen stabil

ist.

Auch auf Nachuntersuchungen zur Sicherung der Stabilität der erzielten Verbesserungen

wurde verzichtet. Die Studie von Meinzer et al. (2005) liefert einen Hinweis zur Stabilität

erreichter Leistungssteigerungen. Dabei wurden 27 mit CIAT trainierte Patienten nach sechs

Monaten erneut untersucht. Die während der Therapie erzielten Verbesserungen erwiesen

sich auf Gruppenebene sowie im Einzelfall als stabil. Dies konnte in der vorliegenden Studie

im Einzelfall bestätigt werden. Eine Patientin nahm wiederholt teil. Ihre sprachlichen

Verbesserungen im Rahmen der ersten Interventionsphase erwiesen sich über den Zeitraum

von sechs Monaten bei Beginn der zweiten Therapie als stabil.

Ein Verfahren zur Überprüfung der Generalisierung der Therapieeffekte in den Alltag im

Sinne einer verbesserten Alltagskommunikation wurde aufgrund des Pilotcharakters der

Studie nicht durchgeführt. Die Studie von Meinzer et al. (2005) weist jedoch auf eine

Zunahme kommunikativer Aktivität im Alltag hin.

7.2.2 Akzeptanz der Laientherapie

Die Akzeptanz der CIAT war groß, kein Patient brach das Training wegen

Motivationsmangel oder Überanstrengung aufgrund der hohen Intensität ab. Das massierte

Darbieten der Therapie scheint kein Nachteil zu sein. Die Angehörigen waren von der

Page 60: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 58

leichten Durchführbarkeit der CIAT positiv überrascht, sie fühlten sich weder überfordert

noch alleine gelassen. Trotz fehlender Vorerfahrung im Umgang mit CIAT zeigten die

Angehörigen hohes Selbstvertrauen in ihrer Rolle als Therapeut. Keiner gab Probleme beim

Anpassen des Schwierigkeitsgrades der Sprachübungen an das jeweilige Leistungsniveau der

Patienten an. Allen gefiel die Teilnahme an der Studie und sie arbeiteten motiviert mit.

Die erste Hypothese, nach der die Durchführbarkeit der CIAT durch Laien erwartet wurde,

kann damit bestätigt werden.

Die ständige Erreichbarkeit eines erfahrenen Therapeuten im Nebenzimmer sowie die

Besprechungen vor und nach der Therapie und die tägliche Supervision nach Beendigung des

Trainings wurden jedoch als sinnvoll und notwenig erachtet. Der Therapeut war zwar

während des Trainings nicht im selben Raum anwesend, die Angehörigen hatten jedoch die

Sicherheit, dass bei Problemen Hilfe verfügbar war. Die Patienten zeigten eine hohe

Akzeptanz der Laien-Therapeuten, auch zwischen Angehörigen traten keine sozialen oder

Rollenkonflikte auf.

Nur bei einem Patienten traten während der zweiwöchigen Therapie Probleme auf. Er zeigte

deutlich schwerere sprachliche Beeinträchtigungen als aufgrund der Sprachtestergebnisse zu

erwarten war. Um die sich ergebenden Probleme im Gruppensetting (Patient selbst

überfordert, die übrigen Teilnehmer können nicht an ihrem Maximum trainieren) zu lösen,

erhielt er eine Stunde pro Tag Einzeltherapie nach dem PACE-Ansatz (Promoting aphasics'

communicative abilities) von Davis (Davis & Wilcox 1985), die ebenfalls von einem

Angehörigen durchgeführt wurde. Dies schränkt jedoch nicht generell die Umsetzbarkeit der

CIAT durch Laientherapeuten ein. Es weist darauf hin, dass bei der Umsetzung im

Laienkontext besonders auf die Gruppeneinteilung bzw. die Eignung der einzelnen Patienten

im Sinne des Schwergrads ihrer Aphasie geachtet werden muss.

Die Angehörigen äußerten sich positiv darüber, dass sie in die Therapie miteinbezogen

wurden und aktiv ihre aphasischen Familienmitglieder unterstützen konnten. Das

Rehabilitationspotential von Angehörigen ist nicht zu unterschätzen. Da sie die meiste Zeit

mit den Patienten verbringen, können sie, wenn sie in den Rehabilitationsprozess

miteinbezogen werden, aktiv die Erholung der Funktionsbeeinträchtigungen der Patienten

unterstützen. Durch ihr erworbenes Wissen und die Übung können sie auch nach Abschluss

des Intensivtrainings weiterhin Aspekte der Therapie umsetzen, in den Alltag integrieren und

so die Sprachfähigkeiten der Patienten weiterhin fördern und unterstützen. Vor allem kann so

Page 61: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 59

verhindert werden, dass die Angehörigen die Kommunikation für die Patienten übernehmen,

was eine weitergehende Verbesserung der Sprachfunktionen der Patienten verhindert.

Dennoch kann dies logopädische Behandlungen durch ausgebildete Sprachtherapeuten nicht

ersetzen, sondern lediglich ergänzen. Auch sollte das mögliche Konfliktpotential beim

Auftreten der eigenen Angehörigen als Therapeuten nicht unterschätzt werden. In der

vorliegenden Studie traten keine sozialen oder Rollenkonflikte auf. Das Risiko derartiger

Spannungen wurde in dieser Untersuchung u.U. durch die Tatsache, dass sich pro Gruppe

zwei oder drei Angehörige als Therapeuten abwechselten, minimiert. Dennoch sollte in

weiteren Studien, die sich mit Sprachtherapie im Laienkontext befassen, das potentielle

Risiko interindividueller Konflikte zwischen Patienten und Angehörigen bedacht werden.

Unter Umständen eignen sich unbekannte freiwillige Helfer besser als Laien-Therapeuten.

Die zweite Hypothese, nach der diese Studie Hinweise auf notwendige Rahmenbedingungen

sowie potentielle Probleme bei der Durchführbarkeit der CIAT durch Laientherapeuten gibt,

kann ebenfalls bestätigt werden.

In der vorliegenden Studie wurde erstmals die Effektivität und Durchführbarkeit einer

spezifischen sprachtherapeutischen Intervention im Laienkontext im Rahmen einer

randomisierten und kontrollierten Untersuchung evaluiert. Weitere kontrollierte Studien sind

jedoch nötig, um die Wirksamkeit von CIAT durch geschulte Laien-Therapeuten bestätigen

zu können. Diese Studien sollten auch die Langzeitstabilität der erreichten

Leistungssteigerungen und den Einfluss der Therapie auf die alltägliche Kommunikation

untersuchen. Auch andere therapeutische Verfahren sollten in kontrollierten Studien auf ihre

Durchführbarkeit durch Laien hin überprüft werden. Von dieser Untersuchung kann nicht auf

eine grundsätzliche Durchführbarkeit von Sprachtherapie im Laienkontext geschlossen

werden. Die Durchführung durch Laien war vor allem aufgrund der klaren Struktur, den

vorgegebenen Regeln und manualisierbaren therapeutischen Verhaltensweisen der CIAT

sowie der Schulung und Supervision der Angehörigen möglich.

In der vorliegenden Untersuchung erwies sich die CIAT als effektiv und im Laienkontext

umsetzbar. Eine weitergehende Umsetzung im Rahmen von Selbsthilfegruppen scheint

aufgrund der positiven viel versprechenden Ergebnisse dieser Studie (durch kurzes Training

und tägliche Supervision können Laien vergleichbare Verbesserungen erzielen wie erfahrene

Therapeuten) möglich und erfolgversprechend. Freiwilligen dieser Selbsthilfegruppen könnte

Page 62: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 60

Trainingsmaterial zur Verfügung gestellt werden und sie könnten in einer zweitägigen

Schulung als Laien-Therapeuten ausgebildet werden. Für die weitere tägliche Supervision

könnten die neuen Medien (Telefon, Internet) genutzt werden. Die Schulung und Betreuung

der Laien-Therapeuten könnte auch durch ansässige Logopäden vor Ort erfolgen. Damit

könnten viele aphasische Patienten auch im chronischen Stadium der Aphasie intensive

Sprachtherapie erhalten, die ihnen momentan aufgrund eingeschränkter Ressourcen im

Gesundheitssystem häufig vorenthalten bleibt.

Das Hauptaugenmerk dieser Studie lag auf der Verbesserung der sprachlichen Defizite der

Patienten. Dennoch müssen in der Behandlung chronischer Aphasiker auch andere Faktoren

mitberücksichtigt werden. Vor allem in jüngster Zeit herrscht in der Forschung wachsendes

Interesse an der Verringerung der psychosozialen Konsequenzen von Aphasie (z.B. wenig

Teilnahme am sozialen Leben, reduziertes Selbstwertgefühl). Das Ziel entsprechender

Studien besteht u.a. in der Reintegration der Patienten in das soziale Leben, der Verbesserung

des emotionalen Wohlbefindens sowie in der Umsetzung eines Trainings von Angehörigen,

um Interaktionen mit Patienten zu erleichtern (z.B. Lyon et al. 1997, Kagan 1998, Hinckley &

Packard 2001, Rayner & Marshall 2003).

Mit einer Umsetzung der CIAT in Selbsthilfegruppen könnte nicht nur die Gesamtzahl an

Therapiestunden erhöht, sondern auch negative psychosoziale Konsequenzen der Aphasie

gemindert werden. Eine derartige Umsetzung könnte eine generelle sprachliche Aktivierung

der Patienten sowie eine Besserung des allgemeinen Wohlbefindens von Patienten und deren

Angehörigen bewirken, indem Patienten sich durch den Kontakt zu anderen Betroffenen

wieder vermehrt am sozialen Leben beteiligen. In der vorliegenden Studie berichteten die

Patienten über eine Zunahme gemeinsamer Unternehmungen (z.B. Restaurantbesuche,

Ausflüge). Sie beteiligten sich wieder mehr am sozialen Leben, womit auch die Situationen,

in denen sie sprachlich aktiv wurden und damit selbst zu ihrer sprachlichen Rehabilitation

beitrugen, zunahmen. Parallel lernten die Angehörigen durch die Schulung und durch ihre

Rolle als Therapeut, wie sie aktiv die Patienten dabei unterstützen können (z.B. Zeit lassen,

Patient zur Kommunikation ermutigen, weniger sprachliche Tätigkeiten selbst übernehmen).

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass diese Studie den Hinweis liefert, dass die

Durchführung von Sprachtherapie durch geschulte Laien unter Supervision prinzipiell

möglich und effektiv ist. Das Zurückgreifen auf trainierte nicht-professsionelle Therapeuten

als Ergänzung zu konventioneller Logopädie könnte ein Weg sein, v.a. Patienten im

Page 63: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 61

chronischen Stadium der Aphasie notwendige und effektive intensive Sprachtherapie

zukommen zu lassen, die ihnen häufig aufgrund der eingeschränkten Ressourcen im

Gesundheitssystem vorenthalten bleibt. In der Zukunft könnte das Einführen dieses

Vorgehens in Selbsthilfegruppen ein weiterer Schritt sein, um die Behandlungssituation von

aphasischen Patienten zu verbessern.

Page 64: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 62

8. Zusammenfassung

Aktuelle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass für erfolgreiche Aphasie-Therapie vor

allem im chronischen Stadium eine hohe Behandlungsintensität entscheidend ist. Im Rahmen

der neurologischen Rehabilitation ist dies jedoch aufgrund begrenzter Ressourcen

(Verfügbarkeit von Logopäden, finanzielle Ressourcen des Gesundheitssystems) meist nicht

zu realisieren. In der Folge erhalten viele Patienten vor allem in späteren Phasen der

Erkrankung keine optimale sprachtherapeutische Betreuung.

Eine Alternative, um die Behandlungssituation aphasischer Patienten zu verbessern, könnte

das Einbeziehen von Laientherapeuten als Ergänzung zu konventioneller Sprachtherapie sein.

In der vorliegenden randomisierten Kontrollstudie wurde die Effektivität und Durchführbarkeit

der Constraint-Induced Aphasia Therapy (CIAT) durch nicht-professionelle Therapeuten

untersucht. Dabei wurden die Ergebnisse von Patienten, die von geschulten Angehörigen

trainiert wurden, mit solchen, die dieselbe Sprachtherapie von erfahrenen Therapeuten

erhielten, anhand eines standarisierten Sprachtests (Aachener Aphasie Test) verglichen. Die

CIAT, eine kommunikative Sprachtherapie, findet in einem interaktiven, ökonomischen und

motivational günstigen Gruppensetting statt. Sie zeichnet sich durch verschiedene

lernpsychologische Prinzipien aus: „massed practice“ (intensives Üben: 30 Stunden an zehn

aufeinander folgenden Tagen), „constraints“ (Einschränkung nicht beeinträchtiger

Verhaltensweisen, d.h. non-verbaler Kommunikation), „shaping“ (schrittweise Steigerung der

Anforderungen) sowie Verhaltensrelevanz (Sprachübungen im therapeutischen Gruppensetting

ähneln alltäglicher Kommunikation).

Beide Behandlungsgruppen verbesserten sich signifikant unmittelbar nach Therapieende in

einem standardisierten Sprachtest (Aachener Aphasie Test). Es wurden keine Unterschiede im

Ausmaß der Verbesserungen zwischen den Gruppen gefunden.

Alle Patienten verblieben bis zum Ende in der Therapie, Angehörige und Patienten zeichneten

sich durch hohe Compliance und gegenseitiges Vertrauen aus. Die CIAT erwies sich als gut

durch Laien durchführbare Therapie.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass CIAT, von geschulten Laien unter Supervision

durchgeführt, eine Ergänzung zu konventioneller Sprachtherapie darstellen kann, um die

Gesamtzahl an Therapiestunden zu erhöhen. In der Zukunft könnte das Einführen dieses

Page 65: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 63

Vorgehens in Selbsthilfegruppen ein weiterer Schritt sein, um die Behandlungssituation

aphasischer Patienten zu verbessern.

Page 66: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 64

Literaturverzeichnis

Aftonomos, L.B., Appelbaum, J.S. & Stelle, R.D. (1999) Improving outcomes for persons

with aphasia in advanced community-based treatment programs. Stroke, 30, 1370-1379

Aten, J.L., Caligiuri, M.P. & Holland, A.L. (1982) The efficacy of functional communication

therapy for chronic aphasic patients. Journal of Speech and Hearing Disorders, 47, 93-

96

Barthel, G. (2005) Modellorientierte Sprachtherapie und Aachener Sprachanalyse: Evaluation

bei Patienten mit chronischer Aphasie. Dissertation Universität Konstanz (www.ub.uni-

konstanz.de/kops/volltexte/2005/1628)

Barthel, G., Djundja, D., Meinzer, M., Rockstroh, B. & Eulitz, C. (2006) Aachener

Sprachanalyse (ASPA): Evaluation bei Patienten mit chronischer Aphasie. Sprache,

Stimme und Gehör, 30, 103-110. Thieme, Stuttgart

Basso, A. (1992) Prognostic factors in aphasia. Aphasiology, 6, 337-348

Basso, A., Capitani, E. & Vignolo, L.A. (1979) Influence of rehabilitation on language skills

in aphasic patients. A controlled study. Archives of Neurology, 36, 190-196

Basso, A. & Caporali, A. (2001) Aphasia therapy or the importance of beeing earnest.

Aphasiology, 15, 307-332

Bauer, A., de Langen-Müller, U., Glindemann, R., Schlenck, C., Schlenck, K.-J. & Huber, W.

(2002) Qualitätskriterien und Standards für die Therapie von Patienten mit erworbenen

neurogenen Störungen der Sprache (Aphasie) und des Sprechens (Dysarthrie). Leitlinien

2001. Aktuelle Neurologie, 29, 63-75

Bhogal, S.K., Teasell, R. & Speechley, M. (2003) Intensity of aphasia therapy: Impact on

recovery. Stroke, 34, 987-993

Biniek, R. (1993) Akute Aphasien. Thieme, Stuttgart

Bollinger, R.L., Musson, N.D. & Holland, A.L. (1993) A study of group communication

intevnetion with chronically aphasic persons. Aphasiology, 7, 301-313

Bongartz, R. (1998) Kommunikationstherapie mit Aphasikern und Angehörigen. Grundlagen

– Methoden – Materialien. Thieme, Stuttgart

Booth, S. & Swabey, D. (1999) Group training in communication skills for carers of adults

with aphasia. International Journal of Language and Communication Disorders, 34,

291-309

Page 67: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 65

Borenstein, P., Linell, S. & Whärborg, P. (1987) An innovative therapeutic program for

aphasia patients and their relatives. Scandinavian Journal of Rehabilitation Medicine,

19, 51-56

Bucher, P.O., Zumsteg, I. & Rentsch, H.P. (1997) Sprachrehabilitation bei Aphasie im

Konzept der Internationalen Klassifikation der Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und

Beeinträchtigungen (ICIDH). Die Rehabilitation, 36 (4), 238-243

Cao, Y., Vikingstad, E.M., George, K.P., Johnson, A.F. & Welch, K.M. (1999) Cortical

language activation in stroke patients recovering from aphasia with functional MRI,

Stroke, 30, 2331-2340

Carlomagno, S., Pandolfi, M., Labruna, L., Colombo, A. & Razzano, C. (2001) Recovery

from moderate aphasia in the first year poststroke: effect of type of therapy. Archives of

physical medication and rehabilitation, 82, 1073-1080

Chung, P.W., Seo, D.W., Kwon, J.C., Kim, H. & Na, D.L. (2002) Nonconvulsive status

epilepticus presenting as a subacute progressive aphasia. Seizure, 11, 449-454

David, R., Enderby, P. & Bainton, D. (1982) Treatment of acquired aphasia: speech therapists

and volunteers compared. Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry, 45, 957-

961

Davis, G.A. & Wilcox, M.J. (1985) Adult aphasia rehabilitation: Applied pragmatics.

College-Hill press, San Diego (Cal.)

Duffy (1986) Schuell's stimulation approach in rehabilitation. In: Language intervention

strategies, R. Chapey (Hrsg.), Grune & Stratton, Baltimore, 187-214

Elman, R.J. & Bernstein-Ellis, E. (1999) Psychosocial aspects of group communication

treatment. Preliminary findings. Seminars of Speech and Language, 20, 65-71; quiz 71-

62

Frassinetti, F., Angeli, V., Meneghello, F., Avanzi, S. & Ladavas, E. (2002) Long-lasting

amelioration of visuospatial neglect by prism adaptation. Brain, 125, 608-623

Glindemann, R., Ziegler, W. & Kilian, B. (2002) Aphasie und Kommunikation. In

Goldenberg, G., Pössl, J. & Ziegler, W. (Hrsg.), Neuropsychologie im Alltag. Thieme,

Stuttgart, 78-97

Greener, J., Enderby, P. & Whur, R. (2002) Speech and language therapy for aphasia

following stroke (Cochrane Review). The Cochrane Library

Heiss, W. D., Kessler, J., Karbe, H., Fink G.R. & Pawlik, G. (1993) Cerebral glucose

metabolism as a predictor of recovery from aphasia in ischemic stroke. Archives of

Neurology, 50, 958-964

Page 68: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 66

Heiss, W.D., Kessler J., Thiel, A., Ghaemi, M. & Karbe, H. (1999) Differential capacity of

left and right hemispheric areas for compensation of poststroke aphasia. Annals of

Neurology, 45, 430-438

Heiss, W.D., Thiel, A., Kessler, J. & Herholz, K. (2003) Disturbance and recovery of

language function: correlates in PET activation studies. Neuroimage, 20 Suppl. 1, S42-

49

Hillis, A.E. & Heidler, J. (2003) Mechanisms of early aphasia recovery. Aphasiology, 16,

885-895

Hinckley, J.H. & Craig, H.K. (1998) Influence of the rate of treatment on the naming abilities

of adults with chronic aphasia. Aphasiology, 12, 1989-2006

Hinckley, J.J. & Packard, M.E.W. (2001) Family education seminars and social functioning

of adults with chronic aphasia. Journal of Communicative Disorders, 34, 241-254

Holland, A. L. (1980) Communicative abilities in daily living: A test of functional

communication for aphasic adults. University Park Press, Baltimore

Holland, A.L., Fromm, D.S., DeRuyter, F. & Stein, M. (1996) Treatment efficacy: aphasia.

Journal of Speech Language and Hearing Research, 39, 27-36

Huber, W., Poeck, K. & Weniger, D. (1997) Aphasie. In Hartje, W. & Poeck, K. (Hrsg.),

Klinische Neuropsychologie. Thieme, Stuttgart, 80-143.

Huber, W., Poeck, K. & Weniger, D. (2000) Aphasie. In Hartje, W. & Poeck, K. (Hrsg.),

Klinische Neuropsychologie. Thieme, Stuttgart, 80-138.

Huber, W., Poeck, K., Weniger, D. & Willmes, K. (1983) Aachener Aphasie Test (AAT) –

Handanweisung. Hogrefe, Göttingen

Huber, W. & Ziegler, W. (2000) Störungen von Sprache und Sprechen. In Sturm, W.,

Hermann, M. & Wallesch, C.W. (Hrsg.) Lehrbuch der klinischen Neuropsychologie.

Swets & Zeitlinger, Frankfurt

Kagan, A. (1998) Supported conversation for adults with aphasia: methods and resources for

training conversation partners. Aphasiology, 12, 816-830

Kagan, A., Black, S.E., Duchan, J.F., Simmons-Mackie, N. & Square, P. (2001) Training

volunteers as conversation partners using “supported conversation for adults with

aphasia” (SCA): a controlled trial. Journal of Speech, Language and Hearing Research,

44, 624-638

Kagan, A. & Gailey, G.F. (1993) Functional is not enough: training conversation partners for

aphasic adults. In Holland, A.L. & Forbes, M.M. (Hrsg.) Aphasia Treatment: World

Perspectives (San Diego: Singular Press), 199-226

Page 69: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 67

Kalbe, E., Reinhold, N., Ender, U. & Kessler, J. (2002) Aphasie-Check-Liste (ACL). Prolog,

Köln

Karbe, H., Kessler, J., Herholz, K., Fink, G.R. & Heiss, W.D. (1995) Long-term prognosis of

poststroke aphasia studied with positron emission tomography. Archives of Neurology,

52, 186-190

Karbe, H., Thiel, A., Weber-Luxenburger, G., Herholz, K., Kessler, J. & Heiss, W.D. (1998)

Brain plasticity in poststroke aphasia. Brain and Language, 64, 215-230

Katz, R.C. & Wertz, R.T. (1997) The efficacy of computer-provided reading treatment for

chronic aphasic adults. Journal of Speech Language and Hearing Research, 40, 493-507

Koller, M., Haenny, P., Hess, K., Weniger, D. & Zangger, P. (1990) Adjusted hypervolemic

hemodilution in acute ischemic stroke. Stroke, 21, 1429–1434

Lesser, R., Bryan, K., Anderson, J. & Hilton, R. (1986) Involving relatives in aphasia

therapy: an application of language enrichment therapy. International journal of

rehabilitation research, 9, 259-267

Liepert, J., Bauder, H., Wolfgang, H.R., Miltner, W.H., Taub, E. & Weiller, C. (2000)

Treatment-induced cortical reorganization after stroke in humans. Stroke, 31, 1210-

1216

Liepert, J., Miltner, W.H., Bauder, H., Sommer, M., Dettmers, C., Taub, E. & Weiller, C.

(1998) Motor cortex plasticity during constraint-induced movement therapy in stroke

patients. Neuroscience Letters, 250, 5-8

Lyon, J.G., Carisiki, D., Keisler, L., Rosenbek, J., Levine, R., Kumpula, J., Ryff, C., Coyne,

S. & Blanc, M. (1997) Communication partners: Enhancing participation in life and

communication for adults with aphasia in natural settings. Aphasiology, 11, 693-708

Maher, L.M., Kendall, D., Swearengin, J.A., Rodriguez, A., Leon, S.A., Pingel, K., Holland,

A. & Gonzalez Rothi, L.J. (2006) A pilot study of use-dependant learning in the context

of Constraint Induced Language Therapy. Journal of the international

Neuropsychological Society, 12 (6), 843-852

Meikle, M., Wechsler, E., Tupper, A., Benenson, M., Butler, J., Mulhall, D. & Stern, G.

(1979) Comparative trial of volunteer and professional treatments of dysphasia after

stroke. British medical journal, 2, 87-89

Meinzer, M., Djundja, D., Barthel, G., Elbert, T. & Rockstroh, B. (2005) Long-Term stability

of improved language functions in chronic aphasia after constraint-induced aphasia

therapy. Stroke, 36, 1462-1466

Page 70: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 68

Meinzer, M., Elbert, T., Djundja, D., Rockstroh, B. & Taub, E. Extending the Constraint-

Induced Movement therapy approach to higher cognitive functions: Constraint-Induced

Aphasia Therapy, zur Publikation eingereicht (Neurorehabilitation)

Nickels, L. A. (2000) A sketch of the cognitive processes involved in the comprehension and

production of single words. http://www.maccs.mq.edu.au/~lyndsey/model.doc.

Nickels, N. (2002) Therapy for naming disorders: revisiting, revising and reviewing,

Aphasiology 16, 935-979

Pedersen, P.M., Jorgensen, H.S., Nakayama, H., Raaschou, H.O. & Olsen, R.S. (1995)

Aphasia in acute stroke: incidence, determinants, and recovery. Annals of Neurology,

38, 659-666

Peuser, G. & Winter, S. (2000) Lexikon zur Sprachtherapie: Terminologie der

Patholinguistik. München: Fink

Poeck, K. (1983) What do we mean by “aphasic syndromes”? A neurologist’s view. Brain

and language, 20, 79-89

Poeck, K., Huber, W. & Willmes K. (1989) Outcome of intensive language treatment in

aphasia. Journal of Speech and Hearing Disorders, 54, 471-479

Pulvermüller, F. (1990) Aphasische Kommunikation. Gunther Narr Verlag.

Pulvermüller, F., Neininger, B., Elbert, T., Mohr, B., Rockstroh, B., Knoebbel, P. & Taub, E.

(2001) Constraint-Induced therapy of chronic aphasia after stroke. Stroke, 32, 1621-

1626

Pulvermüller, F. & Roth, V.M. (1991) Communicative aphasia treatment as a further

development of PACE therapy. Aphasiology, 5, 39-50

Pulvermüller, F., Roth, V.M. & Schönle, P.W. (1992) Neue Wege der Sprachtherapie.

Nervenarzt, 63, 137-142

Rayner, H. & Marshall, J. (2003) Training volunteers as conversation partners for people with

aphasia. International Journal of Language and Communication Disorders, 38, 149-164

Robey, R.R. (1994) The efficacy of tretament for aphasic persons. A meta-analysis. Brain and

Language, 47, 582-608

Robey, R.R. (1998) A meta-analysis of clinical outcomes in the treatment of aphasia. Journal

of Speech Language and Hearing Research, 41 (1), 172-187

Schleck, C., Springer, L. & Schlenck, K. (1995) Die Behandlung des schweren

Agrammatismus: Reduzierte-Syntax Therapie [The treatment of marked agrammatism:

Reduced Syntax Therapy], Thieme, Stuttgart

Page 71: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 69

Schnider, A. (1997) Verhaltensneurologie: die neurologische Seite der Neuropsychologie;

eine Einführung für Ärzte und Psychologen. Thieme, Stuttgart

Schuell, H. (1974) Aphasia theory and therapy. University Park Press, Baltimore

Shewan, C.M. & Bandur, D.L. (1986) Treatment of aphasia: a language oriented approach,

College Hill Press, San Diego

Springer, L., Willmes, K. & Haag, E. (1993) Training the wh-questions and prepositions in

dialogues: A comparison of two different approaches in aphasia therapy. Aphasiology,

7, 251-270

Taub, E., Uswatte, G. & Elbert, T. (2002) New treatments in neurorehabilitation founded on

basic research. National Review of Neuroscience, 3, 228-236

Tesak, J. (2001) Grundlagen der Aphasietherapie. Schulz-Kirchner Verlag GmbH, Idstein

Wallesch, C.W., Bak, T. & Schulte-Mönting, J. (1992) Acute aphasia – patterns and

prognosis. Aphasiology, 6, 373-385

Weniger, D. & Springer, L. (2000) Therapie der Aphasien. In Hartje, W., Poeck, K. (Hrsg.)

Klinische Neuropsychologie. Thieme, Stuttgart

Wertz, R.T., Weiss, D.G., Aten, J.L., Brookshire, R.H., Garcia-Bunuel, L., Holland, A.L.,

Kurtzke, J.F., LaPointe, L.L., Milianti, F.J., Brannegan, R., Greenbaum, H., Marshall,

R.C., Vogel, D., Carter, J., Barnes, N.S. & Goodman, R. (1986) Comparison of clinic,

home and deferred language treatment for aphasia: A Veterans Administration

cooperative study. Archives of Neurology, 43, 653-658

Worrall, L. & Yiu, E. (2000) Effectiveness of functional communication therapy by

volunteers for people with aphasia following stroke. Aphasiology, 9, 911-924

Ziegler, W., Ackermann, H. Goldenberg, G., Huber, W., Springer, L. & Willmes von

Hinckeldey, K. (2006). Richtlinien für die Rehabilitation aphasischer Störungen nach

Schlaganfall. Deutsche Gesellschaft für Neurologie (www.dgn.org; Richtlinien:

http://dgn.org/169.0.html)

Page 72: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 70

Anhang

A) Abkürzungsverzeichnis

AABT Aachener Aphasie Bedside Test

AAT Aachener Aphasie Test

AAT-Profil Profilscore des Aachener Aphasie Tests

ADL Activities of daily living

CADL Communicative Abilities in Daily Living

CAL Communicative Activity Log

CETI Communicative Effectivness Index

CIAT Constraint-Induced Aphasia Therapy

CIAT Ang. Gruppe CIAT Angehörige

CIAT Kon. Gruppe CIAT Kontrollgruppe

CIMT Constraint-Induced Movement Therapy

Be Untertest Benennen des Aachener Aphasie Tests

DGN Deutsche Gesellschaft für Neurologie

Exp.gruppe Experimentalgruppe

L Schweregrad der Aphasie: leichgradig

LET Language Enrichment Therapy

M Schweregrad der Aphasie: mittelgradig

Nicht-klass. Nicht-klassifizierte Aphasie

Nicht-stand. Nicht-standardisierte Tests

NS Untertest Nachsprechen des Aachener Aphasie Tests

PACE Promoting aphasics' communicative abilities

REST Reduced Syntax Therapy

S Schweregrad der Aphasie: schwer

SCA Supported Conversation for Adults with Aphasia

SS Untertest Schriftsprache des Aachener Aphasie Tests

Stand. Standardisierte Tests

SV Untertest Sprachverständnis des Aachener Aphasie Tests

TT Untertest Token Test des Aachener Aphasie Tests

ZNS Zentrales Nervensystem

Page 73: Realisierung der Constraint–Induced Aphasia Therapy (CIAT

CIAT durch Laientherapeuten 71