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Realität – Virtualität –Wirklichkeit 5. Vorlesung (22.5.12): Virtuelle Wirklichkeiten, Interaktion Christoph Hubig

Realität – Virtualität –Wirklichkeit · („second life“) Virtualisierung der Wirklichkeit Probleme: • Verlust der Schnittstellen (resp. Ihrer Disponibilität) zwischen

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Realität – Virtualität –Wirklichkeit

5. Vorlesung (22.5.12):

Virtuelle Wirklichkeiten, Interaktion

Christoph Hubig

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1 Beispiele

Prof. Dr. Ch. Hubig | Institut f. Philosophie | FG Philosophie der wissenschaftlich-technischen Kultur | 2

„Virtueller Freitag“

Jurassic Parc

Las Meninas (Velasquez)

virtuelles Unternehmen

Flugsimulatior

virtuelle Operation

„augmented/mixed realities“/cyber-space

...

To Do‘s eines realen Freitags

Ästhetische/emotionale Anmutung reiner fictio

irritierende Einbindung in eine politische Situation/ Machtkonstellation

Lernerfahrungen und Planungsorientierung (theoretisch)

Lernerfahrungen/Training (praktisch)

virtualisiertes Feed-back der Effekte, Unterstützung durch Simulation

s. u.

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1.1 Las Meninas

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Diego_Vel%C3%A1zquez_Las_Meninas_Die_ Hoffr%C3%A4ulein.jpg&filetimestamp=20070729164924

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2 Von der virtuellen Realität zur virtuellen Wirklichkeit (1)

•  Erhöhung des Anteils an Vermittlungsleistungen/Ermöglichungsleistung der Medien

•  Emanzipation von unmittelbaren Vorstellungen

•  Radikalisierung (entscheidungs-basierter) Wahr-nehmung

•  Steigerung des Anteils hergestellten (nicht ikonischen) Realitätsbezugs ( toy-modelling)

Virtualisierung der Realität

(1)  Bekannte Elemente werden in neuen Szenen kombiniert/montiert (Simulation als fictio)

(2)  Kausalbeziehungen werden auf neuen Datenbasen relationiert und abgebildet (Modellsimulation)

(3)  Verbindung (1) – (2)

Probleme:

Anteil der Konstruktion am Effekt?

Anwendbarkeit der klassischen Test-Kriterien oder noch geben?

Welche (konkurrierenden) virtuellen Realitäten sind/werden wirklich?

•  Konsistenz (wie z. B. bei fata morgana)

•  Kohärenz (Lebenswelt, Laborpraxis)

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2 Von der virtuellen Realität zur virtuellen Wirklichkeit (2)

•  Emanzipation von gegebenen funktionalen Verfasstheiten des In-der-Welt-Seins („Bestand“, „Zeug“) in deren Lichte Realität (Vorhandensein) als „Aufsässigkeit“, „Aufdringlichkeit“ und „Auffälligkeit“ erscheint (M. Heidegger)

•  Erfahrung/Experimentieren in der Wirklichkeit wird zur Erfahrung/zum Experimentieren mit der (simulierten) Wirklichkeit („mixed“, s. u.) sowie in der simulierten Wirklichkeit („second life“)

Virtualisierung der Wirklichkeit Probleme:

•  Verlust der Schnittstellen (resp. Ihrer Disponibilität) zwischen Welt – Medium – Subjekt (Datenbrillen, Frontscheibe als Monitor, Cyber-Space ...)

•  Verlust der Authentifizierung von Effekten als Effekten von ... (Abduktion)

•  Verlust der Interaktion/ Kommunikation als Korrektur- und Legitimationsinstanz

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2 Von der virtuellen Realität zur virtuellen Wirklichkeit (3)

•  Verlust der Kompetenz, Realitätsangebote an der Wirklichkeit einer gemeinsamen Lebenswelt zu testen (Diversifizierung der Lebenswelten, Spezialistentum, Expertendilemma)

•  Verlust der Kompetenz, unterschiedliche virtuelle Wirklichkeiten an einer gemeinsamen Vorstellung von „Realität“ zu testen („virtual: being in effect, but not in appearance“)

Welche Realitäten sind wirklich? Welche Wirklichkeiten sind real?

Parallele zur Diskussion um die Einführung der Schrift bei Sokrates

•  Ersetzung unmittelbarer Erfahrung durch abstrakten Weltbezug •  Ersetzung unmittelbarer Kommunikation durch technisch vermittelte

Kommunikation

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3 Warum?

„Die tiefgreifendsten Technologien sind die, die verschwinden.

Sie verbinden sich mit den Strukturen des täglichen Lebens,

bis sie von ihnen nicht mehr zu unterscheiden sind.

Marc Weiser, 1991

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3.1 ... in der technischen Entwicklung

Mobile Computing noch keine automatische Interaktion

Pervasive Computing „smarte“ Umwelt identifiziert und informiert den Rechner und umgekehrt

Ubiquitous Computing zusätzlich werden Prozesse (z. B. Mobilitätsgestaltung/ Qualitäts- und Quantitäts- veränderungen der Dinge) veranlasst, gesteuert, geregelt

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4. „Mixed realities“ – das Virtualitätsspektrum (Milgram/Kishino)

Augmented reality

•  VR in der Realität (z.B. med. Diagnostik, Navigationssysteme, bildgebende Verfahren in der Nanotechnik)

•  VA in der Realität (z.B. virtuelle Agenten in der realen Welt qua Datenbrille, Historische Kontexte in Blickrichtung, Roboter, Assistenzsysteme, Flugsimulator)

Augmented virtuality

•  als VR in VA (Videoaufnahmen von Realität in VA)Teilnehmerperspektive

•  als (VR in VA) in R Beobachterperspektive (qua Prüfung der Videoaufnahmen in VA)

Virtual environment

•  Immersion als VA in VA

•  System hat keinen Realitätszugang Tutoragenten registrieren nur, was sich in ihrer virtuellen Welt abspielt (z.B. second life, Finanzmärkte)

z.B. Elisabeth André (2001) (Führer, Begleiter, Lehrer) SFB 627

z.B. Marc Cavazza (2004) Augsburger Modell

(André)

virtuelle Umkleidekabine (E. Fleisch) J. Rickel u. W.L. Johnson (1999)

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5. Von der Interaktion zur virtualisierten Interaktion (1)

-  Festlegung der Ziele / funktionalen Erfordernisse (z.B. Lernen, Assistenz, Orientieren, Führen, Koordinieren, (Ver-)Kaufen, Prognostizieren, Beraten, Entscheiden, Vorschreiben etc.)

-  Festlegung notwendiger Kompetenzen und deren Verteilung/Delegation (Wissen, Bewirken-Können etc.)

-  Verteilung der Rollen-/erwartungen als kognitiv normativ

(Initiieren, Adressieren, Adaptieren/Reagieren etc.)

Mensch-System-Schnittstelle Mensch-System-Interface

Mensch-System-Interaktion

Erwartungserwartungen

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5. Von der Interaktion zur virtualisierten Interaktion (2)

-  Festlegung der Kontaktebene (real, augmented real, augmented virtual, virtual)

-  Festlegung der Eingriffsmöglichkeiten und der Eingriffstiefe (ggf. variabel, z.B. beim accident-management) (Werkzeug-, Maschine-, System-Schema) Kriterium: Effektivität

Mensch-System-Interface

Mensch-System-Schnittstelle

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5. Von der Interaktion zur virtualisierten Interaktion (3)

Mensch-System-Interface

Bestimmung der I-Kanäle der I-Codes der I-Tiefe (Transparenz) der I-Transfers (Dichte, Rhythmus ...)

Kriterium Effizienz (Usability etc.)

Im Ubicomp verschwinden zunehmend – subjektiv! – die Mensch-System-Schnittstelle und das Mensch-System-Interface

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5. Von der Interaktion zur virtualisierten Interaktion (4)

Notwendige Differenzierung

Mensch-System-Interaktion Rollenverteilung/Delegation/ Erwartungserwartung kann unklar werden Mensch-System-Schnittstelle Eingriffstiefe kann indisponibel werden

Mensch-System-Interface Informationstransfer kann zum Wirkungsstransfer reduziert werden

„Virtuelle Realitäten werden zu virtuellen Wirklichkeiten bzw. wirklichen Virtualitäten“ (E. Fleisch)

Das “Verschwinden der Computer” (Marc Weiser) – Verlust der “Schnittstellen”

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Weiterführende Fragestellungen

•  Virtualisierte Subjekte der Interaktion

•  Virtualisierte Kontexte („aware context“)

•  Virtualisierung der Identitätsbildung und der Wissensaquisition

Stereotype? (VL 6)

Dekontextualisierung (VL 7)

Rolle der Lebenswelt? (VL 10)