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Sonderdruck M & A Recht und Wirtschaft in der Praxis Liber amicorum für Rudolf Tschäni Herausgegeben von Matthias Oertle Matthias Wolf Stefan Breitenstein Hans-Jakob Diem 2010. Dike Verlag AG, Zürich/St. Gallen ISBN 978-03751-265-4 PATRICK SCHLEIFFER MATTHIAS WOLF Die Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen

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Sonderdruck

M & ARecht und Wirtschaft in der Praxis

Liber amicorum für Rudolf Tschäni

Herausgegeben von Matthias Oertle Matthias Wolf Stefan Breitenstein Hans-Jakob Diem

2010. Dike Verlag AG, Zürich/St. Gallen ISBN 978-03751-265-4

Patrick Schleiffer MatthiaS Wolf

Die Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen

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Die Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen

PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF∗

Inhaltsübersicht

I. Einleitung 298 II. Sekundärplatzierungen 298

A. Beweggründe und Interessen 298 B. Arten von Sekundärplatzierungen 299

1. Blocktrade 299 2. Marketed Offering 300 3. Paketverkauf 300

III. Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen 301 A. Anlass und Motivation für die Mitwirkung der Gesellschaft 301 B. Mitwirkung der Gesellschaft im Platzierungsprozess 302

1. Arten der Mitwirkung 302 2. Mitwirkung bei der Informationsvermittlung und Vermarktung 303

a) Roadshows und Einzelgespräche 303 b) Zulassung und Mitwirkung bei einer Due Diligence 304 c) Prospekt 306

3. Gewährleistungen, Haftungsfreistellung, Mitwirkung am Prospekt, Marktschutzvereinbarungen und Kostenübernahme durch die Gesellschaft 307 a) Gewährleistungen und Haftungsfreistellung der Banken 307 b) (Mit-)Übernahme des Risikos der Prospekthaftung 309 c) Marktschutzvereinbarungen 309 d) Kostentragung 310

4. Gegenleistungen für die Mitwirkung der Gesellschaft 311 C. Börsen- und insiderrechtliche Aspekte 312

1. Ad hoc-Publizität 312 2. Insiderrechtliche Aspekte 313 3. Marktaufsichtsrechtliche Aspekte 315 4. Offenlegungsrechtliche Aspekte 316

∗ Wir danken MLaw Patrick Schärli herzlich für die Unterstützung bei der Ausarbeitung dieses

Beitrags.

PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF

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I. Einleitung

Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich mit der Frage, inwieweit Publikums-gesellschaften bei Sekundärplatzierungen (Secondary Placements oder Secondary Offe-rings), welche also bestehende und (meist) auch bereits kotierte1 Aktien von ihr betreffen, die Platzierung dieser Aktien unterstützen können, wie eine solche Mit-wirkung (gesellschafts-)rechtlich zu beurteilen und gegebenenfalls zu rechtfertigen ist und innerhalb welcher rechtlichen Schranken sie allenfalls zu erfolgen hat.

Nicht Gegenstand dieses Aufsatzes ist die Beteiligungsnahme eines (neuen) Akti-onärs über eine Kapitalerhöhung.2 Ebenfalls nicht weiter behandelt werden soll im Rahmen dieses Aufsatzes die (freundliche oder unfreundliche) Übernahme der Ziel-gesellschaft oder der Erwerb einer kontrollierenden Beteiligung durch einen oder mehrere Investoren. Nur soweit von Bedeutung im Rahmen dieses Aufsatzes soll ausserdem auf sogenannte Investorenvereinbarungen eingegangen werden, welche bisweilen im Rahmen der Beteiligungsnahme eines Grossaktionärs zwischen diesem und der Zielgesellschaft abgeschlossen werden und welche die Bedingungen dieser Beteiligungsnahme und/oder die Beziehung zwischen der Gesellschaft und dem In-vestor nach dessen Beteiligungserwerb regeln.3

II. Sekundärplatzierungen

A. Beweggründe und Interessen

Auslöser für eine Umplatzierungstransaktion ist meist der Wunsch eines Gross-aktionärs nach einem ganzen oder teilweisen Ausstieg aus seiner Investition bzw. nach ihrer Realisierung. Ausgangspunkt für seinen Entscheid zu einer Sekundärplat-zierung ist für den Veräusserer der Umstand, dass in aller Regel ein Aktienpaket

1 Sekundärplatzierungen betreffen nicht zwingend die Platzierung bereits kotierter Aktien. So ist bei

Börsengängen nicht unüblich, dass ein Teil der angebotenen Aktien aus den Beständen der Alt-aktionäre stammen. Vgl. STEFAN WALLER, Das Underwriting Agreement, Grundlagen der vertrag-lichen Regelung öffentlicher Aktienplatzierungen, Diss., Zürich/Basel/Genf 2010, 17 ff.

2 Zu dieser Form der Beteiligungsnahme vgl. ausführlich FRANK GERHARD, Private investments in public equity (PIPE) – Ein Blick auf PIPE-Transaktionen in der Schweiz, GesKR 2006, 286 ff.; ROLF WATTER/DIETER DUBS, Anchor Shareholders und Grossaktionäre: Ihr Einstieg, ihre vertragli-che Einbindung und ihre Information, in: Mergers & Acquisitions XII, hrsg. von Rudolf Tschäni, Zürich 2010, 1 ff.

3 Vgl. ROGER KIEM, Investorenvereinbarungen im Lichte des Aktien- und Übernahmerechts, AG 2009, 301 ff.; MAXIMILIAN SCHIESSL, Auf der Suche nach dem «Ankeraktionär» – «PIPE»-Transaktionsmodelle und Organpflichten, AG 2009, 385 ff., 391; WATTER/DUBS (FN 2), 14 ff.

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durch Verkäufe über die Börse wegen des im Markt entstehenden Überangebots ent-weder gar nicht oder nicht in der Nähe des aktuellen Börsenkurses platziert werden kann.4 Dieses Bedürfnis befriedigen Investmentbanken, indem sie verkaufswilligen Grossaktionären ihre Platzierungskraft bei (zumeist institutionellen) Investoren und ihre Leistungen im Rahmen der Markteinschätzung und Vermarktung zur Verfügung stellen.

B. Arten von Sekundärplatzierungen

Werden bei einer Sekundärplatzierung bestehende kotierte Aktien einer Publikums-gesellschaft umplatziert, geschieht dies meistens in der Form eines sogenannten Blocktrade, seltener auch in der Form eines sogenannten Marketed Offering. Ferner können bestehende Aktien auch im Rahmen eines Paketverkaufs umplatziert werden.5

1. Blocktrade

Beim Blocktrade wird ein Paket börsenkotierter Aktien im Rahmen einer Privatplatzie-rung unter Einschaltung einer oder mehrerer die Transaktion strukturierenden In-vestmentbanken an institutionelle Investoren veräussert. In der Praxis ist charakteris-tisch für den Blocktrade, dass die Veräusserung regelmässig im Rahmen eines soge-nannten beschleunigten Bookbuilding (Accelerated Bookbuilding) innert weniger Stun-den, längstens aber innerhalb weniger Tage erfolgt.6 Durch die schnelle Abwicklung soll der Kursdruck auf die Aktie gering gehalten werden und es kann rasch auf Markt-verhältnisse reagiert werden. Potentielle Investoren werden dabei in der Regel telefo-nisch angegangen und weitere Vermarktungsaktivitäten finden nur in sehr be-schränktem Ausmass statt.

Der Blocktrade erfolgt in der Regel ohne Angebotsdokument (Information/ Placement Memorandum oder dergleichen). Der Veräusserer ist in der Regel bereit, einen (geringen) Abschlag auf den aktuellen Börsenkurs zu akzeptieren.7

Für einen Blocktrade spricht die Möglichkeit einer raschen Abwicklung der Plat-zierung, was vor dem Hintergrund der Volatilität der Aktienmärkte zur Risiko-minimierung wünschbar ist und dem Verkäufer und der beteiligten Investmentbank

4 Vgl. CHRISTOPH WOLF, Umplatzierungen bestehender Aktien, in: Unternehmensfinanzierung am

Kapitalmarkt, hrsg. von Matthias Habersack/Peter O. Mülbert/Michael Schlitt, 2. Aufl., Köln 2008, 195 ff., § 6 N 6.

5 Ausführlich zu den Erscheinungsformen FRANK GERHARD, Le block-trade comme moyen de placement de titres de participation cotés en bourse, SZW 2006, 256 ff., 257; WOLF (FN 4), § 6 N 1.

6 GERHARD (FN 5), 256; WOLF (FN 4), § 6 N 2. 7 GERHARD (FN 5), 256; WOLF (FN 4), § 6 N 2.

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ausserdem die grösste Flexibilität hinsichtlich des Timings belässt. Zudem sind die Kosten für die Durchführung eines Blocktrade im Vergleich zu einem Marketed Offe-ring (Roadshows, Erstellung eines Prospekts, Due Diligence) geringer.

Nach unserer Erfahrung werden Verkäufe von Aktienpaketen bis zu einer Höhe von ca. 10% der Aktien der Gesellschaft in der Regel auf dem Weg eines Blocktrade durchgeführt. Massgebend ist dabei vor allem die Liquidität bzw. Aufnahmefähigkeit des Marktes.

2. Marketed Offering

Beim Marketed Offering erfolgt die Platzierung aufgrund eines Prospekts oder eines prospektähnlichen Dokuments (Information Memorandum oder Placement Memoran-dum) und eines längeren Bookbuilding, meist über mehrere Tage und – im Gegen-satz zum einen Blocktrade – meist an einen breiteren Kreis von Investoren. Regel-mässig sind mit dem Marketed Offering auch Investorenkontakte (Roadshows, Ein-zelgespräche) unter Einbezug des Managements der Gesellschaft verbunden.8

Ein Marketed Offering dürfte sich aufgrund des damit verbundenen höheren Aufwands und des Zeitbedarfs nur für Sekundärplatzierungen sehr bedeutender Akti-enpakete (nach unserer Erfahrung ab ca. 10%) rechtfertigen. Richtet sich das Angebot an das Publikum, wird es auf dem Weg eines Marketed Offering zu erfolgen haben.9 Den Regelfall bildet der Blocktrade, wobei die Abgrenzung im Einzelnen allerdings fliessend ist.10

3. Paketverkauf

Als dritte Erscheinungsform der Umplatzierung erweist sich der Paketverkauf. Bei ihm werden die Aktien in der Regel lediglich an einen (oder einzelne) strategisch oder an einem langfristigen Finanzinvestment interessierten Erwerber verkauft. In der Regel verkauft beim Paketverkauf der verkaufende Aktionär die Aktien direkt an den oder die Erwerber, d.h. ohne (rechtliche) Dazwischenschaltung einer Bank, und der oder die Erwerber stehen bei Abschluss der Transaktion fest. Der Paketverkauf ist also eher eine M&A-Transaktion, d.h. Gegenstand der Transaktion ist die Kontrolle über oder doch zumindest eine nicht unerhebliche Einflussmöglichkeit auf das Unternehmen. Dementsprechend verschieben sich die rechtlichen Aspekte, z.B. hin zu Fragen der Angebotspflicht und der Zusammenschlusskontrolle, welche bei Platzierungen im Markt in der Regel nicht oder nur von geringerer Bedeutung sind. Im Unterschied zu Blocktrades und Marketed Offerings steht hier denn auch die Frage eines Paketzu-

8 GERHARD (FN 5), 256; WOLF (FN 4), § 6 N 3. 9 Für Deutschland vgl. WOLF (FN 4), § 6 N 8. 10 WOLF (FN 4), § 6 N 3.

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schlags, d.h. ein gegenüber dem Börsenkurs höherer Kaufpreis im Raum, der auf ein strategisches Interesse eines Erwerbers zurückgehen kann.

Typische Erwerber im Rahmen eines Paketverkaufs sind die sogenannten Ankerin-vestoren oder Ankeraktionäre (Anchor Investors bzw. Anchor Shareholders). Sie beteiligen sich in der Regel in der Grössenordnung zwischen 10% und 30% der Aktien/ Stimmen an einer Gesellschaft.11 Als mögliche Ankeraktionäre kommen dabei so-wohl strategisch interessierte Unternehmen, welche etwa aufgrund bereits bestehen-der geschäftlicher Berührungspunkte an einem langfristigen Engagement an der Ge-sellschaft interessiert sind, als auch Finanzinvestoren mit langfristigem Anlagehori-zont (z.B. Sovereign Wealth Funds, Family Offices von wohlhabenden Unternehmens-familien) in Frage. Demgegenüber kommen klassische Hedgefonds wegen ihres re-gelmässig kurzfristigen Anlagehorizonts üblicherweise nicht als Ankeraktionäre in Frage.12

III. Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen

A. Anlass und Motivation für die Mitwirkung der Gesellschaft

Je grösser das zu veräussernde Aktienpaket, je grösser der Einfluss des Veräusserers auf die Gesellschaft und je wichtiger der potentielle Erwerber für die Gesellschaft ist, umso eher trachtet der Veräusserer und die von diesem beigezogene Bank danach, die Gesellschaft in die Platzierung einzubinden und umso eher ist diese ihrerseits bereit oder hat selber ein Interesse daran, die Transaktion zu unterstützen. Ein Ange-bot an das Publikum ist ohne die Mitwirkung der Gesellschaft kaum realistisch.

Soll das Paket bei mehreren Erwerbern oder gar im Publikum platziert werden, kann dieses Interesse der Gesellschaft in der Vergrösserung des Streubesitzes (Free Float) liegen. Dies führt in der Regel zu einer höheren Liquidität des betreffenden Aktientitels und steigert dadurch dessen Attraktivität.13 Auch eine durch den erhöh-ten Free Float allenfalls verbundene Aufnahme in Börsenindices kann ein erwünsch-tes Ziel sein.

Soll das Paket bei einem oder einzelnen ausgewählten Investoren mit strategi-schem Interesse oder langfristigem Anlagehorizont platziert werden, kann die Moti-vation der Gesellschaft zur Mitwirkung in der Stabilisierung des Aktionärkreises oder in der geordneten Überführung einer grösseren Beteiligung vom bisherigen Grossak-tionär (etwa nach dessen missglücktem Übernahmeversuch) auf einen neuen Anker-

11 WATTER/DUBS (FN 2), 2; SCHIESSL (FN 3), 385. 12 Vgl. WATTER/DUBS (FN 2), 2 f. und SCHIESSL (FN 3), 386, je mit Beispielen. 13 WOLF (FN 4), § 6 N 22.

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aktionär oder auf institutionelle Investoren und der damit erwünschten Beseitigung der Unsicherheit erblickt werden. Eine anhaltende Beteiligung eines verkaufswilligen Aktionärs und der damit verbundene kursdrückende «Overhang» werden so beseitigt. Zudem kann der Einstieg eines solchen Grossinvestors, insbesondere wenn es sich hierbei um einen renommierten Anleger handelt, auch ein Signal an den Kapital-markt sein, das sich positiv auf den Kurs eines zuvor unterbewerteten Aktientitels auswirkt.14

Anders als bei einem Einstieg des Investors über den Primärmarkt (durch Zeich-nung neuer Aktien), erhält die Gesellschaft bei einer Umplatzierung keine neue Li-quidität bzw. kein neues Eigenkapital und profitiert damit in finanzieller Hinsicht nicht direkt von der Umplatzierung.

B. Mitwirkung der Gesellschaft im Platzierungsprozess

1. Arten der Mitwirkung

Die Gesellschaft kann auf verschiedene Weise in den Platzierungsprozess eingebunden werden. So kann sie die Platzierung etwa dadurch unterstützen, dass sie bzw. ihr Management Roadshows durchführt oder in Einzelgesprächen um die neuen Aktionäre wirbt. Ferner kann sie der involvierten Investmentbank oder (seltener) direkt dem potentiellen Erwerber die Durchführung einer Due Diligence oder Managementgesprä-che gestatten.

Weiter kann die Gesellschaft in die Erstellung eines allfälligen Prospekts bzw. ei-nes bei der Vermarktung verwendeten Informationsdokuments eingebunden werden. Je wichtiger für die Gesellschaft die Platzierung ist, umso eher wird die Gesellschaft bereit sein, die Redaktion des Prospekts selber zu übernehmen. Möglich ist aber auch, dass der Prospekt von den Banken bzw. deren Anwälten erstellt wird und der Gesellschaft lediglich zur Durchsicht und Überprüfung zugestellt wird.15

Der Veräusserer und die von ihm beigezogenen Banken können ferner versuchen, die Gesellschaft zur Übernahme von Gewährleistungen für die Richtigkeit von in der Due Diligence oder im betreffenden Prospekt offen gelegten Informationen zu bewe-gen.

Wird ein Information Memorandum erstellt, werden die Banken danach trachten, von der Gesellschaft (und gegebenenfalls auch vom Veräusserer) eine Freistellungs-

14 SCHIESSL (FN 3), 387, unter Hinweis auf einen Fall, wo die Beteiligung eines Ankeraktionärs in

Deutschland zu einem Kursanstieg von rund 20% geführt habe. 15 Vgl. WOLF (FN 4), § 6 N 22; WALLER (FN 1), 17.

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verpflichtung (Indemnification) für Haftungsverbindlichkeiten im Zusammenhang damit zu erlangen.16

Ferner wird der Verkäufer und die platzierende Bank versuchen, die Gesellschaft in Halte- und Verwässerungsschutzvereinbarungen (Lock-ups) einzubinden, d.h. ihr die Zusage abzunehmen, während einer gewissen Dauer weder allfällige Aktien im Eigenbestand zu veräussern, noch neue Aktien auszugeben.

Manchmal wird ausserdem versucht, die Gesellschaft zur ganzen oder teilweisen Übernahme der mit der Sekundärplatzierung anfallenden Kosten (z.B. Kosten für die Durchführung der Roadshows und die Erstellung des Prospekts) und Umsatzabga-ben zu verpflichten.

Umgekehrt kann die Gesellschaft versuchen, als Gegenleistung für die von ihr im Platzierungsprozess erbrachten Leistungen und übernommenen Risiken, vom Ver-äusserer bzw. von der die Platzierung vornehmenden Bank Höchstzuteilungsgrenzen (welche eine Streuung der zu platzierenden Aktien und damit eine Verbreiterung des Aktionariats bewirken) oder ein Mitsprache- oder Vetorecht bei der Platzierung zu er-halten, welches ihr die Befugnis gibt, auf die Zuteilung der Aktien Einfluss zu neh-men. So kann die Gesellschaft z.B. verlangen, dass eine gewisse minimale Streuung bei der Zuteilung vorgenommen wird und bei einem einzelnen Investor nicht mehr als eine bestimmte Anzahl Aktien platziert werden darf, um so den Free Float zu erhöhen. Ferner kann die Gesellschaft versuchen, dem Erwerber, sofern dieser be-kannt ist, eine Lock up-Verpflichtung aufzuerlegen, derzufolge dieser während einer gewissen Frist seine Aktien ohne Zustimmung der Gesellschaft nicht weiterveräussern darf.

Schliesslich kann die Gesellschaft versuchen, nicht nur die Modalitäten des Er-werbs, sondern auch die Beziehung zum (neuen) Grossinvestor nach dessen Beteili-gungsnahme im Rahmen einer sogenannten Investorenvereinbarung zu regeln.

2. Mitwirkung bei der Informationsvermittlung und Vermarktung

a) Roadshows und Einzelgespräche

Unseres Erachtens gehört es zu den anerkannten Aufgaben des Managements einer börsenkotierten Gesellschaft, auf Roadshows und in Einzelgesprächen Beziehungen zu bereits beteiligten Aktionären zu pflegen und neue Investoren von einer Investition in die Gesellschaft zu überzeugen.17 Die Durchführung von Roadshows und Einzel- 16 Allgemein zur Freistellung von Drittansprüchen im Rahmen von Underwriting Agreements

DANIEL DAENIKER, Underwriting Agreement – Rechtliche Grundlagen von öffentlichen Aktienan-geboten schweizerischer Gesellschaften, in: Rechtsfragen beim Börsengang von Unternehmen, hrsg. von Rolf Watter, Zürich 2002, 159 ff., 187 ff.; WALLER (FN 1), 245, je mit weiteren Hinwei-sen.

17 Für Deutschland ebenso KIEM (FN 3), 305; SCHIESSL (FN 3), 387.

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gesprächen im Rahmen einer Sekundärplatzierung dürfte daher regelmässig im Inte-resse der Gesellschaft liegen und somit zulässig sein.

Auch werden an solchen Investorenansprachen naturgemäss weder vertrauliche noch kursrelevante Informationen vermittelt, sodass die Abhaltung von Roadshows und Einzelgesprächen auch unter dem Aspekt der Geheimhaltungspflicht des Ver-waltungsrats und der Geschäftsleitung nach Art. 717 Abs. 1 OR als unbedenklich erscheint.

Es stellt sich weiter die Frage, ob Roadshows und Einzelgespräche im Rahmen von Sekundärplatzierungen auch unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 717 Abs. 2 OR zulässig sind. Es könnte nämlich argumentiert werden, dass der Verwaltungsrat das Gleichbehandlungsgebot verletzt, wenn er nur einzelnen ver-äusserungswilligen (Gross-)Aktionären anbietet, sie bei der Veräusserung ihrer Betei-ligung in dieser Weise zu unterstützen. Dem lässt sich entgegnen, dass das Gleichbe-handlungsgebot lediglich eine relative Gleichbehandlung verlangt und eine Un-gleichbehandlung von Gross- und Kleinaktionären dann gerechtfertigt ist, wenn da-für ein sachlicher Grund vorliegt, dieser im Interesse der Gesellschaft liegt, die Un-gleichbehandlung mit dem Prinzip der schonenden Rechtsausübung im Einklang steht und überdies sichergestellt wird, dass die dabei vermittelte Information nicht zur Benachteiligung der anderen Aktionäre verwendet wird.18

Sofern deren Durchführung im Rahmen der Sekundärplatzierung (auch) im Inter-esse der Gesellschaft liegt, sind spezielle Investorengespräche, Präsentationen und dergleichen durch das Management der Gesellschaft auch unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebots als zulässig zu erachten.19 An das Interesse der Gesellschaft ist u.E. aufgrund der nur geringen (absoluten) Ungleichbehandlung kein allzu stren-ger Massstab anzulegen.

b) Zulassung und Mitwirkung bei einer Due Diligence

Je grösser das zu veräussernde Aktienpaket ist bzw. je gewichtiger der alte bzw. neue Investor ist, umso eher wird dieser im Vorfeld der Beteiligungsnahme auf Informa-tionen und Gespräche mit dem Management drängen, die über das hinausgehen,

18 Vgl. (mit Bezug auf PIPE-Transaktionen) GERHARD (FN 2), 286 ff.; (mit Bezug auf das sogenann-

te Soft Sounding bei potentiellen Investoren im Vorfeld einer Kapitalmarkttransaktion) PATRICK

SCHLEIFFER/MARCEL TRANCHET/DAMIAN FISCHER, Soft Sounding, CapLaw 2/2009, 3; WATTER/ DUBS (FN 2), 28 f. Vgl. auch BGE 117 II 312; GEORG KRNETA, Praxiskommentar Verwaltungsrat, Ein Handbuch für Verwaltungsräte, 2. Aufl., Bern 2005, Art. 717 N 1929; ROLF WATTER/KATJA

ROTH PELLANDA, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Rolf Watter (Hrsg.), Basler Kommentar OR II, 3. Aufl., Basel 2008, Art. 717 N 23. Allgemein zur Vorabinformation an Grossaktionäre PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl., Zürich 2009, § 13 N 700 ff.; KARIN EUGSTER/ LARISSA MAROLDA MARTINEZ, Informationsasymmetrie im Vorfeld von Umstrukturierungen, GesKR 2007, 39 ff., 43 ff., je mit weiteren Hinweisen.

19 Zur Frage der Tragung der Kosten solcher Investorenansprachen vgl. hinten, III.B.3.c).

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was Gesellschaften in Einzelgesprächen oder auf Roadshows Investoren üblicherwei-se offen legen. Bei grösseren Transaktionen (und immer dann, wenn ein Marketing Dokument verwendet wird) wird auch die Investmentbank ein gewisses Mass an Due Diligence verlangen. Allenfalls werden für Zwecke einer solchen Due Diligence auch vertrauliche Informationen offengelegt werden, welche unter Umständen kursrelevant i.S.v. Art. 53 des Kotierungsreglements der SIX Swiss Exchange (KR) sein können20 bzw. insiderrechtlichen Charakter i.S.v. Art. 161 StGB haben können.

Die Frage der Zulässigkeit einer Due Diligence aus aktienrechtlicher Sicht wird in der Literatur vor allem im Zusammenhang mit einer Beteiligungsnahme des neuen Investors über eine Kapitalerhöhung diskutiert. Die Gewährung einer Due Diligence erscheint unter dem Aspekt der Geheimhaltepflicht und des Gleichbehandlungsge-bots des Verwaltungsrats dann als sachlich gerechtfertigt, wenn die Zufuhr zusätzli-cher finanzieller Mittel im Interesse der Gesellschaft liegt, eine feste Absichtserklä-rung des Investors vorliegt und durch entsprechende Vertraulichkeit- und Standstill-Vereinbarungen mit den an der Transaktion Beteiligten sichergestellt ist, dass vertrau-liche Informationen nicht an Dritte gelangen und der Empfänger der Informationen diese nicht ausnutzt, solange sie im Markt nicht offen gelegt ist.21

Soweit in der Literatur auch die Frage der Zulässigkeit einer Due Diligence unter Mitwirkung der Gesellschaft im Rahmen einer Umplatzierung, d.h. ohne Mittelzu-fluss an die Gesellschaft, erörtert wird, wird die Gewährung einer solchen Due Dili-gence unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebots nur im Ausnahmefall als zu-lässig erachtet. So etwa, wenn es sich beim Erwerber um einen strategischen Investor handelt und sein Einstieg vom Verwaltungsrat als im Gesellschaftsinteresse er-forderlich erachtet wird.22

Unseres Erachtens sollte eine Gesellschaft daher nur mit erheblicher Zurückhal-tung eine Due Diligence zulassen. Beim Entscheid darüber hat der Verwaltungsrat einerseits das Interesse der Gesellschaft an der Transaktion gegenüber den Geheim-haltungsinteresse der Gesellschaft abzuwägen und andererseits zu beurteilen, ob die aus der Due Diligence resultierende Ungleichbehandlung der Aktionäre durch die für die Gesellschaft und die Gesamtheit der Aktionäre erwarteten Vorteile oder vermie-denen Nachteile aufgewogen wird. Bei diesem Entscheid ist dem Verwaltungsrat aber ein gewisses Ermessen zuzubilligen. Zu berücksichtigen sind dabei auch der Umfang und die Tiefe der Due Diligence Prüfung und die Art der offenzulegenden Informati-onen sowie die Massnahmen zu ihrem Schutz bzw. zur Vermeidung des Risikos ihres Missbrauchs. Eine Due Diligence dürfte aus unserer Sicht z.B. dann in Frage kom-

20 Bei kursrelevanten Informationen kann es sich eigentlich nur um solche handeln, für welche ein

Bekanntgabeaufschub gemäss Art. 54 KR besteht. Vgl. MARTIN LANZ/MICHAEL GRUBER, Due Dili-gence bei öffentlichen Übernahmeangeboten, GesKR 2007, 288 ff., 289.

21 Vgl. GERHARD (FN 2), 299; WATTER/DUBS (FN 2), 28. 22 Vgl. GERHARD (FN 5), 268.

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men, wenn die Initiative für die Beteiligung des neuen Investors von der Gesellschaft selber ausgeht, etwa weil die Beteiligung eines bisherigen Grossaktionärs aus strategi-schen Gründen (z.B. infolge Beendigung der geschäftlichen Zusammenarbeit zwi-schen der Gesellschaft und diesem Aktionär oder nach einem missglückten Über-nahmeversuch) rasch und kursschonend auf einen neuen (Gross-)aktionär übertra-gen werden soll oder wenn die Gesellschaft durch die Platzierung eine wesentliche Verbreiterung der Aktionärsbasis erreichen kann.

c) Prospekt

Weder nach dem Obligationenrecht (Art. 652a OR) noch nach dem Kotierungs-reglement der SIX Swiss Exchange besteht eine Pflicht, im Zusammenhang mit der Umplatzierung von bereits bestehenden und kotierten Aktien einen Prospekt zu erstellen.23 Dies gilt nach herrschender Auffassung auch für den Fall, dass die beste-henden kotierten Aktien im Rahmen einer (reinen) Sekundärplatzierung öffentlich platziert werden.24 Allerdings wird in der Praxis auch bei reinen Sekundär-platzierungen (in der Form eines Marketed Offering) häufig auf freiwilliger Basis ein Prospekt erstellt und den möglichen Investoren abgegeben.25

Auch wenn ein solcher Prospekt regelmässig als vertrauliches Dokument gekenn-zeichnet ist, enthält er nach unserer Erfahrung weder vertrauliche noch kursrelevante Informationen. Solche werden in der Regel spätestens vor der Aushändigung an die potentiellen Investoren bzw. im Fall eines öffentlichen Angebots vor Publikation des Prospekts dem Markt kommuniziert. Unter dem Aspekt des Geheimhalteverbots kann eine Mitwirkung der Gesellschaft an der Erstellung des Prospekts deshalb in der Regel als unbedenklich eingestuft werden.

Auch unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebots erscheint u.E. die Mitwirkung der Gesellschaft am Prospekt als zulässig; dies sofern die Mitwirkung (auch) im Inte-resse der Gesellschaft ist und ohne einen Prospekt eine aus Sicht der Gesellschaft erfolgreiche, d.h. kursschonende Vermarktung des zu veräussernden Aktienpakets nicht oder nur schwer möglich wäre.26

23 Vgl. GERHARD (FN 5), 263; PATRICK SCHLEIFFER/DAMIAN FISCHER, Prospektfreie Platzierung, in:

Kapitalmarkttransaktionen V, hrsg. von Thomas U. Reutter/Thomas Werlen, Zürich/Basel/Genf 2010, II.2.b), je mit weiteren Hinweisen.

24 Vgl. statt vieler DANIEL DAENIKER, Grenzüberschreitende Aktienplatzierungen schweizerischer Unternehmen, in: Neuere Entwicklungen im Kapitalmarktrecht, hrsg. von Rolf H. Weber, Zürich 2000, 71 ff., 80; GERHARD (FN 5), 264; WALLER (FN 1), 103; DIETER ZOBL/STEFAN KRAMER, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, Zürich 2004, N 1109, je mit weiteren Hinweisen.

25 Vgl. GERHARD (FN 5), 264. 26 Zur Frage der Risiken, welche die Gesellschaft im Fall der Mitwirkung am Prospekt eingeht, vgl.

hinten III.B.3.b).

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3. Gewährleistungen, Haftungsfreistellung, Mitwirkung am Prospekt, Marktschutzvereinbarungen und Kostenübernahme durch die Gesellschaft

a) Gewährleistungen und Haftungsfreistellung der Banken

Wie bereits erwähnt, zieht die Gesellschaft aus einer (reinen) Sekundärplatzierung keinen direkten finanziellen Vorteil. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit die Ge-sellschaft in einer solchen Situation gegenüber den involvierten Banken Gewährleis-tungen (namentlich hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Abschlüsse und gegebenenfalls Zwischenabschlüsse und ihrer kapitalmarktrechtlich bedeutsa-men Offenlegungen sowie hinsichtlich des Prospektinhalts) abgeben kann und sich gültig verpflichten kann, diese Personen bei Verletzung der abgegebenen Gewährleis-tungen zu entschädigen und sie von allfälligen Drittansprüchen insbesondere aus Prospekthaftung27 freizustellen.

In der Lehre wird diese Frage aus Sicht der Gesellschaft vor allem vor dem Hinter-grund von Art. 718a Abs. 1 OR diskutiert, wonach Vertretungsberechtigte nur Rechts-geschäfte abschliessen können, die zweckkonform und im Interesse der Gesellschaft sind.28 Demgemäss hält die wohl herrschende Auffassung dafür, dass die Gesellschaft auch bei reinen Sekundärplatzierungen Gewährleistungen abgeben und Freistel-lungsverpflichtungen eingehen kann, sofern damit für die Gesellschaft voraussicht-lich ein Nutzen verbunden ist.29

Die Frage des möglichen Nutzens für die Gesellschaft bei einer (reinen) Sekundär-platzierung wird in der Lehre primär im Zusammenhang mit der Erstkotierung der zu platzierenden Titel erörtert und bejaht. Der Nutzen für die Gesellschaft liegt dann regelmässig in der Eröffnung eines Markts mit erhöhter Liquidität, tieferen Kapital-kosten wegen der mit der Kotierung einhergehenden Kapitalmarktfähigkeit, höheren

27 Zur Frage der Prospekthaftung bei freiwilligem Prospekt, vgl. hinten III.B.3.b). 28 WALLER (FN 1), 219; ROLF WATTER, in: Basler Kommentar OR II, hrsg. von Heinrich Honsell/

Nedim Peter Vogt/Rolf Watter, 3. Aufl., Basel 2008, Art. 718a N 5. Nach herrschender Ansicht bestimmt die Zweckgrenze von Art. 718a OR nicht nur die Vertretungsfähigkeit der Organe, sondern die Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft.

29 Vgl. WALLER (FN 1), 219; GERHARD (FN 5), 261; ROLF WATTER/THOMAS REUTTER, Rechtsprobleme beim IPO, in: Rechtsfragen beim Börsengang von Unternehmen, hrsg. von Rolf Watter, Zürich 2002, 1 ff., 15.

Dem entspricht die herrschende Meinung zu dieser Frage in Deutschland unter dem Aspekt der Einlagerückgewähr. Vgl. etwa WOLF (FN 4), § 6 N 28 Fn. 39; HENDRIK HAAG, Übernahmevertrag bei Aktienemissionen, in: Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, hrsg. von Matthias Habersack/Peter O. Mülbert/Michael Schiltt, 2. Aufl., Köln 2008, 645 ff., 666; KONSTANTIN TECHNAU, Rechtsfragen bei der Gestaltung von Übernahmeverträgen, AG 1998, 445 ff., 457 f.

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Umsätzen aufgrund der gesteigerten Publizität und eines damit indirekt höheren Bekanntheitsgrads der Produkte und/oder Dienstleistungen der Gesellschaft.30

Sind die Aktien hingegen bereits kotiert, dürfte u.E. bei einer Sekundärplatzierung bereits kotierter Aktien der mögliche zusätzliche Nutzen für die Gesellschaft (z.B. erhöhter Free Float) meist zu gering sein, als dadurch eine weitgehende Risikoüber-nahme der Gesellschaft durch Gewährleistungen oder Haftungsfreistellungen als gerechtfertigt erscheint. Auch unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebots (es profi-tiert in finanzieller Hinsicht einzig der veräussernde Aktionär, indem er durch eine solche Übernahme sein eigenes Risiko reduzieren kann und attraktivere Konditionen von den übernehmenden Banken erhält) dürfte eine solche Risikoübernahme durch die Gesellschaft zugunsten des verkaufenden Aktionärs im Regelfall nicht durch Vor-teile für die Gesellschaft aufgewogen werden.

Unter besonderen Umständen kann die Risikoübernahme allerdings trotzdem ge-rechtfertigt werden, etwa wenn durch die breite Platzierung eines grossen Aktienpa-kets auf einen Schlag bei einem bisher wenig liquiden Titel der Free Float und damit die Liquidität der Aktie auf einen Schlag signifikant erhöht werden kann.31 Auch andere besondere Konstellationen sind denkbar, in denen eine solche Risikoüber-nahme gerechtfertigt werden kann. Bei der Beurteilung ist das Interesse der Gesell-schaft am Geschäft bzw. der erwartete Nutzen (oder die Abwendung von befürchte-ten Nachteilen) abzuwägen gegen das Risiko, das die Gesellschaft übernimmt. Dabei ist von Bedeutung, in welchem Ausmass die Gesellschaft Gewährleistungen abgibt oder Haftungsrisiken übernimmt. Für den «Normalfall» von Blocktrades kleinerer bis mittlerer Volumen in einem liquiden Titel dürften Gewährleistungen und Haftungs-übernahmen in der Regel nicht opportun sein. In diesen Fällen werden Platzierungen nach der Marktpraxis denn auch meist «undocumented» durchgeführt.

Zum gleichen Ergebnis führt u.E. die Beurteilung nach Art. 678 Abs. 2 OR, wel-cher die Rückerstattung verdeckter Gewinnausschüttungen verlangt und Art. 680 Abs. 2 OR, welcher das Verbot der Einlagerückgewähr vorsieht. In der Risikoüber-nahme ohne angemessene Gegenleistung liegt gegebenenfalls eine verdeckte Gewinn-ausschüttung bzw. – falls in das geschützte Kapital eingegriffen wird – eine verpönte Rückgewähr.

In Betracht käme allenfalls eine Vergütung des verkaufenden Aktionärs an die Ge-sellschaft für die Übernahme des Risikos und deren Aufwand bei der Mitwirkung am Prospekt. Da die Gesellschaft eigentlich von allen Beteiligten der «günstigste» Risiko-träger ist, d.h. am besten in der Lage ist, Unrichtigkeiten im Prospekt zu vermeiden, und sie dem verkaufenden Aktionär einen Vorteil verschafft, wäre eine solche Lösung

30 Ausführlich hierzu WALLER (FN 1), 220; GERHARD (FN 5), 261; WATTER/REUTTER (FN 29), 15 f. 31 Gl.M. GERHARD (FN 5), 261; etwas weniger zurückhaltend DAENIKER (FN 16), 185 FN 83; WALLER

(FN 1), 219.

Die Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen

309

ökonomisch sinnvoll. Die Schwierigkeit dürfte allerdings in der Bestimmung der angemessenen Höhe einer solchen Vergütung liegen.32

Der Bestand von Gewährleistungen und Freistellungen vor den Art. 718a und 678 Abs. 2 OR kann begünstigt werden, indem sich die Gesellschaft Rechte einräumen lässt, welche ihr die aus der Transaktion erhofften Vorteile sichern sollen.33

b) (Mit-)Übernahme des Risikos der Prospekthaftung

Unrichtige oder irreführende Angaben in einem Prospekt können in der Schweiz nach allgemeiner Auffassung auch bei einem freiwillig erstellten Prospekt zu einer Prospekthaftung (Art. 752 OR) für alle diejenigen Personen führen, welche an der Erstellung oder dem Vertrieb des Prospekts absichtlich oder fahrlässig mitgewirkt haben.34 Dementsprechend stellt sich in diesem Kontext die Frage, inwieweit die Gesellschaft im Fall einer reinen Sekundärplatzierung am betreffenden Prospekt mitwirken soll und sich damit der Prospekthaftung aussetzt.

Unserers Erachtens müssen ähnliche Überlegungen gelten wie bei der Frage der Zulässigkeit der Übernahme von Gewährleistungen und Risiken, wobei aber ein ge-lockerter Massstab anzulegen ist. Entscheidend ist, dass die Mitwirkung (auch) im Interesse der Gesellschaft liegt. Dies wird in vielen Fällen zu bejahen sein. Es liegt auch bei einer Sekundärplatzierung im natürlichen Interesse der Gesellschaft, auf den Prospektinhalt Einfluss zu nehmen und Unrichtigkeiten zu vermeiden, denn ein Prospekt wird (auch bei einer Sekundärplatzierung) unweigerlich mit der Gesell-schaft in Verbindung gebracht werden.

c) Marktschutzvereinbarungen

Die Zulässigkeit des Eingehens von Marktschutzverpflichtungen durch die Gesell-schaft im Rahmen von Sekundärplatzierungen in dem Sinne, dass sich die Gesell-schaft während einer bestimmten Dauer verpflichtet, keine (zuvor gehaltenen) eige-nen Aktien zu veräussern, ist u.E. ebenfalls unter dem Aspekt eines massgeblichen Eigeninteresses der Gesellschaft zu beurteilen. Was die Zusage betrifft, für eine be-stimmte Zeit auf Kapitalerhöhungen zu verzichten, so dürfte sie wenigstens soweit ungültig sein, als in die zwingenden Kompetenzen der Generalversammlung der

32 Uns sind keine Fälle von Sekundärplatzierungen bekannt, bei welchen eine solche Haftungsver-

gütung vereinbart wurde. 33 Dazu hinten bei III.4. 34 Vgl. DANIEL DAENIKER/STEFAN WALLER, Kapitalmarktbezogene Informationspflichten und Haf-

tung, in: Verantwortlichkeit im Unternehmensrecht, hrsg. von Rolf H. Weber, Zürich 2003, 55 ff., 88; GERHARD (FN 2), 298; GERHARD (FN 5), 264; SCHLEIFFER/FISCHER (FN 23), IV.3.

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310

Gesellschaft eingegriffen wird.35 Eine rechtlich verbindliche Zusage lässt sich somit allenfalls im Rahmen eines genehmigten Aktienkapitals abgeben. Soweit eine Ver-äusserung von Eigenbeständen erfasst ist, diese das übliche zeitliche Mass nicht über-schreitet und die (üblichen) Ausnahmen der Bedienung von Mitarbeiteroptionen und eigenkapitalbezogenen Rechten vorbehält, dürften u.E. dagegen regelmässig rechtfertigende Eigeninteressen der Gesellschaft zu bejahen sein. Mit Halteverpflich-tungen wird ja gerade das Interesse an einer Vermeidung eines zusätzlichen Ver-kaufsdrucks im Titel und damit ein typisches Gesellschafts- und Aktionärsinteresse36 verfolgt. Die Gesellschaft unterstützt die Platzierung damit nur indirekt und ihre Massnahme kommt allen Aktionären zugute.

d) Kostentragung

Da bei einer Sekundärplatzierung lediglich die veräussernden Aktionäre finanziell von der Platzierung profitieren, stellt sich weiter die Frage, inwieweit die Gesellschaft Kosten im Zusammenhang mit der Platzierung übernehmen kann. In Betracht fallen in erster Linie die Kosten für die Roadshow, Due Diligence sowie die Erstellung des Prospekts und weitere Drittauslagen (z.B. Kosten für die Anwälte und weitere Berater der involvierten Parteien). Denkbar wäre auch, dass die Gesellschaft angehalten wird, von dem veräussernden Aktionär und/oder dem Erwerber die anfallenden Verkaufs-kommissionen der Bank und die Steuern zu übernehmen.

Davon ausgehend, dass eine Sekundärplatzierung mit gleichzeitiger erstmaliger Ko-tierung auch für die Gesellschaft mit Nutzen und Vorteilen verbunden ist, erachtet die herrschende Lehre unter dem Aspekt von Art. 718a Abs. 1 OR eine Verpflichtung der Gesellschaft, die Kosten im Zusammenhang mit der Platzierung (wie etwa die Kosten der Prospekterstellung, der Kotierung der Aktien sowie für Auslagen hinsichtlich der Vermarktung) zu übernehmen, als zulässig.37 Als unzulässig wird hingegen erachtet, dass die Gesellschaft auch die Verkaufskommissionen der Banken für die Platzierung der Aktien und/oder die anfallenden Umsatzabgaben übernimmt.38

Ferner stellt sich auch in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Deckung von Kosten durch die Gesellschaft einen Fall von Art. 678 Abs. 2 OR darstellt. Diese Be-stimmung regelt die Rückerstattung «anderer Leistungen der Gesellschaft», womit

35 PATRICK SCHLEIFFER, Kursstsabilisierung – ausgewählte Aspekte, in: Kapitalmarkttransaktionen

III, hrsg. von Thomas U. Reutter und Thomas Werlen, Zürich 2008, 99 ff.; 121 m.w.H. und WALLER, (FN 1), 235 Fn. 1111.

36 Vgl. WALLER (FN 1), 235. 37 FELIX HUBER/PETER HODEL/CHRISTOPHER STAUB GIEROW, Praxiskommentar zum Kotierungsrecht

der SWX Swiss Exchange, Zürich/Basel/Genf 2004, Art. 28 N 13; WALLER (FN 1), 242 f.; GERHARD (FN 5), 262; WATTER/REUTTER (FN 29), 13 f.

38 HUBER/HODEL/STAUB GIEROW (FN 37), Art. 28 N 13; GERHARD (FN 5), 262; WALLER (FN 1), 243; WATTER/REUTTER (FN 29), 16.

Die Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen

311

verdeckte Gewinnausschüttungen gemeint sind, d.h. geschäftsmässig nicht gerecht-fertigte Zuwendungen finanzieller Vorteile in anderer Form als durch formelle Aus-schüttung.39 Damit eine Rückerstattungspflicht greift, muss gemäss Art. 678 Abs. 2 OR allerdings ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleis-tung bestehen. Wie im Kontext von Art. 718a Abs. 1 OR argumentiert die herrschen-de Lehre damit, dass bei der Entrichtung von Kosten durch die Gesellschaft im Zu-sammenhang mit einer Sekundärplatzierung keine von Art. 678 Abs. 2 OR erfasste Leistung vorliegt, soweit diese Sekundärplatzierung der Gesellschaft einen Nutzen bringt, der in einem vernünftigen Verhältnis zu den übernommenen Kosten steht.40

Soweit es sich bei den zu platzierenden Aktien um bereits kotierte Aktien handelt, dürften die gleichen Bedenken greifen wie bei Gewährleistungen und Freistellungen durch die Gesellschaft.41 Auch hier dürfte eine Übernahme der im Zusammenhang mit der Informationsvermittlung und Vermarktung angefallenen Kosten durch die Gesellschaft nur im Ausnahmefall zulässig sein.

4. Gegenleistungen für die Mitwirkung der Gesellschaft

Die Gesellschaft versucht sich zuweilen im Gegenzug für ihre Unterstützung der Transaktion die von ihr selbst verfolgten eigenen Interessen vertraglich abzusichern. Solche Pflichten der übernehmenden Banken und des verkaufenden Aktionärs ver-mögen unter Umständen die Risikoübernahme der Gesellschaft zu rechtfertigen bzw. sie sind bei der Abwägung der Interessen und damit der Frage, ob eine unzulässige Vorteilszuwendung vorliegt, zu berücksichtigen.

Bei einem lediglich teilweisen Ausstieg lässt sich die Gesellschaft unter Umstän-den eine Haltepflicht (Lock-up) für die vom verkaufenden Aktionär behaltenen Akti-en einräumen bzw. sie wird Mitberechtigte einer solchen Klausel im Übernahmever-trag.42 Dadurch kann ein kurzfristiger (zusätzlicher) Angebotsüberhang im Titel und damit ein Kursdruck vermieden oder gemildert werden.

Zur Verfolgung des Ziels einer Verbreiterung der Aktionärsbasis und damit einer Erhöhung der Liquidität der Aktie lässt sich eine Gesellschaft zuweilen ein Mit-spracherecht bei der Platzierung einräumen. Damit begibt sich der Verwaltungsrat der Gesellschaft allerdings unter Umständen auf rechtlich heikles Terrain. Eine allgemei-ne Neutralitätspflicht des Verwaltungsrates hinsichtlich der Frage der Zusammen-

39 WALLER (FN 1), 243 f.; GERHARD (FN 5), 262; WATTER/REUTTER (FN 29), 15 f.; vgl. ferner PETER

KURER, in: Basler Kommentar OR II, hrsg. von Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Rolf Watter, 3. Aufl., Basel 2008, Art. 678 N 12 ff.

40 Vgl. GERHARD (FN 5), 261 f.; WALLER (FN 1), 243 f.; WATTER/REUTTER (FN 29), 15 f. 41 Vgl. vorne, III.B.3.a). 42 In einem solchen Szenario wird die übernehmende Bank ihrerseits typischerweise auf einem

Lock-up bestehen und sie wird es nicht schätzen, ihr Zustimmungsrecht zu Verkäufen während der Haltefrist mit der Gesellschaft zu teilen.

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312

setzung des Aktionariats ist u.E. zwar abzulehnen43, doch geht es nicht an, dass der Verwaltungsrat sich ein ihm genehmes Aktionariat zusammenstellt. Falls allfällige Mitsprachrechte bei der Zuteilung der zu veräussernden Aktien an die Investoren nach objektiven, sachlichen Kriterien und im Gesellschaftsinteresse ausgeübt werden, ist ihre Zulässigkeit u.E. zu bejahen. Jedenfalls unbedenklich sind objektive, zahlen-mässige Limiten der Zuteilung an einzelne Investoren. Anzufügen ist, dass die von der Schweizerischen Bankiervereinigung erlassenen Zuteilungsrichtlinien für den Emissionsmarkt für nicht-öffentliche Platzierungen, wie es Blocktrades typischerwei-se sind, nicht zur Anwendung kommen.

C. Börsen- und insiderrechtliche Aspekte

1. Ad hoc-Publizität

Gemäss Art. 53 Abs. 1 KR hat ein Emittent den Markt über kursrelevante Tatsachen zu informieren, welche in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind.

Die Tatsache allein, dass ein Aktionär eine Sekundärplatzierung plant, kann u.E. allerdings nicht als eine im Tätigkeitsbereich der Gesellschaft eingetretene Tatsache angesehen werden, weshalb die Gesellschaft, selbst wenn sie von der geplanten Plat-zierung Kenntnis hat, nicht verpflichtet ist, gestützt auf die Vorschriften über die Ad Hoc-Publizität der SIX Swiss Exchange den Markt über die geplante Sekundärplatzie-rung zu informieren.44

Eine Informationspflicht der Gesellschaft dürfte jedoch dann vorliegen, wenn die Gesellschaft in den Platzierungsprozess eingebunden wird und an der Platzierung mitwirkt. Der Umstand, dass die Gesellschaft an einer Sekundärplatzierung mitwirkt, dürfte dabei (weil eine grössere Zahl von zu platzierenden Aktien involviert sind) eine kursrelevante Tatsache i.S.v. Art. 53 KR darstellen. Allerdings darf sich die Gesell-schaft dabei auf die Regeln des Bekanntgabeaufschubs nach Art. 54 KR berufen: Die Durchführung der Platzierung ist in einem solchen Fall mit der Gesellschaft abge-sprochen und beruht somit (auch) auf einem Plan oder Entschluss der Gesellschaft. Die vorzeitige Verbreitung dieser Tatsache ist ausserdem geeignet, berechtigte Gesell-

43 Dass eine Einflussnahme des Verwaltungsrats auf die Zusammensetzung des Aktionariats im

Aktienrecht keinen Fremdkörper darstellt, ergibt sich auch aus den Vorschriften zur Vinkulie-rung (Art. 685a ff. OR). Vgl. dazu BÖCKLI (FN 18), § 13 N 692 f.; WATTER/ROTH PELLANDA (FN 18), Art. 717 N 29; für das deutsche Recht vgl. SCHIESSL (FN 3), 386 f., je mit weiteren Hin-weisen.

44 Gl.M. GERHARD (FN 5), 270; dies im Unterschied zur klassischen PIPE-Transaktion mit Zufuhr neuen Mittel an die Gesellschaft: GERHARD (FN 2), 302. Für die Regelung in Deutschland vgl. WOLF (FN 4), § 6 N 63. Vgl. auch LARISSA MAROLDA MARTINEZ, Information der Aktionäre nach schweizerischem Aktien- und Kapitalmarktrecht, Diss., Zürich 2006, 307 f.

Die Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen

313

schaftsinteressen (z.B. an einer kursschonenden Platzierung der Aktien) zu beein-trächtigen. Die entsprechende Ad-hoc Meldung ist spätestens im Zeitpunkt des Be-ginns des Bookbuilding zu publizieren.45

Ferner stellt sich die Frage, ob die Gesellschaft auch unter dem Gesichtswinkel der Ad hoc-Publizität im Rahmen einer Due Diligence vertrauliche, kursrelevante Tat-sachen i.S.v. Art. 53 KR an potentielle Investoren offenlegen darf. Soweit solche Tatsachen rechtmässig einem Bekanntgabeaufschub unterliegen und die Gesellschaft die Vertraulichkeit dieser Tatsachen während der Dauer des Bekanntgabeaufschubs gewährleistet (insbesondere muss sichergestellt sein, dass die potentiellen Investoren und weitere in der Due Diligence involvierten Parteien diese Information vertraulich behandeln, was durch entsprechende Geheimhaltungs- und Stillhaltevereinbarungen zu erfolgen hat), erscheint eine solche Offenlegung unter dem Aspekt der Vorschriften über die Ad hoc-Publizität als zulässig.46

2. Insiderrechtliche Aspekte

In Konkretisierung der Parömie «Niemand kann sein eigener Insider sein» macht sich nach allgemeiner Auffassung ein Investor nicht nach Art. 161 StGB strafbar, solange sein Transaktionsentsscheid auf eigenen Überlegungen basiert und nicht auf fremd-geschaffenen oder anderen Insiderinformationen47 beruht, die ausserhalb seiner ei-genen Transaktionsüberlegungen liegen.48 Bezogen auf eine Sekundärplatzierung

45 Vgl. GERHARD (FN 2), 300, wonach die Due Diligence als Teilstufe eines mehrstufigen Entschei-

dungsprozesses per se wohl keine Ad hoc-Publizitätspflicht auslöse, wenn der Emittent im Rahmen des Bekanntgabeaufschubs die nötigen, zumutbaren Vorkehrungen für die Geheimhal-tung getroffen habe.

46 Gl.M. LANZ/GRUBER (FN 20), 289 f.; SCHLEIFFER/TRANCHET/FISCHER (FN 18), 3. 47 Die ersatzlose Streichung von Ziffer 3 von Art. 161 StGB führt u.E. dazu, dass jede Tatsache, die

den Kurs von in der Schweiz börslich gehandelten Effekten in voraussehbarer Weise erheblich beeinflussen wird, als Insidertatsache bzw. vertrauliche Tatsache im Sinn von Art. 161 StGB gilt. Der Begriff der Insiderinformation dürfte in etwa dem Begriff der kursrelevanten Tatsache i.S.v. Art. 53 KR entsprechen. Vgl. STEFAN TRECHSEL/MARC JEAN-RICHARD, Kommentar zu Art. 161 StGB, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, hrsg. von Stefan Trechsel et al., Zü-rich/St. Gallen 2008, Art. 161 N 13; Botschaft des Bundesrats vom 8. Dezember 2006 (BBl 2007 439 ff.), 445; kritisch DANIEL DAENIKER/CLAUDE LAMBERT, Kann ein Manager überhaupt noch Aktien seiner Gesellschaft erwerben?, GesKR 2008, 359 ff., 361. Im Rahmen der Revision des BEHG soll u.a. das Insiderhandelsverbot neu geregelt und im BEHG verankert werden (Art. 44a E-BEHG). Vgl. Erläuternder Bericht des EFD zur Änderung des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (Börsendelikte und Marktmissbrauch) vom 13. Januar 2010, 8 f., 11, 17, 28 f. und 36 ff. (abrufbar unter: <http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/ 00571/01634/index.html?lange=de>, zuletzt besucht am 31.05.2010).

48 CHRISTOPH B. BÜHLER/DANIEL HÄRING Die selbstgeschaffene Insiderinformation, GesKR 2009, 453 ff., 457, unter Hinweis auf den Entwurf der betreffenden Expertenkommission zu einem neuen Art. 44a Abs. 4 BEHG. Ähnlich auch CHRISTOPH PETER, Basler Kommentar zum Strafrecht,

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bedeutet dies, dass deren Parteien keine Insiderinformation ausnützen, wenn sie lediglich aufgrund ihrer selbstgeschaffenen Informationen handeln und ihre darauf basierenden Transaktionsentscheide plankonform umsetzen.49

Der Verkäufer in einem Blocktrade ist häufig Insider, z.B. weil er im Verwaltungs-rat vertreten ist. Fällt der Verkäufer seinen Verkaufsentscheid gestützt auf kursrelevan-te vertrauliche Insiderinformationen, so liegt ein tatbestandsmässiges Verhalten im Sinne des Art. 161 Ziff. 1 StGB vor. Dabei ist es unbehelflich, wenn die kursrelevante Information (etwa im Rahmen der Due Diligence) auch der Bank zur Verfügung steht. Das Ausnützen liegt in der Platzierung im Markt im Wissen um die vertrauliche Information und dessen Kursrelevanz. Das Verhalten der Bank kann in einem sol-chen Fall als Gehilfenschaft oder selbstständig (als Tippnehmer) tatbestandsmässig sein. Einem Vorwurf eines Insiderdelikts und den damit verbundenen Reputations-schäden kann begegnet werden, indem die Gesellschaft kurz vor oder mit der Publi-kation der Transaktion (d.h. bei Beginn des Bookbuilding) die vertraulichen Infor-mationen dem Markt mitteilt. Ein solches Vorgehen kann sich auch etwa dann emp-fehlen, wenn die letzte (Zwischen-)berichterstattung der Gesellschaft einige Zeit zu-rückliegt. Durch eine ausserordentliche Bekanntmachung wird der Wissensstand der übrigen Marktteilnehmer an den Stand des Insiderwissens angeglichen.

Erlangt ein Investor im Rahmen einer Due Diligence von der Gesellschaft (aus sei-ner Sicht fremdgeschaffene) Insiderinformationen, darf er seinen Entscheid über den Erwerb des Aktienpakets nicht aufgrund solcher Insiderinformationen fällen. Führen diese Information dazu, dass er seinen ursprünglichen Plan anpasst und z.B. als Fol-ge davon mehr Aktien als ursprünglich beabsichtigt erwirbt, handelt er (als Tippee i.S.v. Art. 161 Ziff. 1 StGB oder als unechter Insider50 i.S.v. Art. 161 Ziff. 1 StGB) tat-bestandsmässig, weil die Tathandlung sich nicht mehr (nur) auf selbstgeschaffene, sondern (auch) auf aus der Due Diligence erlangte Informationen stützt. Nimmt der potentielle Investor hingegen aufgrund der negativen Resultate seiner Due Diligence vom geplanten Beteiligungserwerb gänzlich Abstand, führen diese Informationen nicht zu einem direkten Vermögensvorteil, sondern es wird lediglich ein geplanter Vermögensnachteil nicht realisiert. Dies bleibt nach herrschender Auffassung unter insiderrechtlichen Gesichtspunkten straflos, entsprechend dem Grundsatz, dass

hrsg. von Marcel Alexander Niggli/Hans Wiprächtiger, Art. 111–392 StGB, 2. Aufl., Basel 2007, Art. 161 N 12.

49 BÜHLER/HÄRING (FN 48), 458. 50 In der Lehre ist umstritten, ob der durch einen Geheimhaltungs- und Stillhaltevertrag eingebun-

dene (Gross-)Aktionär als unechter Insider i.S.v. Art. 161 Ziff. 1 StGB gilt. Zum Meinungsstand vgl. PETER BÖCKLI/CHRISTOPH B. BÜHLER, Vorabinformationen an Grossaktionäre: Möglichkeiten und Grenzen nach Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, SZW 2005, 101 ff., 111; TRECHSEL/ JEAN-RICHARD (FN 47), Art. 161 N 3.

Die Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen

315

Art. 161 StGB nicht durch Unterlassen bzw. Verzicht auf eine Transaktion begangen werden kann.51

Aus Sicht der Gesellschaft bzw. des Managements ist ferner sicherzustellen, dass Insidertatsachen, welche im Rahmen einer Due Diligence potentiellen Investoren vermittelt werden, nicht ausgenutzt werden. Diese Verpflichtung ergibt sich unter dem Aspekt des Insiderstrafrechts aus Art. 161 Ziff. 1 StGB, welcher auch das Zur-kenntnisbringen von Insidertatsachen gegenüber Dritten unter Strafe stellt.52 Entspre-chend kann aus Sicht der Gesellschaft die Weitergabe von solchen Informationen nur aufgrund einer Vertraulichkeit- und Standstill-Vereinbarung mit den betreffenden Inves-toren (oder den betreffenden Banken) erfolgen.53

3. Marktaufsichtsrechtliche Aspekte

Gemäss dem FINMA-RS 2008/38 Marktverhaltensregeln54 ist das Ausnützen der Kenntnis von vertraulichen preissensitiven Informationen für Effektengeschäfte nicht zulässig (sogenannter Informationsmissbrauch). Als Informationsmissbrauch gelten auch die ungerechfertigte Weitergabe von vertraulichen, preissensitiven Informationen oder darauf gestützte Hinweise oder Empfehlungen, Effektengeschäfte zu tätigen.55

Die Weitergabe von preissensitiven Informationen durch die Gesellschaft an po-tentielle Investoren im Vorfeld einer Platzierung ist, sofern eine solche Weitergabe (auch) im Interesse der Gesellschaft liegt56, als gerechtfertigt bzw. zulässig zu er-achten.57 Allerdings ist auch hier sicherzustellen, dass die Weitergabe der Information nur aufgrund einer Vertraulichkeit- und Standstill-Vereinbarung mit den betreffenden Investoren (oder den betreffenden Banken) erfolgt.

51 BÜHLER/HÄRING (FN 48), 458; GERHARD (FN 2), 300; TRECHSEL/JEAN-RICHARD (FN 47), Art. 161

N 19. 52 Art. 161 Ziff. 1 StGB verbietet dem Insider, eine vertrauliche kursrelevante Tatsache einem Drit-

ten als Tipp zur Kenntnis zu bringen, um diesem ein Ausnutzen zu ermöglichen. Vgl. BÜHLER/ HÄRING (FN 48), 454; PETER (FN 48), Art. 161 N 29; TRECHSEL/JEAN-RICHARD (FN 47), Art. 161 N 20.

53 Vgl. GERHARD (FN 2), 300; SCHLEIFFER/TRANCHET/FISCHER (FN 18), 2 f. 54 Das Rundschreiben richtet sich an alle nach dem BEHG regulierten Effektenhändler. Die nicht

regulierten Marktteilnehmer sind von diesem Rundschreiben jedoch insofern betroffen, als der in die Transaktion involvierte Effektenhändler (als formeller Adressat des Rundschreibens) die Hintergründe abzuklären und sich gegebenenfalls der Mitwirkung an der Transaktion des Kun-den zu enthalten hat, sollten offensichtliche Anzeichen bestehen, dass die betreffende Transak-tion mit den Anforderungen des Rundschreibens nicht zu vereinbaren ist. Vgl. Rz. 4 f. FINMA-RS 2008/38.

55 Rz. 10 und 12 FINMA-RS 2008/38. 56 Vgl. vorne III.B.2.b). 57 Vgl. SCHLEIFFER/TRANCHET/FISCHER (FN 18), 4.

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4. Offenlegungsrechtliche Aspekte

Wirkt die Gesellschaft im Platzierungsprozess mit, stellt sich die Frage, ob diese Mit-wirkung derart intensiv ist, dass zwischen der Gesellschaft und den veräussernden Aktionären und/oder den erwerbenden Investoren ein Handeln in gemeinsamer Ab-sprache i.S.v. Art. 20 BEHG vorliegt.58 Gemäss Art. 20 Abs. 1 BEHG i.V.m. Art. 10 BEHV-FINMA handelt in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe, wer seine Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteili-gungspapieren oder in Ausübung von Stimmrechten mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abstimmt.

Damit ein Zusammenwirken von Personen zu einer Abstimmung der Verhaltens-weise i.S.v. Art. 10 BEHV führt, bedarf es nach allgemeiner Auffassung einer gewissen Intensität und Organisiertheit der Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von Stimmrechten. Massgeblich ist, ob eine Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel durch den Einsatz gemeinsamer Mittel und Kräfte vereinbart ist und die Gruppenmitglieder ihre eigene Entscheidungsfreiheit hinsichtlich Erwerbs- bzw. Veräusserungstransaktionen oder der Ausübung der Stimmrechte zugunsten und im Interesse der Gruppe aufgeben. Nicht verlangt wird hingegen eine Mindestdauer der Abstimmung der Verhaltens-weise.59

Dass die Gesellschaft den Verkäufer (und gegebenenfalls den oder die Käufer) im Rahmen der Sekundärplatzierung durch Informationsvermittlung und bei der Ver-marktung unterstützt und dabei allenfalls auch Gewährleistungen, Risiken und Kos-ten übernimmt, ist u.E. aus offenlegungsrechtlicher Sicht unbedenklich. Dies bedeu-tet, dass ein solches Verhalten nicht zu einer Qualifikation als Gruppe im Sinne des Offenlegungsrechts führt. Es findet in einem solchen Fall keine Unterordnung der Parteiinteressen unter offenlegungsrelevante Gruppeninteressen statt und die Partei-en bleiben frei in ihrer Entscheidung, Aktien zu veräussern bzw. zu erwerben oder die Transaktion bleiben zu lassen.

58 Davon ist die Frage zu unterscheiden, unter welchen Umständen mehrere verkaufende Aktionä-

re bzw. mehrere erwerbende Investoren untereinander offenlegungsrechtlich eine Gruppe im Hin-blick auf den Verkauf bzw. Erwerb bilden. Vgl. hierzu URS SCHENKER, Schweizerisches Übernah-merecht, Bern 2009, 134 ff.; PATRICK SCHLEIFFER, Offenlegungs- und übernahmerechtliche As-pekte bei Kapitalmarkttransaktionen, in: Kapitalmarkttransaktionen, hrsg. von Thomas U. Reutter/ Rolf Watter/Thomas Werlen, Zürich/Basel/Genf 2006, 125 ff., 159, je mit weiteren Hinweisen; spezifisch in Bezug auf Lock-up Vereinbarungen zwischen den Aktionären SAMUEL STADELMANN/ CHRISTIAN WIDMER, Erleichterte Erfüllung der Offenlegungspflichten im Prospekt, GesKR 2008, 153 ff., 159 ff.

59 Vgl. SCHENKER (FN 58), 122 ff.; SCHLEIFFER (FN 58), 135 f.; WATTER/DUBS (FN 2), 33 f., je mit weiteren Hinweisen.

Die Mitwirkung der Gesellschaft bei Sekundärplatzierungen

317

Ebenso wenig den Tatbestand einer offenlegungsrechtlichen Gruppe dürfte das Eingehen einer Lock up-Verpflichtung60 des veräussernden Aktionärs (soweit dieser nach Platzierung noch Aktien an der Gesellschaft hält), der Gesellschaft selbst bzw. eines Erwerbers gegenüber der Gesellschaft oder ein Mitspracherecht bzw. Vetorecht der Gesellschaft bei der Platzierung der Aktien erfüllen. Auch in diesem Fall werden keine Einzelinteressen einem Gruppeninteresse untergeordnet. Dem Verkäufer dürfte es auch in einem solchen Fall um eine Optimierung seines Erlöses und eine Mini-mierung der Risiken gehen, während die Gesellschaft durch ihre Unterstützung des Platzierungsprozesses eine möglichst kursschonende Platzierung oder eine Verbreite-rung oder Stabilisierung des Aktionärskreises anstreben wird. Der Erwerber wieder-um möchte zu einem möglichst günstigen Preis unter Minimierung der Risiken einsteigen.

Ein Handeln in gemeinsamer Absprache ist allerdings dann anzunehmen, wenn die Gesellschaft und der Erwerber im Zusammenhang mit der Sekundärplatzierung Ab-machungen treffen, die insbesondere die Ausübung des Stimmrechts betreffen oder das gemeinsame Zusammenleben während der Beteiligungsnahme im Rahmen einer Investorenvereinbarung mit gegenseitigen Rechten und Pflichten regeln.61

60 Zur selbstständigen Offenlegungspflicht von Lock up-Verpflichtungen vgl. SCHENKER (FN 58),

136 f.; SCHLEIFFER (FN 58), 155 ff., STADELMANN/WIDMER (FN 58), 159 ff. 61 WATTER /DUBS (FN 2), 34. Vgl. auch SCHENKER URS (FN 58), 138.