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Referat Die normoprolaktiniimisehe sekund~ire Ovarialinsuftlzienz Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie G. Leyendecker, Bonn Normoprolaktin/imische sekund/ire Ovarialinsuffizienz bedeutet, dab das Ovar prin- zipiell funktionsf/ihig ist, ihm lediglich eine ausreichende Stimulation durch hypo- phys/ire Gonadotropine fehlt und eine Hyperprolaktin/imie ads Ursache der ovariel- len Funktionsst6rung ausgeschlossen ist. Zum besseren Verst/indnis der Pathophysiologie der sekund/iren Ovarialinsuffi- zienz sei ein kurzer Exkurs in die Physiologie der Ovarialfunktion vorausge- schickt. Steuerung der normalen follikuliiren Reifung Abbildung 1 ist eine schemafische Darstellung der endokrinen Vorgfinge, die zu Eireifung und Ovulation ffihren. Vom Hypothalamus wird LH-RH in pulsatori- scher Weise an die Hypophyse abgegeben, welches dort Synthese und Sekretion von LH und FSH stimuliert (Dierschke et ad., 1970; Yen et al., 1972; Carmel et al., 1976). Das pulsatorische Profil der LH-Serumkonzentrationen w~ihrend der Prolife- rationsphase 1/il3t erkennen, dab die zentralen LH-RH-Impulse etwa in Abst/inden von jeweils 90 min auftreten. Infolge einer ad/iquaten hypophys~iren Abgabe yon FSH und LH werden die Ovarien stimuliert, welches sich endokrin in einem Anstieg von Ostradiol im Serum bemerkbar macht. Ostradiol (m~iglicherweiseauch Inhibin) des funktionell und mor- phologisch reifenden Follikels iibt eine differenzierte Rfickwirkung auf die Hypophy- se aus, indem es sowohl Synthese ads auch Sekretion von FSH drosselt, jedoch lediglich die Sekretion von LH einschr~inkt (Baraclough u. Hailer, 1970; Yen u. Tsai, 1971). Bei im wesentlichen ungehinderter Synthese von LH ffihrt dessen Sekretions- einschr~inkung parallel zur funktionell-morphologischen Reifung des Follikels zu einer gewaltigen Ffillung der Hypophyse mit LH, welches zum Zeitpunkt der vollen follikul/iren Reife f/ir die Ausl6sung der Ovulation zur Verffigung steht (Leyendecker u. Nocke, 1976). FSH wird wegen der 6stradiolbedingten Synthesehemmung nur in geringem Maf3e in der Hypophyse angeh~iuft. Das Signal zur Ausl6sung der Ovulation kommt yore Follikel selbst (Leyen- decker et al., 1972). Es besteht darin, dag die (}stradiolkonzentration im Serum ausreichend lange eine gewisse Schwelle fiberschreitet (Knobil, 1974). Dies ffihrt zu einer abrupten Entleerung der mit LH und zu einem geringeren Mal3e mit FSH gefiillten Hypophyse. Die Vorggnge, die hierbei auf zellul~irer Ebene stattfinden, sind 503

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Referat

Die normoprolaktiniimisehe sekund~ire Ovarialinsuftlzienz Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie

G. Leyendecker, Bonn

Normoprolaktin/imische sekund/ire Ovarialinsuffizienz bedeutet, dab das Ovar prin- zipiell funktionsf/ihig ist, ihm lediglich eine ausreichende Stimulation durch hypo- phys/ire Gonadotropine fehlt und eine Hyperprolaktin/imie ads Ursache der ovariel- len Funktionsst6rung ausgeschlossen ist.

Zum besseren Verst/indnis der Pathophysiologie der sekund/iren Ovarialinsuffi- zienz sei ein kurzer Exkurs in die Physiologie der Ovarialfunktion vorausge- schickt.

Steuerung der normalen follikuliiren Reifung

Abbildung 1 ist eine schemafische Darstellung der endokrinen Vorgfinge, die zu Eireifung und Ovulation ffihren. Vom Hypothalamus wird LH-RH in pulsatori- scher Weise an die Hypophyse abgegeben, welches dort Synthese und Sekretion von LH und FSH stimuliert (Dierschke et ad., 1970; Yen et al., 1972; Carmel et al., 1976). Das pulsatorische Profil der LH-Serumkonzentrationen w~ihrend der Prolife- rationsphase 1/il3t erkennen, dab die zentralen LH-RH-Impulse etwa in Abst/inden von jeweils 90 min auftreten.

Infolge einer ad/iquaten hypophys~iren Abgabe yon FSH und LH werden die Ovarien stimuliert, welches sich endokrin in einem Anstieg von Ostradiol im Serum bemerkbar macht. Ostradiol (m~iglicherweise auch Inhibin) des funktionell und mor- phologisch reifenden Follikels iibt eine differenzierte Rfickwirkung auf die Hypophy- se aus, indem es sowohl Synthese ads auch Sekretion von FSH drosselt, jedoch lediglich die Sekretion von LH einschr~inkt (Baraclough u. Hailer, 1970; Yen u. Tsai, 1971). Bei im wesentlichen ungehinderter Synthese von LH ffihrt dessen Sekretions- einschr~inkung parallel zur funktionell-morphologischen Reifung des Follikels zu einer gewaltigen Ffillung der Hypophyse mit LH, welches zum Zeitpunkt der vollen follikul/iren Reife f/ir die Ausl6sung der Ovulation zur Verffigung steht (Leyendecker u. Nocke, 1976). FSH wird wegen der 6stradiolbedingten Synthesehemmung nur in geringem Maf3e in der Hypophyse angeh~iuft.

Das Signal zur Ausl6sung der Ovulation kommt yore Follikel selbst (Leyen- decker et al., 1972). Es besteht darin, dag die (}stradiolkonzentration im Serum ausreichend lange eine gewisse Schwelle fiberschreitet (Knobil, 1974). Dies ffihrt zu einer abrupten Entleerung der mit LH und zu einem geringeren Mal3e mit FSH gefiillten Hypophyse. Die Vorggnge, die hierbei auf zellul~irer Ebene stattfinden, sind

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Die hypo tha lamisch -hypophysdr - o v a r i e l l e

Achsr wt ihrend tier Fol l ik r162

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Abb. 1. Schematische Darstellung der endokrinen Regulation der hypothalamo- hypophys~ir-ovariellen Achse w~ihrend der Proliferationsphase des normalen menstruellen Zyklus (mod. nach Leyendecker u. Nocke, 1976)

bisher noch nicht gekl~irt. Aufgrund direkter experimenteller Beweise an der Rhe- susfiffin und indirekter Hinweise aus Beobachtungen bei der Frau ist zur Entleerung der Hypophyse nicht eine Steigerung der hypothalamischen LH-RH-Abgabe not- wendig (Lasley et al., 1975; Nakai et al., 1978). Die regulatorischen Vorg~inge fin- den lediglich auf der Ebene der Hypophyse statt (Nakai et al., 1978). In diesem Sinne besitzt daher die hypothalamische LH-RH-Sekretion lediglich einen ,,permissi- yen" Charakter (Knobil, pers. Mitt.).

Auf der Ebene des Ovars (Abb. 2) ist der follikul~ire Reifungsprozel3 mit dem sukzessiven Auftreten van Rezeptorbindungsstellen zun~ichst f/jr FSH, Ostradiol, Testosteron und dann zus~itzlich f/jr LH, Prolaktin und Prostaglandine begleitet (Richards et al., 1976; Schreiber u. Ross, 1976; Erickson, 1978). Das fr/jhe Auftre- ten van FSH-Rezeptoren demonstriert die grunds~itzliche Bedeutung dieses Hor- mons f/Jr die normale follikul~ire Entwicklung (Jones et al., 1969; McNatty u. Sa- wers, 1975). Die Pathophysiologie wird zeigen, dab hfiufig gerade ein Mangel an FSH der entscheidende Faktor f/jr die Ausbildung einer sekundfiren Ovarialinsuffi- zienz ist (vide infra).

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Abb. 2. Vorstellung fiber das sukzessive Auftreten von Hormonrezeptoren in der Granulosazelle w~ihrend der follikul/iren Entwicklung. F, L, P und pg = membranst/indige Rezeptoren f'tir FSH, LH, Prolaktin und Prostaglandine; e und t = zytoplasmatische Rezeptoren ffir Ostradiol und Testosteron (nach Erickson, 1978)

PRIMORDIAL FOLLICLE Q

PRIMARY FOLLICLE

SECONDARY FOLLICLE (eorly- middle)

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~cytoplasm

@

P athophysiologie

Das Zentralnervensystem ist seit langem als ein Ort erkannt, von welchem St6run- gender Ovarialfunktion ihren Ausgang nehmen. Aus diesern Grund sind Begriffe wie Strel3-Amenorrhoe, psychogene Amenorrhoe, Situationsamenorrhoe u.a. gepr/igt worden, um diese Zusammenh~inge zu charakterisieren. Sogar in weniger offenkundigen Situationen konnte eine sorgf'/iltige psychologische Analyse Beziehun- gen zwischen Pers6nlichkeitsstruktur und Auftreten von Ovarialinsuffizienzen her- stellen (Reifenstein, 1946; Tietze, 1948; Fries u. Nillius, 1973; Frick, 1974).

Was auch immer der prim/ire Grund, sei es Strel3 oder eine gewisse Disposition, und welcher Art auch irnmer die zentralnerv6sen Verbindungen seien, der Rfickgang oder das v611ige Verschwinden des pulsatorischen Verhaltens tier hypophys~iren LH- Sekretion weist darauf bin, dab die hypophys/ir-ovarielle Achse schliel31ich durch eine Beeintr/ichtigung der hypothalamischen LH-RH-Sekretion in Mitleidenschaft gezogen wird. Anamnese und sorgf'~ltige Beobachtung solcher Patientinnen zeigen h/iufig, da6 Corpus luteum-Insuffizienz, anovulatorischer Zyklus und Oligomenor- rhoe Durchgangsphasen in der Entwicklung zu oder in der Genesung von einer Amenorrhoe sind. Es wird daher vorgeschlagen, Corpus luteum-Insuffizienz, den anovulatorischen Zyklus, Oligomenorrhoe und Amenorrhoe im Rahmen der sekun- d/iren Ovarialinsuffizienz als eine pathophysiologische Einheit auf dem Boden einer mehr oder weniger reduzierten hypothalamischen Sekretion von LH-RH zu betrachten.

Corpus luteum-Insuffizienz. Abbildung 3 zeigt die Serumkonzentrationen von LH, FSH, t3stradiol und Progesteron bei vier Frauen mit Corpus luteum-Insuffizienz im

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Abb. 3. Der Verlauf der Serumkonzentrationen von LH, FSH, Progesteron und Ostradiol w/ihrend des Zyklus bei 4 Frauen mit Corpus luteum-Insuffizienz im VergMch zu den entsprechenden Hormonwer- ten 8 normaler Zyklen (schattierter Bereich = Mittelwerte _+ SEM) (nach Leyendecker et al., 1975)

Vergleich zu Normalzyklen. Klinisch k6nnen bei der CLI verk/irzte, normal lange sowie verl~ingerte Zyklen beobachtet werden. Bei sorgf'~iltiger Messung der Basal- temperatur k6nnen ein sog. ,,Klettertyp" der BTK, eine verkiirzte und/oder wenig ausgepr~igte hypertherme Phase in Erscheinung treten. Hormonanalyt isch lassen sich bei der CLI deutlich gegen/iber der Norm erniedrigte Progesteronwerte im Serum nachweisen (Strott et al., 1970; Shermann u. Korenman, 1974; Leyendecker et al., 1975; Wilks et al., 1976).

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Bei den Gonadotropinen f'~illt bei normalen LH-Werten eine deutliche Erniedri- gung der FSH-Konzentrationen gegenfiber der Norm vor allem w/ihrend der Prolife- rationsphase auf. Schon 1970 haben daher Strott u. Mitarb. die Ansicht ge~iuBert, dab die CLI die Folge einer nicht ad~iquaten Stimulation des heranreifenden Folli- kels mit FSH sei. Infolge der mangelhaften Stimulation des Follikels liegen die ~)stradiolspiegel im Serum unterhalb der Norm und da das wiederum eine vermin- derte Speicherung von LH in der Hypophyse zur Folge hat, steht zum Zeitpunkt der Ovulationsreife eine verminderte Menge an ausschfittbarem LH zur Verffigung. Auf ovarieller Ebene kann zus~itzlich die mangelhafte FSH-Stimulation zu einer vermin- derten Ausstattung des Follikels mit Rezeptoren ffihren. Die unzureichende Stimula- tion des Follikels mit FSH hat somit eine funktionelle Unreife sowohl auf hypophy- s/irer als auch auf ovarieller Ebene zur Folge, Faktoren, die ftir die Ausbildung eines insuffizienten Corpus luteum verantwortlich sind.

Amenorrhoe. Abbildung 4 zeigt die Resultate einer hormonalen Analyse von Ame- norrhoen als Folge sekund~irer Ovarialinsuffizienzen. Bei 18 amenorrhoischen Frau- en wurden i.v. Infusionen mit LH-RH (12,5 ~g/h) ffir die Dauer von 4 h durchge- f/ihrt. W/ihrend eines Zeitraumes yon 4 h vor Beginn der Infusion bis zu deren Ende wurde in Abstiinden yon 20 min Blur entnommen und die hypophysiiren Gonadotro- pine LH und FSH bestimmt. Je nach Ausfall des Gestagen- und Clomiphentests Wurden die Patientinnen in 3 Gruppen eingeteilt. In der 1. Gruppe befanden sich die Gestagen- und Clomiphen-negativen Frauen, in der 2. jene Patientinnen, die zwar nach Entzug des Gestagens, jedoch nicht nach Clomiphen bluteten, und in der 3. Gruppe befanden sich die Gestagen- sowie Clomiphen-positiven Frauen.

Charakteristisch ffir alle 3 Gruppen der Amenorrhoe waren die unter der Norm liegenden basalen FSH-Spiegel. Die vielfach ge/iuBerte Ansicht, die Gestagen-negati- ve Amenorrhoe stelle in erster Linie eine St6rung der tonischen und die Gestagen- positive Amenorrhoe lediglich eine solehe der zyklischen Gonadotropinsekretion dar, ist offenbar nicht zutreffend, da bei allen 3 Gruppen und auch bei der Corpus luteum-Insuffizienz die basale, d.h. ,,tonisehe" Sekretion von FSH eingeschr~inkt ist.

Die basalen LH-Spiegel sind extrem niedrig in der Gestagen-negativen Gruppe. In der 2. Gruppe sind sie deutlich angestiegen und erreichen in der 3. Gruppe Werte im oberen Normbereich.

Die durch LH-RH freisetzbare hypophys~ire ,,FSH-Reserve" ist in allen 3 Grup- pen etwa gleich. Die hypophys/ire ,,LH-Reserve" liegt in der 2. Gruppe leicht fiber derjenigen der ersten und erreicht in der 3. Gruppe ein starkes Ausmag.

Pathophysiologisches Konzept der normoprolaktiniimischen sekundiiren Ovarialin- suffizienz. Bisher ist es noch nicht m6glich, endogenes LH-RH in der peripheren Zirkulation nachzuweisen, womit der direkte Beweis ffir die Richtigkeit des oben genannten Konzeptes erbracht werden k6nnte. Die Beweisffihrung stfitzt sich daher lediglich auf Indizien, und im folgenden soil gezeigt werden, dab die bei der sekun- d/iren Ovarialinsuffizienz erhobenen Befunde mit dem vorgeschlagenen Konzept ver- einbar sind, nach welchem die verschiedenen Formen der sekund~iren Ovarialinsuffi- zienz eine pathophysiologische Einheit auf dem Boden einer mehr oder weniger stark eingeschr/inkten hypothalamischen LH-RH-Sekretion bilden.

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Abb. 5. Schematische Darstellung der Pathophysiologie der normoprolaktin/imischen sekund/iren (hy- pothalamischen) Ovarialinsuffizienz. Die hypophys~ire Reserve wurde dargestellt als kumulativer Net- toanstieg der Gonadotropinspiegel im Serum unter der LH-RH-Infusion. Die auseinanderstrebenden Linien der hypophys/iren Reserve in der Gruppe ,,Oligomenorrhoe" etc. und ,,normaler Zyklus" sollen den zyklischen Wechsel der hypophysw Reserve darstellen

Abbildung 5 ist eine schematische Darstellung dieses Konzepts. Ein normaler Zyklus 1/iuft ab, wenn die LH-RH-Sekretion aus dem Hypothalamus in einem ad- /iquaten MaB erfolgt. Die FSH- und LH-Spiegel sind im Normbereich, die Ostradiol- spiegel im Serum erreichen infolge ausreichender gonadotroper Stimulation der Ova- rien ein pr/iovulatorisches Niveau und die hypophys~ire Gonadotropin-Reserve schwankt entsprechend der zyklischen Entleerung der Hypophyse.

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Es wird nun angenommen, dab die sekund~ire Ovarialinsuffizienz durch e ine Abnahme der ad/iquaten LH-RH-Sekretion bedingt ist. Das ver/inderliche Verhalten der FSH/LH-Spiegel bei den verschiedenen Formen der sekund/iren Ovarialinsuffi- zienz l~iBt sich dadurch erkl/iren, dab nicht nur w~hrend des normalen Zyklus, son- dern auch bei allen Formen der sekund/iren Ovarialinsuffizienz eine R/ickkopplung des mehr oder weniger stimulierten Ovars auf die hypophys/ire Gonadotropinsekre- tion stattfindet, welche LH und FSH in einer unterschiedlichen Weise betrifft: FSH ist einer wesentlich st/irkeren negativen Feedback-Wirkung durch das Ovar unter- worfen als LH.

Bei v611ig fehlender oder stark eingeschr/inkter LH-RH-Sekretion sezerniert die Hypophyse nur geringe Mengen von Gonadotropinen. Das Ovar wird kaum stimu- liert; der Gestagen-Test ist negativ. Bei somit praktisch nicht vorhandener ovarieller R/ickkopplung fiberwiegt die Sekretion yon FSH. Die Hypophyse entspricht in die- ser Situation der in vitro perfundierten und nicht stimulierten Hypophyse (Dowd et al., 1975), bei der bei insgesamt niedrigen Gonadotropinsekretion ebenfalls eine ge- genfiber der LH-Sekretion leicht bevorzugte Abgabe von FSH beobachtet wird.

Bei den gestagen-positiven/clomiphen-negativen und clomiphen-positiven For- men der Amenorrhoe wird die Hypophyse etwas starker stimuliert, und der damit als Folge der ovariellen Stimulation verbundene Anstieg yon Serumtstradiol und mtglicherweise auch von Inhibin 1/iBt eine zunehmende ovarielle Rfickkopplung auf die Hypophyse wirksam werden, die im wesentlichen nur FSH betrifft. Die hypo- phys/ire FSH-Sekretion pendelt sich demnach jeweils auf ein Gleichgewicht zwischen hypothalamischer Stimulation einerseits und ovarieller Inhibition andererseits ein. Der LH-Spiegel im Serum - yon der ovariellen Hemmung weniger betroffen - ist in seiner H6he Ausdruck der jeweiligen hypothalamischen Stimulation der Hypophyse. Die FSH-Spiegel im Serum bleiben unter der Norm, solange die hypothalamische LH-RH-Sekretion nicht ausreicht, um die ovarielle Inhibition auf die FSH-Sekretion zu fiberwinden. Erst wenn diese ausreichend ist, kann FSH trotz ovarieller Inhibition weiter im Serum ansteigen und zu einer weiteren follikul~iren Reifung ffihren. Uber- schreitet im Verlaufe der ovariellen Reifung (3stradiol die ,,positive Feedbackschwel- le", so ktnnen zyklische Entleerungen der Hypophyse und Ovulationen erfolgen.

Diagnose

Nach AusschluB einer Hyperprolaktin~imie durch Messung von Prolaktin und einer prim~iren Ovarialinsuffizienz durch Bestimmung der FSH-Spiegel im Serum 1/iBt sich bei Vorliegen einer Amenorrhoe ihr Schweregrad leicht durch die kombinierte An- wendung des Gestagen- und Clomiphentests ermitteln (Abb. 6). Wie Abbildung 4 und das pathophysiologische Schema (Abb. 5) zeigen, gelingt auf diese Weise eine feine Absch/itzung der Funktionseinschr~inkung der hypothalamisch-hypophys/i- ren Einheit. Die LH-RH-Tests in der gewthnlicben ,,single shot" Ausffihrung geben keine dar/iber hinausgehende Information. In dieser Ausffihrung erlaubt der LH- RH-Test auBerdem entgegen friiherer Auffassung in keiner Weise eine Klassifizie- rung hinsichtlich der prim~iren Lokalisation der Sttrung (hypophys~ir versus supra- hypophys~ir), denn sowohl eine prim/ir defekte als auch normale, aber fiber eine 1/ingere Zeit nieht stimulierte Hypophyse wfirde auf einen einzelnen LH-RH-StoB nicht mit einer Gonadotropinausschfittung reagieren.

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Di.__agnostik

Prolaktin ( i. Serum

Fs. ( i, Serum

Sekund(ire (hypothalamische) Ovarialinsuffizienz

z um Ausschlui3 r / I-lyperprolakt in~imie / /

zum Aussch[ui3 r \ / prim. Ovarialin- J / suffizienz / /

Gestagen - Test

Clomiphen - Test

BTK

( evtl. Progcstemn bci der CLI ]

Gestagen t Clomiphen

Gestagen + C[omiphen ~"

Gcstogen } + Clomiphen

Oligomenorrhor Anoru[at. Cyc|us Corpus Luteum- Insuffizienz

"t Therqp_i._.~_r

Gonadot ropin - Substitution ( HMG / HCG ]

Mobilisierung der endo-

genen Gonodotropin- reserve mit

Anti6strogenen r in Kombination mit HCG und / oder niedrig dosierten ()stmgenen

in det Experimentotphose:

LH -RH - Substitution

Neurophormako

Abb. 6. Tabellarische Darstellung diagnostischer und therapeutischer Prinzipien

Die Gabe von Ostrogenen an amenorrhoische Frauen f/ihrt in einigen F/illen zu einer akuten Freisetzung yon Gonadotropinen aus der Hypophyse und ist als Funk- tionstest f/Jr die hypothalamisch-hypophys/ire Achse bei Amenorrhoen vorgeschla- gen worden (Czygan u. Reich, 1973; Shaw et al., 1975). Shaw u. Mitarb. (1975) konnten bei einer Gruppe yon zehn amenorrhoischen Frauen zeigen, dal3 bei f/inf Frauen, die einen positiven Ostrogenbelastungstest aufwiesen, durch Clomiphen Ovulationen ausgel6st werden konnten. Die /ibrigen Frauen, die nach Gabe von Ostradiol-Benzoat nicht mit einer akuten LH-Sekretion reagierten, ovulierten nicht nach Gabe yon Clomiphen. Der Ostradiolbelastungstest erweitert daher die Aussa- gekraft des Clomiphentests, wenn bei letzterem nur das Auftreten einer vaginalen Blutung als Kriterium des positiven Testausfalls ber/icksichtigt wird. Ein positiver tgstradiolbelastungstest w/irde die Ovulationsf'~ihigkeit nach Clomiphen voraussa- gen. Wird beim Clomiphentest nicht nur das Auftreten einer vaginalen Blutung re- gistriert, sondern durch Messung der Basaltemperatur aul3erdem festgehalten, ob die Blutung nach einem anovulatorischen Zyklus, einer Corpus luteum-Insuffizienz oder nach normaler Corpus luteum-Phase auftritt, so schliel3t der Informationswert des Clomiphentests den der (~strogenbelastung ein.

Oligomenorrhoe, anovulatorische Zyklen sowie die Corpus luteum-Insuffizienz werden ohne Schwierigkeiten durch Messung der Basaltemperatur und/oder zu- s/itzliche Messung von Progesteron im Serum w/ihrend der mutmal31ichen Sekre- tionsphase diagnostiziert. Auch hier sollte eine Hyperprolaktin/imie als Ursache in Erw/igung gezogen und durch Prolaktinmessungen ausgeschlossen werden (Wyss et al., 1977).

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Therapeutische Gesichtspunkte und Aspekte einer Subsitution mit LH-RH

Keine Form der hypothalamischen Ovarialinsuffizienz ist, wie Abbildung 5 verdeut- licht, normogonadotrop. Dennoch wird eine Substitutionstherapie in der Praxis le- diglich bei den Clomiphen-negativen Formen der Amenorrhoe und bei den sog. ,,Clomiphenversagern" angewendet. Bei weniger starken Formen der hypothalami- schen Ovarialinsuffizienz besteht das therapeutische Vorgehen in der Regel in der Mobilisierung der endogenen Gonadotropine durch Zufuhr von anti6strogen wirksa- men Substanzen, deren Wirkung durch die zeitlich sorgf/iltig abgestimmte zus~itzli- che Gabe von LH-RH, HCG und (3strogenen unterst/itzt werden kann (Abb. 6). Aus der pathophysiologisehen Analyse (Abb. 5) ist ersichtlich, dab bei der Mobili- sierung der endogenen Gonadotropine die Anhebung der FSH-Serumspiegel den ffir die follikul/ire Reifung entseheidenden Faktor darstellt. Der Anstieg yon vorwiegend FSH induziert einen Wachstumsschub einer neuen Follikelgeneration (Insler u. Lu- nenfeld, 1976). Der weitere ovarielle ReifungsprozeB wird dann nach Wiederabsin- ken der Gonadotropinspiegel durch die insuffiziente Gonadotropinstimulation unter- halten, und es ist daher nicht erstaunlieh, dab bei Clomiphentherapie h/iufig nur Ovulationen mit anschlieBend insuffizientem Corpus luteum erfolgen (Van Hall u. Mastboom, 1969).

In Anbetracht der Vorstellung vonder hypothalamischen Amenorrhoe als Folge einer insuffizienten endogenen LH-RH-Sekretion war es vorhersehbar, dab LH-RH im Sinne einer Substitutionstherapie eingesetzt werden wiirde, sobald es in ausrei- chenden Mengen zur Verffigung stand. Einige wenige positive Beobachtungen wur- den mitgeteilt und es stellte sieh bald heraus, dab mit LH-RH-Gabe ovarielle Stimu- lationen oder sogar Ovulationen nur bei den weniger schweren Formen von sekun- d/irer Ovarialinsuffizienz zu erzielen waren (Gual u. Lichtenberg, 1976; Nillius, 1976; Breckwoldt, Czygan, Lehmann u. Bettendorf, 1974). W/ihrend bei Patientinnen mit hypogonadotroper Ovarialinsuffizienz (Breckwoldt u. Mitarb., 1974) mit der Gabe von 2mal t~iglich 100-200 ~g LH-RH s.c. keinerlei ovarielle Reaktionen erzielen konnten, gelang es allerdings Nillius et al. (1975), bei 4 Frauen mit Anorexia nervosa durch parenterale Gabe von t/iglich 3mal 500 ~g LH-RH Ovulationen auszul6sen. Drei der 4 Frauen zeigten jedoch Gelbk6rperinsuffizienzen unter der Therapie.

Angesichts der /iuBersten Feinheit der endokrinen Regulation der hypothala- misch-hypophys~ir-ovariellen Achse ist es verst/indlich, dab die wenigen Erfolge bei der bisherigen, die Physiologie nur wenig berficksichtigenden Form der LH-RH- Substitution, lediglich einen zuf'~illigen Charakter hatten.

Neuere experimentelle Ergebnisse fiber die Feinsteuerung der hypothalamo-hy- pophys~iren Einheit f/ihrten zu einem besseren Verst/indnis der zugrundeliegenden regulatorischen Prinzipien und bilden die Basis fiir neue, mehr die Physiologie be- r/icksichtigende therapeutische Ans~itze.

Eine pulsatile hypothalamische Sekretion von LH-RH im Abstand von etwa 1 h pro Puls steht heute auBer Zweifel (Dierschke et al., 1970, Yen et al., 1972; Carmel et al., 1976). Beim Rhesusaffen, dessen Hypothalamus zerst6rt und dessen endogene LH-RH-Sekretion damit aufgehoben war, konnte nur dutch pulsatorische Gabe von LH-RH die erloschene Hypophysenfunktion wieder stimuliert werden. Fortsetzung der pulsatorischen Therapie durch eine kontinuierliche Applikations- form ohne Anderung der Dosis/Zeiteinheit •hrte zu einem sofortigen Zusammen- brueh der gonadotropen Hypophysenfunktion (Belchetz et al., 1978).

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Jeder einzelne Stol3 der hypothalamisehen LH-RH-Sekretion induziert nicht nur die Aussch/ittung yon Gonadotropinen, sondern auch deren Neusynthese, welche etwa 1 h in Anspruch nimmt. Die n~ichste LH-RH-Aussch/ittung trifft dann auf eine wieder ausreichend mit Gonadotropinen angef/illte Hypophysenzelle (Rtmmler et al., 1978; Rtmmler, 1978). Neben Freisetzung und Neusynthese werden durch LH- RH aber auch Vorg~inge des Gonadotropinabbaus in der Hypophysenzelle induziert (Rtmmler et al., 1978).

Diese Beobachtungen zeigen, dab die gonadotropen Zellen der Hypophyse LH- RH-induzierten funktionellen Zyklen unterworfen sind, die aus eng miteinander kor- relierten Prozessen, wie Freisetzung, Synthese, Speicherung und intrazellul~irem Abbau der Gonadotropine bestehen. Darfiber hinaus f/ihrt die circhorale Sekretion yon LH-RH zu einer funktionellen Synchronisation aller oder zumindest eines gro- Ben Teiles der gonadotropen ZeUen, so dab ein gro/3er Teil der Zellen jeweils optimal sezernieren kann, wenn aus dem Hypothalamus ein neuer LH-RH-StoI3 kommt. Dadurch wird die hypothalamo-hypophys/ire Einheit zu einem htchst 6konomi- schen System.

In Anbetracht dieser Beobachtungen und Ertrterungen stellt die circhorale pul- satile Abgabe von LH-RH eine physiologische Notwendigkeit f/Jr eine normale Hy- pophysenfunktion dar. Dies mag auch als Erkl~irung daf/ir dienen, dab die Langzeit- gabe yon langwirksamen LH-RH-Analogen nicht zu einer Verbesserung, sondern eher zu einer Beeintr~ichtigung der hypophys~iren Funktion fiihrt (Dericks-Tan et al., 1977; Hanker et al., 1978).

Nakai u. Mitarb. (1978) waren in der Lage, bei der hypothalamus-zersttrten und kastrierten Rhesus-Affin durch circhoral-pulsatile Substitution yon LH-RH und gleichzeitiger Gabe von Ostradiol ein Verhalten der Gonadotropine im Serum ~ihnlich dem w~ihrend des normalen menstruellen Zyklus zu erzielen. Diese Erfolge bildeten die Basis fiir den Versuch einer circhoralpulsatorischen Substitutionsthera- pie bei der schweren hypothalamischen Amenorrhoe (Leyendecker, in Vorber.).

Bei einer jungen Frau mit gestagen- und clomiphen-negativer Amenorrhoe (Abb. 7) f/ihrte die einmalige Gabe einer Testdosis von I00 ~xg LH-RH i.v. zu keiner nennenswerten Aussch/ittung yon LH und FSH aus der Hypophyse. W~ihrend der Behandlung mit LH-RH (10 ~g i.v. alle 90 min f/Jr die Dauer yon 19 Tagen) stiegen die Serumwerte yon (}stradiol kontinuierlich an und markierten damit eine Verbesse- rung der Hypophysenfunktion unter der Therapie. Ein Ausschnitt aus Tag 10 der Therapie zeigt ein die normale Physiologie vtllig imitierendes Verhalten der hypo- phys~iren Gonadotropinsekretion. Ohne Ver~inderung der LH-RH-Dosis kommt es nach weiterem Anstieg von Ostradiol im Serum zwischen Tag 16 und 19 zu einem MittzyklusgipfeMihnlichen Anstieg yon LH und FSH im Serum. Ein Ausschnitt aus Tag 19 zeigt das typische pulsatorische Verhalten eines solchen LH-Gipfels.

Diese vorliiufigen Resultate (Leyendecker, in Vorber.) unterst/itzen das oben entwickelte pathophysiologische Konzept der sekund~iren Ovarialinsuffizienz als Re- sultat einer eingeschr/inkten hypothalamischen LH-RH-Sekretion. Sie unterstiitzen die Beobachtungen von Belchetz et al. (1978) beim Rhesusaffen, dab mit einer pulsa- tilen LH-RH-Substitution eine Wiederherstellung der gonadotropen Hypophysen- funktion m6glich ist. Dar/iber hinaus unterst/itzen sie das Konzept, dab die hypotha- lamische LH-RH-Sekretion lediglich einen permissiven Charakter hat und die zykli- sche Regulation yon Eireifung und Ovulation lediglich auf hypohphys/irer und ova- rieller Ebene abl~iuft.

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mlU/m[ 60~

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d) IOjug LH-RH i~

l i l l l [ l l l l [ l l I I I I I I I J i l l I l l &0 8g 120 160 200 2&0 rain lO0/Jg LH-RH 0\ 40 80 120 160 200 2~0 rain 0 k

\ \ section of \ section of \ doy ~o \ \ d,~y ,g

\ \ ' \

b) " \ \ \ \ ~ " / ~ H ~

1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 I I I I I I I I I I I I I I I I I I -30 0 * 3 0 . 6 0 . 9 0 . 1 2 0 . 1 S 0 . 1 8 0 ~ 3 5 7 9 II 13 15 17 19

pg/ml E z

i l l I l l t i t I t t I l l - 3 0 0 *30 60 90 129 150 IB0

~E z

I 11 131 151 171 I g l I i i I 1131 IISI 1171 1191

days of treatment i0jug LH RH ot 90' rain intervals

Abb. 7. FSH, LH und Ostradiol im Serum bei einer 22j~ihrigen Patientin mit gestagennegativer sekun- d~irer Amenorrhoe. Nach einem LH-RH-Test mit einer Testdosis van 100 p~g LH-RH i.v. wurde die Patientin ffir die Dauer van 19 Tagen mit LH-RH behandelt (10 ~g i.v. im Abstand van 90 min)

Es besteht kein Zweifel, dab die Notwendigkeit einer pulsatilen Applikation van LH-RH bei der langfristigen Substitutionstherapie einer breiten Anwendung in Kli- nik und Praxis im Wege steht. Eine verfeinerte Teehnologie der LH-RH-Applikation wird diese Schwierigkeiten iiberwinden helfen.

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Schluflbemerkungen

Die normoprolaktin/imische, sekund~ire oder hypothalamische Ovarialinsuffizienz beruht in allen ihren Schweregraden offenbar auf einer mehr oder weniger starken Einschr~inkung der hypothalamischen LH-RH-Sekretion. Ihre kausale Genese ist letztlich nicht gekl~irt, obwohl Beobachtungen darauf hinweisen, dab sie mit exoge- nen (Notstandsamenorrhoe) und endogenen Konfliktsituationen (psychogene Ame- norrhoe) in einern auch f/Jr die Patientin mehr oder weniger offenkundigen Zusam- menhang stehen kann. Obwohl diese wie auch andere Formen ovarieller Funktions- st6rungen fiir die betroffenen Patientinnen schlieBlich Krankheitscharakter haben k6nnen, neigt der Verfasser aus einer heuristisehen Sicht zu der Auffassung, die hypothalamische Ovarialinsuffizienz nicht als St6rung, sondern als phylogenetisch ererbte, beim Menschen allerdings nicht mehr situationsad~iquate F~ihigkeit zur In- fertilit~it anzusehen, die bei verschiedenen Individuen in einem unterschiedfichen Ma/3 ,,gebahnt" sein kann (Disposition). Der Nutzen einer solchen Sicht liegt in der daraus resultierenden m6glichen Verf/igbarkeit von Tiermodellen (saisonale Un- fruchtbarkeit, Regulation der Fertilit/it bei Uberpopulation etc.), mit deren Hilfe die zugrundeliegenden neuroendokrinen Regulationsmechanismen und ihre Beeinflul3- barkeit durch Neuropharmaka untersucht werden k6nnen.

In der t/igliehen Praxis steht allerdings der Arzt hfiufig vor der Notwendigkeit, eine hypothalarnische Ovarialinsuffizienz ungeachtet ihrer tieferen kausalen Genese zu beseitigen. Eine sichere Diagnose und klare Abgrenzung gegen/iber anderen ova- riellen Funktionsst6rungen sowie eine klare Vorstellung ihrer Pathophysiologie er- lauben es ihm, aus der grol3en Palette heutiger therapeutischer M6glichkeiten (Gona- dotropinsubsitution, Mobilisation endogener Gonadotropine mit und ohne Zusatz- therapie; Psychotherapie) das im Einzelfall ad/iquate Verfahren auszuw/ihlen. Inten- sive Forschung auf dem Gebiet von Physiologie und Pathophysiologie der Ovarial- funktion werden dazu beitragen, diese Palette zu erweitern.

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