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NR. 2 – APRIL 2015 Residenz Revue MAGAZIN DER ATLAS STIFTUNG

Residenz Revue · zu haben. Der Frühling ist für viele die schönste Jahreszeit. Jene, nach der wir uns am meisten seh- ... verrät im Gespräch, worauf Senioren dabei achten sollen

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Residenz RevueM A G A Z I N D E R A T L A S S T I F T U N G

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R E S I D E N Z R E V U E I N H A L T

Liebe Leserin, lieber Leser

Frühlingserwachen – nach langen Winter- monaten freuen wir uns auf diese bevor- stehende Jahreszeit, wenn alles wieder etwas

leichter und beschwingter wird.

Auf den kommenden Seiten stimmen wir Sie ein auf den Frühling. Wir beschäftigen uns mit der Frage, wann denn nun genau das Frühjahr beginnt; am astronomischen, meteorologischen oder am phänologischen Datum. Auch tauchen wir ein in bekannte und unbekannte Frühjahrsbräuche.

Das Frühlingserwachen bringt mit sich, dass es uns wieder – fast magisch – hinaus in die Natur zieht. Hierzu finden Sie Diskussionsbeiträge und praktische Hinweise zu den Themen «Bewegung im Alter» und «Wellness». Mit den Residenz-spezi- fischen «Fitness-Wochen» im April wollen wir Sie zudem fit für den Frühling machen.

Wir wünschen Ihnen viel Spass bei der Lektüre und einen «bewegten Frühling»!

Ihre Atlas Stiftung

4Wenn alles zu neuem Leben erwacht

12«Seniorinnen und Senioren sind heute viel aktiver als früher»

18Viel mehr als nur baden

22«Wer regelmässig trainiert, entspannt automatisch»

28Trivia

Blüten im Frühling

Ein Blütenmeer zieht sich durch diese Ausgabe der Residenz Revue. Sie symbolisieren das Frühlingserwachen.

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F R Ü H L I N G S E R W A C H E N

Den Frühling mit Freudenfesten willkom-men zu heissen hat in vielen Kulturen eine lange Tradition. Mit den ersten Blüten und

warmen Sonnenstrahlen beginnt eine Zeit der Rei-nigung und Erneuerung – die aber leider manchen auch auf die Gesundheit schlägt.

Man muss kein Dichter sein, um bei den ersten Anzeichen des Frühlings poetische Anwandlungen zu haben. Der Frühling ist für viele die schönste Jahreszeit. Jene, nach der wir uns am meisten seh-nen und die uns Freude verspricht. Nach langen, dunklen Wintermonaten die ersten Knospen zu ent-decken, hellgrünes Gras spriessen zu sehen und zu spüren, wie die Sonnenstrahlen wieder stark genug sind, um Wärme zu spenden, das alles lässt das Herz hüpfen.

Feste voller Farben und FreudenfeuerDen Frühling mit offenen Armen zu begrüssen

und ihm zu huldigen, das ist eine Tradition, die sich in allen Kulturen der sogenannten «gemässigten Zone» beobachten lässt, also in jenen Bereichen des Erdballs, die im Laufe eines Kalenderjahres vier kli-matische Jahreszeiten unterscheiden.

In Indien feiert man im März den Sieg des Früh-lings über den Winter mit dem Farbenfest «Holi». Während der Feierlichkeiten gibt es für einmal keine Unterschiede zwischen den Kasten, alle fei-ern gemeinsam. Am Vorabend des wichtigsten Ta-ges werden Feuer entzündet, um die bösen Geister zu vertreiben. Den Höhepunkt des «Holi» markiert dann der «Rangapancami», der Tag der Farbe. Alle Feiernden besprühen sich gegenseitig mit buntem Farbenpuder. Auch in unserer christlichen Tradition gehört übrigens die Farbe zum Frühling und seinen Festen – man denke nur an die bunt bemalten Oster-eier, die oft ganze Bäume schmücken.

Bei persischen Völkern hat sich bis heute die Fei-er von «Nouruz» erhalten, welches in der vorislami-schen Zeit den Beginn des neuen Jahres markierte. Dieses Fest wird jeweils zur Frühlings-Tagund-nachtgleiche, also am 20. oder 21. März, begangen. Hier spielen Feuer, die zur Vertreibung des Winters angezündet werden, eine wichtige Rolle.

Den Winter symbolisch verbrennenDoch auch bei uns in Europa ist das Feuer eines

der wichtigsten Mittel, den Winter zu vertreiben. Nicht nur beim traditionellen Zürcher «Sechseläuten»,

Wenn alles zu neuem Leben erwacht Er ist `s

Frühling läßt s ein blaues Band Wieder flattern durch d ie Lüft e

Süße, wohlbekannt e Düft e Strei fen ahnungsvoll das Land.

Veilchen träumen schon, Wollen balde kommen

Horch, von fern ein leis er Har fenton!

Frühling, ja du bist `s! Dich hab ich vernommen!

Eduard Mörike (180 4 - 18 75)

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wo die Brenndauer des «Böögg» gar Hinweise auf die Länge und Qualität des kommenden Sommers liefern soll, sondern auch in vielen vorchristlichen Bräu-chen, die sich bis in die heutige Zeit erhalten haben.

Diese nordeuropäischen Frühlingsfeste finden merklich später statt als jene in Indien oder Persien. Denn während sich in diesen Regionen der Frühling schon im März so richtig entfaltet hat, sind weiter nördlich die Tage oft erst gegen Ende April warm genug für Freudenfeste. So feierten die Kelten am 30. April und 1. Mai ihr Feuerfest «Beltane», das als einer der Vorläufer für den «Tanz in den Mai» gilt. Die Wahl einer Maikönigin deutet dabei vielleicht auf die frü-here Verehrung einer Frühlingsgöttin hin.

Auch die Walpurgisnacht wird am 30. April gefei-ert, und auch sie hat sich in diversen Festbräuchen erhalten. Sie geht auf den Gedenktag der englischen Nonne Walburga (710-779) zurück, die als Äbtis-sin im deutschen Heidenheim waltete. Walburga gilt als Schutzheilige gegen diverse Seuchen, und

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so ist diese Feier Reinigung und Neubeginn gleich-zeitig. Zugleich konnten durch diesen christlichen Feiertag im Mittelalter verschiedene vorchristliche Bräuche der bäuerlichen Landbevölkerung unter ein religiöses Deckmäntelchen gebracht werden. So gab es rituelle Liebesakte auf den Feldern, welche die Fruchtbarkeit auf den Boden übertragen und für eine gute Ernte sorgen sollten. Die traditionellen Feuer und die «Maibäume» gehen ebenfalls auf die keltisch-germanische Zeit zurück, denn bei diesen Völkern galt den Bäumen eine besondere Verehrung.

Vielerorts verloren die Maifeste mit der Zeit ihre religiösen und abergläubischen Hintergründe und wurden zu reinen Volksfesten. So gibt es in den Schweizer Bergen – zum Beispiel im hinteren Lauterbrunnental – noch immer Orte, die im Volks-mund als «Tanzbödeli» bezeichnet werden. Hier fei-erte während der Zeit der Reformation, als das Tan-zen offiziell verboten war, die örtliche Jugend in den Mai.

Tropfende Nasen und juckende AugenDoch so sehr der Frühling für viele eine Zeit der

Freude und des Erwachens ist – manchen kann er übel mitspielen. Einerseits ist da die berüchtigte Frühjahrsmüdigkeit, die viele ausgerechnet dann trifft, wenn draussen alles blüht und spriesst, und die Sonne doch endlich wieder Energie spenden sollte. Die Gründe für diesen körperlichen Einbruch vermutet man in der Umstellung des Hormonhaus-halts. Der Körper produziert, sobald die Tage wieder länger werden, mehr vom «Glückshormon» Seroto-nin und hemmt andererseits die Ausschüttung des «Schlafhormons» Melatonin. Diese Veränderung scheint den Körper so stark zu belasten, dass er mit Schlappheit und Erschöpfung reagiert. Besorgniser-regend ist dies allerdings nicht. Es wird empfohlen, so oft wie möglich an die Sonne und ins Freie zu gehen und sich regelmässig zu bewegen.

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der Nordhalbkugel mit der Frühlings-Tagundnacht-gleiche, die wissenschaftlich als «Frühlings-Äqui-noktikum» bezeichnet wird, an. Diese tritt jeweils am 20. oder 21. März ein.

Die meisten von uns richten sich aber ohnehin am liebsten nach dem phänologischen Frühling – jenem, den sie selbst sehen, riechen und spüren können. Schon mit den ersten Maiglöckchen kün-digt sich dieser Frühling an, und spätestens, wenn die Apfelbäume blühen, wenn es draussen summt und brummt, wenn die Sonne wieder höher steht und den ersten gründlich die Nase juckt, ist es Zeit, die Seele vom Staub zu befreien und – wie einst der Dichter Mörike – mit offenen Armen den Frühling willkommen zu heissen.

Text: Katharina Blansjaar

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Was aber, wenn gerade der Aufenthalt im Freien im Frühling eine Qual ist? Rund 1,2 Millionen Men-schen in der Schweiz – das sind 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung – leiden nämlich unter Heuschnupfen. Nasensprays und Antihistaminika in Tablettenform bringen oft nur kurzzeitige Linderung. Viele gehen in dieser Zeit am liebsten gar nicht aus dem Haus und lassen die Läden herunter, um ihre gereizten Augen zu schonen.

Doch statt Trübsal zu blasen, könnten sich Pol-lenallergiker in dieser Zeit auch einem anderen zur Jahreszeit passenden Brauch widmen: dem Früh-jahrsputz. Denn ebenso, wie man sich selbst über den Winter ein wenig eingemummt hat, haben oft auch so einige Bereiche des Habitats über die dunk-len, grauen Monate Staub angesetzt, der erst jetzt zum Vorschein kommt, wenn wieder genug Licht

in die gute Stube gelangt. Nun ist auch ein idea-ler Zeitpunkt, sich von Dingen zu trennen, die man nicht mehr braucht, die nicht mehr funktionieren oder nur noch nutzlos herumstehen. Oft lohnt es sich dabei zu überlegen, ob man in der Familie oder im Freundeskreis nicht jemanden kennt, der noch etwas damit anfangen könnte oder vielleicht sogar Freude daran hätte. So bekommt das Entrümpeln ganz neue, positive Aspekte.

Maiglöckchen und ApfelblütenDoch wann beginnt er nun eigentlich, der Früh-

ling? Das kommt ganz auf die Sichtweise an. Denn der Frühling lässt sich astronomisch, meteorolo-gisch oder auch phänologisch definieren. Der mete-orologische Frühling beginnt schon am 1. März. Der astronomische Frühling dagegen fängt bei uns auf

Meteorologischer Frühling - 1. MärzAstronomischer Frühling - 20. März

Phänologischer Frühling - wenn’s blüht, summt und brummt

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Regelmässige Bewegung auch im hohen Alter tut gut. Physiotherapeut Ingmar Lohmann verrät im Gespräch, worauf Senioren dabei

achten sollen.

Herr Lohmann, Sie sind Geschäftsführer der Rehacity Basel, die das Behandlungs- und Bewegungsprogramm der Seniorenresidenz Südpark gestaltet. Worauf liegt der Fokus?Das Programm ist gezielt auf Seniorinnen und

Senioren abgestimmt und auf Training, Aktivierung und Stabilisierung ausgerichtet. Wir trainieren in kleinen Gruppen, damit wir auf individuelle Pro-bleme und die Leistungsfähigkeit jedes Einzelnen eingehen können. Das Programm umfasst Sturzpro-phylaxe, Nordic Walking, Gymnastik und Pilates. Auf der Pflegestation bieten wir neben Therapien auch Hirnleistungstraining und Singgruppen an.

Viele ältere Menschen in der Schweiz stürzen mindestens einmal pro Jahr. Welche Übungen sind ideal, um das Sturzrisiko zu vermindern?Unsere Kursteilnehmer laufen über verschiedene

Böden und wacklige Untergründe. Es geht darum, das Gleichgewicht zu trainieren. Mit Teilnehmern, die bereits gestürzt sind, üben wir auch gezielt das Treppensteigen oder den Einbeinstand.

Ich gehe davon aus, dass vieles auch Kopf- sache ist. Die Angst davor, wieder zu stürzen, ist bestimmt sehr gross.Ja, das Post-Sturz-Syndrom ist enorm. Ein Drittel

der Gestürzten schränkt seine Aktivitäten nach ei-nem Sturz ein vor lauter Angst, wieder hinzufallen. Hier müssen wir vor allem unterstützend wirken und den Gestürzten zeigen, dass sie sich mit gezieltem Training nicht einschränken müssen. Wir führen sie mit kleinen Übungen langsam wieder ans motorische heran.

Gymnastik und Pilates helfen dabei auch?Bei Pilates werden die tief liegenden, kleinen und

meist schwächeren Muskelgruppen trainiert. Damit wird die Wirbelsäule insgesamt stabilisiert und der Mensch beweglicher. Unser Gymnastikprogramm umfasst die üblichen Übungen im Sitzen oder Lie-gen sowie Krafttraining mit dem Theraband und Fangspiele oder Jonglieren für die Koordination.

Wenn es im Frühling wieder wärmer wird, drängt es die Menschen hinaus in die Natur. Warum ist Nordic Walking besonders gut?Weil es dank der Stöcke einerseits gelenkscho-

nend ist und man andererseits auch die Armmus-kulatur und damit mehr Muskeln beansprucht als

«Seniorinnen und Senioren sind heute viel aktiver als früher»

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beim normalen Gehen. Nordic Walking fördert die Konditionsfaktoren Ausdauer, Kraft und Beweg-lichkeit und schult gleichzeitig die Koordination und Rhythmusfähigkeit.

Aber schnelles Spazieren gilt auch als gesund.Spazieren, Wandern und Nordic Walking sind

sehr gut, wenn man es mit erhöhter Pulsfrequenz tut. Man sollte aber nicht ausser Atem sein, sondern miteinander reden können. Alle drei Bewegungsar-ten steigern das Wohlbefinden. Man ist draussen in der Natur und an der frischen Luft. Allerdings ist aufwärts wandern gelenkschonender als abwärts.

Was halten Sie von Joggen?Es gibt keinen Grund, im Alter

nicht mehr zu Joggen, wenn man seit vielen Jahren läuft. Auch mit Sportarten wie Skifahren oder Tennisspielen, die man sein Leben lang getrieben hat, muss man nicht aufhören.

Das sportliche Vorleben ist also entscheidend. Wie motivieren Sie beispielsweise einen unsportlichen Senior nach einem Sturz?Wenn er keine Lust dazu hat,

ist es enorm schwer. Denn wer erst im höheren Alter beginnt, sich zu bewegen und vorher ungesund gelebt hat, ist seit vielen Jahren eingeschränkt. Wir versuchen, der Person aufzuzei-gen, dass die Therapie ihr hilft respektive, dass sie ohne Therapie eventuell den Rest ihres Lebens auf Gehhilfen angewiesen ist. Wir haben viele Kunden, die erst bei der Therapie merken, dass sie Spass da-ran haben. Sie sehen, dass es Sinn macht, sich zu bewegen, weil es ihnen danach besser geht.

Mit welchen Sportarten kann man gut beginnen und welche lassen Seniorinnen und Senioren besser bleiben?Sportarten mit schnellen Start-Stopp-Bewegun-

gen und Richtungswechseln wie Tennis oder Squash sind nicht ideal. Sportarten mit linearen Bewegun-

gen hingegen sind gut. Dazu gehören Schwimmen, Velofahren, Wandern oder sanftes Krafttraining.

Worauf ist bei jeder Sportart speziell zu achten?Ruckartige Bewegungen sind nicht gut. Die

Übungen sollten im richtigen Tempo ausgeführt werden. Lieber langsam als zu schnell, lieber mit leichteren Gewichten trainieren als mit zu schwe-ren. Wichtig ist, die Überbelastung des Herzens zu vermeiden, wie zum Beispiel, wenn man beim Jog-gen einen hochroten Kopf bekommt.

Was ist besser: Täglich wenige Minuten trainieren oder einige Mal pro Woche mehr Minuten?

Drei- bis viermal pro Woche zu trainieren oder Sport zu treiben wäre ideal. Man sollte sich zwei-einhalb Stunden pro Woche ak-tiv bewegen. Dabei ist auf eine gute Mischung zu achten. Kraft, Ausdauer und Koordination sind gleichermassen wichtig.

Das heisst, mit Krafttraining alleine wird ein Senior, eine Seniorin den Rollator nicht los.Kraft ist die Grundlage für jeden Bewegungsradius. Aber Kraft al-leine reicht nicht. Dazu gehört auch Koordination. Ein gut trai-

nierter Körper braucht wohl keine Gehhilfe. Aber bei Gleichgewichtsstörungen ist ein Rollator schon hilfreich.

Grundsätzlich gelten Menschen im Alter heutzutage als mobiler als früher. Sehen Sie dies auch in Ihrer täglichen Arbeit?Ja, absolut. Die Seniorinnen und Senioren sind

viel aktiver als früher. Die Ausrede, man sei 90 und es lohne sich nicht mehr, hiermit oder damit zu be-ginnen, hören wir zwar immer noch. Aber die Men-schen, die glauben, sie seien jetzt alt und müssten lethargisch in der Ecke sitzen, werden immer selte-ner. Heute will ein 75-Jähriger mit einem künstli-chen Gelenk auch nach der Operation wieder fünf Stunden Wandern können. Das kann er auch, wenn

er vorher gut trainiert und nur der Knochen das Problem war. Der Anspruch an Medizin und Thera-pie hat sich massiv verändert.

Ist es motivierend oder demotivierend, wenn der noch ältere Mitbewohner der Residenz fitter ist?Das kann natürlich schon demotivierend sein.

Aber für die meisten ist es ein Ansporn, wenn ihre älteren Freundinnen und Freunde fit sind oder bei-spielsweise dank Training die Rollatoren losgewor-den sind.

Nun gibt es weitere gute Gründe, Sport zu treiben. Bewegung schützt auch vor chronischen Erkrankungen, die besonders häufig im Alter auftreten. Bei Übergewicht, Osteoporose, Arthrose oder Wirbelsäulenschäden scheint mir dies logisch. Warum gilt dies auch für Diabetes? Und zu welchem Sport raten Sie Diabetikern?Bewegung senkt den Zuckergehalt im Blut. Da-

durch sinkt das Risiko, an Diabetes zu erkranken, um 50 Prozent. Velofahren ist sehr gut. Wer in die Unterzuckerung gerät, kann anhalten und beispiels-weise einen Schokoriegel essen.

Auch die Risiken, einen Herzinfarkt zu erleiden oder an Krebs oder Alzheimer zu erkranken, sind dank Bewegung deutlich kleiner. Wieso?Sportler haben einen deutlich besseren Stoff-

wechsel als «Couch Potatoes». Dies reduziert das Alzheimer- und Krebsrisiko. Das Herzinfarkt-Risiko schliesslich mindert sich um bis zu 40 Prozent. Das Herz ist ein Muskel. Und je besser dieser trainiert ist, umso höher seine Leistungsfähigkeit. Die Vor-beugung eines Herzinfarktes ist nicht immer mög-lich, da die Anfälligkeit auch erblich bedingt sein kann. Allerdings sind Übergewicht, Fehlernährung, Bewegungsmangel, ein erhöhter Blutspiegel und Rauchen starke Risikofaktoren.

Interview: Petra Stöhr

Ingmar Lohmann

Lohmann Ingmar ist Geschäftsführer der

RehaCity in Basel, wo Therapien und Trai-

nings bei rheumatologischen, orthopädi-

schen und neurologischen Leiden sowie bei

akuten/chronischen Schmerzproblemen an-

geboten werden.

Ingmar Lohmann ist diplomierter Physio-

therapeut, Sportphysiotherapeut und Osteo-

path. «Bewegung» und insbesondere «Bewe-

gung im Alter» sind für Ingmar Lohmann

wichtige Anliegen, für die er sich einsetzt.

B E W E G U N G I M A L T E R

«Es ist wichtig, dass man Übungen

nicht zu schnell und nicht zu ruck- artig ausführt und beim Training die Gelenke schont.»

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Für Wellness wird heute viel Geld ausgegeben. Dabei geht es eigentlich um viel mehr als nur teure Badekuren und zweifelhafte Heilmittel.

Echte Wellness macht am Ende gesünder und glück-licher.

Wellness ist käuflich. So vermittelt es uns zu-mindest die Werbung. Es gibt Wellness-Tees, Well-ness-Müsli, Wellness-Matratzen, Wellness-Beklei-dung und noch viel mehr. «Wellness», das ist kein geschützter Begriff, und darum kann jeder ganz un-verblümt damit werben, dass seine Produkte für ein besseres Wohlbefinden sorgen. Ein Versprechen, das nur selten eingehalten wird, denn Wellness ist eben viel mehr als eine gute Tasse Tee oder eine weiche Matratze – obwohl beides durchaus zur allgemeinen «Wellness» eines Menschen beitragen kann.

Zwar existiert das englische Wort «wellness» schon seit dem 17. Jahrhundert, seine heutige Be-deutung hat es aber erst seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Damals kam in den Vereinigten Staaten eine neue Bewegung auf, die den Weg zu einer besseren Volksgesundheit in mehr Eigenver-antwortung und präventiver Gesundheitsförderung sah – die «Wellness-Bewegung». In diesem Zusam-menhang versteht der amerikanische Sportarzt Kenneth Cooper, der in den 60er Jahren das Aerobic erfand, den Wellnessbegriff als eine Kombination aus Wohlbefinden, Fitness und Glück – als ganz-heitliche Gesundheit also. Etwa seit den 1990er Jah-ren hat sich seine Art, Wellness zu verstehen, auch bei uns verbreitet.

Viel mehr als nur baden

Ganze Heerscharen gingen badenMit Wellnessbädern, Wellnessmassagen und ei-

nem Wochenende im Wellnesshotel allein erreicht man diese ganzheitliche Gesundheit selbstverständ-lich nicht, aber das Baden und Kuren spielt dennoch auch in unserem heutigen Wellnessverständnis eine grosse Rolle – und das ist historisch bedingt. Heilbä-der und Thermalquellen trugen schon zu Zeiten der Römer zu einer guten Gesundheit bei. Im Wasser fand man Entspannung und Reinigung zugleich, und den Quellen wurde oft gar eine heilende Wirkung zuge-schrieben. So entstand beispielsweise in der aargaui-schen Stadt Baden kurz nach Beginn der christlichen Zeitrechnung eine riesige Bäderlandschaft, nachdem

Baden tut Mensch und Tier gut – so auch den Snow Monkeys in Japan

die Römer dort Quellen entdeckt hatten. Tausende von Söldnern aus dem nahe gelegenen Heerlager Vindonissa (heute Windisch) strömten hierher, um sich im Bäderdorf zu entspannen.

Mit dem Zusammenbruch des römischen Welt-reiches war es dann aber vorerst vorbei mit dem Baden in Baden. Erst im Hochmittelalter entstand eine neue europäische Badekultur – natürlich aus-schliesslich für die Feudalherren. Städte wie das tschechische Karlsbad erlangten in dieser Zeit gros-se Berühmtheit. Ab dem 16. Jahrhundert wurde es in der besseren Gesellschaft zunehmend üblich, je-des Jahr zur Kur zu fahren. Verbrachte man diese in Baden, so ging man auf die «Badenfahrt», welche

üblicherweise rund sechs bis acht Wochen dauerte. Jeden Tag absolvierten die Gäste diverse Anwen-dungen in den Bädern, eine Prozedur, die bis zu acht Stunden dauern konnte.

Doch die Kur machte man keineswegs ausschliess-lich der Gesundheit wegen – die heilende Wirkung des Aufenthalts diente vielen Gästen nur als Deck-mäntelchen für viel profanere Dinge. So gaben die Damen ganz ungeniert mit ihren Roben und ihrem Schmuck an, es wurde geschnattert und gelästert was das Zeug hielt, und manchmal wandelte sich das Heilbad auch zu einem Lustgarten, denn oft wurde nackt gebadet. Auch das Konsumieren von Speisen und Getränken im Bad war damals keine Seltenheit.

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Die heilende Kraft der MilchDie Popularität dieser Kuren brachte schon bald

Angebote hervor, die über das Baden allein hinaus-gingen. Wer sich als Kurort in der anspruchsvol-len vornehmen Gesellschaft etablieren wollte, der musste mehr bieten als nur ein paar Schwimmbe-cken mit mineralhaltigem Wasser. Im Appenzeller-land setzte man daher ab etwa 1750 auf die heilende Wirkung der Milch, oder genauer der Molke. Dieses Milchwasser sollte in Verbindung mit einer stren-gen Diät, diversen Bädern und viel Bewegung in der freien Natur gegen alle möglichen Krankheiten hel-fen, unter anderem gegen Gicht und Tuberkulose.

Gegen Tuberkulose gab es im 19. Jahrhundert al-lerdings ein noch viel besseres Mittel: die Höhen-kur. Der deutsche Arzt Alexander Spengler kam 1853 ins bündnerische Davos und stellte schon bald fest, dass die Höhenluft die Symptome der Tuberku-lose linderte. Daraufhin propagierte er zur Heilung der Lungenkrankheit eine monatelange Therapie, bei der man – in Decken gehüllt – sechs Stunden täglich auf dem Balkon verbrachte. Die wohlhaben-den Tuberkulosekranken Europas waren schon bald allesamt überzeugt, dass sie nur in Davos geheilt werden könnten – und dies, obwohl man schon we-nige Jahre nach Einführung dieser Kuren wusste, dass Bakterien für die Entstehung der Krankheit verantwortlich waren, gegen welche auch die Berg- luft des Landwassertals nichts ausrichten konnte.

Aberglaube und pseudomedizinische Therapien spielen aber auch in unserem modernen Wellness-verständnis eine grosse Rolle. Wie sonst lässt es sich

erklären, dass allen möglichen Tinkturen, Wässer-chen und Tees angeblich eine heilende Wirkung zu-geschrieben wird, und dass diese nicht selten auch in luxuriösen und etablierten Wellnesseinrichtun-gen angeboten werden? Heilfasten, Entschlacken und Entgiften sind beliebter als je zuvor und geben immer wieder Anlass zu Diskussionen.

Gesünder und zufriedener bis ins hohe AlterSieht man Wellness dagegen als jenen Begriff,

den Kenneth Cooper prägte – eine Kombination aus Wohlbefinden, Fitness und Glück –, ist es eher eine Lebensweise als etwas, das man sich für teures Geld im «Wellnesstempel» besorgt – und für das man un-ter Umständen tagelang bei Kohlsuppe und Frucht-saft Hunger leiden muss. Ob man nun 18 ist oder 80, Wellness ist für alle Altersgruppen gleichermassen wichtig, denn sie hilft, Krankheiten vorzubeugen und ein zufriedeneres Leben zu führen – Wellness ist nämlich nichts anderes als eine gesundheitsbe-wusste Lebensweise.

Dies beginnt bei der Ernährung. Wie bei allen Aspekten der Wellness ist auch hier viel Eigenver-antwortung gefragt. Es geht um gesunde und re-gelmässige Nahrungsaufnahme und auch darum, dass man lernt, auf seinen eigenen Körper zu hören. Gerade im Alter ist es wichtig zu wissen, welche Le-bensmittel man gut verträgt und auf welche Nähr-stoffe man besonders achten sollte. Hier kann auch der Gang zur Ernährungsberaterin helfen, denn der Körper und seine Ansprüche verändern sich in Laufe des Lebens, und beim Eintritt in eine neue Lebensphase kann die Unterstützung durch einen Profi angebracht sein.

Gleiches gilt für den zweiten Pfeiler der medizini-schen Wellness; die Bewegung. Sei es nun Walken, Yoga oder ein täglicher Spaziergang – wichtig ist, dass man es gerne macht und seinen Körper dabei nicht übermässig belastet. Manche Senioren sind bis ins hohe Alter aktive Läufer oder begeisterte Schwimmer. Wer dagegen mit grösseren gesundheit-lichen Einschränkungen zu kämpfen hat, muss sich – in Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin – andere, schonendere Arten der Bewegung suchen.

Suche nach dem GlückDoch nicht nur das körperliche, sondern auch das

mentale Wohlbefinden spielt bei diesem Wellness-begriff eine wichtige Rolle. Stress und Schlafstö-rungen sind nicht nur ein Problem von Managern, sondern kommen in allen Altersgruppen vor. Me-ditation oder autogenes Training können zu mehr Ausgeglichenheit verhelfen, und dazu muss man nicht stundenlang auf dem harten Boden sitzen. Die meisten Entspannungstechniken lassen sich auch ganz bequem im Liegen praktizieren.

Bleibt noch das Glück, das Cooper in seiner De-finition von Wellness so explizit erwähnt. Einfa-che Rezepte für das Finden des Glücks gibt es wohl nicht, denn weder der Glückstee noch der Glücks-ratgeber haben eine garantierte Wirkung. Doch in-dem man Verantwortung übernimmt für sich selbst und seinen eigenen Körper, indem man bewusst und mit offenen Augen durch die Welt geht und Acht-samkeit pflegt, kommt man dem Glück vielleicht zumindest ein kleines Bisschen näher. Und hin und wieder einen Glückstee zu trinken schadet bestimmt auch nicht – so lange er richtig gut schmeckt und man ihn gebührend geniesst.

Text: Katharina Blansjaar

«Viel mehr als nur baden» in Ihrer Seniorenresidenz

In den ausgeprägten Genuss von Wellness-Aktivitäten im Frühjahr können Sie, liebe Residenzbewohner- innen und Residenzbewohner auch kommen.

Als Teil unseres «Frühlingserwa-chens» laden wir Sie ein, im April bei unseren «Fit-Wochen» mitzumachen. Angebote für drinnen und draussen erwarten Sie, so beispielsweise viel Bewegung, Senioren-Yoga, Kraft und Pilates sowie Saft-Kuren, kulinarische Leckereien mit jungem Frühjahrs- gemüse und vieles mehr.

Und wenn Sie dann - inspiriert durch unsere «Fit-Wochen» - etwas mehr «Bewegung» in Ihren Alltag bringen wollen, unterstützen wir Sie gerne bei der Auswahl.

Machen Sie mit!

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Werner Kieser, der Gründer von «Kieser Training», ist überzeugt, dass man mit Krafttraining auch im hohen Alter noch

viel für seine Gesundheit tun kann.

Herr Kieser, wie kamen Sie bereits 1957 als junger Boxer zum Krafttraining?Werner Kieser: Ich holte mir beim Sparring eine

Verletzung des Rippenfells. Der Sportarzt verordnete mir ein halbes Jahr Wettkampfverbot. Ein zufällig anwesender spanischer Profiboxer meinte, dass ich mit Krafttraining schneller wieder gesund werde.

Hat es geklappt?Ja. Krafttraining war damals bei uns fast un-

bekannt. Der Spanier zeigte mir, wie es geht. Und tatsächlich war ich nach wenigen Wochen schmerz-frei und legte Muskeln zu. Ich war fasziniert, da ich zuvor eher schmächtig war. Das Boxen verlor seine Magie. Ich wandte mich «meiner Entdeckung» zu, vertiefte mich in Fachliteratur und entwickelte meine Methode…

Ist Kraft-Training eine Sportart für jedermann?Krafttraining ist keine Sportart, sondern eine

Massnahme zum Aufbau und zur Wartung des Be-wegungsapparates. Progressives Widerstandstrai-ning, wie Krafttraining wissenschaftlich genannt wird, stimuliert die Aufbauprozesse auf Kosten der

Abbauprozesse. Die Evolution hat kein Interesse dar-an, dass wir älter werden als etwa 25. Bis zu diesem Alter haben wir im Normalfall die Gene weiterge-geben. Indem wir mit Krafttraining immer wieder Wachstumsimpulse auslösen, können wir die Evolu-tion etwas austricksen. Mit anderen Worten: Kraft-training ist das beste Anti-Aging-Rezept.

Also ein Training für jedermann. Wie halten Sie sich heute als 74-Jähriger fit?Gleich wie die letzten 40 Jahre. Ich gehe zweimal

pro Woche für 20 bis 30 Minuten ins «Kieser Trai-ning». Und seit einigen Jahren haben wir Hunde, mit denen ich täglich wandere.

Sie wandern und sind gleichzeitig ein Kritiker von Jogging.Wandern mit erhöhter Pulsfrequenz, aber ohne

ausser Atem zu geraten, ist sinnvoll für das Herz- Kreislaufsystem. Die Gelenke sind nicht Schlägen ausgesetzt wie beim Joggen. Wir sind keine Lauf-tiere, sonst hätten wir Hufe, sondern eine Affenart. Meine Bedenken beziehen sich lediglich auf exten-sives Laufen wie Marathon, Triathlon und derglei-chen. Beim exzessiven Laufen entstehen muskuläre Dysbalancen. Mit gesundheitsorientiertem Kraft-training werden solche Dysbalancen korrigiert, da zu jedem Muskel auch der Gegenmuskel trainiert wird.

«Wer regelmässig trainiert, entspannt automatisch»

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Werner Kieser

Werner Kieser, geboren 1940 in Zürich, ist

der Gründer des «Kieser Training» mit rund

150 Fitnessstudios vor allem in der Schweiz

und in Deutschland. Den Zugang zum Kraft-

training fand er aufgrund einer Rippenfell-

Quetschung in jungen Jahren.

Gibt es weitere Gründe, die gegen Ausdauer-sportarten sprechen?Bei jeder körperlichen Betätigung gibt es eine Op-

timierung und eine Maximierung. Optimierung ist gut, Maximierung nicht. Extreme Ausdauersportar-ten produzieren muskelschwache Körper, ein starkes Herz auf zwei dünnen Beinen sozusagen. Weil der Körper die weissen Muskelfasern, die er dabei nicht braucht, dem Energiestoffwechsel zuführt, bewirkt Ausdauersport Muskel- und Knochenschwund. Auf der anderen Seite brauchen Bodybuilder im Liegen mehr Energie als ein Normalverbraucher beim Ge-hen. Doppelte Muskelmasse heisst doppelter Bedarf, und das Herz wird mit der Zeit überfordert. Aber so-wohl Bodybuilder als auch Triathleten folgen nicht gesundheitlichen Überlegungen, sondern gehen einer Leidenschaft nach. Dagegen ist auch nichts einzu-wenden.

A propos Leidenschaft. Haben Sie andere Sportarten nie gereizt?Mein Herz schlägt bis heute fürs Boxen. Aber

sonst, nein. Und das Krafttraining würde mir fehlen, wenn ich es nicht tun würde.

Sie haben ja auch in jungen Jahren damit begonnen. Kann man mit Krafttraining in jedem Alter starten?Natürlich ist es von Vorteil, jung mit dem Training

zu beginnen. Aber grundsätzlich gelten für Junge, Alte, Männer und Frauen exakt dieselben Trainings-prinzipien. Der Altersdurchschnitt bei «Kieser Trai-ning» liegt bei über 50 Jahren. Unser ältester Kunde ist 95 und in beneidenswerter Verfassung.

Das ist beeindruckend. Sie haben einmal gesagt, «wir schonen die Alten doch zu Tode».Unser Verhalten gegenüber Seniorinnen und Se-

nioren ist kulturbedingt: Wir schonen sie, helfen in den Mantel oder bieten ihnen im Tram einen Sitz-platz an. Damit fördern wir die Atrophie, den Ge-websschwund. Auch die inneren Organe als «Diener» der Muskeln sind davon betrof-fen, wenn die Muskeln nichts mehr zu tun haben. Bei einer be-rühmten Studie mit einer Gruppe von 86- bis 96-Jährigen hat man dramatische Kraft- und Muskel-zuwächse festgestellt, sobald die-se mit Krafttraining begannen. Dies innert wenigen Wochen, was nicht einmal von jungen Menschen erzielt wird. Der Grund dafür war, dass die Senioren so untrainiert waren. Je untrainierter jemand ist, umso raschere und grössere Kraftzuwächse erzielt er. Ich bin überzeugt, dass die meisten Rollatoren und Gehhilfen nach spätestens acht Trainings über-flüssig würden.

Worauf müssen Seniorinnen und Senioren beim Training speziell achten?Generell, im Alter aber besonders, sind ruckartige

Bewegungen zu vermeiden. Die Kräftigungsübun-gen sollten langsamer ausgeführt werden, nicht nur weil dies die Verletzungsgefahr ausschliesst, son-dern weil die Übungen dann auch wirksamer sind. Wichtig für Anfänger ist natürlich eine gute Ein-führung in das Krafttraining. In jedem Fall zu emp-fehlen ist zudem Wandern als «Sport» für alle.

Und zuletzt noch dies: Wie entspannen Sie sich?Wer regelmässig trainiert und sich maximal an-

spannt, entspannt in der Folge automatisch. Aber der Wechsel von Tätigkeiten wirkt natürlich anre-gend. Ich lese viel, spiele drei Instrumente und freue mich mit den Hunden.

Interview: Petra Stöhr

P E R S Ö N L I C H

«Krafttraining ist das beste

Anti-Aging-Rezept.»

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… dass Spinat Ihnen im Frühling neue Energie geben kann?Wer im Frühling viel frischen Jungspinat isst,

bekommt davon zwar keine dicken Muskeln wie Popeye, doch in den grünen Blättern befinden sich viele Nährstoffe, um die möglicherweise aufkom-mende Frühjahrsmüdigkeit zu bekämpfen. Im Spi-nat stecken nämlich neben einem hohen Gehalt an diversen Mineralstoffen auch besonders viele Nitrate, die im Frühjahr für einen Kraftschub sor-gen können. Dazu kommen B-Vitamine, Vitamin A und Vitamin C. Nur einen allenfalls vorliegenden Eisenmangel kann man leider nicht mit Spinat be-heben; das Gerücht, Spinat enthalte viel Eisen, kam wohl durch eine Unachtsamkeit zustande. Ende des 19. Jahrhunderts soll ein Chemiker beim Untersu-chen von Spinat einen folgenschweren Kommafehler begangen haben: Er rutschte beim Aufschreiben des Eisengehalts mit dem Komma eine Stelle zu weit nach rechts und machte so das grüne Blatt fälschlicher- weise zum idealen Eisenlieferanten.

… dass ein Schweizer den briti-schen Rekord über 200 Meter bei den über 95-Jährigen hält?Charles Eugster, pensionierter Zahnarzt aus Uiti-

kon, bezeichnet sich gern selbst als «fittesten über 90-Jährigen der Welt». Und man ist geneigt, ihm recht zu geben. Mit inzwischen 95 Jahren nimmt Eugster noch immer regelmässig an Wettkämpfen teil. Als Ruderer und Bodybuilder hat er sich be-reits einen Namen gemacht, nun will er auch in der Leichtathletik Erfolge feiern. Sein Ziel für dieses Jahr ist es, den Weltrekord über 100 und 200 Meter in der Ü95-Klasse zu brechen. Und sein Training zeigt bereits erste Erfolge: Im vergangenen Sommer brach der sportliche Senior, der 1939 von London in die Schweiz zog, bei den britischen Meisterschaf-ten beide nationalen Rekorde in seiner Altersklasse. Sein grosses Ziel ist es nun, im Sommer bei den Welt-meisterschaften auch den Weltrekord zu brechen. … dass in Australien der Früh-

lingsbeginn mit Pferderennen gefeiert wird?Die sportverrückten Australier brauchen zu jeder

Jahreszeit eine Liga, die sie bei Laune hält. Im Win-ter verfolgen sie den Fussball, im Sommer zieht Cri-cket die Nation in seinen Bann. Und um den Früh-ling gebührend zu feiern, findet jährlich im Oktober und November in Melbourne eine Serie von Pferde-rennen statt, der «Spring Racing Carnival». Wäh-rend dieser Rennen hält das ganze Land den Atem an, und überall wird auf ihren Ausgang gewettet, auch von Menschen, die sich sonst überhaupt nicht für den Pferdesport interessieren. Man wettet in der Familie, im Büro oder auch für eine gute Sache, in-dem man nachher den Gewinn spendet. Und weil im Herbst zwischen der Cricket- und der Fussballsaison erneut eine sportliche Flaute herrscht, gibt es natür-lich auch eine herbstliche Rennserie.

… dass Vogelkot für Wellness- Behandlungen eingesetzt wird?Es handelt sich dabei um den Kot einer bestimm-

ten ostasiatischen Nachtigall. Dieser wurde bereits im alten Japan als Gesichtsreinigungsmittel und Maske gegen Unreinheiten und grossporige Haut eingesetzt. Noch heute schwören viele Japanerinnen auf Produkte mit diesem Inhaltsstoff, da sie angeb-lich zu einer feineren und helleren Haut verhelfen. Inzwischen hat aber auch die westliche Schönheits- industrie dieses tierische Schönheitsmittel für sich entdeckt. Angeblich benutzt der Hollywood-Schau-spieler Tom Cruise eine Gesichtscreme mit Nachtigal-lenkot, und in amerikanischen Schönheitsstudios be-zahlt man für eine «Geisha-Behandlung» mit diesem Inhaltsstoff über 200 Franken.

Texte: Katharina Blansjaar

Trivia - wussten Sie schon, …

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Impressum

Herausgeber & Redaktion Atlas Stiftung, www.atlas-stiftung.ch, 044 233 33 55

Konzept Dr. Helen-Deborah Maier

Texte Atlas Stiftung, Katharina Blansjaar, Petra Stöhr

Bilder Fotolia, Thinkstock

Gestaltung Geyst AG, Agentur für Kommunikation, Zürich, www.geyst.ch

Auflage 2000; deutsch

Bezug Seniorenresidenz Konradhof, www.residenz-konradhof.ch, 052 265 15 15 Seniorenresidenz Spirgarten, www.residenz-spirgarten.ch, 043 336 75 75 Seniorenresidenz Südpark, www.residenz-suedpark.ch, 061 366 55 55

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