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ÖOG conference paper Risikomanagement – Fehlererkennung durch Team Time Out 23 1 3 Zusammenfassung Hintergrund Klinisches Risikomanagement soll in sys- tematischer Form Fehler oder Risiken der PatientIn- nenversorgung entdecken, analysieren, verhindern und somit die PatientInnensicherheit erhöhen. Checklisten zur Prävention von Verwechslungen bei Operationen haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. An der Augenabteilung des KH Hietzing, Wien wurde im Oktober 2011 das „Team Time Out“ implementiert. Hierbei werden unmittelbar vor Ope- rationsbeginn die wichtigsten Daten (Operation, Seite, Implantate) nochmals systematisch abgefragt. Methode Um den Nutzen des „Team Time Out“ zu evaluieren und auch für die MitarbeiterInnen anschau- lich darstellbar zu machen, wurden 6 Monate nach Ein- führung der Checklisten für den Zeitraum von 9 Monaten alle durch „Team Time Out“ entdeckten Fehler protokol- liert und ausgewertet. Resultate Im angegebenen Zeitraum wurden insge- samt 4113 Operationen durchgeführt. In 13 Fällen gab es Verwechslungen der Operationsseite, in 16 Fällen bei der Auswahl der Intraokularlinse. 19-mal wurden Fehler bei den PatientInnendaten, wie falsches Geburtsdatum, falscher Name oder fehlende Dokumentation einer All- ergie entdeckt. 6-mal gab es weitere Auffälligkeiten, wie z. B. Befunde eines anderen Patienten in der Krankenge- schichte. Insgesamt zeigte sich nochmals eine deutliche Reduktion der Fehler im Verlauf der 9 Monate. Schlussfolgerung Die Einführung des „Team Time Out“ hat sich bewährt und erhöht mit geringem Aufwand die PatientInnensicherheit deutlich. Trotz mehrfacher Kontrollen der Unterlagen vor der Operation können einzelne Fehler bis unmittelbar vor den OP-Beginn wei- ter getragen werden und fallen erst beim „Team Time Out“ auf. Schlüsselwörter PatientInnensicherheit · Team Time Out · Checkliste · Risikomanagement · Operation Riskmanagement: error detection with team time out Summary Background Clinical Risk Management aims to iden- tify, analyze and avoid errors and risks systematically to improve patient safety. Preoperative checklists to pre- vent mistakes have gained importance in the last years. In October 2011 the Department of Ophthalmology, KH Hietzing, Vienna implemented a “Team Time Out” checklist. Methods To evaluate the benefit and depict the value to the staff, 6 month after implementation all detected errors have been recorded for 9 months. Results Four thousand one hundred and thirteen sur- geries have been done in the mentioned period. irteen cases of “wrong eye” and 16 cases of “wrong intraocu- lar lens” have been detected. Nineteen errors regarding patients’ data and six mistakes regarding documentation have been recorded. During the 9 month period a signifi- cant reduction of errors was demonstrated. Univ. Prof. in Dr. in Pia V. Vécsei-Marlovits, MSc, MBA () · B. Weingessel, MD · M. Haas Augenabteilung, KH Hietzing mit neurologischem Zentrum Rosenhügel, Wolkersbergenstraße 1, 1130 Wien, Österreich E-Mail: [email protected] Univ. Prof. in Dr. in Pia V. Vécsei-Marlovits, MSc, MBA · B. Weingessel, MD · M. Haas Karl Landsteiner Institut für Prozessoptimierung u. Qualitätsmanagement in der Katarakt-Chirurgie, Wien, Österreich Eingegangen: 8. November 2013 / Angenommen: 11. Dezember 2013 / Online publiziert: 29. Januar 2014 © Springer-Verlag Wien 2013 Spektrum Augenheilkd (2014) 28:23–27 DOI 10.1007/s00717-013-0206-1 Risikomanagement – Fehlererkennung durch Team Time Out Birgit Weingessel · Michaela Haas · Veronika Vécsei-Marlovits

Risikomanagement – Fehlererkennung durch Team Time Out; Riskmanagement: error detection with team time out;

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Page 1: Risikomanagement – Fehlererkennung durch Team Time Out; Riskmanagement: error detection with team time out;

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Risikomanagement – Fehlererkennung durch Team Time Out 231 3

ZusammenfassungHintergrund Klinisches Risikomanagement soll in sys-tematischer Form Fehler oder Risiken der PatientIn-nenversorgung entdecken, analysieren, verhindern und somit die PatientInnensicherheit erhöhen. Checklisten zur Prävention von Verwechslungen bei Operationen haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. An der Augenabteilung des KH Hietzing, Wien wurde im Oktober 2011 das „Team Time Out“ implementiert. Hierbei werden unmittelbar vor Ope-rationsbeginn die wichtigsten Daten (Operation, Seite, Implantate) nochmals systematisch abgefragt.

Methode Um den Nutzen des „Team Time Out“ zu evaluieren und auch für die MitarbeiterInnen anschau-lich darstellbar zu machen, wurden 6 Monate nach Ein-führung der Checklisten für den Zeitraum von 9 Monaten alle durch „Team Time Out“ entdeckten Fehler protokol-liert und ausgewertet.

Resultate Im angegebenen Zeitraum wurden insge-samt 4113 Operationen durchgeführt. In 13 Fällen gab es Verwechslungen der Operationsseite, in 16 Fällen bei der Auswahl der Intraokularlinse. 19-mal wurden Fehler bei den PatientInnendaten, wie falsches Geburtsdatum, falscher Name oder fehlende Dokumentation einer All-

ergie entdeckt. 6-mal gab es weitere Auffälligkeiten, wie z. B. Befunde eines anderen Patienten in der Krankenge-schichte. Insgesamt zeigte sich nochmals eine deutliche Reduktion der Fehler im Verlauf der 9 Monate.

Schlussfolgerung Die Einführung des „Team Time Out“ hat sich bewährt und erhöht mit geringem Aufwand die PatientInnensicherheit deutlich. Trotz mehrfacher Kontrollen der Unterlagen vor der Operation können einzelne Fehler bis unmittelbar vor den OP-Beginn wei-ter getragen werden und fallen erst beim „Team Time Out“ auf.

Schlüsselwörter PatientInnensicherheit  · Team Time Out · Checkliste · Risikomanagement · Operation

Riskmanagement: error detection with team time out

SummaryBackground Clinical Risk Management aims to iden-tify, analyze and avoid errors and risks systematically to improve patient safety. Preoperative checklists to pre-vent mistakes have gained importance in the last years. In October 2011 the Department of Ophthalmology, KH Hietzing, Vienna implemented a “Team Time Out” checklist.

Methods To evaluate the benefit and depict the value to the staff, 6 month after implementation all detected errors have been recorded for 9 months.

Results Four thousand one hundred and thirteen sur-geries have been done in the mentioned period. Thirteen cases of “wrong eye” and 16 cases of “wrong intraocu-lar lens” have been detected. Nineteen errors regarding patients’ data and six mistakes regarding documentation have been recorded. During the 9 month period a signifi-cant reduction of errors was demonstrated.

Univ. Prof.in Dr.in Pia V. Vécsei-Marlovits, MSc, MBA () · B. Weingessel, MD · M. HaasAugenabteilung, KH Hietzing mit neurologischem Zentrum Rosenhügel, Wolkersbergenstraße 1, 1130 Wien, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Univ. Prof.in Dr.in Pia V. Vécsei-Marlovits, MSc, MBA · B. Weingessel, MD · M. HaasKarl Landsteiner Institut für Prozessoptimierung u. Qualitätsmanagement in der Katarakt-Chirurgie,Wien, Österreich

Eingegangen: 8. November 2013 / Angenommen: 11. Dezember 2013 / Online publiziert: 29. Januar 2014© Springer-Verlag Wien 2013

Spektrum Augenheilkd (2014) 28:23–27DOI 10.1007/s00717-013-0206-1

Risikomanagement – Fehlererkennung durch Team Time Out

Birgit Weingessel · Michaela Haas · Veronika Vécsei-Marlovits

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Conclusion Value of implementing “Team Time Out” has been proven and improves patients’ safety with min-imum effort. Despite multiple preoperative controls of the documents single errors can pass and are detected by “Team Time Out”.

Keywords Patient safety  · Team time out  · Checklist  · Riskmanagement · Surgery

Einleitung

Immer wieder gibt es Negativschlagzeilen über Behand-lungsfehler in den Medien.

Jährlich werden weltweit ca. 234  Mio. größere ope-rative Eingriffe durchgeführt [1]. 1 von 10 PatientInnen erfährt ein iatrogenes unerwünschtes Ereignis [2]. Die Hälfte dieser Ereignisse findet im Rahmen der periope-rativen Versorgung statt [2].

Laut Literatur passiert ein Großteil dieser Behand-lungsfehler durch mangelnde Teamarbeit und inad-äquate Kommunikation [2–5].

Klinisches Risikomanagement soll in systematischer Form Fehler oder Risiken der PatientInnenversorgung entdecken, analysieren, verhindern und somit die Patient-Innensicherheit erhöhen. Das „Schweizer Käsemodell“ ist im Klinischen Risikomanagement ein beliebtes Werk-zeug [6–9]. Die Theorie hinter diesem Modell besagt, dass immer Fehler passieren werden, die durch eine Lücke im „Sicherheitsnetz“ (Löcher in der Käsescheibe) durchrut-schen können. Die Wahrscheinlichkeit einer Entdeckung wird jedoch immer höher, je mehr „Sicherheitsnetze“, d. h. Möglichkeiten der Fehlererkennung, eingebaut wer-den. Das Modell stellt dies anschaulich anhand mehrerer Käsescheiben dar, bei denen die „Löcher im Käse“ an ver-schiedenen Stellen sind und somit ein Fehler mit höherer Wahrscheinlichkeit abgefangen werden kann.

Checklisten zur Prävention von Verwechslungen bei Operationen haben in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die World Health Organisation (WHO) hat im Jahr 2007 die Surgical Safety Checklist ein-geführt [4, 10–13]. Diese basiert auf 3 Teilen:

● Das „Sign In“ wird vor Einleitung der Narkose durch den Anästhesisten durchgeführt und dient neben der Überprüfung der Identität und nochmaliger Bestäti-gung des geplanten Eingriffes der Planung eventuell zu erwartender Probleme (Notwendigkeit eines Inten-sivbettes, Wahrscheinlichkeit von Blutkonserven etc.).

● Das „Time Out“ oder „Team Time Out“ wird unmit-telbar vor Operationsbeginn durch OperateurIn, Instrumentaria/-ius und AnästhesistIn durchgeführt. Hierbei werden anhand einer Checkliste Eingriff, Seite, Identität, Implantate und zu erwartende Beson-derheiten abgefragt.

● Das „Sign Out“ dient als abschließende Bestätigung des Operationsendes. Vorhandensein aller Instru-mente, Beschriftung der Histologie, postoperative Lagerung und Schmerztherapie werden abgefragt.

Ophthalmologische Eingriffe haben die höchste Rate dokumentierter Komplikationen (1,8/10.000), die Hälfte davon betrifft die Implantation einer „falsche Linse“[14]. 63 % aller Klagen bei ophthalmologischen Eingriffen betreffen falsche Linsenimplantationen [15].

An der Augenabteilung des KH Hietzing, Wien wurde im Oktober 2011 das „Team Time Out“ implementiert. Da in der Augenheilkunde die meisten Eingriffe in Lokal-anästhesie durchgeführt werden, liegt das Hauptaugen-merk auf dem Time Out. Bei der Abfrage der Identität, des Eingriffs und der Operationsseite werden die PatientIn-nen aktiv miteinbezogen. Das Sign In wird in abgekürz-ter Form bei der Übernahme der PatientInnen in den OP durchgeführt und auf einer Checkliste angekreuzt, ein Sign Out wird bei Bedarf durchgeführt (Spezielle Anwei-sungen nach Komplikationen, postoperative Lagerung nach vitreoretinalen Eingriffen).

Um den Nutzen des „Team Time Out“ zu evaluieren und auch für die MitarbeiterInnen anschaulich darstell-bar zu machen, haben wir nach Einführung der Check-liste beschlossen, die im Team Time Out entdeckten Fehler zu protokollieren. Unseres Wissens nach gibt es bisher keine Studie im Bereich der Augenheilkunde, die eine Evaluation der präoperativen Checkliste dahinge-hend durchführte.

Material und Methoden

6  Monate nach Einführung der Checklisten wurden für den Zeitraum von 9 Monaten (Mitte März–Mitte Novem-ber 2012) alle durch „Team Time Out“ entdeckten Fehler prospektiv protokolliert und ausgewertet.

Team Time Out wird an unserer Abteilung unmittelbar vor Operationsbeginn von ChirurgIn, Instrumentaria/-ius, unsterilem Beidienst und/oder OP-Gehilfen, bei Narkoseeingriff auch von dem/ von der AnästhesistIn, durchgeführt. Dabei nimmt der unsterile Beidienst oder der OP-Gehilfe die Checkliste und gegebenenfalls die Biometrie und die gewählte Intraokularlinse zur Hand und liest laut die vorgegebenen Fragen der Checkliste vor. Die Antwort (zuständige Person ebenfalls auf der Checkliste vermerkt) wird laut und deutlich gegeben.

Für Eingriffe in Narkose („Team Time Out Narkose“) und Eingriffe in Lokalanästhesie, wie Katarakt-Opera-tionen oder okuloplastische Eingriffe („Team Time Out Lokale“) wurden eigene Checklisten erstellt, um wirklich nur für den jeweiligen Eingriff relevante Punkte abzufra-gen. So wird beispielsweise bei Narkoseeingriffen nach möglichen zu erwartenden Narkoseproblemen gefragt. Für die intravitreale operative Medikamentenapplikation (IVOM) kommt eine Checkliste („Team Time Out IVOM“) in verkürzter Form zum Einsatz (Abb. 1). Insgesamt dau-ert das Team Time Out zwischen 20 und 40 s.

Zur Dokumentation der entdeckten Auffälligkeiten wurde in den Operationssälen und im Behandlungsraum eine Liste ausgehängt. Sobald während des Team Time Outs ein Fehler auffiel, wurde dieser vom unsterilen Bei-dienst oder vom OP-Gehilfen in die Liste eingetragen.

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– Falsches Geburtsdatum in Krankenakte und/oder Biometrie

– Fehlende Dokumentation einer Allergie – Fehlende Dokumentation der Operation in der

Krankenakte

● „Sonstiges“ – Befunde anderer PatientInnen in der Krankenakte – Fehlendes rotes Armband bei Allergie – Reverse nicht unterschrieben – Handzeichen in Krankenakte fehlen

Resultate

Im angegebenen Zeitraum wurden insgesamt 4113 Ope-rationen (davon 2344 Katarakt-Operationen und 1118 IVOM) durchgeführt. In 13 (0,3 %) Fällen gab es Ver-wechslungen der Operationsseite, in 16 Fällen bei der Auswahl der Intraokularlinse (0,7 % der Kataraktopera-tionen). 19-mal (0,5 %) wurden Fehler bei den Patient-Innendaten, wie falsches Geburtsdatum, falscher Name oder fehlende Dokumentation einer Allergie entdeckt. 6-mal (0,15 %) gab es weitere Auffälligkeiten, wie z.  B. Befunde eines anderen Patienten in der Krankenge-schichte. Insgesamt zeigte sich nochmals eine deutliche Reduktion der Fehler im Verlauf der 9 Monate (Abb. 2).

Diskussion

Die Wirksamkeit der Surgical Safety Checklist der WHO konnte in Studien durch eindrucksvolle Zahlen bewie-sen werden [4, 16]: Senkung der Mortalitätsrate von 1,5 auf 0,8 % (= − 47 %), Senkung der Morbiditätsrate von 11 auf 7 % (− 36 %), Reduktion von, „Falsche Seite“-Fehlern um 21 %, Reduktion der Gesamtkomplikationsrate um 4 –75 %.

In einzelnen Fachbereichen gibt es bereits eine Viel-zahl an Studien zur Einführung und Verwendung einer Sicherheitscheckliste, besonders hervorzuheben sind hier Anästhesie [4, 17–19], Neurochirurgie [20, 21] und Orthopädie [3, 22].

In der Augenheilkunde gibt es noch wenige Studien zu diesem Thema. Kelly et al. [23] versuchten in einer retrospektiven Studie Ursachen für falsch implantierte Linsen, die in der nationalen Incident Reporting Data-base in Großbritannien gemeldet wurden, zu finden. Fehler bei der Biometrie, falsche Linsenauswahl und Übertragungsfehler in der Dokumentation konnten als häufigste Gründe herausgefunden werden. Schein et al. vom Wilmer Eye Institute berichteten in einer Fallserie von 7 Operationen, wie es zu Linsenverwechslungen kommen konnte, welche Maßnahmen dadurch notwen-dig wurden und welche Änderungen in den Abläufen daraus resultierten [24]. Cavallini et al. [25] überprüften über einen Zeitraum von 4 Monaten die Compliance der MitarbeiterInnen die präoperativen Sicherheitschecks

Die einzelnen Fehler wurden zu folgenden Fehler-gruppen zusammengefasst:

● „Operationsseite“: ● Falsche oder fehlende Markierung des PatientInnen-

auges – Falsche oder fehlende Kennzeichnung in der

Krankenakte – Falsche oder fehlende Kennzeichnung im

Operationsplan – Falsche oder fehlende Kennzeichnung auf der

Operationstafel

● „falsche Linse“: – Falsche oder fehlende Markierung auf der

Biometrie – Linse für das andere Auge wurde heraus gesucht – Falsche Zielrefraktion wurde heraus gesucht – Biometrie und herausgesuchte Linse stimmen

nicht überein – Herausgesuchte Linse nicht passend zur Refraktion

des anderen Auges

● „PatientInnendaten“ – Falscher Name (Vorname/Nachname) in Kranken-

akte und/oder Biometrie

Abb. 1 Beispiel für Team Time Out Checkliste

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wären, wir sind jedoch überzeugt, dass das Team Time Out einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Pati-entInnensicherheit leistet und Re-Operationen aufgrund vermeidbarer Fehler reduzieren hilft.

Schlussfolgerung: Die Einführung des „Team Time Out“ hat sich bewährt und erhöht mit geringem Aufwand die PatientInnensicherheit deutlich. Trotz mehrfacher Kontrollen der Unterlagen vor der Operation können einzelne Fehler bis unmittelbar vor den OP-Beginn wei-ter getragen werden und fallen erst beim „Team Time out“ auf. Eine Evaluierung der Checkliste, die bei der Übergabe der PatientInnen von der Station in den OP durchgeführt wird, ist geplant.

DanksagungUnser Dank gilt der OP-Mannschaft und dem Ärzteteam der Augenabteilung des KH Hietzing für die Unterstüt-zung bei dieser Studie und die tägliche, konsequente und selbstverständliche Durchführung des Team Time Out.

InteressenskonfliktKein Interessenskonflikt.

Literatur

1. Weiser TG, Regenbogen SE, Thompson KD, et al. An esti-mation of the global volume of surgery: a modelling strat-egy based on available data. Lancet. 2008;372:139–44.

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4. Fudickar A, Horle K, Wiltfang J, Bein B. The effect of the WHO Surgical Safety Checklist on complication rate and communication. Dtsch Arztebl Int. 2012;109:695–701.

durchzuführen bei allen Katarakt-Operationen und allen intravitrealen Injektionen. Beim Team Time Out konnte eine 100 % Durchführungsrate festgestellt werden, beim Sign In konnte ebenfalls eine fast 100 % Rate erreicht werden.

Unsere Studie hat sich nun mit der Anzahl der durch die Checkliste entdeckten Fehler beschäftigt. Neben der üblichen Überprüfung der PatientInnendaten und der Operationsseite spielt in der Augenheilkunde natürlich die richtige Linsenauswahl eine bedeutende Rolle. Um wirklich das gesamte mögliche Fehlerpotential aufde-cken zu können, wurden die Kriterien für „Fehler“ eng gesetzt. So wurden fehlende Markierungen der Ope-rationsseite oder der gewählten Linse in der Biometrie ebenfalls als Fehler gewertet, auch wenn das zu operie-rende Auge oder die Linse schlussendlich richtig gewählt worden waren. Es war uns wichtig, kurz nach Einführung des Team Time Outs zu evaluieren welches Fehlerauf-deckungspotential diese Checkliste besitzt und welche Fehler oder Verwechslungen tatsächlich passieren.

In der Augenheilkunde wird es durch die Checklisten kaum zu einer Senkung der Mortalitätsraten kommen, jedoch auch das Vermeiden von „falsche Seite“- Fehlern oder die Implantation einer falschen Linse sollte einen so hohen Stellenwert haben, dass vor jeder Operation durchschnittlich 30 s für die Sicherheit der PatientInnen aufgewendet werden. Vielmehr gibt es sogar Studien, die eine Reduktion kommunikationsbedingter Verzögerun-gen durch Durchführung des Time Outs belegen [26].

Im Jahr 2012 wurden an der Augenabteilung insgesamt 5623 Eingriffe durchgeführt. Hochgerechnet auf diese Zahlen hat Team Time Out 17 PatientInnen mit falscher Seitenmarkierung, 25 PatientInnen (hochgerechnet auf die Anzahl der Katarakt-Operationen) mit Fehlern bei der Auswahl der Intraokularlinse, 28 PatientInnen mit Fehlern bei den PatientInnendaten und 8 PatientInnen mit anderen Fehlern in der Dokumentation heraus-gefiltert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass einige dieser Fehler auch ohne Team Time Out rechtzeitig aufgefallen

0

1

2

3

4

5

6

Erfassungszeitraum 15.03.2012 - 13.11.2012

falsche Linse

falsche Seite

falsche Pat. Dat.

sonstiges

NovemberOktoberSeptemberAugustJuliJuniMaiAprilMärz

Abb. 2 Erkannte Fehler wäh-rend des Team Time Out

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