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13-10-3 IN ZUKUNFT ST => Rundmail! Exkursion Tatort Tirol (Runkelstein): Verlust vs Hort: der Erfahrung nach verliert man wenig hochwertiges Geld (=> Münzgeschichte im Alttirolischen Raum... wäre gutes Handbuch); geopfert wird das mieseste vom Miesen... unter anderem römische Münzen aus den Feldern, Knöpfe etc. Verlustfunde in Kirchen: Von Klingelbeuteln etc... Sieben, Schlämmen, Detektor... heute findet man alles. Verlustfunde in Burgen und Umfeld: Geld ist wichtig, schon im 12./13. Jh, häufig höhere Nominale als in Kirchen. Handelshäuser, Bürgerhäuser, Wege sind das Hochgefühl der Verlustfunde, was die Nominale angeht. Schatzfunde wurden bewusst versteckt, dem Geldumlauf entzogen und gehortet. Meist handelt es sich um Zufalls- oder Detektorfunde. Umbauten sind der Favorit... nicht alles wird gemeldet, da es a) Arbeiten verzögert und b) den Eigenprofit mindern könnte. Händler schweigen in der Regel über die Herkunft ihrer Ware – und damit ist der Schatz zerrissen und der Kontext fehlt. Schluss- und Anfangsmünzen sind sehr bedeutsam für Komplexe... und die Zusammenstellung, Menge sowie der Ort lassen auf den Besitzer schließen. Interessanterweise hatten auch Bauern und Co genug Geld, das sie horten konnten. (Edit: Woher kommts? Bauern leisten bspw. Vorspann, also „Abschleppdienste“ für Fuhrwerksunternehmer und Händler bei Schlechtwetter und Co... so wie in den 1960ern mit dem Unimog den Lancia von Gossensass zum Brenner hochschleppen, weil die Straße „zufällig“ nass war). Das Mittelalter fängt NUMISMATISCH (numismatico in Italien ist ein Münzhändler... deswegen sind wir Geldgeschichtler, was bitte nicht als „Hilfswissenschaft“ bezeichnet werden sollte, sondern wir befassen uns immerhin mit einem Spiegelbild der Wirtschaft) Exkurs Währungsunion Europa... Wirtschaft als Spiegelbild der Währung etc... Währung als Chance, aber evtl verfrüht. Übrigens: die erste Banknote ohne gemeinsamen bürgenden Kopf ist der Euro – tolle Union. Und die Bauten: Klassik, Gotik, Renaissance, Bauhaus, Moderne... wurden vom österreichischen Graphiker anonymisiert. Stattdessen gibt’s ein Monogramm – und wo hatten wir das schonmal? Bei den Karolingern, da fing die Garantie an (für Feingehalt, Feingewicht und Raugewicht – aus einer karolingischen Mark werden exakt 240 Denare geprägt, nicht mehr und nicht weniger – Pfennig, Pence etc gehen alle darauf zurück, und 240 Pence / 20 Shilling waren noch ewig ein englisches Pfund... nur in Österreich wurde alles umgedreht, der Groschen [Grossus] war plötlich weniger wert als der Schilling). Rizzolli: mit einem 12er System hat man viel weniger irrationale Zahlen bei Divisionen, insofern wärs viel besser. Das deutsche und englische Zählsystem sind 12er, das italienische ist ein 10er. Der karolingische Denar Av: CARLUS REX FR , Rev. Münzstätte: MEDIOL(anum) [Mailand], TARVIS(ium) [Treviso] ist schon vor 800 verbreitet; die dortige Währungsreform war im ganzen karolingischen Reich verbreitet (übrigens: Währungsunion ist nicht gleich Umlaufraum – in Indien und China wurden hochwertige römische Münzen [der solide Solidus] gefunden, in Xian sogar in etwas geringerer Qualität nachgeprägt). NEU ist das Schriftdenkmal des Regalinhabers statt dem Proträt (außer auf Goldsolidi und einigen Silbermünzen). UND, alles basiert nur auf dem Silber, nicht mehr dem römischen Trimetallismus. Warum? Weil aus Afrika wegen den Mauren kein Gold 1

Rizzolli - Versteckt oderverloren? Mittelalterliche Münzen in Tirol WS 2013_14

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Mitschrift Prof. H. RIzzolli VL Uni Innsbruck WS 2013/14Die Entwicklung der Geldwirtschaft im mittelalterlichen Europa und im Besonderen in Tirol; Schwerpunkt Meinhard II bis SIgmund der Münzreiche. Basierend auf H. Rizzolli, Münzgeschichte des alttirolerischen Raumes im Mittelalter Bd. II, Die Meraner Münzstätte unter den Habsburgern bis 1477 und die görzische Prägestätte Lienz/Toblach (Bozen 2006).

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IN ZUKUNFT ST => Rundmail!

Exkursion Tatort Tirol (Runkelstein):

Verlust vs Hort: der Erfahrung nach verliert man wenig hochwertiges Geld (=> Münzgeschichte im Alttirolischen Raum... wäre gutes Handbuch); geopfert wird das mieseste vom Miesen... unter anderem römische Münzen aus den Feldern, Knöpfe etc.

Verlustfunde in Kirchen: Von Klingelbeuteln etc... Sieben, Schlämmen, Detektor... heute findet man alles. Verlustfunde in Burgen und Umfeld: Geld ist wichtig, schon im 12./13. Jh, häufig höhere Nominale als in Kirchen.Handelshäuser, Bürgerhäuser, Wege sind das Hochgefühl der Verlustfunde, was die Nominale angeht.

Schatzfunde wurden bewusst versteckt, dem Geldumlauf entzogen und gehortet. Meist handelt es sich um Zufalls- oder Detektorfunde. Umbauten sind der Favorit... nicht alles wird gemeldet, da es a) Arbeiten verzögert und b) den Eigenprofit mindern könnte. Händler schweigen in der Regel über die Herkunft ihrer Ware – und damit ist der Schatz zerrissen und der Kontext fehlt. Schluss- und Anfangsmünzen sind sehr bedeutsam für Komplexe... und die Zusammenstellung, Menge sowie der Ort lassen auf den Besitzer schließen. Interessanterweise hatten auch Bauern und Co genug Geld, das sie horten konnten. (Edit: Woher kommts? Bauern leisten bspw. Vorspann, also „Abschleppdienste“ für Fuhrwerksunternehmer und Händler bei Schlechtwetter und Co... so wie in den 1960ern mit dem Unimog den Lancia von Gossensass zum Brenner hochschleppen, weil die Straße „zufällig“ nass war).

Das Mittelalter fängt NUMISMATISCH (numismatico in Italien ist ein Münzhändler... deswegen sind wir Geldgeschichtler, was bitte nicht als „Hilfswissenschaft“ bezeichnet werden sollte, sondern wir befassen uns immerhin mit einem Spiegelbild der Wirtschaft)

Exkurs Währungsunion Europa... Wirtschaft als Spiegelbild der Währung etc... Währung als Chance, aber evtl verfrüht. Übrigens: die erste Banknote ohne gemeinsamen bürgenden Kopf ist der Euro – tolle Union. Und die Bauten: Klassik, Gotik, Renaissance, Bauhaus, Moderne... wurden vom österreichischen Graphiker anonymisiert. Stattdessen gibt’s ein Monogramm – und wo hatten wir das schonmal? Bei den Karolingern, da fing die Garantie an (für Feingehalt, Feingewicht und Raugewicht – aus einer karolingischen Mark werden exakt 240 Denare geprägt, nicht mehr und nicht weniger – Pfennig, Pence etc gehen alle darauf zurück, und 240 Pence / 20 Shilling waren noch ewig ein englisches Pfund... nur in Österreich wurde alles umgedreht, der Groschen [Grossus] war plötlich weniger wert als der Schilling). Rizzolli: mit einem 12er System hat man viel weniger irrationale Zahlen bei Divisionen, insofern wärs viel besser. Das deutsche und englische Zählsystem sind 12er, das italienische ist ein 10er. Der karolingische Denar Av: CARLUS REX FR , Rev. Münzstätte: MEDIOL(anum) [Mailand], TARVIS(ium) [Treviso] ist schon vor 800 verbreitet; die dortige Währungsreform war im ganzen karolingischen Reich verbreitet (übrigens: Währungsunion ist nicht gleich Umlaufraum – in Indien und China wurden hochwertige römische Münzen [der solide Solidus] gefunden, in Xian sogar in etwas geringerer Qualität nachgeprägt). NEU ist das Schriftdenkmal des Regalinhabers statt dem Proträt (außer auf Goldsolidi und einigen Silbermünzen). UND, alles basiert nur auf dem Silber, nicht mehr dem römischen Trimetallismus. Warum? Weil aus Afrika wegen den Mauren kein Gold

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mehr nach Europa kommt! Henri Pirennes hat in den 1920ern ein sehr unterhaltsames Werk über Karl und Mohammed geschrieben, in dem er erklärt, wie sich zwei Geldmärkte, einer mit Gold und einer mit Silber bildeten (PS: „Die christliche Seefahrt war nicht in der Lage, ein Brett auf das Mittelmeer zu bringen, ohne dass es die Sarazenen gekapert hätten!“).

Also, was hortet man? Das, was man hat! Aber das beste, was man hat. Also vor allem Pfennige, außer man ist Wikinger und hat den Sarazenen goldene Dirchems abgenommen... und Obole (Halb-Denare) sind seltener – nicht genug Kleingeld im Umlauf, um wirklich den täglichen Bedarf zu decken, daher auch das berühmte Kerbholz.

Scheidemünze: Sonst scheiden und was schuldig bleiben. Und Geldwert entspricht nicht Metallwert. Und die Italiener haben im Lombardo-Veneto (post-napoleonisch) Münzen mit deutscher Inschrift („Scheidemünze“) geprägt – daher die berühmten „schei“.

Nächstes Mal ein Depot aus der Gegend von Bozen (Pfatten, datiert 1174 über die Schlussmünze, dabei ist auch die Keramik super datiert). Fast alle kommen aus Venedig (Bern – Lautverscheibung noch nicht da, gibt’s noch heut im Tiroler Unterland und im Fersental, und da heißt Verona z.T. heut noch so), nur drei aus Regensburg.

13-10-10

Exkursion: Mittwoch 23. o. 30. 10!

Schatzfund: die erste Frage ist die Reginalstruktur: Warum brauchen wir sowas? Natürlich wollen wir wissen, ob eine Kategorie von Münzen vorhanden ist oder mehrere. Im Fall von Pfatten sind es ca. 5000 Veroneser Cruziati (Av. VE-RO-N-A, 1184) und drei andere Typen (Dünnpfennige, Hartwig II bis Konrad II aus Regenburg, 1155 – 1185... gute Qualität, ca. 1g). Das bedeutet: der Hort ist möglicherweise überregional, wenn der Typ hier nicht im Umlauf ist. => ABGLEICH MIT SCHRIFTQUELLEN: Regensburger (RATISPONENSES) sind bis südlich von Trient verbreitet, wo sie im sog. Theatro vecchio gefunden wurden.

Solche Münzen müssen relativchronologiert und dann absolut (Terminus postquem) eingehängt werden. ZEITSTRUKTUR

Dann geht’s noch um den GELDWERT – wieder Abgleich mit den historischen Quellen.

Und dann geht’s noch um eine historische und gesellschaftliche Einbindung – wer versteckt wann so viel Geld? Anzumerken ist noch, dass meist die besseren Nominale dem Verkehr entzogen wurden, weil man dem Münzherrn sein Silber per CIRCUMCISIO MONETAE (beschneiden oder tosare) stehlen kann. Fernhändler haben meist die besten Münzen, weil sie nur BONAE MONETAE mit JUSTI PONDERIS (korrektes Gewicht) annehmen... und sowas wird gehortet. Daher müssen die Schatzfunde immer auch über die Verlust- / Streufunde korrigiert werden.

Einschub: Warum Dünnpfennige? Im Abendland gewinnt Silber im Abendland an Wert, weil nicht genug gefördert wird. Während der Stauferzeit gibt’s eine Städtegründungselle (2/3 aller Städte zwischen 12. Jh. und 1348 [große Pest] gegründet), und das kurbelt die Geldwirtschaft zusätzlich an – Angebot und Nachfrage. Und viele Bergwerke in Tirol (Schwaz, Ridnaun) wurden erst später

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erschlossen, nur der Monte Argentario bei Trient war aktiv. Und das führt zur „Abwertung“ des Denars (eigentlich eine Anpassung an den gestiegenen Silberpreis). Zwischen 800 und 1170 fällt das Gewicht des Denars auf ein Zehntel (von 1,6 auf 0.16 gr!). Entweder man macht kleinere oder dünnere Münzen (sonst werden die gehortet oder eingeschmolzen, und der Münzherr geht pleite). Für Dünnpfennige hämmert man den Schrötling erst aus. Übrigens muss man Serienherstellung annehmen, daher auch dezentrierte Prägungen.

Einschub: Archäologen sollten über das reine deskriptive rausschauen und das Geldgeschichtliche mitbetrachten.

Tote kriegen manchmal den Charonspfennig in den Mund – und nicht selten wurden jemandem auch Fälschungen in den Mund gelegt (Stadler: vergoldete Münze in Volders). Und auf dem Land mitten in der Pampa gibt’s dann 20er, manchmal sogar Goldmünzen. Und das passiert einem auf dem Abort ziemlich oft. Und der Mist kommt raus auf die Felder, er wird dem Bauern oft genug sogar verkauft.

PS: Rizzolli träumt von einer Tiroler Münzdatenbank nach Schweizer Vorbild.

EXKURSION AM 23.10., mit dem Zug fahren! Schaun, dass wir um 10:00 unten sind...

13-10-17 (© C.P.!)

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Verloren oder versteckt?Münzfundsituationen 17.10.2013 13:15 - 14:00 Uhr Rizzolli

Der Schatzfund von PfattenWo liegt Pfatten? Die Ortschaft liegt südlich von Bozen und hat etwas über 1.000 Einwohner, wobei die Italiener die Mehrheit der Bevölkerung bilden.Der Fund von Pfatten soll inklusive Topf nach Deutschland verkauft werden, der Eigentümer ist vor einiger Zeit verstorben. Der Schatz ist 1885 aufgefunden worden. Es handelt sich dabei um über 5.000 Münzen, 3 Stücke sind große alte Silbermünzen. Neben dem Topf ist ein Skelett gefunden worden. Quintilio Perini aus Trient hat dazu ein Buch geschrieben und den Schatz klassifiziert. Erwähnenswert ist in dem Zusammenhang auch Ottorino Morario.Die geographische Lage des Fundes ist sehr wichtig.Viele Berner (Veroneser) und nur wenige Regensburger.In der Archäologie macht man Bodenfunde, diese muss man aber einordnen können. Man spricht von einem Fund mit lokalen Münzen, wenn diese dort in der Gegend in Umlauf gewesen sind. Dies zeigt sich am Beispiel einer Urkunde aus Dorf Tirol bei Meran -> sie handelt von einem Packpferd, es hat den Wert von 2 Pfunden, d.h. man hat dort damit gerechnet.Ausgemünzte Münzen -> Silber zu Geldstücken ausmünzen, Metall zu Münzen prägen.Wie kann man solche Urkunden finden? Man muss sich zunächst die Transkriptionen ansehen. Franz Huter -> Tiroler Urkunden, die Urkunden sind chronologisch geordnet. Regestenwerke -> Zusammenfassung. Edition = „Meisterwerk eines Historikers“Dokumente der Plattner = Hersteller von Schutzwaffen -> wenn am einen Helm findet, die Sachquelle mit den schriftlichen Quellen vergleichen.Immer beachten: die Numismatik ist ein Teil der Wirtschafts- und Geldgeschichte!Wichtig ist in dem Kontext die Zeitstruktur. Wann wurde der Fund verborgen? Man spricht besser immer von „verborgen“, nicht von „vergraben“! Wurde er vor einer bestimmten Zeit verborgen?Schriftteilendes Kreuz VE / RON / A (siehe Folie)Die Münzen sind sehr klein und schüsselartig geprägt, man nennt sie „scodellati“.Das Gegenteil sind die Dünnpfennige aus Regensburg. Es besteht die Gefahr, dass sie brechen. Man kann sie nicht mehr eins zu eins annehmen, nur mehr zum Teil. D.h. man muss wiegen. Es gibt viele beschnittene Münzen, d.h. ein kleiner Teil ist einfach weggeschnitten worden. Dadurch verringert sich das ursprüngliche Gewicht.Im Ultental befindet sich das Schloss Eschenlohe. TUB = Tiroler UrkundenbuchUrkunde -> 2.000 Kreuzmünzen = Veroneser oder gleichwertige Venezianer oder alte Veroneser, alles Münzen, die dort im Umlauf gewesen sind. Daraus ergibt sich, dass die alten Münzen gleich viel wert sind wie die neuen. 3 Münzgattungen werden somit als gleichwertig gesehen, trotzdem werden die alten Münzen (mit dem Kreuz) beschnitten worden sein, sie hatten demnach weniger Gewicht und waren deshalb nicht so viel wert. Die Münzen gingen damals leicht verloren, sie waren nur so groß wie heute ein Hemdknopf. Wenn sie auf einen gestampften Lehmboden fallen, dann hört man sie nicht. Zudem herrschten im Mittelalter schlechte Lichtverhältnisse. Einmal hinuntergefallen fand man die Münzen nicht mehr oder nur sehr schwer. Bei großen Münzen verhielt es sich anders.Man kann die Münzen ertasten -> schüsselförmige Ansicht. Diese Münzen halten wegen der Wölbung, die eine Spannung erzeugt, besser, zudem kann man die Münzen stapeln.Ein ähnlicher Fund ist in der Nähe von Salurn/Galgenbühel im Unterland gemacht worden, dies auch fast zur selben Zeit. Man hat Veroneser gefunden, doch leider weiß man nicht viel von diesem Fund.Neben den Urkunden können auch Reisebeschreibungen hier hilfreich sein. Bsp. der Patriarch von Aquileia Wolfger von Erla (1140 bis 1218, wird heute so bezeichnet). Er ist eine wichtige Figur.

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Walther von der Vogelweide wird nur in einem einzigen Dokument als Sänger erwähnt, und zwar genau von Wolfger von Erla in seinem Reiserechnungsbuch. Ersterer war als Minnesänger bekannt und bekam vom Patriarchen einen Pelzrock geschenkt. Der Patriarch war sehr spendabel, hat jedoch auch alle Geschenke, die er gemacht hat, vermerkt. Zudem musste er ein guter Reiter gewesen sein, denn er ist die Strecke von San Michele (TN) auf den Ritten bei Bozen in einem einzigen Tag geritten (heute immerhin ca. 62 Kilometer).Partekirche (Garmisch-Partenkirchen), gibt dort Veroneser aus. Die Münzen sind also sehr weit nach Norden hin vorgedrungen.Was war nun „das Ganze wert“? Diese Fragestellung ist sehr schwer zu beantworten. Als Ansatz kann man den Tauschwert heranziehen. Mit Brot ist es etwas schwierig. Was kostete damals der Hafer, die Gerste, der Weizen? Wie viel ein Rind? Der Lebensstandard im Mittelalter ist mit dem heutigen nicht vergleichbar. Heute wird Brot nur mehr als Zuspeise gegessen, früher war es das Hauptnahrungsmittel für breite Bevölkerungsschichten. Den Warenkorb von damals mit einem von heute zu vergleichen ist nicht möglich. Wie viel sind Kühe heute wert, wie viel waren sie es damals? Heute werden die Tiere vorwiegend als Milchkühe gehalten, sie geben viele Liter Milch und werden nach ihrem Ertrag eingestuft. Früher hat man in der Landwirtschaft nur wenig Milch produziert. All das Ausgeführte gilt auch für das Verhältnis Gold zu Silber. Für 5.200 Denare hätte man sich das und jenes kaufen können. Dazu gibt es eine gute Dissertation von Schmölzer (aus Rattenberg), sie stammt aus den 70er Jahren.Die Münzen sind einfach zu klein, man kann mit ihnen keine größeren Beträge bezahlen. Es kommt nun der sog. „Grossus“ auf. Es handelt sich um ein Prachtstück, um eine Mehrpfennigmünze. Sie entspricht 20 kleinen Münzen -> „Zwanziger“, hat ungefähr die Größe einer heutigen 1Euromünze. Diese Münzen sind als Verlustfunde äußerst selten. In den Schatzfunden (Horte) findet man hingegen diese Münzen. Es sind Schriftdenkmäler, auf den Münzen stehen Schriften. Sog. „Grossus“ in den lateinischen Texten, er ist für den Fernhandel geeignet. Daraus entsteht im Deutschen der „Groschen“.Wichtig ist es in absehbarer Zeit eine Fundstatistik in Form einer Datenbank (für Tirol) einzurichten, sie fehlt in Österreich völlig. In Deutschland kennt man hingegen eine solche.Untereisen -> Stempeleisen, wie lange hält es? Man muss sehr vorsichtig damit sein, zudem war das Eisen damals anders als es heute ist.

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Der Grundgedanke des Versteckens / Tessaurierens: Man trifft eine Selektion, um zu gewährleisten, dass der Wert erhalten bleibt. Wichtig sind die Leitmünzen. Wichtig für uns: Lokalisierung (woher genau? An einem Verkehrsweg, im ländlichen Umfeld, entlegen...? Sonst ist der wissenschaftliche Wert höchst gering), Zusammensetzung (Nominale, Feingehalt => Anpassung an Metallwert, gebildet durch Angebot und Nachfrage – mehr Monetarisierung => mehr Nachfrage, Datierung / Laufzeit: postquem Schlussmünze)

Datum: Feinchrologie der Münzstätte (Schatzfunde!), Kaiser (Achtung: manchmal auch komplett aus der Zeit – Münzregal von Anno Dazumal, echt oder angemaßt)

Bsp.: „neuer“ Meraner: vorne COMES TIROL(IS), hinten ME-IN-AR-DVS um Radkreuz (doppelt) – und zwar von 1274 bis 1363, und dann wieder von 1365-1390 oder so. Warum? Stabile Währung, an deren Erfolg und Erscheinung (VERTRAUEN) man anknüpfen will (// Dollar, nur: Drucken / Prägen ist immer auch ein Wettlauf mit den Fälschern, und da kommt man oft ins Schleudern)Alter Zwanziger / Adlergroschen: REV: einfaches Kreuz und Umschrift DE MARANO

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UND: hier ist einer der ganz wenigen Fälle einer Deflation, der neue 20er ist um 10% besser als der alte. Warum? Die Messe von Bozen ist eine ganz wichtige Veranstaltung, am Fuße des Brenneranstiegs, Linie in Richtung Bodensee und Süden... und hier gibt’s das Usancenrecht, das die Rechtssicherheit „auf Treu und Glaube“ garantiert. Verhandelt gen Norden wird vor allem Wein (Messwein! Ein echtes Kultgetränk :)). Und wer Wein importieren will, muss bei der Silberstange im Wert des Exportgutes Silber in Barren hinterlegen und bekommt den Gegenwert (oder ca. 92-96%) in Münzen ausbezahlt (// Pokerchips) – wichtig, denn damals waren nur das Pfundererbergwerk im Tinnebachtal (bei Klausen) und der Monte Caliso bei Trient aktiv. Die Deutschen (Meißen, Sachsen, Köln) haben dagegen viel mehr. Durch diesen Vorgang ist der Erfolg der Münz(stätt)e an die Weinwirtschaft geprägt. Und das Geld bleibt großteils im Land. Brakteat = einseitig geprägte Münze, brüchig und daher weniger haltbar als z.B. der Veroneser 20er, daher die Silberbarren. Mit dem Gewinn muss die Münze geprägt werden, und den Gewinn davon bezeichnet man als „Schlagschatz“.Warum jetzt der Mehrwert? Handel und Krieg haben viel gemeinsam – und die Gegner des Grafen sind seit 1027 die Bischöfe von Trient und Brixen, die die Brennerstraße kontrollieren. Was hat der Kaiser davon? Eine kontrollierte Wahl ohne die Möglichkeit von Dynastiegründungen. Edit: der Grund für die Wichtigkeit der Brennerstrecke ist die Dummheit Karls des Großen, der hätte es sich so wie Napoleon selbst machen sollen. Wer nicht nach Rom kommt, kann nicht Kaiser werden, und für die Engpässe braucht man die Kaiserlichen Herren. Und über die Deflation will Meinhard den Bischof von Trient erledigen (ein 22er würde dagegen nichts bringen).

Campsores = Wechsler, die kennen sich aus mit den Gewichten und der Feinheit aufs Pfund (bone monetae und justi ponderis), und der alte 20er ist jetzt ein 18er.

Und wenn wir einen Schatzfund haben mit nur alten, dann ist der vor 1274, weil ab da bessere Münzen da sind, die man tessaurieren würde.

Der alte Adler ist auch anders – kein Tiroler, sondern ein Staufischer.

13-11-14Schloss Tirol, Kreuzigungs-Gruppe mit Pendantfiguren (Johannes und Maria) in der Kapelle. Und Johannes ist ein Hohlkopf, und in dem Loch hat man einen Meraner Berner gefunden – einmal Doppelkreuz vorn (MECO / COME[s]) und Adler hinten (= Graf von Tirol), bei Maria ditto: ein sehr seltener Zehner (befußtes Schrift teilendes Kreuz und MEINARDU vorn und befußtes Kreuz im Feld Mit COMES TIROL hinten). WICHTIG: die Lettern geben Datierung!Diese Zehner sind so selten, weil man aus den Resten der Zaine (= Rohmetallstreifen) für die 20er Zehner gemacht hat – fälschlicherweise, weil man eigentlich eine andere Legierung verwenden müsste, schließlich sind zwei Zehner mehr Arbeit als ein Zwanziger (und die Berner natürlich noch viel mehr [MERKE: Arbeit kostet immer]), und das muss man mit einer schlechteren Legierung kompensieren, nur so kann man sie auf einer vernünftigen Größe prägen. Dies ist aus den Kammer-Raitbüchern im TLA; Wien und München überliefert (auch wenns inzwischen eine Edition einiger Bände gibt) zu entnehmen. Deswegen steigen einem die Sammler bei den Auktionen alle aufs Dach (2-3000 für den Zehner, 1Zwanziger).

Was ergibt sich aus diesen Funden? Erstens eine ziemlich genaue Datierung für die Figuren (beide vor 1320 geprägt, vorher können die Münzen da nicht reingekommen sein. De facto müssten die Münzen so etwas wie ein Bauopfer sein – das Loch wird von der ersten Farbschicht gedeckt, ist also baugleich. Restauriert wurden die Stücke übrigens nicht

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Pulverturm bei Prösels am Schlern: Davor gabs einen Kleinhäusler-Hof (Hainzen-Hof direkt an der Kirche, erwähnt im „Prabscht“-Besitz 1318), der abgerissen wurde. Und im Ziegenstall gabs eine „verhexte“ Ziege, die Silber produziert hat, indem sie einen Haufen Meraner Zwanziger (147) aus einer Nische in der Wand gestoßen hat. Karl Möser hat eine Fundauflistung gemacht. WANN: habsburgische Zeit, 1373-1375 (Leopold III) ist die Schlussmünze. Das datiert auch das Gebäude. WER: Jemand, der Geld hatte. Auch die Bauern mussten Geld gehabt haben, woher auch immer. WIE VIEL: 692 l Roggen, 892 l Gerste oder 520 l Weizen. Um 1380 hätte man mit 2 Zwanzigern eine Gugel und einen alten Rock gekriegt, 1386 waren 36 Kreuzer einen Goldgulden wert (also der ganze Schatz ca. 4 Gulden). Vielleicht hat da jemand sehr viel Vorspann geleistet? Und in Tirol gabs ja kaum Leibeigene, das ist für die Landgewinnung meist das bessere System (s. Wopfner, Dörrer und Dr.Dr.Dr.Dr.Dr. Grass)

Übrigens: Legende übersetzt man im Italienischen als „legenda“, NICHT als „leggenda!!PS 2: Das dritte Reich hat das Unheil bringende Kreuz verwendet... PS 3: die Replik des „Brautbechers von Margarethe Maultasch“ für Schloss Tirol hat das Land Tirol 30.000 hingeblättert... ein Fall für die Epigraphie, da gibt’s verschiedene „A“s – ist das Ding wirklich, was es zu sein scheint. Gäbs sowas auf einer Münze, würden alle Alarmglocken läuten, weil die Schrift ja normalerweise vom Graveur eingepunzt wird... ein umgekehrter Buchstabe ist viel häufiger. PS 4: Inzwischen Fibeln vor der Restaurierung auf Elemente untersuchen. PS 5: Die Zukunft ist fächerübergreifend. PS 6: Hühnerflöhe wird man los, indem man sich in eine leere Badewanne legt – da springen alle Flöhe aufs Weiße. PS7: Schweighöfe sind Höfe, die von der Viehzucht leben (also kaum Feldbau) und im Herbst ihre Produkte tauschen (lieber als verkaufen), um sie nicht durchfüttern zu müssen. Sowas gabs in Toblach häufig, in Prösels aber selten. PS 8: Schreiben Sie nicht absolut – niemand hat die Wahrheit gepachtet. Mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.... ;)

13-11-21Heute: Systematisierung von Münzfunden1976 Vorlesungszyklus in Berlin (DDR) zu diesem Thema und der Bedeutung von Herrn Potin aus Russland. Und Potin hatte ein paar interessante Überlegungen (z.T. basierend auf Philipp Griesen aus Cambridge):

– Funde bei Ausgrabungen (Rizzolli: Kaum relevant)– ersparte Schätze: immer wieder was dazu. Sparschweine aus Keramik gibt’s schon früh (z.B.

Volders => zeitlich guter Bezug zu Tulfes)– zufällig verlorene Schätze– persönliche / private Schätze– offizielle / öffentliche Schätze, z.T. in den Tiroler Kammerraitbüchern dokumentiert –

Meinhard II von Tirol [1259-1295] hat in Schloss Petersberg bei Stams im Oberinntal [heute ein Sektenstandpunkt] seinen Staatsschatz, für den wir die Abrechnungen haben. Es gab da eine cista maior und eine cista minor (auch als scrinium bezeichnet) im Turm, beide aus Eisen, nur zwei Schlüssel – davon einer beim Kämmerer Ortolf und einer beim Abt von Stams – sperren die Kisten auf. Wir wissen ziemlich genau, was da rein und rausging: Tiroler Grossi, Fremdmünzen und Umrechnungskurse! Und dieses depositum ist der Tiroler

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Staatsschatz, ein Münzschatz, den wir archäologisch natürlich nicht fassen können. Die Anweisungen von Meinhard lauten, Beträge nach Süden immer mit den alten Münzen zu zahlen ;-) Da wird sie auch gern angenommen, weil man den Adler kennt – und weil die guibellini noch ziemlich einige Städte dominieren. Da merkt man wieder, wie wichtig historische Dokumente sind.

Münzkrieg zwischen geistlichem Herrn (Bischof) und seinem Advokaten (dem Vogt, weil die Kirche keine Blutsgerichtsbarkeit ausüben kann und keine Truppen stellen darf – in dem Fall der Graf von Tirol). Wir müssen ausholen: Friedrich II hat 1236 in Trient und Brixen den Bischöfen einen podestá vor die Nase gesetzt, um zwischen temporialia / incassi und spiritualia zu trennen... im Fall von Trient heißt der Sodegerius de Tito und kommt aus Salerno, also nicht vom Ort. Und der kontrolliert die Märkte, u.a. auch Bozen, UND die Bergwerke, auch den wichtigen Mons Argentarius bei Trient (der Berg mit der Binge [durch Bergsturz freigelegter Schacht] hinunter ins Tal). Und das killt den Silbernachschub für den Bischof, der sich nach Rom hin beklagt, „Man hat mir das Pallium zerfettzt!“ Und damit hat Friedrich ein Machtvakuum produziert, in das die Tiroler nach 1268 gerne boykottierend reinspringen: Sie werben den Münzmeister des Bischofs ab, kriegen Silber aus dem Norden, und der Bischof kriegt kein eigenes mehr.

Stein am Ritten war übrigens der Vordeponierungsort für die Geldbeträge – deswegen hat das Schloss auch eine demonstrativ hohe Mauer. Und Geld transportiert man in Fässern ( lagenis – von Lagl [Packfässer für Pferde]) nach Nordtirol.

Und Münzen findet man meist außerhalb der Burgen – Latrinen und Abfallhalden sind die wichtigsten Quellen.

PS: Rizzolli sagt: 3+ Stücke sind ein SchatzPPS: Fürs Mittelalter sind Dialekte wichtig – die Schalbretter beim Dachbau heißen „Flecken“ oder „Dillen“. Literatur bei Schöpf – Tiroler Idiotikon. PPPS: Die Tiroler unter Meinhard haben wahrscheinlich für den Adlergroschen (anfangs mit dem staufischen Adler – Meinhard II sieht sich seit seiner Heirat mit Konradins Mutter auch als Staufer) wahrscheinlich das Görzer Münzrecht übernommen. 1274 kommt dann das offizielle Münzrecht (3 Jahre nach der Trennung des Pustertals zu den Görzern (bis Leonhard von Görz).PPPPS: Der „Augustalis“-Gulden von Friedrich II (nach 1231) aus Messina gilt als schönste Münze des Mittelalters und die erste Goldprägung seit Karl dem Großen – weil Friedrich versteht, wie wichtig das Gold für den Fernhandel mit den Sarazenen ist, die allgemein das Gold blockieren (auch über Piraten und Co.) - und seinen Kontakten verdankt Friedrich das Gold. Der Gulden ist auch ein Affront gegen den Papst – Darstellung als römischer Kaiser mit Lorbeerkranz und Scheibenfibel – Umschrift IMPERATOR CESAR AVG vorne und FRIDE-RICVS hinten beim Stauferadler – die Staufer als gens aquila, das Adlergeschlecht (hinten, um die Münze verwechselbarer zu halten... und der Adler ist der Legionsadler, Tradition bei Legionsmünzen seit Marcus Antonius – die Kirche hat ihn als Evandelistensymbol für Johannes übernommen).PPPPPS: Karl von Anjou enthauptet Konradin, um die Staufer für den Papst zu vertreiben. PPPPPPS: Schlussmünze gibt nach Potin terminus postquem, nicht antequem... und wie viel danach kann man so nur schwer sagen. Rizzolli würde da nicht so viel reininterpretieren wollen. PPPPPPPS: Mit verlorengegangenen Münzen Schichten datieren ist etwas schwierig... die Umlaufzeiten sind manchmal exorbitant – teilweise 150 Jahre. Unbeschnittene Münzen waren meist nur kurz im Umlauf und umgekehrt – aber genau sagen kann mans nicht.

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Montag Pressekonferenz Münzen Tulfes (11:00) Eckdaten: Frühjahr 2009 stößt ein Hobbyarchäologe beim Spazierengehen in der Nähe des Tulfer Baches (Burgt im Voldererwald) auf kleine Münzen, geht ihnen à la Hänsel und Gretel die Böschung rauf nach und langt unter einen Felsen – und da rasselts dann wie in einem einarmigen Banditen. Alles relativ „schlechte“ Meraner Vierer (ca. 200/1000), Heinrich / Leopold III bis Friedl mit der leeren Tasche (70%!), verborgen nach 1439. Alle ~1207 (= 242 Kreuzer oder 4 Dukaten = 500 Liter Wein) sind relativ stark korrodiert. Mindestens ein Stück davon blieb am Stempel hängen und einer vom Avers der unteren Münze) hat deswegen zwei Adler (Nur drei Fremdmünzen (alles Quattrini): Siena, Como, Florenz. Und nachdem die Finder domestizierte Sondengänger sind, haben sie auch brav Meldung gemacht... außerdem hatten sie keinen Restaurator in Petto. Die Uni beteiligte sich dann an der Restaurierung (HAINRICVS REX (Vater von Margarete Maultasch – kurze Zeit König von Böhmen) / LIVPOLDVS (III + IV) / ALBERTVS / FRIDERICVUS / DVX FRIDRICVS (mit waagrecht liegendem S) COMES TIROL etc) – einer der Finder wurde auf Unikosten von einem Mainzer Restaurator geschult, mit guten Erfolgen. Die Arbeit, die jetzt auf C. Perathoner wartet, ist, die Münzen bis aufs kleinste (Buchstabeninklination etc) miteinander zu vergleichen und zu schauen, was da für Varianten vorkommen – eventuell auch spätere. 1439 stirbt Friedrich, Sigmund D. Münzreiche kommt aber erst 1447 in IBK an (er war beim Onkel, Kaiser Friedrich in Aufbewahrung). Er prägt dann erst ab 1448 / 1449 selber, indem er die Friedrichsvierer wieder auflegt, nach dem Münzfuß von Venedig (die berühmten Venediger Mandln waren übrigens Prospektoren).

Übrigens: Wenn man erst restauriert hat, dann ist viel vom „minderen“, wegoxydierten Metall weg, und die Feingehaltsanalyse kann man vergessen.

Warum wurden die Münzen so schlecht? Der oft vorbestrafte Heinrich von Coburg erschwindelt sich von Friedl mit der leeren Tasche das Münzregal, wo letzterer für die Produktion in Stückzahlen bezahlt wird – anstatt dass er wie üblich pauschal Pacht dafür zahlen müsste. Die Pacht wurde normal aus dem Schlagschatz (signoraggio) bezahlt, dem Münzertrag. In Folge schlug Heinrich immer mehr kleine Nominale (keine 20er / Kreuzer mehr), die dafür in großen Massen. Die Währung für den Fernhandel kauft man sich stattdessen direkt mit Silberbarren – Florentiner Goldgulden. Die Bergwerke haben die Tiroler Grafen schon früh den Nürnberger und Augsburger Unternehmern überlassen – sie haben das Kapital nicht, und müssen nicht mit den Wassereinbrüchen und Co klarkommen, oder 20.000 Leute bezahlen.

Nikolaus Cusanus stellt übrigens zu Zeiten Sigmunds des Münzreichen fest, dass die Tiroler Grafen das Münzregal nur erschwindelt haben und dass das Münzregal eigentlich bei ihm liegen würde... Am Ende musste sich der Schöngeist allerdings auf sein Schloss in Buchenstein zurückziehen.

Vorlesung erst wieder in zwei Wochen!

13-12-12Schätze rufen immer ein riesiges Echo in der Presse hervor – Abenteuer etc. So auch der Schatzfund von Tulfes.

Schriftliche Quellen sind ein MUSS für die Mittelalterarchäologie. In Österreich gibt es das Institut für Realienkunde in Krems, das die erste Anlaufstelle für sowas ist – mit Stichworten kommt man in deren Datenbank (Funde, Darstellungen, Schriftquellen) schon ziemlich weit. (!!!)

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Für Tirol besonders wichtig sind die (in Latein geschriebenen) Raitbücher. In einer richterlichen Abrechnung von 1290 (15.05.) hört man von einem Wolflino de Nova = Noafa => Deutschnofen und Welschnofen! (// Buntnofen = pons nova = neue Brücke). Und akrat gibt’s in Deutschnofen einen Wölflhof... Siehe auch Finsterwalder und Co. Und dieser Wolflino hat um 1290 ganze 2 Mark (= 20 Pfund = 4800 Berner!) Abgabe für einen Schatzfund zu leisten (ein Raitbuch spricht von pecunia und eins von tessaurum). Dies ist das Schatzregal – der Schatz gebührt dem Grundeigentümer, und nach römischem Recht gehört dem Grundeigentümer sein Grund vom Erdinneren bis zu den Sternen!

Kloster Mondsee: auch hier ein eingemauerter Schatzfund – in der Kirchenmauer, gefunden 1975 beim Heizungsbau unterm Putz. Geborgen wurden 182 Münzen (Münzstätte Meran) und 6637 – alles Grossi, davon 22 ungarische Goldstücke, 14 italienische 106 böhmische Groschen etc - insgesamt... heute im Heimatmuseum Mondsee. Verborgen wurde das stattliche Sümmchen zwischen 1401 und 1410 (30 Jahre vor Tulfes), die Tiroler Schlussmünzen sind Kreuzer von Leopold IV (1396 – 1406). ABER der große Unterschied sind die Nominale – hier hat jemand sehr systematisch thessauriert, im Gegensatz zu Tulfes oder Volders. In Tirol zirkulierten nämlich nur noch Kleinmünzen, das „gute Geld“ außerhalb, weil Tirol eine etwas defizitäre Außenhandelsbilanz hat, speziell was Getreide, Ferkel (daher auch die Bezeichnung „Boarfockn“ von 1809) etc angeht und somit in der Währung zahlen muss, die der Verkäufer vorgibt (das Machtverhältnis geht zugunsten des Verkäufers, nicht des Käufers).

Damals hat man ganz schön rausgehauen, heute würde man sicher blockbergen, um auch das mögliche Gefäß noch zu fassen. Auch die Restaurierung ist heikel, vorher dokumentieren und Proben aus den Oxydationsschichten nehmen.

Trient, Portela an der Etsch: Schatzfund verbackener Münzen in Keramikgefäß, die das Denkmalamt 15 Jahre lang vergessen hat, weil kein Geld zur Restaurierung da war. Die Restaurierung musste extra von der Landesregierung bewilligt werden – und den Zuschlag bekam eine in der Münzrestaurierung absolut unerfahrene Dame aus Rom. In dem Fall ein Glücksfall, weil die Münzen in Röllchen verpackt verborgen wurden. Das gibt Aufschluss auf das Zählsystem – Doppelkreuz nach oben und aufschichten. Und inmitten der Meraner Münzen war eine aus Ivrea (Ippo Revia), die sehr ähnlich ausschaut und den gleichen Nominalwert hat. Rizzolli sieht das als Beweis, dass diese sogenannten Beischläge absolut mit denen aus Meran verwechselt wurden. In dem Schatz sind ein paar sehr seltene Stücke – zB. 20er von Nikolaus von Brünn. Die Keramik ist mal wieder münzdatiert, nur leider haben wir nur ein paar Scherben davon – das Haus wurde bombardiert, der Rand wurde dabei nicht mehr sichergestellt.

Schloss Greifenstein bei Siebeneich: legendär belagert von Freidl mit der leeren Tasche und seinen Söldnern, drinnen sind die Wolkensteiner (Oswald hat das legendäre Kampflied dazu geschrieben). Im Burgbereich wurden zahlreiche venezianische Golddukaten gefunden (Christus in der Mandorla, HL. Markus verleiht dem knienden Dogen die Fahne / das Land [SIT TIBI ISTE DUCAT, daher der Name! Obwohl, damals hießen sie zecchini / Zecchinen]). Eine Münze stammt aus Böhmen (Karl IV, hinten der böhmische Löwe). Dies ist zweifelsfrei ein Teil des Soldes, und auch die Söldner konnten sich ihre Währung aussuchen, verstanden sie ihr Handwerk doch auch sehr gut – oberhalb des Sauschlosses wurde von den Jungs eine Kanone vor Ort gegossen, wohl auch, weils schwierig war, eine ganze da hochzuschschaffen. Anscheinend wurde der Schatz gefunden, weil eine Münze auf einem Felsen blinkte – der Rest lag in einer Nische darunter. Verlagerung durch Elstern!

Lana: 800 Meraner Münzen + ein venezianischer Goldgulden, eine Münze aus Padua (mit dem Hl. Prostozimus), eine aus Ivrea. Und Lana liegt ja am Handelsweg nach Nonsberg – Vorspann?

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Im nächsten Jahr v.a. Verlustfunde und kirchlicher Zusammenhang.

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Statistik der Verlustmünzen aus Kirchen, Klöstern und Einsiedelein (ca. 80 Kirchen gesamt) vor 1363: die Berner dominieren bei weitem, und zwar in Nord-/Osttirol und im Trentino, wobei sie lustigerweise im Norden sogar noch häufiger sind. Trient dagegen ist in Tirol recht selten und in Nordtirol gar nicht vertreten, Meran ist häufig in Südtirol, Venedig gibt’s im Trentino und in Nordtirol häufig, in Südtirol dagegen selten. Nach 1363 ist Verona auf ca. 1% geschrumpft, Trient nimmt ab, Meran erstarkt extrem (35-70%!), Lienz und Toblach nehmen zu (Lienz vor allem in Trient), Wiener Pfennige gibt’s auch mehr. Warum dies: unter Meinhard wurden vor allem rentable (geringe Wertschöpfungskosten) und auf reisende Kaufleute ausgelegte Grossi geprägt (20er), nach Margarete vor allem Kleinmünzen (Vierer und bis Sigismund in kleinem Umfang auch Berner). Trotzdem ist das Diagramm noch nicht perfekt, denn die zeitlichen Abstände sind noch zu groß.

Die Schlösser und Ansitze liefern ein ähnliches Bild, nur ist Meran nach 1363 noch dominanter im gesamten Bereich, Lienz ist Nr. 2 und alle anderen teilen sich den Rest.

Auf Wegen und Feldern gibt’s in Nord- und Südtirol viel Meraner, dann kommen die Berner, die nur in Trient dominieren. Allerdings ist hier die Fundmenge gering. Nach 1363 zieht Meran einsam an die Spitze, Lienz ist Nr. 2, Böhmen, Bologna und Wien haben teilweise 20%. Aquileia / Aglei (Patriarchenstaat seit 11irgendwas, u.a. Cividale, bis 1420) findet sich öfters im Pustertal, auch Lienz prägt nach diesem Fuß. Aqulieia ist sowas wie ein lustiges Fossil, die haben nach wie vor einen Patriarchen, lesen lateinische Messen und begrüßen das Volk in der Kirche mit gezogenem Bidenhänder des Marquard von Reichegg (Messa dello spadone).

Insgesamt dominiert vor 1363 immer klar Verona vor Meran, Venedig, Mantua und Trient, nach 1363 hat Meran 67%, Verona fällt unter 1%.

Verteilund: in Kirchen fast nur Kleinmünzen, in Burgen großteils Kleinmünzen, von den Feldern mehr Groß- als Kleinmünzen.

Exkurs statistisches Universum: verschiedene Aspekte spielen eine Rolle, wie gut dokumentiert, wie viele von wie vielen...

Aussagekraft: Schatzfunde (wann und wer verborgen?) und Verlustmünzen sprechen beide, aber auf verschiedenen Ebenen, und beide sind wichtig. Bei Verlusten gibt’s keine Absicht dahinter... Grenzfälle aus Trientner Gegend (Valsugana) und Winnebach: Röllchen, eventuell aus Beuteln.

Truden: der Pfarrer pocht auf die sofortige Wiedereröffnung der Kirche => Grabung beschleunigt => 35 Detektorfunde von Münzen aus dem Schutt! Leider ohne Befundung...

Niccolo Rasmo vom staatlichen DKA hatte seinerzeit da ganz andere Möglichkeiten – direkter Draht zur Regierung, Baueinstellung bis auf drei Jahre. Heute werden vom Denkmalamt Risikozonen ausgewiesen, wo vor dem Bau Vorsondierungen verlangt werden können. Weiters kann der Bauherr selbst „approbierte“ Archäologen anstellen, um die Sache zu beschleunigen.

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Verbreitung: Lienzer Silberprägungen gehen nach Osten (Balkan), Lienzer Gold (später) dagegen mehr nach Norden.

Zeitplan: 16.01., 23.01., 30.01. inkl. mündliche Prüfung im Anschluss. Bei der Prüfung auch Münzbetrachtungen.

14-1-16Reden wir über Gewichte – Raugewicht vs Feingewicht vs Feingehalt; der Archäologe sollte möglichst die ungereinigte (!) Münze wiegen und dann ab zum Restaurator, dem man seinen Sauberkeitsfimmel tunlichst verbieten sollte. Nimmt man nämlich die Oxydschicht ab, entfernt man auch einen Teil des Raugewichtes (der Feingehalt steigt sogar!). Abplatzungen verbleiben oft im Erdreich – man kann oft noch via Detektor feststellen, wo ein Metallfund entnommen worden ist.

Wie wird der Feingehalt festgelegt? Wenden wir uns wieder an die Raitbücher, und da steht immer wieder, aus der feinen Mark seien so und so viele Stück zu schlagen (da niemand in Prozent, Tausendstel oder Karat gerechnet hat). Das macht uns das nachrechnen nicht unbedingt einfacher – es gibt verschiedene Marken, und das reinste Silber des Mittelalters hat ca. 920/1000 (aka Königssilber).

Bei römischen Münzen, die stempelfrisch gefunden werden (Donativum – Prämie in Gold oder Silber, später auch versilberte Follis für Offiziere – vom Nonsberg) konnte man das römische Pfund festmachen. Nur: die Münzen waren ziemlich ungleichmäßig (quod erat demonstrandum), DA MAN NACH DEM GLEICHEN PRINZIP SCHLUG. Irgendwie stimmts dann schon wieder. Übrigens hielt sich das System bis in die Völkerwanderungszeit (Goten und Co).

Das fördert natürlich das sogenannte, im Prinzig illegale „saigern“ - aussortieren von guten Münzen -, daher war der Besitz von Feinwaagen auch eigentlich nur einigen wenigen Berufen vorbehalten. Außerdem wurden Münzen gern beschnitten (im MA schafft man das mit einer großen Schere), was auch mit drastischen Strafen geahndet wurde. Der Perlrand dient exakt diesem Zweck. Noch besser ist es natürlich, wenn man den Rand der Münze außen irgendwie gestaltet, was mit Maria Theresia beginnt (Beschriftung, möglich durch „Balancier“ - einer Spindelpresse - statt Walzenprägung, dabei wird der Rand nach außen gequetscht; sowas nimmt man inzwischen auch zum Siegeln, weil man die ganz großen „Fleggn“ sonst nicht mehr in den Lack gepresst kriegt). Probleme beim Walzenprägen: die Münze wird leicht ovalisiert und muss auf der sog. Streckbank „gestreckt“, also vom Bug befreit werden.

Seit Karl dem Großen wurde wieder Silber in verschiedenen Stätten mit gleichem Bild geprägt, aber mit Münzstätten (T für Ticinum, MED für Mediolanum, SC für Syscia)... NEU ist auch das Weglassen des Kopfes (frei nach arabischem Vorbild – der Herrscher garantiert mit der Abkürzung seines Namens bzw. seinem Siegel). UND nun musste der einzelne Denar in seinem Sollgewicht bis auf minimale Abweichungen stimmen, was die Schrötlingsherstellung enorm aufwändig machte (einzeln wiegen und evtl nachkorrigieren, manchmal an der fertigen Münze). Folglich hat die Vollständigkeit des Münzbilds nur begingt mit dem Vollgewicht zu tun.

Achtung Umlaufzeiten: Schichtdatierungen sind immer schwer, man kann nur Terminus Postquem angeben! Abnutzung, Beschneidungen (oft nachdem neue, mindergewichtige Prägungen in Umlauf kommen) weisen begrenzt auf eine längere Umlaufzeit hin.

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Hat man mindergewichtige Münzen im Umlauf, schmilzt man sie ein und macht neue – Meran schmolz zum Beispiel Monacenses (Müchner Pfennige), Prager Pfennige und Veroneser ein.

Der „alte“ Meinhardzwanziger hat neben dem offenen C einen Adler mit Flügelspangen. Das kommt daher, dass man tote Raubvögel als Apotropäa gern an Stalltüren genagelt hat, und dabei verwendete man Holzleisten, damits länger hält.

Gut, testen wir das ganze am Beispiel Benevento (Schauplatz der Schlacht Staufer vs. Anjous ca. 1260, langen nach 800 noch langobardische Enklave). Es gibt einen Fundbericht von Emilio Galasso von 1964 in der Zeitschrift „Cristallo“, der festhält, es handle sich um Münzen aus Tirol und dem Trentino. Das hat aber mit Konradin nichts zu tun, es sind Kreuzer (erst ab 1274/75). Nach mehreren Anfragen gabs immer noch keine Antwort, erst über Umwege und Freunderlwirtschaft konnte Rizzolli die Münzen begutachten und die Hintergründe beleuchten. Anscheinend wurde der Schatz am Weg von Gargano nach Neapel in einem Feld gefunden. In der Zeit (um 1330 - 2.Band, S. 637) war Benevento eine päpstliche Enklave, der Schatz lag aber anscheinend außerhalb. Bekommen hat Galasso die Münzen, weil er in seinem Museum eine langobardische Rundkirche stehen hat, in der nur die braven Leute heiraten dürfen :) Er konnte sogar bereits verkaufte Stücke noch zurückbekommen. Es waren 388 Adlergroschen, 286 aus Meran, Beischläge: drei aus Treviso, 78 aus Padua, 3 aus Vicenza, 18 aus Mantua. Für jeden Typ wurde nun das Höchst-, Mindest- und Durchschnittsgewicht festgehalten. Bei den Meranern war das Durchschnittsgewicht tief => langer Umlauf, beonders für Süditalien. Dann Meinhardszwanziger (41%) mit den Beischlägen aus Ivrea und Verona. Dann 6 venezianische Madapanen (Doppelsolidi) und serbische Madapanbeischläge (von ca. 1286). Wie kommt das Zeug dahin? => Raitbücher. Immer wieder gehen Boten an den König von Sizilien (damals von den sizilianischen Vespern in den 1280ern in Aufruhr versetzt – Aufstand gegen Anjou – dann kommen die Aragonesen, die wieder nach staufischem Vorbild prägen). Und schließlich heiratet die Enkelin Meinhards II und Tochter von Otto, Elisabeth mit dem sizilianischen Spross Peter von Aragorn. „Mors Cunradii est vita Stamsii“ - die Mutter von Konradin ließ ihm zu Ehren das Kloster Stams gründen, und vor der Heirat heiratete Elisabeth per procura (in Vertretung – jemand hält das nackte Bein in das Brautbett), damit sie nicht als Braut sondern als Königin reisen kann. Die Aragonen waren schlecht informiert – sie hielten Tirol für das Land der Silberberge und Elisabeth für eine Königstochter. Zu zahlen war auf jeden Fall die sogenannte Heimsteuer (Meran => Padua => Schiff mit venezianischer Garde => Gargano => Neapel => Sizilien), und die Tiroler sollen einen Teil schuldig geblieben zu sein – mutmaßlich den Teil aus Benevent, der dort geklaut worden sein dürfte (s.a. Haller Münzblätter 5, 1991).

14-1-23Die Geschichte des Geldes ist immer auch eine Geschichte der Inflation. Der karolingische Denar (aus unserer Sicht die erste echte mittelalterliche Münze) wurde noch mit 240 Stück pro Mark geschlagen, im Laufe der Zeit nehmen Feingehalt und Raugewicht extrem ab, weil der Silberpreis steigt.

1437 Wunsch der Tiroler Landstände nach einer Münzreform 1447-49 fremde Münze valuieren (Wechselkurs festsetzen) 9 Lot fein Silber zu der Mark (16 Lot) setzen => 562/1000 Silber für den Kreuzer wären gut (bei Sigismund dann 500/1000) und Vierer (3,5 Lot Silber aufs die Mark = 218/1000), 36 4er pro Mark und gleichwertig den Venedigern. Ein Lot Feinsilber => 7 Dukaten = 12 Lot Silber und 4 Lot Kupfer wären 17 Kreuzer (22 Pfund + 8 Kreuzer = 5 Dukaten und 12 Kreuzer)

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Ein Lot zu 6.25 Dukaten => 14,65 Kreuzer etc... Man muss sich an den Markt anpassen und schauen, was die Konkurrenz noch an Geld akzeptieren (Entsprechung etc.).

Der Schrötling bleibt gleich, weil ein kleiner / leichter werden auffallen würde, daher ändert man die Legierungsverhältnisse. Die Goldgulden (Dukaten [SIT TIBI DAT ISTE DVCAT], Floren etc) bleiben konstant, der Goldpreis bleibt nämlich ziemlich gleich – nur der Silberpreis steigt. Vendiger Matapan (Silber-Grossus, 24 Denare): der Matapan wird immer wertvoller, 36, 40 Denare (= Doppelkreuzer?)... weil er fix am Goldpreis und dem erstarrten Münzbild (!!!) des Dukaten (1284 – 1797 [Napoleon] und dann nochmal unter Österreich) hängt. Im Unterschied zu den heutigen Scheidemünzen war die mittelalterliche Währung noch ihr Geld (= Materialpreis) wert.

Maria Theresia: echt sind nur die mit dem üppigen Dekoltee :)

Svizza / Kroatien: Görzer Münzen in einem Karstfelsen. Ivan Mirnic ließ wieder zuschütten, um erst im Sommer auszugraben.

Schweiz: Reine Statistikwerke (Münzen in Kirchen etc) – keine Wirtschaftsspezifische Geldgeschichte (es gibt auch ideelles Geld – Gutschrift etc... Europawahlen werden inzwischen fast schon pro und Contra Euro entschieden)... da sind wir dann echt zur Hilfswissenschaft verkommen. Wer forscht auf diesem Gebiet? Leider kein einziger Wirtschaftshistoriker! An der Uni Greifswald (Prof. Michael Nord) werden inzwischen zum Glück auch schon interdisziplinäre Werke (Geschichte, KH, Arch, Wirtschaft, Statistik) geschrieben. Bleibt nur die Frage nach der repräsentativen Stichprobe (je größer ist das Universum, je eher kommt man der Wahrheit nahe). Dazu gehört auch, dass man die Münzen wiegen und anderweitig beproben muss.

Abschließend: man braucht beides – Schatzfunde für Fernhandel und Thessaurierungsverhalten (Wertbeständigkeit, Hortwürdigkeit, Datierungshilfen) und Verlustfunde für die tägliche Realität.

Lana: 1398, Beischläge von Kreuzern, ein Adlergroschen und ein Dukat.

Finde ich eine Münze, dann befunde ich sie genau (einmessen, wiegen etc) und dann ab zum Restaurator.

PS: Nochmal - Geldwirtschaft haben wir nur dann, wenn man nichts schuldig bleiben muss – man braucht also auch Kleingeld!

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