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OZIALÖ 0 0 ISCHE TE T Herausgegeben von Professor Dr. August Skalweit Heft fi eARL RODBERTUS Die Forderungen der arbeitenden Klassen VITTORIO KLOSTERMANN FRANKFURT AM MAIN

Rodbertus Carl Die Forderungen Der Arbeitenden Klasse

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Rodertus frühe Klassenanalyse

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OZIAL0 0 ISCHETETHerausgegeben von Professor Dr. August SkalweitHeft f ieARL RODBERTUSDie Forderungen der arbeitenden KlassenVITTORIO KLOSTERMANN FRANKFURT AM MAINeARL RODBERTUSDIE FORDERU GENDER ARBEITENDEN KLASSENV/'I'TOIIIO 1\1.()~I'I';III\IAN 1"11 11,'\11\'1' 1 MAIHERAUSGEGEBENVONAUGUSTSKALWEITL I ZEN Z N O. 14. v I T TOR lOK LOS T E R MAN NDlO\UCK VONGUSTAV OTTOHEPPF.NHEIM A. D. BERGSTR. 194ftPRINTED IN GERMANYVORWORT DES HERAUSGEBERSDer abgedruckte Aufsatz gilt als Hodbertus' Erstlingsschrift.Er hatte sie Ende der 30er Jahre an die Allgemeine Augs-burger Zeitung eingesandt,die sie aber ablehnte.Sie lagdann Jahrzehnte lang in Hodbertus' Manuskriptenschublade,bis sie, 1872 wieder hervorgeholt.bruchstckweise in derBerliner Revue verffentlichtwurde. Nach seinem Tode istdann das Ganze von Rudolf Meyer in den "Briefenundsozialpolitischen Aufstzen" herausgegeben worden. Ein zwei-te.r, nach dem Manuskript verbesserter Abdruck wurde sptervon Adolph Wagner (Schriftenvon CarlRodbertus-Jaget-zowB III. Berlin 1899) besorgt. DieseEdition ist auch unse-rer Verffentlichung zugrunde gelegt.ber das Jahr der Entstehung der Schrift gibt es zwei Ver-sionen. Die ltere ist das Jahr 1837. Da indes die. eingangsdes Aufsatzes erwhnten "Birminghamszenen" erst zwei Jahrespter stattfanden,so mu 1839 als Erscheinungsjahr gelten.In dem Vorwort, das AdolphWagner seiner Verffentlichungvoranschickt, wird gesagt, da Rodbertus in seinem ganzenspteren Leben ber das damals von ihm Geleistete nur inEinzelheiten hinausgekommen sei. "Es sind immer nur die-selben groen und gewaltigen, wahrhaft packenden,kriti-sehen Gedanken, in oft unnachahmlich schner Sprache, aberauch immer nurwieder die nicht ausreichenden, eigentlichdoch blo orientierenden positiven Gedanken und Vorsenlgeschondes damaligen Aufsatzes - Normalwerk-Arbeitstag und-Lohn,Arbeitsgeld -, welche. Rodbertus wiederholt." Wiehoch Rodherlusals aller Mann seine Erstlingsarbeit ein-schtzte, geht aus dem Briefe hervor, den er 1872 zugleichmit dem alten, seinerzeit abgelehnten Manuskript an seinenFreund Rudolf Meyer sandte:"Sie finden in diesem Auf-satze schon das ganze System, das ich stckweise in meinennationalkonomischen Schriftenentwickelt habe,und vondenen nur das wichtige Stck "Kapital" fehlt. Ich habe dieberzeugung seiner Richtigkeitgefat, als ich nach vier-jhrigenangestrengten nationalkonomisehen Studien selb-stndig nationalkonomisch denken lernte. Durch ein spteresjahrelanges Studium der ationalkonomie des Altertums istsie mir nur bestrkt worden;ebenso durch die Ereignisseeines dreiigjhrigenZeitraums, und ich werde sieauch mitins Grab nehmen. Aber Sie knnen sichwohl vorstellen, da,wenn die Gedanken in dem anliegenden Aufsatz doch nochheuteden meisten spanischvorkommen, siedamals der Augs-hurgerin wiereine bhmischeUrwlder vorkommenmuten."Zwei seinen ganzen Lebensgang bestimmende Momente sindfr Bodbertus' wissenschaftlicheHaltung grundlegend gewor-den. Einmal wecktedas Bewutsein, als eigener Herr vonArund Halm vor keinem Menschen den Rcken krmmen zumssen, in ihm ein Hochma von Selbstgefhl, das ihn auchin seiner Wissenschaft ber herrschende Schulmeinungenselbstherrlich binwegscbreitcn lie. Zugleich verlieh ihm dastgliche Ringen mit der Natur und ihren Launen jene buer-liche Zhigkeit, die ihn von demVerfolgen einmal gefaterPlne nicht abbringen lie. Es mag kein Zufall gewesensein,da die 'ersten beiden deutschen volkswirtschaftlichen Theo-retiker von Weltruf,Thnen sowohl wie Rodbertus, Land-wirte gewesensind. - Das zweite war, da Hodbertus, auf-gewachsen in einer Zeit, in einerUmgebung gesteigertemNationalgefhls, die von ihm erstrebte Lsung der sozialenFrage nicht mit kosmopolitischen Zielsetzungen verband,wozu sonst der Sozialismus, vor allemder Marxismus neigte.CarlRodbertus 1805 in Greifswald geboren, stammte auseiner Gelehrtenfamilie. sein Vater war Professor des rmi-schenRechts an derdortigenUniversitt, und auchseinGro-vater mtterlicherseits, der bekannte Physiokrat und Freunddes Markgrafen KarlFriedrich von Baden, Johann AugustSchlettwein, war Professor gewesen. Doch wurde es fr denjm:gen Rodbertus entscheidend, da sein Vater, als Nord-deutschland vonden Franzosen besetzt wurde, sichvomLehr-amt zurckzog (1808) und die Bewirtschaftung eines seinerFraugehrenden meckle.nburgischen Ritterguts bernahm,wo Rodbertus aufwuchs und das Landleben liehen lernte.Doch bte er damit die ererbte Neigung zur Wissenschaftnicht ein. Er studierte Jura in Gttingen. woer der von derReaktion verfolgten deutschen Burschenschaft angehrte, undin Berlin, legte seine juristischen Staatsprfungen ab, quit-tierte dann aber, 25 Jahre alt, bereits den Staatsdienst, umsich auf Reisen zu begeben und volkswirtschaftlicheStudienzu treiben. Mit 30 Jahren kaufte er sichdasimpommersebenKreise Demmin gelegeneRittergut Jagetzow. Hier hat Rod-bertus bis an sein Lebensendegelebt und als tchtiger Land-wirt gewirkt. Bei seinen Berufs- und Standesgenossen in4hohemAnsehenstehend, wurde er in nochjungen Jahren mitEhrenmtern betraut, in den Provinziallandtag und im Re-volutionsjahr 1848 auch in die preuische ationalversamm-lung gewhlt. Die Stellung, die er sichin diesemParlamenteerwarb, brachteilmals Kultusminister in dasKabinett Auers-wald, doch legte er schon nach wenigen Tagen sein Porte-feuille nieder, weil die schwchlicheHaltung, die die preu-ische Regierung in der schleswig-holste.inschenund in derReichsverfassun.gsfrageeinnahm,seiner nationalen Anschau-ung widersprach. Rodbertus hat sich seitdem einer aktivenpolitischen Ttigkeit enthalten.Im Vordergrund seines Denkens und Trachtans stand Rod-bertus von Jugend an die Lsung der sozialen Frage. Sie istihm nicht nur eine Arbeiterfrage. sondern eine nationaleFrage, ja die Lebensfrage der Zivilisation berhaupt. DasZeitalter des Individualismus - das ist der von ihm ver-folgte Gedankengang - hat seine Mission erfllt.Er muersetzt werden durch ein Zeitalter des Sozialismus, der andie Stelle der Willkr des rentierenden Eigentums der Be-sitzenden die staatsautoritr geregebe Einkommensverteilungsetzt. Ei:n Zustand, der den arbeitenden Klassen nicht mehrals den notwendigen Unterhalt gewhrt, kann gerechtfertigtsein, wenn die Produktivitt der Wirtschaft noch so geringist, da anders nicht die als Trger der }ultur berufenenoberen Volksschichtenunterhalten werden knnen. "Auf einerStufe, auf der man nur Handmhlen kennt, mu Sklavereiexistieren."In der Gegenwart aber ist infolge des Sieges,dender Mensch dank seiner gewerblichen Kenntnisse ber dieNatur errungen hat, die Produktivitt gro genug, UDI denarbeitenden Klassen mehr als den notwendigen Unterhalt zu-kommen und mit einem hheren Anteilan den Errungen-schaften der Zivilisation und Kultur teilhaben zu lassen. Ge-schieht es trotzdem nicht, "so liegt dies an den rechtlichenoder staatswirtschaftlichen Institutionen,und die gesellschaft-liche Organisation mu eine andere werden."Die Anforderungen, die einer solchen Organisation gestelltwerden mten,wrden auf dreierleihinauslaufen: erstensauf eine Erhhung des Anteils, der der Arbeiterklasse vomgesellschaftlichen Gesamtprodukt zufllt, zweitens auf eineBeteiligung der Arbeiter an der steigenden Produktivitt dergesellschaftlichen Arbeit, und drittens darauf,da die Ar-beiter den sie drckenden Einflssen wirtschaftlicher Wech-sellagen entzogen wrden. W,elche Maregeln zu treffen5wren. umdiesen Anforderungen zu gengen, hat Rodbertuszum Schlu seiner von uns mitgeteiltenSchrift angedeu-tet.Die erste wre eine gesetzliche WertbestimmungallerGter nach Arbeit, die ich vonZeit zu Zeit mit der Vernde-rung der Produktivitt auch verndern mte, - die zweitedie Festsetzung eines an diese Wertbestimmung sich enganschlieenden Arbeitsgeldes zur Lhnung der Arbeiter, unddie dritte ein Magazinierungssystem zur Realisierung jenesArbeitsgeldes.Es ist ein Leichtes, an solchen Vorschlgenimeinzelnen Kri-tik zu ben. Man hat sie - gewi nicht immer mit Unrecht- als utopisch bezeichnet. Der gerecht abwgendeBeurteilerwird indes anerkennen, da alledieseVorschlge Ausflu desBestrebens sind, der als richtig erkanntenForderung, demArbeiter den ihm gebhrenden Anteil am wachsenden Pro-duktionsertrage zu gewhr1eisten, einen Weg fr die prak-tische Verwirklichungzu weisen. Im Grundegenommenkommt es weniger auf das Wie alsauf das Was an.Entscheidend aber frdie Gestaltung der' sozialen Verhlt-nisseist nach Hodbertus Meinung, da sienicht, sowiees dieklassische Nationalkonomie wolle, dem freien Spiel natr-licher Gesetze berlassen bleiben. "Nicht Physiokratie, son-dern Anthropokratie" (ich zitiere nach einem diesen Titelfhrendenspteren Aufsatze)lautel die Forderung.berlasse sich die Gesellschaft dem Wa'lten der Natur,sogehe sie zugrunde, denn nicht von selbst, wie im Menschenrleibe die Nhrstoffe, sondern nur unter verstndiger undplanvoller Leitunggelangten die gesellschaftlichenGterdahin, wo sie ntig seien. "Dort im physischen Organismusirrt der Mensch und heilt die Natur, hier, im gesellschaft-lichen, heilt der Mensch und irrt die Natur.Wir mssenuns also des Gttlichen in uns wieder mehr erinnern. Wirmssen die ehernen Gesetze jener Naturnotwendigkeit bre-chen, nach denen sonst auch der deutsche Staat seines .Da-seins Kreise vollenden' wrde. Wir mssen diesen Naturge-setzen freie, sittliche, neubelebende Menschengesetzesubsti-tuieren . .. Wir mssen es und wir knnen es, denn wirMenschen vermgen das Unmgliche, wir drfen alles Irren-de, Schweifendentzlich verbinden." Der Staat mu in seinevolkswirtschaftlichen Rechte wieder eingesetzt werden.v..DieStaaten sind nicht so glcklich oder so unglcklich, da sichihre Lehensfunktionen von selbst mit Naturnotwendigkeitvollziehen. Wie sie als geschichtliche Organismen sichselbst6-organisierendeOrganismensind, sichihre Gesetzeund Organe.selbst zu geben haben, so gehen auch die Funktionen ihrerOrgane nicht mit Notwendigkeit vor sich, sondern sie, dieStaaten selbst,habensiein Freiheit zu regeln, zu unterhalten,.zu frdern." Hodbertus' Lehre ist konsequenter Staatssozia-lismus. Siesteht damit imschroffen GegensatzezumMarxis-mus, fr den der staatsloseZustand IetztesZiel ist.All!}die vorgetragenen Gedanken finden sich bereits in dervon uns wiedergegebenenErstlingsschrift. Eine umfangreicheliterarische Ttigkeit hat das, was zunchst nur angedeutetvar, vertieft und ergnzt. In der 1842 erschienenen Schrift"Zur Erkenntnis unserer staatswirtschaftlichen Zustnde" so-wie in den "Sozialen Briefen an v. Kirchmann", die Anfangderfioer Jahre 'herauskamen, entwickelte Rodhertus seineWertlehre und auchseineZins- und Grundrententheorie. Dem"Normalarbeitstag", der den Angelpunkt in seinen Vorschl-gen zur Lsung der sozialen Frage bildete, widmete er imJahre 1871 eine besondere Untersuchung."Das Kapital",zugleich der vierte von seinen sozialenBriefen an v. Kirch-mann, ist erst nach seinemTodeerschienen.Neben den Werken, die der Erforschung der Grundursachender sozialenNot und der Mittel zu ihrer Abhilfe. galten, be-wegte sichdas literarische Schaffen von Rodbertus noch aufzwei anderen Hauptgebieten. demder antiken Staatswirtschaft.und der Agrarpolitik, vornehmlich des Agrarkreditweserus.Seine wirtschaftshistorischen Schriften mgen heute in wich-tigen Punkten als berholt gelten, zunchst aber waren siefr die Auffassung der Wirtschaftsgeschichtedes Altertums,.insbesondere der rmischen Agrar-und Steuerverhltnissegrundlegend. Da die JenaerPhilosophische Fakultt ihndaraufhin zu ihrem Ehrendoktor machte, mag dafr kenn-zeichnend sein. Sein W~rk "Zur Erklrung und Abhilfe derheutigen Kreditnot des Grundbesitzes" (1868/69)' dem klei-nere Schriften ber den gleichen Gegenstand vorangegangenwaren, kann als klassischgelten, mag man es auch in einzel-nen Punkten ablehnen. Dietze.l bezeichnet es als das reifsteseiner Werke. Durch den Nachweis, da die agrare Hypo-thekenschuld nicht ebenso wie eine kndbare Kapitalanleihebehandelt werden drfe, hat sie auf die Gestaltung desAgrarkredits auch in der Wirtschaftspraxis nachhaltige Wir-'kung gehabt.Nimmt man noch hinzu, da Rodbertus, wie bereits seineErstlingsschrift beweist, eine Sprache fhrte,die reich an.3 7eindrucksvollen Formulierungenwar, so bedarf es einer Er-klrung, weshalbdie Resonanz, die Rodbertus bei seinenZeit-genossen fand, verhltnismig schwach war. Rodbertus warausgesprochen ein Eingnger, kein Parteimensch. Keiner derfhrenden Parteien konnte er gerecht werden. Die Konser-vativen sahen in ihm den mit dem Feuer spielenden Sozia-listen. Gegenber den Ultramontanenstand er in erklrter-Gegnerschaft. Die Liberalen wollten von seiner Staatsinter-vention nichts wissen. Die Demokraten kamen nicht darberhinweg, da er kein Anhnger des Parlamentarismus war undnicht an die Heilkraft der Gttin Majoritt glaubw. Von d~nSozialdemokratentrennte ihndie Ablehnungder Inter-nationale und der Klassenkampfidee. Auch mit den Katheder-sozialisten, denen er am nchsten stand, hatte er sich ber-worfen. Siegalten ihm, weil sie sich in den zozialen Fragennach seiner Meinung nur mit Kompromissen begngten, als."Zuckerwasser-Sozialisten".So fehlte ihm die auf breite Massenwirkende Gefolgschaft.Er hatte auch seiner ganzen Veranlagung nach nicht dasZeugdazu, sich eine solchezu erwerben. Wer sichdurchsetzenwill, mu bereit sein, sich bis zumletzten fr die vertreteneSache einzusetzen, ja das Los des Mrtyrers fr seine ber-zeugung auf sich aufzunehmen.Hodbertus dagegen zog "die-Rolle des unsichtbaren R,egisseurs"vor, der vonJagetzow ausdurch Briefwechsel mit Gesinnungsgenossen seine Sache zupropagieren suchte.Aber auch der Nachwelt ist es schwer gemacht worden, inRodbertus'Lehre einzudringen. Seine Schriften, zum Teilan kleinenOrten und bei kleinenVerlegern erschienen oder inZeitungen undZeitschriftenzerstreut, sind so stark ver-zettelt,da es selbst dem Rodbertusforscher nicht leichtwird, sich ein Gesamtbild seines literarischen Schaffens zuvermitteln. Da Rodbertus die groe Gefolgschaft ermangelte,fand sich auch nach seinemTode keineGruppe, die politischoder wissenschaftlich an der Sammlung seiner Schriften einInteresse ~ehabt htte. Bis auf den heutigen Tag besitzen wirkeine Gesamtausgabe seiner Werke. Es wre zu wnschen,da dieGegenwart, die strker denn jeein staatssozialistisches.Geprge erhaltenhat, sich dieser Aufgabe annhme.Die'deutsche Nationalkonomie ist nicht so reich an groenDenkern, als da sie auf einen umfassenden Einblick in dasSchaffen und Wesen von Carl Rodbertus verzichtenknnte.Sk.8DIE FORDERUNGEN DER ARBEITENDEN KLASSENWas wollen die arbeitendenKlassen? Werden die andernihnen dies vorenthalten knnen? - Wird das, was siewollen,das Grab der modernen Kultur sein? - Da einst mit groerZudringlichkeit die Geschichte diese Frage tun wrde, wuteder Denkende lngst, durch dieChartistenversammlungenunddie Birminghamscenen-) hat es auch die Alltagswelt erfahren.Indessen knnen wir die ersten beiden Fragen nur berhren.Sie sind empfindlich fr die Machthaber und noch empfind-licher fr die Besitzenden. Die dritte geht die Wissenschaftan. Jedochkannauch ein Artikel, wie der vorliegende,keinen Anspruch daraufmachen, sie vollstndig zu lsen. Erkann nur zu ihrer Orientierungbeitragen,vielleicht anderezur Beantwortung anregen und auffordern. Nur soviel soll er.Das Begehren der arbeitenden Klassen tritt in ziemlich ver-hllter Gestalt auf. Sie scheinen politische Anerkennung undBedeutunganzusprechen.Ein solches Verlangen wre in der Tat beunruhigend. Daseine Gewhrung unumgnglich zur Republik fhren mte,so wrde es der Grund jenes unzhligen Migeschicks vonPrivaten und Vlkern sein, das eine so groe Vernderungder Regierungsform ber Europa notwendig verhngenmte.Die Krfte, welche ruhig undrasch der welthistorischenEntwicklung dienen knnten, wrden abermals eine unntzeDigression machen, und die Geschichte htte einen peinlichenUmweg mehr zu beschreiben. Denn es findet in dieser Bezie-hun3 ein charakteristischer Unterschied zwischen dem Alter-tum und der Neuzeit statt. Wenn .diepolitischeFreiheit jenemwesentlich notwendig war, so ist sie es dieser zu Zeilen nurf 0r me11 gewesen. Wenn sie dort das unumgngliche Ele-ment war, in dem der Geist allein sich entwickeln konnte,so ist sie hier nur sein Diener ~ewesen, um die Hemmnisse,die in dem Willen oder der Einsicht der Regierenden lagen,zu beseitigen. Ans ich ist die politische Freiheit kein Gutmehr. Die Errungenschaftdes menschlichen Geistes in Moral,Wissenschaft und Mechanik - wir nennen nur die moderneRechtsidee und die Presse ~ ist durchweg schon zu gro, alsda esnoch ihrer, der politischen Freiheit, Gewitter bedrfte,ihn zu befruchten.Aber das mag denn die Frage sein, wennsich hinter dem Begehren nach politischer Macht noch einanderes bergen sollte, was die Geschichte gewhren will, obdie Knige ihm frher gengen werden, als die Republik esihnen vorgemacht hat.3*9In der Tat hat es der verrterischen Rufe unter den arbei-tenden Klassengenug gegeben, umzu wissen, da dieErlan-gung politischer Macht nur Mittel zum Zweck fr sie seinsoll. Der Zweckselbst ist: mehr Besitz!- Fr manchen wirddies ein neuer Beweis jenes krassen Materialismus sein,unter dessen Herrschaft die Welt steht. Indessen haben dieZeiten von jeher unter vorherrschenden Richtungen gestan-den. .j\.uchwollen wir an dem Materialismus so wenig dieBestechlichkeit und die Genusucht rhmen, als an derchristlich-religisen Richtung des Mittelalters die Greuel desFanatismus. Aber wir sind so khn, den reinen Gewinn, dendie Menschheit aus den groartigen Wcltverbindungen durchEisenbahnen 'und Dampfschiffahrt zieht, mit dem zu ver-gleichen, was ihr die Kreuzzge einbrachten.Zudem kannman sich ber den Materialismus insofern beruhigen, als eruns gefahrloser ist, wie er dem Altertum war. Das macht,weil Reichtum und Besitz heute durchweg mehr auf dieAr bei tgestelltsind; Arbeit aber ein so krftigendesElementist, da es auch einer gesunkenen und erschlafften Seeleihre Elastizitt wieder zu geben vermag. - Jedoch hat auchjener Ruf einen andern Grund. Er wird gleich unten genanntwerden. Hier wollenwir vorlufig so unparteiisch sein, das"mehr Besitz" zu bersetzen. Esheitdann-und wenigerab-schreckend - mehr Teilnahme ander Bildungsstufe der Zeit,mehr Teilnahme an den Wohltaten der heutigen Kultur!-Die zwei te Frage ist identisch mit der: Werden die ar-beitenden Klassen das, wassie wollen, mit Ernst wollen? -Zweifle keiner, sie werden es mit demErnst, den die Welt-geschichte braucht,wenn sie ihre groen Plne ausfhrt!Erwgen wir genau jedes Moment, was denselben anregt,jedes Mittel, das wir ihm entgegenzustellen haben! - Diearbeitenden Klassen haben von den Wohltaten der heutigenGesellschaft die persnliche Freiheit und eine gleiche for-melle Gerechtigkeit, wie alle brigen; weiter nichts! Wenndas aber viel ist, so i;