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352 Zeitachrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 228. 1936 Rontgenstruktur und katalytische Eigenschaften der Silberferrite Amorphe und kristallisierte Oxydhydrate und Oxyde. XXVIII. l) Ton ALFOWS KRAUSE, Z. ERNST, St. GAWRYCH und W. Kocak- In einer Reihe von Untersuchungen uber die Struktur von Eisen (111)-hydroxyden wurden von A. KRAUSE und Mitarbeitern2) eine Anzahl Silberferrite hergestellt, welche auf Grund ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften sich als wahre chernische Ver- bindungen erwiesen. Im Laufe weiterer Arbeiten konnten neue diesbezugliche Be- weise beigebracht werden, welche sich auf rontgenographische und katalytische Untersnchungen der Silberferrite stutzten. 1. Die rontgenographischen Untersuchungen Fur diese Untersuchungen wurden die nachstehend genannten Silberferrite verwendet : 1. Das Silberferrit aus dem ,,nativen" rontgenographisclr amorphen Orthohydroxyd wurde nach KRAUSE und PI LAWS XI^) durch EingieBen eines L6sungsgemisches von Ferrinitxat und Silber- nitrat (UberschuB) in eine ununterbrochen kochende 3 n-NaOH in kleinen Portionen eingetragen und eine halbe Stunde gekocht. Der abfiltrierte und rnit heiRem Wasser gut ausgewaschene Xederschlag wurde kalt in eine 2,5-3°/0ige NH3-L6sung gebracht und nach 24-stundigen Stehen mit der gleichen Ammoniaklosung auf den1 Filter dauernd und schnell gewaschen, bis das Filtrat keine Ag-Ionen mehr enthielt, was etwa 24-48 Stunden dauerte. Das schliel3lich mit Wasser ausgewaschene Silberferrit trooknete auf einem Uhrglas an der Luft in groRen dunklen Brocken, die an das Orthohydroxyd erinnerten. Die Zusammensetzung dieses Silberferrits entspricht der l) XXVII. Mitteilung: vgl. A. HRAUSE u. D. KAXIOWSKA, Ber. (im Dmck), 2, A. KRAU~E u. Mitarbeiter, meist Z. anorg. u. allg. Chem. und Ko11.- 3, A. KRAUSE u. K. PILAWSKI, Z. anorg. u. allg. Chcm. 197 (1931), 301. ____ somie A. I~AUSE, Roczniki Chem. 16 (1936), 318. Ztschr. (1931-1936).

Röntgenstruktur und katalytische Eigenschaften der Silberferrite. Amorphe und kristallisierte Oxydhydrate und Oxyde. XXVIII

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Page 1: Röntgenstruktur und katalytische Eigenschaften der Silberferrite. Amorphe und kristallisierte Oxydhydrate und Oxyde. XXVIII

352 Zeitachrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 228. 1936

Rontgenstruktur und katalytische Eigenschaften der Silberferrite

Amorphe und kristallisierte Oxydhydrate und Oxyde. XXVIII. l) Ton ALFOWS KRAUSE, Z. ERNST, St. GAWRYCH und W. Kocak-

In einer Reihe von Untersuchungen uber die Struktur von Eisen (111)-hydroxyden wurden von A. KRAUSE und Mitarbeitern2) eine Anzahl Silberferrite hergestellt, welche auf Grund ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften sich als wahre chernische Ver- bindungen erwiesen.

Im Laufe weiterer Arbeiten konnten neue diesbezugliche Be- weise beigebracht werden, welche sich auf rontgenographische und katalytische Untersnchungen der Silberferrite stutzten.

1. Die rontgenographischen Untersuchungen

Fur diese Untersuchungen wurden die nachstehend genannten Silberferrite verwendet :

1. Das Silberferrit aus dem ,,nativen" rontgenographisclr amorphen Orthohydroxyd wurde nach KRAUSE und PI LAWS XI^) durch EingieBen eines L6sungsgemisches von Ferrinitxat und Silber- nitrat (UberschuB) in eine ununterbrochen kochende 3 n-NaOH in kleinen Portionen eingetragen und eine halbe Stunde gekocht. Der abfiltrierte und rnit heiRem Wasser gut ausgewaschene Xederschlag wurde kalt in eine 2,5-3°/0ige NH3-L6sung gebracht und nach 24-stundigen Stehen mit der gleichen Ammoniaklosung auf den1 Filter dauernd und schnell gewaschen, bis das Filtrat keine Ag-Ionen mehr enthielt, was etwa 24-48 Stunden dauerte. Das schliel3lich mit Wasser ausgewaschene Silberferrit trooknete auf einem Uhrglas an der Luft in groRen dunklen Brocken, die an das Orthohydroxyd erinnerten. Die Zusammensetzung dieses Silberferrits entspricht der

l) XXVII. Mitteilung: vgl. A. HRAUSE u. D. KAXIOWSKA, Ber. (im Dmck),

2, A. K R A U ~ E u. Mitarbeiter, meist Z. anorg. u. allg. Chem. und Ko11.-

3, A. KRAUSE u. K. PILAWSKI, Z. anorg. u. allg. Chcm. 197 (1931), 301.

____

somie A. I ~ A U S E , Roczniki Chem. 16 (1936), 318.

Ztschr. (1931-1936).

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A. Krause, Z. Ernst, St,. Gawrych u. W. Kocay. Silberferriteigenschaftcn 353

s-m s-m s-In in

Pormel Ag3H(Fe0J4 [experimenteller Wert Ag,O : Fe,O, = 1 : 1,351, der Gesamtwassergehalt betragt mindestens 6%.

2. Silberferrit aus der gelben eisenigen Saure (Metahydroxyd) nach KRAUSE und TOR NO^), die durch Alterung des amorphen Ortho- hydroxyds in 1 n-NaOH bei 20° entsteht. Die Analyse dieses Silber- ferrits ergab Ag,O : Fe,O, = 1 : 1,03, bei einern Gesamtwassergehalt von etwa 3%.

3. Silberferrit aus y-FeOOH, das durch Luftoxydation von ge- falltem Ferrocarboriat nach KRAUSE und MORONIOWNA~) hergestellt wurde. Es band Silber im Molekularverhaltnis Ag,O : Fe,O,= 1 : 1,05. Der Wassergehalt betrug im ganaen 2-3O/,, .

Da samtliche Silberferrite aus submikroskopischen Kristallchen bestehen, konnten nur Pulveraufnahmen nach DEBYE-SCHERRER ausgefuhrt werden. Wir benutaten eine Rontgenapparatur von Siemens mit Fe-K-Strahlung bei 45 kV, 8 mAmp. und 30 Minuten Belichtungsdauer. Mit Hilfe von NaCl alsEichsubstanz wurden die erfor- derlichen Korrekturen bei der Auswertung der Diagramme eingefuhrt.

Siimtliche Aufnahmen zeigten nun unabhangig von dem Ver- haltnis Ag,O : Fe,O, und unabhangig vori der Herkunft der Praparate die gleichen Rontgenogramme, deren Indizierung nach der quadra- tischen Gleichung des rhomboedrischen Systems zwanglos gelang. Da die Rontgenogramme der genannten Silberferrite die gleichen Interferenzlinien zeigten, geben wir der Einfachheit halber nur die Ergebnisse fur das Silberferrit 1 : 1,03 (Nr. 2) an.

Tabelle 1 Indizierung der DEBYE-SCHERRER-Aufnahnle Yon AgFeO, .

Ag,O : Fe,O, = 1 : 1,03. Wassergehalt: 3%. Fe-K-Strahlung. Kameradurchmesser = 57,3 mm. Die 8-Linien sind fortgelassen

25O 5’10’’ 27O 28’ 12” 35* 10’ 40 ’ 38O 19’30”

3 4 5 6 7 8

~~ ~

sin2 812 gefunden

0,0957 0,1417 0,1797 0,2128 0,3319 0,3845 0,4032 0,4966 0,5517

~-

- . -~

In- dues ~ ~

110 111 200 2 i0 220 220 300 3 i i 32 1 14 I i I -1:

~~ ~~

sin2 812 berechnet

0,0958 0,1404 0,1784 0,2098 0,3304 0,3832 0,4014 0,4972 0,5518

sinz .S/2 = 0,0146 (h2 + k 2 + Z2) - 0,0066 ( h k + h I + k I ) . ~

l) A. KRAUSE u. H. TORNO, Z. anorg. u. allg. Chem. 211 (1933), 98. 2, A. KRAUSE, I<. MORONI~WNA u. E. PRZYBYLSEI, Z, anorg. u. allg. Chem.

219 (1934), 203. Z. anorg. u. allg. Chem. Bd. 228. 23

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Fiir die Gitterkonstanten crhiilt man folgende Werte: (1 = 4,61 A , a = 85'26', V = 97,14 A3.

Unter der Annahme, daR in der Elementarzelle 1 Molekiil Ag,Fe,O, enthalten ist, ergibt die Berechnung der Dichte:

= 6,65. 391,44

97,14 * 0,606

Der experimentelle Wert fur die Dichte wurde zu 5,78 chxrcb pyknometrische Messungen in Xylol ermittelt,. Dabei muBte eine Korrektur in Rechnung geeogen werden, die sich in erster Linie auf den Tassergehalt dieses Silberferrits bezog. Der Wert fur die korri- giertr Dichte betragt dann 6,7g1).

Es ware noch in diesem Zusammenhang zu bemerken, daB das Silberferrit, Fir. 1 (Ag,O : FqO, = 1 : 1,35) aus verhBltnisrnBl3ig kleinstcn Krist,allchen aufgebaut ist. Das Rontgenogramm dirses Eraparates zeigte diffuse Schwarzung und deingemal3 waren auch nicht alle Linien zu erkennen, welclie auBerdem noch etwas ver- breitert waren. Diesctr Refurid steht sicher in Vrrbindung mit der Herkiinft dieses Silberferrits, das aus dem ,,nativen" Ort,hohydroxyd hergestellt M urde und auch iiul3erlich durch seine Brockenbildung beim Trocknen an der Luft an der r6ntpnographisch arriorph Ortho- hydroxyd erinnert.

In den aufnahmen naren weder die Interferenzen des Ag, Ag,O, a-Fe,O,, ol-Fe00H und y-FeOOH, nocli andercr Beimcngungen fest- zust ellen.

II. Katalytische Eigenschaften der Silberferrite

Die chemisehe IndividualitM dcr Silberferrite gab sich auch an cler lratalytischen H,O,-Zersctzung deutlich zix erkennen. Sarntliche Silberfcrritr zrrsrlzten namlich eine Wasserstoffperoxydlosung wider Erwart en schwach, wie aus der folgentlrn Tabelle 2 hervorgeht.

Gewissc Unterschiede zwischeti den einzelnen Silberferriten sind zwar vorhanden, sie sind aber zu gering, als dal3 man bestimmte Folgerungen aus ihnen ziehen konnte. Vor allem aber geht aus den Ergebnissen hwvor, daB unsere Silberferrite weitgehend frei von Ag- und Ag,O-Beimengungen sind und ferner auch nichts rnit Ge-

1) Der wahre Wert durfte etwvas nicdriger sein, da die Uichte unter der Annahrne berechnet wurde, daB die Komponenten (Silberferrit und Wasser) sich additiv becinflusscn.

~ ~

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Orthohydroxyd

Tabelle 2 9 H,O,-Zersetzung durch Silberferrite usw.

0,2 g Substanz + 100 om3 H,O, (etwa 0,3O/,); 1 = 20, C. 10 em3 H,O,-Losung = a, cm3 n/lO-KMnO,

AgzO (Ag,O -I- : y-FeooH Fe 0 - ~Ag,O + Orthohydroxyd 1 : - ,(Ag,O : Fe,03= 1 : 1 , l O )

Ag,O : Fe,O, = 1 : 1,05 Ag,O : Fe,03 = 1 : 1,35 aus ,,nativ."

Orthohydroxyd 1 aus y-FeOOH PolYorthohY~o~Yd

Ag,O : Fe,O, = 1 : 1,05

6 2 a,-+ 19,80 19,85 ' 19,80 19,80 19,85 19,75 ' 2 ~ 50' I 18,90 ~ 18,95 19,30 1 19,25 19,50)gc 2 ~ E4C4:} 5 i z 3 QY , 100' 18,OS 18,05 1 19,OO 19,05 , 19,25 m

1 Diff. ~a,,-lOO'~ 1,72 ~ 1,80 0,80 ~ O,76 1 0,60 1 0,55

niischeii von Ag,O bzw. Ag und Eisen (111)-hydroxyd oder Eisen(II1)- oxyd zu tun haben. Ag,O allein zersetzt bereits in ininimaler Merige (0,001 g) eine H,O,-Losung starker, nls 0,2 g der Silberferrite, welche 46--56O/, Ag,O enthalten. Da fur die obigen Versuche die Silber- ferritprgparate vielfach Iiingere Zeit aufbewahrt wurden, so gelit daraus liervor, daB diese Verbindungen recht stabil sein musscm, da sonst infolge Ag-Abscheidung die katalytischen Fiihiglieiten be- deutend zuriehrnen muBten. Selbst ein Priiparat, velches in eiiiem Quarzrohrchen 3 Tage laiig derri Jirriisorinerilicht ausgesetzt war, zersetate die H,O,-Losung nicht starker als eiii frisch hergestelltea Silberferrit. -~ ~

l) Die Versuchstechnik vgl. bei A. KRAUSE u. 0. KWIOWSKA, 1. c. 23*

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Zusammenfassung

Die von A. KRAUSE und Mitarbeitern nach vurschiedenen Ver- fahren hergestellten Silberferrite wurden riintgenographisch nach der Methode yon DEBYX-SCHE~IRER untersucht. Sie zeigten samtlich das gleiche Riintgendiagramm, dessen Auswertung mit Sicherheit rhornbo- edrische Symmetrie erkennen liel3. Nahere Einzelheiten sind im Text zu finden.

Die katalytische H,O,-Zersetzung durch Silberferrite ist, ver- htlltnismaBig schwach, wodurch zugleich der hohe Reinheitsgrad unserer Prtlparate erwiesen wurde, welche derngemaB weitgehend frei von Ag,O- bzw. Ag-Beimengungen sind.

Die Silberferrite Rind wenig lichtempfindlich.

Wir danken auch an dieser Stelle der Direktion des Fundusz Kultury Narodowej fur die Bewilligung eines Stipendiurns einern von uns (Z. ERNST), wodurch die Ausfuhrung dieser Untersuchungen, insbesondere der rontgenographischen, errrioglicht wurde.

Posen (Polen), Institut f u r unorgunische Cheinie der Universitut.

Bei der Redaktion eingegangen am 17. Juli 1936.