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Sabine Maasen I Wissensgesellschaft: Einige erkenntnistheoretische Vorbemerkungen II Gerhard Vowe: Wissensgesellschaft, Mediengesellschaft & andere Deutungsangebote III Marian Adolf / Nico Stehr: Medien in der Wissensgesellschaft Sabine Maasen HS 2008 Wissen, Wissenschaft, Wissenschaftsgesellschaft

Sabine Maasen I Wissensgesellschaft: Einige erkenntnistheoretische Vorbemerkungen II Gerhard Vowe: Wissensgesellschaft, Mediengesellschaft & andere Deutungsangebote

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Sabine Maasen

I Wissensgesellschaft:Einige erkenntnistheoretische Vorbemerkungen

II Gerhard Vowe: Wissensgesellschaft, Mediengesellschaft & andere Deutungsangebote

III Marian Adolf / Nico Stehr: Medien in der Wissensgesellschaft

Sabine Maasen

HS 2008Wissen, Wissenschaft, Wissenschaftsgesellschaft

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Sabine Maasen

I Wissensgesellschaft

Einige erkenntnistheoretische Vorbemerkungen …

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„Wissensgesellschaft“

Selbstbeschreibung historisch: gesellschaftlicher Wandel strukturell: basale Charakteristika diagnostisch: trotz Unübersichtlichkeiten eine Einschätzung

suchen Beobachtungsabhängige Selbstbeschreibungen (Plural!)

wissenschaftlich: disziplinär spezifisch politisch: legitimiert Entscheidungen (z.B. Bildung für die

Wissensgesellschaft Individuell: kognitiver Erwartungsstil imhinblick auf persönliche

Lebens- und Karriereentscheidungen

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Kontingenz

Kontingenz (wiki): Erkenntnistheoretisch betrachtet ist Kontingenz das (seinerseits

kontingente) Wissen darüber, dass jedes Wissen relativ ist. Absolutes Wissen ist prinzipiell unmöglich. "Es kann immer auch ganz anders sein". Kontingenz hat sich zu einem zentralen Begriff der Erkenntnistheorie entwickelt. Er zeigt, dass in sich geschlossene und gleichzeitig universelle Theorien nicht möglich sind. Erkenntnis entsteht vielmehr in selbstreferentiellen Prozessen, auf der Basis vorheriger Erkenntnisse, die bei jeweiligen Wissenschaftsbereichen oder Individuen unterschiedlich sind. Daher kommen verschiedene Wissenschaftsbereiche oder Individuen auf der Basis ihrer bisherigen Erkenntnisse zu verschiedenen neuen Erkenntnissen.

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Wissensgesellschaft und Kontingenz

Soziologisch: In der modernen Gesellschaft haben Handlungsoptionen zugenommen, somit sind Kontingenzerfahrungen wahrscheinlicher geworden.

Dies gilt auch für das Konzept Wissensgesellschaft Wissensgesellschaft ist nicht für alle Beobachter das Gleiche Wissensgesellschaft ist nicht für alle Beobachter evident

In beiden Hinsichten gilt das Grundprinzip der Kontingenz: "Es kann immer auch ganz anders sein".

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Wissensgesellschaft als Kontingenzbewältigung

Wissensgesellschaft strukturiert die gesellschaftliche Verständigung darüber, wo sie derzeit steht was daraufhin zu tun ist wohin wir uns bewegen wollen

Wissensgesellschaft ist ein Verständigungsformel Hoch kontrovers Jedoch sorgt sie, diskursanalytisch betrachtet, für einen Rahmen, den

man bestreiten, begrüssen, modifizieren oder weiterentwickeln kann.

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II Vowe: Wissensgesellschaft, Mediengesellschaft & andere Deutungsangebote

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Worin spiegelt sich eine Gesellschaft?

Diagnostische Bezeichnungen: Plural! Kapitalismus Entwicklungsland Wissensgesellschaft

Idealtypen

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Exkurs: Idealtypus (Max Weber) I

Dient dem Vergleich Ist ein fiktives begriffliches Extrem

Logische Geschlossenheit Empirische Möglichkeit Rationalität

Idealtypen können aufgestellt werden für Handlungsmuster Kulturelle Weltbilder Personenverbände Ordnungsstrukturen Entwicklungsstränge

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Exkurs: Idealtypus (Max Weber) !!

Achtung ! I braucht den Bezug auf eine Fragestellung I ist analytisches Instrument, bildet nicht Wirklichkeit ab

Abgrenzung Realtypus (deskriptiv; Weber: Durchschnittstypen) Modell (abstrakter)

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Gesellschaftskonzepte

Sachlich: Was ist die primär prägende Kraft einer Gesellschaft? Sozial: Was ist das entscheidende Merkmal sozialer Ungleichheit? Zeitlich: Welches ist die Entwicklungsrichtung?

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Wissensgesellschaft: Wissenschaft ist Herrschaft

Löst industrielle Gesellschaft (Aaron 1964) ab Wissenschaft prägt die Gesellschaft (intellektuelle Technologie:

Bell) Sachlich: zuungunsten von Erfahrung-, Offenbarungs- und tradiertem

Wissen sozial: Elite, Technokraten zeitlich: Fortschrittsvorstellung

Medien spielen hier eine nur stillschweigende Praxis

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Risikogesellschaft: die dunkle Seite der Wissensgesellschaft

Ökologische Aspekte Sachliche Dimension: Selbstgefährdung aufgrund von Wissenschaft und

Technologie Soziale Dimension: Individualisierung gesellschaftlicher Ungleichheit Zeitliche Dimension: reflexive Modernisierung

Medien spielen hier eine grössere Rolle in diesem Gesellschaftskonzept

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Weltgesellschaft: polyzentrische Kommunikation

Globalisierung Sachlich: Kommunikationsnetze dehnen sich aus Sozial: Erleben und Handeln werden globalisiert Zeitlich: ? (zeitliche / räumliche Kontraktion)

Medien stellen eine globale Infrastruktur zur Verbreitung von Informationen bereit

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Informationsgesellschaft: Gesellschaft als Computer

Information als zentrale Ressource Sachlich: Informationstechnologien Sozial: Vormachtstellung von Informatikern Zeitlich: rasantes Wachstum

Medien: Informatik und Telekommunikation wächst zusammen

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Mediengesellschaft: Zwischen Massen und Magie

Ankündigung (1973) – Erprobung (Mitte 1980er) – Etablierung (um 2000)

Voraussetzung der Karriere dieses Begriffs Ausdehnung des Medienrepertoires Herauslösung aus dem Konzept der Massengesellschaft Differenzierung des Publikumsbegriffs Ernüchterung gegenüber den Verheissungen eines elektronischen

Zeitalters

Mediengesellschaft: zentrale Ressource gesellschaftlicher Kommunikation Steuerung öffentlicher Aufmerksamkeit / Medienkompetenz

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Medien- oder/und Wissensgesellschaft

Vowe plädiert aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht für Mediengesellschaft, da es gegenüber der Wissensgesellschaft Sachlich Zeitlich Sozial

Überzeugendere Argumente vorweisen könne Was sagen Sie zu diesem Plädoyer?

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III Adolf / Stehr: Medien in der Wissensgesellschaft

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Wissen über Wissen

Bell Castells, The Information Age (1996, ...)

Netzwerkgesellschaften

Worum geht es? … die aktuellen Wandlungsphänomene soziologisch so zu fassen, dass „einseitige ökonomistische, technizistische, kulturalistische oder szientistische Reduktionismen“ vermieden werden.

Der Begriff des Wissens muss deshalb erweitert werden, um nicht selbst zu szientifisch-technizistischen Verkürzungen zu führen.

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Wissen als soziale Grösse

Erweiterter Wissensbegriff: umfassende Durchdringung der Sozialstruktur und Kultur mit Auswirkungen auf Individuen und Institutionen

Wissen als Wissensinhalt

Objektiviertes Wissen Aktivität

Wissenserwerb Handlungsvermögen

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Wissensgesellschaft

Die soziologische These der Wissensgesellschaft bezieht sich auf Innovation und Wissenserwerb im Rahmen von Wissenschaft und Technik Wissenschaftsgesellschaft Wissensbasierung aller gesellschaftlichen Teilsysteme Systematische Reflexion wird zum generalisierten Handlungsprinzip

Verwissenschaftlichung der Gesellschaft Vergesellschaftung der Wissenschaft

kognitiv stilisierte Erwartungen (enttäuschungs- u. lernbereit)

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Ein epistemologischer Vermittlungsversuch

Luhmann: alles, was wir über die Welt wissen, wissen wir aus den Medien

„Erst in ihrer Entwicklungsstufe als komplexe Mediengesellschaft kann die Moderne (die Wissensgesellschaft als umfassender Typus) sich ihrer eignen Verfasstheit gewahr werden. Die Mediengesellschaft ist eine – gegenwärtig zentrale – Facette der Wissensgesellschaft (et vice versa) und zugleich die Voraussetzung ihres ,sich Erkennens, als solche im Spiegel der Medien.

Letztere sind Instanzen immer fragmentierterer Gegenwartsgesellschaften.

Nur in ihnen begegnet uns heute das Abstraktum Gesellschaft“ (70)

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Mediengesellschaft, Wissensgesellschaft …?

Wie können wir nun nach den bisherigen Lektüren mit dieser Frage umgehen?