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Mai 2017
Sachstand Dieselfahrverbot
Kommunalkonferenz Offenbach 10.05.2017
Katrin Eder
Dezernentin für Umwelt, Grün, Energie und Verkehr
Landeshauptstadt Mainz
Mai 2017
Grenzwertüberschreitungen
Stickstoffdioxid-Jahresmittelwerte überschritten
Der JMW von 40 µg/m³ wurde 2016 in 45 Städten in
Deutschland ebenso wie in anderen europäischen Städten
nicht eingehalten. Der Grenzwert gilt seit 2010.
Die Ursachen sind bekannt!
Feinstaub-Grenzwertüberschreitungen: nur noch in
wenigen Städten problematisch, z.B. Stuttgart, München
grundsätzlich: WHO empfiehlt die Halbierung der
Feinstaub-Grenzwerte!
Mai 2017
Klagen
EU- Vertragsverletzungsverfahren gegenüber
Deutschland
Klagen: die DUH hat 16 Städte in Deutschland
auf Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte
verklagt, auch Mainz
teilweise auch Klagen einzelner Bürger
Mai 2017
Urteile der Verwaltungsgerichte (1)
Düsseldorf: der Klage der DUH wurde stattgegeben
zurzeit am BVG, Sprungrevision
Beschluss vom 13.09.2016:
• Der aktuelle Luftreinhalteplan müsse innerhalb
eines Jahres fortgeschrieben werden und ein
nachvollziehbares Gesamtkonzept mit Auflistung effektiver
Maßnahmen enthalten.
• Dabei müssten insbesondere auch Fahrverbote von Diesel-Kfz
ernstlich geprüft und abgewogen werden. Beschränkungen des
Straßenverkehrs mit dieselbetriebenen Fahrzeugen enthielten
immense Minderungspotentiale, was sich aus einem im Verfahren vorgelegten Gutachten ergebe.
• Blaue Plakette auf Bundesebene sei dafür nicht zwingend
Mai 2017
Urteile der Verwaltungsgerichte (2)
München: Beschluss vom 27.02.2017 Bay VGH
• Vollzugsfähiges Konzept bis 31.12.2017 erstellen, aus
dem sich ergibt, dass Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit
Dieselmotor in Bezug auf aufzulistende
Straßen(abschnitte) in den Luftreinhalteplan
aufgenommen werden,
• welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen für
diese Verkehrsverbote gegebenenfalls zur Anwendung
kommen sollen und
• wo von Verkehrsverboten abgesehen wird.
Mai 2017
Wie gehen wir damit um?
Haben andere Städte ein vergleichbares Urteil zu erwarten?
Müssen wir uns auf ein Dieselfahrverbot einrichten?
Mai 2017
NO2-Jahresmittelwerte in Mainz im Zeitraum 2001-2016 in µg/m³
Jahr Grenzwert Mombach Goethe-
platz Zitadelle
Parcus-
straße
Große
Langgasse Rheinallee
2001 58 30 38 43 54 50 46
2002 56 32 37 43 50 47 45
2003 54 33 37 49 50 -- 46
2004 52 30 37 43 50 47 45
2005 50 32 40 45 54 46 46
2006 48 31 41 52 57 48 48
2007 46 29 35 39 56 43 44
2008 44 26 32 38 53 41 41
2009 42 29 35 40 61 46 47
2010 40 28 36 41 61 45 45
2011 40 28 34 40 56 46 45
2012 40 27 33 37 56 44 42
2013 40 26 -- 37 58 42 41
2014 40 28 -- 38 57 43 43
2015 40 23 -- 39 57 45 40
2016 40 24 36 53 42 39
Mai 2017
Was hilft uns weiter zu einer zügigen
Einhaltung des NO2-Grenzwertes?
Mainz
Studie ergab, dass zur Einhaltung des JMW führen kann:
• Reduzierung des Verkehrsaufkommens insb. von Diesel-
Kfz (Pkw u. Transporter) um mehr als die Hälfte
• Verstetigung des Verkehrs, aber: Problem Steigung und
ÖPNV-Vorrangschaltung
• saubere Busflotte
• städt. Hintergrundbelastung betrug 2016: 45 %
Reduzierung des Kfz-Verkehrs insgesamt im
Innenstadtgebiet?
Mai 2017
Dieselfahrverbot wirft viele Fragen auf (1)
• Verlagerungseffekt auf andere Straßen durch räumlich
partielles Fahrverbot
• Zeitlich begrenztes Fahrverbot, wie in Stuttgart geplant, ist
zur Reduzierung von Feinstaub-Spitzen denkbar. Ist es auch
geeignet NO2-Grenzwertüberschreitungen (JMW!)
entgegenzuwirken?
• Wird der NO2-JMW wesentlich gesenkt durch Fahrverbote
an Tagen, für die NO2-Spitzen erwartet werden: starke
Sonneneinstrahlung, Hitzetage, Windstille, Verkehrschaos,
in Mainz zusätzlich: Fußball-Heimspiele
Mai 2017
Dieselfahrverbot wirft viele Fragen auf (2)
• Täglich fahren tausende von Pendlern aus dem Umland in
die Städte zur Arbeit. Sie benötigen eine Alternative zum
eigenen Pkw.
• ÖPNV-Angebot ist dafür vielfach (noch) nicht ausgelegt,
erfordert hohe Investitionen, oft außerhalb der städtischen
Zuständigkeit, braucht Zeit
• Park and Ride: Problem Flächenverbrauch
• konzertierte Aktion Stadt u. Umland
erforderlich
Mai 2017
Dieselfahrverbot wirft viele Fragen auf (3)
• Dieselfahrverbot gälte für alle Diesel-Kfz außer Euro-6-
Standard (u. andere Ausnahmen, die gesetzlich geregelt
sind bzw. zu regeln wären)
• in mehreren Schritten einführen? ähnlich wie es bei
vielen Umweltzonen geschah: zuerst für Euro-4-Diesel,
später für Euro-5-Diesel sperren
Mai 2017
Dieselfahrverbot wirft viele Fragen auf (4)
Die Verkehrsteilnehmer müssen sich auf ein Dieselfahrverbot
einstellen können, um auf Benzin-Pkw bzw. alternative
Antriebe oder ÖPNV ausweichen zu können.
Mai 2017
Dieselfahrverbot wirft viele Fragen auf (5)
• Der überwiegende Teil der betroffenen Diesel-Kfz verfügt über
die Euro-5-Abgasnorm und ist keineswegs „alt“. Noch vor 2 1/2
Jahren gab es auf dem Pkw-Markt keine Euro-6-Diesel zu kaufen.
• Euro-6-Diesel im Realbetrieb: Abgaswerte liegen überwiegend
über den vorgeschriebenen Werten. Ohne die Gewähr, dass Euro-
6-Abgasstandards auch auf der Straße eingehalten werden, wäre
ihre Bevorzugung ungerecht und nicht zu vertreten.
• Umrüstung auf Euro 6: es fehlt derzeit eine entsprechende
Technologie
• Förderprogramm analog Dieselrußpartikelfilter erforderlich
Mai 2017
Dieselfahrverbot wirft viele Fragen auf (6): Vollzug
• Die Kommunen sind berechtigt den ruhenden Verkehr zu kontrollieren
• ohne Blaue Plakette sind berechtigte emissionsarme Kfz nicht von anderen zu unterscheiden: bundesweite Regelung sinnvoll!
• eigene städtische Plakette generieren?
• Ist diese gültig fürs Umland u. in anderen Städten?
• sehr hoher Anteil von Diesel-Kfz, die nicht zur Einfahrt berechtigt wären
• deutlich andere Größenordnung als bei der Einführung von Umweltzonen
Mai 2017
Dieselfahrverbot wirft viele Fragen auf (7)
• Ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt?
Forderung aus § 47 Abs. 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz:
Die Maßnahmen sind
entsprechend des
Verursacheranteils unter Beachtung
des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit gegen alle
Emittenten zu richten, die zum
Überschreiten der Immissionswerte
…beitragen.
Mai 2017
Dieselfahrverbot wirft viele Fragen auf (8)
• Dieselboom wurde durch Steuervorteile ausgelöst
• energieeffizientes Fahrzeug, hinsichtlich
Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß ökologisch sinnvoll
• Abgasproblematik macht Vorteile zunichte, seit Jahren
bekannt
• Bundespolitiker haben nicht gehandelt
• Kommunen im Dilemma
Mai 2017
Dieselfahrverbot wirft viele Fragen auf (9)
Eine Politik, die einerseits Diesel-Kfz begünstigt
und damit bewusst einen Kaufanreiz schafft und
andererseits
Diesel-Kfz aus Städten aussperrt,
ist nicht konsistent und somit unglaubwürdig.
Mai 2017
Ergebnisse der neuen Prüfserie von
Euro-6-Diesel-Pkw vom UBA April 2017 ergab
höhere NOx-Werte als bisher angenommen
Mai 2017
Reaktionen der Bundes-Umweltministerin
• Barbara Hendricks gibt aufgrund dieser Ergebnisse ihre
Pläne einer blauen Plakette auf: sich mit einer Plakette an
Grenzwerten zu orientieren, die um ein Vielfaches
überschritten werden, mache keinen Sinn.
• Stattdessen sollen Hersteller die Diesel-Pkw ihrer Kunden
gratis umrüsten und so die Emissionen mindestens um
die Hälfte senken.
Mai 2017
Wo gibt es bereits Dieselfahrverbote oder
wo sind welche geplant? (1)
national:
Stuttgart ab 01.01.2018 geplant
• nur bei Feinstaubalarm! Erfordert besondere
meteorologischen Begebenheiten wie hohe
Grundbelastung, wenig Wind, Inversionswetterlagen
• In Stuttgart keine ausgesprochene Maßnahme für NO2-
Belastungen, sondern zur Verminderung von Feinstaub
Mai 2017
Wo gibt es bereits Dieselfahrverbote oder
wo sind welche geplant? (2)
International
• Paris: Fahrverbote für Kfz mit geraden/ungeraden Kennzeichen, ab 2020 Dieselverbot geplant
• Oslo: erfolgreiche Förderung von Elektromobilität; Jan. 2017 wurde erstes tageweise Dieselfahrverbot ausgesprochen gegen NO2-Überschreitungen
• Oslo: will bis 2024 sämtliche Autos mit Verbrennungsmotoren aus dem innerstädtischen Ring vertreiben, dazu Ausbau ÖPNV, Citymaut drastisch anheben bsd. für Diesel-Kfz
• Mexiko-Stadt, Athen, Madrid: Verbot ab 2025
Mai 2017
Mögliche kommunale Maßnahmen
• Dieselfahrverbot bei Inversionswetterlagen auf bestimmten Straßen außer Euro 6 (Modell Stuttgart)
• Fahrverbote für Kfz mit geraden/ungeraden Kennzeichen (Beispiel: Paris)
• Nachrüstung der ÖNPV-Busse mit SCRT-Filter
• Bürgerticket (verschiedene Varianten)
• Förderung Elektromobilität
speziell Mainz:
• Anfahrvorgänge bergauf reduzieren durch Umleitungen und Ampelschaltung (Parcusstr.)
• Stadion-Shuttle ausschließlich ab Hbf West
Mai 2017
Nicht-kommunale Maßnahmen
• Einführung der „Blauen Plakette“ (aktuell in Frage gestellt)
• Kfz steuerlich begünstigen, die schon jetzt die Abgaswerte für Euro-VI im Realbetrieb einhalten (und nicht erst in ferner Zukunft)
• Förderung des ÖPNV
• Förderung der Bus-Nachrüstung auch in Rheinland-Pfalz