Click here to load reader
Upload
dinhkhue
View
213
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 1
Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten
Sand gibt es wie Sand am Meer – aber wie lange noch? Schon heute ist Sand in
einigen Ländern knapp – dort wird er teilweise zur Schmuggelware. Quarks begibt sich auf Spurensuche und zeigt die sieben wichtigsten Dinge, die man über diesen
besonderen Rohstoff wissen sollte.
Der Schatz vom Niederrhein Tausensassa Sand Das Leben der Sandkörner Die Geburt des Betons vor 2000 Jahren Burj Khalifa – die Sandburg Sandkrise in Südostasien Betonrecycling
Redaktion: Wolfgang Lemme
Autoren: Reinhart Brüning, Ulrich Grünewald, Carsten Linder, Frank Nischk, Eva Schultes, Angela Sommer
Assistenz: Ursula Heidtmann
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 2
Der Schatz vom Niederrhein Sand und Kies sorgen für Geld und Ärger
Thomas Schulz ist Kies-Facharbeiter der Firma Hülskens. Kies und Sand in jeder
Korngröße fließen tonnenweise jeden Tag an ihm vorbei. Er arbeitet auf einer der größten Kiesabbauanlagen in NRW: dem "Milchplatz" am Niederrhein in der Nähe
von Wesel. Ein riesiger Schaufelradbagger holt unaufhörlich Kies und Sand aus den bis zu 20 Meter tiefen nassen Baggerlöchern. Von dort gelangt das Gestein
auf einen etwa 30 Meter hohen Berg und läuft dann über ein Fließband in eine ebenso große Sortier- und Waschanlage. Nach Korngrößen sortiert wird der Kies
dann in Silos gelagert, bis er von Schiffen abtransportiert wird.
Arbeitsplätze in Gefahr Die Experten sind sich einig: Unter der Erde am Niederrhein gibt es noch
ausreichend Kies und Sand für Jahrzehnte. Trotzdem ist der Arbeitsplatz von
Thomas Schulz nicht sicher. Die Kiesindustrie am Niederrhein kämpft um neue Abbaugebiete. Denn nur wenige Bereiche am Niederrhein stehen überhaupt für
Abgrabungen zur Verfügung. Alle anderen sind Tabuzonen: In Wasserschutz-gebieten, Naturschutz-, Siedlungs- oder Gewerbegebieten darf kein Kies
abgebaut werden.
Außerdem steckt die Baubranche der Niederländer in der Krise; sie bauen derzeit
weniger – waren aber bislang der wichtigste Absatzmarkt. 70 der 250 Kollegen musste die Firma Hülskens Ende 2013 entlassen. Ob es die Traditionsfirma in 20
Jahren noch gibt, ist fraglich. Doch der Vorstand ändert seit einigen Jahren das
Abgrabung am Niederrhein: Der Eimerkettenschwimmbagger holt nassen Kies aus 20 Metern Tiefe.
Im
D
eu
t
sc
Zwischen 30 und 40 Tonnen Kies werden jedes Jahr am Niederrhein gefördert und vor allem über den Rhein abtransportiert.
Im
D
eu
ts
ch
l
an
d
is
t
d
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 3
Konzept: Der Abbau soll nicht mit ungenutzten Baggerseen enden, sondern Hochwasserschutz und Renaturierung sollen den Kiesabbau am Rhein auch für
die Bevölkerung erträglicher machen.
Heimat in Gefahr Der Initiator der Bürgerinitiative "Eden" Klaus Awater ist sich sicher: Kiesabbau
bringt keine Arbeitsplätze, sondern kostet welche. Denn Baggerloch für Baggerloch verschwindet Nutzfläche für die Landwirte. Und das für immer. Er ist
vor zehn Jahren zurück in seine Heimat gekommen und fand sie total verändert vor. Ein Baggerloch neben dem anderen säumt die Bundesstraße 8 zu seinem
Heimatort Haldern.
Der Rhein als kostengünstiger Transportweg und die hohen Exportraten von Kies
und Sand in die Niederlande haben zu einem enormen Flächenverbrauch geführt. Im Regierungsbezirk Düsseldorf ergeben alle Kiesabbauflächen zusammen eine
Fläche von etwa 150 Quadratkilometern; das entspricht der Größe von 21.000 Fußballfeldern. Die Werbeversprechen der Kiesindustrie machen ihn noch
wütender: Denn wie viel Bade- und Vergnügungsseen verträgt eine dünn
besiedelte Region wie der Niederrhein? Klaus Awater beklagt vor allem die Nachlässigkeit, mit der die Behörden die Umsetzung der Umwelt- und
Renaturierungsmaßnahmen kontrollieren. Viele der Baggerlöcher liegen vernachlässigt hinter hohen Zäunen. Es gibt aber auch gelungene Projekte, also
ehemalige Baggerlöcher, die heute als Naherholungsgebiete genutzt werden oder an denen Naturschutzgebiete entstehen. Doch längst nicht alle Seen werden
gepflegt.
Der Kies-Euro In einem Punkt sind sich alle Seiten einig: Der Sand muss mehr gewertschätzt
werden, sein Preis sollte steigen. Da hört sich die politische Idee des "Kies-Euro", die im Koalitionsvertrag steht, gut an: ein Euro Abgabe an das Land pro
geförderter Tonne Kies. Diesen Preis könnten die Abbauer dann an die Abnehmer
weitergeben – und der Preis und der Wert für Kies und damit auch für Beton würden steigen. Doch das funktioniert nur, wenn alle Bundesländer mitziehen.
Würde nur der Kies in NRW teurer, schadet das einseitig der Kiesindustrie am Niederrhein. Dann würde eine Tonne Kies zum Beispiel nicht mehr acht, sondern
neun Euro kosten – ein Preisanstieg von immerhin 12,5 Prozent.
Angela Sommer
Wenn die Bagger weitergezogen sind, bleiben mit Grundwasser gefüllte Seen. Doch nicht immer werden sie sinnvoll genutzt.
Im
D
e
ut
sc
hl
a
nd
i
st
d
e
r
gr
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 4
Linktipps:
Das Isselburger Signal – Bürgerinitiativen gegen die Ausdehnung des
Kiesabbaus http://www.isselburger-signal.de/
Es gibt mehrere Bürgerinitiativen am Niederrhein auf deutscher und
niederländischer Seite, die weitere Baggerlöcher verhindern möchten. Einige von ihnen haben sich im Rahmen des "Isselburger Signals" zusammengetan.
Die Sichtweise der Kiesindustrie
http://www.zukunft-niederrhein.de/ Die Kiesindustrie arbeitet gegen ihr schlechtes Image an: Mit umfassenden
Informationen und persönlichen Geschichten versucht sie, die Bevölkerung für
ihre Arbeit zu interessieren und zu begeistern.
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 5
Tausendsassa Sand Sand ist beinahe überall enthalten Als Kinder huldigen wir ihm alle: dem Sand. Im Sandkasten buddeln, Sandburgen
bauen und Sandkuchen backen. Aber irgendwann hört das auf – und dann ist Sand zum Beispiel lästig, wenn er in unsere Schuhe gelangt oder einfach Dreck,
wenn wir ihn wegputzen müssen.
Doch damit tun wir dem Sand Unrecht: Ohne Sand sähe unsere Welt ganz anders
aus. Denn er ist beinahe überall enthalten; nicht nur in Sandsäcken, die uns vor Fluten schützen, sondern auch in Glas, Zahnpasta, Computer-Chips, Solarzellen
und vielem mehr. Außerdem wird Sand auch beim Bierbrauen, Ölfördern und beim Bremsen von Zügen eingesetzt.
Filmautor: Carsten Linder
Linktipp:
Kleines Sand- und Kies-Lexikon http://www.sand-abc.de/
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 6
Das Leben der Sandkörner Wie der Sand zwischen Berg und Strand entsteht Wo kommt all der Sand her? Quarks begleitet ein Sandkorn auf seinem langen
Weg: von der Stätte seiner Geburt in den Bergen des Schwarzwaldes, durch den Rhein bis zum Nordseestrand. Diese Reise kann mehrere Tausend Jahre dauern.
Und doch werden jedes Jahr 350.000 Kubikmeter Sand in die Nordsee gespült.
Die Reise der Abermilliarden Sandkörner ist abenteuerlich: Bei Granit als Ausgangsstein schaffen es nämlich nur die Quarzkörner als Sand bis zur Nordsee;
die ebenfalls enthaltenen Feldspate und Glimmer lösen sich schon während der Reise auf, da sie nicht so stabil sind. Und Sandkörner sind keine Einzelkämpfer:
Sie bewegen sich unter Wasser in gigantischen Formationen als Unterwasserdüne.
Filmautor: Ulrich Grünewald
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 7
Die Geburt des Betons vor 2000 Jahren Vom Pantheon bis zum Wolkenkratzer
Mit Vulkanasche und Kalk gelang es römischen Baumeistern, Sand so zu
verfestigen, dass man damit bauen konnte. Mit diesem frühgeschichtlichen Beton war es bereits möglich, die riesige Kuppel des Pantheons zu errichten. Das
Pantheon – im Jahr 128 fertiggestellt – steht noch heute.
Doch das Rezept für Beton geriet in Vergessenheit. Im 18. Jahrhundert gab es
einen neuen Anlauf. Mit der Erfindung des Stahlbetons 1855 hat sich die Bauwelt radikal verändert. Nun konnte man stabil und immer höher bauen. 1903 entstand
dann in den USA das erste Hochhaus. Die Produktionszahlen für Beton steigen und steigen – und damit auch der Verbrauch an Sand.
Filmautorin: Angela Sommer
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 8
Burj Khalifa – die Sandburg Wie viel Sand steckt im höchsten Gebäude der Welt? Es ist der verwegenste Bau aller Zeiten: Der Burj Khalifa in Dubai ist mit 828
Metern das höchste Bauwerk der Erde. Er muss gewaltige Windlasten aushalten. Und in ihm steckt richtig viel Sand – insgesamt 257.000 Kubikmeter. Allein das
Fundament benötigte 22.500 Kubikmeter: für 650 dünne und weitere 200 dicke Beton-Pfähle, die bis zu 50 Meter tief in den Untergrund reichen.
Das Problem: Dünensand gibt es in den Vereinigten Arabischen Emirate zwar genug, aber er ist zu feinkörnig. Um damit Beton zu machen, müsste man sehr viel
Wasser zusetzen. Doch dann würden sich beim Trocknen Risse bilden. Die Ingenieure tüftelten lange an einer funktionierenden Rezeptur. Die ideale
Mischung: rund ein Drittel Dünensand und zwei Drittel gewaschener Sand, der aus Flüssen stammt. Trotz der gewaltigen Menge, die für den Bau benötigt wurde,
bekamen die Bauherren den Beton-Nachschub in den Griff. Und die Beton-
Pumpen bewältigten auch die enorme Höhe: Monat für Monat, Etage für Etage.
Filmautor: Reinhart Brüning
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 9
Sandkrise in Südostasien Was passiert, wenn der Sand knapp wird? Singapur ist eines der reichsten Länder der Welt. Der Stadtstaat wächst – seine
Bevölkerung und auch die Wirtschaft. Und in Singapur wird gebaut – viel gebaut. Dafür benötigt das Land Sand: Kaum ein Land ist so hungrig auf Sand wie
Singapur. Zudem trotzt der Inselstaat, der kleiner als Hamburg ist, dem Meer mit
Sandaufschüttungen immer neues Land ab. Die Folge: Singapur ist abhängig von Sandimporten aus seinen Nachbarländern, mit negativen Folgen für deren
Umwelt. Malaysia, Indonesien, Vietnam und Kambodscha haben Sandexporte nach Singapur verboten. Sand ist dort zu einem knappen Gut geworden – mit
hohem Konflikt-Potenzial und enormen Auswirkungen auf den Sandpreis.
Filmautor: Frank Nischk
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 10
Betonrecycling Wie aus Häusern wieder Häuser werden 50 Millionen Tonnen Bauschutt fallen allein in Deutschland jedes Jahr an. Lange
landete er auf Deponien. Doch dafür sind die Rohstoffe viel zu schade. Inzwischen werden vier Fünftel des Bauschutts wiederverwendet – bisher vor allem im
Straßenbau. Echtes Beton-Recycling – also neuen Beton aus altem Beton
herzustellen – war bisher nicht möglich. Denn guter Beton braucht Sand und Steine ohne Verunreinigungen. Bauschutt ist aber ein Gemisch vieler Stoffe.
Daraus saubere Steine und Sand wiederzugewinnen, ist schwer – aber nicht unmöglich. Mittlerweile gibt es Beton mit zurückgewonnenen Steinen:
Recyclingbeton. Und in einem Drucktest beweist er: Er widersteht den gleichen Kräften wie herkömmlicher Beton.
Filmautoren: Frank Nischk, Eva Schultes
Linktipp:
Recycling-Beton http://www.rc-beton.de
Informationen über das Bauen mir Recycling-Beton vom ifeu-Istitut für Energie-
und Umweltforschung in Heidelberg
Quarks & Caspers | Sand – 7 Dinge, die Sie wissen sollten | 06.05.2014 http://www.quarks.de
Seite 11
Impressum:
Herausgeber: Westdeutscher Rundfunk Köln
Verantwortlich: Quarks & Co
Claudia Heiss
Redaktion:
Wolfgang Lemme
Gestaltung: Designbureau Kremer & Mahler, Köln
Bildrechte: Alle: © WDR
© WDR 2014