3
Zum 100. Jahrestag des Beginns des 1. Weltkriegs fand in Sarajevo vom 6.-9. Juni ein großes internati- onales Treffen von Friedensinitiativen statt, der Sa- rajevo Peace Event. Für „Ferien vom Krieg“ fuhren 15 ehemalige TeilnehmerInnen aus Serbien, Kroa- tien und Bosnien-Herzegowina nach Sarajevo, um dort das Projekt vorzustellen, Kontakte mit anderen Friedensinitiativen zu knüpfen, aber auch mit der Bevölkerung Sarajevos zu diskutieren. Die Gruppe baute ihre Zelte im Teilnehmer-Camp auf und dekorierte sie mit Transparenten mit Frie- densbotschaften. Diese drei Tage zeigten die Stärke unserer Freund- schaft und die Fortschritte auf dem Weg zu unserem Ziel, den Frieden in unserem Umfeld aufzubauen. Ich konnte erleben, wie junge Leute, die bei den „Ferien vom Krieg“ mitmachen, an sich selbst arbei- ten und Schritt für Schritt zu Friedensaktivisten wer- den. (Aneta Pacek) Was ich wirklich hervorheben möchte, ist die tolle Zusammenarbeit unserer Gruppe. Es gab keine Probleme, wir konnten uns über alles verständigen, alle hielten sich an die Absprachen, niemand wurde ignoriert. Neben den guten Workshops und den Treffen mit Ron Haviv halte ich das für das Wichtigs- te. Wenn 15 Leute, die sich lange nicht gesehen ha- ben oder überhaupt nicht kennen, als eine Einheit arbeiten, ist das ein echter Erfolg. Wenn irgendwer daran zweifelt, dass Leute aus Bosnien- Herzegowina, Kroatien und Serbien zusammenar- beiten könnten, sind wir da, um sie vom Gegenteil zu überzeugen. Das war eine wirklich umwerfende Erfahrung. (Toni Zulj) Das nahmen auch andere Teilnehmer des Friedens- camps wahr: „Ihr seid ja selbst schon ein kleiner Friedens-Event, meinte ein Mann aus Zimbabwe, nachdem er von der Zusammensetzung der Gruppe erfahren hatte. Sarajevo Peace-Event 2014 „Ihr seid ja ein eigener kleiner Peace-Event!“ Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. Dialoge über Grenzen hinweg Am Abend saßen wir im Camp, grillten, hörten Mu- sik und unterhielten uns mit Leuten aus England, Bosnien, Serbien, Kroatien, Palästina, Israel, Deutschland, Italien, Amerika und der Türkei. Ein Palästinenser und ein Deutscher bemerkten, sie hät- ten noch sie so eine Gruppe wie unsere vom Balkan getroffen, denn jedes Mal, wenn sie an unseren Zel- ten vorbei kamen, wurden sie eingeladen und als Teil der Gruppe akzeptiert. (Andrej Lazic) Ich war sehr stolz auf unsere Gruppe, die sich als echtes Team erwies. Wir waren ein eigenes Camp innerhalb des Camps. Wir nutzen jede Minute, um mit den Leuten über unser Projekt zu reden und möglichst viele von unseren Flyern zu verteilen, an die Teilnehmer des Camps und an die normalen Leute auf der Straße. Dabei erfuhren wir Geschich- ten über den Krieg, die nicht in den Geschichtsbü- chern stehen. Und was mir besonders gefiel: Kein einziges Mal traf ich auf nationalistischen Hass. Die Leute sprachen über den Krieg als ein Spiel der Poli- tiker, nicht als einen Konflikt zwischen den Men- schen. (Sonja Acimovic)

Sarajevo Peace-Event 2014 „Ihr seid ja ein eigener kleiner ... Sarajevo Peace Event.pdf · “Ich möchte dem Komitee dafür danken, dass es uns eine Türe geöffnet hat und uns

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Sarajevo Peace-Event 2014 „Ihr seid ja ein eigener kleiner ... Sarajevo Peace Event.pdf · “Ich möchte dem Komitee dafür danken, dass es uns eine Türe geöffnet hat und uns

Zum 100. Jahrestag des Beginns des 1. Weltkriegs fand in Sarajevo vom 6.-9. Juni ein großes internati-onales Treffen von Friedensinitiativen statt, der Sa-rajevo Peace Event. Für „Ferien vom Krieg“ fuhren 15 ehemalige TeilnehmerInnen aus Serbien, Kroa-tien und Bosnien-Herzegowina nach Sarajevo, um dort das Projekt vorzustellen, Kontakte mit anderen Friedensinitiativen zu knüpfen, aber auch mit der Bevölkerung Sarajevos zu diskutieren.

Die Gruppe baute ihre Zelte im Teilnehmer-Camp auf und dekorierte sie mit Transparenten mit Frie-densbotschaften.

Diese drei Tage zeigten die Stärke unserer Freund-schaft und die Fortschritte auf dem Weg zu unserem Ziel, den Frieden in unserem Umfeld aufzubauen. Ich konnte erleben, wie junge Leute, die bei den „Ferien vom Krieg“ mitmachen, an sich selbst arbei-ten und Schritt für Schritt zu Friedensaktivisten wer-den. (Aneta Pacek)

Was ich wirklich hervorheben möchte, ist die tolle Zusammenarbeit unserer Gruppe. Es gab keine Probleme, wir konnten uns über alles verständigen, alle hielten sich an die Absprachen, niemand wurde ignoriert. Neben den guten Workshops und den Treffen mit Ron Haviv halte ich das für das Wichtigs-te. Wenn 15 Leute, die sich lange nicht gesehen ha-ben oder überhaupt nicht kennen, als eine Einheit arbeiten, ist das ein echter Erfolg. Wenn irgendwer daran zweifelt, dass Leute aus Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Serbien zusammenar-beiten könnten, sind wir da, um sie vom Gegenteil zu überzeugen. Das war eine wirklich umwerfende Erfahrung. (Toni Zulj)

Das nahmen auch andere Teilnehmer des Friedens-camps wahr: „Ihr seid ja selbst schon ein kleiner Friedens-Event, meinte ein Mann aus Zimbabwe, nachdem er von der Zusammensetzung der Gruppe erfahren hatte.

Sarajevo Peace-Event 2014

„Ihr seid ja ein eigener kleiner Peace-Event!“

Komitee für Grundrechte

und Demokratie e.V.

Dialoge über Grenzen hinweg

Am Abend saßen wir im Camp, grillten, hörten Mu-sik und unterhielten uns mit Leuten aus England, Bosnien, Serbien, Kroatien, Palästina, Israel, Deutschland, Italien, Amerika und der Türkei. Ein Palästinenser und ein Deutscher bemerkten, sie hät-ten noch sie so eine Gruppe wie unsere vom Balkan getroffen, denn jedes Mal, wenn sie an unseren Zel-ten vorbei kamen, wurden sie eingeladen und als Teil der Gruppe akzeptiert. (Andrej Lazic)

Ich war sehr stolz auf unsere Gruppe, die sich als echtes Team erwies. Wir waren ein eigenes Camp innerhalb des Camps. Wir nutzen jede Minute, um mit den Leuten über unser Projekt zu reden und möglichst viele von unseren Flyern zu verteilen, an die Teilnehmer des Camps und an die normalen Leute auf der Straße. Dabei erfuhren wir Geschich-ten über den Krieg, die nicht in den Geschichtsbü-chern stehen. Und was mir besonders gefiel: Kein einziges Mal traf ich auf nationalistischen Hass. Die Leute sprachen über den Krieg als ein Spiel der Poli-tiker, nicht als einen Konflikt zwischen den Men-schen. (Sonja Acimovic)

Page 2: Sarajevo Peace-Event 2014 „Ihr seid ja ein eigener kleiner ... Sarajevo Peace Event.pdf · “Ich möchte dem Komitee dafür danken, dass es uns eine Türe geöffnet hat und uns

Die Teilnehmer besuchten verschiedene Workshops:

Eine Gruppe aus Österreich zeigte einen Film zu den Ursachen der Balkan-Kriege, den junge Migranten aus Ex-Jugoslawien gedreht hatten, da-nach gab es eine Diskussion dazu.

Studenten der Uni Louisville, USA stellten eine Stu-die über die Einstellungen der Bevölkerung Bos-nien-Herzegowinas zur Frage der Einheit der bei-den Landesteile Republika Srbska und bosnisch-kroatische Förderation vor.

Dieselbe Gruppe bot ein Training zur gewaltfreien Konfliktlösung an.

Workshop mit Maired Maguire

Alle Frauen der „Ferien vom Krieg“- Gruppe be-suchten den Workshop der irischen Friedensnobel-preisträgerin Maired Maguire. Sie zeigte einen Film über ihre Arbeit und bat dann um Fragen oder Diskussionsbeiträge.

Tijana Boric von unserer Gruppe ergriff die Gelegenheit und erzählte die Geschichte unseres Projektes. Sie stellte uns alle als ehemalige Teilnehmer vor, die weiterhin aktiv sind und das Publikum applaudierte. Während des Workshops kamen zwei Männer in den Raum und einer begann zu fotografieren. Nach Ende des Workshops verteilte Sonja Acimovic unsere Flyer. (Vanja Nedic)

Dabei kam sie ins Gespräch mit einer Frau, die sagte: „Das wird meinen Bruder interessieren“ und den Fotografen herbeirief: „Ron, komm her, das mußt Du Dir anhören.“

Ana Simendic schaltete am schnellsten und fragte die Frau nach ihrem Nachnamen. Als diese „Haviv“ antwortete, traf Ana fast der Schlag. Sie rief uns zu:, „He Leute, das ist Ron Haviv!“ und zeigte auf den Fotografen, der sehr überrascht war, als wir ihn aufgeregt umringten ihm alle gleichzeitig erzählten, wie froh und geehrt wir waren, ihn zu treffen. Er war erstaunt, wie gut wir seine Arbeit kannten und wir erklärten ihm, dass wir seit 2008 bei unseren Freizeiten einen Workshop über den Jugoslawien-Krieg anhand seiner Fotos machen.(Vanja Nedic)

Ron Haviv holte den Journalisten Charlie Sennott dazu und es entstand ein spontaner Workshop, in dem die Gruppe 2 Stunden lang von ihrer Arbeit erzählte.

Charlie Sennott war sehr interessiert an unserer Situation, er wollte mehr über uns und unser Leben wissen. Er fragte nach unseren Zukunftsplänen, ob wir im Land bleiben oder ins Ausland gehen woll-ten. Er wollte wissen, ob wir einen erneuten Aus-bruch von Gewalt in unseren Ländern befürchteten und warum. Er interessierte sich dafür, welche Workshops wir besucht hatten und wie sie uns ge-fallen hatten. (Tijana Boric)

Die Gruppe knickt gemeinsam die Flyer des Projektes

Ron Haviv ist ein bekannter Kriegsfotograph, der

den Konflikt im ehemaligen Jugoslawien in erschüt-

ternden Bildern festhielt. Er dokumentierte unter

anderem die Belagerung Vukovars und Sarajevos

und die ethnischen Säuberungen in Bosnien. Bei

den Begegnungsfreizeiten der „Ferien vom Krieg“

mit Jugendlichen aus Kroatien, Serbien und Bos-

nien-Herzegowina setzen sich die Jugendlichen

anhand der fotographischen Zeugnisse Ron Ha-

vivs mit ihrer gemeinsamen Geschichte auseinan-

der.

Page 3: Sarajevo Peace-Event 2014 „Ihr seid ja ein eigener kleiner ... Sarajevo Peace Event.pdf · “Ich möchte dem Komitee dafür danken, dass es uns eine Türe geöffnet hat und uns

Über dieses Gespräch veröffentlichte Charlie Senott einen Artikel. :http://www.globalpost.com/dispatches/globalpost-blogs/groundtruth/sarajevo-

peace-conference-WWI Am Ende tauschten wir unsere e mail Adressen und versprachen in Kontakt zu bleiben. Ich fragte Herrn Haviv, ob er uns bei der Freizeit in Basko Polje besuchen wollte. Ron wußte nicht, ob er das zeitlich hinbekommen würde, aber er versprach, uns auf jeden Fall über Skype zu sprechen. Ich hatte noch ein bißchen Zeit mit ihm über unseren Workshop mit seinen Bildern über meine Heimatstadt Vukovar zu reden. Er war traurig, als er hörte, wie gespannt die Lage in Vukovar im Moment ist und sagte etwas, was mich sehr beunruhigte: „Es ist wie damals in den 90ziger Jahren“ Traurigerweise mußte ich zugeben, daß er recht hat.(Vanja Nedic)

Am nächsten Tag trafen wir Ron Haviv und Charles Sennott zufällig auf der Franz Ferdinand Brücke

“Ich möchte dem Komitee dafür danken, dass es uns eine Türe geöffnet hat und uns eine

Chance gab, neue Erfahrungen zu machen, neue Leute kennenzulernen, unsere Arbeit

vorzustellen und für den Frieden zu arbeiten.” (Sonja Acimovic)

und sie fragten mich nach der Symbolik dieses Plat-zes. Ich erklärte Ihnen, was der Mord am 28. Juni 1914 für mich bedeutet. Er markiert den Beginn ei-ner 100 jährigen Kriegsperiode für mein Land, mit kurzen Abschnitten von Ruhe dazwischen, und jeder neue Krieg wirkte sich stärker auf unser Zusammen-leben aus. Es endete damit, dass wir alle, die wir einst friedlich in einem starken Land zusammenge-lebt hatten, uns gegenseitig umbrachten. Charles wollte wissen, ob wir daran glauben, mit unserer Arbeit etwas in unseren Ländern bewirken zu kön-nen. Ich antwortete ihm, dass wir davon überzeugt sind, weil wir ein Beispiel dafür sind, wie die Frie-densarbeit uns verändert hat, wie sie Teil unseres Lebens und unserer Persönlichkeit wurde. Wir glau-ben an unsere Arbeit, weil wir selbst der Beweis da-für sind, dass das Projekt Erfolg hat und Einfluss auf die Leute ausübt. Es wird vielleicht die Welt nicht gleich verändern, aber Schritt für Schritt kann unse-re Arbeit zu Veränderungen führen. (Tijana Boric)

Für alle Teilnehmer waren die Tage in Sarajevo eine sehr positive Erfahrung.