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I. u. W. Noddack. Sanerstoff- wid Halogenverhindunpen des Klieniums 199 Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rhenium Von IDA uiid WALTEK NODDACK Mit 4Figuren im Text Tor einigen Jahren haben wir Untersuchungen uber die Sauer- stoffverbindungen des Rheniums veroffentlicht .I) Jlamals kuncligten wir eine Fortsetzung dieser Arbeit an, die sich aucli mit den Halogen- verbindungen des Elements befassen sollte. Inz~vischen ist das fruher so kostbare Rhenium zum technisehen Produkt geworden. Viele Forscher haben in Leopoldshall Kaliumperrhenat und Rheniummet'all gekauft und Untersuchungen iiber das cheniisclie und physikalische Verhalten des Rheniums ausgefiihrt. Diese Forschungen, deren Resul- tate in zahlreichen Veroffent,lichungen niedergelegt wurden, haben unserr Kenntnis von dem neuen Element ervieitert. Aixch wir haben in den letzten Jahren m.it dem Rhenium weiter- gearbeitet, doch hielkn wir es fiir richtig, in dieser Zeit nicht zu ver- offentlichen, da nach der einmal erfolgten Snregung andere C,hemiBer ixnd Physiker die in ihr Arbeitsgebiet fallenden Problerne schneller und rationeller liisen konnten, als wir es verrnocht hiitten. Nachdem jet.zt im wesentlichen die Veroffentlichungen vorliegen, aus denen sicli erliennen liiflt, welche Gebiete die am Rhenium interessierten Forscher bearbeiten, wollen wir unsere eigenen weitereri Erfahrungen mitteilen, soweit sie sich bereits in einigerinaflen ubersicht'licher Form clarstellen lassen.2) 1. Sauerstoffverbindungen Bisher waren vom Rhenium folgende Oxyde bekannt, : Rlieniurn- dioxyd ReO, , Rheniumtrioxy-id ReO,, und Rheniumheptoxyl Re&, . Yon diesen Oxyden ist clas Heptoxyd besonders charalitrristiscli fur das Element. Re,O, lost sich in Wasser zu der starken SRare HReO,, ') I. u. W. NODDACK, Die Snuerstnffverbindungen des Rheniums. Z. nnorg. u. allg. Chem. 181 (1929), 1-37. ') Die rneisten Resultate der vorliegenden Arbeit sintl in einer irn Verlnge Ton Leopold Voss, Leipzig 1933, erschienenen IIonographic ,,Das Rhenium" kurz wiedergegeben. Uort ist auch die gesctmte bisher uber das Rhenium erschienene wissenschaftliche Literxt.ur zu finden. %. unorg. 11. ullg. Clieni. Bd. 215. 9

Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

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Page 1: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

I. u. W. Noddack. Sanerstoff- wid Halogenverhindunpen des Klieniums 199

Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rhenium Von IDA uiid WALTEK NODDACK

Mit 4Figuren im Text

Tor einigen Jahren haben wir Untersuchungen uber die Sauer- stoffverbindungen des Rheniums veroffentlicht .I) Jlamals kuncligten wir eine Fortsetzung dieser Arbeit an, die sich aucli mit den Halogen- verbindungen des Elements befassen sollte. Inz~vischen ist das fruher so kostbare Rhenium zum technisehen Produkt geworden. Viele Forscher haben in Leopoldshall Kaliumperrhenat und Rheniummet'all gekauft und Untersuchungen iiber das cheniisclie und physikalische Verhalten des Rheniums ausgefiihrt. Diese Forschungen, deren Resul- tate in zahlreichen Veroffent,lichungen niedergelegt wurden, haben unserr Kenntnis von dem neuen Element ervieitert.

Aixch wir haben in den letzten Jahren m.it dem Rhenium weiter- gearbeitet, doch hielkn wir es fiir richtig, in dieser Zeit nicht zu ver- offentlichen, da nach der einmal erfolgten Snregung andere C,hemiBer ixnd Physiker die in ihr Arbeitsgebiet fallenden Problerne schneller und rationeller liisen konnten, als wir es verrnocht hiitten. Nachdem jet.zt im wesentlichen die Veroffentlichungen vorliegen, aus denen sicli erliennen liiflt, welche Gebiete die am Rhenium interessierten Forscher bearbeiten, wollen wir unsere eigenen weitereri Erfahrungen mitteilen, soweit sie sich bereits in einigerinaflen ubersicht'licher Form clarstellen lassen.2)

1. Sauerstoffverbindungen Bisher waren vom Rhenium folgende Oxyde bekannt, : Rlieniurn-

dioxyd ReO, , Rheniumtrioxy-id ReO,, und Rheniumheptoxyl Re&, . Yon diesen Oxyden ist clas Heptoxyd besonders charalitrristiscli fur das Element. Re,O, lost sich in Wasser zu der starken SRare HReO,,

') I. u. W. NODDACK, Die Snuerstnffverbindungen des Rheniums. Z. nnorg. u. allg. Chem. 181 (1929), 1-37.

') Die rneisten Resultate der vorliegenden Arbeit sintl in einer irn Verlnge Ton Leopold Voss, Leipzig 1933, erschienenen IIonographic ,,Das Rhenium" kurz wiedergegeben. Uort ist auch die gesctmte bisher uber das Rhenium erschienene wissenschaftliche Literxt.ur zu finden.

%. unorg. 11. ullg. Clieni. Bd. 215. 9

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die eine Beilie von Salzen, tlic Perrhenate, liefert. Die Perrlicnate sintl von verscliiedmen Forsclirrn in chernischer und physikalischer Hin- biclit eingrliend untersucht) n-orden. I>er Sauerstoff der Perrhenate kann teilwrise otler vollstHndig (lurch Schwefrl ersrtzt werden, wobri Mono- untl 1’olysulfopt.rrht~nate entstehen. Min Ersatz des Sauerstoffs tlrr Prrrhenate durch Halogene ist bislirr nicht beobachtet worden.

Es frlllten noch die Oxyde HrZO, HrO, Re,O, und Re.&),. Fernrr war nicht I)ek:innt, his zii wrlcher Valriizstufe herab dm heim Hept- osyd so ausgepragtr Saurecharaktrr rcicht . I>ie Homologio des Rhe- iiiiiins ruit. den1 3fangan lies rerrriutcn, (la13 sich die Siiurcbildungs- t rntlenz vom Dioxj-d an aufwlrts Bu13ern 11 urtle, tint1 (la13 sicli zwischen tler vierten und drr sirbenteri Valenzstufe Bhnliche T’erhindungen wurden auffinden lassen, nio sie in der ;\Ianganatschmelze beob- itclitet wurden (vgl. S. 149). Ther den chernischen C‘haralitrr tler Osydr drr l., 2. und 3 . Stufe lassen sich keine exakten Voraussagen machen, (la h i den niichsten Xaclibarn IY unrl 0 s vergleichbarp Pnter- suchurigrn nicht vorliegen, und da tler n eitgehend von Elektronen rnt hld3te Atornrurupf des Rheniurns wegen des groIjen Unterscliietles tlvr C)rdnnngsxahlen ZLI wrnig Yhnlichkeit rnit tlerri des gleichu-ertigrn Maiignns hat, als da13 man Schlusse auf die Basizitiit tler niedercn Osyde zirhen k6nnte.

Wir begannen unserr Tjntersuchungen rnit tler Rheniumalkali- scliruelze, die hich als tlas heste Medium fur die 1)arstellung von Sauer- stoffsalzrri cles Hhrnimiis in vrrschirtlenrn ~~‘ertigkeitsst ufen erwirs.

1. Verhalten des Rheniurns in der Alkalischmelze

Berri t s fruher habcn wir (lie gelhc Schmrlze bcschrieben’), die h i i n I1:rliitze.n voii Hheniurnnietall o d ~ r von nheniurnverhindunfirn iiiit e inwi (iernisch von A1Balih~drosyd und Salpeter enhsteht. Wir nahrrirn tlairials an, dalj tlas Rhenium in clieser Schmelze als swhs- wertigw Khenat vorlirge. Zu diesem SchluB gelangteri wir durch die Snalyse r ims auf andereni lYe,ne hergestellten gelben Hariumsalzes, dessen Formel ungefkhr auf Ba,lteO, pl3te. hufirrdern sind die Nach- barn ~ P S Elheniunis irr i periodisclien System - Cr, W, Mn, Fe, Ru und 0 s - in tler Allialisclirnclze srchswertig. Keuere Untersuchungen zeigten uns aber, da13 tlas R h e n i u m i n d e r Alka l i schmelze S a u e r s t o f fsa lze v o n v i e r ve r sch iedenen Va lenzs tu fen xu 1) i 1 (1 en v P r m a g.

1) 1. u. W. Konr)acK, Die ~j,ue,stoffverbindun~en des Rheniuniu. 2. anorg. u . ;~llg. C!hc.ni. IRZ (1929), 1-37.

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I. 11. W. Noddack. Saurrstoff- untl Hnlogenveibiiitlungen des Rheniuins 131

Bchrnilzt man Bheniurnnietall rnit ASlkalihydroxytl in ciner vollig sauerstofffreien StickstoffatrriosphBrP, so trit t lieine Veriinderung ein. Setzt man aber drin Sticltstoff allnibhlich steigende Sauerstoffmmgen zu, so oxytlirrt sich tlas Rhenium innerlialb tler Schmelze, und diese nirnmt nacheinander die Farben dunkclbraun, hellbraun, sandgelb, olivgrun , dunkelpin, braun und fenerrot an. Diese Fiirbungen werden offenbar durch verschiedene Sauerstoffverbindungen ties Rbe- niurns verursacht.

Zuni Btucliuni der hllialischmelzen des Hhpniurns und zur Dar- stellung einzelner T’erbindungen benutsten wir d m in Fig. 1 nieder- gegebenen Apparat. Die Schmelxen wurden in dem dicliwandigen

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Fig. 1. Quarzappsrat zur Darstellung von Sauerstoffsalzen des Rheniurns

Goldtiegel C hergestellt, der etwa 50 em3 falSt. Der Tiegel wurde durcli den Schliff l3 in den Ansatz B cles Quarzrohres A eingesetzt und durch den Widerstand D elektrisch gelieizt. Das Schmrlzgut wurde dnrch die Offnung E eingefuhrt, die als Schliff gestaltet war, so daI3 bei Druckmessungen dort ein Manometer angeschlossen werden konnte. Beim drbeiten im Gasstrome t’raten die Gase bei H ein und bei L miecler aus. Zum Schutze des Quarzrohres gegen Spritzen der Schmelze war uber dem Tiegel C ein versehiebbares Goldblech J an- gebracht. Die Temperaturmessuiig erfolgte mit dem Thermo- element X.

Aus xahlreichen Rchmelzversuchen, die wir mit Clem beschri(~benrn Apparat ausfuhrten, ergab sich fur das T’erhalten des Rheniurns in der dlkalischmelze folgendes Bild :

Der gesamte Sauerstoff dcr uber dcr Schrrielze befindlichen Atmo- sphbre wird vom Rheniummetsll solangc aufgenommen, his das Vcr- lidtnis Rhenium : aufgenommenern Sauerstoff gleich 1 : 3,s ist, bis also in der Schmelze siebenwertiges Rhenium vorliegt. Die heiBe Schmelxe hat dann die erwahnte rein feuerrote Farbe.

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13.2 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 215. 1933

Die rrste Braunfarbung der Sclimelze beginnt schon beim Butrit t von Spuren von Sauerstoff, und errricht ihr Farbmaximum bei deiii Verhbltnis Re : 0 gleich 1 : 2. Es lag nahe, hier die BiIdung von Ver- bindungen cks vierwertigon Rheniums anznnehrnen. Wir versucht'en daher, zu dern gleichen Farbton (lurch Xusammenschmelzen von R heniumdioxyd und Alkali zu gelangen. ])as Diosyd wird von den1 geschmolzenen Alkali sofort aufgenommen. Aus der dunkelbraunen Schmelze lie8rn sich salzartige Verbindang:c.n von ReO, mit Alkali isolierea, die Analoga der Nariganite zu win scheinen, und die wir daher als l i h e n i t e bezeichnen wollen. Die Rhenitbildiing erfolgt im untersuchten Temperaturintervall von 300-700° um so sclineller, je hoher die Ternperatur ist. TTir die Ausbeuten zeigen, kann man bei langcrern Schrnelzen das Dioxyd quantitativ in Rhenit uberfuhren. l)

Ld3t man auf die Rlienitschmelee wenig dauerstoff einwirken. i d e m man dem ubergeleiteten Stickstoff etwas Sauerstoffgas bri- mischt oder kleine Mengen von Alkalinitrat oder -perrhenat xu der Rchnelze setzt, so farbt sich die Schmelzc heller und nimrnt, schliel3- lich eine sandgelbe Farbe an. \Tie \\ir noch zPigeri nerden, erithalt die Schmplzr tlann funfn-ertiges Rhenium, dessen Salze sich ebenfalls iso- lieren lassen. Diese Sauerstoffsalze, zu denen in der unmittelbaren Xachbarschaft des Rheniums im periodischen System keine Analoga beltarint sind, wollen wir H y p o r h e n a t e nennen.

Erhdi t man dcn Gehalt dcr Schmolze an disponiblern Sizuerstoff weiter, so mird ihre Farbe bei hoher Ternperatur braun und schliel3- lich rot. Rei tieferen Temprraturen 1aRt sich znischen dem Sandgelh der H-porhenate und dem Rot nodl das Auftreten eines grunen Farb- tones heobachten. Diese grunc Farbe gehort, wie wir zeigen konnten, dpn Saucrstoffsalzen des secliswertigrn Rheniums an. Wegen ihrer :hliclikeit rnit den Rlanganaten sollen diese Salze als R h e n a t e be- zeichnet nerdrn. - Die rein grune Farbr der Schmelze ist ziemlich schw-irrig ZLI erhelten, bei 'I'emperaturen uber 400" C: ist drr Farbton, selbst bci Innelialtung tles Verhdtnisses Re : 0 = 1 : 3 , O (wie dies fur die Hhenst bildung theoretisch erforderlich ist), rnrhr insUraune spielend.

Steigt der Sanerstoffgehalt uber den eben genannten Wert, so irtl tlic Farbe braunrot und schlieSlich feuernit. Die in tlieser roten

8chnielec vorhantlencn Verbinduiigen gchoren tlem siehenwertigen Rhenium an untl mussen pine nene Art von P e r r h e n a t en darstellen.

I ) Die auf S. 168 heschricbene Disproprtionierung dcs vieiwertigen Rhe- niums in nlkalischer Losung schcint in der Srhmelzc bei Ikngerem Erhitzen rbenfalls einzutreten; niit der genaueren Untersuchung sind wir beschaftipt.

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Xach den bisherigen Untersuchungen scheinen nur die Rhenite und die Pwrhenate in der Schmelze quant8itattiv zu entstehen. Immer, wenn die Menge des disponiblen Sauerstoffs zur Bildung von Hypo- rhenaten ausreicht, bildet sich gleichzeitig auch Rhenit und Perrhenat, und bei der Bildung ~7on Rlienateii beobachtet man immer auch die Entstehung von Hyporhenaten und von Perrhenaten. Es liegen also Gleichgewiehte zwischen vier-, fiinf-, sechs- und siebenwertigem Rhe- nium in der Schmelze vor. Fur diese Gleichgewichte 1aGt sieh folgendes Schema aufstellen :

1. 2Rev 2 Rely + Rev1, 2. 3Re" tt 2Re"f Re'", 3. %ReT1 --f f-- Rev + Revr1, 4. 3Re" 2-y Re'" + 2Re"II. ~

M e diese Umsetzungen konnten schon in dem einen oder anderen 8inne beobachtet werden. Gleichung 2 verlauft mit merlrlicher Ge- scliwindigkeit von rechts nach links bei Temperaturen uber 300° C. Gleichung 1 scheint uiiter 300° von links nach rechts, uber 6000 von rechts nach links zu laufen. Gleichung 3 verlauft uber 500° von links nach recht.s, Gleichung 4 unter 200° von links nach rechts. Die Ge- setzmal3igkeiten, die diesen groben Regeln zugrunde liegen, d e n noch durcli Gleichgewichtsmessungen ermittelt werden. Bishpr dienten die Regeln tiazu, Bedingungen aufzusuchen, unter denen sich Salze cler einzelnen Valenzstufen in moglichster Reinheit gewinnen lassen.

Bei gewohnlicher Temperatur sind die Sauerstoffsalze des funf- iind tles sechsTvert#igen Hheniums aul3erordentlich unbes'ciintlig, sie clisproportionieren leicht im Sinne der Gleichungen 2 und 4 und oxy- tlieren sich an der Luft schnell zu Perrhenat. Fur ihre Reintlarstellung und Aufbewahrung muI3ten daher besondere Vorsichtsmaanahmen ge- troffen merden. Der in dem Tiegel C (Fig. l) im Stickstoffstrom er- starrte Schmelzkuchen loste sich nach dem FJrkalten leicht von den Wandungen des Tiegels, er wurde unter LuftabschluB zerdruckt und tlann mit luftfreien Losungsmitteln behanclelt. Da die genannten Rheniuinsalze sich in gelostem Zustande besonilers schnell zersetzen, war an ein Umliristallisieren nicht zu denken. Wir mufiten uns suf die Herstellung solcher Verbindungenl) beschranken, die selbst un- gelfist blieben, wahrend ihre Verunreinigungeri durch Wasser, Laugen oder Alkohol gelost werden konnten. Zur Filtration der geliisten Ver- nnreinigungen von den ungelijsten Rheniumsalzen unter Luft,abschluB diente der in Fig. 2 dargestellte Apparat.

l) Vgl. unter 3. und 4.

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134 Zeitschrift fur anorgankche und allgemcine Chemie. Band 215. 1933

Das Losen des Schmelzlruchens wurde im Htrome von Stickstoff in dem GefiiB -4 vorgenommen. Nach rrfolgter Zersetzung drs Kucliens m i r d ~ der Hahn Il gedffnet, so da13 die Suspension in tlcw Filterticgcl C laufen konnte, der mittels des Gurnmiringes D in d i l h

ebenfalls von Stickstoff dnrchstrdrnte Gefii13 R eingesetzt war. Zur Eheugung pines Unterdruckm vlhrend der Filtration wurde bei P rvalinirrt. l h s Filtrat lief dann in das SamrnelgcfaS G. Der iin Filtertiegel C hfindliche feste Ruckstand Bonnte in derselben Weiscb

Fig. 2. Vorrichtung zur Fil- tration unter LuftahschluR

rnit luftfreien Losungsmitteln nachge- waschen w erden. Nachdem die Substanz in C trockengesauqt war, ivurden die HBhne 1, Ti, B untl L gcschlossen uiid der Hahn 31 m i dem rnit Phosphorpent- oxyd gefullten GefaB 11’ geoffnet, so cla13 die Substanz in C unter Luft- abschluB troclmcn konnte. Das in G! be- findlicho Filtrat, lieB sich nach SchlieBeri der Hiihne F und H unter LuftabschluB aufhemelircn TXe beschriebene Vorrich- tung wurde wegcn ihrer bequemen Handhabung inimer benutzt, wenn die Gefahr einer Oxydlttion dcr unt,ersuchten festen ocler gelijstrn Substanz bei drr Filtration vorlag.

2. Rhenite

Die Rhrnite leiten sich von deiu Rheniumdiosyd ReO, ab, das in -

hydratischw Form bpi der Hgrlrolyse von Halogenverbindungen des vierwertigen Rheiiiums entsteht. 1)urcll liingeres Trocknen ini Yaknuin iiber P1.iosphorpentox-tIito~~[l kann marl dem Rheniurndioxyd- hydrat fast alles TVasser entziehen. In vdlig wasserfreiem Zustantlr erhklt man das 1)iosy-d (lurch 1l:rhitaen des Hydrats irn Vakuurn auf W O O C‘. I h s so getrocbnete ReO, bildet schwarze, harte Krusten, tlir sich leicht pidvern lassen. Es oxyliert sicli clam leicht an der Luft (hiiufig unter Terglimrnen) und en thdt nach langererri Stelien an tler Luft stets inerlrliche Mengen von Heptoxytl.

Vrrsucli : Zur Darstellung des Xatriurnrhenits wurde der in Pig. 1 w-irdergegebene Apparat bmutzt. 1)er Tiegel C: wurde ein- p w t z t unrl clas liohr -1 iiiit Sticlihtoff grfidlt, (lrr (lurch glithentlrs

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I. u. W. Socklack. Snuerstoff- iind Halogenrcr bindungen de5 Kheninnls 135

Kupfer weitgeheritl voii Sauerutoff befreit war und n-iihrcml tles ganxen Tersuches dar Quarzrohr tlurchstrorntr. Durcli die Offnung J' x\urden 10 g reinstes, trockenes Atmatron in den Goldtiegel gegebrn, geschmolzen und suf rtwa 5000 C gelialten. Hierauf wurdeii 4 g trockenes Hhmiunidioxyd in die Schmel~o geschnttet. Das Dioxgtl loste sicli schnell, die Mchmelze fBrbte sich dnnlielbraun, und durch J' entwicli Wasserdampf. T;17ie die Xnalyse ergab, spielte sicli quantitativ die Reaktion : 2NaOH + ReO, = Na,RrO, + H,O

ab. Nach beendetrr Reaktion wurde die Hrizung fortgerionimcn uiid der Xnsatz B mit Eiswasser gekuhlt. Dabei platzte tler erstarrtr Schmelakuchen vori der Tiegelnandung ab. Er zeigte einr tleutliche Treiinung von Rhenit und hlkalihydroxgd. Unten brfand Rich das braune Rhenit, daruber das farblose Alkali, ein Zeichen, daU sicli das Rhenit nicht merklicli in der Slkalischmelze lost. 1)er Kuclien wurde zerdruckt und mit luftfreirm Eiswasser ausgelaugt. Das Xatrium- hgdroxyd loste sich, und eiri feines braunes I'ulver, das keine erlienn- bare Kristallform zeigte, blieb zuruck. Der Iiuckstand wurde auf der in Fig. 2 angegebenen Vorrichtung abgesaugt, zuerst rnit Eiswasser, dann rnit Xtliylalkohol gewaschen und getrocknet. In dem allialischen Filtrat lie13 sich kein Rhenium rrielir nachwisen, d. h. es war quanti- tativ in Rhenit ubergegangen.

Zur Bnalyse wurde eine grwogene IIrngP des Bhenits rnit Per- liydrol oxj-diert, die Lbsung mit HC1 stark a,nges&uert und tlas Rhe- nium als Sulfid gefiillt. ]>as abfiltrierte Sulfitl wurde oxydiert und das Rhenium mit Nitrori gefallt. Zur Natriurnbestimrnung 15 urde das Filtrat vorn H,S-Niederschlag eingedampft und das Natriani als XaC'1 grwogen.

In Tabelle 1 sinrl die Resultate von zwei hnalysen angegeben.

Tabelle 1 Analvqe von Xatriunirhenit

1 "lo Kd,O 1 Kitrorl- ~ ' "/,, ReO,,

in mg 1 in mg gef. I K ~ , R ~ o , Ref. in ing I ~ f . ' Xa,KeO

12033 ~ 50,7 22,3 22,12 i 242,2 77,s ' ' i i ,sb 96,O 40,55 ' 22,4 22,12 193,6 78,l , 77.88

Einuaaac ,lTaC1 gef. ' "/O n-a20 her. fnr perrl,eIlat 1 ' / O '"'2 her. fuI

Das Katriumrhenit hat demnacli die Formel P;a,HrO,. Es ist clas riorrrittle Salz der Saure H,ReO,. Dss Hhenit ist in Wasser und Laugen niclit loslich. S c h a c h r Siiuren greifen es nnr langsam an, IO"/,ige H,SO, zersetzt rq in der Kalte unter Aiisicliridnng von

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1 36 Zeitwhrift fur anorganische uncl allgemeine C'hemie. Band 215. 1933

schwarzem Hheniumdioxytl. Konzentrierte HCl ergibt grune Rhe- niurnclilor~~assrrstoffs~~are. Kach langereni Kochen des Rhenits mit, U'asser zcliyt dieses alkalische Reaktion. 1)urch starkes Wasserstoff- siiperoxyd wird das Rheniuni des Rhenits schnc.11 in saurer, langsam in alkalisclirr Losung zur siebentrn Stufe oxptliert. Beim Erhitzen von Ka,RrO, in Stickstoff auf H0Oo C zeigte sich keine Veranderung, lwini 13rhitzen an tler Luft entst'antl ein gelbes Perrhenat.

In der gleichen Weise \vie das n'atriunirlienit 7% urde das Kaliurn- rlienit K,HeO, hergestellt und analysiert. Die bislier heobachteten IGgrnschaften sind dirsrlben n i p dir von Sa,ReO,.

Rheninmmetall, das durcli Heduktion von Kaliixmprrrhenat iiiittels Wasserstoff hergestellt wurde, enthdt meist kleinr Mengen Kaliuni in Form ciner durch Wasser und Sauren nicht auswaschbaren T'erbinduiig (0,1-0,30/0). l)a hei tler Rrduktion des Perrhenats K,O wid interriiediiir ReO, ent lien, ist es malirscheinlich, (la13 das Kaliuni als K,ReO, in den Kornern des Rlieniurnmetalles eingeschlossen ist.

Wir vtwmAteii ferner, Rariumrhenit herzustellen, indem wir der Satronschnielze aul3er Rheniumdjoxyd noch Bariumoxj-d zuseteten. N'egen der Unloslichkeit des Xatriumrhenits in der Schnielee und in Wasser erliielten wir aber nur Geniische von Barium- und Natrium- rhenit. Bucli Versuche, das Rariumrhrnit durch Sintern von ge- preBtrn Staben molekularer illischungen von ReO, und Ha0 irn T'akuum zu rrhalten, fiilirten nicht zum Ziel, da bei 12000 C das Rheniumdioxyd seinen Sauerstoff verlor und dann Qrmische von Bariunioxpcl und Rheniurnmetall entstandrn.

Das Terhalten der in der Scl-imelze hergestellten Rhenite zeigt rim grol3e Ahnlichkeit mit den in analoger M'eise gewonnenrn Mangit- niten. Es schien daher wahrscheinlich, daB auch drr aim Losungen tler Doppelchloride von Re" durch Lauge gefdlte braune Niederschlag ein Hhenit ist. In der Tat enthiilt dieser Niederschlag Alkali, das sich mit JVasscr nicht auswaschen laat, doch erschrwrt die beim Uber- siittigen der Ihppelchloridlosungen niit Laiige eintretende Dis- 1u-oportionierung des Re''' (vgl. S. 168) die Erkennung cles Rhenit- anteiles.

3. Hyporhenate

In] Abschnitt I, 1 haben u i r gezeigt, daB die braune Natrium- rlienitschmelze bei Zutritt von weiterem Sauerstoff heller wird und schlieBlich einen sanclgelben Ton annimmt. Behandelt man eine tlerartige erkaltete Schmelze mit luftfrriem Tl'asser, so lost sich das Satriixmh-tlrox!.d uncl es hintrrl-deibt ein sandgelb his hellbraun ge-

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fdrbter, hristallinischer Ruelistand, tier funfwertiges Rhenium rnt- halt. I h die Sauerstoffsalze des vierwertigen Rheniums als Rhenite hezeichnet wurden, und da man die in hbschnitt I, 4 beschriebrnen Verbindungen des sechswertigen Rheniums Rhenate nennen sollte, dilagen wir fur die hier gefundenen neuen Sauerstoffsalze des funf- IT ertigen Rheniums den Narnrn Hyporhenate vor. Wir ubernehmen tlaniit die bei den Sauerstoffsalzen des funfwertigen Phosphors ubliche Bezeichnung, bei der sich die Hypophosphate zwischen die Phos- pliite und die Phosphate einordnen.

Die Reindarstellung der Hyporhenate rnacht Schwierigkeiten. Die Salze sollten forrnal aus Rheniumdioxyd, Perrhenat und Alkali nach dein Schema: 2Re1v + Re*II = 3Rev

entstehen. Sclimilzt man aber die genannten niolaren Mengen von ReO, und NaReO, mit einem UberschuB von NaOH zusammen, so zeigt sich bei Schmelztemperaturen unterhalb 350° fast keine Reaktion. I>er Schmelzkuchen enthalt nach dem Erkalten nur Rhenit und Perrl-ienat. Steigert inan die Reaktionstemperatur bei verschirdenm Versuchen bis auf 700°, so enthalt die am hochsten er- liitzte Schrnelze das meiste Hyporhenat. Die Bildung des Salzes er- folgt sehr langsam. Schmelzen, die nur Imrze Zeit erhitzt wurden, enthielten erheblich weniger Hyporhenat als solche, die Iangere Zeit nuf lioher Temperatur gehalten wurden. Wenn der Schrnelzkuchen riiit Wasser ausgrlaugt wurde, ging Natriuniperrhenat mit dem Natriumhydroxyd in Losung, wahrend das sehr sehwerlosliche Natriumhyporhenat und das unlosliche Natriumrhenit als Ruck- rtand hinterblieben. Eine Trennung dieser beiden Salze durch Heraus- losen des Hyporhenats und Umlrristallisieren war wegen seiner ge- ringen Bestandigkeit nicht moglich. - Zur schnelleren Oxydation des Rhrniumdioxyds in der heiBen Schmrlze setzten wir dieser einen UberschuB von Perrhenat zu. Es gelang dann allerdings, das ge- samte ReO, zu oxydieren, aber auBer dem Hyporhenat biltlete sicli nunmehr Rhenat (vgl. 8. 142). Da dieses Rhenat beirn Losen tles Schmelzkuchens Re" und Re'" bildet, erithielt der ungelostr Ruck- stand wieder ein Gemiscli von Hyporhenat ixnd Rhenit. - Such das Hyporhenat selbst ist bei niederer Temperatur unbestandig und zer- fallt aufierordentlich leicht in Rheniumdioxyd, Rhenit und Perrhenat, so daB es schwierig ist, trockene, zur Analyse geeignetr Salze her- zustellen. Es wurden zahlreiche Versuche angestellt, urn die gun- stigsten Bedingungen fur die Entstehung und Halt barheit der Hypo-

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138 Zcitschrift fur anorganische und allperririne Chernie. Band 21 5. 1933

rlirnatr ausfintlig z u machen. Ihhc i zeigte sicli, d a B die Hestiindigliril tlcr Hyporlirnate in tler Kalte durcli cinen &halt an frcirm Alliali erlieblicli vcrgroUrrt wird. Soweit sieli biihclr iiberselien 1iiBt , sintl (lie im folgmclcn Vrrsuch gescliildertrn Brclirigungen die gunstigrten ziir Ilarstellung von h’atriuinli;\.porl~cnat.

I’ersucli: In tleni Tiegel (‘ (Fig. 1) nnr(1t.n 20 g NaOH in einriii St roiiit’ von reinern Stickstoff gesclirnolzen. Zii t l ~ r flussigen Sclirrirlze nrirtlm 4,M g RcO, und 2,73 g YaReO, (die Eur die Hpporhenat- hiltlung erfordrrlicheri molaren l lengm) gegeben und das Iieaktions- gtmiscli 1 Stunde lang auf 6000 C’ gebalten. Nach dieser Zcit ~ ~ u r d e die Heizung fortgrnommen untl tler Ansatz B in ein Eisbad gesetzt (zur Verriit4dung von Rlimatbildung, vgl. 8. 142). Drr rrkaltetr Sclimelzhnchen vurde zerdruckt und tlir Stuclie in 100 em3 5*/oigr Xatronlauge von 0” grscliuttet.l)

JYalirt~id t l c s Losungsvorgangrs girig ein Stroni von Stickstoff t l r m h die Lange, die gleichzeitig die Rulirung bewirkte. Nacli etwa 15 ~ l i n u t r n xaren (lie Stucke zerfallen untl alles YaOH und NalZeO, gcJlost. 9 r n Bodm des Grfaaes lag ein liellsaridgelbrr, feinliristalli- rnsclier Nictlerschlag. Ilicsrr TF iirdr auf dcy. in Fig. 2 dargestclIteii Yorrichtimg ahfiltriert, rriit 200//,igcr cislalter Xatronlauge naeh- gewaschmi iind trocliengesaugt .

Rei tler ,12naI+ysr dieser Siibstanz rnuBtr hmiclrsichtigt wertlen, daB sir noch frries SaOH entliielt und (la13 sicli in ilir trotz aller Voriichts- maBregeln nocli e t w s ftlienit hefantl. Die Ilengr tlieses Khenits lie13 sich tlurcli die naclisteliend brschriebene Analysenmethode bestimmen. -

lirentl in1 reinen Hyporlienat clas Re die Wertiglieit 5,OO liaben rnuB, ergaberi alle bishcr liergrstellten HI ienate M’ertiglwiteri znisclirn 4 uritl.5, tlic allerdings hei gegluckt rr l)a liingschvn sehrnalir hci 51agt.n.

Iii ‘I’atrlle 2 sintl (lie natrn dcr bnalyse von 4 Hyporlirnaten (.lusn slil von 26 Yrrsuchen) rriit verscliietienrm Rhenitgelialt an- grgebcn. Spalte 1 rritliiilt Temprratur iind Reaktionsdauw hei der I)arstcllung, 2 die Farbe dcs troclienrn Salzes.

l h n g t l rs Gehaltrh an frricm SaOH xurde (la5 nach obiger 13t.sclireihung dsrgrstrllte, trockriigesaugte Salx gew’ogen, tltlnn n urde es 3 !Page irn Yi~kiiiim uber I’liosphorpentoxycl ge- twchnetr untl \Tiedtlr geu ogcn. Die Differrnz beider Wagungrn crgab tlrri TI’;~ssrwerliist der am Salz eingetrockneten Natronlange. Da die Stiwlce drr Waschlauge t)rliunnt war, konnte i tus diesrrii Wasser-

lu+t tlir Nenge des arn t r t d e n e n Salee haft rniltln S;iOH he-

Page 11: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

1. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Hnlogenverbindungen des Klicniums 139

rechnet wertlen. Durch Gubtraktion tler so berechneten KaOH- Menge von dem Troclrengewicht erhielten mir die korrigierte Kin- m-aage, d. h. die Salzmenge selbst (Spalte 3).

Das Salz wwde im Filtertiegel mit P/,iger luftfreier H,SO, uber- gossen, es disproprotionierte sofort untcr Schwarzfarbung. Dir Losung n-urde abgesaugt uncl der auf den1 Filter verbliebene Ruck- stand mit luftfreiem Wasser nachgewaschen. Irn Filtrat m-urden das bei der Disproportionierung entstandene siebenmertige Rhenium (Spalte 4) und das Natriurn bestimmt. Jlas auf dem Filter befind- liche Rhcniumdioxyd ergab den Anteil an vierwertigeni Rhenium (Spalte 5). L)a Hyporhenat nach dem Schema

3Rev = 2Re" + Re'" disproportionieren muB1), sollte die Menge deu auf tleni Filter ver- bliebmen ReIv doppclt so gro13 sein wie die des Rev1' irn Filtrat (vgl. Spalte 6 ) . In den meisten Fallen war aber Re'' > 2ReV1', d. h. das Hypo- rhenat enthielt noch Rhenit. Aus der Abweichnng von dem Verhiiltnis Relv : Rev'' von dern Werte 2 : 1 1813t sich die Menge des im Hypo- rhenat enthaltenen Rhenit s folgendermafien berechnen. Nultipliziert man die RIengc des gefundenen ReV" mit 2, so erhalt man die Ilenge des He'", das aus der Disproportionierung des Hyporhenats starurnt (Spalte 7). Zieht man das so berechnete Re'" von der Gesamtmenge des gefundenen Re'" (Spalte 5) ab, so ergibt sich die Menge des He"', das an Rhenit gebunden war (Spalte 8). Da die Formel von Rhenit bekannt ist, liiBt sich aus dieser HelV-Menge die Rhenitmenge des ein- gem-ogenen Salzes berechnen (Spalte 9). Subtrahiert man diese Rhenit- nienge SchlieBlich von der korrigierten Einwaage, so erhalt man die Hyporhenatmenge (Spalte 10). In Spalte 11 ist der Rheniurngehalt (berechnet am den Spalten 4 und 7) dieses Hyporhenats angegeben.

Weiterhin versuchten wir, den Natriumgehalt des Xatrinrnhypo- rhenats zu ermitteln. Die Natriumbestimmung im Filtrat lieferte die Summe von adsorbiertem und gebundenem Satrium. Subtrahiert man von dieser Natriummenge das gefundene adeorbiertr und das berechnete an Rheiiit gebunclene Na, so erhalt man die Menge Ka, die in1 Hyporhenat enthalten ist. In Spalte 12 ist dieses h-atrium in Proaenten vom Hyporhenat angegeben. Spalte 13 enthalt das Xol- S'erhbltnis S a : Rr irn Hyporhenat.

-

l) Eki dcr Zersetxung der Hyporheiiate in schwach a l k a l i s c h e r Losung tritt au5er drr penrtnnten Disproportionierung in gcimgem Umfanpe rioch eine andere ein, bei der' Hheniumnetall entsteht. Diese Disproportionicrung, die sichcr in mehreren Stufen v d a u f t . untersuchen wir eur Xeit noch naher.

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140 Zeitschrift fur <Inorganische und allgenieine C'hcmie. Band 215. 1933

~

I 2 3 4

Tabelle '2 Darstellung und Siialyse -

1 2 3 4 1 5

~ ~ _ _ - ~ _ _ _ ~ - _ _ ~ - - -~ .~ -

1 Stde., 500n C hellbraun 246,5 ~ 22,9 I-;,; 5,974:l 2 Stdn., 500n C gelbbraun 548,l 72,O i 279,2 3,575:l 2 Stdn., 600n C hellgclb 265,4 ' 49,2 117,l 2,350: 1 3 Stdn., 600° C hellgelh 311,5 61,4 133,3 2,171 : 1

Fig. 3. ICristalle von Natriumhjporhenat . Vergr. 2000 - ~-

l) Bei unseren ersten Versuchen hatten x i r dcni Niltriumsalz die unrichtige Forinel XaReO, gegebrn (vd . Monorraphiej

140 Zeitschrift fur <tnorganisrhe und allgenieine C'hcmie. Band 215. 1933

Tabelle '2 Darstellung und Siialyse

Ilurcli Vergleich der Hyporhenatt. iiiit den Sauerstoffsalzen anderer funfwertiger Element? lassen xich 3 norrnale Tppen aufstellen:

NaReO, Mrtahgporlienat, Na,Me,O, Dyrohyporhcnat, Na,ReO, Orthohyporhenat .

Liulkr diesen normalen Malzen lionnte es saure Xalxe geben wid schliel3licli konnten einzelne Salze Kristallwasser haben. Der Refund, daB das I'rrhaltnis Na: Re bei allen Tersuchen sich deni Werte 2 : 1 nahert, spricht fur ein Pyrosalz oder fur ein Dinatriuniorthosalz. Bereclinrt man fur derartige Salztypen die Rhenium- und Natrium- gehalte, so ergibt sich, daB das normale l'prosalz mit einer Ilolekel Tasser Ka,Re,O,.H,O (Re = 62,66O/,, Na = 15,47"/,) und das Di- natriumorthosalz Xa,HReO, rnit derriselben Re- und 9a-Qehalt derri analysierten Malz am niichsten kommeii. Eine einwandfreie Entschei- durig, ob das Salz als Na,HReO, otler als Wa,ReZ0, .H,O anzusprrchen ist, mar bisher nicht moglich. Die starlie Abnahrne der Loslichkeit des n'atriumhyporhenats in Laugen niit steigendcr Na ' -1onenkonxentration spricht far den Pyrotypus. Der Befund, (la13 immrr etn as mehr als 2Ka auf 1 Re liommen, ld3t sicli (lurch Pine t tdv eise Entwisserung des Salzes und Bildung von normalem Orthohyporhenat c1euten.l)

Fig. 3. ICristalle von Natriuinhjporhcnat . Vergr. 2000 - ~-

l) Bei unseren ersten Versuchen hatten xir dcni Niltriumsalz die unrichtige Forinel XaReO, gegebrn (vd . Monorraphiej

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I. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums 141

Re'" an ReIV an Rhenit yporhenat

Tabelle 2 von Satriumhyporhenat

O/, , Re im ~ O!,, Na 1 Na: Re

91,0 136,9 135,2 203,4

18,7 28,l 10,5 15,s

45,s 144,O 98,4

122,s

109,6 62,7 17,55 2,27:1 344,7 , 62,6 16,SO 2,17:1 237,3 62,2 16,14 2,lO: 1 295,7 1 62,3 16,lO 2,09:1

hTatriumpcyroliyporlienat ist in reinem Zustancle ein hell- sandgelbes, kristallinisches Salz. Unter dem Miliroskop zeigt es gelbe, sechseckige Tafeln und Saulen von 0,l--5 ,u Durchmesser (vgl. Fig. 3). Unt er starker wa13riger und alkoliolischer Natronlauge ist ex langere Zeitl haltbar. &Tit Wasser, Arnnioniak und Sauren disproportioniert es in der oben beschriebenen Weise in Re" und ReVr1. In Natron- huge ist das Salz sehr schwer liislich. Die Losung hat eine hellgelbe Farbe. Durcli Versetlzen einer derartigen Losung mit Schwefelsaure und Bestimmung des ausgeschiedenen ReO, als Xitronperrhenat er- hielten wir die ungefahre I~oslichkeit des Salzes. Nach dieser Messung losten sich in 1,s n-Natronlauge bei 00 C 0,04 g (als Na,Re,O,) im Liter. Die gelbe Iijsung des Hyporhenats ist selir unbestandig. Nach einigen Tagen scheidet sicli schwarzes Dioxyd ab. Bei Luftzutrit t entfarbt sich die Losung allmahlich unter Perrhenatbildung. Schwefel- wasserstoff farbt die Losung schnell dunkel, nach einiger Zeit scheidet sich ein schwarzer Niederschlag ab, der Rheniumdisulfid, Schwefel nnd anscheinend Natriumsulfoperrhenat enthalt.

1)as Natriumpyrohyporhenat zeigt, in seiner Zusammensetzung und in seiner geringen Lijslichlieit, eine Ahnlichlieit mit dem Natrium- pyroantinioniat . Es sol1 noch untersucht, werclen, ob die beiclen Salze zur 3!Iischliristallbiltlung befiihigt sind.

TVir versuchten weiter, nach dem analogen Verfahren K a l i n m - p yr o h p p o r h e n a t zu gewinnen. Rheniurndioxyd und Kalium- perrhenat wnrden in den bereclineten Mengen in eine Kaliumhydroxyd- schrnelze gebraclit, die Schmelze einige Zeit auf 600O gehalten und abgeldilt . 1 k r Schmelzliuchen wurde zerlileinert und mit ver- tlunnter Kalilauge bpi 00 behandelt. Die Losung farbte sich tief- gelb, woraus sicli sclion erliennen lieB, daB Kaliumhyporhenat vie1 leichter loslicli ist als tlas Xatriumsalz. Als Ruckstand blieb nur ein Gemiscli von Kaliunirhenit und Kaliumperrhenat . Eine S b - scheitlung des ge1M en Kaliumhpporhenat s gelang bisher nicht, da-

'

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112 Zcitschrift f i h anorganische und allpemeirir Chertlit. Band 215. 1933

Kegen lie13 sich aus der Ildsnng durcli Zusatz von Katronlauge clas hch\verlijsliche Katrium~)yrohyporlienat abscheiden.

h r c h Zusammenschmelxen von SaOH, BaO, BeO, nnd X'alieO, mid nachfolgendes Auslaugen der erstarrten Schmelee mit Natron- huge erliiclten wir gelbe Ruclistiintlci, die fnnfwertiges Rhenium cnt- halt rn untl (kmische von Xetriurn- und Bariumhyporhenat dar- htellrn tlurfkn. Uber die ~~al i~scl i r inl iche Entstehung van Hypo- rhenattm in wiil3riger Phase vgl. S. 169.

4. Rhenate

Bri rler Einwirkung von Sauerstoff aixf die Hyporhenatschmelxe cintst,eht xuwcilen, ehe die Schmelxe den feiwrroten Ton drs Per- rlienats :mnimmt, Pine Granfiirbung. M'ir beobach grunr Farbe um so lrrsftiger wurde, je nieclriger die Temperatur der fhissijien Schmelze war, und (la13 clas Crun wieder verschwand, wenn iiian die Temperatur auf etwa 500" steigerte. Dieser E'arbton schien einer Valenzstufe des Rheniurris aneugehoren, die zwischen He1 und Rev11 liegt. Es Iconnt,e sich nur uni Vmbiridungen tles sechs- wertigen Rhcniums handeln, die wir mit Rucksicht auf die llanganate als H h e n a t e bezeichnen wollen.

K i r versuchten, aus der Schmelze tliese grun gefarbtcn Ver- hindung:cn xu isolieren. Dies gelang hei tier Satriumhyporhenat- hchmrlxe nicht, rla das griinc Xatriumsaln tles sechswertigen Rhe- niums noch erheblich unbestlndiger ist als das Xatriurnhyporhenat. Es war schoii nicht, moglich, der genannten Schmelze rinen einheit- ljch grunen Ton zu geben. Theoretiscli sollte sich die Bilrlung des Satriurnrlienats nach der Gleichung :

HeO, + 2NaHe0, + 4KaOH = 3Sa,HeO, + 2H,O vollziehen. Schmilzt man die angegebenen molaren llengen ReO, nnd XaHeO, mit einem Gherschul3 von NaOH ausammen, so ent- stelit bei 'L'omperaturen unter 350" weder Hyporhenat noch Rhenat. Gber 500" bildct sich nur Hyporhenat, und Iiur beim langsaiuen S b - huhlen der gelben Hjporhenatschmrlze zrigt, sicli der beschriebene grune Fsrbton. Die erstarrte Schmelee ist aher nie einheitlich grdn. I k r Schmelzliuchen ist meist in seinem oberen Teile rein grun, nach unten grht die Farbe in Gelb bis Hellbraun uller. Beim hufbewahren tles Schmelzkuchens im T'akuurn fiirben sich die grunen Teile in rjnijien Tagen schwarz. Behantlell man die frische Schmelze mit Wssser, Langen otler dlkohol, so tritt sofort, Verfiir1)ung der griinen St ricke &i.

Page 15: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

]he obcn gescldderte Entsteliung drr grunen Parbe beirii Ah- kuhlrn tlrr grlben Hyporhenatschmelw Twist darauf hiri, dafS s i c h Rlienat nur aus HT porlienat, und Pcrrl-ienat bci niedriger Trrnperat iir bildet, etwa nach der Gleichung:

Sa,Ke20, + 2NaRe0, + 2SaOH = 4Sa,KeO, -t H,O.

I)ie absolute Unbestandigheit des Natriumrlienats gegeri Wasser, Satronlauge und Alkohol dorfte mit seiner brtrdchtlichen Loslichkcit in diesen Flussigkeiten zusammenhangen (vgl. dam die Inrtahilitat der H~l~orhenatlosungen).

W’ir versuchten daher, moglichst schw~rlosliche Ithenate dsr- zustellen. In Frage liani liierfur vor allern (lam Bariurnrlienat, das aus dnalogie zurri Bariunimanganat sehr scliv erloslich spin sollt e. -his den Erfahrnngen rnit dern Xatriunirhenat lionnte man ern arten, (la13 sich tlas Bariurnrlienat beim Abkuhlen einer perrhenatreichen Sclimelze von Rariumhyporhenat bildeii wixrdr.

JJ’ir stellten Schrnelzeil von ReO,, Ba(HrO,), und PJaOH rni t uechseln~leni Verhbltnis der Bestandteile bei 500O her und kulilten tliese Schmelzen sehr langsarn bis auf 200 ah. 1:s ergaben Rich Schmelz- liuclien, die durch und durch rein grun waren. Ua dic Reaktion

ischen Hyporhenat und Perrhenat im Sinne der obigen Gleicliiing iiur sehr langsarn erfolgt, und da das eveiituell in der Schrnelze zii- ruckgebliebene Bariumhgporhenat in Wasser und Laugen schn er 10s- lich i s t , mul3te es beim Auslaugen der Schmelze zuruclihleibm und das Bariurnrlienat verunreinigen.

In der Tat xeigten die nisproportionirrungsversiiche von Rhe- naten, die aus schnell ahgpliuhlten Schnielzcn gewonnen sawn , (la8 diese Salze noch vie1 Hyporhenat enthielten. nurch Variation der dbkuhlun~sbedingungen konnten wir feststellen, daB die hesten Dis- proportionierungen tlw Entlprodukte nach dern Schema

3Re”’ = He’” + 2He”’.

also die reinsten Rhenate erhalten wiirden, wenn man die auf 5000 erhitzte Schmelzc schnell auf 300° sbkuhlte, sie auf diesrr Tempe- ratur einige Zeit belief3 und sie dann wieder schnell auf 20° liulilte.

In den1 Tiegel G in Fig. 1 wurden irn Stickstoffstrorn 20 g NaOH geschmolzen, dann wurden nacheinander 8,OO g Hs(ReO,), und 2,OO g ReO, zugegeben. Die Schmelze wurde auf 500° erhitzt und 1 Stunde auf dieser Temperatur gehalten. Hierauf wurtle die Heizurig ausgesclialtet und gewartet, bis das ‘l’hermoelernent 3000 C zeigtr. Die Heizung wurde nun so reguliert, ( la6 die Ternperatur

Versuch:

Page 16: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

144 Zeitsrhrift fur anorgnnische und allgenleine Chcmie. Band 215. 1933

1 Stunde bei 300° blieb. Dann wurde der Heizwiderstand ueg- genomnien untl der hnsatz D riiit Eiswasser gekuhlt. l)er rein grune Schmelxlruclieri wiirde xerlileinert und die Stncke init auf Oo ge- liuhltem !)6°/,igem ~~thylalkohol behandelt. Dabei losten sich NaOH untl KaKeO,. Uas noch vorhandene Ba(ReO,), setzte sich rriit tlerii XaOH zu XaReO, und Ba(OH), urn untl tlieses Ba(OH), verblieb rnit clem BnReO, ungclost als Ruckstand. Auf cler Filtriervorrichtinfi (Pig. '2) wurdc der Ruckstmid von der Losnny getrennt, iiiit etwab l lkohol nachgewaschen und trockengesaugt. Finr die Bestandiglieit drs B2ienats war (Bhnlich mie beirn Hyporhenat, S. 138) die Gegen- n-art e inn ltleinen Xenge SaOH notwendig. l>a das Rhenat dem- nacli SaOH und &(OH), enthielt, besclirimkten wir uns bei seiner h n a l p e aaf die Festst ellung des Rheniumgehdtes und die Kwtim- rriung dcs Disproportionieriiiigsver~~Bltnisse~.

Das i r r i 'L'aknuin getrocknete, gewogene 8alz wurde mit 10°/,iger Eszigstture ubergossen, wobei sofort Schnarzfnrbung und Dispropor- tionierurig eintrat. 1)er geldste siebcnwertige iZnteil des Rlieniurns wxrdc abfiltriert ixntl. init Sitron gefallt. De,- auf dem Filter ver- bliebenc. vier\$ ertige Anteil tvurde oxycliert untl ebenfalls mit Nitron lwstimmt. In Tabelle 3 Rind die Datrn von 3 Snal!-sen angegeben. Spaltc 1 clntli8lt das Re", 2 das lieT", 3 den Gesamtgehalt an Re, alles in Prozenten. 711 Spalte 4 ist das T'erliitltnis Re''' : EP'~' an- gefiihrt . Tabelle 3

Bnalyse von Bariumrlienat

Nr .

1 2

1 I 2 I 3 I 4

Ua,s VerhBltnis Re'' : Re"' ist in allen drc4 Fkllen naliexn gleicli 1 : 2, wie es fur die 1)ispro~ortioiiierun~ des sochswertigen Rheniiirns vc&iigt wird. 1)er liheniumgehalt des Salzes ist 11-egen des Ge- Eialtes an XaOH ixnd Na(OH), geringer, als der fur BaReO, erreclinete (He in 13sEle0, = 48,06"/,).

1'2s ist tlaher noch niclrit der dlrelite Beweis: gelirfrrt, daB das grune Salz die Forrnel BaReO, besitzt. I>ocb ist diese AIrinalime die einzig brauchbare, denn jedes basisreiclirre Rhenat ( e t m Ih,ReO, riiit 34.#0/, Re) wurtle weniger Hlieniurri entlialten, als die _inslysen dru 'I'ahrllr 3 angebcm.

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I. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums 145

B a r i u m r h e n a t BaReO, hat in frisch hergestelltem Zustande eine laubgrune Farbe. Es ist heller und weniger blaustichig als das Bariummanganat. Das Salz zersetzt sich auBerordent1icl.i leicht. Wahrend dabei im Vakuum allmahlich Schwarzfarbung auftritt, bleicht seine grune Farbe an der Luft bis zu WeiB aus, da sich das primar gebildete Rhenit zu Perrhenat oxydiert. BaReO, mit einem Gehalt von loo/,, NaOH behielt seine grune Farbe im Vakuum 2 Wochen lang, dann wurde es allmahlich schwarz. Durch Wasser, Laugen und Sauren wird das Salz sofort zersetzt. Nur bei Einwirkung von verdunnter Schwefelsaure entsteht voriibergehend eine braun- grune Farbung. Die nahere Untersuchung dieser Beobachtung zeigte, daB das bei der Reaktion gebildete Bariumsulfat einen Teil des Bariumrhenats vor der weiteren Zersetzung schutzte. Wir versuchten daher, Mischungen von Bariumrhenat und -sulfat im SchmelzfluB dar- zustellen, indem wir der Natriumrhenatschmelze kleine Mengen von Natriumsulfat zusetzten. Es bildeten sich hellgruno (wahrscheinlich isomorphe) Mischungen beider Salze, in denen sich das sechswertige Rhenium erheblich stabiler verhielt als im reinen Rhenat. Mit der weiteren Untersuchung dieser Salze sind wir noch beschaftigt.

5. Perrhenate

Wie bereits in der Einleitung gesagt wurde, oxydiert sich das Rhenium in der Alkalischmelze bei SauerstoffuberschuB stets bis our siebenten Valenzstufe. Da das Studium dieser Schmelzen zu einer Erweiterung unserer Kenntnisse von den Perrhenaten fuhrte, seien hier einige Versuche wiedergegeben, die die Siebenwertigkeit des Ele- mentes in derartigen Schmelzen beweisen.

1. In einem Goldtiegel wurden 2 g NaReO, und 3 g NaOH an der Luft geschmolzen. Die in der Hitze rote, klare Schmelze wurde beim Erkalten hellgelb. Der Schmelzkuchen wurde zerkleinert und in luftfreiem Wasser in einer Gasburette gelost. Beim Losen ver- schwand die gelbe Farbe sofort ; es entstand ohne Disproportionierung eine klare, farblose Losung, in der sich nur NaOH und NaReO, nach- weisen lieBen. Auch eine Gasentwicklung trat beim Losen der Schmelze nicht ein, so daB sich nicht etwa niederwertiges Rhenium unter Zersetzung des Wassers zu siebenwertigem oxydierte. Die Schmelze enthielt offenbar schon das Rhenium in siebenwertiger Form. Da aber die bisher bekannten Perrhenate farblos sind und auch beim Erhitzen farblose Schmelzen ergeben, lag wahrscheinlich eine neue Art von Perrhenaten vor.

Z. anorg. it . allg. Chem. Bd. 315. 10

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146 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 215. 1933

Zu demselben Ergebnis fuhrte der Gegenversuch : 2. In den Goldtiegel C der Apparatur, die in Fig. 1 dargestellt

ist, wurden 3 g NaOH und 2 g NaReO, gebracht und das Rohr A rnit Stickstoff gefullt, der zur volligen Entfernung des Sauerstoffs vorher zuerst uber gluhendes Kupfer und dann uber ein Gemisch von Kalium und Natrium geleitet war. Nachdem das Rohr rnit Stickstoff gefullt war, wurde das Manometer G an den Schliff F gesetzt und der Hahn bei H geschlossen. Hierauf wurde der Tiegel auf 5000 erhitzt. Wahrend der Erhitzung zeigte das Manometer Druckanstieg, der aber beim Ab- kuhlen wieder vollig zuruckging. Nach Beendigung des Versuches wurde der in A befindliche Stickstoff durch ein gewogenes Rohr rnit gluhendem Kupfer gesaugt. Das Rohr zeigte keine Gewichtszunahme, es war demnach bei der Erhitzung der Schmelze kein Sauerstoff frei geworden. Das siebenwertige Rhenium des Perrhenats hatte wahrend des Schmelzprozesses seine Valenz behalten.

Nachdem sichergestellt war, daB sich das Rhenium in der heiB roten, kalt gelben Schmelze in der siebenten Valenzstufe befindet, war festzustellen, welche Verbindung der Schmelze ihre Farbe erteilt. Am wahrscheinlichsten schien es uns, daB es sich um mehrbasische Per- rhenate handeln wurde.

Da sich die Alkalirheniumsalze, die der Schmelze den gelben Ton verleihen, nicht von dem freien Alkali trennen lieBen, sondern beim Behandeln der erlialteten Schmelze rnit Wasser oder Alkohol immer nur die bekannten farblosen Perrhenate XIReO, erhalten wurden, ver- suchten wir - wie wir es bei den Salzen des fiinf- und sechswertigen Rheniums getan hatten -, auch hier Verbindungen herzustellen, die in Wasser oder Alkohol unloslich sind. Dies gelang zuerst rnit dem Bariumsalz.

Versuch: Es wurden 3 g Ba(ReO,), rnit 5 g carbonatfreiem NaOH im Tiegel C in der in Fig. 1 beschriebenen Apparatur in einem Strome von kohlensaurefreier Luft geschmo1zen.l) Die Schmelze war in der Hitze rot und trube, nach dem Erkalten gelb. Sie wurde zerkleinert und mit 900/,igem Athylalkohol ausgelaugt. Das uberschussige NaOH und das bei der Reaktion entstandene NaReO, losten sich, und es hinterblieb ein zitronengelber, kristallinischer Buckstand, der auf der Nutsche von der Losung befreit, rnit Alkohol nachgewaschen und trockengesaugt wurde.

l) Bei diesem Versuch war dor vollige AusschluB von CO, notwendig, da sich das in der Natronschmelze gebildete Na,CO, in dem Alkohol nicht gelost und daher das gelbe Bariumperrhonat verunreinigt hktte.

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Zur Analyse wurde eine gewogene Menge des Salzes mit heiBem, kohlensaurefreiem Wasser zersetzt. Aus der mit Essigsaure versetzten Losung wurde zuerst das Barium mit Schwefelsaure, dann das Rhe- nium mit Nitron gefallt. In Tabelle 4 sind die Daten von zwei Ana- lysen angegeben. Spalte l enthalt die Einwaage, 2 das gefundene Bariumsulfat, 3 den aus 2 berechneten Gehalt an BaO in Prozenten, 4 das gefundene Nitronperrhenat, 5 den aus 4 berechneten Gehalt an Re,O, . Spalte 6 zeigt das molekulare Verhaltnis BaO : Re,O, .

Tn.hpllp 4

Dieses Verhaltnis hat in beiden Fallen nahezu den Wert 3 : 1. Das Salz hat demnach die Zusammensetzung :

3Ba0.Re20, = Ba,(ReO,),. Man kann das Salz als das normale Bariumsalz der dreibasischen

Perrheniumsaure H3Re0, auffassen. Da das siebenwertige Rhenium durch seine Fahigkeit, derartige Salze zu bilden, eine gewisse dhnlich- keit mit dem siebenwertigen Jod zeigt, wollen wir der bei den Per- jodaten gebrauchlichen Terminologie folgen und diese Klasse von Per- rhenaten als Mesoperrhenat e bezeichnen. Entsprechend miissen dann die Salze der bisher bekannten einbasischen Saure HReO, Met a p e r r hena t e genannt werden.

Da sich die Bildung des Bariummesoperrhenats aus Bariummeta- perrhenat und Natriumhydroxyd nach der Gleichung :

SBa(ReO,), + 4NaOH = Ba,(ReO,), + 4NaRe0, + 2H,O schnell und quantitativ vollzieht, war zu erwarten, da13 sich diese Reaktion unter geeigneten Bedingungen auch in waBriger Losung ab- spielen wiirde, wenn man eine hohe Konzentration von OH-- und ReO,-- Ionen zusammengibt. Diese Vermutung lie13 sich best5itigen.l)

Versuch: 20 g NaReO, und 20 g NaOH wurden zusammen in 50 em3 Wasser gelost und die Losung zum Sieden erhitzt. Dann wurde eine 80° heiBe Losung von 2 g Ba(OH), in 10 em3 Wasser hinzugefugt. Es schied sich sofort ein hellgelber Niederschlag aus, der aus Barium- mesoperrhenat bestand.

Z. anorg. u. allg. Chem. 216 (1933), 185. I ) Vgl. auch die nachfolgende Arbeit von B. SCHARNOW, Mesoperrhenate.

10"

Page 20: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

148 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Cheinie. Band 215. 1933

Bar iummeso pe r r hena t Ba,(ReO,), hat eine zitronengelbe Farbe. Das Salz bildet kleine, sechseckige Tafeln und Saulen. Beim Erhitzen an der Luft auf 800O farbt es sich rot und nimmt beim Ab- kuhlen seine gelbe Farbe wieder an. An trockener Luft, unter starker Natronlauge und unter 800,/oigem h;thylalkohol ist das Mesoperrhenat, hallbar. Mit Wasser zerfallt es in Bariummetaperrhenat und Barium- hydroxyd :

Ba,(ReO,), + 2H20 = Ba(ReO,), + 2Ba(OH),.

Die dem Salz zugehorige Saure H,ReO, ist sehr schwach, schwacher als Kohlensarire, denn das Bariurnmesoperrhenat wird durch waBrige Kohlensaure leicht zersetzt, und beim Schmelzen von KReO, mit K2C0, tritt nur geringe Gelbfarbung ein, die anzeigt, daB nur spurenweise CO, aus dem Carbonat unter Bildung von Meso- perrhenat vertrieben wird.

In analoger Weise wie das Bariummesoperrhenat lassen sich auch andere schwerlosliche Mesoperrhenate gewinnen, mit deren Unter- suchung wir noch beschaftigt sind.

Analoga zu den Orthoperjodaten X,JO, und zu den Pyroper- jodaten X,J,O, sind beim Rhenium noch nicht bekannt.

6. Vergleich der Sauerstoffsalze des Rheniums mit denen seiner Nachbarn im periodischen System

Von besonderem Interesse ist ein Vergleich der bisher dar- gestellten Sauerstoffsalze der verschiedenen Tralenzstufen des Rhe- niums mit den entsprechenden Salzen benachbarter Elemente. Doch zeigt das Studium der Literatur, dal3 selbst bei so gut bekannten Ele- menten wie Molybdan und Wolfram die Kenntnis von Sauerstoff- salzen ausschlieBlich auf die sechste Stufe beschrankt ist. Ein syste- matischer Vergleich ist daher noch nicht moglich, obwohl man voraus- sehen kann, daB bei den Gruppen:

Cr Mn Fe Mo Ma Ru W Re 0 s

von der vierten Valenzstufe an aufwarts die Oxyde Saurecharakter zeigen werden.

Beim Chrom und Eisen kennt man salzartige Verbindungen der dritten Stufe, die Chromite und Ferrite. Die entsprechenden Ver- bindungen von Re,O, sind noch nicht dargestellt worden. Wegen der Tendenz des dreiwertigen Rheniums, bei fjberschuh von OH-Ionen

Page 21: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

1. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogeliverbindungen des Rheniums 149

in Re" und Re" zu disproportionieren, werden derartige Salze wenig bestandig sein (vgl. S. 175).

Analoga zu den Salzen von ReIV, den Rheniten, sind bisher nur beim Mangan bekannt, und hier scheint die Ahnlichkeit zwischen den beiden Elementen recht grol3 zu sein. Inwieweit die Salze anderer, weiter entfernter vierwertiger Elemente, wie Si, Ti, Ge und Sn, che- misch und kristallographisch den Rheniten nahestehen, bedarf noch der Untersuchung.

Sauerstoffsalze funfwertiger Elemente vom Typus der Hypo- rhenate sind bei den niichsten Nachbarn des Rheniums nicht bekannt. Nur beim Mangan zeigt sich eine Andeutung fur die Existenz der- artiger Verbindungen. Beim oxydierenden Schmelzenvon Mangandioxyd mit Alkali schreitet die Oxydation des Mangans nur bis zu MnO,,, oder MnO,,, vorl); man deutet diese Beobachtung so, dal3 sich in der Schmelze ein molekulares Gemisch von Manganit und Manganat bilde. Die Auffindung der Hyporhenate weist aber daranf hin, daS vielleicht auch in der Manganschmelze Hypomanganat entsteht ; dieses Sale zerfallt moglicherweise schon beim Abkuhlen der Schmelze in Manganit und Manganat. - Wirkliche Analoga der Hyporhenate finden sich wahrscheinlich in der Reihe V, Nb, Ta und beim Sb, da die Pyro- antimoniate den Pyrohyporhenaten besonders Bhnlich zu sein scheinen.

Salze sechswertiger Elemente vom Typus X2M0, sind bei fast allen Nachbarn des Rheniums und bei vielen anderen Elementen zu finden. Die anscheinend vorhandene Isomorphie zwischen Rhenaten und Sul- faten wird sich sicher auf eahlreiche andere Mischungen erweitern lassen.

In der siebenten Stufe sind Analoga zu den Metaperrhenaten bisher beim C1, J, Mn und Ru bekannt. Diese Salze der Formel XIMeO, zeigen einen gewissen Parallelismus in der Loslichkeit, wahrend die Isomorphie trotz der analogen Zusammensetzung recht beschrankt zu sein scheint. Salze des Mesotypus sind nur beim Re und beim J bekannt ; vergleichende Untersuchungen uber den chemischen Charakter der beiden Reihen mufiten noch vorgenommen werden.

II. Halogenverbindungen Die sieben Valenzen des Rheniums und seine Stellung awischen

den Elementen Wolfram und Osmium, die zahlreiche Oxyde, Haloge- nide und Oxyhalogenide besitzen, lieBen voraussehen, daS das Rhe- nium ebenfalls viele Halogen- und Oxyhalogenverbindungen bilden

1) ASKENASY u. KLONOWSKY, 2. Elektrochem. 16 (1910), 104; SAKW, Z. anorg. Chem. 73 (1911), 101.

Page 22: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

150 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 215. 1933

wurde. Dies hat sich schoh in weitem Umfange bestatigt. Unsere fruheren Versuche an den ersten Milligrammen Rhenium hatten bereits zwei fliichtige Halogenverbindungen ergeben, eine grune, die wir als ReC1, ansahen, und eine braune, aus deren Analyse wir auf die Zu- sammensetzung ReC1, sch1ossen.l) Spatere Untersuchungen von BRIS- COE, ROBINSON und STODDART ergaben fur das griine Chlorid die Formel ReCI,, wahrend es nach GEILMANN die Zusaminensetzung ReC1, be- sitzt.2) Die genannte braune Verbindung ist in Wirklichkeit das von BRUKL und ZIEGLER~) zuerst richtig erkannte Rheniumoxytetrachlorid ReOC1,. Uber Doppelsalze des drei-, vier- und fiinfwertigen Rheniums ist eine groBe Zahl von Arbeiten bekannt geworden, die aber mit- einander und zum Teil auch mit dem chemischen Charakter des Elements in Widerspruch stehen (vgl. Abschnitt 11, 1). SchIieBlich wurde vor kurzem von BILTZ, GEILMANN und WRIGGE~) das Rhenium- trichlorid hergestellt. Nimmt man noch das von BRUKL und ZIEGLER~) dargestellte Rheniumtrioxychlorid Re03C1 hinzu, so waren bisher Halogenverbindungen der 3., 4. bzw. 5., 6. und 7. Stufe bekannt.

Unsere eigenen Versuche lehrten uns, daB man auch zu Halogen- verbindungen der ersten und zweiten Valenzstufe gelangen kann, und daf3 zwischen den verschiedenen Stufen so zahlreiche und komplizierte Umsetzungen stattfinden, da13 es noch sehr vieler Untersuchungen be- durfen wird, ehe alle bekannten Beobachtungen geklart sind. Im folgen- den sollen einige derartige Reaktionen und die dabei entstehendenver- bindungen beschrieben werden. Der Umfang ties Gebietes macht es bisher unmoglich, bei den Halogenverbindungen eine so ubersichtliche Systematik zu geben, wie es bei den Sauerstoffsalzen geschehen kann.

1. Die Reduktion der Perrheniumsaure durch Jodwasserstoff

Perrheniumsaure aeigt in waJ3riger Losung keine merklichen oxy- dierenden Wirkungen. Sie gewinnt aber derartige Eigenschaften, wenn

II ihre Dissoziation durch Zusatz starker Laugen oder Sauren zuruck- gedrangt wird.

Wie wir schon vor langerer Zeit zeigten”, kann man Perrhenium- saure in stark salzsaurer Losung durch Jodwasserstoff reduaieren. Wir

l) W. NODDACK, Z. Elektrochem. 34 (1928), 627. 2, H. V. A. BRISCOE, P. L. ROBINSON u. E. M. STODDART, Journ. chem.

3, A. BRUKL u. K. ZIEGLER, Ber. 65 (1932), 918. 4, W. GEILMANN, FR. W. WRIGGE u. W. BILTZ, Nachr. Ges. Wiss. Gottingen,

6, I. u. W. NODDACB, Z. angew. Chemie 44 (1931), 215.

SOC. (1931), 1258; w. GEILMANN, Z. angew. Chemie 46 (1933), 223.

Math.-phys. K1. (1932), 579.

Page 23: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

I. u. W. Noddack. Sauerstoff- uiid Halogenverbindungen des Rhenium 151

gelangten dabei immer zu Re'", ohne jemals Zwischenprodukte von ReV1 und ReY oder gar eine weitergehende Reduktion uber Re'" hinaus zu beobachten. Etwa gleichzeitig mit uns veroffentlichte E N K ~ ) Versuche uber die Reduktion von Kaliumperrhenat mit Jodwasser- stoff, bei denen er das Salz K,ReCl, gewann. Das Prinzip der Re- duktionsmethode ist in beiden Fallen dasselbe, nur arbeitete ENK nicht in homogener Losung, sondern dampfte ein gepulvertes Gemisch von KReO, und K J wiederholt mit konzentrierter Salzsaure ein, wobei das freiwerdende Jod entwich. Nach analogen Verfahren stellten spater KRAUSS und STEINFELD~) einige Alkalidoppelbromide her; BRISCOE und seine Mitarbeiter3) gewannen nach einer ahnlichen Methode das Kaliumrheniuinjodid. In der genannten Arbeit von ENK und in einer spateren von MANCHOT, SCHMID und DUSING~), die teilweise denselben Gegenstand behandelt werden verschieden gefarbte Reduktions- produkte beschrieben, die vierwertiges Rhenium enthalten sollen, von denen aber keine Analysen gebracht werden. Aus den salzsauren Losungen dieger Reduktionsprodukte wurde das genannte ,,gelbgriine" Salz K2ReCl, durch mehrfaches Umkristallisieren gewonnen. KRAUSS und DAHLMANN~) untersuchten ebenfalls die Reduktionsprodukte und gaben an, dafi das reine K,ReCI, nur beim Umkristallisieren aus konzentrierter Salzsaure entstande und eine rein gelbe Farbe besitze. Bei der Kristallisation aus verdunnter Salzsaure bilde sich ein Hydro- lysenprodukt von K,ReCl,, das die Formel K,Re(OH)Cl, habe und sich als griines Salz abscheiden lasse. Aus den genannten Roh- produkten der Reduktion erhielten KRAUSS und STEINFELD weiterhin ein braunes Sale von der Zusammensetzung K,Re,CI,,, das drei- und vierwertiges Re enthalten soll. SchlieBlich gaben sie an, daB bei der weiteren Einwirkung von JH auf K,ReCI, ein braunes Salz des drei- wertigen Rheniums von der Zusammensetzung K,ReCI, entstehe. Neuerdings teilten JAKOB und JEZOWSKA,) mit, daB sie bei der elektro-

") E. ENK,UberrheniumchlorwssserstoffsauresKalium,Ber. 64(April1931),791. 2) F. KRAUSS u. H. STEINFELD, Zur Kenntnis der Verbindungen des 3- und

3, H. V. A. BRISCOE, P. L. ROBINSON u. A. I. RUDQE, Kaliumrhenijodid.

*) W. MANCHOT, H. SCHMID u. I. DUSING, nber 3-wertiges Rhenium und

s, F. KRAUSS u. H. DLHLMANN, nber Halogenoverbindungen des Rheniums.

6, W. F. JAKOB u. B. JEZOWSKA, Uber die Elektroreduktion der Perrhenat-

4-wertigen Rheniums. Ber. 64 (Okt. 1931), 2552.

Journ. chem. SOC. (Dez. 1931), 3218.

sein Verhalten bei der Oxydation. Ber. 64 (Dez. 1931), 2905.

Ber. 65 (Mai 1932), 877.

saure. Ber. 66 (Marz 1933), 461.

Page 24: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

152 Zeitschrift fur anorgnnische und allgenirinc Chemie. Rand 215. 1933

33 20 32,5 15 25 65 33 40

lytischen Redulrtion von Kaliumperrheriatliisixn~ei~, dic mit ,Tad- kalium versetzt waren, ein gelbgrunes Salz des fiinfwertigen Rheniums von der Formel K,Re(OH),Cl, erhalten hiitten.

Alle diese Befunde standen untereinander und mit unseren fruheren Resultaten in einem gewissen Widerspruch, dessen Klarung uns crwunscht schien.

Wir untersuchten zimiiclist nochmals, ob bei der Reduktion von l’orrheniurnsaure oder von Perrhenaten durch Jodwasserstoff in stark salzsaurer Losung wirlilicli nur die vierte Stafe des Rheniums erreicht] wird, oder ob die Behauptung von KRAUSS und STEINFELD zutrifft, claB ein UberschuB von Jodwasserstoff auch eine weitere Reduktion zu Rex11 veranlassen liann.

Es wurden gewogene Mengen von Namtlriurn- oder Kaliurnperrhenat in luftfroier konzentrierter Salzsauro gelost und die so entstandenen Losungen illit einem UbersehuB von ebenfalls luftfreier lionzentrierter JodkaIium- bzw. Jodnatriumlosung versetzt. Das ansgeschiedene Jod ivurde nach Verdunnen der Losung mit Wasser unter LuftabschluB iiiit, Chloroform ausgeschuttelt und die Jodchloroformlosung gegen cine solche von bekanntem Jodgehalt kolorimet#riert.l) Die Versuche wurderi mit Salzsauren verschiedener Konzentration bei verschiedenen Temperaturen ausgefuhrt. I n Tabelle 5 sind einige Daten dieser Ver- suche wiedergegeben. Spalte 1 enthalt Menge und Art des gelosten Perrlisnats, Spalte 2 die Konzentration der Salzsaure in der gesamten Losung nach dem K J-Zusatz, Spalte 3 die Reaktionstemperatur, Spalte 4 die zugegebene Menge Jodkalium, Spalte 5 die Menge des freigewordenen und kolorimetrisch bestimmteri Jods. In Spalte 6 findet sich das Atomverhtiltnis Re : J, in Spalte 7 das Molverhiiltnis der angewandten Mengen KReO, und KJ .

_ _ ~ _____ 170,O 50,4 1 : $13 1:8 153,l 443 1 : 3,05 1:8 6 8 3 26,5 1 : 3,02 1:6

90mgNaJ 56,s 1 : 2,98 1:4 (NaRe0,:NaJ)

Tabelle 5 Reduktion von HBeO, durch HJ

1

Einwaage - -.

37,O mg KReO, 33,5 mg KReO, 20,O mg KReO, 41,O mg NaReO,

1 ) Durch Blindversuche iiberzeugten wir uns, da13 unter gleichen Be- dingungen innerhalb der benutzten Zeiten aus Losungen von Jodkalium in Salz- same kein Sod freigemacht wird.

Page 25: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

1. 11. LV. Noddack. Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheiiiun~s 153

Das Atomverhdtnis Re : J ist bei allen Versuchen - unabhbngig von der Temperatur und von der benutzten Salzsaurekonzentration - innerhalb der Versuchsfehler gleich 1 : 3, d. h. es findet hei Jodwasser- stoffuberschul3 stets eine Reduktion bis zur vierten Valenzstufe statb, die Reduktion des Rheniums zu niederen Stufen ist auf diesem Wege nicht moglich. Damit entfallt die Moglichkeit, das von K R A U ~ S und STEINFELD angegebene Salz K,ReCl, auf diesem Wege zu gewinnen. Es sei vorweggenommen, da13 auch bei den in diesem Abschiiitt be- schriebenen praparativen Kristallisationen dieses Salz niemals beob- achtet wurde.

Die bei der lieduktion verwandten Salzsauren hattcn Konxen- trationen zwischen 25 und 33O/,. Versuche mit Salzsauren geringerer Konzentration zeigten, daB die Reduktion der Perrhenate durch Jod- wasserstoff schon bei einem HCI-Gehalt von So/, merkbar wird, doch geht die Reduktion bei dieser geringen HCl-Konzentration iiur sehr langsam vor sich. Die Abhangigkeit dw Reaktionsgeschwindigkeit von der Salzsaurekonzentration wurde bisher nicht bwtimmt.

Benutzt man bei der Reduktion der Perrhenate als Losungsmittel nicht Salzsaure, sondern (nach KRAUSS) Bromwasserstoffsaure, oder (nach BRISCOE) Jodwasserstoffsaure, so gelangt man, wie wir fesl- stellon konnten, ebenfalls nur bis zu He".

Die genannte Reduktion von Re"" durch HJ 1al3t sich, wie wir fanden, auch in 5OO/,iger H,SO,, in 4OO/,iger HF und in Eisessig aus- fuhren und liefert bei Jodwasserstoffuherschul3, soweit bisher beob- achtet wurde, immer v i e rwer t iges Rhen ium. Auch andere starke Reduktionsmittel, wie z. 13. Ziniichloriir, Hydrazin und einwertiges Rhenium zeigten stets eine Reduktion von Revr1 zu Re".

Nachdem die Frage nach der Grenze der Reduzierbarkeit von Revrr durch H J beantwortet war, versuchten wir festzustellen, ob sich Zwischenprodukte mit ReV1 oder Re" erfassen lassen. Im folgenden sollen einige derartige Versuche geschildert werden, bei denen ein UnterschuB von Jodwasserstoff auf das Perrhenat wirkte.

1. Beispiel. 8 g NaReO, wurden in 100 em3 370/,iger HC1 gelost, in der Kalte mit einer konzentrierten Losung von 4,38 g NaJ versetzt und einige Zeit unter LuftabschluB geschuttelt. Die freigewordene Jodmenge, die ein Ma13 der Reduktion ist, wurde mit Chloroform aus- geschuttelt und kolorimetriert. Da die benutzten Mengen NaReO, und NaJ dem Molverhaltnis 1 : 1 entsprachen, hatte sich das gesamte siebenwertige Rhenium zu sechswertigem reduzieren konnen. In Wirk- lichkeit entstand aber nur e b Gemisch von Re'' und Revr1. Durch

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154 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chernie. Band 215. 1933

vorsichtiges Zugeben von konzentrierter KCI-Losung zu der reduzierten Losung lieBen sich fast 2/3 des angewandten Rev11 wieder als KReO, ausfallen (ausgefalltes, getrocknetes KReO, = 5,55 g, berechnet 5,64 g als 2/3 von 8 g NaReO,). In der Losung befand sich nach der Fallung des KReO,, wie die Valenzprobe ergab, nur noch vierwertiges Rhe- nium. Es hatte also nur 1/3 des ReV" reagiert und war dabei zu Re'" reduziert worden.

2. Beispiel. 5,OO g NaReO, wurden in 50 em3 350/,iger HC1 gelost, mit einer Losung von 5,50 g NaJ in 10 em3 H,O versetzt und unter mehrfachem Schiitteln einige Stunden stehen gelassen. Dann wurde wieder das freigewordene Jod ausgeschuttelt und kolorimetriert. Da das angewandte Molverhaltnis NaReO, : Na J gleich 1 : 2 war, hatte das gesamte Rev" in Re' ubergehen konnen. Es entstand aber wieder nur Re'' und 1/3 des Revrr blieb unverandert. Durch KC1-Losung wurden 1,69 g KReO, ausgefallt (berechnet 1,76 g). In der Losung befand sich nach der Fallung des Re"' nur noch Re".

Nach diesen Beobachtungen ersche in t es u n s s icher , da13 bei de r g e n a n n t e n R e d u k t i o n keine s t ab i l en Verbindungen des sechs- u n d funfwer t igen Rhen iums en ts tehen . Wir halten die Angabe von JAKOB und JEZOWSKA~) uber die Entstehung eines stabilen Doppelsalzes von Rev bei der Reduktion von 1 KReO, mit 2 K J fur unzutreffend.2)

Der Mechanismus de r Redukt ion . Da die Reduktion der Perrheniumsaure durch Jodwasserstoff nach dem Schema :

Re,O, + 6 H J = Re,O, + 3 H,O + 6 J erfolgt, mu6 sie, kinetisch betrachtet, in mehreren Stufen ablaufen. Stabile Zwischenprodukte mit ReV1 und Re' lieBen sich, wie soeben beschrieben wurde, nicht darstellen, und die in Abschnitt I1 geschil- derten Versuche zeigen, daB Halogenverbindungen von ReV1 in was- riger Losung aufierordentlich unbestandig sind und daB sich Ver- bindungen mit Re' in saurer Losung iiberhaupt noch nicht darstellen lieSen. Diese Beobachtungen fuhrten uns zu der Uberzeugung, da13 bei der besprochenen Reaktion nicht eine sukzessive Reduktion des Rheniums von der siebenten uber die sechste und funfte zur vierten

l) W. I?. JAKOB u. B. JEZOWSKA, 1. c. 2) Auch die von JAKOB und JEZOWSKA angegebene Entstehung des Salzes

K,ReV(OH),CI, bei der Elektrolyse jodwasserstoffhaltiger Perrhenatlosungen halten wir &us den angegebenen Griinden fur nicht zutreffend.

Page 27: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

I. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogenverbindungen das Rhcniums 155

Stufe stattfindet, sondern daB zunachst ReV1' durch HJ au Rev1 reduziert wird, und daB dieses ReV1 sofort nach der Gleichung:

3Re"' = 2ReV" +Re" in vier- und siebenwertiges Rhenium disproportioniert. Das hierbei entstehende ReV1' wird wieder durch HJ zu ReT1 reduziert, dieses dis- proportioniert wieder usw., so daB die Gesamtreduktion einer end- lichen Menge Perrhenat sich aus sehr vielen, miteinander abwechseln- den Reduktionen und Disproportionierungen zusammensetzt.

Es war nunmehr die Frage zu beantworten, welche Rhenium- verbindungen an der Reaktion teilnehmen. Die spater in diesem Ab- schnitt geschilderte Beobachtung, daB die primken Reduktions- produkte rnit Re" zwei Atome Re in der Molekel enthalten, spricht dafur, daB auch die Ausgangsmolekel und das Zwischenprodukt mit ReV' mindestens zwei Atome Re besitzen. Vom siebenwertigen Rhe- nium kennt man das von BRUKL und ZIEGLER gefundene Re0,CI. Da Re0,CI mit Wasser naeh der Gleichung:

2Re0,CI + H20 = Re20, + 2HCI zerfallt, mu13 in konzentrierter HCI ein Teil des ReV1' als ReO,Cl, und zwar wahrscheinlich als Doppelmolekel Re,O,CI, vorhanden sein. Diese Molekel wird 2 H J addieren und dann unter Abgabe von Wasser und Jod aufspalten :

Re,O,CI,. 2 H J = Re20,C12 + H20 + 2 J. Das so entstandene Oxychlorid des sechswertigen Rheniums wird

wegen seiner geringen Stabilitat durch DreierstoB sogleich dispro- portionieren :

3 Re,O,CI, = Re20Cl, + 2 Re,O, . Es sollte also ein Oxychlorid des vierwertigen Rheniums Re20CI,

entstehen. Nun hat nach unseren Untersuchungen das erste faBbare Reduktionsprodukt mit Re'' die Zusammensetzung K,Re,OCI, (vgl. S. 156). Da diesem Doppelsalz ein Oxychlorid Re20CI, zugrunde liegt, gewinnt das geschilderte Reaktionsschema eine groBe Wahrschein- lichkeit .

Zur p r a p a r a t i v en D a r s t e l lung der Halogendoppelsalze des vierwertigen Rheniums benutzten wir fur die Kaliumsalze die von E N K ~ ) angegebene Methode des Arbeitens in heterogener Phase. Feinverriebene Gemische von KReO, und K J wurden mit konzen- trierter HCl iibergossen und teils in der Kalte, teils in der Hitze

l) E. ENK, Uber rheniumchlorwasserstoffsauresKalium. Ber.64(April1931),791.

Page 28: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

156 Zoitschrift fur anorganische und allgemeine Chernie. Band 215. 1933

reduziert. Um ausgiebiger fraktionieren zu konnen, nahmen wir grijRere Mengeii in Arbeit. Von den zahlreichen Reduktionsversuchen sollen hier nur einige, die our Aufklarung des Vorganges wichtig waren, riaher beschrieben werden.

1. 100 g KReO, wurden mit 200 g K J fein irerrieben (hierbei trit$t, schon eine geringe Reduktion ein), das Gemisch wurde in einen Quarz- kolben von 2 1 Inhalt gegeben und mit 500 em3 IICl(370/,) ubergossen. Nach funfstundigem Stehen in der Kalte wurde der Kolben erhitzt. Wahrend des ganzen Versuchs ging ein Strom von Stickstoff durch den Kolben, der das in Freiheit gesetzte Jod mitnahm. Nachdeni die Salzsiiure bis auf etwa ein Drittel eingedampft war, wurde neue Saure nachgegeben und das Erhitxen so lange fortgeset,zt, bis kein Jod mehr entwich. In dem Kolben befand sich jetzt eine zimtbraune Masse, uber der etwas gelbe Losung stand. Der Kolbeninhalt wurde ausgegossen, das feste Salz auf die Nutsche gebracht und trocken- gesaugt. Dieses brauno Salz war nicht einheitlich. Die Hauptmengc bestand aus einem zimtbraunen, krumeligen’ Bestandteil, der unter den1 Mikroskop neben braunen Xlurnpen einzelne weiRe XristaIle von KCI zeigte. Ganzlich verschieden von diesem Anteil waren etwa P/,, des Salzes. Sie bestanden aus kleinen mattbraunen Kristallen mit schimmerndem Oberflachenglanz. Die beiden Bestandteile wurden, so weit wie moglich, mechanisch getrennt und einzeln mehrfach uml~istallisiert. Als Losungsmittel wnrden Sabsauren von 10-250/, HC1-Gehalt verwendet. Es wurden meist bei 900 gesattigte Losungen der Salze in Salzsaure hergestellt und die Losungen dann auf 00 ab- gekuhlt. Die ausgeschiedenen Salze wurden abgenutscht und die Mutterlaugen durch Eindampfen und Abkuhlen zur weiteren Kristalli- sation gebracht. Alle hierbei gewonnenen Salze, die den Eindruck der Einheitlichkeit machten oder sich durch eine auffallende Farbe auszeichneten, wurden analysiert . Bei einigen wurden auch das Mole- kulargewicht, das elektrische Leitvermogen und die Wanderungs- geschwindigkeit der Ionen bestimmt.

Das mattbraune kristallinische Salz stellt eine einheitliche Ver- bindung dar, es enthalt K, Re, 0 und C1. Es ist das Kaliumsalz einer Rheniumoxychlorwasserstoffsaure, seine Formel ist K,Re,OCl,,, seine Analyse siehe Tabelle 6, seine Eigenschaften vgl. S. 161). - Das zimtbraune Sale, das keine deutlichen Kristalle zeigt, enthalt eben- falls K, Re, 0 und Cl und aul3erdem J. Seine Zusammensetzung lie6 sich durch keine einfache Formel ausdrucken, es besteht wahrscheinlich aus einem Gemisch von mehreren Salzen.

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I. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rhcniums 157

1 1 2 3

2 3 4 5 6 7 8

9

Zusammensetzung

Re in o/o 1 0 in "i0 I C1 in O i 0

41,41 1 1,78 1 39,42 41.20 1 1.86 I 39.72 mattbraun 17,21

hell zimtfarhen I 16,80 sandfarben 16,64 orangegelb 16,22

hellgelb 16,18 gelbgrun 16,50

gelbem Stich 16,43 rein griin 16,43

griin mit sohwach

38;81 0,OO 44,08 38,90 I 0,OO I 44,33 39,02 0,OO 44,41

1 J in o/o I I 0

0 0,11 1,20 0,47 0,36 0,16

39,02 0,OO 44,56 0,04 39,06 1 0,OO ~ 44,53 I 0,OO 39,04 1 0 1 44,57 1 0

._ _____

2) Bereohnet fiir K,ReCI,.

Beim Umkristallisieren aus Salzsauren mit mehr als 15% HC1 geht die anfangs zimtbraune Farbe der Kristallisate schnell in Hell- braun und dann in Gelb iiber. Dieses Gelb nimmt beim weiteren Fraktionieren einen griinlichen Stich an und schliefllich entstehen rein griine Salze. Aus den Mutterlaugen der beschriebenen Kristallisate wurden durch Eindampfen und Abkuhlen weitere Fralrtionen ge- wonnen. Dabei lie13 sich immer wieder der Gang der Farben von Braun iiber Gelb nach Griin beobachten. Durch geniigend langes Fraktionieren kann man fast die ganze Menge des Ausgangssalzes als rein grunes Salz wiedergewinnen. Beim Arbeiten mit Salzsauren von 1 0-15°/0 HCI- Gehalt 1aBt sich derselbe Farbubergang beob- achten, nur strebt die Farbe um so schneller dem Grun zu, je ver- diinnter die Salzsaure ist. Durch Iangeres Erhitzen mit 10-200/oiger SalzsBure kann man das zimtbraune Salz direkt in griines K2ReC1, iiberfuhren. Bei Verwendung von Saure mit weniger als 8% HCl jedoch scheiden sich meist nach dem ersten Erwarmen Gemische von grunem Salz und Rheniumdioxyd aus. Die Valenzbestimmung zeigte, dab alle diese verschieden gefarbten Salze Re'" enthalten. Mit der Anderung des Farbtones zu Grun hin geht eine Abnahme des 0- und des J-Gehaltes parallel. Schon die gelben Salze haben ungefahr die Zusammensetzung K2ReC1,, aber bei ihnen ist ein kleiner Teil des Chlors durch Jod ersetzt. In Tabelle 6 sind die Analysendaten einiger so gewonnener Salze angegeben. Spalte 1 enthalt die Nummer, Spalte 2 die Farbe und Spalte 3 die Zusammensetzung der Salze.

Tabelle 6 Analysen verschiedener Fraktionen der Reduktionsprodukte

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Unter Nr. 1 ist die theoretische Zusammensetzung von K,Re,- OCl,, angegeben, unter Nr. 10 die von K,ReCl,. Nr. 2, das mattbraune, kristallinische Salz, das mechanisch aus dem Rohprodukt abgetrennt und durch Umkristallisieren gereinigt wurde, besitzt nahezu die Zu- sammensetzung von K,Re,OCI,,. Nr. 3 liegt in seiner Zusammen- setzung fast genau in der Mitte zwischen K,Re,OCl,, und K2ReC1,. Es stellt also ein Gemisch dieser beiden Salze dar.,) Da wir mehrfach bei ahnlichen Versuchsreihen Salze dieser Zusammensetzung erhielten, sol1 noch geklart werden, ob diese Mischung eine zufiillige oder ob sie im Molekularbau bedingt ist. Bei Nr. 4 liegt offenbar eine Mischung von viel K,ReCl, mit wenig K,Re,OCI,, vor (ein kleiner Teil des K2ReCI, ist durch K,ReJ, ersetzt). In Nr. 5 ist der 0-Gehalt ver- schwunden, doch ist noch ein Teil des Chlors durch Jod ersetzt. Wir haben in Nr. 5, ebenso wie in 6-9 schon sauerstofffreie Halogen- doppelsalze vor uns. Interessant ist die Abhangigkeit der Farbe vom Jodgehalt: Nr. 5 mit 0,47°/0 Jod (1% vom C1) ist orange gefarbt, bei Nr. 8 veranlal3t ein Jodgehalt von 0,04% noch einen gelblichen Stich der grunen Farbe des Salzes. Reines K,ReCl, ist nach unseren Versuchen immer rein grun. Als feines Kristallpulver ist es hellgrun, grol3ere Kristalle sind smaragdgrun.

Das Jod ist zweifellos in Form von K,Re,J, gebunden, das dem K,ReCl, isomorph beigemischt ist. Zur Prufung dieser Annahme mischten wir Losungen von K,ReCI, und von K,ReJ, in Salzsaure und fallten die Mischsalze durch KC1-Zusatz aus. Wir konnten auf diesem Wege durch Variation der Menge des Jodsalzes alle Farbtone von Gelbgrun bis Dunkelorange erhalten.

2. 100 g KReO, wurden mit 200 g K J fein verrieben in den Quarzkolben gebracht, mit 500 (31113 konzentrierter Salzsaure uber- gossen und unter mehrfachem Salzsaurezusabz im Stickstoffstrom erhitzt. Das Erhitzen wurde nach dem Entweichen der letzten sichtbaren Jodmenge noch eine Stunde lang fortgesetzt. Das er- kaltete Reaktionsprodukt war viel heller als bei Versuch 1. Nach dem Abnutschen und Trocknen liel3en sich keine Kristalle von K,Re,OCl,, nachweisen. Die Zusammensetzung des Rohproduktes entsprach etwa Nr. 4 in Tabelle 7. Das Iangere Erhitzen hatte dem-

l) Wir glauben, daO es dieses Mischsalz war, den1 KRAUSS und STEINFELD die Formel K,Re,Cl,, zuschrieben.

Anmerkung bei de r K o r r e k t u r : Auf unsere Anfrage teilte uns Herr Prof. KRAUSS mit, daB er ebenfalls zu der Ansicht gelangt sei, daO es sioh bei diesem Salz um eine Mischung handle.

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nach das gebundene Jod weiter vermindert und die groBeren Molekeln rnit 2 Re-Atomen zerstort. Bei der fraktionierten Kristallisation be- nahm sich das gelbbraune Salz wie die Produkte von Versuch 1.

3. 100 g KReO, wurden rnit 200 g K J gemischt und mit 1 Liter Salzsaure unter mehrfachem Schiitteln 2 Tage in einer Stickstoffatmo- sphare in der Kalte belassen. Der feste Teil des Kolbeninhalts wurde rnit konzentrierter KJ-Losung von der Hauptmenge des freien Jods befreit und dann rnit Alkohol jodfrei gewaschen. Das Reaktions- produkt war noch dunkler braun als bei Versuch 1, es stellte nach der Analyse wiederum ein Gemisch von K,Re,OCI,, rnit K2ReC1, dar, in dem ein erheblicher Teil des Chlors (60/,) durch Jod ersetzt war. Kristalle von reinem KReO, waren nicht nachweisbar, die Reduktion war also auch in der Kalte quantitativ verlaufen.

Bei den Versuchen 1-3 hatte die Reduktion in heterogener Phase stattgefunden. Es ist daher verstandlich, daB die hierbei ge- wonnenen Salze trotz langen Erhitzens immer noch Jod enthalten. Es war zu erwarten, daB sich beim Reduzieren in homogener Losung das Jod vie1 leichter wurde entfernen lassen. Fiir diesen Zweck waren die Natriumsalze wegen ihrer grol3en Loslichkeit geeignet.

4. 100 g NaReO, wurden mit 200 g NaJ verrieben und rnit konzentrierter Salzsaure im Kolben erhitzt, bis keine sichtbare Jod- menge mehr entwich. Es war eine dunkelbraune Losung entstanden, ein ungeloster Teil war nicht vorhanden. Durch Eindampfen der Losung versuchten wir die den beschriebenen Kaliumverbindungen entsprechenden Natriumsalze zu gewinnen. Dieser Versuch fuhrte bisher nicht zum Ziele. Bei starkem Eindampfen schied sich eine schwarzbraune zahe Masse aus, in der nur Kristalle von NaCl er- kennbar waren. Dagegen fie1 aus der urspriinglichen Losung auf Zusatz von KC1-Losung sofort ein griiner Niederschlag von fast reinem K,ReCl,.

5 . 100 g NaReO, wurden rnit 200 g NaJ gemischt und mit Salz- saure in der Kalte 2 Tage stehen gelassen. Das freigewordene Jod wurde rnit Chloroform entfernt. Die braune wal3rige Losung ergab auf Zusatz von KC1 einen gelben Niederschlag von jodhaltigem K,ReCI,.

Bei Versuch 4 war es also gelungen, durch Erhitzen das Jod fast vollstandig aus den Rheniumverbindungen zu entfernen, wahrend die in der Kalte hergestellten Salze von Versuch 5 noch kleine Mengen Jod enthielten.

AuBer den genannten beiden Salzen, dem Oxychloro-Salz K,Re2- OCl,, und dem Doppelchlorid K,ReCl, konnten wir keine anderen

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einheitlichen Verbindungen aus dem Rohprodukt der Reduktion isolieren, solange wir die Kristallisationen in Salzsauren mit mehr als loo/ , HC1-Gehalt vornahmen. (Uber die Hydrolysenprodukte von K,ReCl, vgl. S. 164.)

Die Reduktion der Perrhenate durch Jodwasserstoff in b r o m - was se r s t of f s a u r e r L 6s u n g scheint nach den bisherigen Erfahrungen in analoger Weise zu verlaufen. Beim Erhitzen von 50 g KReO, rnit 100 g K J und 300 em3 HBr (550/,) entstand ein rotbraunes Reduktions- produkt, das K, Re, 0, Br und J enthielt und wahrscheinlich ein Gemisch von K,Re,OBr,, und K,ReBr, darstellhe. Durch mehrfaches Umkristallisieren aus 25%igerHBr erhielten wir z iege l ro tes K,ReBr,.

Die Reduktion der Perrhenate durch Jodwasserstoff in jod- wasserstoffsaurer Losung haben wir bisher nicht studiert.

Analysenmethode . Zur Analyse wurden die trockengesaugten Salze rnit etwas Alkohol nachgewaschen, wieder trockengesaugt und im Vakuumexsikkator uber Phosphorpentoxyd einige Tage getrocknet.

Eine gewogene Menge des Salzes wurde in Wasser gelost, die Losung rnit Ammoniak und Wasserstoffsuperoxyd erwarmt und so das Re'" zu Re"" oxydiert. Die Losung wurde nach Vertreiben des H,O, rnit starker Schwefelsaure versetzt (bis zu loo/, freier H,SO,) und das Rhenium rnit Schwefelwasserstoff gefallt. Der Niederschlag wurde nach 1 Tag abfiltriert, rnit Perhydrol oxycliert und das Rhenium als Nitronperrhenat gef allt, getrocknet und gewogen. Das Filtrat vom Schwefelwasserstoffniederschlag wurde mit Wasser verdunnt , der Schwefelwasserstoff ausgekocht und das Chlor (+ Jod) mit Silber- acetat gefallt und als Halogensilber gewogen.

Aus der Losung wurde das uberschussige Silber rnit Ammonium- chlorid gefallt, filtriert, die Losung zur Trockne gedampft und der Ruckstand schwach gegluht. Er bestand aus K,SO,, durch dessen Wagung der Kaliumgehalt des Salzes ermittelt wurde. Fur die Sauer- stoffbestimmung wurde eine gewogene Menge des Salzes im Wasser- stoffstrom erhitzt, der Gewichtsverlust des Salzes ergab die Summe von C1+ J + 0, die an Rhenium gebunden waren. Zur Ermittlung des Jodgehaltes wurde eine gewogene Menge des Salzes in Wasser gelost, die Losung wurde rnit Natronlauge zersetzt, dann rnit Schwefelsaure und Bichromat oxydiert, das freigewordene Jod rnit Chloroform ausgeschuttelt und kolorimetriert.

Wir glauben, daI3 durch die geschilderten Versuche al le Un- s t immigke i t en behoben sind, die bisher uber die Natur und Farbe tlrr bri der Reduktion der Perrheniumsaure mit Jodwasserstoff in

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salzsaurer Losung entstehenden Rheniumverbindungen vorlagen. Bei dieser Reduktion bilden sich keine Zwischenprodukte des funfwertigen Rheniums, wie sie JAKOB und JEZOWSKA beschreiben. Die Reduktion geht auch nicht bis zum dreiwertigen Rhenium, wie dies KRAUSS und seine Mitarbeiter annehmen. Das von diesen Autoren beschriebene Salz K,Re,CI,,, das drei- und vierwertiges Rhenium enthalten sol1 l), ist ein Gemisch der Salze des vierwertigen Rheniums K,Re,OCl,, und K,ReCI,. Fur das von KRAUSS und DAEHLMANN angegebene Salz K,ReCl, konnten wir keine Andeutung finden.,) Alle bei der Reduktion faabaren Produkte enthalten vierwertiges Rhenium, wie dies zuerst MANCHOT, SCHMID und DUSING fanden. Als erstes Reduktionsprodukt 1a8t sich K4Re,0C1,, fassen. Durch Zerfall dieses Salzes entsteht K,ReCI,. Der auf 8. 158 beschriebene Farbeinflu8 kleiner, bisher nicht beachteter Jodmengen erklart ungezwungen die Diskrepanz, die zwischen den Resultaten von ENK einerseits und denen von KRAUSS, STEINFELD und DAEHLMANN andererseits bestand. ENK gewann ein K,ReCl,, das nach Tabelle 6 wahrscheinlich einen Jod- gehalt von O, l% besaS, wiihrend das Salz, das KRAUSS und seine Mitarbeiter beschrieben, nach der gelben Farbe zu urteilen, mindestens 0,40/, Jod enthielt. - Denselben Jodgehalt diirfte das gelbe Rb,ReCI, von KRAUSS besessen haben, wahrend sein orange gefarbtes Cs,ReCl, etwa 0,5% Jod enthielt. Diese beiden Salze sind nach unseren Ver- suchen im jodfreien Zustande ebenfalls rein grun. - Das von KRAUSS und DAEHLMANN beschriebene grune Hydrolysenprodukt des Kalium- rheniumchlorids von der Formel K,Re(OH)CI, existiert nicht (vgl. dazu S. 165).

Bei der Reduktion der Perrheniumsaure durch Jodwasserstoff in bromwasserstoffsaurer Losung entstehen ebenfalls nur Verbindungen des vierwertigen Rheniums. Rein dargestellt wurden Salze des Typus X,ReBr,, die eine ziegelrote Farbe haben. Hydrolysenprodukte der- artiger Alkalirheniumdoppelbromide von der Formel X,Re(OH)Br,, wie sie KRAUSS und D A E H L M A N N beschreiben, konnten nicht beobachtet werden.

2. Halogen- und Oxyhalogenverbindungen des vierwertigen Rheniums

K a 1 i urn d e k a c h 1 or o x or h en e a t K4Re,0C1,,. In Abschnitt II,1 wurde angegeben, daS das Salz K4Re,0C1,, wahrscheinlich als erstes Produkt bei der Reduktion der Perrheniumsaure durch Jod-

l) Vgl. FuBnote S. 158. z, Vgl. das Verhalten von Reu1 S. 175.

%. snorg. 11. all,o. Chern. Bd. 215. 11

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wasserstoff in salzsaurer Losung entsteht. Man erhalt aber nie die ganze Masse des Reduktionsproduktes in Form dieses Salzes. Der Grund hierfiir ist in der geringen Bestandigkeit des gelosten Salzes zu suchen. Versucht man das nach dem Verfahren auf S. 156 ge- wonnene, noch etwas Jod enthaltende kristallinische K,Re,OC1,, durch Losen und Umkristallisieren zu reinigen, so erhalt man me& ein Gemisch von K,Re,OCllo und K,ReCI,, da das geloste K,Re,OCI,, schon bei Zimmertemperatur zerfallt im Sinne der Gleichung :

K,Re,OCl,, + 2HCI = 2K2ReC1, $- 2H20. Nur bei schnellem Arbeiten gelingt es, das Salz in reinem Zustande aus der Losung wiedereugewinnen ; es ist dann matt dunkelbraun.

Versuch: 20 g rohes K,Re,OCI,,, das noch etwas Jod enthielt und nach dem auf S. 156 beschriebenen Verfahren gewonnen und von dem zimtbraunen Sale mechanisch abgetrennt war, wurde in 140 em3 20°/,iger HC1 auf dem Sandbad schnell auf 80OC erwarmt, die Losung vom Ungelosten abgegossen und bei Zimmertemperatur der Abkuhlung iiberlassen. Nach einer Stunde hatten sich etwa 2 g des reinen Salzes in Form von 0,5-1 mm grol3en Tafeln mit hohem Oberflachenglanz abgeschieden. Das ausgeschiedene Sale wurde ab- genutscht, mit Alkohol nachgewaschen und im Vakuum getrocknet (uber die Zusammensetzung siehe Tabelle 6). Nach dem Pulvern hat das Dekachloroxorheneat eine dunkelbraune Farbe. Es lost sich in Salz- und Schwefelsaure mit intensiv gelber Farbe (uber die Loslich- keit vgl. S. 167). Kalte wal3rige Losungen sind eiriige Stunden haltbar. Bestimmungen des Molekulargewichts und der elektrolytischen Leit- fahigkeit (vgl. Tabelle 9) lieBen erkennen, da13 daa geloste K,Re,OCl,, bei merklicher Konzentration nur zum kleinen Teil in die Ionen Kf und Re,OCI,,---- zerfallen ist.

Die Losungen des Salzes K,Re,OCllo zeigen einige charakte- ristische Reaktionen, durch die sie sich von den Losungen der Chlororheneate unterscheiden. Bei den waSrigen Losungen tritt nach einiger Zeit Kydrolyse ein. Die Losungen triiben sich, allmahlich setzt sich ein schwarzer Niederschlag von Rheniumdioxydhydrat ab ; die uberstehende Losung nimmt eine griine Farbung an und enthalt dann Chlororheneat, d. h. die Zersetzung verlauft nach der Gleichung:

K,Re,OC1,, + 2H,O = K,ReCI, + ReO,.H,O + 2KC1+ 2HCl.

Spater hydrolysiert dann auch das Chlororheneat (vgl. S. 164). Die genannte Zersetzung des braunen Salzes verlauft mit steigender Temperatur sehr vie1 schneller. Salzsaure Losungen halten sich Ianger,

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aber auch in ihnen geht die Umwandlung des Dekachloroxosalzes in das Chlororheneat allmahlich vor sich. Auf Zusatz der Ionen K+, Rb+, Cs+ und Ag+ fallen braune Niederschlage der Zusammensetzung X4~Re,~OC1,,. Das Silbersalz Ag,Re,OCl,, lost sich mit gelber Farbe in Ammoniak, erst beim Kochen oder nach langerem Stehen fallt aus dieser Losung schwarzes Rheniumdioxyd. Basen und Ammoniak fallen aus den gelben Losungen des K-Dekasalzes sofort schwarze Nieder- schlage von Rheniumdioxydhydrat. (Uber die hierbei eintretende Dis- proportionierung liegen noch keine Untersuchungen vor. Vgl. S. 168.)

Rhodanide farben die Losungen von K4R,0C1,, gelb bis rot, die Farbe geht in Ather uber. Oxydationsmittel wie H,O,, CrO,, Fe,(SO,), und V20, fuhren das Re'" des Salzes ziemlich leicht in ReV" uber (im Gegensatz zu den sauren Losungen der Chlororheneate, in denen das Re'" nur sehr schwer oxydierbar ist).

Bemerkenswert ist das Verhalten der Losungen von K,Re,OCI,, gegen Schwefelwasserstoff : Schwach saure Losungen, die zur Hydro- lyse neigen, werden in kurzer Zeit quantitativ gefallt ; aus starker sauren (mit mehr als 10% HCI) fallt in kurzer Zeit die Halfte des Rheniums, wobei die Losung infolge der Entstehung von Chloro- rheneat hellgrun wird. H,S ruft also dieselbe Zersetzung hervor wie H20 (vgl. S. 162). Erst nach langerem Stehen beginnt die Sulfid- bildung aus dem entstandenen H,ReCI,.

K4Re20C1,, stellt seiner Formel nach ein Analogon zu dem Kaliumdekachloroxorutheneat K,Ru,OCl,, dar. Wir versuchten daher, Mischkristalle dieser beiden Salze herzustellen. Losungen von K,Re, - OCl,, und von K4Ru20C1,, in HC1 wurden zusammengegossen und durch Zusatz von KC1-Losung und Abkuhlen zur Kristallisation ge- bracht. Es entstanden in der Tat Mischkristalle, mit deren Unter- suchung wir noch beschaftigt sind. - Die Entstehung des Salzes K,Re20C1,, bei der Reduktion der Perrheniumsaure zeigt einige Ahnlichkeit mit der Entstehung des genannten Ruthensalzes K4Ru2- OCI,,. Da nun dieses Ruthensalz nach REMY,) sich auch bei der Hydrolyse des Kaliumchlororutheneates bildet, untersuchten wir, ob sich etwa das Rheniumsalz K4Re20C1,, bei der Hydrolyse von K,ReCI, bilden konnte. Wie auf S. 164 naher ausgefiihrt wird, scheint dies in gewissem Umfange der Fall zu sein, doch mu13 diese Reaktion noch naher untersucht werden.

Das der Saure H,Re,OCI,, zugrunde liegende Oxychlorid Re,OCl, haben wir noch nicht dargestellt.

..___

I ) H. REMY u. A. LUHRS, Ber. 61 (1928), 917. 11*

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164 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 215. 1933

Die Existenz der Saure H,Re,OCl,, lenkte unsere Aufmerksam- keit auf die Untersuchung weiterer Hydrolysenprodukte, die sich zwischen ReC1, und ReO, einreihen konnten. Da sich die Reaktioii

H,ReCI, + 2H,O = ReO, + 6HC1 sicher in mehreren Stufen abspielt, sind Zwischenprodukte etwa von den Formeln Re(OH)CI, oder ReOC1, moglich.

Fur die Darstellung derartiger Verbindungen waren zwei Wege vorhanden: Man konnte entweder Rheniumchlorwasserstoffsaure vor- sichtig hydrolysieren lassen oder Rheniumdioxyd stufenweise chlo - rieren.

1. Zum Studium der Hydrolyse von H,ReCl, erhitzten wir Rheniummetall im Chlorstrom und losten das hierbei entstehende fliichtige Chlorid in 35O/,iger Salzsaure (10 g Re in 100 ern,). Die Losung wurde dann mit Wasser soweit verdunnt, da13 sie nur noch 5% HC1 enthielt. Die Hydrolyse begann nach einigen Stunden. Nach eintiigigem Stehen wurde dieLosung von etwas ausgeschiedenemDioxyd abfiltriert und bei 20° C solange HCI-Gas eingeleitet, bis die Losung wieder 20% HC1 enthielt. Sie hatte eine braune Farbe und lie13 sich unverandert durch Membranen filtrieren, enthielt also keine kolloiden Teilchen von Dioxyd mehr. Proben der Losung ergaben zunachst mit KCI und CsC1-Losungen keine Niederschlage, auch wenn die Koneentration der zugesetzten Salze recht erheblich war. Im elektri- schen Felde erwies sich die braune Losung als uneinheitlich. Der grofite Teil der braunen Farbung eeigte keine Ionenbeweglichkeit, wahrend ein kleiner Teil mit gelber Farbe zur Anode wanderte. Die Wanderungsgeschwindigkeit dieses Anteiles und sein Verhalten gegen Schwefelwasserstoff machen es wahrscheinlich, da13 bei der Hydrolyse von H,ReCI, eine geringe Menge H,Re,OCl,, entstanden war. Die nicht ionisierte Hauptmenge ist wahrscheinlich als Oxychlorid ReOCl, vorhanden. Nach langerem Stehen geht die braune Farbe der stark salz- sauren Losung wieder in Grun iiber und die Liisung gewinnt immer mehr die Eigenschaften der Rheniumchlorwasserstoffsaure H,ReCI,.

2. 10 g Rheniumdioxyd wurden mit 50 em3 Salzsaure von 37% HCl-Gehalt iibergossen und die Suspension einjge Zeit auf 60° C er- warmt. Das Dioxyd loste sich mit brauner Farbe, die Losung lie13 sich ebenfalls unverandert durch Membranen filtrieren. Im elektrischen Felde zeigte die friscb bereitete Losung keine Wanderung. Mit KCI- und CsC1-Losung entstand keine Fallung, H,S fallte das gesamte Rhe- nium als Disulfid. Oxydationsmittel entfarbten die Losung schnell unter Bildung von Perrheniumsaure. Beim Stehen, schneller beim

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Kochen, veranderte die Losung ihre Eigenschaften und enthielt schlieBlich nur H,ReCI,.

Es entsteht also in beiden Fallen - bei der Hydrolyse von H,ReCI, und beim Chlorieren von ReO, - eine nicht ionisierte Zwischen- verbindung, die sicher ein Oxychlorid ist . Versuche, diese Verbindung durch Eindunsten im Vakuum zu gewinnen, fuhrten noch zu keinem eindeutigen Resultat. Wir vermuten, da13 es sich um das Oxychlorid ReOCl, handelt, doch mu13 die Zusammensetaung noch durch weitere Untersuchungen sichergestellt werden.

In keinem Falle gelang es, die Existenz eines stromleitenden Oxychloridanions Re(OH)Cl,--, das der Saure H,Re(OH)CI, angehort hatte, nachzuweisen. Auch bei den auf S. 156 beschriebenen Kristalli- sationsversuchen wurde niemals ein Doppelsalz der Formel K,Re *

(OH)Cl, erhalten. Es ist unwahrscheinlich, da13 die schwache Saure H,ReCI, nach Substitution eines C1-Atoms durch eine (ihre Aciditat schwachende) OH- Gruppe noch einen merklichen Saurecharakter haben und Salze bilden kann. Wir halten daher die Angabe von KRAUSS und DAEHLMANN~) uber die Existenz von grunen Alkali- doppelsalzen von der Formel X,Re(OH)Cl, fur nicht zutreffend.

dhnliche Beobachtungen uber Hydrolysenprodukte konnten wir bei den Bromiden machen. Auch him zeigt sich bei der vorsichtigen Hydrolyse der Rheniumbromwasserstoffsaure und bei der Bromierung des Rheniumdioxyds das Auftreten eines dunkelbraunen, nicht ionisierten Oxybromids, das wahrscheinlich die Zusammensetzung ReOBr, hat. Von Salzen des Typus X,Re(OH)Br,, deren Existenz ebenfalls von KRAUSS und DAEHLMANN behauptet wird, konnten wir keine Andeutung finden. Der Grund fur das Fehlen derartiger Ver- bindungen ist auch hier in der Schwache der Saure H,ReBr, zu suchen.

Rhen ium h e xa c h lor w a s s er s t off s Bur e un d i h r e S alz e. In Abschnitt 11,l wurde das grune Salz K,ReCl, beschrieben, das sich als stabilstes Produkt bei der fraktionierten Kristallisation der Doppel- chloride des vierwertigen Rheniums aus starkerer Salasaure bildet. Dieses Salz und seine Analoga leiten sich von der zweibasischen Saure H,ReCl, ab. Zur Herstellung dieser Saure kochten wir Rhe- niumdioxyd mit konzentrierter Salzsaure. Die Losung ist tiefgrun. Auf Zusata der Ionen K+, Rb+, Cs+, TI+, NH,+, (CH,)N+ sowie durch organische Basen wie Pyridin, Chinolin und Nitron fallen griine

1) F. KRAUSS u. H. DAERLMANN, Wber Halogenverbindungen des Rheniums. Ber. 65 (Mai 1932), 877.

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kristallinische Niederschlage von der schematisohen Formel X,'ReCI,. Die Niederschlage rnit Ag+ und Hg+ sind gelb.

Die Alkalidoppelchloride losen sich in Wasser rnit rein gruner Parbe. Die Losungen lassen sich bei 200 C wochenlang halten und bei LuftabschluB meist unzersetzt bis zum Kochen erhitzen, dann tritt plotzlich Hydrolyse unter Dunkelfarbung ein. Unreine Doppel- chloride, die Oxychlorid oder Dioxyd enthalten, liydrolysieren leichter. In Sauren sind die Doppelchloride haltbar, sobald die H-Ionenkonzen- Oration iiber cIr = 3,4 liegt. Stabile Losungen der Doppelchloride in 200/,iger HC1 zeigten folgende Reaktionen: Die grune Farbe geht beim Schutteln rnit Ather nicht in die atherische Schicht uber. Kali- und Natronlauge fallen einen braunen Niederschlag (vgl. S. 169), dessen Losung in Salzsaure nicht mehr die Reaktionen der reinen Rhenium- chlorwasserstoffsaure zeigt. Ammoniak ruft voriibergehend eint! schwache Blaufarbung hervor, dann fallt ein brauner Niederschlag. Rhodanide farben die Losung allmahlich gelb, beim Schutteln rnit &her nimmt dieser eine weingelbe Farbe an. Gegen Oxydationsmittel, wie Wasserstoffsuperoxyd, Chromsaure und Ferrisulfat, verhalten sich saure Losungen der Doppelchloride selir stabil. Reduktions- mittel, wie Zink, Natriumamalgam und nascierender Wasserstoff, reduzieren das Re" zu Re'* und Re' (vgl. S. 178), teilweise auch zu Metall. Bemerkenswert ist das Verhalten der Losungen von Rhenium- doppelchloriden gegen Schwefelwasserstoff. Ohwohl ReS, gegen HCI aller Konzentrationen stabil ist, wird aus starker sauren Losungen das Sulfid nur sehr langsam und unvollstandig gefallt. Zur Gewinnung einer Ubersicht wurden luftfreie Losungen von K,ReCl, in Salzsauren verschiedener Konzentration rnit H,S gesattigt, in zugeschmolzenen Rohren verschiedene Zeiten stehen gelassen und dann das aus- geschiedene ReS, bestimmt. In Tabelle 7 sind die Resultate zu- sammengestellt . Tabelle 7

Fiillbarkeit von H,ReCI, durch H,S 25 mg K,ReCl, in 10 cm3 Losung

Nur aus Losungen rnit weniger als Sol0 HC1, die zur Hydrolyse neigen, geht die Sulfidfallung quantitativ vor sich, in starker sauren

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32 64

12s 256

Losungen von K,ReCI, benimmt sich das vierwertige Rhenium nicht wie ein Metal1 der Schwefelwasserstoffgruppe.

Aus stark sauren Losungen, die gleichzeitig siebenwertiges und vierwertiges Rhenium, letzteres teilweise als Chlorid und teilweise als Oxychlorid enthalten, wird durch H,S das Revrr und das Re'" des Oxychlorids gefallt, wahrend das Re'' des Chlorids in Losung bleibt. Neutralisiert man solche mit H,S gesattigten Losungen mit Laugen und sauert sie dann wieder an, so erhalt man das gesamte Rhenium im gefallten Sulfid.

Die Loslichkeit der verschiedenen Rheniumdoppelchloride in Wasser, Schwefelsaure und Salzsaure zeigt grol3e Unterschiede. In Tabelle 8 sind die Loslichkeiten von K,ReCI,, Cs,ReCl, und K,Re,. OCl,, unter verschiedenen Bedingungen angegeben.

Tabelle 8 Loslichkeit von K,ReCI,, Cs,ReCI, und K4Re,0CI,, in g/l

1 in 37O/,iger HC1 I in 12O/,iger HCl I in 20°/,iger H,S04

76,5 54,3 52,l S0,4 60,2 ~ 58,l 83,s 65,9 63,9 S6,8 714 I 69,4

I oo I 18, I 00 I 18O I oo I 180

0,3

---___________ - ____

3,72 21,38 30,28 25,O 46 - - - -

K,ReCl, . . . 3,3 Cs,ReCI, . . . 0,03 K,Re,OCl,, . . 1 5,5 1 - 1 -75 ~ - ~ - ~ -

Rheniumchlorwasserstoffsaure ist eine sehr schwache Saure. Messungen des Leitvermogens und Bestimmungen des Molekular- gewichts geloster Alkalidoppelchloride zeigten, da13 diese Salze in gelostem Zustande nur zum kleinen Teil in ihre Ionen zerfallen sind. In Tabelle 9 sind die molaren Leitfahigkeiten der Salze K,PtCI,, K,ReCl, und K,Re,OCI, bei gleicher molarer Verdunnung angegeben. Unter Berucksichtigung der Beobachtung, da13 die Ionen Pt Cl,", ReCl," und Re,OCI,,"" nahezu dieselbe Beweglichkeit von 1,2 * 10-4 cm2.sek-l Volt-l bei + 3 0 C haben, erkennt man aus den Angaben der Spalten 2-4, daB H,ReCI, und H,Re,OCI,, sehr wenig ionisiert sein mussen. Damit stimmt auch das chemische Verhalten der Salze

512 I S9,2 76,5 1 74,5

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uberein. Wahrend man Platindoppelchloride noch aus 20/,iger Natron- lauge unzersetet umkristallisieren kann, beginnt bei den Hexachloro- rheneaten und den Dekachloroxorheneaten schon bei Salzsaure- gehalten unter Solo die Hydrolyse.

BRISCOE und seine Mitarbeiterl) stelhen Doppelchloride des Rheniums in der Weise dar, daB sie ein Gemisch von Alkalichlorid und Rheniumpulver im Chlorstrom erhitzten. Wir fanden, daB es schwierig ist, auf diesem Wege zu reinen Salzen eu gelangen. Erhitzt man z. B. ein Gemisch von KC1 und Re-Pulver auf etwa 4000 C und IaBt dann Chlorgas einwirken, so wird das Rhenium bei kurzer Einwirkung des Chlors nicht vollstandig chloriert, das grune Sale enthalt dann immer noch metallisches Rhenium. Bei Iangerem Erhitzen destilliert oin Teil des Rheniumchlorids ab und man erhalt ein Gernisch von K,ReCI, und KCl.

R h e n i u m b r o mw a s s er s t o f f s a u r e H,ReBr, entsteht als tief- gelbe Losung beim Kochen von ReO, mit starker Bromwasserstoff- skure. Die Eigenschaften dieser Losung sind denen der Rhenium- chlorwasserstoffsaure sehr ahnlich. Durch Znsatz der Ionen K+, IZbf, Cs+ und der Basen Pyridin und Nitron fallen ziegelrote, kristallinische Niederschlage von der FormeI X,ReBr,. Die Alkali- rheniumdoppelbromide losen sich in Wasser mit gelber Farbe, die Losungen hydrolysieren erst beim Kochen.

Ein Gehalt der Losung an Oxybromid oder Dioxyd beschleunigt die Hydrolyse. In Losungen, die mehr als 15% HBr enthalten, sind die Doppelbromide stabil. Durch Schwefelwasserstoff werden nur solche Losungen vollstandig gefallt, die zur Hydrolyse neigen. Die Messung der elektrischen Leitfahigkeit des K,ReBr, zeigie uns, daB die Saure H,ReBr, ebenso schwach ist wie H,ReCI,.

Mit der genaueren Untersuchung der R h e n i u m j o d wasser s t of f - siiure H,ReJ, haben wir uns noch nicht befal3t.

3. Die Disproportionierung des vierwertigen Rhenium

Bei der Hydrolyse der grunen waBrigen Losungen der Salze V O K I ~

lcypus X,ReCl, durch Erwlrmen entsteht Rheniumdioxydhydrat, das sich bei langerem Kochen der Suspension als schwarzer, gut filtrier- barer Niederschlag zu Boden setzt. Beim Versetzen der genannten grunen Losungen mit Laugcn bildet sich ebenfalls ein Niederschlag, der aber nicht schwarz, sondern dunkelbraun ist. Die uber diesem

l) H. v. A. BRISCOE, P. L. ROBINSON u. E. M. S'PODDART, Rheniumtetra- chlorid und die Rhenichloride. Journ. chem. Soc. (193L), 1258.

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I. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogenvorbindungen des Rheniums 169

Niederschlag befindliche Losung enthalt immer Perrhenat, auch wenn man reinstes Alkalirheniumdoppelchlorid verwendet und den Zusatz der Lauge unter sorgfaltigem AbschluB der Luft ausfuhrt. Als Bei- spiele seien folgende zwei Versuche angefuhrt :

1. 2,0000 g reines K,ReCI, wurden in 250 em3 luftfreiem Wasser gelost. Die Losung wurde unter Luftabschlufi erhitzt und in der in Fig. 2 dargestellten Vorrichtung von dem ausgeschiedenen Nieder- schlag abfiltriert. Das Filtrat wurde stark angesauert und rnit Schwefelwasserstoff gesattigt. Nach drei Tagen hatte sich nur eine Spur Rheniumsulfid abgeschieden (< 0,l mg). Es war also, wie zu erwarten, das gesamte vierwertige Rhenium als Dioxyd auf dem Filter geblieben.

2. 2,0000 g K,ReCl, wurden wieder in 250 em3 luftfreiem Wasser gelost und diese Losung mit 20 em3 50/,iger luftfreier Natronlauge versetzt. Die Losung farbte sich nach einigen Sekunden dunkelgrun und dann dunkelbraun. Beim Erhitzen setzte sich ein branner Nieder- schlag ab. Die Losung wurde unter LuftabschluB filtriert. Das klare, farblose Filtrat wurde angesauert und wieder mit Schwefelwasserstoff gesattigt. In kurzer Zeit bildete sich ein schwarzer Niederschlag von Rheniumsulfid, dessen Rheniumgehalt etwa 1 50/0 des in dem ursprung- lichen Salze enthaltenen Rheniums betrug.

Der Befund des Versuches 2 lieB sich nur durch eine Dis- p ropor t ion ie rung des vierwertigen Rheniums erklaren. Da ein Teil von RerV in Revrr ubergegangen war, mufite ein anderer aquivalenter Teil eine niedrigere Wertigkeitsstufe als ReJv angenommen haben. Wir untersuchten daher sowohl den braunen Niederschlag wie auch das Filtrat, in dem das Re"" enthalten war, auf einen GehaIt an niederwertigem Rhenium. Dabei ergab sich bisher folgendes : Das Filtrat hat zuweilen eine gelbe Farbe, die beim Ansauern bestehen bleibt. Durch Wasserstoffsuperoxyd verschwindet diese Farbung und die Losung enthalt nach der Oxydation nur noch Re"". Wir sind noch nicht sicher, ob die genannte Farbe von kolloidem Dioxyd oder von einer unbekannten Rheniumverbindung herruhrt. Jedenfalls ist der Rheniumanteil, der diese Farbe hervorruft, sehr gering. - Der braune Niederschlag lost sich Iangsam in konzentrierter Salzsaure, diese Losung zeigt andere Eigenschaften, als wir sie bisher bei der Rheniumchlorwasserstoffsaure und bei den Oxychloriden des vier- wertigen Rheniums kennengelernt haben. Beim Schutteln der salz- sauren Losung rnit &her geht eine Rheniumverbindung mit roter Farbe in den Ather. Beim Eintrocknen der atherisohen Losung hinter-

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170 Zeitschrift fur anorganivche und allgemeine Chemie. Bend 215. 1933

bleibt ein roter Ruckstand. Aus grol3eren Mengen K,ReCl, konnteri wir eine zur Analyse ausreichende Menge dieser roten Verbindung gewinnen. Die rote Substanz hatte die Zusammensetzung ReCl, (vgl. S. 173). Die Menge dieses Re111 war aber vie1 geringer als die des vorher festgestellten Re"", es mul3te sich dnher in der salzsauren Losung noch niederwertiges Rhenium von einer anderen Valenzstufe befinden. Wir dampften die nach der Atherausschuttlung zuriick- bleibende waBrige Losung unter LuftabschluO stark ein und setzten festes Kaliumchlorid zu. Es bildete sich sofort ein reichlicher gruner Niederschlag von K,ReCl,. Dieser Niederschlag wurde abfiltriert. Das E'iltrat hatte eine braune Farbung. Da es noch ein Oxychlorid des vierwertigen Rheniums enthalten konnte, das erst bei langerem Kochen in Rheniumclilorwasserstoffsaure ubergeht (vgl. S.164), wurde die Lo- sung im Chlorwasserstoffstrom weiter eingeengt. Es schied sich aber kein weiteres K,ReCl, ab. Nun lost sich aber K,ReCl, selbst in konzen- tierter Salzsaure noch merklich (vgl. Tabelle 8) ; wir setzten daher, um die letzten Spuren von H,ReCI, aus der Losung zu entfernen, etwas CsC1-Losung zu. Darauf schied sich zunachst noch eine kleine Menge grunes Cs,ReCl, ab, dann aber ein brauner, kristallinischer Nieder- schlag, der nach der Valenzbestimmung zweiwertiges Rhenium ent- halt (vgl. S. 178).

Bei de r Dispropor t ion ierur ig des v ie rwer t igen Bhe- n iums kiinnen demnach Re", fier'', Be'' und Rev'' en ts tehen . Die Menge der bisher nachweisbaren einzelnen Valenzstufen hhngt, wie wir fanden, auOerordentlich von den Versuchsbedingungen ab. Wir versuchten zunachst, die Bedingungen ausfindig zu machen, unter denen sich die maximale Menge von ReV" bildet. Es wurden nacheinander die Konzentration der ursprunglichen K,ReCl,-Losung, die Stiirke der zugefugten Natronlauge, die Zeit der alkalischen Ein- wirkung und die Temperatur variiert.

In Tabelle 10 sind die Resultate einiger Disproportionierungs- versuche angegeben, die in ahnlicher Weise wie der Versuch 2 auf S. 169 ausgefuhrt wurden. Spalte 1 enthalt die Konzentration der verwendeten K,ReCl,-Losung, 2 die nach dem ZusammengieBen ent- standene NaOH-Konzentration der Suspension, 3 die Zeit, die vom ZusammengieBen bis our Filtration verstrich, 4 die Temperatur der alkalischen Suspension, 5 den bei der Disproportionierung entstandenen Anteil von ReV" als Prozent des gesamten Rheniums (38,06°/0 Re in X,ReCI,). In Spalte 6 findet sich die Menge des durch Atherausschutt- lung isolierten Re"', ebenfalls als Prosentsatx des gesamten Rheniums.

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I. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rhcniums 171

YaOH-Konz. dm

Suspension in o/o

0,Ol 0,05 0,2 L O 3,o 5,0 8,o 3,o 3,o 3,o 3,o 3,o 3 8 3,O

_ _ - ~ .

- -

-

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

D~~~~ des Stehens in Min.

5 5 5 5 5 5 5

20 50

320 20 20 20 20

Tabelle 10 Disproportionierung von ReIV in alkalischer Losung

1

Konzentrat. Ler K,ReCl,

Losung g im Liter)

4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 8

20

2 I 3 4

Temp.

in C

20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 50

100 20 20

.____ ~___

~- 5

Rev" in des

gesamten Rl

091 0 3 3,5

15,5 20,8 20,6 20,7 18,4 15,8 11,s 14,9 11,5 12,3 8,9

~ ~ _ _ _ _

6

Bei den Versuchen 1-7 wurde nur die Alkalitat der Suspension geandert, indem die K,ReCl,-Losung mit Natronlaugen verschiedener Konzentration versetzt wurde. Man erkennt ein rasches Anwachsen des Rev"-Anteiles mit der NaOH-Konzentration, sohon bei 30/0 NaOH wird ein Grenzwert von 20,SO/0 Re'" erreicht, der durch Erhohung der NaOH-Koneentration nicht mehr merklich geandert wird. Bei den Versuchen 5, 8, 9 und 10 lieBen wir die gleichstarke alkalischc Suspension verschieden lange Zeiten stehen. Dabei eeigt sich eine er- hebliche Verrninderung des Re'II-Anteiles bei langerem Stehen. Bei den Versuchen 8, 11 und 12 wurde die alkalische Suspension 20 Minuten lang auf verschiedener Temperatur gehalten. Es ergab sich eine be- trachtliche Abnahme des ReV1'-Anteiles mit steigender Temperatur. SchlieBlich wurde bei den Versuchen 8, 13 und 14 die Konzentration der ursprunglichen K2ReC1,-Losung variiert. Diese Reihe lieB eine Abnahme des ReV"-Anteiles mit steigender K,ReCl,-Konsentration erkennen. Die bei der Disproportionierung eintretende Bildung von Re"' zeigt einen ahnliohen Verlauf, nur ist die absolute Menge des Be"'-Anteiles immer erheblich geringer als die des Re'"-Anteiles.

Aus der Abhangigkeit des RevIr-Anteiles von der Reaktions- dauer, der Temperatur, der NaOH- und K,ReCl,-Konzentration ge- winnt man den Eindruck, da13 die groBte Menge ReV" im Augen- blick des ZusammengieBens entsteht, und zwar dann, wenn die ent-

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172 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 215. 1933

stehende Suspension moglichst verdunnt ist. Beim langeren Stehen der Suspension scheint das primar entstandene Revrr wieder mit niederwertigem Rhenium zu reagieren.

Die Beobachtung, da13 bei der Disproportionierung ReII, ReIII, Re'' und Re"' entstehen konnen, macht es wahrscheinlich, daS sich dieser komplizierte Vorgang nicht in einer Reaktion, sondern in mehreren Stufen abspielt. Wir halten folgendes Reaktionsschema fur wahrscheinlich :

Beim Versetzen der fast neutralen K,ReCI,-:Losung mit Natron- lauge entsteht zuerst) Natriumrhenit ; dieses Salz scheint in alkalischer Suspension die Neigung zu haben, in ReIII-Hydroxyd und Natrium- hyporhenat zu disproportionieren:

2Na,ReO, + 2H,O = Re(OH), + Na,ReO, + NaOH. (1) Das hierbei entstehende Hyporhenat hat, wie wir wissen (vgl.

S. 141), die Neigung, in Rheniumdioxyd und Natriumperrhenat zu zerfallen :

3Na,ReO, + 4H,O = 2Re0, + NaReO, + SNaOH. (2) Ferner zeigen die auf S. 175 angefuhrten Untersuchungen, da13

aucli Re(OH), in alkalischer Suspension nicht bestiindig ist, sondern in Verbindungen mit zwei- und funfwertigem Rhenium zerfallt :

3Re(OH), = 2Re(OH), + Re(OH),. (3) Schreibt man die drei Gleichungen in Form eines Valenzschemas,

so nehmen sie folgende Gestalt an:

2Re" = Re"' + R'e", (1 a) 3ReV = 2ReIV+ ReV", @a) 3ReIrr = 2Re" + ReV. (3 a)

$)ReTv = 3Re" + 4Re" + 2Rev1'.

Kombiniert man die Gleichungen (1 a-3a), so ergibt sich fur die Uesamtreaktion:

(4 a)

Danach sollten also 2/9 = 22,22°/0 des urspriiiiglich vorhandenen liheniums nach der Disproportionierung als ReVrr auftreten.

Wie die Versuche 6-S der Tabelle 9 zeigen, kann man diesem Werte durch geeignete Wahl der Versuchsbedingungen recht nahe kommen. In den meisten Piillen wird allerdings ein Teil des bei den Zwischenreaktionen gebildeten Re'" erhalten bleiben und daher der beobachtete ReVrr-Anteil n'cht den theoretischen Grenzwert er- reichen.

Page 45: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

1. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums 173

Wir wollen den Verlauf dieser interessanten Disproportionierung, die gleichzeitig den Weg zur Darstellung von Verbindungen des zwei- und dreiwertigen Rheniums eroffnete, noch weiter untersuchen.

4. Verbindungen des dreiwertigen Rheniums

Rhen iumt r i ch lo r id . Bei der Disproportionierung der Doppel- chloride des vierwertigen Rheniums in alkalischer Losung trat uns zum ersten Male eine Verbindung des dreiwertigen Rheniums ent- gegen (vgl. S. 170). Es handelte sich um das Rheniumtrichlorid ReCI,. Da die Darstellung dieser Verbindung auf dem Wege der ge- nannten Disproportionierung zu umstandlich war, suchten wir andere Herstellungsmethoden. Als besonders vorteilhaft erwies sich die Einwirkung von Rheniummetall auf das bei der Chlorierung des Rheniums entstehende fluchtige Produkt (vgl. S. 150).

Etwa 8 g Rheniumchlorid wurden in eine dickwandige, zylin- drische Quarzvorlage von 100 ccm Inhalt destilliert, in der sich 5 g Rheniumpulver befanden. Die Vorlage wurde evakuiert, zuge- schmolzen und in einem elektrischen Ofen 30 Stunden lang auf 500O C erhitzt. Nach dem Abkulilen wurde das Rohr unter LuftabschluB ge- offnet, der Inhalt mit konzentrierter Salzsaure gekocht und die Losung vom uberschussigen Rheniummetall abfiltriert. Die sale- saure Losung war tiefdunkelrot und ent,hielt hauptsachlich Tri- chlorid, daneben noch etwas Tetrachlorid. Zur Abtrennung und Reindarstellung des Trichlorids erwiesen sich die sehr verschiedenen Teilungskoeffizienten von ReCl, zwischen atherischer und waBriger Salzsaure verschiedenen HC1- Gehaltes als besonders giinstig. ReC1, geht aus 30°/,iger waBriger HC1 beim Schutteln rnit Ather, der rnit dieser Saure im Gleichgewicht ist, nur zum kleinen TeiIe in die atherische Phase uber. Dagegen lafit es sich aus 100/,iger HCl rnit &her fast vollstandig ausschutteln. Aus der atherisehen Losung kann man es durch Schutteln mit 350/,iger HC1 fast vollstandig wieder herausnehmen und in die waBrige Phase iiberfuhren.

Die rote Losung wurde daher rnit dem doppelten Volumen Wasser versetzt und dreimal mit HC1-haltigem Ather, der mit lOo/,iger HC1 im Gleichgewicht war, geschuttelt. Die Btherische Losung wurde dunkelrot, die waBrige nahm eine gelbe Farbe an (Mischfarbe aus dem nicht ausgeschuttelten ReCl, und dem vollig in der waBrigen Phase verbliebenen griinen H,ReCl,. In die rote atherische Losung wurde unter Eiskuhlung allmahlich 350/Bge HC1 gegossen und urn- geschuttelt. Das Rheniumtrichlorid ging fast vollstandig in die Salz-

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174 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 215. 1933

saure uber. Danii wurde der in der waBrigen Losung enthaltene Ather durch Erwarmen entfernt und die waBrige ReCI,-Losung im Stickstoffstrom auf dem Wasserbade zur Trockne gedampft. Das Rheniumtrichlorid hinterblieb als eine dunkelrote, kristallinische Masse.

Die Entstehung des Trichlorids durch Einwirkung des Metalles auf das schwarzgrune Rheniumchlorid (nach BRISCOE ReCI,, nach GEILMANN ReCl,) verlauft mit steigender Temperatur immer schneller. Dureh Wagung des Re-Metalles vor und nach der Reaktion und des Rohrinhaltes konnten wir den Verlauf der Reaktion in Abhangigkeit von der Temperatur und der Zeit verfolgen. Dabei ergaben sich folgende qualitativen Resultate: Bei Temperaturen bis zu 350° C aufwarts verlauft die Umsetzung sehr Iangsam, zwischen 400 und 500° schreitet sie rascher fort und zwischen 600 und 7000 strebt sie schnell einem Gleichgewicht zu. Weitere genaue Messungen sollen noch vorgenommen werden.

Da BILTZ, GEILMANN und WRIGGE~) vor kurzem die Darstellung des Rheniumtrichlorids durch thermische Zersetzung des Penta- chlorids und einige Eigenschaften dieser Verbindung beschrieben haben und da unsere Beobachtungen im wesentlichen mit denen von BILTZ und seinen Mitarbeitern ubereinstimmen, wollen wir hier nur einige Reaktionen beschreiben, die wir auch bei den anderen Valenz- stufen studiert haben. Beim Verdunnen mit Wasser wird die rote Losung allmahlich blauviolett und schlieBlich scheidet sich ein schwarzer Niedersehlag von Rheniumsesquioxydhydrat Bus. Beim Erwarmen dieses Niederschlages uiit konzentrierter HC1 wird das Trichlorid zuruckgebildet (vgl. auch BILTZ). Als stabil gegen Hydrolyse erwiesen sich salzsaure Losungen, die mehr als 130/, HCI enthielten. Bei schwefelsauren Losungen lag die Grenze bei einem Gehalt von 400/, H,SO,; essigsaure Losungen, die eine mehr blau- stichige Farbe haben, hydrolysierten bei weniger als SOOJ0 Essigsaure. Ammoniak farbt die Losung vorubergehend blau (vgl. BILTZ), dann entsteht eine braune Fallung. Dieselbe Pallung entsteht durch Laugen. Das klare, farblose Filtrat von diesem Niederschlag enthalt ReVrr. Es muB also beim Versetzen der Trichloridlosung mit Laugen eine Disproportionierung stattgefunden haben, wie wir sie in ahn- licher Form bei der Zersetzung der Doppelchloride von Re" beob-

l) W. GEILMANN, FR. W. WRIGQE u. W. BILTZ, Rheniumtrichlorid. Nachr. Ges. Wiss. Gottingen, Math.-phys. K1. (1932), 579.

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I. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums 175

achtet hatten. Der genannte braune Niederschlag lost sich in heil3er Salzsaure mit rotbrauner Farbe. Aus dieser Losung lsil3t sich rnit Ather ein Teil des urspriinglichen Re111 wieder ausschutteln. Die hierbei zuruckbleibende wa13rige Losung hat eine braune Farbung. Auf tropfenweisen Zusatz von Casiumchloridlosung fallt zunachst eine kleine Menge von grunem Cs,ReCI,, dann, besonders beim Sat- tigen der Losung mit HC1-Gas bei 00, ein brauner, kristallinischer Niederschlag, der anscheinend zweiwertiges Rhenium enthalt (vgl. S. 170) und wahrscheinlich eine Doppelverbindung von ReC1, mit CsCl darstellt. Da aber dieses Casiumsalz in Salzsaure erheblich loslich ist, mu13 auch die Losung noch Re11 enthalten. Auffallend ist ihr erheb- liches Reduktionsvermogen. Bei der Disproportionierung des drei- wertigen Rheniums treten demnach Re", Re" und ReV" auf. Wir nehmen fur diese Disproportionierung folgenden Verlauf an: Beim Versetzen der ReC1,-Losung mit Natronlauge entsteht primar Rhe- niumIII-hydroxyd, dieses zerfallt in alkalischer Suspension in Rhe- niumII-hydroxyd und Rheniumv-hydroxyd :

3Re(OH), = 2Re(OH), + Re(OH), oder in Valenzen:

3Re"' = 2 Re'' + ReV

Das so entstandene Rev zerfiillt infolge seiner Instabilitat sofort weiter :

3ReV = 2Re" +Re'".

Fiir die Gesamtreaktion ergibt sich daher folgende Gleichung : 9Re1*l = 6Re" + 2Re" + Re'".

Es sollte danach l/g = ll,llO/o des gesamten Rheniums als Re'" auftreten. Dieser Betrag wurde bei den bisherigen Versuchen nicht erreicht. Es wurden dabei maximal etwa 6% Re'" gefunden, wahrend ein betrachtlicher Anteil des Re'" erhalten blieb. Mit dem weiteren Studium des Reaktionsmechanismus sind wir noch beschaf tigt .

Uber die Anwendung dieser Reaktion zur Erklarung der Dis- proportionierung von Re" in alkalischer Suspension vgl. S. 172.

Gegen Oxydationsmittel sind stark saure Losungen von ReC1, au13erordentlich stabil (vgl. BILTZ). H,O,, KMnO,, CrO,, V206, Fe,(SO,),, C1- und Br-Wasser wirken in der Kalte gar nicht, in der Warme erst nach Tagen merklich ein. Ebensowenig wirken die meisten Reduktionsmittel. Nur Zink bzw. naszierender Wasserstoff reduziert bei + 5 O C glatt zu Re' (vgl. 8. 179).

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176 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 215. 1933

Losliche Rhodanide farben salzsaure Losungen von ReCI, all- mahlich gelb bis braun, die Farbung geht in Ather. Schwefelwasser- stoff fallt ReC1,-Losungen rnit verschiedenem HC1- Gehalt nur sehr langsam und unvollstandig (vgl. BILTZ). Uber die Zusammensetzung des hierbei entstehenden braunen Sulfids ist noch nichts Sicheres bekannt. Xanthogenate scheiden zuerst weillen Schwefel, spater schokoladenbraunes Sulfid ab.

Konzentrierte Losungen von KCI, RbCl untl CsCl rufen selbst in ReCl,-Losungen, die 100 g ReC1, im Liter enthalten, lieine Fallungen von Doppelsalzen hervor. Dagegen werden festes RbCl und CsCl durch ReGI,-Losungen rot bis violett angefarbt, wie wir in Uberein- stimmung rnit BILTZ, GEILMANN und WRIGGE fanden.

Im elektrischen Felde zeigte die rote, salzsaure Losung von ReCl, keine merkliche Wanderung. Doch konnten wir ein Pyridin- doppelsalz gewinnen, indem wir eine Losung vori 1 g ReCI, in 30 ccm 370/,iger HC1 unter Eiskiihlung rnit Pyridin versetzten. Das Salx kristallisiert in dunkelroten schiefen Prismen, die sich in konzen- trierter Salzsaure schwer, in Wasser leicht mit roter Farbe losen. Das Salz hat die Zusammensetzung C5H5N.HC1.ReC1,. Es ist an- zunehmen, da13 die noch nicht hergestellten .Alkalidoppelsalze die entsprechende Formel XCI.ReCI, haben werden.

Zur Analyse der Verbindungen des dreiwertigen Rheniums wurden gewogene Mengen der Verbindungen in Natronlauge ge- schiittet, die Losung rnit Wasserstoffsuperoxyd versetzt und einige Minuten gekocht. Dann wurde die alkalische Losung rnit Schwefel- saure stark angesauert, das Rhenium rnit Schwefelwasserstoff ge- fallt und nach vorheriger Oxydation rnit Perhydrol als Nitronper- rhenat gefallt. Das Filtrat vom H,S-Niederschlag wurde oxydiert und das Chlor rnit Silberacetat als Chlorsilber gefallt. Bei dem Pyridindoppelsalz wurde auBerdem der Stickstoff nach der DUMAS'- schen Methode volumetrisch bestimmt. In den Tabellen 11 und 12 sind die Ergebnisse einiger Analysen angegeben.

mg Einwaage

.

138,6 121,3 66,O

Page 49: Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums

I. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums 177

0,1402 0,1239 0,0935 I 0,0810

Tabelle 12 AnaIyse des Pyridinsalzes von ReCI,

C,H,N * HCl * ReCI,

0,1242 0,0828

mg Ein-

152,4 1 45,7 1 45,65 180,2 45,5 45,65

"0 N gefunden I berechnet

.. _ _ _ ~ 34,3 34,75 3,4 3,43 34,5 I 34,75 I 3,4 I 3,43

Rheniumsesquioxyd. Bei der Hydrolyse siiurearmer Re"'- Losungen entsteht ein schwarzer Niederschlag, der die Eigenschaften eines Oxydhydrats von Re1'* hat (vgl. BILTZ). Er lost sich in heiBer, konaentrierter HCI und HBr mit roter Farbe. Durch Oxydations- mittel und schon durch den Sauerstoff der Luft wird das Oxyd- hydrat leicht zu Perrheniumsaure oxydiert. Zur Ermittlung seiner Zusammensetzung wurde in folgender Weise ein trockenes Praparat hergestellt :

Eine Losung von etwa 2 g ReCI, in 25 ccm 20°/,iger HC1 wurde in 1 Liter luftfreien Wassers gegeben, die Losung umgeschuttelt und unter LuftabschluB einige Tage stehen gelassen. Nachdem sich der NiederschIag gut abgesetzt hatte, wurde die Hauptmenge der Losung abgehebert und der Niederschlag unter Stickstoff abgesaugt , nach- einander mit Salzsaure, Alkohol und Ather gewaschen und ge- trocknet. Zur Analyse wurde eine gewogene Menge des trockenen, schwarzen Oxyds im Wasserstoffstrom zu Metal1 reduziert. In Tabelle 13 sind die Daten von zwei Analysen angegeben.

Tabelle 13

Der Rheniumgehalt entspricht nahezu der Formel Re,O,. Die ge- ringe Abweichung nach unten durfte durch einen kleinen Rest von Hydratwasser verursacht sein.

Rheniumtr ibromid. Beim Erhitzen von Rheniummetall mit Brom im evakuierten Quarzrohr auf 6000 C entsteht eine schwarze, kristallinische Substans, die sich in Bromwasserstoffsaure mit rot- brauner Farbe lost und als Rheniumtribromid anzusprechen ist. Eine Analyse dieses Bromids wurde bisher nicht ausgefuhrt ; dagegen

Z. anorg. u. allg. Chem. Bd. 216. 12

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178 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 215. 1933

wurde aus der HBr-Losung mit Pyridin ein schwarzes Doppelsalz von der Zusammensetzung C,H,N*HBr .ReBr, erhalten und ana- lysiert.

Wie soeben erwahnt, stimmen unsere Resultate uber die Eigen- schaften des dreiwertigen Rheniums im wesentlichen mit den Be- funden von BILTZ, GEILMANN und WRIGGE uberein. Dagegen stehen sie in Widerspruch zu den Angaben von MAYCHOT, SCHMID und DUSING. In einer fruheren Arbeit beschrieben tliese Autorenl), da13 sie bei der Elektrolyse von sauren K,ReCl,-Losungen an der Kathode Losungen erhalten hatten, die sich durch ihr starkes Reduktions- vermogen auszeichneten und nach der Menge des bei der Oxydation verbrauchten Sauerstoffs Re"' enthalten sollten. Neuerdings haben MANCHOT und seine Mitarbeiter2) ihre Arbeiten uber dieses dreiwertige Rhenium fortgesetzt , offenbar ohne die inzwischen erschienene grbeit von BILTZ, GEILMANN und WRIGGE uber das Rheniumtrichlorid zu kennen. Sie hatten sonst ihre Versuchsresultate sicherlich anders gedeutet. - Nach unseren Untersuchungen entsteht bei der Elektro- lyse saurer K,ReCI,-Losungen an der Kathode Re" (zuweilen vielleicht auch Re'). Es gelingt aber nicht, das gesamte Re'" im Kathodenraum in Re" uberzufuhren. Das bei der Elektrolyse entstandene Gemisch von Re'' und Re'" hat infolge seines Re"- Gehaltes die reduzierenden Eigenschaften, die MANCHOT dem Re''' zuschreibt. Wirkliches Re"', das jedoch in saurer Losung keinerlei redusierende Eigenschaften hat, entsteht bei dieser Elektrolyse nur spurenweise (man kann es mit Ather ausschutteln) und wurde von MANCHOT uberhaupt nicht beob- achtet. Die von MANCHOT ausgefiihrte Valenzbestimmung durch Oxy- dation in saurer Losung ist nicht brauchbar (vgl. S. 183). Da die Annahmen MANCHOT'S uber die Wertigkeit des Rheniums in seinen reduzierten Losungen unzutreffend sind, wollen wir auf die von ihm beschriebenen Reaktionen, die nach unserer Ansicht einem Gemisch von verschiedenen Valenzstufen des Rheniums zukommen, hier nicht nsher eingehen.

5. Verblndungen des zweiwertigen Rheniums

Bei der Disproportionierung der Doppelchloride von Re'" beob- achteten wir zuerst das Auftreten von Re". Dort (S. 170) ist auch die praparative Darstellung von salzsauren Losungen, die hauptsachlich Re" enthalten, angegeben. Da diese Losungen auBer Re'' immer noch

I) W. MANCHOT, H. SCHMID u. J. DUSING, Ber. 64 (1931), 2905. z , W. MANCHOT u. J. DUSING, Z. anorg. u. allg. Chem. 212 (1933), 21.

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I. u. W. Noddack. Sauerstoff- und Halogenverbindungen des Rheniums 179

Re"' und Re" enthalten, versuchten wir, das Re" durch starkes Ein- engen der Losung, durch Abkuhlen auf Oo C, durch Sattigen rnit HCl- Gas und durch Versetzen der Losung rnit konzentrierter CsC1-Losung zu entfernen. Das Re"' wurde dann als ReCl, rnit Ather ausgeschuttelt. Die waBrige Losung zeigt nach dieser Behandlung eine b r a u n e Farbe; durch &her 1aBt sich nichts ausschutteln, beim Verdunnen rnit Wasser tritt Hydrolyse unter Entfarbung der Losung und Abscheidung eines braunen Niederschlages ein. Die Losung hat merklich reduzierende Eigenschaften : Indigosulfonsaure wird schon in der Kalte schnell entfarbt. Durch Zusatz von Jodsaure tritt eine starke braunrote Farbung auf. Rhodanide farben tief dunkelrot, die Farbe geht beim Schiitteln rnit Ather in diesen uber. Versetzt man die rhodanidhaltige Losung mit Pyridin, so scheidet sich ein rotbraunes 01 ab. Oxy- dationsmittel, wie H202, CrO,, V20, und Fe,(SO,), , fuhren leicht zu Re'" und allmiihlich zu ReV'*. Basen und Ammoniak erzeugen einen hellbraunen Niederschlag. Schwefelwasserstoff fallt aus sauren Losungen von Re" schnell ein schwarzes Sulfid, wobei sich die Losung entfarbt.

Die Valenzprobe (vgl. S. 154) ergab, daB 1 Mol Re der Losung bei seiner Oxydation zu Rey" 2,49 Mole 0 verbraucht. Demnach ent- hielt die Losung fast reines zweiwertiges Rhenium. Mit der weiteren Untersuchung dieser Oxydationsstufe sind wir noch beschaftigt.

6. Verbindungen des einwertigen Rheniums

Reduziert man stark sale- oder schwefelsaure Losungen von ReCI, unter Eiskuhlung rnit Zink oder rnit Natriumamalgam, so farbt sich die anfangs rote Losung allmahlich b lauvio le t t und besitzt nun- mehr ein auBerordentlich starkes Reduktionsvermogen. Durch Oxy- dation rnit K,CrO, stellten wir fest, da13 1 Mol Re in dieser Losung bei seinem Ubergang in ReV" 3 Mole 0 verbraucht. Es liegt demnach einwertiges Rhenium vor. Feste analysenfahige Verbindungen dieser Valenzstufe wurden bisher nicht hergestellt. Die Realitionen dieser Wertigkeitsstufe sind ungemein charakteristisch.

Indigosulfonsaure wird auch in der Kalte sofort entfarbt. Los- liche Rhodanide farben die Losung von Re' braun, ihr Schwefel wird bis zu Schwefelwasserstoff reduziert. Diese letztere Reaktion ge- stattet, Re' von Re", das ebenfalls ein merkliches Reduktionsvermogen besitzt, aber Rhodanide nicht bis zu Schwefelwasserstoff reduziert, zu unterscheiden. ReV" wird in saurer Losung durch Re' zu Re" redu- ziert, wobei sich das Re' zu Re'" oxydiert. Durch Laugen wird ein

12"

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180 Witschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 215. 1933

brauner Niederschlag gefdlt, der Wasser unter Wasserstoffentwick- lung zersetzt. Schwefelwasserstoff fallt am sauren Losungen von Re' nach langerer Einwirkung einen schwarzein Niederschlag, der noch nicht naher untersucht wurde. Uber weitere Eigenschaften des Re' wollen wir spater berichten.

7. Halogenv8rbindungen des sechswertigen Rheniums

Das von BRUKL und ZIEGLER~) aufgefundene Oxgchlorid des sechs- wertigen Rheniums ReOCl, ist in waBriger Losung sehr unbestandig. Dennoch war es moglich, wenigstens voriibergehend Doppelverbin- dungen dieses Oxychlorids zu erhalten.

Versuch : Rheniummetall wurde im Chlorstrom verbrannt und das gebildete Chlorid in einer gekiihlten Vorlage kondensiert. Dann wurde das Chlor durch Sauerstoff verdrangt und das Chlorid in dieser Atmosphare langsam erhitzt. Es bildeten sich dunkelbraune Dampfe von ReOCl,, die in einer gekiihlten Vorlage verdichtet wurden. Nach Beendigung des Versuches wurde der Sauerstoff durch Stickstoff ersetzt, die Vorlage auf -loo C gekiihlt und das Oxychlorid in 600/,iger Salzsaure von derselben Temperatur gelost. Es entstand eine klare, braune Losung, die sofort in ein WanderungsgefaB gegossen wurde. Die Losung des Oxychlorids wurde mit auf -100 C gekiihlter 40%iger HC1 iiberschichtet und mit einer Spannung von 20 Volt elektrolysiert. Die braune Farbung wandeste zur Anode. Aus der Verschiebung der Grenzflache in der Zeiteinheit lie13 sich die Be- weglichkeit des Anions zu 1,1-lO-4 crn2.seo-l*Volt-l berechnen. Die Losung des Oxychlorids war auljerst leicht zersetzlich, bei Oo C farbte sie sich in 10 Minuten griin, wobei sich aus dem Oxychlorid Rheniumchlorwasserstoffsaure und Perrheniumsaure bildeten:

3H,ReOCl, + 5H20 = H,ReCI, + 2HRe0, + 12HCl.

R h eniumo xo h exa c h lor w a s s e r s t off s a u r e H,ReOCl,.

Einen AufschluB uber die Zusammensetzung der Saure H,ReOCl, erhielten wir durch die Analyse ihres Kaliumsalzes. Bur Darstellung dieses Salzes verfuhren wir folgendermaflen : Das Oxychlorid wurde in der beschriebenen Weise hergestellt ; seine Losung erfolgte aber jetzt nicht in reiner HCl, sondern in einer Salzsaure von ISO/, HCl- Gehalt, die bei -100 C mit KC1 gesattigt war. Es entstand wieder eine braune Losung, daneben ein mittelbrauner, kristallinischer Nieder- schlag, der sogleich durch Zentrifugieren abgetrennt wurde. Es gelang

l) A. BRUKL u. K. ZIEGLER, Ber. 65 (1932), 916.

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nicht, diesen Niederschlag zu trocknen, da er schon bei 00 C in wenigen Minuten in KReO,, K,ReC16 und KC1 zerfiel. Aus der Analyse der Zerfallsprodukte ergab sich, daB das braune Sale die Zusammensetzung K,ReOCI, besa13, und daB es mit Wasser nach der Gleichung:

3K2ReOC1, + 5H,O = 2KRe0, + K,ReC1, + 2KC1+ IOHCl zerfallt. Damit war der Saurecharakter des Oxychlorids ReOCI, er- wiesen.

Rhodanverb indungen des sechswertigen Rheniums. Salzsaure Losungen von Perrhenaten werden durch Zusatz loslicher Rhodanide gelb bis rot gefarbt. Die Farbung tritt schneller ein und wird intensiver, wenn man den Perrhenatlosungen ein Reduktions- mittel, wie Jodwasserstoff, Zinnchlorur oder Hydrazin zusetzt. Beim Schutteln mit Ather geht die farbende Substanz in die atherische Schicht uber.

Es handelt sich nach diesen Beobachtungen offenbar um eine Rheniumrhodanverbindung, in der das Rhenium eine Valenz < 7 hat. Wir versuchten, diese Substanz durch Zugabe verschiedener Reagenzien auszufallen. Dies gelang vor allem durch einige organische Basen. Setzt man der rotgefarbten Rheniumrhodanlosung Pyridin, Chinolin oder Nitron zu, so scheiden sich schwarzrote Ole ab, die all- mahlich zu festen Massen erstarren. Im folgenden sol1 die Darstellung einer Pyridinverbindung beschrieben werden.

2 g NaReO, wurden in 20ccm HCl (2O%ig) gelost und nach- einander 1 g SnC1, (gelost in 10 em3 20%iger HCI) und 2 g NaCNS (gelost in 5 em3 H,O) zugegeben. Die Mischung farbte sich in wenigen Sekunden dunkelrot. Nach 5 Minuten Stehen wurden zur Ausfallung des etwa noch vorhandenen, nicht reduzierten ReV1' 10 em3 gesattigte KCI-Losung zugefugt, auf 00 abgekiihlt und filtriert. Das Filtrat wurde unter Eiskuhlung mit 3 em3 Pyridin versetzt. Es bildete sich sofort eine hellbraune Emulsion, aus der sich allmahlich kleine schwarzrote Tropfen absetzten. Durch Zentrifugieren lie13 sich das 01 leicht quanti- tativ abtrennen. Die uberstehende gelbe Losung wurde abgegossen, und das ausgeschiedene 01 mehrere Male auf der Zentrifuge mit Wasser gewaschen. Wahrend des Waschens wurde das 01 immer zaher und lie13 sich schwer aus dem Zentrifugenrohr entfernen. Es wurde daher das letzte Waschwasser abgegossen und die Substanz in dem Rohr imVakuumexsikkator uber P,O, getrocknet. Nach eintagigem Trocknen stellt die Substanz eine glanzend schwarze, feste, geruchlose Masse dar, die an der Luft bestandig ist. Beim Kochen dieser Substanz mit

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Laugen entstehen Perrhenat und Rheniumdioxyd, und Pyridin ent- weicht. Starke Sauren zersetzen ebenfalls unter Bildung von Re'' und Re"".

Die Analyse der noch wasserhaltigen Substanz ergab das Mol- verhaltnis Pyridin: Rhenium: Rhodan = l : l : 5 . Dieser Befuncl und die Beobachtung, da13 bei der Disproportionieriing mit Laugen das Verhaltnis Re'": Re"" = 1 : 2 ist, zeigen, da13 clas Rhenium in der Verbindung sechswertig ist und dab die Verbindung wahrscheinlich die Formel C,H,NH * CNS . ReO(CNS), besitzt. Weitere Unter- suchungen uber die Rheniumrhodanide wollen wir noch vornehmen.

111. Valenzbestimmung Das Studium der in den vorangehenden Abschnitten geschilderten,

zum Teil recht verwickelten Disproportionierungen wird auaerordent- lich erleichtert, wenn man in der Lage ist, bei allen in Frage kommenden Losungen und festen Verbindungen die Wertigkeit des Rheniums zu bestimmen. Eine derartige allgemein anwendbare Methode war bisher nicht bekannt. Dagegen liegen verschiedene Versuche zur Valenz- bestimmung in einzelnen Verbindungen vor.

KRAUSS und STEINFELD~) reduzierten Alkalirheniumdoppelhaloge- nide durch Erhitzen im Wasserstoffstrom und bestimmten die Ge- wichtsabnahme des Salzes und die Menge des gebildeten Halogen- wasserstoffs. Diese Methode ist nur fur feste Verbindungen brauchbar, bei denen man gleichzeitig durch andere Analysenmethoden die Mengen des an Rhenium als 0 oder OH gebundenen Sauerstoffs und Wasserstoffs kennt. Ferner darf die Verbindung aul3er dem direkt an Rhenium gebundenen Halogen, 0 und OH keine im Wasserstoffstrom fluchtigen Bestandteile enthalten. Wie auf S. 158 und S. 161 erortert wurde, kann die Nichtbeachtung dieser Gesichtspunkte zu Fehl- schlussen uber die Valenz des vorliegenden Rheniums und damit ZU

unrichtigen Analysen fuhren. Da alle niederen Valenzstufen des Rheniums die Neigung haben,

durch Oxydation in Revrr iiberzugehen, lag es nahe, auf diese Eigen- schaft Titrierverfahren zur Wertigkeitsbestimmung aufzubauen.

MANCHOT, SCHMID und D ~ ~ s I N G ~ ) oxydierten niederwertiges Rhe- nium in saurer Losung mit Kaliumpermanganat, und erhielten dabei

1. c., S. 151. 2, W. MANCHOT u. J. DUSING, uber die niedrigsten Wertigkeitsstufen von

Rhenium und Ruthenium : Dreiwertiges Rhenium und einwertiges Ruthenium. Z. anorg. u. sllg. Chem. 212 (1933), 21.

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Werte der Valenz, die sicher nicht zutreffend sind. Dieselbe Methode verwandten JAKOB und JEZOWSKA~), und gelangten ebenfalls zu un- richtigen Schliissen in bezug auf die Wertigkeit des Rheniums. RUFF und KWASNIK,) erkannten die Unbrauchbarkeit der Permanganat- methode bei der Valenzbestimmung des Rheniums im Rhenium- dioxyd. GEILMANN und HURD,) oxydierten ReO, und ReO, mit Ferri- sulfat in schwefelsaurer Losung und erhielten die richtige Valenz des un tersuch ten Rheniums.

Wir konnten feststellen, dalS bei der Oxydation niederwertigen Rheniums in sau re r Losung durch einen UberschulS von KMnO,, Fe,(SO,),, Ce,(SO,),, H,02, (NH,),S,O,, V,O, und CrO, meist weniger Sauerstoff verbraucht wird, als der Oxydation des gesamten nieder- wertigen Rheniums zu siebenwertigem entspricht. Diese Beobachtung findet ihre Erklarung in der grol3en Stabilitat der sauren Losungen von Re''' und Re'" gegen alle Oxydationsmittel. Da Verbindungen von Re' und Re'' bei der Autoxydation Re'" und RerV liefern, und da Rev und ReV1 in saurer Losung leicht disproportionieren unter Ent- stehung von Re", sind Oxydationsmittel in s au re r Losung nur in sehr beschranktem Umfange zur Valenzbestimmung brauchbar.

Dagegen erfolgen Oxydationen zu Re"' in a lka l i scher Losung meist sehr schnell und quantitativ, z. B. durch Wasserstoffsuperoxyd, Chromate und Vanadate. Da aber Wasserstoffsuperoxyd in alkalischer Losung wenig bestkindig ist, und da das funfwertige Vanadin bei seiner Reduktion V" und V"' bildet, die beide durch den Luftsauerstoff oxydiert werden konnen, bleiben nur die Chromate fur die Valenz- bestimmung niederwertigen Rheniums geeignet. Bei der Reduktion der Chromate entsteht Chromihydroxyd, das selbst beim Kochen der alkalischen Losung an der Luft keine Neigung zur Oxydation zeigt. Das ausgeschiedene Chromihydroxyd laat sich bei Gegenwart von Ammonsalzen gut abfiltrieren und auswaschen. Da sein Wassergehalt nur schwierig konstant zu halten ist, verwandelt man es durch vor- sichtiges Gluhen in Cr,O, und bringt dieses zur WBgung.

Beispiel: Es sollte die Valenz des Rheniums im Kaliumrhenium- doppelchlorid K,ReCI, bestimmt werden. 0,2000 g I<,ReCl, wurden in 25 cm3 luftfreiem Wasser gelost und zu der grunen Losung eine alkalische Natriumchromatlosung (1,5 g Na,CrO, und 1 g NaOH in

1) W. F. JAKOB u. B. JEZOWSKA, fjber die Elektroreduktion der Perrhenat-

z, 0. RUFF u. W. KWASNIK, Z. anorg. u. allg. Chem. 208 (1932), 367. 3, W. GEILMANN u. L. C. HURD, Z. anorg. u. allg. Chem. 210 (1933), 350.

siiure. Ber. 66 (Mgrz 1933), 461.

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10 em3 H20) gegeben. Dann wurde 15 Minuten auf dem Wasserbad gekocht. Danach wurde die Losung mit H,SO, angesauert, mit Ammoniak versetzt und noch einige Minuten erwarmt. Das aus- geschiedene Chromihydroxyd wurde im Filtertiegel abgesaugt und mit heiBem Wasser bis zum Verschwinden der Chromatreaktion nach- gewaschen. Der Filtertiegel wurde in einen Platintiegel gesetzt und 10 Minuten auf 500° C erhitzt. Die Wagung ergab n = 0,0316 g CrzO,.

Das Filtrat wurde mit vie1 Salzsaure versetzt, das Rhenium als Sulfid gefallt und dann rnit Nitron bestimmt. Es ergab sich m = 0,0782 g Re (berechnet fur 0,2000 g K,ReCI, 0,0781 g Re).

Da 1 Mol Re zur Aufoxydation um eine Stufe 'i2 0 verbraucht, und da 2 CrO, bei der Reduktion zu Cr,O, 6 0 abgeben, entspricht

Cr20, der Oxydation eines Mols Re um eine Stufe. Nennt man das Atomgewicht des Rheniums R, das Molekulargewicht des Cr,O, M , so ergibt sich fur die gesuchte Valenz des Rheniums in der Verbindung:

6n R ' v=7 - - M . m

oder im vorliegenden Falle : 6 9 0,0316 * 186,3 = 4,03

152 0,0782 v-7-

d. h. das Rhenium in Clem Salz K2ReCI, ist viexwertig. NaturgemaB 1aBt sich die geschilderte Methode nicht nur auf feste

Verbindungen, sondern auch auf rheniumhaltige Losungen anwenden. Enthalt die zu oxydierende Verbindung auBer dem niederwertigen Rhenium noch andere Elemente oder Verbindungan, die durch alka- lische Chromatlosung oxydiert werden, so mu6 der auf diese Anteile entfallende Betrag von Chromioxyd von der Gesam tmenge subtrahiert werden.

Berlin- Grumewald.

Bei der Redaktion eingegangen am 26. August 1933.