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83 K urzstrecken- und häufiger Stopp and Go-Verkehr in der Stadt machen Fah- rern von Baufahrzeugen das Leben nicht gerade leicht. Viele von ihnen wünschen sich deshalb eine Erleichte- rung in Form eines automati- sierten Schaltgetriebes. Für Scania Grund genug, das bereits aus dem Fernver- kehr bekannte Opticruise-Sys- tem auch im Baubereich an- zubieten. Eine kluger Schach- zug, denn das Opticruise zeigt sich auch im rauhen Baueinsatz von seiner besten Seite. Die Entscheidung der Schweden, bei diesem System auf das Kupplungspedal nicht völlig zu verzichten, ent- puppt sich besonders in schwierigem Terrain als goldrichtig. Denn: Gerade beim Anfahren am Berg, beim millimetergenauen Rangieren oder beim Heraus- schaukeln aus morastigem Untergrund zeigt sich, dass ein versierter Fahrerfuß – eine wie beim Scania vorhandene weich und äußerst gefühlvoll dosierbare Kupplung voraus- gesetzt – durch nichts zu er- setzen ist. Einmal in Fahrt, ist der Kupplungsfuß bis zum nächs- 82 TEST Scania R124 CB 420 8x4 Selbst ist der Schwede Selbst ist der Schwede Ab sofort bietet Scania das aus dem Fernverkehr bekannte Opticruise-Getriebe auch für Baufahrzeuge an. Ein Fahrertraum oder überflüssiger Schnickschnack? Praktisch. Die Ablage auf der Beifahrerseite lässt sich als Schreibunterlage oder Brotzeittisch nutzen Geräumig. Die Staubox unter der empfehlens- werten Beifahrersitzbank Cockpitfeeling. Übersichtlichkeit und Funktionalität lassen keine Wünsche offen ten Stopp zur Untätigkeit „verdammt“. Das Opticruise schaltet selbsttätig. Dabei agiert es unabhängig vom Streckenprofil und des Bela- dungszustandes des Fahrzeu- ges in puncto Gangwahl so- wie Zeitpunkt der Gangwech- sel absolut stimmig. Und: Der jeweilige Anfahrgang (1 oder 3) lässt sich manuell einpro- grammieren. Erfreulich sind dabei die kurzen Schaltzeiten und die prima Schaltqualität. Mit dem hinter dem Opticruise-Joy- stick platzierte sogenannten „Hill“-Taster lassen sich die Schaltzeiten für Bergpassa- gen noch etwas verkürzen. Zugleich verschiebt sich da- durch der Schaltzeitpunkt um etwa hundert Umdrehungen nach oben. Selbst in diesem Modus schaltet das Opticruise noch relativ weich. Selbstverständlich erlaubt das System dem Fahrer in je- der Situation manuell einzu- greifen und die Gänge ohne Kupplungsbetätigung zu wechseln. Dazu wird der rechts vom Fahrersitz plat- zierte Joystick vom „Automa- tik“ um eine Position nach hinten auf „Manuell“ gezo- gen. Zum Wechseln der Gän- ge nach oben oder unten drückt man den Joystick ein- fach nach rechts beziehungs- weise links. Bei voller Ausla- dung und Steigungen über fünf Prozent sowie im schwe- ren Gelände empfiehlt Scania die Schaltung selbst in die Hand zu nehmen. Doch auch ohne Eingriffe des Fahrers kommt das Opticruise selbst in kniffligen Situationen wie gesagt gut zurecht. Unter dem Strich zeigt sich das Ge- triebe als spielend leicht handhabbar und als echte Entlastung für den Fahrer. Leider ist das Display, das über den gerade eingeleg- ten Gang Kein Kraftakt. Trittgerecht an- gebrachte Stufen und griffgünstige Haltestangen erleich- tern den Einstieg Opticruise im Detail. Das Kupplungspedal braucht man nur zum Anfahren. Der Joystick ist gut plaziert, das Infodisplay aber eindeutig zu klein

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Page 1: Scania R124 CB 420 8x4 - · PDF file83 K urzstrecken- und häufiger Stopp and Go-Verkehr in der Stadt machen Fah-rern von Baufahrzeugen das Leben nicht gerade leicht. Viele von ihnen

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K urzstrecken- undhäufiger Stopp andGo-Verkehr in derStadt machen Fah-

rern von Baufahrzeugen dasLeben nicht gerade leicht.Viele von ihnen wünschensich deshalb eine Erleichte-rung in Form eines automati-sierten Schaltgetriebes.

Für Scania Grund genug,das bereits aus dem Fernver-kehr bekannte Opticruise-Sys-tem auch im Baubereich an-zubieten. Eine kluger Schach-zug, denn das Opticruisezeigt sich auch im rauhenBaueinsatz von seiner bestenSeite. Die Entscheidung der

Schweden, bei diesem Systemauf das Kupplungspedal nichtvöllig zu verzichten, ent-puppt sich besonders inschwierigem Terrain alsgoldrichtig. Denn: Geradebeim Anfahren am Berg,beim millimetergenauenRangieren oder beim Heraus-schaukeln aus morastigemUntergrund zeigt sich, dassein versierter Fahrerfuß – einewie beim Scania vorhandeneweich und äußerst gefühlvolldosierbare Kupplung voraus-gesetzt – durch nichts zu er-setzen ist.

Einmal in Fahrt, ist derKupplungsfuß bis zum nächs-

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TEST

Scania R124 CB 420 8x4

Selbst ist der SchwedeSelbst ist der Schwede

Ab sofort bietet Scania das aus dem

F e rnverkehr bekannte Opticru i s e - G e t r i e b e

auch für Baufahrzeuge an. Ein Fahre rt r a u m

oder überflüssiger Schnickschnack?

Praktisch. Die Ablageauf der Beifahrerseite lässtsich als Schreibunterlageoder Brotzeittisch nutzen

Geräumig. Die Staubox

unter derempfehlens-

wertenBeifahrersitzbank

Cockpitfeeling. Übersichtlichkeit und Funktionalitätlassen keine Wünsche offen

ten Stopp zur Untätigkeit„verdammt“. Das Opticruiseschaltet selbsttätig. Dabeiagiert es unabhängig vomStreckenprofil und des Bela-dungszustandes des Fahrzeu-ges in puncto Gangwahl so-wie Zeitpunkt der Gangwech-sel absolut stimmig. Und: Derjeweilige Anfahrgang (1 oder3) lässt sich manuell einpro-grammieren.

Erfreulich sind dabei diekurzen Schaltzeiten und dieprima Schaltqualität. Mit demhinter dem Opticruise-Joy-stick platzierte sogenannten„Hill“-Taster lassen sich dieSchaltzeiten für Bergpassa-gen noch etwas verkürzen.Zugleich verschiebt sich da-durch der Schaltzeitpunkt umetwa hundert Umdrehungennach oben. Selbst in diesemModus schaltet das Opticruisenoch relativ weich.

Selbstverständlich erlaubtdas System dem Fahrer in je-der Situation manuell einzu-greifen und die Gänge ohneKupplungsbetätigung zuwechseln. Dazu wird derrechts vom Fahrersitz plat-zierte Joystick vom „Automa-tik“ um eine Position nachhinten auf „Manuell“ gezo-gen. Zum Wechseln der Gän-

ge nach oben oder untendrückt man den Joystick ein-fach nach rechts beziehungs-weise links. Bei voller Ausla-dung und Steigungen überfünf Prozent sowie im schwe-ren Gelände empfiehlt Scaniadie Schaltung selbst in dieHand zu nehmen. Doch auchohne Eingriffe des Fahrerskommt das Opticruise selbstin kniffligen Situationen wiegesagt gut zurecht. Unterdem Strich zeigt sich das Ge-triebe als spielend leichthandhabbar und als echteEntlastung für den Fahrer.Leider ist das Display, dasüber den gerade eingeleg-ten Gang

Kein Kraftakt.Trittgerecht an-gebrachte Stufen und griffgünstigeHaltestangen erleich-tern den Einstieg

Opticruise im Detail. Das Kupplungspedal braucht

man nur zum Anfahren. Der Joystick ist gut plaziert,

das Infodisplay aber eindeutig zu klein

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diglich die Anordung des Re-tarderhebels im Cockpit er-scheint verbesserungswürdig.Raucher wünschen sich zu-dem einen näher am Volantplatzierten Ascher. Von vie-len Fahrern geschätzt wirddagegen die Pkw-ähnliche,steile Lenkradstellung. Sie er-möglicht eine äußerst ent-spannte Sitzposition.

Gute Noten verdienen diegroßen, beheizten Außen-spiegel. Schade nur, dass derSpiegel auf der Fahrerseitemanuell verstellt werdenmuss. Heizung und Lüftungverrichten ihren Job tadellos.

TEST

R u b r i k e n t i t e l

und allein der unmittelbareBereich vor dem Fahrzeugbleibt dem Fahrer durch dashoch bauende Armaturen-brett verborgen. Dafür ist Er-gonomie des cockpitartig umden Fahrer herumgezogenenArbeitsplatzes erstklassig. Le-

und den jeweiligen Schaltmo-dus informiert, viel zu kleinund noch dazu schlecht ables-bar.

Beim Betätigen der Motor-bremse schaltet das Opticrui-se erfreulicherweise automa-tisch so weit zurück, bis dieoptimale Motorbremsdreh-zahl erreicht ist. Klasse ist fer-ner das integrierte Bremssy-stem (Retarder und Motor-bremse), das ein „Setzen“ derBerggeschwindigkeit erlaubt.Die Auspuffklappen-Motor-bremse selbst ist jedoch nichtmehr up to date. Die „norma-len“ Trommelbremsen rund-um verzögern ordentlich, ihreDosierbarkeit könnte aller-dings besser sein.

Einen passenden Partnerhat das Opticruise im 420 PSstarken 11,7-Liter-Sechszylin-der. Der Euro-3-Saubermannüberzeugt durch gute Lauf-kultur und viel Kraft aus nied-rigen Drehzahlen.

Motor für gute Gelände-eigenschaften.

Auf der Habenseite desSchweden steht auch das ge-ringe Eigengewicht. Mit voll-em 300-Liter-Tank brachteder Vierachser in der kipper-

optimierten Ausführung in-klusive dem Carnehl-Halfpi-pe-Hinterkipper gerade ein-mal 12.960 Kilogramm aufdie Waage.

Licht und Schattenin der Kabine

Der Einstieg in das wohnli-che Fahrerhaus bereitet dankgriffgünstig platzierter Halte-stangen und trittgerecht an-geordneter Stufen keine Pro-bleme. Die Rundumsicht istwegen der schmalen A-Säu-len und der hohen Sitzposi-tion ausgezeichnet. Einzig

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TEST

Scania R124 CB 420 8x4

Nichts zu kritisieren gibt esam Fahrverhalten des mit Sta-bilisatoren vorn und hintenausgestatteten Vierachsers.Es ist unabhängig vom Bela-dungszustand sicher und pro-blemlos. Dazu kommt einsauberer Geradeauslauf. DerFederungskomfort liegtselbst leer auf überraschendhohem Niveau und die Len-kung arbeitet trotz ihrerLeichtgängigkeit angenehmexakt.

Drei Differenzialsperrenund eine relativ große Boden-freiheit sorgen in Verbindungmit dem durchzugsstarken

Leichter Schwede. Das geringe Eigengewicht des Vierachsers ermöglicht stattliche 19 Tonnen Nutzlast

hydraulisch betätigte Einscheiben-M e m b r a n f e d e r - T r o c k e n k u p p l u n g ;G e t r i e b e : Scania GRS 900; Dreigang-Grundgetriebe mit Range-und Splitgruppe, 12 Vorwärtsgängeund 2 Crawler, 2 Rückwärtsgänge;Automatisierte Schaltung Scania Op-ticruise als Sonderausstattung

Kraftübertragung

S e c h s z y l i n d e r - D i e s e l - R e i h e n m o t o rmit Abgasturbolader und Ladeluft-kühlung; vier Ventile pro Zylinder;Abgasnorm Euro 3Typ: DC 12 01H u b r a u m : 11.716 cm3

Leistung: 420 PS (309 kW) bei1 9 0 0 / m i nmax. Drehmoment: 2000 Nm bei1100-1300/min Einspritzung: Pumpe-Düse, EDC

Motor

vorn: starre Faustachsen, Zweiblatt-Parabelfedern, verstärkte Stabilisator( S o n d e r a u s s t a t t u n g )h i n t e n : Außenplanetenachsen ScaniaAD 1100 P mit Achseinsätzen RBP 730und RP 730; Vierblatt-Parabelfedern;Stabilisator (Sonderausstattung) ;

Fahrwerk

Technische Daten

Preis:Grundpreis: Fahrgestell mit Fahrerhaus CR 14: 304.430,–

Testurteil

BremsanlageZweikreis-Druckluftbremsanlage mitABS; Trommelbremsen vorn und hin-ten; Motorbremse: Auspuffklappe;Retarder (Sonderausstattung)

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zwei Quer-, eine Längssperre; Achs-übersetzung 3,68B e r e i f u n g : 315/80 R 22,5 F e l g e n : 9,00 x 22,5

Maße & GewichteL x B x H: 8005 x 2550 x 3180 mmRadstand: 4300 mmRahmenhöhe: 1040 mmGewicht Testfahrzeug: 12.940 kgNutzlast: 19.060 kgzul. Gesamtgewicht: 32.000 kg

exzellentes Getriebe; durch-zugsstarker Motor; Euro 3;

funktionelles Cockpit; hoher Fahr-komfort; saubere Verarbeitung

+

unbefriedigender Durchstieg;keine Außentraverse; viele

Details aufpreispflichtig; Retarder-hebel nicht optimal platziert

Bauspezifisch.Alle Scania der C-Baureihehaben Stahlstoßfänger.Die Lampenschutzgitterkosten extra

Starker Vierer. Hinten setzen dieSchweden auf vierlagige 19 Tonnen-Parabelfedern

Perfekt. Kein andererHersteller bieteteinen besserenFrontaufstieg

Licht undSchatten.

Hochge-zogener

Auspuff aufder rechtenSeite, aber

keine Außen-traverse

Sauber gelöst.Hoch liegender

Stabilisator undStoßdämpfer garantieren

gute Bodenfreiheit

Besonders angenehm: die so-genannte Pausenheizung.Der Wärmespender für die„kleine Pause zwischen-durch“ kostet allerdings ge-nauso Aufpreis wie ein elek-trisch betriebener Stellan-trieb für die Dachluke.

Typisch Scania ist der be-queme, einfach zu verstellen-de Fahrersitz, mit Lordosen-stütze, Sitzheizung und inte-grierter Kopfstütze. Am Tra-gekomfort des sitzfesten Gur-tes und am Verstellbereichgibt es ebenfalls nichts auszu-setzen.

Das Platzangebot in derkurzen, hohen CR-14-Kabineist im Grunde genommenausreichend. Subjektiv wirktdas Ganze jedoch enger als estatsächlich ist. Das liegt vor al-lem am hohen Motortunnelund der weit in den Fahrgast-raum ragende Mittelkonsole.Dementsprechend beschwer-lich gestaltet sich der Durch-stieg. Weiterer Kritikpunkt istdas ausgesprochen eng bei-einander liegende Gas- undBremspedal. Durchaus zufrie-den kann man dagegen mitden gebotenen Ablagemög-lichkeiten sein. Besonderspfiffig: Die im Testfahrzeuganstelle des normalen rech-ten Sitzes installierte breite

Beifahrersitzbank unter de-ren Sitzfläche sich ein großesStaufach verbirgt. Mit einemJackenschrank, wie ihn bei-spielsweise Mercedes im Ac-tros anbietet, kann derSchwede jedoch nicht dienen.Dafür fallen Verarbeitungs-qualität und Materialgüteumso überzeugender aus.

Absolute Vorbildfunktionhat der vordere Aufstieg. Ge-schmälert wird dieser positiveEindruck jedoch durch dasFehlen einer Außentraverse.Der Blick über die Bordwandartet dadurch jedesmal zurgefährlichen Kletterpartieaus. Alles in allem überzeugtder Schwede trotz kleiner De-tailschwächen. Vor allem dasmit 4760 Mark Aufpreis mo-derat teure Opticruise-Getrie-be hinterlässt einen ausge-zeichneten Eindruck. Es er-leichtert dem Fahrer nicht nurseinen Job wesentlich, son-dern bietet im „Manuell-modus“ jede Menge Fahr-s p a ß . A D