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SCHRAUBER- TIPP DER GEMEINE ÖLWECHSEL Das, was der menschliche Körper von Zeit zu Zeit und vor allem nach dem Genuss von zu viel Alkohol ganz selbstständig durch- zuführen vermag, kann das beste Stück des Bikers, sein Motorrad, keineswegs allein vollbringen. Die Rede ist vom Ölwechsel! Also nehmen wir uns zum Saisonstart, am liebsten dann, wenn die ers- ten wärmenden Sonnenstrahlen die Schnee- und Graupelwolken durchdringen, die Liebste im Hin- terhof-Ruhrpott-Idyll zur Brust und schenken neuen Schmier- stoff ein. Vor allem wird es Zeit, den Tun- nelblick von immer komplizierteren Eingriffen ins Innere der Bikes zu lösen und mal wieder die Grund- sätzlichkeiten der Motorradpflege zu beleuchten. Schließlich stoßen immer wieder neue Schraubwillige zur MSD-Gemeinde hinzu und ver- langen nach Aufklärung ganz banal erscheinender Wartungsarbeiten. Zunächst braucht der Hobbyschrau- ber nicht viel zum großen Glück. Verständnisvolle Nachbarn, ein Garagenhof, ein Baumarkt-Werk- zeugkasten in mittelprächtiger Aus- stattung, ein Schrauberbuch und natürlich stylische Mechaniker- Bekleidung reichen schon aus, um sich zu fühlen wie Rossis Chefmecha- niker in der Boxengasse des Losail- Cirquit in Katar. Nur, dass Flutlicht und Wüstensand hier fehlen und wir uns in Bochum-Hofstede und nicht im Scheichtum am Persischen Golf befinden. Naja, man kann nicht alles haben. Doch was wir haben, ist das neueste Motorex-Power-SYNT4T Full Syn- thetic Race Winning SAE 10W/50 Motoröl gegen Kupplungsrutschen bei modernen Hyper-Sportbikes, das von Honda nicht beschaffbare, aber von www.rsbike.de doch besorgte VTR 1000 SP-2 Werkstatthandbuch, eine Scott Mechaniker Jeans nebst Sweatshirt aus dem BÜSE Katalog, einen Ölfilter von Müllers Biker Shop in Bochum-Harpen, eine Ölauffang- wanne aus dem Autozubehör, die es aber auch bei Louis oder ande- ren Motorradtechnik-Shops zu kau- fen gibt, und die Gewissheit, dass wir Chefmechaniker, Handlanger, Fahrer und Teamchef in Personalunion sind und mit unserem Bike machen kön- nen, was immer wir wollen. Also ran an den Schraubenschlüssel. Und so geht’s: SCHRITT 1: DIE VORBEREITUNG Nachdem wir das Bike und die Nach- barschaft zwecks Batterietest und Warmlaufphase kurz aus dem Win- terschlaf geweckt haben, lassen wir es nun ein wenig ruhen, damit sich das warme, fließfreudigere Öl nebst allen Sedimenten in der Ölwanne vor der Ablassschraube ver- sammeln kann. In dieser Phase kann bei vollverklei- deten Bikes schon mal der Weg zum Öl-Einfüllstützen, zur Ablass- schraube und zum Ölfilter freige- legt werden. Dann den passenden Schlüssel für die Ölablassschraube zur Hand nehmen. SCHRITT 2: DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG Besser als ein Maulschlüssel ist immer ein Ringschlüssel oder eine Nuss mit Knarre, da sie die Schraube komplett umschließen und so die Gefahr des Abrutschens oder der Beschädigung des Schrau- benkopfes minimieren. Los geht’s (fast) immer gegen den Uhrzeiger- sinn. Da übereifrige Vorbesitzer aus Angst vor Schrauben- und Ölverlust die Ablassschraube gern besonders fest anziehen, kann es sein, dass sie sich nicht sofort und schon gar nicht mit einem kurzen Schlüssel lösen lässt. In diesem Fall hilft ein länge- rer, gekröpfter Ringschlüssel, und ein kurzer, entschlossener Schlag mit der flachen Hand in Drehrich- tung gegen den Schraubenschlüs- sel, um das nötige Losbrechmoment zu erzeugen. Spätestens jetzt ist es Zeit, die Ölauffangwanne in Posi- tion unter dem Motor zu bringen. Aber daran denken, dass das warme

Schrauber- Tipp Der gemeine Ölwechsel - HDI · 2016. 11. 15. · Schrauber-Tipp. Der gemeine . Ölwechsel . Das, was der menschliche Körper . von Zeit zu Zeit und vor allem nach

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Page 1: Schrauber- Tipp Der gemeine Ölwechsel - HDI · 2016. 11. 15. · Schrauber-Tipp. Der gemeine . Ölwechsel . Das, was der menschliche Körper . von Zeit zu Zeit und vor allem nach

Schrauber-Tipp Der gemeine Ölwechsel

Das, was der menschliche Körper von Zeit zu Zeit und vor allem nach dem Genuss von zu viel Alkohol ganz selbstständig durch-zuführen vermag, kann das beste Stück des Bikers, sein Motorrad, keineswegs allein vollbringen. Die Rede ist vom Ölwechsel! Also nehmen wir uns zum Saisonstart, am liebsten dann, wenn die ers-ten wärmenden Sonnenstrahlen die Schnee- und Graupelwolken durchdringen, die Liebste im Hin-terhof-Ruhrpott-Idyll zur Brust und schenken neuen Schmier-stoff ein.

Vor allem wird es Zeit, den Tun-nelblick von immer komplizierteren Eingriffen ins Innere der Bikes zu lösen und mal wieder die Grund-sätzlichkeiten der Motorradpflege zu beleuchten. Schließlich stoßen immer wieder neue Schraubwillige zur MSD-Gemeinde hinzu und ver-langen nach Aufklärung ganz banal erscheinender Wartungsarbeiten.

Zunächst braucht der Hobbyschrau-ber nicht viel zum großen Glück. Verständnisvolle Nachbarn, ein

Garagenhof, ein Baumarkt-Werk-zeugkasten in mittelprächtiger Aus-stattung, ein Schrauberbuch und natürlich stylische Mechaniker-Bekleidung reichen schon aus, um sich zu fühlen wie Rossis Chefmecha-niker in der Boxengasse des Losail-Cirquit in Katar. Nur, dass Flutlicht und Wüstensand hier fehlen und wir uns in Bochum-Hofstede und nicht im Scheichtum am Persischen Golf befinden. Naja, man kann nicht alles haben.

Doch was wir haben, ist das neueste Motorex-Power-SYNT4T Full Syn-thetic Race Winning SAE 10W/50 Motoröl gegen Kupplungsrutschen bei modernen Hyper-Sportbikes, das von Honda nicht beschaffbare, aber von www.rsbike.de doch besorgte VTR 1000 SP-2 Werkstatthandbuch, eine Scott Mechaniker Jeans nebst Sweatshirt aus dem BÜSE Katalog, einen Ölfilter von Müllers Biker Shop in Bochum-Harpen, eine Ölauffang-wanne aus dem Autozubehör, die es aber auch bei Louis oder ande-ren Motorradtechnik-Shops zu kau-fen gibt, und die Gewissheit, dass wir Chefmechaniker, Handlanger, Fahrer und Teamchef in Personalunion sind und mit unserem Bike machen kön-nen, was immer wir wollen. Also ran an den Schraubenschlüssel. Und so geht’s:

Schritt 1: Die Vorbereitung

Nachdem wir das Bike und die Nach-barschaft zwecks Batterietest und Warmlaufphase kurz aus dem Win-terschlaf geweckt haben, lassen wir es nun ein wenig ruhen, damit sich das warme, fließfreudigere Öl nebst allen Sedimenten in der Ölwanne vor

der Ablassschraube ver-sammeln kann. In dieser Phase kann bei vollverklei-deten Bikes schon mal der Weg zum Öl-Einfüllstützen, zur Ablass-schraube und zum Ölfilter freige-legt werden. Dann den passenden Schlüssel für die Ölablassschraube zur Hand nehmen.

Schritt 2: Der SchlüSSel zum erfolg

Besser als ein Maulschlüssel ist immer ein Ringschlüssel oder eine Nuss mit Knarre, da sie die Schraube komplett umschließen und so die Gefahr des Abrutschens oder der Beschädigung des Schrau-benkopfes minimieren. Los geht’s (fast) immer gegen den Uhrzeiger-sinn. Da übereifrige Vorbesitzer aus Angst vor Schrauben- und Ölverlust die Ablassschraube gern besonders fest anziehen, kann es sein, dass sie sich nicht sofort und schon gar nicht mit einem kurzen Schlüssel lösen lässt. In diesem Fall hilft ein länge-rer, gekröpfter Ringschlüssel, und ein kurzer, entschlossener Schlag mit der flachen Hand in Drehrich-tung gegen den Schraubenschlüs-sel, um das nötige Losbrechmoment zu erzeugen. Spätestens jetzt ist es Zeit, die Ölauffangwanne in Posi-tion unter dem Motor zu bringen. Aber daran denken, dass das warme

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dünnflüssige Öl mit einem gewis-sen Druck aus der kleinen Öffnung schießt und dabei eine umgekehrte Flugparabelbahn, gern direkt neben die Auffangwanne, beschreibt. Also die Wanne in Vorhalte bringen.

Schritt 3: rauS mit Dem alten

Zudem hilft es, den Moment des Ölausflusses zu kontrollieren, indem die letzten Schraubenwindungen mit der Hand gedreht werden. Die Schraube dabei mit Daumen und Zeigefinger am Kopfe packend mit leichtem Gegendruck herausdrehen. So kann der zu erwartende Strahl nicht nur gedämpft und in seiner Richtung beeinflusst werden, son-dern die Schraube und eventuell der Dichtring auch vor dem Absturz in die Ölwanne bewahrt werden. Nun kann das Öl in aller Ruhe abfließen.

Schritt 4: auf Die Seite gelegt

Gelegenheit zur Frühjahrsgymnas-tik bietet sich dann anschließend, wenn das Motorrad, wie in diesem Fall, über eine seitlich angebrachte Ölablassschraube verfügt. Um näm-lich auch noch die letzten Reste des alten Öls und die Abriebsedimente vom Boden der Ölwanne heraus

zu schwemmen, empfiehlt es sich, das Bike abzubocken, leicht auf die Seite zu legen und so lange in die-ser Position zu halten, bis auch das letzte noch so klein Rinnsal versiegt ist. Wichtig hierbei ist natürlich der sichere Stand und der Einsatz des vollen Körpergewichtes gegen das Motorrad. Dann besteht auch keine Gefahr des unwürdigen Umkippens im Hof, schon bevor die Saison über-haupt begonnen hat. Danach das Motorrad wieder in die Senkrechte bringen und den allerletzten Tropfen abwischen.

Schritt 5: gut gefiltert

Zu einem ordentlichen Ölwech-sel gehört immer auch ein Wech-sel des Ölfilters, beziehungsweise der Ölfilterpatrone. Schließlich sam-meln sich hier die Abriebsedimente und andere kleine Fremdkörper, die beim Betrieb in den Ölkreislauf gelangen. Da sich der Ölfilter preis-lich ungefähr auf dem Niveau eines einzelnen Liters des kostbaren Roh-stoffes bewegt, sollte hier nicht an der falschen Stelle gespart werden. Die Ölfilterpatrone lässt sich in den meisten Fällen, besonders, wenn sie vorher fachgerecht montiert wurde, per Hand lösen. Ebenfalls links herum kann der Biker seine Früh-jahrsform im rechten Arm testen. Für schwierige Fälle gibt es geeig-nete Ölfilter-Schlüssel im Zubehör. Diese bestehen meist aus einer ein-stellbaren Lasche und einem Hebel. Aber auch eine große Wasserpum-penzange tut’s. Doch Achtung: Auch hier fließt Öl. Und zwar ab der ersten Umdrehung. Deshalb vor dem Lösen des Ölfilters die Ölauffangwanne in Position bringen. Filter ganz heraus drehen und Kopfüber in die Wanne legen. Altöl und Filter gehören spä-ter in den Sondermüll auf der Zen-traldeponie. Die Verklappung dort ist für Privatleute meistens kostenlos

möglich. Auf keinen Fall gehört der Ölfilter in den Hausmüll. Ein Trop-fen Öl verseucht fünf Badewannen voll Grundwasser. Das ist kein Kava-liersdelikt, sondern eine schlimme Umweltsünde. Und da wir doch alle artig an unseren Autos die Feinstaub-plaketten durch die Gegend fahren, sollten wir uns auch in diesem Fall gesetzestreu verhalten.

Schritt 6: hanDwarm anziehen

Nachdem wir die Dichtfläche am Motorblock mit einem Lappen abge-putzt haben und den O-Ring, das ist der Gummiring an der Platten-Seite der Ölfilterpatrone, mit etwas fri-schem Öl benetzt haben, kann der neue Filter angeschraubt werden. Wichtig hierbei ist, dass man den Fil-ter richtig an das Gewinde ansetzt. Das könnte deshalb etwas schwie-rig sein, weil man nix sehen kann, da der Filter meist irgendwo versteckt verbaut wird und das Gewinde innen liegt. Also mit etwas Gefühl auffie-deln und dann ohne jedes Werkzeug handfest anziehen. Der volle Schma-

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ckes eines Unterarms reicht vollstän-dig aus. Wer hier meint, den Ölfil-terschlüssel auch mal anders herum einsetzen zu müssen, wird beim nächsten Ölwechsel arge Probleme bekommen.

Schritt 7: newtonS-Kraft-Kontrolle

Ein wichtiges Werkzeug, beson-ders für unerfahrene Schrauber, ist der Drehmomentschlüssel. Mit sei-ner Hilfe kann ein Überdrehen des Gewindes, sowie das Abreißen einer Schraube wirkungsvoll verhindert werden, da die ausgeübte Kraft auf die Schraube vorher am Schlüs-sel eingestellt werden kann. Zwar kommt beim Schrauben nach „lose“ bekanntlich irgendwann „fest“, doch danach auch gleich schon „ab“. Besonders die Alu-Gewinde im Motorblock sind sehr empfind-lich. Eine Drehmoment-Tabelle für fast alle relevanten Schrauben und Gewindestärken findet man im Schrauberhandbuch des Motorrades. Für die M10er Ölablassschraube (gemeint ist die Gewindestärke, und nicht etwa die Schlüsselweite) hier an der Honda, empfiehlt das Werk-

stattbuch 30 Nm Anzugsmoment. Ist das entsprechende Drehmoment erreicht, knackt der Schlüssel hör- und fühlbar an der Drehachse. Dann ist’s genug und man ist sich sicher, dass die Schraube sich nicht wieder löst. Die Investition von etwa 30 bis 50 Euro für einen mittelprächtigen Drehmomentschlüssel macht sich schon bezahlt, wenn man damit auch nur ein durchgewürgtes Gewinde oder eine verlorene Schraube ver-hindert. Und gebrauchen kann man ihn an fast jeder Schraube. Also Öl-ablassschraube schön abputzen, wenn vorgesehen einen neuen Kupfer- oder Gummidichtring verwenden und ordnungsgemäß festziehen.

Schritt 8: Die füllung

Nun kommen wir zum schönsten Teil des Ölwechsels. Dem Einfül-len des frischen Schmiermittels. Die vorgeschriebene Menge des Öls ent-nimmt man wieder dem Hand- oder Werkstatt-Buch. Hier sind meist drei verschiedene Mengen angegeben. Die nachzufüllende Menge bei einem Ölwechsel, bei einem Öl- und Fil-terwechsel und die Menge, die nach

einer Komplettzerlegung des Motors eingefüllt werden muss. In diesem Fall sind 3,9 Liter Motorex-Öl für den Ölwechsel mit Filter einzufüllen. Dabei geht man am besten so vor, dass man zunächst etwas weniger als die angegebene Menge, also etwa 3,5 Liter einschüttet und im Schaug-las kontrolliert, wo der Ölstand sich einpegelt. Man füllt dann bis zur oberen Markierung auf und lässt das Motorrad, freilich nach Verschließen des Öleinflülldeckels, sonst spritz es arg, kurz laufen, um den Ölfilter zu füllen. Hernach müssen wir einige Minuten bei abgeschaltetem Motor warten, bis das Öl sich wieder in der Ölwanne gesammelt hat und erneut den Ölstand im Schauglas kontrol-lieren. Entsprechende Fehlmengen sind dann nachzufüllen. Dabei aber auch darauf achten, wie das Motor-rad steht. In keinem Fall sollte es auf dem Seitenständer stehen. Manche Handbücher verlangen die Positio-nierung auf dem Hauptständer, oder aber eben mit beiden Rädern auf dem Boden. In jedem Fall sollte der Untergrund eben sein.

Text & Fotos: Patric Birnbreier

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