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Schriftliche Planung einer didaktischen Einheit für einen Menschen mit Behinderung 1. Die an der Übung beteiligte Person 1.1. Beschreibung der/ des Menschen mit Behinderung bezüglich der Thematik der didaktischen Einheit Christian ist aufgrund seiner körperlichen- und geistigen Behinderung in der Fördergruppe 1 in unserer Werkstatt beschäftigt. Er leidet unter mehrfachen spastischen Lähmungen, einer starken Sehbehinderung und unter einer geistigen Behinderung. Trotz seiner geistigen Behinderung ist mir bei Christian aufgefallen, dass er ein enormes Gedächtnis hat (er behält sich kleinste Details wie z.B. Alter, Namen, Geburtstage, kann über Dinge aus weiter Vergangenheit berichten etc.). Christian kann mit Unterstützung eines Betreuers kurze Strecken gehen und auch Treppen steigen, zudem steht er eigenständig und sicher an Haltegriffen (z.B. an der Toilette). Es ist ihm auch möglich, sich eigenständig aus seinem Rollstuhl an der Sprossenwand hochziehen um in den Stand zu kommen. Wenn er läuft ist auffällig, dass er bedingt durch seine Spasmen, nicht aufrecht gehen kann. Zudem rollt er seine Füße nicht richtig ab und zeigt einen tippeligen Gang. Aufgrund seiner starken Sehbehinderung ist er bei Laufübungen oder alltäglichen Dinge oft unsicher, da er bestimmte Dinge nicht abschätzen kann (Entfernung, Höhe, Tiefe usw.). Daher ist es für Christian wichtig, ihm in seiner Umwelt und bei allen Aktivitäten Sicherheit zu geben und ihn ggf. auf folgende Schritte oder vorhersehbare Situationen vorzubereiten (wenn er z.B. im Rollstuhl über eine höhere Kante geschoben wird). Denn oft ist er sehr schreckhaft wenn plötzliche Bewegungen,

Schriftliche Planung didaktische Einheit

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Schriftliche Planung einer didaktischen Einheit für einen Menschen mit Behinderung

1. Die an der Übung beteiligte Person

1.1. Beschreibung der/ des Menschen mit Behinderung bezüglich der Thematik der didaktischen Einheit

Christian ist aufgrund seiner körperlichen- und geistigen Behinderung in der Fördergruppe 1 in unserer Werkstatt beschäftigt. Er leidet unter mehrfachen spastischen Lähmungen, einer starken Sehbehinderung und unter einer geistigen Behinderung. Trotz seiner geistigen Behinderung ist mir bei Christian aufgefallen, dass er ein enormes Gedächtnis hat (er behält sich kleinste Details wie z.B. Alter, Namen, Geburtstage, kann über Dinge aus weiter Vergangenheit berichten etc.). Christian kann mit Unterstützung eines Betreuers kurze Strecken gehen und auch Treppen steigen, zudem steht er eigenständig und sicher an Haltegriffen (z.B. an der Toilette). Es ist ihm auch möglich, sich eigenständig aus seinem Rollstuhl an der Sprossenwand hochziehen um in den Stand zu kommen. Wenn er läuft ist auffällig, dass er bedingt durch seine Spasmen, nicht aufrecht gehen kann. Zudem rollt er seine Füße nicht richtig ab und zeigt einen tippeligen Gang. Aufgrund seiner starken Sehbehinderung ist er bei Laufübungen oder alltäglichen Dinge oft unsicher, da er bestimmte Dinge nicht abschätzen kann (Entfernung, Höhe, Tiefe usw.). Daher ist es für Christian wichtig, ihm in seiner Umwelt und bei allen Aktivitäten Sicherheit zu geben und ihn ggf. auf folgende Schritte oder vorhersehbare Situationen vorzubereiten (wenn er z.B. im Rollstuhl über eine höhere Kante geschoben wird). Denn oft ist er sehr schreckhaft wenn plötzliche Bewegungen, Berührungen oder Geräusche auftreten. Christian nimmt Laufübungen und psychomotorische Angebote gerne an und ist hierbei meist motiviert. Jedoch hat er Angst davor, eines Tages nicht mehr laufen zu können (wenn er älter wird und sich seine Behinderung dadurch evtl. verschlechtert). Meiner Vermutung nach liegt es daran, dass er immer sehr intensiv durch seine Mutter gefördert wurde und immer sehr viel Wert auf seine Förderung gelegt hat. Daher könnte es sein, dass Christian sein Leben lang von seinen Eltern vermittelt bekam, dass es wichtig ist, so lange wie möglich eigenständig laufen zu können.

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Über die letzten zwei Wochen hinweg war bei Christian auffällig, dass er gerade am Nachmittag sehr müde und ausgepowert ist, was sonst nicht der Fall war. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass er sich nicht mehr freiwillig in die Arbeitsphase einbringt und lieber im Sessel sitzen bleibt um sich auszuruhen.

1.2. Beschreibung der Beziehung/ en zwischen Praktikantin und der unter beschriebenen Person

Christian und ich lernten uns vor ca. fünf Monaten in der WfbM kennen. Gleich am ersten Tag trat er mir sehr offen und mit großer Neugier zu meiner Person gegenüber. Im Gruppenalltag habe ich bereits nach kurzer Zeit viele Dinge mit Christian erlebt. Unsere Beziehung wurde dem entsprechen schnell vertraut. Im Gruppenalltag erleben wir viele gemeinsame Aktivitäten. Beispielsweise führen wir reflektierende Gespräche (u.a. in der Abschlussrunde), erstellen kreative Dinge, erledigen gemeinsam Arbeiten wie z.B. Schrauben sortieren, gehen snoezelen oder er genießt ein Wellnessangebote. Auch kurze Spaziergänge oder Einkäufe (im Rollstuhl) erlebt er gerne mit mir. Überhaupt ist er immer mit Freude dabei wenn ich ihn frage, ob er bestimmt Dinge mit mir machen möchte. Daher freute er sich auch riesig darüber, als ich ihm sagte, dass mein Lehrer zu Besuch kommt und ich dann seine täglichen Übungen mit ihm durchführen möchte. An Christian schätze ich sehr, dass er immer sehr fröhlich ist. Was ich auch sehr an Christian mag, ist das er sich meistens auf die ihm angebotenen Dinge (z.B. Arbeitsförderung, kreative Angebote etc.) einlässt und daran Spaß hat.

2. Thema und Inhalt der didaktischen Einheit

2.1. Zur Bedeutung des Themas für die unter 1.1. genannte/ n Person/ en

Diese Sequenz ist in zwei Punkten für Christian besonders von Bedeutung. Zum einen werden durch die täglichen Bewegungsübungen seine vorhandenen Ressourcen erhalten. Zum anderen können wir ihm die Angst davor nehmen, irgendwann bzw. in naher Zukunft überhaupt nicht mehr laufen zu können, ein wenig nehmen. Dies gibt ihm gleichzeitig immer wieder die Motivation regelmäßig seine Übungen durchzuführen. Wir versuchen ihm klar zu machen, dass wenn er seine Übungen regelmäßig macht, er seinen Körper fit halten kann

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2.1.1. In welchem Zusammenhang steht die heutige Sequenz (Welche Schritte in der did. Einheit sind bereits vollzogen, welche sind weiterhin geplant?)

Christian bekommt regelmäßig einmal wöchentlich in der Werkstatt seine verordnete Krankengymnastik. Seine Krankengymnastiklehrerin steht in ständigem Kontakt mit uns als Betreuer in der Werkstatt und auch mit den Betreuern des Wohnheims. Sie teilt uns umgehend mit, wenn Besonderheiten oder Veränderungen an Christian zu sehen sind (Steigerungen oder auch Abbau von bereits vorhandenen Ressourcen). Dementsprechend gibt sie uns Ratschläge, wie wir am besten vorgehen, wenn wir beispielsweise mit ihm Laufen üben. Zuletzt hat sie uns gesagt, dass wir Christian bewusst an das durchdrücken seiner Versen erinnern sollten, da er dazu neigt auf den vorderen Fußballen zulaufen und hieraus ein starkes Tippeln beim Laufen entsteht. Zudem gab sie uns den Ratschlag, ihn daran zu erinnern, seinen linken Arm immer so gut wie möglich zu strecken und ihn beim Laufen auf seinen Oberschenkel zu legen (dadurch erreicht er automatisch eine etwas bessere, aufrechtere Körperhaltung).

2.1.2. Sachbezogene Aussagen zum Inhalt der heutigen Sequenz (Was ist für heute geplant, wodurch unterscheidet sich diese Sequenz von der vorausgegangenen bzw. von der zukünftigen)

Heute werde ich mit Christian als erstes mit seiner alltäglichen Laufübung beginnen, diese Übung ist gleichzeitig eine kleine Aufwärmphase für die darauffolgende Übung am heutigen Tag. Beginnen werden wir in der Turnhalle. Um aus dem Rollstuhl in den Stand zu kommen werde ich Christian nur eine kleine Hilfestellung geben, damit er seine eigene Muskelkraft nutzt, um in den Stand zu kommen, denn es ist wichtig seine vorhandene Muskelkraft zu erhalten. Nun werden wir einige Male über den Flur laufen (Streckenlänge je nach Tagesform). Nachdem wir wieder zurück in der Turnhalle sind, gebe ich ihm Zeit für eine kleine Pause, indem er sich auf eine Bank setzen kann. Ich setze ihn aus folgenden Gründen bewusst auf eine Bank und nicht sofort in den Rollstuhl (zweite Übung wird vom Rollstuhl aus gemacht): Ich habe die Gelegenheit mich neben ihn zu setzen und ihm so ein vertrauteres Gefühl zu geben. Auf der Bank muss Christian gezielter auf seine Körperhaltung achten (Gleichgewicht, Oberkörper strecken), da er sonst leicht das Gleichgewicht verlieren würde.Ich werde ihm natürlich gezielte Hilfestellungen geben und für seine Sicherheit sorgen indem ich ihn einhake und er sich an mir festhalten kann. Bei der nächsten Übung muss er sich mit meiner

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Hilfe in den Rollstuhl zurücksetzen und trainiert so wieder seine vorhandene Muskelkraft. Die folgende Übung unterscheidet die heutige Sequenz von den vorangegangenen bzw. von den zukünftigen. Denn das Laufen über den Flur ist im alltäglichen Tagesablauf enthalten (z.B. vom Gruppenraum zur Toilette oder in den Theaterraum). Die folgende Übung ist Christian zwar bekannt und wird oft mit ihm durchgeführt, jedoch gehört sie nicht zur alltäglichen Förderung und wechselt z.B. mit der Übung Treppen steigen. Ich werde Christian nun vor die Sprossenwand schieben, den Rollstuhl sichern (Bremsen festziehen) und Christian bitten, sich an der Sprossenwand hochzuziehen sich dabei zu strecken. Einige Sekunden bleibt er nun stehen und setzt sich wieder eigenständig in den Rollstuhl zurück. Diese Übung wird je nach seiner Ausdauer einige Male wiederholt. Wenn die Übung beendet ist, werde ich mit Christian eine kleine Reflexion durchführen. Ich möchte damit erreichen, dass Christian sich selber reflektiert. Zudem ist mir wichtig, dass er langsam auf das Ende der Übung eingestellt wird und sich eine Zeit lang auf die Rückkehr in die Gruppe vorbereiten kann.

3. Intentionen (mit Begründung)

3.1. Was könnte/n die unter 1.1. beschriebene Person/ en für sich wollen; in welche Richtung kann oder will sie sich entwickeln?

Christian ist es sehr wichtig, solange es geht, laufen zu können (auch wenn es mit Unterstützung ist). Daher möchte er auch von sich aus regelmäßig seine Übungen durchführen, auch wenn es oft anstrengend ist. Er freut sich auch immer über den Besuch seiner Krankengymnastiklehrerin, da er weiß das gerade ihre Übungen noch besser für ihn sind als unsere ergänzenden Übungen im Gruppenalltag. Ihm und uns als Betreuer geht es darum, dass er seine vorhandenen Ressourcen hält.

Natürlich ist es für Christian auch schön, kleinere Fortschritte (z.B. klappt es beim Laufen mittlerweile besser mit dem Füße abrollen) an sich selber festzustellen, solche kleinen Erfolgserlebnisse motivieren ihn für die Zukunft.

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3.2. Welche Perspektiven eröffnen sich für das Klientel durch das (gemeinsame) Handeln in der heutigen Sequenz?

Christian eröffnet sich die Möglichkeit, sein Handeln, seine Fortschritte, seine Erfolge oder auch Misserfolge selber zu erkennen. Wenn er selber Erfolge erkennt, kann er bezogen auf seine Angst nicht mehr laufen zu können, positiver in die Zukunft schauen. Wenn er selber Misserfolge erkennt muss er lernen auch damit umgehen zu können, dementsprechend wird seine Frustrationstoleranz gefördert. Wichtig ist auch, dass wir gemeinsam einen Weg finden mit evtl. Misserfolgen umzugehen. Durch unser gemeinsames Gespräch bzw. durch die Reflexion kann ich ihm wenn nötig gut zureden, damit er sich beispielsweise sagt „beim nächsten Mal klappt es wieder besser“.

3.3. Welche Fähigkeiten/ Fertigkeiten bzw. welches neue Wissen erlernt das Klientel?

Christian lernt durch die anschließende Reflexion mit Erfolg und Misserfolg umzugehen, da er sich selber reflektiert und so Wege finden kann mit beiden Situationen umzugehen.

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4. Methoden/ Kommunikation

Während der gesamten Übung achte ich darauf, auf Christians Bedürfnisse einzugehen, indem ich immer Fragen zu seiner aktuellen Befindlichkeit stelle. Dies ist wichtig, damit er keiner körperlichen Überanstrengung ausgesetzt wird. Während seiner Pause unterhalte ich mich nicht unbedingt nur über die nächste Übung, sondern in dieser Phase besteht auch anderweitiger die Möglichkeit der Kommunikation (wenn Christian z.B. etwas von meinem Lehrer oder den evtl. hospitierenden Mitschülern wissen mag oder einfach etwas aus dem Alltag erzählen mag). Während der gesamten Übung ist es immer wieder wichtig Lob auszusprechen und ihn zu motivieren.

5. Zeit und Ort der didaktischen Sequenz

Die Übung findet in einem Zeitrahmen von ca. 20- 30 Min statt. Die Sequenz sollte mit den Übungen und der zwischenzeitlichen Pause insgesamt nicht länger dauern, da ich körperliche Überanstrengung vermeiden will. Zudem könnte Christians Konzentration nachlassen und die Lust an der Übung verlieren.

6. Medien

Wir werden die Übungen auf dem Flur und in der Turnhalle durchführen. Wir benötigen die Sprossenwand, welche sich in der Turnhalle befindet.

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