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Prüfungen Analytische Chemie Dienstag, 18. August 2015 Schriftliche Prüfung BSc Herbst 2015 D – CHAB/BIOL Musterlösung Vorname:......................................... Name:............................................... Jede Aufgabe wird separat bewertet. Die maximal erreichbare Punktzahl beträgt 36. Die Maximalnote wird mit mindestens 30 Punkten erreicht. Zeit: 60 Minuten. Teilen Sie sich Ihre Zeit gut ein! Unleserliche Texte, unklare Formulierungen oder unsaubere Skizzen können nicht bewertet werden. Bitte bemühen Sie sich um eine saubere Darstellung. Schreiben Sie jedes abzugebende Blatt einzeln mit Ihrem Namen an. Dieses Deckblatt ist ausgefüllt abzugeben. Wir bitten Sie um Fairness: Disziplinarverordnung RSETH 361.1 Viel Erfolg!

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Prüfungen Analytische Chemie

Dienstag, 18. August 2015

Schriftliche Prüfung BSc Herbst 2015

D – CHAB/BIOL

Musterlösung

Vorname:......................................... Name:............................................... ♦ Jede Aufgabe wird separat bewertet. Die maximal erreichbare Punktzahl beträgt 36.

Die Maximalnote wird mit mindestens 30 Punkten erreicht. ♦ Zeit: 60 Minuten. Teilen Sie sich Ihre Zeit gut ein! ♦ Unleserliche Texte, unklare Formulierungen oder unsaubere Skizzen können nicht bewertet

werden. Bitte bemühen Sie sich um eine saubere Darstellung. ♦ Schreiben Sie jedes abzugebende Blatt einzeln mit Ihrem Namen an. ♦ Dieses Deckblatt ist ausgefüllt abzugeben. ♦ Wir bitten Sie um Fairness: Disziplinarverordnung RSETH 361.1 ♦ Viel Erfolg!

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Aufgabe 1 12 Punkte

Neonicotinoid-Pestizide werden verdächtigt, am Bienensterben der letzten Jahre mitverant-wortlich zu sein. Für eine geplante Studie haben Sie die Aufgabe, eine Analysenmethode zuderen Quantifizierung zu entwickeln. Dabei sollen während kurzer Zeit in einem geographischgrossen Gebiet Löwenzahn-Blüten als Probe genommen und danach auf die Pestizid-Rückstände untersucht werden. Es sollen ca. 3000 Proben verarbeitet werden.

Eine Internet-Recherche ergibt, dass ein Hersteller analytischer Geräte bereits eine Methodeentwickelt hat:

Probenvorbereitung:

– Die Löwenzahn-Blüten werden getrocknet und danach pulverisiert.– Von diesem Material werden 3 g in 10 ml Wasser aufgeschlämmt und 25 ml Acetonitril

zugegeben.– Dann wird der Inhalt eines "Extraktionsgefässes" (zu beziehen beim Hersteller)

dazugegeben, 1 min geschüttelt und 5 min zentrifugiert.– 1 ml der überstehenden Flüssigkeit wird in ein "Reinigungsgefäss" (zu beziehen beim

Hersteller) gegeben, 1 min geschüttelt und 3 min zentrifugiert.– 700 μl der überstehenden Lösung werden im Stickstoffstrom von der Flüssigkeit befreit,

dann mit 200 μl einer 50:50-Mischung von Eluent A und B (siehe unten) aufgenommen.

Trennmethode Umkehrphasen-HPLC:

Säule: "Ascentis Express C18" (zu beziehen beim Hersteller), Länge 10 cm,innerer Durchmesser 3 mm, Partikeldurchmesser 2.7 μm

Mobile Phase: 0.1% Ameisensäure in Wasser (A), 0.1% Ameisensäure in Methanol (B)Flussrate: 0.5 ml/minGradient: 30% B für 5 min, auf 100% B innert 0.2 min, gehalten für 5.3 min, auf 30%

B innert 0.5 min, gehalten für 5 min. Totale Länge 16 minDetektor: komplexes Massenspektrometer (zu beziehen beim Hersteller)

Als Detektor werden hintereinander-geschaltete MS verwendet, wie sie in der Vorlesung nichtexplizit behandelt wurden. Ein solcher Detektor kann sehr spezifisch auf Neonicotinoid-Pestizide getrimmt werden, unverzichtbar in dieser Situation.

Folgende Substanzen wurden getrennt:

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O NH

N

NH

NO2 NCl

N

HN

NO2

O N

N N

NO

S

NCl

2

NCl

N N

HNNO2 N

SHN

ClN

HN

NO2

NCl

N N

N

N

NS

NN

Cl

Dinotefuran NitenpyramThiamethoxam

ImidaclopridClothianidin

Acetamiprid Thiacloprid

Folgendes Chromatogramm wurde erhalten:

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a) Was halten Sie grundsätzlich von diesem Analysenvorschlag? Spekulieren Sie über dieKosten der Studie, wenn der Vorschlag unverändert übernommen wird. Was ist derZeitaufwand? Sehen Sie Verbesserungspotential? (3 Punkte)

Ich frage nach Ihrer Meinung. Sie sollen spekulieren. Daher können Sie irgendetwas Sinnvollessagen, um die Punkte zu bekommen. Insbesondere kann das meiner eigenen Meinung völligwidersprechen.

Ich halte die Methode für eine Katastrophe. Wenn ich die Probenvorbereitung lese, wird mirnicht klar, was hier eigentlich gemacht wird. Was ist der Inhalt eines "Extraktionsgefässes" odereines "Reinigungsgefässes"? Ich will wissen, was ich tue, tappe aber völlig im Dunkeln. Ichvermute, dass die "Gefässe" teuer sind. Schliesslich hat der Hersteller ein Monopol.

Für 3000 Proben, die nicht ohne weiteres aufbewahrt werden können, ist der Zeitaufwandprohibitiv. Wie sollen die Blüten getrocknet werden? Pulverisieren in der Kugelmühle? Wirbrauchen 3 Gramm. Die Pflanzen blühen alle etwa zur gleichen Zeit. Es müsste massiv parallelgearbeitet werden. Die Aufarbeitung ist für einzelne Proben gedacht, nicht für 3000.

Verbesserungspotential:Die Blüten können nicht getrocknet und pulverisiert werden. Nennen Sie irgend eine andereMethode, z.B. mit Acetonitril versetzen und mit dem Stabmixer 2 Minuten bearbeiten. Oder imflüssigen Stickstoff einfrieren und in einer Mühle zerkleinern. Die Blüten sind dann spröd wieGlas. Viele Gewürze mit flüchtigen Anteilen werden so gemahlen.Wir müssen wissen, was in den "Gefässen" enthalten ist, sonst können wir nicht verstehen, wasgeschieht und wo allfällige Gefahren liegen.700 μl Gemisch aus Wasser und Acetonitril im Stickstoffstrom zu trocknen dauert zu lange.Entweder wird mit weniger Material gearbeitet oder das Acetonitril wird nicht entfernt. Mankönnte Komponente B zusetzen, um das Verhältnis von Methanol zu Wasser dem Eluentenanzugleichen.Die Substanzen 1 und 2 sind nicht getrennt. Das könnte man zweifellos verbessern. Siehe untenunter Frage d).

b) Der vorgeschlagene Konzentrations-Gradient des Elutionsmittels behält für fast die ganzeTrennphase der Pestizide die gleiche Zusammensetzung. Warum wird überhaupt ein EluentB eingesetzt? Könnte man nicht die Zusammensetzung konstant halten und nach 7 min dienächste Probe einspritzen? (3 Punkte)

Der Detektor kann so eingestellt werden, dass die gesuchten Substanzen ein Signal geben undandere Verbindungen nur wenig Signal zeigen. Wie das in Einzelnen geschieht, steht nicht in derMethodenbeschreibung und ist auch nicht Gegenstand der Vorlesung. Aber der Blütenextraktenthält natürlich viele Bestandteile, die auf die Säule gelangen. Dieses Material muss am Schlussdes Chromatogramms aus der Säule gespült werden, sonst verändert sie ihr Verhalten, auchwenn der Detektor die Substanzen nicht sieht. Nach 7.5 Minuten erscheint im Chromatogrammeine Gruppe von Peaks, die offensichtlich durch diese Substanzen verursacht werden. DieTrennung erfolgt isokratisch. 5 Minuten lang wird die Zusammensetzung konstant gehalten.Nach dieser Zeit ist ausser Komponente 7 alles eluiert. Das Chromatogramm zeigt bei 0.7Minuten den ersten Peak. Ich vermute, dass das die Durchlaufzeit des Eluenten ist. So langebraucht also der Eluent, um die Säule zu passieren. Wenn also nach 5 Minuten dieZusammensetzung des Eluenten drastisch geändert wird, macht sich das im Chromatogramm fürKomponente 7 nach 5.7 Minuten bemerkbar. Dann ist 7 aber noch nicht eluiert. DieKomponente spürt also gerade noch, dass sich etwas geändert hat. Das ist inkonsequent. Der

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Hersteller will nicht Neonicotinoid-Pestizide trennen, sondern Chromatographen undVerbrauchsmaterial verkaufen. Die Methode ist ein Pfusch.

c) Die Substanzen 6 und 7 sind sehr gut getrennt. Berechnen Sie die Auflösung. BeschreibenSie kurz Ihre Vorgehensweise. (1 Punkt)

Zur Berechnung der Auflösung kann z.B. folgende Formel verwendet werden:

RS =2 ( )tR2 – tR1

wb1 + wb2

Im Chromatogramm wurden die Wendetangenten eingezeichnet. Damit können dieRetentionszeiten und Basisbreiten abgelesen werden. Diese Werte wurden erhalten:tR1 = 3.8 mintR2 = 6.0 minwb1 = 0.18 minwb1 = 0.26 minRS = 5.0

d) Die Substanzen 6 und 7 sind sehr gut getrennt. Zu gut? Wenn schon ein Gradient eingesetztwird, wie würden Sie ihn anpassen, um zu Ungunsten der Auflösung Zeit zu gewinnen? (2Punkte)

Die isokratische Trennung führt dazu, dass Substanzen 1 und 2 nicht getrennt sind, 5, 6 und 7aber zu gut. Der Hersteller hat sich nicht die Mühe genommen, die Methode zu optimieren.Nachdem ohnehin ein Gradient gefahren werden muss, um die Säule zu reinigen, müsste dasunbedingt geschehen. Die Strukturen von 1 und 2 sind genügend unterschiedlich, dass sichdurch die Änderung der Polarität und/oder Acidität des Eluenten eine Trennung erreichen lässt.Dies ist aber nicht Teil der Aufgabe d). Es wird nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Mankönnte die Zusammensetzung des Eluenten etwa nach 2.5 Minuten in Richtung grössererElutionskraft verändern, also den Anteil an B erhöhen. Komponenten 4 und 5 spüren das nochnicht, 5, 6 und 7 rücken aber näher zusammen.

e) Der Hersteller publiziert zwar ein Chromatogramm, aber es ist nicht beschrieben, wiequantifiziert wird. Schlagen Sie eine Kalibrationsmethode vor. (3 Punkte)

Grundsätzlich kann die Kalibration mit externem oder internem Standard stattfinden, oder mankann mittels Standardaddition kalibrieren. Sie können jede Methode vorschlagen, die vollständigbeschrieben ist, um alle Punkte zu bekommen.

Eine Kalibration mit externem Standard ist bei dieser komplexen Matrix eher nicht zuempfehlen. Keinesfalls dürfte man einfach Kalibrationslösungen herstellen und damit dieMessungen durchführen. Die ganze Aufarbeitung muss mit den Standards durchgeführtwerden. Das bedingt, dass Blüten ohne Pestizide zur Verfügung stehen müssen. Allenfalls sinddiese durch Zucht im Labor herzustellen. Die Standards sind ganz am Anfang der Aufarbeitungzuzugeben. Es werden typischerweise fünf Lösungen unterschiedlicher Konzentrationhergestellt, eine davon eine Blindlösung ohne Standards. Nachdem sehr viele Proben zuuntersuchen sind, wird das Chromatogramm nur einmal aufgenommen. Dies wird also auch beider Kalibration so. gehandhabt.

Eine Kalibration mit internem Standard ist wohl die Methode der Wahl. Es muss aber einStandard gefunden werden, der einen basislinien-getrennten Peak ergibt. Dies ist Teil der

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Methodenoptimierung. Der Standard wird ganz am Anfang der Aufarbeitung zugegeben. DieKalibration wird so wie bei externem Standard durchgeführt. Als Messsignal dient der Quotientder Peakflächen (oder -höhen) von Pestizid und internem Standard.Für Freaks: Der Detektor erlaubt die Trennung und Detektion von Isotopen. Als internerStandard könnte daher eines der Pestizide dienen, aber isotopisch verändert, z.B. an einer Stelledeuteriert. Der Chromatograph könnte die Substanzen nicht trennen. Der Detektor müsste je einSignal für beide Substanzen liefern.

Standardaddition ist die aufwendigste Methode. Man müsste dabei den Standard ganz amAnfang der Aufarbeitung zusetzen. Also müssten für jede der 3000 Proben mehrereAufarbeitungen durchgeführt werden. Das ist nicht praktikabel. Es scheint auch nicht nötig, weilzwar die Matrix komplex ist, aber im Wesentlichen unveränderlich. Das Ansprechverhalten desSystems dürfte also gleich bleiben. (Die Steigung der Kalibrationsgeraden bleibt gleich.)

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Aufgabe 2 6 Punkte

Die Trennung von Enantiomeren (Bild und Spiegelbild) ist aufwendig.

a) Wo liegen die Schwierigkeiten? (1 Punkt)

Fast alle chemischen und physikalischen Eigenschaften von Enantiomeren sind gleich.

b) Welche Möglichkeiten haben Sie grundsätzlich, um chromatographisch Enantiomere zutrennen? Welche Methoden sind in der GC, welche in der HPLC, welche in beidenanwendbar? (4 Punkte)

1. Verwendung einer Säule mit chiraler stationärer Phase. Für GC und HPLC geeignet.

2. Verwendung eines chiralen Lösungsmittels als mobile Phase. Für HPLC geeignet.

3. Zugabe einer chiralen Substanz, die mit den Enantiomeren diastereomere Komplexe bildet, diedann mit herkömmlichen Methoden getrennt werden. Für HPLC geeignet.

4. Derivatisierung mit einer chiralen Substanz. Die entstandenen Diastereomere können mitherkömmlichen Methoden getrennt werden. Für GC und HPLC anwendbar.

c) Nennen Sie eine Methode, um D- und L-Milchsäure zu trennen, ohne zu sehr ins Detail zugehen. (1 Punkt)

Veresterung mit irgend einem chiralen Alkohol. Die beiden entstehenden Ester sinddiastereomer.

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Aufgabe 3 18 Punkte

Auf den folgenden Seiten finden Sie das IR-, Massen-, 1H-NMR- und 13C-NMR-Spektrum derVerbindung A29. Sie hat folgende Konstitution:

OO

Si

Die Verbindung hat die relative Molmasse Mr = 304.

Die Verbindung enthält ein Silicium-Atom. Hinweise zu Si:

– Die vier Einfachbindungen, die von Si ausgehen, sind wie bei aliphatischen C-Atomentetraedrisch angeordnet.

– Die Elektronegativität von Heteroatomen ist im Allgemeinen grösser als jene von C und H.Hingegen ist die Elektronegativität von Si sehr klein.

a) Ordnen Sie die Signale unterhalb von 5 ppm im 1H-NMR-Spektrum den entsprechendenProtonen von A29 zu. Eine Begründung ist nicht nötig. (3 Punkte)

Siehe Spektrum

b) Erklären Sie das Kopplungsmuster des Signals bei 2.5 ppm im 1H-NMR-Spektrum.Identifizieren Sie die Kopplungspartner in der Struktur von A29. Finden Sie alle Signale imSpektrum, die durch diese Kopplungspartner verursacht werden, und erklären Sie derenKopplungsmuster. (4 Punkte)

Es handelt sich um ein Quartett mit Integral 2 im aliphatischen Bereich des Spektrums (< 5ppm). Es gibt nur eine Umgebung, die darauf passt: 6. Die drei Nachbarn sind 7 und die beiden5 der CH2-Gruppe neben dem Sauerstoff. Letztere hat zwei Nachbarn (6) und erscheint deshalbals Triplett mit Integral 2. Die Nachbarschaft des O-Atoms führt zu einer hohen chemischenVerschiebung von 3.5 ppm. 7 hat ein Integral von 1 und ausser der CH2-Gruppe 6 keineweiteren Nachbarn. Daher erscheint das Signal als Triplett im Bereich oberhalb von 5 ppm. Esgibt nur ein einziges Triplett in diesem Bereich bei 5.2 ppm.

Die anderen Zuordnungen im aliphatischen Bereich:1 als Singlett mit Integral 3 bei 3.8 ppm (wegen der Nachbarschaft des O-Atoms)4 als Singlett mit Integral 2 bei 4.5 ppm (wegen der Nachbarschaft des O-Atoms und desArylrings)

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11 als Singlett mit Integral 3 bei 1.7 ppm. Die Nachbarschaft des Si-Atoms führt zu einerkleinen chemischen Verschiebung, jene der Doppelbindung zu einer Erhöhung. Die Effekteheben sich auf.12 als Singlett mit Integral 9 bei 0 ppm (wegen der Nachbarschaft des Si-Atoms)

Die Zuordnungen im Bereich der Doppelbindungen ist grundsätzlich schwieriger, da π-Effekteund ungewöhnliche Kopplungskonstanten dazukommen. Darum werden dazu in dieser Prüfungkeine Fragen gestellt.2 und 3 bilden ein System höherer Ordnung, da die 2 bzw. 3 jeweils isochron aber nichtmagnetisch äquivalent sind. Das wäre an sich noch kein Grund zu höherer Ordnung, aber diebeiden 2 bzw. 3 koppeln miteinander über 4 Bindungen mit einer Kopplungskonstante von 2-3Hz. Diese Kopplungen führen zu höherer Ordnung. Das Bild ist typisch für ein para-substituiertes Benzen: kompliziert (24 Linien) aber symmetrisch. Die 2 haben die kleinerechemische Verschiebung, weil das benachbarte O-Atom mit seinen voll besetzten p-Orbitalen zueiner negativen Polarisierung der Position 2 führt. (Zeichnen Sie eine Grenzstruktur mit einernegativen Ladung an der Position 2 und einer positiven auf dem O-Atom. Das gelingt beiPosition 3 nicht.)7 führt zu einem Triplett, wie schon beschrieben. Die Linien sind aber klar verbreitert. DieVerbreiterung stammt von einer Long-Range-Kopplung zwischen 7 und 10, die nicht zu einerDublettierung führt, weil die Kopplungskonstante zu klein ist. Es reicht nur für eineVerbreiterung.8 hat zwei Nachbarn in unterschiedlichen Positionen (9 und 10). Die Kopplung von 8 zu 9(trans) gehört zu den stärksten bekannten (typischerweise 18 Hz). Die Kopplung von 8 zu 10(cis) ist nicht ganz so stark aber ebenfalls erhöht (ca. 12 Hz). Das ganze Kopplungsmuster istDublett von Dublett zwischen 6.7 und 6.8 ppm.9 hat zwei Nachbarn (8 und 10) die sehr unterschiedlich stark koppeln. Die trans-Kopplung zu8 ist sehr stark, wie schon beschrieben. Die geminale Kopplung über zwei Bindungen isterstaunlich klein. Sie führt nicht einmal mehr zu einer Dublettierung. Es resultiert nur eineLinienverbreiterung. Kopplungskonstanten haben ein Vorzeichen, das sich bei Systemen ersterOrdnung nicht im Spektrum bemerkbar macht. Die Kopplungskonstanten geminaler Protonenan Doppelbindungen haben einen Bereich von –4 bis 4 Hz. Null liegt genau in der Mitte undwird entsprechend oft eingestellt.10 zeigt eine starke cis-Kopplung zu 8, wie schon beschrieben. Die Kopplung zu 9 ist diewinzige geminale, wie schon beschrieben. Die Signalgruppe ist aber kein Dublett mitverbreiterten Linien, wie bei 9. Was man hier zusätzlich sieht, ist die Long-Range-Kopplung zu7 (schon beschrieben). Diese und die geminale Kopplung sind etwa gleich gross und führen zuklar erkennbaren Tripletts der beiden Hauptlinien.

c) Im 1H-NMR-Spektrum finden Sie ein Signal mit Integral 9. Erklären Sie, warum sämtliche9 Protonen isochron sind. Identifizieren Sie im 13C-NMR-Spektrum die Signale der C-Atome, an die diese 9 Protonen gebunden sind. Wieviele Signale sind es? Erklären Sie. (3Punkte)

Die zweite Frage zum 13C-Spektrum ist als Hilfe gedacht. Symmetrie als Erklärung fürIsochronie fällt aus. Das Molekül hat keine dreizählige Drehachse oder etwas Äquivalentes.Daher kommt nur Austausch in Frage. Die Methylgruppen können um die Einfachbindung Si–CH2 frei drehen und somit die Positionen der beiden anderen C-Atome in den Methylgruppeneinnehmen. Daher sind die C-Atome isochron. Die Umgebung der Methylgruppen ähnelt starkder Referenzsubstanz TMS mit vier Methylgruppen am Si. Daher ist die chemischeVerschiebung nahe bei null. Es ist das Signal bei –1.1 ppm, also ein einziges Signal. Die dreiProtonen einer Methylgruppe sind grundsätzlich isochron, weil sie um die C–H-Bindung drehen

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können. Das führt zu Isochronie. Letztlich können also alle neun Protonen durch entsprechendeDrehungen die Position der anderen acht einnehmen. Das führt zur Isochronie aller Protonen.

d) Erklären Sie die Entstehung der Signale bei m/z 73 und 121 im Massenspektrum. Durchwelche Fragmentierungsregeln können Sie die Signale rationalisieren? Wenden Sie dieRegeln erschöpfend an. (5 Punkte)

Fragmentierungen siehe Spektrum73: Regel III. Steuernde Einheit: untere Doppelbindung. Si ist nicht ein elektronegativesHeteroatom. Darum kann Regel V nicht angewandt werden121: Regel III. Steuernde Einheit: Arylring121: Regel V.

e) Erklären Sie das Signal bei m/z 306 im Massenspektrum. (1 Punkt)

Es handelt sich um das Isotopensignal von Si-30. Häufigkeit 3.35 % von Si-28 (100 %).

f) Die scharfe Bande bei 1520 cm–1 im IR-Spektrum stammt von einer Gerüstschwingung desaromatischen Rings. Erklären Sie die kleine Breite der Bande. (2 Punkte)

Der planare Arylring ist sehr stabil. Eine Auslenkung aus der Ruhelage führt immer wieder zurgleichen lokalen Teilstruktur. Der Ring lässt sich auch nicht durch die Bildung von Wasser-stoffbrücken oder dergleichen stören. Um die Schwingung anzuregen, muss also die Eigen-frequenz genau getroffen werden. Das führt zu schmalen Banden.

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IR: A29Perkin Elmer, aufgenommen als dünner Film auf NaCl

MS: A29EI, 75 eV

100

80

60

40

20

0

[% ]

4000 3600 3200 2800 2400 2000 [cm -1 ]

1800 1600 1400 1200 1000 800 600

100

80

60

40

20

0

[% ]

35030025020015010050

121

121

183

213

73

73

17020994 15745

77134 304

300 305

304

OO

Si

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0123456789

2H 2H2H 2H 2H 2H

9H

9H

2H

2H

2H

2H2H

2H

1H 1H 1H 1H

3H

3H1H

1H1H

1H

ppm

5.36.97.27.3 6.7 5.1 ppm

4.5 0.01.63.43.83.9 3.5 2.5 1.7 ppm

H-NMR:1 A29600 MHz, aufgenommen in CDCl 3

OO

Si1 2

2

3

34

56 7

8

11

12 12

129

10

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020406080100120140160180200220

-1.0

89

22.4

0628

.115

55.2

01

70.0

2272

.505

113.

701

114.

091

124.

258

129.

195

130.

572

133.

407

135.

679

159.

080

05570115125130135160-1

.089

22.4

06

28.1

15

55.2

01

70.0

22

72.5

05

113.

701

114.

091

124.

258

129.

195

130.

572

133.

407

135.

679

159.

080

ppm

ppm

C-NMR:13 A29150 MHz, aufgenommen in CDCl

Protonen-breitbandentkoppelt3

OO

Si

CH3CH3 CH2CH2CH2CH2CH2 CHCHCH

Lösungsmittel

CH CCC