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DEUTSCHER PARITÄTISCHER WOHLFAHRTSVERBAND GESAMTVERBAND e. V. | www.paritaet.org Schulassistenz gestalten für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in allgemeinbildenden Schulen

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Schulassistenz gestaltenfür Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in allgemeinbildenden Schulen

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InhaltGeleitwort .............................................................................................................................................. 2

Vorwort ................................................................................................................................................... 3

1. Ausgangsbasis Inklusion: Eine Frage der Haltung und des Rechts .......................... 5

2. Begriffs- und Aufgabenklärung ............................................................................................. 92.1 Schulassistenzen .............................................................................................................. 92.2 Schulische Bildungsangebote ..................................................................................... 122.3 Schulassistenzen stützen Bildung ............................................................................. 14

3. Rechtliche Grundlagen ............................................................................................................. 153.1 Rechtliche Grundlagen und Leistungsanspruch .................................................. 153.2 Wunsch- und Wahlrecht ................................................................................................ 183.3 Gemeinsame Leistungserbringung .......................................................................... 203.4 Persönliches Budget ....................................................................................................... 233.5 Andere Leistungsansprüche ........................................................................................ 243.6 Heranziehung von Einkommen und Vermögen ................................................... 253.7 Weisungs- und Dienstaufsichtsrecht ........................................................................ 263.8 Haftung und Verantwortlichkeiten innerhalb des Schulbetriebes ................ 27

4. Von der Anmeldung bis zur schulischen Bildung ........................................................... 284.1 Bedarfsfeststellung und Planung ............................................................................... 284.2 Beratung .............................................................................................................................. 304.3 Antragstellung .................................................................................................................. 314.4 Verfahrensvorschlag ....................................................................................................... 334.5 Ermittlung der Assistenzbedarfe – Kommunikation in alle Richtungen ..... 35

5. Aufgaben und Inhalte der Leistung ..................................................................................... 36

6. Individuelle Ziele und Wirksamkeit der Assistenz .......................................................... 42

7. Rollenklärung und vereinbarte Zusammenarbeit .......................................................... 45

8. Fachkräfte ...................................................................................................................................... 48

9. Vertragsrecht und Vergütung für Leistungserbringer ................................................... 50

10. Ausblick .......................................................................................................................................... 53

11. Anlagen .......................................................................................................................................... 5711.1 Rechtsprechung und rechtliche Einschätzungen .............................................. 5711.2 Weiterführende Informationen und Links ............................................................ 60

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GeleitwortWoran denken Sie, wenn Sie auf Ihre Schulzeit zurückblicken? An das, was Sie gelernt haben? Oder eher an Ihre Leh-rer*innen, Mitschüler*innen, das Mitei-nander? Schule ist nicht nur ein Ort des fachlichen Lernens, sondern des sozialen Lernens. Dort lernen Kinder die Grundre-geln des gesellschaftlichen Miteinanders und im Idealfall lernen sie dort auch, was Vielfalt, was Inklusion heißt. Und zwar ganz selbstverständlich, von Beginn an.

Dennoch gibt es immer noch Skeptiker und es droht ein Rollback, „die Inklusion“ insgesamt wird immer wieder in Frage gestellt. Das ist aus meiner Sicht grund-legend falsch. Denn wie soll eine inklu-sive Gesellschaft entstehen, wenn wir Inklusion nicht von Beginn an zulassen? Wir wachen nicht eines Morgens auf und leben plötzlich inklusiv. Es ist elementar, die Rahmenbedingungen von Anfang an richtig zu setzen.

Dazu zählen gut ausgestattete Schulen, gut ausgebildetes und deutlich mehr Lehrpersonal sowie Sonderpädagog*in-nen – und natürlich auch die Schulassis-tenz. Denn jede Behinderung und jeder sich daraus ergebende Bedarf ist anders. Inklusion heißt nicht, dass alle einfach in dieselbe Schule geschickt werden. Es muss genau geschaut werden, welcher Bedarf wie gedeckt, welches Kind wie

möglichst passgenau gefördert und un-terstützt werden kann. Das gilt für Kinder mit Behinderungen genauso wie für Kin-der ohne Behinderungen.

Inklusion ist für alle da – das ist im Grun-de auch das, was ich mit dem Motto meiner Amtszeit „Demokratie braucht Inklusion“ ausdrücken möchte. Eine De-mokratie ist nur dann eine wirklich gute Demokratie, wenn alle von Beginn an die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben. Dabei ist Inklusion nicht nur eine Frage der Regeln und der Gesetze, son-dern auch der Herzensbildung – so alt-modisch dieser Begriff klingen mag. In-klusion ist unsere gemeinsame Aufgabe.

Schön, dass der Paritätische Gesamtver-band diese Broschüre zur Schulassistenz aufgelegt hat. Sie ist ein wichtiger Weg-weiser, der die rechtlichen Rahmenbe-dingungen erläutert und Tipps zur prak-tischen Umsetzung gibt.

Viel Freude beim Lesen!

Ihr

Jürgen Dusel

Beauftragter der Bundes- regierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

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VorwortKinder und Jugendliche mit Behinde-rungen wollen lernen wie Kinder und Ju-gendliche ohne Behinderungen. Durch die Ratifizierung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Be-hinderungen der Vereinten Nationen (UN-Behindertenrechtskonvention) hat sich Deutschland als Vertragsstaat be-reits vor 10 Jahren verpflichtet für Schü-ler*innen mit Behinderungen den dis-kriminierungsfreien Zugang zu einem inklusiven, hochwertigen und unent-geltlichen Bildungssystem auf allen Ebenen zu sichern.1 Das Recht auf eine gleichberechtigte inklusive Bildung ist anzuwenden und darf Kindern und Ju-gendlichen mit Behinderungen nicht verwehrt werden. Auf der Basis des Grundsatzes gleichberechtigter Teil-habe werden somit gleiche Qualitäten und gleiche Standards in den jeweiligen schulischen Lernbereichen erwartet, wie sie Menschen ohne Behinderungen zugestanden werden. „Gleich“ bedeu-tet dabei nicht „identisch“. Die formelle Gleichberechtigung allein ist nicht aus-reichend, sondern es muss eine tatsäch-liche Gleichstellung erfolgen, bei der individuelle Bedarfe einbezogen und abgesichert werden. Um eine gleichbe-rechtigte Teilhabe an Bildung zu ermög-lichen, muss der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen durch

1 Artikel 24 UN-Behindertenrechtskonvention

inklusiv gestaltete, allgemein zugäng-liche Angebote, angemessene Vorkeh-rungen und notwendige Unterstützung Rechnung getragen werden. Obwohl die UN-Behindertenrechtskonvention bundesweit gilt, ist die Umsetzung sehr verschieden. Sie ist an unterschiedliche Bedingungen gebunden, da Schulrecht Ländersache ist. Ein inklusives Gesamt-konzept ist in Deutschland auf Grund der föderalen Strukturen kaum erkenn-bar.2

Im Gegenteil: Die föderal ausgestalte-ten schulischen Bildungssysteme wei-sen weiterhin Exklusionstendenzen auf. Separierende Bildungsformen, zeitlich beschränkte Unterstützungs- und För-derangebote oder die Missachtung des Wunsch- und Wahlrechts von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen und deren Eltern bzw. Erziehungs- oder Personensorgeberechtigten (im Folgen-den mit Eltern bezeichnet) zeigen dies beispielhaft. Aktuelle Reformbestre-bungen, die unter den Begriff Inklusion gefasst werden, sind kritisch zu hinter-fragen. Denn wenn Schüler*innen mit Behinderungen der Zugang zu einem weiterhin auf Separation angelegten Schulsystem eröffnet wird und sich die Rahmenbedingungen kaum ändern, kann Inklusion nicht gelingen.

2 Artikel 30 und Artikel 70 Absatz 1 Grundgesetz

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Grundsätzlich sind die schulische Bildung und der Zugang barrierefrei zu gestalten. Die Schulassistenz, die sich in den letzten Jahren zunehmend verstetigt hat, kann zum Abbau von Barrieren im Schulall-tag für lernende Kinder und Jugendliche mit Behinderungen beitragen. Sie wird i. d. R. von gemeinnützigen Trägern er-bracht, überwiegend aus Mitteln der Eingliederungshilfe finanziert und ist am individuellen Bedarf der Schüler*innen ausgerichtet. Dennoch: Das Schulsystem ist gefordert, verlässliche Strukturen zu schaffen, die eine barrierefreie Bildung für alle ermöglicht, denn Schule hat ei-nen Bildungsauftrag für ALLE Kinder und Jugendliche – mit und ohne Behinderun-gen.

Der Paritätische möchte mit dieser Bro-schüre, die sich auf die Bildung vom Ein-tritt ins Schulalter und die allgemeine Schulbildung beschränkt, notwendige Standards, aber auch Problemlagen in der Umsetzung aufzeigen. Der Paritätische will mit Blick auf die Veränderungen in der Eingliederungshilfe durch das Bundesteil-

habegesetz praxisgerechte Empfehlun-gen und Ideen für die Weiterentwicklung geben und Einfluss darauf nehmen, dass die Schulassistenz im Schulalltag als Ins-trument gestärkt und hierfür gleichwerti-ge Rahmenbedingungen in den Ländern und Kommunen geschaffen werden. Dem Paritätischen ist bewusst, dass vieles bereits gut gelingt, aber dennoch Hürden bestehen, die manchmal banal erschei-nen, für Kinder und Eltern ein Kraftakt darstellen, unnötige Ressourcen binden und oftmals kaum zu überwinden sind. Einige der Hürden und den Umgang da-mit haben wir in den Praxisstimmen auf-gegriffen, weil individuelle praktikable Lösungen gefunden wurden, die allen Beteiligten Mut machen sollen. Die Bro-schüre richtet sich daher gleichermaßen an Eltern von Kindern mit Behinderun-gen, Schulassistent*innen, Interessen-verbände, Leistungserbringer, Schulen in freier Trägerschaft und staatliche Schulen sowie Leistungsträger. Denn: Schulassis-tenz ermöglicht den Schüler*innen mit Behinderungen den Zugang zu einer in-klusiven Bildung.

Für Schüler*innen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Schü-ler*innen ist ein diskriminierungsfreier Zugang zu einem hochwertigen inklu-siven Bildungssystem zu sichern und das Recht auf eine gleichberechtigte in-klusive Bildung anzuwenden.

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1. Ausgangsbasis Inklusion: Eine Frage der Haltung und des Rechts

der Schule stehen und unter deren Auf-sicht und Verantwortung ausgeführt werden, an den Stundenplan des Unter-richts anknüpfen und in der Regel in den Räumlichkeiten der Schule oder in deren Umfeld durchgeführt werden. Heilpä-dagogische und sonstige Leistungen, die zur Ermöglichung oder Erleichte-rung des Schulbesuchs im Rahmen der Schulpflicht geeignet und erforderlich sind, wurden zur Klarstellung in das SGB IX integriert.4 Ausdrücklich geregelt ist auch, dass Gegenstände und Hilfsmittel, die wegen der gesundheitlichen Beein-trächtigung zur Teilhabe an Bildung er-forderlich sind, zu den Hilfen gehören, sofern nicht ein vorrangiger Träger (z. B. die Krankenversicherung) zuständig ist.5

Mit den Neuregelungen sind, bis auf die Ganztagsangebote, kaum Ausweitungen oder eine bundesweite Angleichung bis-her bestehender schulunterstützender Leistungen verbunden. Es bleibt auch künftig bei den vielfachen unterschied-lichen Regelungen in den Ländern und kommunalen Gebietskörperschaften für die Leistungsanbieter von Schulassistenz. Allerdings gilt ab 01.01.2020 ein neues Vertrags- und Vergütungsrecht für die

4 § 112 Absatz 1 S. 3 SGB IX, bisher § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfeverordnung5 § 112 Absatz 1 Satz 5 SGB IX

Bildung ist der Schlüssel zu einer selbst-bestimmten Lebensführung und gleich-berechtigten Teilhabe in der Gesellschaft. Die UN-Behindertenrechtskonvention postuliert die Sicherung des gleichbe-rechtigten Zugangs zu einem inklusiven Bildungssystem für alle Kinder und Ju-gendliche mit Behinderungen. Das be-deutet, das schulische Bildungssystem so weiter zu entwickeln, dass alle Kinder und Jugendliche mit Behinderungen orientiert an ihrem individuellen Bedarf die not-wendige Unterstützung erhalten, damit sie sich entsprechend ihrer Fähigkeiten entfalten und in ihrem Sinne an der Ge-sellschaft und Bildung teilhaben können.

Mit der Verabschiedung des Bundesteil-habegesetzes für Menschen mit Behin-derungen im Dezember 2016 wurden Leistungen zur Teilhabe an Bildung im Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Re-habilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (SGB IX) erstmals ausdrücklich normiert.3 Es wurden Re-gelungen zur Teilhabe an Bildung ge-schaffen, die ab dem 01.01.2020 in Kraft treten. Neu sind die Hilfen zur Unterstüt-zung schulischer Ganztagsangebote in der offenen Form, die im Einklang mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag

3 § 75 SGB IX in Verbindung mit 112 SGB IX

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Eingliederungshilfe (vgl. 9. Vertragsrecht und Vergütung für Leistungserbringer).

Die seit langem angekündigte Reform für ein inklusives Kinder- und Jugendhil-fegesetz wurde in der letzten Legislatur-periode nicht umgesetzt. Somit wurden die schon heute bestehenden Prob-lemlagen an der Schnittstelle zwischen den Schulträgern und den Sozial- und Jugendhilfeträgern nicht angegangen, was den Vorgaben der UN-Behinderten-rechtskonvention keinesfalls entspricht.

Hinzu kommt, dass in jedem Bundesland eine eigenständige Schulgesetzgebung existiert, die u.a. auch den Zugang zur Schule sowie den Schulformen und die in-klusive Ausgestaltung von Schule regelt. Das deutsche Schulsystem ist hinsichtlich der freien Wahl des Schulorts und Schul-typs stark reglementiert. Der UN-Fachaus-schuss für die Rechte des Kindes hat die segregierende Wirkung der hierarchisch gegliederten Schulformen, die äußerst frühe Aufteilung der Kinder auf unter-schiedlich anspruchsvolle Schultypen und die kaum korrigierbare Festlegung auf eine bestimmte Schullaufbahn kritisiert.

Eines ist jedenfalls gesichert: Durch ent-sprechende Rechtsprechung kann den Eltern mit schulpflichtigen Kindern mit Behinderungen der Wunsch nach einer in-klusiven Beschulung nicht einfach durch den Leistungsträger mit Hinweis auf Mehrkosten oder aus Erforderlichkeits-gründen abgelehnt und das Kind oder der Jugendliche auf eine Förderschule ver-wiesen werden (vgl. 11.1 Rechtsprechung und rechtliche Einschätzungen).

Problematisch kann es werden, wenn Eltern ihr Kind an einer bestimmten all-gemeinen öffentlichen Grundschule be-schulen lassen wollen, weil sie dort die besseren Voraussetzungen für eine Be-schulung ihres Kindes sehen, wie z. B. der sichtbare Inklusionswille der Schu-le, die baulichen Voraussetzungen, das Lernkonzept oder sonstige Ressourcen-ausstattung vor Ort. Im Rahmen der je-weiligen Zuweisungsregelungen zu den allgemeinen öffentlichen Grundschulen können Eltern die Schule in der Regel nicht frei wählen, sondern sind an die Zu-ordnung zu vorgegebenen Schulbezir-ken gebunden. Ausnahmen sind, wenn überhaupt, nur auf Antrag unter Vor-

Leider war es uns in der Realität nicht möglich, unser Kind an der für das Kind zustän-

digen nächsten Grundschule anzumelden, weil es dem Direktor „zu viel Arbeit macht.

Die Abstimmung mit den Schulhelfern würde immer zu Streit mit den Kollegen führen.“

Eltern, Berlin

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liegen besonderer Gründe zulässig (vgl. 11.1 Rechtsprechung und rechtliche Ein-schätzungen). Die Entscheidung trifft die jeweilige Schulbehörde nach geltendem Schulrecht vor Ort. Eine Aufhebung der Schulbezirke für Grundschulen müsste für alle Eltern im Bundesland gelten und ist so beispielsweise 2006 vom Bundes-land Nordrhein-Westfalen (NRW) umge-setzt worden. Allerdings muss auch auf die damit verbundene Gefahr hingewie-sen werden. Eine freie Schulwahl kann Segregation noch stärker in Gang setzen und könnte daher auch ein weiteres Hin-

Meryam, Hydrocephalus, geistige Entwicklungsverzögerung, Migrationshinter-grund, Grundschule vor Ort: Schon während des Besuchs des integrativen Kindergartens wird klar, dass das Mädchen, das kaum spricht und in seiner Entwicklung stark verzögert ist, von den anderen Kindern, die um sie herum spielen, sehr profitiert. Meryam orientiert sich an ihnen und macht so langsame Fortschritte in ihrer Entwicklung. Die Frühförde-rung rät den Eltern daher zur Inklusion. Der Vater spricht kaum Deutsch und beteiligt sich nicht am Einschulungsverfahren, die Mutter ist stark verunsichert, hat Angst, ihr Kind könne in einer Regelschule untergehen. Die Schulleiterin der Grundschule steht Inklusion aber sehr offen gegenüber. Sie begleitet das Einschulungsverfahren und nimmt von sich aus Kontakt mit Eltern, Frühförderung, Kita und Beratungs- und Förderzentrum auf. Im Förderausschuss beschließen alle Anwesenden einstimmig die inklusive Beschulung. Eine Teilhabeassistenz wird beantragt und vom Amt problemlos für die volle Unterrichtszeit bewilligt, ein Förderlehrer kommt für 8,9 Stunden in die Klasse. Schon in den ersten Schul-wochen zeigt sich, dass die Entscheidung richtig war. Akzeptanzprobleme bei den Klas-senkameraden und den übrigen Eltern gab es nicht. Die Teilhabeassistentin stammt aus demselben Land wie die Familie, kann sich dem Kind also auch in der Muttersprache zu-wenden. Meryam nimmt zunehmend Kontakt zu den Mitschüler*innen auf und fühlt sich äußerst wohl im Trubel der ortsnahen Grundschule. (Quelle: Gemeinsam leben Hessen e.V.)

dernis für gelingende Inklusion an Schule vor Ort darstellen. Fakt ist jedoch, dass Eltern mit dem Wunsch auf inklusive Be-schulung beginnend mit der Grundschu-le auf sehr unterschiedliche Realitäten im Kontext Schule treffen und sich natürlich mit den Fragen konfrontiert sehen, ob ihr Kind mit seinem spezifischen Unterstüt-zungsbedarf auch wirklich an der Schule vor Ort gut aufgehoben ist und Inklusion im bestmöglichen Sinne für das eigene Kind tatsächlich umgesetzt wird. Die Fra-gen stellen sich im späteren Verlauf er-neut für die weiterführenden Schulen.

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Die Umsetzung einer inklusiven Bildung stellt nicht nur das Lehrpersonal oder die Schulassistenz, sondern auch die Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen und deren Eltern hinsichtlich der Res-sourcen und der Haltungen vor große Herausforderungen. In der Regel wird zuerst auf die individuellen Ressourcen der Kinder und Jugendlichen mit Behin-derungen und auf die bereitzustellenden Ressourcen der Schulträger und/oder der Eingliederungs- und Jugendhilfeträger geschaut, ohne, das eine grundlegende

Ein eindeutiges „Ja“ für inklusive Bildung ist notwendig. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist nicht verhandelbar. Sie setzt zentrale Vorgaben und Maßstäbe zur Verwirklichung der inklusiven Bildung und gesell-schaftlichen Teilhabe für Menschen mit Behinderungen. Deutschland hat sich mit der Ratifizierung zur Umsetzung bereits 2009 verpflichtet.

Haltung und ein eindeutig bekennendes „Ja“ für Inklusion aller Beteiligten vorhan-den ist. Das führt oft zu vorschnellen Auf-fassungen: „Das Kind ist zu schwer behin-dert und die finanziellen Mittel für einen Umbau oder für spezifisches Personal sind nicht vorhanden.“ Ein eindeutiges „Ja“ und eine wertschätzende Haltung vor dem Blick auf die Ressourcen wird das Finden von Lösungswegen entscheidend beeinflussen und dazu beitragen, Barrie-re- bzw. Kommunikationsprobleme auf verschiedenen Ebenen abzubauen.

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2. Begriffs- und Aufgabenklärung2.1 Schulassistenzen

Kontrovers wird in den letzten Jahren über Begriffsdefinitionen für Teilhabe-leistungen für Bildung diskutiert. Neben den Begriffen Schulassistenz, Schul-begleitung und Integrationsassistenz gibt es bundesweit zahlreiche weite-re Begrifflichkeiten zu diesem Thema. Der Paritätische verwendet den Begriff „Schulassistenz“ in Anlehnung an den Assistenzbegriff im Bundesteilhabege-setz.6

Schulassistenz ist eine individuelle und personale Unterstützung für Schüler*in-nen mit Behinderungen7 an allgemeinen Schulen. Sie kann als Einzel- oder Grup-penleistung gewährt werden (vgl. 3. Rechtliche Grundlagen). Grundlegende Ziele der Schulassistenz sind:

ÂÂ die Verwirklichung von schulischer Inklusion und Sicherung der Unter-stützung für die Teilhabe beim Ler-nen und Leben im Schulalltag und

ÂÂ die Sicherung des Besuchs der ge-wünschten und geeigneten Schule.

6 § 76 Absatz 2 SGB IX in Verbindung mit § 78 SGB IX7 § 2 SGB IX

Schulassistenz ist eine individuelle Leis-tung und wird im Wesentlichen in den folgenden Bereichen erbracht:

ÂÂ Unterstützung bei der Verarbeitung von Wissen und Können, bei der Aufnahme von Informationen sowie der Kommunikation (pädagogische Aufgaben, die nicht die Vermittlung von Lerninhalten, die den Lehrkräf-ten vorbehalten sind, wohl aber den Kernbereich der pädagogischen Ar-beit der Schule berühren).

ÂÂ Unterstützung und Begleitung im schulischen Freizeitbereich, z. B. Begleitung in den Pausen und bei schulischen Veranstaltungen.

ÂÂ Unterstützung bei unterschied-lichsten Formen der Kommunika-tion zur Förderung der Selbstbe-stimmung, Selbstständigkeit und Partizipation.

ÂÂ Unterstützung bei der (Selbst-)orga-nisation und bei lebenspraktischen Tätigkeiten. Dazu gehören insbe-sondere Unterstützung beim Schul-weg, beim Aus- und Ankleiden in der Schule, Orientierung im Schulgebäu-de, zeitliche Orientierung, beim Es-sen, beim Wechseln des Unterrichts-raums und beim Treppensteigen.

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ÂÂ Unterstützung bei einfachen grund-pflegerischen Leistungen; z. B. beim Toilettengang oder bei der Versor-gung mit Inkontinenzmaterialien.

Tina, Down-Syndrom, Realschule (wohnortnah): Nach der Grundschulzeit in der För-

derschule für Geistige Entwicklung bot sich für die Schülerin die Möglichkeit zur inklusi-

ven Beschulung an der Realschule im Ort. Ein Förderlehrer betreut die Fächer Deutsch,

Mathematik und Englisch, in den übrigen Fächern lernt sie mit der Klasse gemeinsam,

wobei eine Schulbegleitung ihr dabei zur Seite steht. Sie wurde vom ersten Augen-

blick gut in die Klassengemeinschaft aufgenommen, im zweiten Halbjahr sogar zur

stellvertretenden Klassensprecherin gewählt. Die Schülerin genießt das gemeinsame

Lernen mit den Klassenkameraden, dass sie einen Gewinn davon hat, verdankt sie der

Unterrichtskonzeption, die stark auf individuelles Lernen abzielt. Davon profitiert die

gesamte Klasse. Seit Sommer 2018 hat Tina die Schule abgeschlossen und wechselte

zur Berufsschule, hier erhält sie mit Unterstützung durch eine Teilhabeassistentin im

Rahmen der berufsintegrierenden Maßnahme die Vorbereitung für einen Arbeitsplatz

auf dem ersten Arbeitsmarkt. Quelle: Gemeinsam leben e.V.

ÂÂ Im Einzelfall auch Notfallversorgung von Kindern mit Allergien oder Dia-betes, denen u. U. eine Notfallmedi-kation oder -spritze gegeben wer-den muss.

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Die vielfältigen Unterstützungsbedarfe erfordern das Bereitstellen individuel-ler Leistungen und machen eine Viel-zahl von Unterstützungsleistungen auf Grund von individuellen Sinnes-, Körper- und/oder kognitiven Einschränkungen notwendig. Dazu gehören beispielswei-se das Wiederholen und Erklären des Unterrichtsgegenstandes, die Rückfüh-

Inklusive BildungsteamsSchulassistent*innen sind aus unserer Sicht Mitglieder von inklusiven Bildungsteams“

Erwin Drefs, Lebenshilfe Delmenhorst

Die Schulassistenz stützt schulische Inklusion und muss am individuellen Bedarf und der Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen ausgerichtet sein.

rung zur Konzentration, die Ermutigung und Motivation bei der Bearbeitung von Aufgaben sowie die Interaktion und Kommunikation zu Mitschüler*innen und Lehrer*innen, aber auch einfache Unterstützungsleistungen beim Kathe-tern oder die Anleitung und Nutzung von Hilfsmitteln (vgl. 5. Aufgaben und Inhalte der Leistung).

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2.2 Schulische Bildungsangebote

Die Gewährung der Schulassistenz ist derzeit häufig auf die in der Institution Schule stattfindenden Angebote und insbesondere auf Assistenzleistungen während des Schulunterrichtes fokus-siert. Realität ist jedoch, dass Schule einschließlich der damit zusammenhän-genden außerunterrichtlichen Bildungs- und Erziehungsangebote bundesweit sehr unterschiedlich organisiert ist. Un-problematisch erscheinen die Angebo-

te, die sich als so genannte gebundene Ganztagsschule bezeichnen. Hier ist die Teilnahme im Rahmen des festgelegten Stundenumfanges des Ganztagsange-botes verpflichtend und umfasst Unter-richtsstunden und sonstige Angebote im Kontext eines umfassenden Bildungs- und Erziehungsangebotes. Entspre-chend muss der Umfang der Schulassis-tenz ausgestattet sein.

Ashar, entwicklungsverzögert, Flüchtlingskind: Ashar flüchtete mit seiner Familie

aus Afghanistan, er war ein Frühchen und hat daher eine Entwicklungsverzögerung,

außerdem sprach er bei der Ankunft in Deutschland kein Wort Deutsch. Mit dem För-

derbedarf geistige Entwicklung kam er in die Inklusion in die örtliche Grundschule. Er

war sehr schüchtern, weinte viel und benötigte eine engmaschige Unterstützung. Die

Eltern beantragten eine Teilhabeassistenz, die ihn als vertraute Bezugsperson unter-

stützte, auffing und ihm geduldig immer wieder den Lernstoff erklärte. Die Teilhabe-

assistentin wurde auch für die Nachmittagsbetreuung genehmigt, da der Junge beson-

dere Zuwendung auch am Nachmittag benötigte, um seine Hausaufgaben bewältigen

zu können und den am Vormittag gelernten Unterrichtsstoff zu festigen. Seit Sommer

2017 geht er in die inklusive Beschulung in die ortsnahe Integrierte Gesamtschule. Vor-

mittags ist er noch auf die zusätzliche Unterstützung durch seine Teilhabeassistentin

angewiesen, nachmittags schafft er seine Hausaufgaben mit seinen Klassenkamera-

den schon allein.(Quelle: Gemeinsam leben Hessen e.V.)

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Für die so genannten offenen Ganztags-schulformen gilt, dass Eltern wählen können, ob sie die Angebote nach dem Schulunterricht für ihr Kind in Anspruch nehmen möchten oder nicht. Diese Leistungen knüpfen an den stunden-planmäßigen Unterricht an und werden in der Regel in den Räumlichkeiten der Schule oder deren Umfeld durchgeführt. Die Ausgestaltung des offenen Ganztags erfolgt sehr unterschiedlich: Sie reicht von der so genannten „Über-Mittag-Be-treuung“ bis hin zu nachmittäglichen Bildungs- und Erziehungsangeboten einschließlich Hausaufgabenbetreuung und sonstiger Aktivitäten. Schwieriger wird es für die Schulangebote, bei denen eine Betreuung nach der Unterrichtszeit von der Institution Schule strukturell ge-

trennt wird. Die Betreuung und außer-unterrichtliche Angebote werden durch Kindertageseinrichtungen (Hort, Schü-lerläden etc.) durchgeführt oder finden im häuslichen Umfeld statt.

Nicht selten entscheiden sich gera-de Eltern mit Kindern und Jugend-lichen mit Behinderungen für die Nachmittagsbetreuung im häuslichen Umfeld, da der ganztägige Besuch in einer großen Gruppe oftmals eine Mehr-belastung für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen darstellt. Nichts-destotrotz bleiben aber die schulischen Aufgaben, wie die Hausaufgabenerledi-gung, bestehen und müssen begleitet werden (vgl. 11.1 Rechtsprechung und rechtliche Einschätzungen).

Informelle Bildungsformen, die im nachbarschaftlichen Umfeld insbesondere an soziale Kontakte mit Mitschüler*innen anknüpfen, müssen proaktiv organi-siert und unterstützt werden. Die ausschließliche Kopplung der Schulassistenz an die Institution Schule und eine Fokussierung auf die Unterrichtsangebote greift aus Sicht des Paritätischen zu kurz und wird den Bedarfen der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen kaum gerecht. Teilhabe an Bildung ist nicht nur auf die Teilnahme am Unterricht in der Schule begrenzt.

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2.3 Schulassistenzen stützen Bildung

Es ist daher wichtig, die ganztägige Bil-dung unabhängig vom Ort des Gesche-hens bei der Bedarfsfeststellung in den Umfang Schulassistenz einzubeziehen. Sie umfasst nicht nur die Assistenzleis-tungen während des Unterrichtes, son-dern auch die Phasen des ergänzenden Lernens, z. B. die Aktivitäten am Nachmit-tag, bei denen Kinder mit Behinderungen nicht ausgeschlossen werden dürfen. Hierzu gehören aus Sicht des Paritäti-schen neben dem Lernen in der eigenen Häuslichkeit oder bei Schulfreund*innen

Die Schulassistenz ist am individuellen Bedarf auszurichten, ganztägig und unabhängig vom Ort des Geschehens zu gewähren und in den strukturellen Kontext des Lebensumfeldes des Kindes (Familie und Schule) einzubetten.

auch alle mit der Schule verbundenen Bildungsaktivitäten, unabhängig davon, ob sie als offener Ganztag oder Hort an-geboten werden, aber auch Schulange-bote, wie Klassenfahrten oder Praxistage etc., bei denen ein Anspruch auf eine Assistenz notwendig wird. Des Weiteren kann der Weg zum Bildungsangebot selbst, eine Assistenz erfordern. Auch die-se Leistung ist Bestandteil der Schulassis-tenz, auf die ein Rechtsanspruch besteht (vgl. 11.1 Rechtsprechung und rechtliche Einschätzungen).

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3. Rechtliche Grundlagen Die Schulassistenz ist wesentlicher Bestandteil zur Deckung des individuellen Unterstützungsbedarfs der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen.

3.1 Rechtliche Grundlagen und Leistungsanspruch

Für die Beschulung – auch der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen – ist der öffentliche Schulträger vorrangig gegenüber den Leistungsträgern der Ein-gliederungs- oder Jugendhilfe zuständig und leistungsverpflichtet. Vorausset-zung dieses Vorrang-Nachrang-Verhält-nisses ist jedoch, dass in den Systemen – Schule, Eingliederungs- und Jugend-hilfe – vergleichbare Leistungspflichten bestehen. Leistungen der Eingliede-rungs- oder Jugendhilfe greifen nicht, wenn es um den „Kernbereich der bil-denden und pädagogischen Arbeit“ der Schule geht. Gemäß einer Entscheidung des Bundessozialgerichtes aus dem Jahr 2016 umfasst der „Kernbereich der päda-gogischen Arbeit“ den „Unterricht selbst, seine Inhalte, das pädagogische Konzept der Wissensvermittlung wie auch die Be-wertung der Schülerleistungen“. Schu-lische Leistungen sind nicht Bestandteil von Sozialleistungen und obliegen allein der Schule (vgl. 11.1 Rechtsprechung und rechtliche Einschätzungen)

Als Unterstützung in ambulanter Form zur Teilhabe im Sinne der angemessenen Schulbildung ist die Schulassistenz eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, die bei geistigen, körperlichen, Sinnes- oder Mehrfachbehinderungen durch den Leistungsträger der Eingliederungshilfe bewilligt wird.8 Bei ausschließlich seeli-schen Behinderungen erfolgt die Bewilli-gung durch den Jugendhilfeträger.9

Träger der Eingliederungshilfe können die Länder und/oder die Landkreise und kreisfreien Städte sein. Die Länder be-stimmen im Rahmen von eigenen Aus-führungsgesetzen die für die Durchfüh-rung des SGB IX zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.10

8 § 54 Absatz 1 Nr.1 SGB XII, ab 01.01.2020 § 112 SGB IX 9 § 35a Absatz 1 und 3 SGB VIII in Verbindung mit §§ 53, 54 Absatz 1 Nr. 1 SGB XII, in Verbindung mit § 12 Eingliederungshilfe-Verordnung, ab 01.01.2020 nimmt § 35a SGB XIII Bezug auf das SGB IX 10 § 94 Absatz 1 SGB IX

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Mit dem Bundesteilhabegesetz wur-den die „Leistungen zur Teilhabe an Bil-dung“11 erstmals ausdrücklich geregelt. Diese Neuregelung gilt ab 01.01.2020. Mit den Leistungen zur Teilhabe an Bil-dung wird ein abschließender Leistungs-katalog eingeführt. Zu den Leistungen gehören u.a. Hilfen:

ÂÂ zur Schulbildung im Rahmen der all-gemeinen Schulpflicht und zum Be-such weiterführender Schulen ein-schließlich der Vorbereitung; diese Hilfen umfassen auch heilpädago-gische und sonstige Maßnahmen, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, der leistungsbe-rechtigten Person den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern,

ÂÂ in schulischen Ganztagsangeboten in der offenen Form,

ÂÂ zur schulischen oder hochschuli-schen Ausbildung oder Weiterbil-dung für einen Beruf und

ÂÂ zur Teilnahme am Fernunterricht und zur Ableistung eines Prakti-kums.12

11 § 75 SGB IX in Verbindung mit § 112 SGB IX12 § 112 SGB IX

Wie bereits ausgeführt, wird das schu-lische Ganztagsangebot in der offenen Form erstmals ausdrücklich im Gesetz benannt.13 Damit bleibt die Institution „Hort“ außen vor, in der auch bildungs-bezogene Angebote wie Hausaufgaben-betreuung im Vordergrund stehen und somit behinderungsbedingte Unterstüt-zung als Leistung zur Teilhabe an Bildung erfordern.

Neu ist eine Anpassung an die UN-Behin-dertenrechtskonvention bei den Aufga-ben der Eingliederungshilfe, mit der die „Hilfen zur Schulbildung“ ab 01.01.2020 nicht mehr das Erreichen eines Abschlus-ses zum Ziel hat, sondern Schulbildung, den eigenen „Fähigkeiten und Leistun-gen“ entsprechend, ermöglicht wird.14 Die Unterstützungsleistungen zur schu-lischen Bildung müssen weiterhin nach der „Besonderheit des Einzelfalls“15 indi-viduell, bedarfsdeckend und nach eige-nem Wunsch der Betroffenen erbracht werden, sofern dieser nicht unverhält-nismäßig ist. Sie bleiben einkommens- und vermögensunabhängig.16 Neu ist auch die Regelung zur gemeinsamen Leistungserbringung. Allerdings muss

13 § 112 SGB Absatz 1 Satz 2 IX14 § 90 Absatz 4 SGB IX15 § 13 SGB XII, ab 01.01.2020 § 104 SGB IX16 § 92 SGB XII, ab 01.01.2020 § 138 Absatz 1 Nr. 4 SGB IX

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im Einzelfall an Hand des individuellen Bedarfs entschieden werden, ob eine ge-meinsame Leistungserbringung möglich ist17 (vgl. 3.3 Gemeinsame Leistungser-bringung).

Der Zugang zu den Leistungen der Ein-gliederungshilfe, also auch zur Leistung der Schulassistenz, bleibt vorerst unver-ändert. Voraussetzung ist weiterhin eine (drohende) wesentliche Behinderung.18 Geplant war ursprünglich in diesem Rah-men den Bezug zu den Lebensbereichen der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) herzustellen und an Hand von einer Mindestanzahl von Kri-terien den Zugang zur Eingliederungs-hilfe zu steuern. Mit der Quantifizierung der Zugangskriterien bestand jedoch die Gefahr, dass Leistungsberechtigte nach dem derzeit gültigen Recht künftig kei-ne Leistung für Schulassistenz erhalten würden. Allerdings könnte der Bezug zu den Lebensbereichen der ICF die umfas-sende Bedarfsermittlung im Rahmen des Schulalltages positiv beeinflussen, wenn auf einschränkende Kriterien verzichtet wird.

17 ab 01.01.2020 § 112 Absatz 4 SGB IX18 § 2 SGB IX und zusätzlich ab 01.01.2020 gelten § 53 Absatz 1 und 2 SGB XII in Verbindung mit §§ 1 bis 3 Eingliederungshilfe-Verordnung gem. § 99 Kapitel 2, Teil 2 SGB IX

Die rechtlichen Wirkungen der geplan-ten Zugangskriterien für den Personen-kreis der Leistungsberechtigten wurden bereits wissenschaftlich untersucht. Der Abschlussbericht der Untersuchung liegt bereits seit dem 13.09.2018 vor. Die Autoren des Berichtes kommen zu dem Schluss, dass die Untersuchung gezeigt hat, „...dass das ursprüngliche Anliegen des BMAS, eine griffige Definition zu erhal-ten, bei der der Personenkreis gleichbleibt, nicht erfüllbar ist. Die Erwartung an das Ergebnis der Untersuchung, die bei Abfas-sung des Artikels 25a Bundesteilhabege-setz leitend war, muss dementsprechend revidiert werden.“ (vgl. 11.2 „Abschluss-bericht zu den rechtlichen Wirkungen“ S. 91).

Der Bundesgesetzgeber hat nun die Aufgabe, Näheres zu den Zugangsvor-aussetzungen und den Kriterien für den leistungsberechtigten Personenkreis zu bestimmen. Spätestens, bis zum Jahr 2023 soll der leistungsberechtigte Perso-nenkreis neu definiert werden.19 Die Re-gelungen sind vom Parlament des Deut-schen Bundestages zu beschließen.20 Derzeit ist offen, wann und was dem Par-lament von Seiten der Bundesregierung vorgelegt wird.

19 Artikel 25a § 99 Bundesteilhabegesetz20 Art. 25a § 99 Absatz 7 Bundesteilhabegesetz

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3.2 Wunsch- und Wahlrecht

Der Umfang der Unterstützungsleistun-gen muss bedarfsdeckend sein und rich-tet sich jeweils nach der Besonderheit des Einzelfalls. Die Wünsche des Leis-tungsberechtigten sind zu berücksich-tigen, sofern sie angemessen und nicht zu unverhältnismäßigen Mehrkosten führen.21 Wünschen muss auch dann ent-sprochen werden, wenn ansonsten der Bedarf nicht gedeckt werden kann oder alternative und zugleich vergleichbare Leistungen nicht zumutbar sind.22

21 § 13 SGB XII, ab dem 01.01.2020 § 104 Absatz 1 und 2 SGB IX22 § 8 SGB IX und § 5 SGB VIII

Bei der Anmeldung hieß es, derzeit würden die Schulhelfer*innen vom Dienst X gestellt.

Nach den Ferien hieß es, dass Dienst Y jetzt Anbieter sei. Wir hatten zu keinem Zeit-

punkt die Möglichkeit, einen anderen Dienst auszusuchen. Für uns hätte das „Suchen“

aber auch keinen Mehrwert dargestellt. Entscheidend ist doch, dass es einen Anbieter

zur Versorgung gibt und sich die Beteiligten arrangieren. Eltern, Berlin

In diesem Zusammenhang sind auch die gesetzlich festgelegten Fristen zur unverzüglichen Bearbeitung und Bewil-ligung eines Antrages23, z. B. für Schul-assistenz sowie das Recht zur Erstattung selbstbeschaffter Leistungen bei unauf-schiebbarer, notwendiger aber nicht be-willigter Leistung24 zu erwähnen.

23 §§ 14ff. SGB IX24 § 18 SGB IX

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Dennoch kann das Wunsch- und Wahl-recht des Leistungsberechtigten auf Grund des Mehrkostenvorbehalts ein-geschränkt werden, wenn und soweit die Höhe der Kosten für die gewünschte Leistung deutlich über den vergleichba-ren Leistungen bei anderen Leistungser-bringern liegen oder der Bedarf nach der

Eltern haben in Vertretung ihrer Kinder ein gesetzlich normiertes und damit garantiertes Wunsch- und Wahlrecht. Sie entscheiden selbst, welchen Leis-tungsanbieter sie für die zu erbringende Schulassistenz auswählen. Sie dürfen nicht gezwungen werden, einen Anbieter zu akzeptieren, nur, weil dieser eine Exklusiv-Vereinbarung mit dem Träger der Eingliederungshilfe hat.

Bei der Auswahl der Schule haben sich die Eingliederungs- oder Jugendhilfe-hilfeträger nach der Schulbehörde und deren Schulzuweisung zu richten. Er ist an die Entscheidung der Schulbehörde über die Zuweisung an eine bestimmte Schule gebunden.

Besonderheit des Einzelfalls durch eine vergleichbare Leistung gedeckt werden kann.25 Die Einschränkung des Wunsch- und Wahlrechtes kann auch die Form – Einzel- oder gemeinsame Leistungser-bringung – betreffen (vgl. 3.5 Gemeinsa-me Leistungserbringung).

25 § 13 SGB XII, ab 01.01.2020 § 104 Absatz 2 SGB IX

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Für die gemeinsame Leistungserbrin-gung wurde erstmalig eine rechts-sichere und verbindliche Regelung geschaffen26. Demnach kann die Schul-assistenz auch mehrere Schüler*innen gleichzeitig unterstützen (gemeinsame Leistungserbringung in „Pool-Model-len“). Ob die Assistenz für Schüler*in-nen mit Behinderungen als individuelle Einzelleistung oder im Pool-Modell an-geboten wird, ist zum einem vom indi-viduellen Bedarf und zum anderen vom Wunsch- und Wahlrecht der Leistungs-berechtigten abhängig. Ausgehend vom Bedarf der Schüler*innen mit Be-hinderungen und in Abstimmung mit den Eltern muss abgewogen werden, ob die optimale Unterstützung in der individuellen Assistenz erfolgen sollte oder, ob im Sinne einer Inklusion ein 26 ab 01.01.2020 § 112 Absatz 4 SGB IX

3.3 Gemeinsame Leistungserbringung

Unserem Kind wurde von der Amtsärztin ein Anspruch auf umgerechnet eine halbe Schulhelferin bewilligt. Ein anderes Kind bekam den gleichen Anspruch. Da beide in ei-ner Klasse waren, teilten sie sich die Schulhelferin. Hierzu sind wir im Übrigen nie gefragt worden, ob wir das wollen. Vom Schulamt wurde uns mitgeteilt, dass der Bedarf zwar individuell ermittelt werde, aber nicht dem einzelnen Kind zustehe, sondern die Schule frei darin sei, die Schulhelferin nach ihrem Ermessen inhaltlich und zeitlich einzuteilen.

Eltern, Berlin

Modell gemeinsam mit anderen Mit-schüler*innen hilfreicher ist.

Wenn eine Assistenz im Verbund mit an-deren für den individuellen Bedarf der einzelnen Schüler*innen sinnvoll und angemessen ist, ist ein Pool-Modell an-zustreben. Auch ist eine Mischung aus zum Teil individueller und im Pool an-gebotener Assistenz möglich. Ein wei-terer für die Praxis relevanter Aspekt für das Poolen von Leistungen ist die Ver-tretungsmöglichkeit beim Leistungser-bringer, die für die Schüler*innen eine größere Kontinuität sichern. Unter Betei-ligung der Leistungserbringer und der Schule sind dafür tragbare und mög-lichst flexible Pool-Konzepte zu entwi-ckeln, die mit den Beteiligten zu verein-baren sind (Kooperationsvereinbarung). Um dem gerecht werden zu können, bedarf es einer frühzeitigen Planung

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und Zusammenarbeit zwischen Schule und Leistungserbringer. Schon bei der Klassenzusammensetzung muss die Re-alisierbarkeit von sinnvollen Pool-Mo-dellen mitgeplant werden. Kritisch zu begleiten sind jedoch die Pool-Modelle, die ausschließlich dem Aspekt der Kos-

Mathias, Down-Syndrom, 1. Klasse Grundschule vor Ort, 2014: Bei der Anmeldung

des Kindes zur Einschulung gab die Schule an, keine Erfahrungen mit Kindern mit

Down-Syndrom zu haben. Die Eltern bestehen aber auf Inklusion, sie werden durch das

zuständige Beratungs- und Förderzentrum unterstützt, es folgen die förderdiagnos-

tische Stellungnahme, Gespräche mit der Schulleitung und der Förderausschuss. Der

Antrag der Eltern auf Teilhabeassistenz über den vollen Zeitrahmen wird problemlos

bewilligt. Es findet sich ein Klassenlehrer, der das „Experiment Inklusion“ wagt. Unter-

stützt wird er 8,9 Stunden durch einen Förderlehrer. Einschulung und Schulbeginn ver-

laufen reibungslos, Mathias ist ein voll akzeptiertes Mitglied der Klassengemeinschaft.

Er geht in die Ganztagesklasse, für die gemäß hessischem Kinderfördergesetz eine zu-

sätzliche pädagogische Fachkraft in der Betreuung eingestellt wird und baut seine so-

zialen Kontakte mit großer Selbstverständlichkeit weiter aus. 2018 wechselt er an eine

größere Gesamtschule, dort besucht er eine Inklusions-Klasse. Die Unterstützung durch

eine Förderlehrkraft ist durch Bündelung der Ressource in fast vollem Umfang gesi-

chert. Zur weiteren Unterstützung teilen sich drei Schüler eine Teilhabeassistentin. Eine

weitere Teilhabeassistentin steht für ein autistisches Kind in der Klasse zur Verfügung.

(Quelle: Gemeinsam leben Hessen e.V.)

Der individuelle Bedarf der Schüler*innen muss Entscheidungsgrundlage da-für sein, ob die optimale Unterstützung in der individuellen Assistenz erfolgt oder ob im Sinne einer Inklusion ein Modell gemeinsam mit anderen Mitschü-ler*innen (Gruppe oder Klassenverband) hilfreicher ist.

tenreduktion unterliegen und den in-dividuellen Bedarf und den damit ver-bundenen Rechtsanspruch missachten. Auch die Assistenz im häuslichen Um-feld und im Rahmen des persönlichen Budgets ist hinsichtlich der Machbar-keit zu prüfen.

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„Kooperatives Assistenzmodell – Klassenassistenzen“

– ein Modellprojekt in Niedersachsen

Um neue Wege bei der Unterstützung von Schüler*innen mit Beeinträchtigungen zu er-

proben, wurde an einer Grundschule in Niedersachsen im Landkreis Peine für vier Jahre

das Modellprojekt „Klassenassistenzen“ eingeführt. Ziel ist es, allen Kindern mit Unter-

stützungsbedarf möglichst unbürokratisch ohne zusätzliche Antragsverfahren für die

Eltern gelingende Bildungsbiographien zu ermöglichen, wobei das Recht auf individu-

elle Hilfe bei besonderer Bedarfslage der Schüler*innen bestehen bleibt.

Von den Projektpartnern – dem Fachdienst des Jugendamtes und Soziales, der Grund-

schule sowie den fünf Anbietern von Schulbegleitung (Assistenz) – wurde ein interner

Handlungsleitfaden entwickelt. Der Einsatz von Klassenassistenzen erfolgt ohne feste

Zuordnung zu einzelnen Schüler*innen. Jeder Klasse wird eine feste Klassenassistenz

zugeteilt. Derzeit sind neun Klassenassistenzen in den Jahrgangsstufen 1 bis 3 im Ein-

satz. Die Finanzierung erfolgt im Rahmen einer Monatspauschale über Leistungen der

Eingliederungshilfe durch das Jugend- und Sozialamt. Zur Finanzierung gehören auch

Anteile für Koordinationsleistungen.

Durch die Klassenassistenz erfolgt eine individuelle Förderung der Schüler*innen mit

Beeinträchtigungen, von der alle Kinder innerhalb einer Klasse profitieren. Das Projekt

wird von einer Steuerungsgruppe begleitet und evaluiert, so dass notwendige Anpas-

sungen zeitnah vorgenommen werden können. Die Bereitschaft im multiprofessionel-

len Team zusammenzuarbeiten sowie die gegenseitige Wertschätzung aber auch die

Anerkennung individueller Bedarfe sind wichtige Faktoren für das Gelingen des Pro-

jektes. Annette Scholz-Braun

Einsatzleitung Integrationsassistenz

Der Paritätische Niedersachsen, Kreisverband Peine

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3.4 Persönliches Budget

Die Leistung der Schulassistenz kann als Teilhabeleistung auf Antrag auch in Form des Persönlichen Budgets in An-spruch genommen werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Ver-antwortung ein selbstbestimmtes Le-ben zu ermöglichen.27 Wenn der Antrag gestellt wird, muss ein Persönliches Budget gewährt werden (Leistungsan-spruch). Dies gilt ebenso für leistungs-berechtigte Schüler*innen mit einer seelischen Behinderung, die ihre Leis-tungen vom Jugendhilfeträger erhal-ten.28 Demnach haben die Eltern einen Anspruch darauf, dass die gewährte Leistung der Schulassistenz ausge-zahlt wird und sie diese in eigener Ver-antwortung einkaufen können. Eltern

27 § 29 SGB IX28 § 6 Absatz 1 Ziffer 6 SGB IX und § 35a SGB VIII

haben auch die Möglichkeit, als eigen-ständige Arbeitgeber in Bezug auf die ausführende schulassistierende Person aufzutreten, was allerdings besondere Regelungsbedarfe nach sich zieht. Bei Schulassistenzen, die bisher über das Persönliche Budget gewährt wurden, kann es ab dem 01.01.2020 auf Grund der Möglichkeit der gemeinsamen Leis-tungserbringung (Poolleistung) zu Ver-änderungen kommen.29

Voraussetzung für eine Abkehr von der bisherigen Leistung ist allerdings, dass auch künftig der Bedarf vollumfäng-lich gedeckt wird und auch die Vor- und Nachbereitung des Unterrichtes Berück-sichtigung findet.

29 ab 01.01.2020 § 112 Absatz 4 SGB IX

Das Persönliche Budget fördert die Selbstbestimmung, allerdings gilt auch hier: eine ausreichende und auskömmliche Leistungsbewilligung ist notwen-dig, weil auch Budgetassistent*innen sich nicht auf prekäre Beschäftigung einlassen können.

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3.5 Andere Leistungsansprüche

Unser Kind macht einmal in der Woche beim Sportunterricht mit. Die beiden anderen Sportunterrichtstermine werden durch Physiotherapie ersetzt, die in anderen Räumen der Schule stattfindet. Die Physiotherapeutin kommt dafür in die Schule, was für unser Kind und uns sehr hilfreich ist! Die Behandlung selbst wird von der Krankenversicherung bezahlt, nicht aber der An- und Abfahrtsweg, da es sich bei der Schule nicht um Häuslich-keit handelt und dies vom Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) auch nicht verordnet wird.

Eltern, Berlin

Die Leistungen der sozialen Pflegever-sicherung (SGB XI) gehören jedoch nicht dazu! Diese Leistungen können den pfle-gerischen Bedarf nur zum Teil decken und sind daher für die Sicherstellung der häuslichen Pflege bestimmt. Die Pflege-hilfen gem. SGB XII werden künftig von der ambulanten Eingliederungshilfe um-fasst und sind somit von den Trägern der Eingliederungshilfe sicherzustellen.32 Schüler*innen mit und ohne Behinderun-gen gehen in die Schule, um zu lernen. Die Schule ist somit kein Ort der Pflege (vgl. 11.1 Rechtsprechung und rechtliche Einschätzungen).

32 § 103 Absatz 2 SGB IX ab 2020

Neben der Eingliederungshilfe für Schul-begleitung können weitere Leistungen notwendig werden: Dazu gehören bei-spielsweise therapeutische Leistun-gen30 oder behandlungspflegerische Leistungen als Teil der häuslichen Kran-kenpflege.31 Behandlungspflegerische Leistungen können auch in der Schule erbracht werden. Für die Erbringung sind entsprechende Qualitätsvorgaben und Richtlinien der Krankenversicherung zu beachten (vgl. 11.2 Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Kranken- pflege)

30 § 32 SGB V31 § 37 SGB V

Lebensweltorientierte Bewilligungen ambulanter therapeutischer Leistungen sind seitens der Krankenkasse zwingend notwendig, wenn Behandlung Erfolg haben soll!

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3.6 Heranziehung von Einkommen und Vermögen

Die Leistungen der schulischen Assis-tenz sind Leistungen zur Teilhabe an Bildung und damit Leistungen der Ein-gliederungshilfe, bei denen keine Heran-ziehung von Einkommen erfolgt. Auch auf den Vermögenseinsatz wird verzich-tet..33 Dies betrifft sowohl die bisherigen Leistungen der schulischen Assistenz als auch die Leistungen zur Teilhabe an Bildung ab 01.01.2020.34 Allerdings kommt es in der Praxis zu unterschied-lichen Auslegungen hinsichtlich der Zuordnung der schulischen Assistenz, wenn es um den Schulalltag geht. Die Assistenzleistungen im Unterricht und bei schulischen Aktivitäten, wie Projekt-tage und Klassenfahrten werden i.d.R. der Teilhabe an Bildung zugeordnet. Bei der Schulassistenz zur Gestaltung des Schulnachmittags z. B. in der eigenen Häuslichkeit oder in einem Hort, gibt es

33 § 92 SGB IX, ab 01.01.2020 § 138 Absatz 1 Nr. 4 und § 140 Absatz 3 SGB IX34 §§ 53/54 SGB XII, ab 01.01.2020 § 75 SGB IX in Verbindung mit § 112 SGB IX

Bestrebungen der Eingliederungs- und Jugendhilfeträger, diese Leistungen den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuzuordnen. Dies hat Konsequenzen für die Heranzie-hung des Einkommens und Vermögens der Eltern, weil dann die Regelungen zur Teilhabe an Bildung nicht gelten. Unabhängig davon sind Beiträge für die Einnahme des Mittagessens im Schulall-tag oder für die allgemeine Betreuung im Hort, wie sie von Eltern für Kinder ohne Schulassistenz geleistet werden, auch von den Eltern von Schüler*innen mit Behinderungen zu leisten. Diese Leistungen können allerdings auch ein-kommensabhängig gefördert werden. Die Regelungen für diese Beiträge wer-den in den Landkreisen und kreisfreien Städten festgelegt und sind damit un-terschiedlich.

Gestaltung des Schulnachmittags z.B. in der eigenen Häuslichkeit oder in einem Hort gehört zur Teilhabe an Bildung und darf aus Kostengründen nicht der Freizeitgestaltung zugeordnet werden.

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3.7 Weisungs- und Dienstaufsichtsrecht

Die Zuständigkeiten bei der Zusammen-arbeit in der Schule sind klar festgelegt. Die Zuständigkeit für die Schulassistenz liegt beim Leistungserbringer. Der Leis-tungserbringer ist Arbeitgeber. Er muss gewährleisten, dass die von ihm gestell-te Kraft auf die Aufgaben vorbereitet wird und die nötigen Fortbildungen er-hält. Gleichzeitig muss die Zusammen-arbeit zwischen Assistenzkraft und den Lehrkräften verpflichtend geregelt sein. Die Assistenzkraft sollte den Unterstüt-zungsbedarf auf den Unterricht ausrich-ten und nach Anleitung der Lehrkraft

umsetzen. Die Frage der Zuständigkeit wird insbesondere dann relevant, wenn es zum Konfliktfall zwischen den Betei-ligten kommt, so dass Ansprechpart-ner*innen und Kommunikationswege geklärt sein müssen. Eine vorherige Rollenklärung, Absprachen, regelmä-ßige und am Wohle der Schüler*innen orientierte Kommunikation sowie eine konstruktive Zusammenarbeit aller Be-teiligten sind die besten Voraussetzun-gen für eine gelingende Schulassistenz (vgl. 7. Rollenklärung und vereinbarte Zusammenarbeit).

Bei Einschulung unseres Kindes konnten die Schulhelfer*innen unser Kind nicht kathe-

terisieren. Das haben wir den Schulhelferinnen dann beigebracht. Es wurde nicht vom

Dienst Y sichergestellt. Lediglich die Bereitschaft der Schulhelfer*innen, es zu erlernen,

wurde abgefragt. Nach erfolgreicher Anlernung mussten wir mit den Schulhelfer*in-

nen und unserem Kind zum Sozialpädiatrischen (SPZ), das nach Augenschein eine Be-

scheinigung ausstellte, dass die Schulhelfer*innen nun qualifiziert sind.Eltern, Berlin

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3.8 Haftung und Verantwortlichkeiten innerhalb des Schulbetriebes

Schulische Bedienstete und im weiteren Umfeld regulär an der Schule arbeitende Kräfte sind vor Schadensersatzansprü-chen wegen eines Personenschadens durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt.35 Schüler*innen, die während der Schulzeit eine Verletzung erleiden, sind ebenfalls durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert36. Dies gilt jedoch nur, wenn es sich bei der Durchführung der Maßnahme um eine im Zusammenhang mit dem Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag der Schule stehende Maßnahme handelt („Haftungsprivileg“).

35 §§ 104 ff. SGB VII 36 § 2 Absatz 1 Nr. 8 Buchst. b SGB VII

Die Aufsichtspflicht über die Schüler*in-nen liegt bei der Schule und den Lehr-kräften. Sie verbleibt dort auch, wenn die Lehrkraft die Aufsicht zeitweilig an eine dritte Person z. B. der Schulassistenz überträgt. Nur bei grob fahrlässigem Handeln oder Verletzung der Aufsichts-pflicht haftet die Person selbst, die den Schaden verursacht hat.

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4. Von der Anmeldung bis zur schulischen Bildung

Die Anmeldung eines jeden Kindes erfolgt in der Schule. Daher ist die Schule auch verpflichtet, für die angemessenen Vorkehrungen, die Bedürfnisse des Einzelnen und für ihre notwendige Unterstützung zu sorgen.37 Da die praktische Umsetzung sehr unterschiedlich erfolgt, werden in diesem Kapitel die Rechtsgrundlagen und ein Verfahrensvorschlag erläutert. Die Schulassistenz muss von den Eltern als indi-viduelle Unterstützung nach dem SGB IX beantragt werden.

37 Art. 24 Absatz 2 c, d UN-Behindertenrechts- konvention

4.1 Bedarfsfeststellung und Planung

Seit dem 1. Januar 2018 gelten die Re-gelungen zum Teilhabe- und Gesamt-planverfahren. Ein Teilhabeplanver-fahren38 findet statt, wenn Leistungen mehrerer Leistungsgruppen oder Reha-bilitationsträger erforderlich sind oder wenn Leistungsberechtigte die Durch-führung eines Teilhabeplanverfahrens wünschen. Beim Teilhabeplanverfahren ist zwischen den Rehabilitationsträgern zu klären, wer der leistende Rehabilita-tionsträger ist, der für die umfassende Feststellung des Bedarfes, die Durchfüh-rung des Teilhabeplanverfahrens und die Leistungserbringung verantwortlich ist. Das Gesamtplanverfahren39 ist immer dann durchzuführen, wenn Leistungen der Eingliederungshilfe notwendig sind.

38 §§ 14ff SGB IX39 Artikel 12 § 141ff SGB XII Bundesteilhabegesetz, ab 01.01.2020 § 117ff. SGB IX

Zu beachten ist, dass der Gesamtplan auch Maßstäbe und Kriterien der Wirkungskont-rolle einschl. des Überprüfungszeitpunktes enthalten muss40, was bei der Vereinba-rung zu den Zielen zwingend zu beachten ist (vgl. 6. Individuelle Ziele und Wirksam-keit der Assistenz). Der Gesamtplan muss spätestens nach zwei Jahren überprüft und fortgeschrieben werden.41 Bei Kindern und Jugendlichen mit seelischen Behin-derungen, die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe beziehen, kommt es zu einem Hilfeplanverfahren.42 In diesem Fall ist das Jugendamt auch Rehabilitationsträger und unterliegt zusätzlich den allgemei-nen Regelungen des SGB IX. Damit gilt die verpflichtende Aufstellung eines Teilhabe-

40 Artikel 12 § 144 Absatz 4 Nr. 1 SGB XII Bundesteil-habegesetz, ab 01.01.2020 § 121 Absatz 4 Nr.1 SGB IX41 Artikel 12 § 144 Absatz 2 SGB XII Bundesteil-habegesetz, ab 01.01.2020 § 121 Absatz 2 SGB IX42 § 36 SGB VIII

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plans43 sowie ggf. die Durchführung einer Teilhabeplankonferenz44, wenn mehrere Rehabilitationsträger beteiligt sind. Das Teilhabeverfahren nach SGB IX ergänzt das Hilfeplanverfahren nach SGB VIII. Das Gesamtplanverfahren des SGB IX gilt in diesem Kontext nicht. Das Bedarfsermitt-lungsinstrument muss in beiden Fällen den Vorgaben des SGB IX entsprechen.45

Staatliche Schulen und Schulträger sind keine Rehabilitationsträger im Sinne des SGB IX46, so dass neben der Teilhabe- oder Gesamtplanung das sog. sonderpädagogi-sche Fach- oder Förderausschussverfahren auf der Basis der Ausführungsbestimmun-gen der jeweiligen Landesschulgesetze steht. In diesen Verfahren werden Maß-nahmen für die Umsetzung des Bildungs-weges verabredet und festgelegt. An diesen Verfahren können bzw. sollten die

43 § 19 SGB IX44 § 20 SGB IX45 § 13 SGB IX46 § 6 SGB IX

Sozial- bzw. Eingliederungs- und Jugend-hilfeträger i. d. R. teilnehmen, was für die Koordination im Sinne der multiprofessio-nellen Arbeit als sinnvoll erachtet wird. Die Feststellungen im sonderpädagogischen Fach- oder Förderausschussverfahren füh-ren jedoch nicht automatisch zur Gewäh-rung der Leistungen der Eingliederungs- oder Jugendhilfe. Für diese Leistungen sind gesonderte Anträge zu stellen.

Des Weiteren wurde mit dem Bundesteil-habegesetz für die Eingliederungshilfe festgelegt, dass sich das Instrument der Bedarfsermittlung an der Internationa-len Klassifikation der Funktionsfähig-keit, Behinderung und Gesundheit (ICF) orientieren muss.47 Als Grundlage für die Feststellung des Bedarfes ist daher das bio-psycho-soziale Modell der ICF heran-zuziehen (vgl. 11.1 ICF).

47 Artikel 12 § 142 SGB XII Bundesteilhabegesetz, ab 01.01.2020 § 118 SGB IX

Nach Auffassung des Paritätischen müssen die Verfahren anschlussfähig und kom-patibel miteinander verzahnt werden können, so dass es nicht zu unterschiedlichen Festlegungen kommt. Die Verzahnung führt auch dazu, dass Eltern entlastet wer-den. Vor Ort sollte darauf hingewirkt werden, dass die Verfahrensweise möglichst unkompliziert gestaltet und die Leistungserbringer beteiligt werden.

Die Schulträger und die Eingliederungshilfe- bzw. Jugendhilfeträger stehen ge-meinsam in der Verantwortung den Prozess kooperativ zu gestalten. Hierfür sind verbindliche Regelungen in den Schulgesetzen der Länder zu schaffen.

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4.2 Beratung

Eltern brauchen ein ganzheitliches und auf die individuelle Situation ausgerich-tetes Beratungsangebot. Die Beratung muss ergebnisoffen erfolgen. Vorausset-zung für eine ausgewogene Informati-onsvermittlung ist die Bereitstellung von neutralen, nicht interessengebundenen Informationen. Die Informationsvermitt-lung hat keinen empfehlenden Charakter. Durch das Aufzeigen unterschiedlicher Handlungsmöglichkeiten können eigene Entscheidungen getroffen werden.

Beratung, Informationen und Unterstüt-zung sind bei verschiedenen Stellen und Institutionen möglich. Die Eltern können wählen, wo sie Leistungen in Anspruch nehmen. Dazu gehören im Wesentlichen:

ÂÂ Die ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungsstellen48, die sich auf Rehabilitations- und Teilhabe-leistungen der Rehabilitationsträ-ger, z.B. der Eingliederungshilfe oder Krankenversicherung konzentrieren.

48 § 32 SGB IX

Beratung ist dem Ratsuchenden verpflichtet. In der Beratung sind die Interes-sen des Kindes mit Behinderungen und der Familie zu stärken. Beratung muss daher unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Interessen sein. Daten-schutz, Vertraulichkeit und Anonymität der Beratung sind zu gewährleisten.

ÂÂ Die sonderpädagogischen Förder- und Beratungsstellen auf der Basis der Schulgesetze der Länder, die in der Regel nur zum besonderen För-derbedarf im Zusammenhang mit schulischer Bildung beraten.

ÂÂ Die Erziehungsberatungsstellen und andere Beratungsdienste49, die u.a. bei der Klärung und Bewältigung indivi-dueller und familienbezogener Prob-lemlagen unterstützen. Dazu gehören auch schulische Angelegenheiten.

ÂÂ Die Träger der Eingliederungshilfe, deren Beratungs- und Unterstüt-zungsauftrag mit dem Bundesteil-habegesetz gestärkt wurde.50

ÂÂ Die Beratungsangebote der Selbst-hilfeorganisationen und Verbände, z. B. die Bundesvereinigung Lebenshilfe, der Bundesverband für körper- und mehrfach behinderte Menschen, der Deutschen Blinden- und Sehbehin-dertenverband oder der Verein Eltern helfen Eltern (vgl. 11.1 Weiterführende Links).

49 § 28 SGB VIII50 ab 01.01.2020 § 106 SGB IX

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4.3 Antragstellung

Eine Schule in privater Trägerschaft war bereit, unser Kind aufzunehmen, worüber wir

uns sehr gefreut haben! Allerdings wurde direkt klargestellt, dass der Schulträger nicht

die finanziellen Mittel habe, die erforderliche höhenverstellbare Liege bereitzustellen.

Der Eingliederungshilfeträger war der Meinung, dass er auch kein Geld zur Verfügung

habe, ebenso wenig die Krankenversicherung. Und dass das Kind dann ja auch besser

auf eine Schule für körperbehinderte Kinder gehen könne, die wären ja schließlich mit

Liegen ausgestattet. Damit unser Kind rechtzeitig beschult werden konnte, haben wir

bei eBay eine Liege gefunden und sie auf eigene Kosten gekauft. Die Reparatur vor eini-

gen Wochen haben wir ebenfalls selbst organisiert und bezahlt. Eltern, Berlin

Die Empfehlungen der Kultusminister-konferenz führten bereits 2011 aus, dass die Barrierefreiheit im Kontext schuli-scher Bildung auch durch „…sonstige Hilfen zur angemessenen Schulbildung durch verschiedene Leistungs- und Kos-tenträger“51 erreicht werden soll (vgl. 11.2 Beschluss Kultusministerkonferenz). Hierunter sind im Wesentlichen die Leis-tungen der Eingliederungshilfe für die Schulassistenz zu verstehen. Die inklusi-ve und barrierefreie Schule ist nach Auf-fassung der Kultusminister und -senato-ren durch außerschulische Maßnahmen zu ergänzen.

51 KMK Beschluss vom 20.11.2011, S.8

Im Fall der Schulassistenz bedeutet das im Rahmen der Eingliederungshilfe auf der Grundlage des Bundesteilhabege-setzes in jedem Fall ab 2020, dass die An-tragstellung durch die Eltern gegenüber dem Leistungsträger der Eingliederungs-hilfe Voraussetzung für die Leistungser-bringung ist (Antragserfordernis).52 Das heißt, dass die Hilfen, die erforderlich sind, um die allgemeine Schulpflicht in einem inklusiven Setting insbesondere barrierefrei erfüllen zu können, antrags-gebunden sind.

52 ab 01.01.2020 § 108 Absatz 1 SGB IX

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Die Folge davon ist, dass diese Leistun-gen in Art, Inhalt und Umfang an einen rechtskräftigen Bescheid gebunden sind. Der Bescheid ist jedoch nicht vom Schul-träger oder einer Kultus- oder Schulbe-hörde zu erteilen, sondern vom Träger der Eingliederungshilfe. Meistens ist den Antragstellenden bei Antragstellung für die Schulassistenz nicht bekannt, was genau gebraucht und konkret wo zu be-antragen ist. Es ist lediglich klar, dass es ohne Assistenz nicht gehen wird.

Die sich immer wiederholende Antragstellung ist für uns eine zusätzliche Belastung. Die Behinderung „verschwindet“ nicht! Wir müssen jedes bzw. jedes zweite Jahr zum Amtsarzt, i.d.R. am Vormittag, was zur Folge hat, dass unser Kind in der Schule und wir als Eltern in der Arbeit fehlen bzw. Urlaub nehmen müssen, der uns für notwendige Er-holung fehlt. Eltern, Berlin

Praxis ist, dass die Unterstützungsleis-tungen auf ein Schuljahr begrenzt und jedes Schuljahr neu beantragt werden müssen. Dies führt zu Verunsicherung und stellt eine unnötige und zusätzliche Belastung für die Eltern dar, da die Bewil-ligung des Leistungsträgers oftmals erst zu Beginn des Schuljahres erfolgt. Des Weiteren führt es zu prekären Beschäf-tigungssituationen für die Mitarbeiten-den der Schulassistenz.

Eltern brauchen Beratung, damit sie wissen, was, wo beantragt oder verordnet werden muss.

Die schulischen Unterstützungsleistungen für das Kind sind auch für das Folge-schuljahr anzuerkennen. Auf neue Antragsverfahren ist zu verzichten und die Assistenz bei Veranstaltungen der Schule ohne zusätzlichen Antrag zu gewähren.

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4.4 Verfahrensvorschlagden) und der Schule oder die Fest-legungen des sonderpädagogischen Fach- oder Förderausschusses sind bei der Antragstellung hilfreich. Die Empfehlungen dürfen sich jedoch nicht nur auf die konkrete Anzahl der Unterrichtsstunden beziehen. Die Schule sollte auch Aussagen zum Assistenzbedarf auf dem Weg zur und von der Schule, in den Pausen, bei der Hortbetreuung oder bei der Vor- und Nachbereitung der Schule treffen, da der Leistungsträger die Be-darfe erhebt, die sich auf alle Phasen im Schulalltag beziehen. Dazu gehö-ren auch Bedarfe, die nicht stunden-plangebunden sind und sich auf das soziale und partizipative Geschehen in der Schule auswirken.

ÂÂ Der Träger der Eingliederungshilfe prüft den Antrag, holt entsprechen-de Stellungnahmen der Schule und (sofern bereits vorhanden) des Assis-tenzdienstes ein und regt entweder eine Teilhabeplankonferenz53 oder eine Gesamtplankonferenz54 an. Das wird ohne eine frühzeitige und umfassende Erhebung des Bedarfs beim Lernenden, den Eltern und der Schule und der Klärung, ob die Leis-

53 § 20 SGB IX54 Artikel 12 § 143 SGB XII Bundesteilhabegesetz, ab 2020 §119 SGB IX

Das folgende Verfahren ist als Vorschlag zu verstehen. Die Umsetzung hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab. Insbesondere ist der Übergang von der Kindertagesstätte oder der Frühförderung in die Grundschu-le frühzeitig in den Blick zu nehmen und kooperativ zu gestalten. Die Schritte des Verfahrens sollten zwischen Leistungsan-bietern und den Leistungsträgern abge-stimmt und für alle Beteiligten und insbe-sondere für die Eltern transparent sein.

ÂÂ Die Eltern oder Erziehungsberech-tigten melden ihr Kind in einer Schu-le an.

ÂÂ Die Eltern oder Erziehungsberech-tigten stellen einen Antrag bei der Fachbehörde des Trägers der Ein-gliederungshilfe für die notwendi-gen Assistenzleistungen. Dieser An-trag kann

– auf der Grundlage der Ergebnisse bzw. Empfehlungen des sonder-pädagogischen Fach- oder Förder-ausschusses erfolgen, der von der Schule durchgeführt wurde oder

– direkt gestellt werden, ohne das ein sonderpädagogisches Fach- oder Förderausschussverfahren stattfand.

Empfehlungen der Kindertagesstätte, der Frühförderstelle (sofern vorhan-

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tung durch einen geeigneten Leis-tungserbringer auch sichergestellt werden kann, nicht möglich sein.

ÂÂ Der Träger der Eingliederungshilfe (oder der leistende Rehabilitations-träger55) erstellt auf der Grundlage des Gesamtplanverfahrens (oder des Teilhabeplanverfahrens) einen rechtsverbindlichen Bescheid und eine Kostenübernahmeerklärung für den Leistungsanbieter.

ÂÂ Danach wird ein rechtsverbindli-cher Assistenzvertrag zwischen den Eltern (oder dem jungen Volljähri-gen) und dem Leistungsanbieter ge-schlossen. Bestandteil des Vertrages sind konkrete Leistungen einschl. der Organisation und des zeitlichen Umfangs zur Deckung des ermittel-ten Bedarfes.

55 § 14 SGB IX

Während der gesamten Schulzeit finden regelmäßig Teilhabeplan-/Gesamt-planverfahren statt, weil mit diesen eine Prüfung und individuelle Anpassung vorgenommen werden kann. Während des gesamten Prozesses sind die Schule, soweit möglich die Schüler*innen mit Behinderung, die Eltern, der Leistungs-anbieter und, sofern gewünscht, eine Person des Vertrauens zu beteiligen.

ÂÂ Zwischen den Assistenzanbietern und der Schule sind verbindliche Absprachen bezogen auf die Zustän-digkeiten und Verantwortung der Leistungsgewährung, sowie zu orga-nisatorischen Abläufen zu treffen.

Zur Teilnahme am Verfahren können die Eltern eine Person des Vertrauens hinzu-ziehen, z. B. nahe Angehörige, Vertreten-de einer Beratungsstelle, des Dienstes oder einer Selbsthilfeorganisation. Sofern Leistungen der Krankenversicherung (z.B. Kathetern oder Spritzen) oder der Einglie-derungs-/Jugendhilfe (z.B. Assistenzleis-tungen) notwendig sind, haben die Eltern das Recht, den Leistungserbringer selbst zu wählen. Bei der gemeinsamen Leistungser-bringung braucht es ein sensibles Vorge-hen aller Beteiligten (vgl. 3.3 Gemeinsame Leistungserbringung). Im Ergebnis des Ver-fahrens sollten die Leistungen unterschied-licher Träger aufeinander abgestimmt sein.

Eine Planung im Sinne des Bundesteilhabegesetzes kennen wir bisher nicht. Sie findet

derzeit in Berlin für die Unterstützungsleistungen in der Schule leider nicht statt. Eltern, Berlin

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4.5 Ermittlung der Assistenzbedarfe – Kommunikation in alle Richtungen

Zunächst sind die Bedarfe, die nach Auf-fassung der Eltern und der Schule be-stehen, zu ermitteln und aufzunehmen. Für die Feststellung des Umfangs, der Qualität und den Anforderungen an die Assistenzkräfte ist das „Kennen“ der Schülerin oder des Schülers zwingend erforderlich. Zum „Kennen“ gehören In-formationen zur persönlichen Lebensla-ge, zu Wünschen und Vorstellungen und zur Funktionsfähigkeit und Behinderung sowie deren Auswirkungen auf die schu-lische Teilhabe.

Bei der Ermittlung des Assistenzbedarfes ist es erforderlich, die verschiedenen Perspektiven – von den Schüler*innen, den Eltern, der Schule und dem Leis-tungserbringer – einzubeziehen.

Für den Träger der Eingliederungshilfe ist es dabei auch wichtig, die Abgren-zung vom pädagogischen Kernbereich der Schule beurteilen zu können; um den Inhalt der Assistenzleistung bestim-men zu können. Dazu ist der Kontakt zu den unterrichtenden Lehrkräften uner-lässlich. Allerdings muss der Leistungs-träger auch berücksichtigen, dass die Schule nicht nur ein Lernort, sondern auch ein bestimmender Sozialraum in dieser Lebensphase ist.

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5. Aufgaben und Inhalte der Leistung

Die Schulassistenz ist auf unterstüt-zende Leistungen beschränkt, die es den Schüler*innen mit Behinderungen ermöglicht, am Regelunterricht, den Schulveranstaltungen und sonstigen mit der Schule verbundenen Aktivitä-ten teilzunehmen. Die Aufgaben und Inhalte der Assistenz werden von den jeweiligen individuellen Zielen, dem Be-darf, den Fähigkeiten, den Neigungen und Interessen des Kindes mit Behin-derungen bestimmt und sind im Teil-habe- oder Gesamtplan festgelegt. Sie

Direkte Leistungen Mit und Für die Schüler*innen

„Die direkten Leistungen müssen gewissenhaft beschrieben werden. Insbesondere

beim Einsatz von Fachkräften ist immer wieder zu beobachten, dass diese nicht nur

während des Unterrichtsgeschehens ihre Assistenztätigkeit MIT den Schüler*innen

ausüben. Sehr häufig erbringen sie auch direkte Leistungen FÜR die Schüler*innen,

indem sie zum Beispiel Unterrichtsmaterialen individuell anpassen oder auch schüler-

bezogene Absprachen mit ärztlichen oder therapeutischen Fachkräften führen (letzte-

res selbstverständlich unter Beachtung des Datenschutzes). Daher werden in unserem

Dienst die direkten Leistungen nochmals zwischen Leistungen MIT Schüler*innen und

Leistungen FÜR Schüler*innen differenziert und entsprechend beschrieben.“

Erwin Drefs, Lebenshilfe Delmenhorst

sind vielfältig und können, z.B. die Ver-tiefung und Wiederholung des Unter-richtsstoffes, der Kommunikation, der Unterstützung bei der Gestaltung sozia-ler Beziehungen oder die Unterstützung beim Toilettengang umfassen. Daher sind umfangreiche Leistungen sowohl in der Konzeption der Einrichtung als auch in der Vereinbarung mit dem Leistungs-träger abzubilden (vgl. 9. Vertragsrecht und Vergütung für Leistungserbringer). Die Leistungen umfassen direkte und in-direkte Leistungen.

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Direkte Leistungen werden in direkter Interaktion mit den Schüler*innen mit Behin-derungen erbracht, z.B.

mitteln und Unterrichtsmate-rialien, bei der Verwendung von Arbeitsmaterialien und behinde-rungsspezifischen Hilfsmitteln,

• Begleitung bei der Bewältigung der gestellten Aufgaben und Motivierung zur Teilnahme am Unterrichtsgeschehen,

• Unterstützung bei den alltags-praktischen Tätigkeiten und in der Mobilität (Orientierung in-nerhalb und außerhalb des Klas-senraums, Hilfestellung beim Sport- und Schwimmunterricht),

ÂÂ Schulassistenz im Unterricht

• Assistenz und Unterstützung während der Unterrichtszeiten (im Bedarfsfall durchgängig),

• Vertiefung und Wiederholung von Lerninhalten,

• Ersatzleistungen aufgrund kör-perlicher Funktionseinschrän-kungen,

• Orientierungs- und Strukturie-rungshilfen,

• Unterstützung und Anleitung beim Benutzen von Arbeits-

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• Hilfe beim Erfassen von Infor-mationen und bei der Kommu-nikation einschließlich der nach Anleitung der Lehrkraft erfol-genden Anpassung von Unter-richtsmaterialien,

• Verbalisieren von rein optisch wahrnehmbaren Geschehnissen,

• Hilfe in krankheitsbedingten Stresssituationen z.B. durch Schaffung von Auszeiten, Rück-zugsmöglichkeiten, Anleitung von Entspannungsübungen (im Einzelfall und in enger Abspra-che mit der Lehrkraft Beglei-tung von Aufgaben und Zeiten außerhalb des Klassenverban-des bzw. der Lerngruppe).

ÂÂ Assistenz während der Pausen Unterstützung und/oder Anleitung

• bei der Gestaltung der Pausen-zeit (im Bedarfsfall durchgängig),

• bei der zeitlichen und örtlichen Orientierung,

• beim Essen, beim An- und Aus-kleiden, beim Toilettengang,

• bei der Kontaktaufnahme mit den Mitschüler*innen und Ver-mittlung in Konfliktsituationen,

• bei der Kommunikation

• zur Abwehr von eigengefähr-denden Verhalten, wie z.B. Weg-laufen aus dem Schulgebäude.

ÂÂ Assistenz bei Ausflügen, Schulver-anstaltungen und Klassenfahrten

• analog den Leistungen im Unter-richt und in den Pausenzeiten.

Die Notwendigkeit des Umfanges der Begleitung ist in der jeweiligen Konferenz (Teilhabe- oder Gesamt-plankonferenz, sonderpädagogi-scher Fach- oder Förderausschuss) zu erörtern und dem Grunde nach zu verabreden, so dass nicht jedes Mal ein neuer Antrag für die Eltern erforderlich wird.

ÂÂ Hilfen bei der Kommunikation während des gesamten Schulalltags

• Unterstützung beim Herstellen von Kontakten,

• Vermittlung in der Kommunika-tion und wecken von Verständ-nis für die Situation der Schü-ler*innen mit Behinderungen,

• Vermittlung in Konfliktsituatio-nen und Vermeidung von Eska-lation,

• Hilfe in der sozialen Interaktion,

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wie z.B. bei der Interpretation von Reaktionen von Lehrer*in-nen und Mitschüler*innen, im Verständnis und in der Anwen-dung sozialer Regeln und in der angemessenen Äußerung von Bedürfnissen.

ÂÂ Assistenz im Gesundheits- und Behinderungsbereich während des gesamten Schulalltags

• Hilfe zur Abwehr von eigenge-fährdenden Verhalten, wie z.B. Weglaufen aus dem Schulge-bäude,

• Hilfe in Situationen fremdge-fährdenden Verhaltens durch klare Grenzsetzungen,

• Unterstützung bei der Reduzie-rung von Stereotypen, Tics oder Zwängen in besonderer Aus-prägung durch z.B. Aufbau von Ritualen,

• Beobachtung und Beaufsichti-gung bei Anfallserkrankungen, o.ä.,

• Unterstützung bei der Ver-mittlung und Einbindung von therapeutischen oder behand-lungspflegerischen Leistungen in den Schulalltag.

ÂÂ Mobilität und Schulweg

• Assistenz auf dem Weg zur und von der Schule.

ÂÂ Sicherung des Schulalltags auch im familiären Umfeld

• Vor- und Nachbereitung für die Schule,

• Unterstützung bei der Siche-rung der Phase des ergänzen-den und offenen Lernens mit Mitschüler*innen,

• Vertiefung und Wiederholung von Lerninhalten,

• Leistungen aufgrund körper-licher Funktionseinschränkun-gen, Orientierungs- und Struk-turierungshilfen,

• Unterstützung und Anleitung beim Benutzen von Arbeits-mitteln und Unterrichtsmate-rialien, bei der Verwendung von Arbeitsmaterialien und behinde-rungsspezifischen Hilfsmitteln,

• Beschaffung von notwendigen Unterrichtsmaterialien,

• Hilfen bei der Kommunikation, z.B. Unterstützung beim Her-stellen von Kontakten.

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ÂÂ Indirekte Leistungen sind Leistun-gen, die geeignete organisatorische Rahmenbedingungen und eine Aus-einandersetzung mit inhaltlich-me-thodischen Aspekten der pädago-gischen Tätigkeit ermöglichen. Dazu gehören insbesondere:

• Erstkontakt und Beratung der Eltern,

• Koordinationsleistungen und Absprachen mit Lehrkräften und Eltern sowie weiteren Leis-tungserbringern,

• Sicherstellung des Informati-onsflusses,

• Dokumentationswesen und Er-örterung des Entwicklungsbe-richtes,

• Unterstützung bei den entspre-chenden Verfahren (Teilhabe-/Gesamtplanverfahren, sonder-pädagogische Fach- oder För-derausschussverfahren),

• Abstimmung mit den Lehrkräf-ten bezogen auf den individuel-len Unterstützungsbedarf,

• Anfahrtswege zum Einsatzort,

• Fall- und Teambesprechungen,

• Supervision,

• Qualitätssicherung, Planung und Reflexion der Abläufe,

• Kooperationen in der Region,

• Fortbildung einschließlich Lite-raturstudium,

• zeitliche und inhaltliche Planung des Einsatzes des Personals,

• Organisation von Vertretungs-kräften.

„Eine von der Erbringung von direkten Assistenzleitungen freigestellte Koordinations-

kraft soll auch den erforderlichen Vertretungsbedarf der Assistenzkräfte (z.B. bei Krank-

heit) im Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten organisieren. Damit soll

auch der Situation vorgebeugt werden, dass bei unvorhergesehener Abwesenheit der

Assistent*innen die Schüler*innen die Schule nicht besuchen können.“Erwin Drefs, Lebenshilfe Delmenhorst

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Die hier aufgeführten Leistungen sind nicht abschließend und dienen der Ori-entierung. Der Assistenzdienst erstellt in Abstimmung mit der Schule und in Zu-

sammenarbeit mit dem Kind mit Behin-derung bzw. den Eltern einen individuel-len Unterstützungs- und Assistenzplan. !

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6. Individuelle Ziele und Wirksamkeit der Assistenz

Mit dem Bundesteilhabegesetz werden neue Regelungen zur Steuerung und Prüfung der Eingliederungshilfe einge-führt. Für Menschen mit Behinderungen soll die Wirkung der Leistungen im Rah-men des Gesamtplanverfahrens56 und bei den Leistungserbringern die Wirk-samkeit von Leistungen im Rahmen des Vertragsrechtes57 geprüft werden.

Gesamtplanverfahren – Individualebene

Laut Gesetzesbegründung zum Bun-desteilhabegesetz soll die ICF-basierte Gesamtplanung der Steuerung, Wir-kungskontrolle und Dokumentation des Teilhabeprozesses mit der Zielsetzung dienen, zeitnah und flexibel auf verän-derte Bedarfe, Wünsche und Teilhabezie-le der Leistungsberechtigten zu reagie-ren. Im Gesamtplan sind die Maßstäbe und Kriterien der Wirkungskontrolle ein-schließlich des Überprüfungszeitpunktes abzubilden.58 Auf der Individualebene kann daher künftig eine Wirkungskon-

56 Artikel 12 § 144 SGB XII Bundesteilhabegesetz, ab 01.01.2020 § 121 SGB IX57 §§ 125 ff. SGB IX58 Artikel 12 § 144 Absatz 4 SGB XII Bundesteilhabegesetz, ab 01.01.2020 § 121 Absatz 4 SGB IX

trolle auf der Basis des Gesamtplanver-fahrens erfolgen.

Für die Schüler*innen mit Behinde-rungen und deren Eltern ist es daher wichtig, welche Teilhabeziele in Bezug auf die Teilhabe an Bildung und welche Kriterien zur Überprüfung der Ziele im Gesamtplan formuliert werden. Die Teil-habeziele sollten auf der Grundlage der individuellen Lebensentwürfe unter Be-achtung der Perspektiven und Wünsche der Schülerin oder des Schülers und der Eltern bestimmt und mit dem Träger der Eingliederungshilfe in der Gesamt-plankonferenz erörtert und abgestimmt werden. Auf keinen Fall sollten diese einseitig vom Träger der Eingliederungs-hilfe festgelegt werden. Denn, die Ziele haben Einfluss auf die Inhalte und die Leistungen der Schulassistenz. Kommt keine Einigung zustande, sollte der Dis-sens und insbesondere die Perspektive der Schülerin oder des Schülers und der Eltern festgehalten und eine Klärung ggf. im Widerspruchs- bzw. Gerichts-verfahren erfolgen. Zu beachten ist, dass die Ziele nicht nur primär auf mehr Selbstständigkeit, Befähigung und Res-sourcenerweiterung ausgerichtet sein dürfen, da es sonst zu einem reduzier-ten Teilhabe- bzw. Bildungsverständnis

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Für den Träger der Eingliederungshilfe wurden mit diesen Regelungen Steue-rungsmechanismen auf beiden Ebenen geschaffen. Dies stellt eine Herausforde-rung für alle Beteiligten dar, tragfähige Beteiligungs- und Kommunikationswe-ge sowie Verfahrenswege zu entwickeln, um Transparenz auf der Individual- und der Leistungserbringerebene herzu-stellen und tragfähige Lösungen zu er-reichen. Bei der Zielebestimmung ist zu berücksichtigen, dass individuelle Lebensperspektiven und damit verbun-dene menschliche Entwicklungen offen und in ihrem Verlauf nicht eindeutig vorhersehbar und planbar sind. Inter-ventionen führen nicht immer zu vorher-bestimmbaren Ergebnissen. Oft führen kleine Impulse zu nachhaltigen Verände-rungen, während minimale Veränderun-gen durchaus umfängliche Maßnahmen benötigen. Auch das Scheitern an Zielen, das Infrage stellen, das Verwerfen oder die Neuausrichtung von Zielen sowie Mut und Risikobereitschaft gehören zum normalen Leben. Dies muss in gleicher Weise für eine flexible und lebendige personenzentrierte Unterstützungsleis-tung gelten. Die Zielerreichung darf da-her nicht der absolute Maßstab für Wir-kung und Qualität sein.

kommen kann. Es ist daher wichtig, auch sogenannte Halteziele, z.B. das Aufhalten einer degressiven Entwicklung in den Blick zu nehmen.

Vertrags- und Vergütungsrecht – Leistungserbringerebene

Zukünftig sollen Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe in der Leistungsvereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer vereinbart werden.59 Parallel dazu werden im Lan-desrahmenvertrag die Grundsätze und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und Qualität, einschließlich der Wirksam-keit der Leistungen sowie Inhalt und Verfahren zur Durchführung von Wirt-schaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen vereinbart. Hierbei ist zu beachten, dass Wirkungserfolge von vielen – auch ex-ternen – Faktoren abhängig sind. Die Wirkung der Leistung kann deshalb nicht ausschließlich durch den Leistungser-bringer beeinflusst werden (vgl. 9. Ver-tragsrecht und Vergütung für Leistungs-erbringer).

59 § 125 SGB IX

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Problematisch ist derzeit, dass der Ge-setzgeber offengelassen hat,

• welche Kriterien zur Erreichung von „erreichbaren und überprüfbaren“ Teilhabezielen im Gesamtplan fest-gelegt werden sollen, die anschlie-ßend der Wirkungskontrolle unter-liegen60 und

• welche Maßstäbe und Kriterien zur Prüfung der vereinbarten Teilhabeleis-tungen angewendet werden sollen.61

60 Artikel 12 § 144 Absatz 4 SGB XII Bundesteil-habegesetz, ab 01.01.2020 § 121 Absatz 4 SGB IX61 § 128 SGB IX

Dies gilt in gleicher Weise für die Indi-katoren und für Verfahren im Sinne von Messmethoden zur Überprüfung der Zielerreichung bzw. Wirksamkeit von Teilhabe(-leistungen). Eine Regelung ist auf der Bundesebene bisher nicht zu er-warten. Daher ist Achtsamkeit bei den Rahmenvertragsverhandlungen und Einzelvereinbarungen geboten (vgl. 9. Vertragsrecht und Vergütung für Leis-tungserbringer).

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7. Rollenklärung und vereinbarte Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit aller Beteiligten be-ginnt mit der Antragstellung und muss über den gesamten Zeitraum der Umset-zung gelten. Nur so kann der Assistenz-bedarf regelmäßig reflektiert, bespro-chen und, wenn notwendig, angepasst werden. Schulassistenz ist keine zusätz-liche und losgelöste Unterstützungs-maßnahme im Eins zu Eins-Verhältnis zwischen Kind und Assistenz. Schulassis-tenz und Schule verfolgen gemeinsame Ziele, z. B. Teilhabe an Bildung zu sichern und dem Kind in diesem Rahmen opti-male Lernbedingungen und Lernerfolge auf der Grundlage seiner individuellen Möglichkeiten und Ressourcen zu ver-schaffen.

Der Einsatz der Schulassistenz trägt dazu bei, dass Schüler*innen mit Behinde-rungen nicht abseits vom Klassenalltag stehen und nicht vom gemeinsamen Unterrichtsgeschehen isoliert werden. Dennoch besteht die Gefahr der Isola-tion, weil Lehrkräfte oder Mitschüler*in-nen sich darauf verlassen, dass sich die Assistenzkraft um die Schülerin oder den Schüler mit Behinderungen kümmert, was konzeptionell beim Einsatz der As-sistenz bedacht werden muss.

Damit Schüler*innen ihren persönlichen Weg finden, der nicht immer identisch mit den Vorstellungen der Eltern, Lehren-den oder Assistenzkräfte sein muss, und ihre Bildungsziele erreichen können, sind alle Akteure in der Verantwortung (Eltern, Schule, Mitschüler*innen, Assistenz).

Unser Kind macht beim Sportunterricht mit, mit Unterstützung der Schulhelferin. Wenn

die Schulhelferin beim Umziehen helfen will, was nötig ist, muss sie dies im Klassenzim-

mer machen und darf nicht mit in die normale Umkleidekabine. Argument der Schule:

„Wegen Prävention von sexuellen Übergriffen dürfe gar kein Erwachsener beim Um-

ziehen der Kinder dabei sein. Auch keine Lehrkraft. Die darf allenfalls den Kopf zur Tür

hereinstrecken“. Wenn unser Kind sich mit den anderen Kindern umziehen möchte, was

sein unbedingtes Ziel ist und dem Inklusionsgedanken entspricht, ist es auf die Hilfe

von Mitschüler*innen angewiesen, während die Schulhelferin vor der Tür warten muss!

Eltern, Berlin

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Aus Sicht der Eltern sind im Wesentlichen das Wohlbefinden ihrer Kinder, die best-mögliche Förderung, das Eingebunden sein in die Klassengemeinschaft und die individuelle (schulische) Entwicklung von herausragendem Interesse. Sie möchten i.d.R. möglichst viel über den Schulalltag erfahren. Zu beachten ist, dass die Fest-stellungen über die verfügbaren und aktivierbaren Selbsthilferessourcen im Gesamtplan festzuhalten sind.62 Die Res-sourcen der Familie sind im Schulalltag –

62 Artikel 12 § 144 Absatz 4 Nr. 3 SGB XII Bundesteilhabegesetz, ab 0101.2020 § 121 Absatz 4 Nr. 3 SGB IX

auch am Nachmittag – durch Unterstüt-zungsleistungen zu stärken.

Die Schule hat den jeweiligen gesetz-lichen Bildungs- und Erziehungsauftrag für alle Schüler*innen umzusetzen. Das betrifft die allgemeinen curricularen Vorgaben und die besonderen, lernziel-differenten Anforderungen einzelner Schüler*innen. In Kooperation zwischen Lehrkraft und Schulassistenz sind Unter-stützungskonzepte abzustimmen und im Unterrichtsgeschehen unterstützend einzubringen.

Schulassistent*innen geraten immer wieder zwischen die Mühlräder Eltern – Lehrkraft – Arbeitgeber

Unseren Mitarbeiter*innen finden immer wieder die Situation vor, dass sie derzeit häufig im „geschlossenen“ System Schule tätig werden sollen. Für die zwingend notwendige Ko-operation gibt es bei uns leider bisher keine Regelwerke. Z.B. ist der Auftrag der Einglie-derungshilfe individuell auf die*den jeweiligen Schüler*in gerichtet und dennoch müssen eine Orientierung und Einbindung in die Klasse und das Schulsystem sichergestellt wer-den. Um dies zu ermöglichen, ist es unerlässlich, dass die Schulassistent*innen in einem definierten Umfang in die Unterrichtsplanung und die Abläufe der Klasse und der Schule eingebunden sind. Transparente Vereinbarungen sind zwischen dem Leistungserbringer und dem Schulträger oder der Schule einerseits und dem Leistungserbringer und den El-tern (als Antragsteller*innen) andererseits abzuschließen. Zusätzlich muss den jeweiligen Mitarbeitenden der Schulassistenz ein klares Verantwortungs- und Aufgabenprofil vom Leistungserbringer (Arbeitgeber) zur Verfügung gestellt werden. Als Anbieter arbeiten wir derzeit an solchen Regelwerken, was ein umfangreiches Unterfangen darstellt. Denn wenn sie tragfähig sein sollen, sind sie im Konsens mit allen Beteiligten zu erarbeiten.

Erwin Drefs, Lebenshilfe Delmenhorst

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Um eine optimale Förderung im Sinne der Leistungsberechtigten zu gewähr-leisten, ist eine strukturell angelegte Kooperation unabdingbar. Dies muss so-wohl auf der Ebene der einzelnen Schüler*innen als auch auf der institutionel-len Ebene gesichert sein.

Auf der Ebene der einzelnen Schüler*innen müssen neben den Maßnahmen zur Unterstützung, die Informations- und Kooperationsformen zu Hilfebeginn mit den wesentlichen Akteuren vereinbart werden. Im gesamten Prozess sollten deren Handlungen, Einschätzungen sowie Erwartungen reflektiert und auf Grundlage dessen die Ziele der Schulassistenz fortgeschrieben werden.

Auf der institutionellen Ebene müssen Rolle und Aufgabenfeld von Schulassis-tenz in der Struktur der Schule abgestimmt werden. Inhalte einer abzuschlie-ßenden Kooperationsvereinbarung sollten sein: die Formen der Zusammen-arbeit, die jeweiligen Aufgaben in den unterschiedlichen Funktionen und die strukturell zu gewährleistenden Kooperationszeiten.

Damit wird das gemeinsame Vorgehen nicht nur transparent, sondern kann von allen Beteiligten getragen werden. Weisungs- und Dienstaufsichtsrechte bleiben davon unberührt (vgl. 3.7 Weisungs- und Dienstaufsichtsrecht).

Leistungserbringer der Assistenz arbei-ten im Auftrag der Eingliederungs- oder Jugendhilfeträger. Ihre Arbeit ist indi-viduell und am Bedarf der jeweiligen Schüler*innen als Einzel- oder Poolleis-tung ausgerichtet. Die Schulassistent*in-nen haben einen intensiven Kontakt zum Kind bzw. Jugendlichen und zu den Eltern und wollen deren Vorstellun-gen von der Schulassistenz Rechnung

tragen. Dies kann zu Konflikten führen, wenn diese nicht mit den Rahmenbe-dingungen der Schule übereinstimmen. Um die Unterstützung in der Struktur der jeweiligen Schule effektiv leisten zu kön-nen, muss in einem definierten Umfang eine Einbindung der Mitarbeitenden der Schulassistenz in die Unterrichtspla-nung und die Abläufe der Klasse bzw. der Schule und deren Gremien erfolgen.

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8. Fachkräfte

Die Schulassistenz kann je nach Be-darf im Einzelfall durch Fachkräfte oder Nichtfachkräfte erbracht werden. Der Einsatz von Fachkräften ist erforderlich, wenn es sich bei den Maßnahmen zur Unterstützung überwiegend um (heil)pädagogische Tätigkeiten handelt. Dies ist insbesondere bei Schüler*innen mit Mehrfachbehinderungen, stark heraus-fordernden Verhaltensweisen, allen For-men des Autismusspektrums oder mit einem hohen Bedarf an Kommunika-tionsunterstützung der Fall.

Die Anforderungen für die Assistenzkraft werden im Rahmen des Teilhabe- oder Gesamt- bzw. Hilfeplanverfahrens er-mittelt und bestimmt. Qualifizierte Fach-kräfte können z. B. Heilpädagog*innen, Sozialpädagog*innen, Heilerziehungs-

Einarbeitungsphasen sind notwendig!

„Unsere Mitarbeiter*innen benötigen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit als Schul-Assis-

tent*innen eine intensive Einarbeitung und Vorbereitung sowohl von uns als Arbeit-

geber als auch von der Schule als Tätigkeitsort. Diese Einarbeitungsphase unterliegt

Standards, die wir derzeit gemeinsam mit den jeweiligen Schulen erarbeiten und ab-

stimmen. Als Anbieter arbeiten wir derzeit an der Anpassung unserer Stellenbeschrei-

bung, die für die Mitarbeitenden handlungsleitend sind.“ Erwin Drefs, Lebenshilfe Delmenhorst

pfleger*innen, Erzieher*innen, Sozial-arbeiter*innen oder Dolmetscher*innen für Schüler*innen mit Höreinschränkun-gen sein.

Nichtfachkräfte sind durch geeignete Maßnahmen vom Anbieter der Schul-assistenz zu qualifizieren. Behandlungs-pflegerische oder therapeutische Maß-nahmen dürfen nur von entsprechenden Fachkräften zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeführt wer-den.

Die Koordination der Schulassistenz er-folgt durch eine Fachkraft. Der Anbieter der Schulassistenz gewährleistet eine entsprechend fachgerechte Anleitung, Begleitung und Fortbildung der einge-setzten Kräfte.

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Zunehmend kommen auf Drängen der Kommunen Freiwillige aus dem Freiwil-ligen Sozialen Jahr (FSJ) oder Bundesfrei-willigendienst (BFD) als Schulassistenzen zum Einsatz, um Kosten zu sparen. In der Regel handelt es sich dabei nicht um Fachkräfte. Der Einsatz ist nur im Aus-nahmefall gerechtfertigt, wenn dies dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern und dem individuellen Bedarf der Schüler*in-nen entspricht und somit der bestehen-

Für Assistenzkräfte gilt, keine prekären Beschäftigungsverhältnisse zu verein-baren. Aufgabe der öffentlichen Hand ist es u.a., prekäre Beschäftigungsver-hältnisse zu vermeiden, was auch für zeitlich befristete Arbeitsverträge gilt. Assistenz, die im Rahmen von Personalüberlassung organisiert wird, birgt Ri-siken. Diese betreffen insbesondere das Verfahren bei der Organisation der Leistungserbringung und die Leistungserbringung selbst, da in der Umsetzung multiprofessionelle Teams und Kontinuität erforderlich sind.

de Rechtsanspruch nicht eingeschränkt wird. Freiwillige dürfen an dieser Stelle nicht als kostengünstige Lösung in-klusiver Beschulung instrumentalisiert werden. Die Arbeitsmarktneutralität ist durch die „Zusätzlichkeit“ der Tätigkeit zu gewährleisten (vgl. 11.2 Paritätische Handlungsempfehlung zur Schulbeglei-tung in den Paritätischen Freiwilligen-diensten).

Wenn Katheterisieren, eine Notfallspritze bei Allergiekindern oder das Spritzen bei Dia-betikerkindern nur von Fachpersonal ausgeführt werden darf, ist das leider ein gutes Argument für Schulen, diese Kinder wieder in „Sonderschulen“ abzuschieben.

Eltern, Berlin

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9. Vertragsrecht und Vergütung für Leistungserbringer

Die bisherigen Leistungen der Eingliede-rungshilfe und damit auch das Vertrags-recht gelten bis zum 31.12.2019.63 Ab dem 01.01.2020 gelten die Bestimmungen der Eingliederungshilfe im SGB IX.64 Um die-ses entsprechend vorzubereiten, können seit dem 01.01.2018 die Leistungen und Vergütungen für die ab 2020 geltende Eingliederungshilfe verhandelt werden.

Die Neuerungen im Vertragsrecht65 ent-halten u.a. folgende Regelungen:

ÂÂ Die Leistungs- und Vergütungsverein-barung werden zu einer Vereinbarung zusammengefasst. Die Prüfungsver-einbarung wird abgeschafft und ein gesetzliches Prüfrecht des Trägers der Eingliederungshilfe eingeführt.

ÂÂ Die Wirksamkeit wird Teil der Quali-tät. Aussagen dazu sind Bestandteil der Leistungsvereinbarung.

ÂÂ Die Vergütungskürzung oder Kün-digung des Vertrages sind möglich, wenn bei der Qualitätsprüfung eine Leistung festgestellt wird, die zwar Bestandteil der Vereinbarung, aber vermeintlich unwirksam ist.

63 §§ 53/54 SGB XII gem. § 75 SGB XII64 Teil 2 „Besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen“ SGB IX65 Kapitel 8, §§ 123ff. SGB IX

ÂÂ Die Leistungsvereinbarung wird schiedsstellenfähig.

ÂÂ Zur Vergütungsfindung wird der modifizierte externe Vergleich ein-geführt. Vergütungen, die im Ver-gleich mit Vergütungen vergleich-barer Leistungserbringer im unteren Drittel liegen, sind danach per se wirtschaftlich angemessen. Darüber liegende Vergütungen können wirt-schaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem hö-heren Aufwand des Leistungserbrin-gers beruhen und wirtschaftlicher Betriebsführung entsprechen.

ÂÂ Die Entlohnung des Personals nach Tarif oder nach kirchlichen Arbeits-regelungen kann nicht als unwirt-schaftlich vom Leistungsträger abgelehnt werden, soweit die Ver-gütung aus diesem Grunde ober-halb des unteren Drittels liegt.

ÂÂ Die Leistungserbringer werden zur Umsetzung des Gesamtplans ver-pflichtet, der künftig auch Aussagen zu den Maßstäben und Kriterien der Wirkungskontrolle, einschließlich des Überprüfungszeitpunkts enthält.

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Auch wenn die Vergütung allgemein im Vergleich mit anderen Anbietern auf der Basis des unteren Drittel erfolgen soll, ist darauf zu achten, dass die Leistung in einem ersten Schritt unabhängig von der Vergütung bewertet wird. Es können zunächst nur vergleichbare Qualitäten für den externen Vergleich herangezo-gen werden. Erst dann können in einem zweiten Schritt auch die Vergütungen verglichen werden. Die qualitative Arbeit muss unabhängig von der Vergütung be-wertet und für den externen Vergleich dürfen nur vergleichbare Leistungen her-angezogen werden. Nach Auffassung des Paritätischen besteht bei der Vergütungs-findung die Gefahr, dass sich der Preis auf

Grund der neuen Regelung nach unten bewegen wird.66 Für Leistungsanbieter, die auf tarifliche Vergütungen verzichten, kann dies problematisch werden.

In der Vergütung der Leistung sind der Umfang der Leistungen, die Qualifika-tion des einzusetzenden Personals, Tarif-verträge, betriebliche Vereinbarungen, Sozialversicherungspflicht, sowie Sach- und Overheadkosten angemessen zu berücksichtigen.

Bestandteil der Vergütung sind auch Fahrtkosten zum Einsatzort. Ein beson-

66 § 124 Absatz 1 SGB IX

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Daher empfiehlt sich ein „Mischkosten-satz“, in dem Kosten für Fachkräfte und andere Kräfte einfließen. Sollte dennoch eine Differenzierung vorgenommen werden, kann diese wie folgt gestaltet werden:

ÂÂ qualifizierte Assistenz Studium/Hochschulstudium

ÂÂ qualifizierte Assistenz Berufsausbildung

ÂÂ einfache Assistenz ohne Ausbildung

Bei der Vergütung sind auch Freihalte-regelungen z. B. bei Krankheit der Schü-ler*innen mit Behinderungen zu berück-sichtigen.

Vergütungen sind auf Grund von gestiegenen Anforderungen anzupassen!

„Positiv sehen wir, dass die Vergütung bei uns jährlich auf der Grundlage der Ergebnis-

se der Tarifverhandlungen angepasst wird. Allerdings gibt es bei diesen Vergütungs-

verhandlungen keinen Spielraum für eine Anpassung der Vergütung in Hinblick auf die

Veränderungen notwendiger Strukturen, z. B. laufende Fortbildungen, steigendende An-

forderungen bei den Inhalten und den Koordinationsaufgaben zwischen Schule, Assis-

tent*innen und Leistungsanbieter. Damit verbunden sind derzeit Lücken und Unterfinan-

zierung bei den Leistungen und in der Folge unbefriedigende prekäre Beschäftigungen.“

Erwin Drefs, Lebenshilfe Delmenhorst

deres Augenmerk ist auf den Koordina-tionsaufwand, die Beteiligung an Teilha-be- und Gesamtplanung, die Team- und Dienstbesprechungen, die Ausfallzeiten der Einsatzkräfte, Anfahrtswege sowie die Nutzung von Fortbildungen zu le-gen. Bestandteil der Leistung- und Ver-gütungsvereinbarung sind somit direkte und indirekte Assistenzleistungen (vgl. 5. Aufgaben und Inhalt der Leistung).

Die Vergütung kann in Form von Stunden und in Form von Pauschalen im Rahmen der individuellen oder gemeinsamen Leistungserbringung erfolgen. Eine Un-terscheidung zwischen qualifizierter und einfachen Assistenz ist in der Leistungs-erbringung im Schulalltag in der prakti-schen Umsetzung kaum möglich.

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10. Ausblick Im föderal angelegten schulischen Bil-dungssystem der Bundesrepublik stellt es sich als eine besondere Herausfor-derung dar, den Weg zu einem inklusi-ven System mit bundesweit gleichen Zugangsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen zu ge-stalten. Bei genauer Betrachtung kön-nen heutige Reformbestrebungen in den Ländern noch nicht unter dem Begriff Inklusion gefasst werden. Der Zugang zu einem auf Separation ange-legten Schulsystem besteht weiterhin, was unter anderem mit den vielfach dis-kutierten Problemen verbunden ist, wie beispielsweise eingeschränkte Wunsch- und Wahlrechte und mangelnde Bar-rierefreiheit, fehlende Konzepte zum ge-meinsamen Lernen, nicht ausreichende Vorbereitung und Schulung bzw. Weiter-bildung für Lehrkräfte und zu wenig Res-sourcen für Lehrkräfte der Sonderpäda-gogik im Regelsystem.

Eine inklusive Schule ist dagegen als eine Schule für ALLE zu gestalten und mit entsprechenden Ressourcen auszu-statten. In einem solchen System ist die individuelle Unterstützung durch geeig-nete Maßnahmen sicherzustellen. Dazu gehören neben der ausreichenden Aus-stattung mit Lehrkräften auch weitere

Vorkehrungen, wie beispielsweise um-fassende Barrierefreiheit, systemische Unterstützung durch weiteres Personal und eine Öffnung und enge Verzahnung der Schule mit Angeboten im Gemein-wesen. Ein so gestaltetes Schulsystem kann Schüler*innen mit Behinderungen sowie mit schulischem Förderbedarf die notwendige Unterstützung weitgehend zur Verfügung stellen.

Das Recht auf schulische Bildung und Teilhabe ist im Sozialgesetzbuch Neun Rehabilitation und Teilhabe normiert. Dieses muss bis zur Übernahme der Ver-antwortung im Schulsystem von den Trägern der Eingliederungs- und Ju-gendhilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen im Rahmen der indi-viduellen Rechtsansprüche gedeckt wer-den. Um diesen Rechtsanspruch bedarfs-gerecht zu gestalten, bedarf es eines Konzeptes, das von allen Beteiligten ge-tragen wird. Der Schulassistenz kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Für die Ausrichtung der Schulassistenz und die Umsetzung in der Praxis braucht es aus Sicht des Paritätischen eine bejahen-de Haltung zur inklusiven Bildung, ent-sprechende Rahmenbedingungen und eine gemeinsame Verantwortungsüber-nahme aller Beteiligten.

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ÂÂ Die Umsetzung der UN-Behinderten-rechtskonvention ist nicht verhandel-bar. Sie setzt zentrale Vorgaben und Maßstäbe zur Verwirklichung der inklusiven Bildung und gesellschaft-lichen Teilhabe für Menschen mit Behinderungen. Für Schüler*innen mit Behinderungen und von Behin-derung bedrohte Schüler*innen ist ein diskriminierungsfreier Zugang zu einem hochwertigen inklusiven Bil-dungssystem und das Recht auf eine gleichberechtigte inklusive Bildung zu gewährleisten und zu sichern.

ÂÂ Für die Leistung und die Auswahl des Anbieters gelten das Wunsch- und Wahlrecht, was von den Rehabilitati-onsträgern und der jeweiligen Schu-le zu akzeptieren ist. Der individuelle Bedarf der Schüler*innen muss Ent-scheidungsgrundlage dafür sein, ob die notwendige Unterstützung durch individuelle Assistenz erfolgt oder ob ein Unterstützungssystem für eine Gruppe (mehrere Schü-ler*innen mit Behinderungen oder alle Schüler*innen eines Klassenver-bandes) hilfreicher ist.

ÂÂ Eltern brauchen eine Beratung, die die Interessen des Kindes mit Behin-derungen und der Familie stärkt. Be-

ratung muss daher unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Interessen sein. Fachlichkeit und Vertraulichkeit der Beratung sind zu gewährleisten.

ÂÂ Schulassistenz ist ganztägig und un-abhängig vom Lernort zu gewähren und zu sichern. Sie ist in die jeweili-ge Struktur (Familie, soziales Umfeld und Schule) zu integrieren. Teilha-be an Bildung ist nicht nur auf die Teilnahme am Unterricht begrenzt. Schüler*innen mit Behinderungen dürfen von informellen Bildungsfor-men im nachbarschaftlichen Umfeld oder am Nachmittag mit anderen Schüller*innen nicht aus Kosten-gründen ausgeschlossen werden.

ÂÂ Therapie und Behandlungspflege (gem. SGB V) sind am Ort des Leis-tungsgeschehens von der Kranken-versicherung sicherzustellen und Eltern bei der Umsetzung dieser Leistungen zu unterstützen.

ÂÂ Die Pflegeleistungen gem. SGB XI sind Leistungen für die Absicherung der Pflege im häuslichen Bereich und können bzw. dürfen daher nicht für die schulische Assistenz einge-setzt werden.

Ein eindeutiges „Ja“ für inklusive Bildung!

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ÂÂ Die Rollen- und Aufgabenklärung zwischen Schulassistenz und Schu-le und die Zusammenarbeit werden schriftlichen im Sinne von Koopera-tionsvereinbarungen festgehalten. Eine Einbindung der Leistungserbrin-ger in das System Schule und Zeit für Absprachen und Koordination sind notwendig, die sowohl den Assis-tenzkräften als auch den Lehrkräften zur Verfügung gestellt werden muss.

ÂÂ Während der gesamten Schulzeit fin-den regelmäßig Teilhabeplan- oder Gesamtplanverfahren bzw. sonder-pädagogische Fach- oder Förderaus-schussverfahren statt, weil so eine individuelle Anpassung möglich wird. Die Leistungsberechtigten, die Eltern, die Schule (ggf. auch überregionale Förderzentren), der Leistungsanbieter und, sofern gewünscht, eine Person des Vertrauens sind daran zu beteili-gen. Die Verfahren sind anschlussfä-hig und kompatibel miteinander zu verzahnen, so dass Schüler*innen mit Behinderungen und Eltern nicht zu-sätzlich belastet werden.

ÂÂ Die Qualität der Schulassistenz muss durch Fachkräfte und durch umfas-sende bedarfsdeckende Leistungen gesichert werden. Assistenzkräfte

müssen fachlich geeignet sein. Ihre Qualifikationen richten sich nach dem Bedarf und den individuellen Beeinträchtigungen der Schülerin*in-nen. Andere Kräfte sind durch geeig-nete Maßnahmen zu qualifizieren.

ÂÂ Auf ein Schuljahr begrenzte Be-schäftigungsverhältnisse bei Assis-tenzdiensten werden abgelehnt. Mitarbeitende in der Schulassistenz haben Anspruch auf unbefristete Beschäftigung, tarifliche Entloh-nung, Urlaub und Vergütung im Krankheitsfall. Beschäftigungsver-hältnisse dürfen nicht prekär sein. Schulassistenz braucht multiprofes-sionelle Teams und Kontinuität bei den Mitarbeitenden.

ÂÂ Das Persönliche Budget fördert Selbstbestimmung, allerdings gilt auch hier: eine ausreichende und auskömmliche Leistungsbewilligung ist notwendig, weil auch Budget- assistent*innen sich nicht auf prekä-re Beschäftigung einlassen können.

ÂÂ Die Vergütungen müssen den Leis-tungen entsprechen. Der Aufwand für die Koordination der Leistungen muss ebenso wie die Freihalterege-lung oder Fahrtkosten Bestandteil der Vergütung sein.

Rahmenbedingungen, die inklusive Bildung fördern!

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ÂÂ Studiengänge z.B. zur inklusiven Bil-dung sind an den Universitäten und Hochschulen auszubauen.

Eine gemeinsame Verantwortungsübernahme der Kultusministerien und der Rehabilitationsträger und für inklusive Bildung!

ÂÂ Die Schulträger und die Eingliede-rungshilfe- bzw. Jugendhilfeträger müssen den Prozess kooperativ ge-stalten. Hierfür sind verbindliche Re-gelungen auch in den Schulgeset-zen der Länder zu schaffen.

ÂÂ Eltern müssen über die Leistungen auch auf der Grundlage unterschied-licher Sozialgesetzbücher aufgeklärt und bei der Umsetzung unterstützt werden, um notwendige Leistungen für ihr Kind absichern zu können.

ÂÂ Bei der Ermittlung des Assistenzbe-darfes ist es erforderlich, die verschie-denen Perspektiven einzubeziehen: von den Schüler*innen, den Eltern, der Schule und dem Leistungserbringer.

ÂÂ Die Unterstützungsleistungen sind auch für das Folgeschuljahr anzuer-kennen, auf ein neues Antragsverfah-

ren ist zu verzichten und die Assistenz bei Veranstaltungen der Schule ohne zusätzlichen Antrag zu gewähren.

ÂÂ Inklusive Bildung darf nicht zu ei-nem Instrument der Sparpolitik und der wirtschaftlichen Leistungsbe-grenzung führen.

In einer zukünftigen und in den Bundes-ländern noch zu gestaltenden inklusiven Schule übernimmt die Schule die Verant-wortung und sichert den Rechtsanspruch auf Teilhabe an Bildung auf der Grundlage des individuellen Bedarfes der Schüler*in-nen ab. Bis dahin ist die Schulassistenz eine unabdingbare Leistung zur Teilhabe an Bil-dung im Rahmen des SGB IX. Daher ist die Schulassistenz eng mit dem schulischen Angebot zu verzahnen und im Sinne der Kinder und Jugendlichen mit Behinderun-gen sowie der Eltern umzusetzen.

ÂÂ Die Kostenvorbehalte in den Landes-schulgesetzen sind abzuschaffen.

Die Gestaltung der inklusiven Schule ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten! Inklusive Bildung bedarf in einem steten Prozess Engagement, An-passungsfähigkeit und Toleranz, verlangt eine neue Haltung, kostet Mühe und Geld. Hierfür sind Ressourcen bereitzustellen!

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11. Anlagen11.1 Rechtsprechung und rechtliche Einschätzungen

Wunsch- und Wahlrecht in Bezug auf die SchulformAusgangslage zur Kostenübernahme für Schulassistenz durch den Sozialhilfeträger war die Diskussion, in wie weit das System Schule, (vorrangig) im Sinne der UN-Behinderten-rechtskonvention verpflichtet ist, Verantwortung für die Sicherstellung und Finanzierung zu übernehmen und die angemessenen Vorkehrungen für die gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderungen zu treffen. Hierzu gibt es zwei höchstrichter-liche Urteile, die sich wie ein roter Faden durch die gesamte Rechtsprechung ziehen:

• Bereits 2007 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass der Sozialhil-feträger die auf dem schulrechtlichen Wahlrecht beruhende Entscheidung der Eltern für die inklusive Beschulung ihres Kindes zu respektieren hat. (Bundesver-waltungsgericht, 26.10.2007 - 5 C 34.06 / 5 C 35.06). Er darf weder unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit, noch aus finanziellen Gründen (Nachrang-grundsatz, Mehrkostenvorbehalt) auf die Förderschule verweisen. Mittlerweile ist in den Schulgesetzen mehrerer Länder die inklusive Beschulung als Regelfall ausgewiesen, es besteht ein einseitiges Wahlrecht der Eltern zur Förderschule.

• Daher gilt auch beim Schulrecht: Eine Zuweisung zur Förderschule darf nur noch in hinreichend und besonders begründeten Ausnahmefällen erfolgen, ansons-ten verstößt sie gegen das Benachteiligungsverbot von Art. 3 GG (VG Arnsberg, 26. 1. 2015 - 10 L 1403/14 -/OVG Magdeburg, 20.11.2013 - 3 M 337/13 -/OVG Baut-zen, 6.1.2015 - 2 B 95/14).

Rechtslage SchulwegbegleitungWer für die Schulwegbegleitung zuständig ist, ergibt sich aus den landesgesetzlichen Regelungen. In den Schulgesetzen der Länder findet sich häufig keine Regelung dazu, dafür aber in eigenen Landesverordnungen, welche die Schülerbeförderungskosten den Stadt- und Landkreisen als Schulträger zuweisen. Fehlt es jedoch an der Sicher-stellung der Schulwegbegleitung durch die Schule, dann tritt auch hier die Eingliede-rungshilfe im Rahmen der Hilfen zur angemessenen Schulbildung als Leistungsträger ein (BVerwG 19.09.1992 – 5 C 7/87, NDV 1993, 197). § 22 Eingliederungshilfeverordnung (EinglH-VO) gibt vor, dass – sofern die Maßnahmen der Eingliederungshilfe die Beglei-tung des behinderten Menschen erfordern – auch die notwendigen Fahrtkosten und

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die sonstigen mit der Fahrt verbundenen notwendigen Auslagen der Begleitperson so-wie ggf. weitere Kosten der Begleitperson, soweit diese nach den Besonderheiten des Einzelfalls notwendig sind, mit zu übernehmen sind (Schellhorn u.a./Schneider EinglH-VO §22 Rn.1; vgl. auch: Schönecker, Lydia/ Meysen, Thomas (2017): Zwischen Baum und Borke? Rechtsfragen der Praxis in der Schulbegleitung in: RdJB 2/2017 S. 173ff. (S. 188))

Rechtslage HausaufgabenbetreuungZur Hausaufgabenbetreuung sind Eltern, wenn kein außerhäusliches Angebot der Ganztagsschule oder des Hortes o.ä. wahrgenommen wird, verpflichtet. Sind Eltern nicht bereit und/oder in der Lage, ihrem behinderten Kind eine ausreichende Haus-aufgabenbetreuung zu gewährleisten, ist zu prüfen, inwieweit dies eine Beeinträchti-gung der Teilhabe an einer angemessenen Schulbildung darstellt. Das Kind oder den Jugendlichen auf den Vorrang der Selbsthilfe zu verweisen (§ 2 Absatz 1 SGB XII), ist unzulässig, wenn die vorrangige elterliche Verantwortung mangels ausreichender Ka-pazitäten oder Fähigkeiten nicht aktiviert werden kann. Die hypothetische Selbsthil-femöglichkeit besteht somit nicht und ist für das Kind in tatsächlicher Hinsicht nicht durchsetzbar. Schönecker, Lydia/ Meysen, Thomas (2017): Zwischen Baum und Borke? Rechtsfragen der Praxis in der Schulbegleitung in: RdJB 2/2017 S. 173ff. (S. 188))

Leistungsanspruch und Umfang gegenüber dem Eingliederungshilfeträger 2012 hat das Bundessozialgericht (22.3.2012 – B 8 SO 30/10 R -) entschieden, dass die Eingliederungshilfe die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasst, wenn diese Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen den Schul-besuch im Rahmen der allgemeinen Schule zu ermöglichen. Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist deshalb in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule eine entsprechen-de Hilfe nicht gewährt, ja sogar darauf verweist, sie nicht erbringen zu können. Die Tätigkeiten des Schulbegleiters müssen dabei nicht in pädagogische, nichtpädago-gische oder begleitende Maßnahmen unterschieden werden, da alle Maßnahmen in Betracht kommen, die im Einzelfall zur Ermöglichung einer angemessenen Schulbil-dung beitragen. Hiervon ist nur der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule (Wissensvermittlung) abzugrenzen. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts hat den Rang eines leitenden Rechtsgrundsatzes und wird somit in alle weiteren Verfah-ren als Entscheidungsgrundlage herangezogen. Auch in seinem neuesten Urteil von

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9. Dezember 2016 wiederholt sich das Bundessozialgericht in seiner Auffassung (- B 8 SO 8/15 R - JAmt 2017, 266 (268)).

2018 hat der 8. Senat des Bundessozialgerichts in zwei Verfahren entschieden, dass behinderte Kinder gegen den Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer (Schulbegleiter) als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch für Angebote der Nachmittagsbetreuung in einer Offenen Ganz-tagsschule haben können. (B 8 SO 4/17 R und B 8 SO 7/17 R, vgl. Pressemeldung https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2018/2018_52.html)

Teilhabe oder Pflege Zur Frage der Zuständigkeit des Trägers der Eingliederungshilfe oder der Kranken-versicherung bei einer schwerbehinderten und pflegebedürftigen Schülerin hat das Sozialgericht in Darmstadt 2018 einen Beschluss gefasst: Demnach handelt es sich in der Zielsetzung der Hilfe eindeutig um die Hilfe zur angemessenen Schulbildung und ist somit Teil der Eingliederungshilfe. Darunter fallen alle Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, den Schulbesuch überhaupt zu ermöglichen. Es wurde glaub-haft gemacht, dass das Teilhabeziel mit den Möglichkeiten der Förderschule allein nicht erreicht werden kann, somit eine Teilhabeassistenz erforderlich ist. Es besteht kein subjektiv-rechtlicher Anspruch auf eine zusätzliche Bereitstellung von Lehr-kräften durch das Land, daher muss der erforderliche 1:1 Betreuungsbedarf durch den Sozialhilfeträger mithilfe der Teilhabeassistenz abgedeckt werden (Nachrang-grundsatz). Die Teilhabeassistenz betrifft nicht den Kernbereich der pädagogischen Tätigkeit, darüber hinaus dürfen die pflegerischen Aufgaben vom Lehrpersonal des Landes nicht ausgeführt werden. Die pflegerische Tätigkeit ist auch klar abzugrenzen von der medizinischen Rehabilitation. Die Pflegeleistung ist auch nicht Teil der Be-handlungspflege, denn diese darf nur von Ärzten bzw. durch medizinisches Personal auf Anordnung des Arztes durchgeführt werden. Wichtig ist der Leistungszweck: Beide Leistungen, Pflege und Teilhabe, können sich überschneiden. Hier ist jedoch ausschlaggebend, dass die Klägerin die Schule nicht besuchen kann ohne die pflege-rische Leistung. Somit erfüllen beide Leistungen den Zweck der Hilfe zur Teilhabe und fallen damit unter die Eingliederungshilfe (Darmstadt, Beschluss vom 12.10.2018 - S 17 SO 124/18 ER).

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11.2 Weiterführende Informationen und Links

• Schwerpunkt: Bundesteilhabegesetz https://www.der-paritaetische.de/schwerpunkte/bundesteilhabegesetz

Rechtliche Aspekte

• UN-Behindertenrechtskonvention, Artikel 24 https://www.behindertenrechtskon-vention.info/bildung-3907/

• Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9_2018/

• Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/

• International Classification of Func-tioning, Disability and Health (ICF) eine Klassifikation der Weltgesund-heitsorganisation (WHO) https://www.dimdi.de/dynamic/de/klassifikationen/icf/

• Bio-psycho-soziales Modell https://www.bar-frankfurt.de/ rehabilitation-und-teilhabe/ qualitaet-in-der-rehabilitation/icf/grundlagen-der-icf/das-bio-psy-cho-soziale-modell/

• Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege https://www.g-ba.de/richtlinien/

Das BundesTEILHABEgesetz umsetzen.

Vorfahrt für Partizipation!

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Paritätische Positionen

• Paritätisches Positionspapier zur inklusiven schulischen Bildung Zur Umsetzung des Übereinkom-mens über die Rechte von Men-schen mit Behinderungen in der Schule (2010) https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwer-punkte/Bundesteilhabegesetz/doc/Positionspapier_Inklusion.pdf

• Paritätische Stellungnahme zu den KMK-Empfehlungen „Inklusive Bildung von Kindern und Jugend-lichen mit Behinderungen in Schulen (2011) https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwer-punkte/Bundesteilhabegesetz/doc/Stellgn_Inkl_Bild_15411.pdf

• Paritätische Handlungsempfeh-lung zur Schulbegleitung in den Paritätischen Freiwilligendiensten https://www.der-paritaetische.de/publikation/handlungsempfehlun-gen-zur-schulbegleitung-in-den-pa-ritaetischen-freiwilligendiensten/

Andere Empfehlungen

• Inklusive Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in Schulen, Beschluss der Kultusmi-nisterkonferenz vom 20.10.2011 https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschlues-se/2011/2011_10_20-Inklusive-Bil-dung.pdf

• Erstes Diskussionspapier des Deut-schen Vereins zu inklusiver Bildung (2011) https://www.deutscher-verein.de/de/empfehlungen-stel-lungnahmen-2011-erstes-dis-kussionspapier-des-deut-schen-vereins-zu-inklusiver-bil-dungsb1sb-1543,266,1000.html

• Empfehlungen des Deutschen Ver-eins: Von der Schulbegleitung zur Schulassistenz in einem inklusiven Schulsystem (2016) https://www.deutscher-verein.de/de/empfehlungenstellungnah-men-2016-empfehlungen-des-deut-schen-vereins-von-der-schulbe-gleitung-zur-schulassistenz-in-ei-nem-inklusiven-schulsystem-228-5,1043,1000.html

• Gemeinsame Empfehlung „Reha-Prozess“, BAR https://www.bar-frankfurt.de/publi-kationen/produktdetails/produkt/91/

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Veröffentlichungen

• Wirkungen und Nebenwirkungen des Bundesteilhabegesetzes https://www.der-paritaetische.de/schwerpunkt/bundesteilhabege-setz/wirksamkeit-der-leistungen/

• „Das Persönliche Budget für Kinder, Jugendliche und junge Erwachse mit Behinderung“ Broschüre des Paritätischen Gesamtverbandes http://bit.ly/2EKjJxN

• Abschlussbericht zu den recht-lichen Wirkungen im Fall der Um-setzung von Artikel 25a § 99 des Bundesteilhabegesetzes (ab 2023) auf den leistungsberechtigten Per-sonenkreis der Eingliederungshilfe

http://infothek.paritaet.org/pid/fachinfos.nsf/0/9464a94fc9f12d99c-12583150028b6e5/$FILE/1904500.pdf

Information und Beratung, z.B.

• „Forum chronisch kranker und behinderter Menschen“ im Paritätischen https://www.der-paritaetische.de/schwerpunkt/selbsthilfeforum/forum/

• Bundesarbeitsgemeinschaft Persönliches Budget/BAG PB, Informationen und Beratungsmöglichkeiten: http://www.bag-pb.de/11/

• Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm) https://bvkm.de/

• Bundesvereinigung Lebenshilfe https://www.lebenshilfe.de/

• Deutscher Blinden- und Sehbehin-dertenverband e. V. (DBSV) https://www.dbsv.org/

• Gemeinsam leben Hessen https://www.gemeinsamleben- hessen.de/de

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1. Auflage, Juli 2019

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Notizen

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