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Schweinfurter Mainleite Nummer II . Juni 2007 . IZ9457 F Doppelheft

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SchweinfurterMainleiteNummer II . Juni 2007 . IZ9457 F

Doppelheft

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Geleitwort ................................................................................. 1

Studienfahrten ......................................................................... 2

Suchbild ..................................................................................... 3

AufsätzeUwe Müller125 Jahre Schweinfurter Ruder-Club Franken von 1882 e. V. ....... 4

Heinz-Günther MömkenDas wandelbare Haus: Vom Wohnhaus zum Museum .................. 6

Anna ScherbaumWenn’s läuft, läuft was los. Zu Arbeiten Peter Wörfels in derSammlung Otto G. Schäfer ......................................................... 10

Brigitte Haas-Gebhard/Rupert GebhardEine besondere Leidenschaft ...................................................... 16

Georg DrescherVon Plinius zu Kunckel von LöwensternDie ars vitraria im gedruckten Buch ............................................. 18

Uwe Müller„es gewährt eine eigne Empfindung zu schreiben, wo für diespäten Nachkommen bestimmt ist“ –Der Grundstein des Sattler-Hauses Kirchgasse 25 .................... 30

Ernst Petersen„... im modernen Baustil mit Barockformen erbaut“. Der wieder-aufgefundene Grundstein der Turngemeindehalle von 1904 ...... 42

Erich SchneiderEine Spindeltaschenuhr von Lorenz Lichtenau, um 1701 ........... 62

Personalia ............................................................................... 69

Anschriftder Redaktion

Ernst Petersen, Tel. (0 97 21) 2 85 43,email: [email protected] Verein Schweinfurt e.V.Petersgasse 3 („Schrotturm“), 97421 SchweinfurtGeschäftszeiten: Mo.+ Do. 15-17 Uhr, Tel. (09721) 18 66 28

Inhalt

Impressum Schweinfurter MainleiteHerausgeber: Historischer Verein Schweinfurt e.V.Redaktion: Ernst Petersen, Dr. Uwe Müller, Dr. Erich SchneiderUmschlaggestaltung: Isi HuberDruck: Weppert Print & Media GmbH, SchweinfurtDer Verkaufspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten.

Gefördert von der Stadt Schweinfurt und dem Bezirk Unterfranken_________________________________________________________

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Geleitwort

Mensch seinIn der Geburtstagsliste auf der letzten Seite dieserMainleite taucht unser Beiratsmitglied Otto G. Schäferauf. Den 70. konnte er in diesen Tagen zusammen mitseiner Familie feiern. Dazu möchten die Herausgeberder Mainleite ihm – und seiner Frau Hannelore! – vonganzem Herzen gratulieren und dem Jubilar dieses Heftwidmen. Ein Doppelheft ist es geworden: Ausgerechnet,ist doch Otto G. Schäfer dafür bekannt, dass er keinegroßen Reden schwingt; lieber kurz und prägnant,witzig und hintersinnig seine Eröffnungen oder Begrü-ßungen in der Bibliothek in der Judithstraße hält.Er ist ein echter Schweinfurter. Er hält sich dort auf, wodas Leben stattfindet, versteht die Sprache und dasDenken der Menschen seiner Heimatstadt. Gern

erzählt er Anektoden aus seinem langen Leben, in denen dasMenschlich-Allzumenschliche sichtbar und begreifbar wird. Daringleicht er Peter Wörfel, der nicht nur mit dem Mund meisterhafterzählt, sondern auch mit dem Pinsel. Prof. Wörfels Arbeit wirdvon Anna Scherbaum gewürdigt.Als echter Schweinfurter ist Otto G. Schäfer ein Mann der Ge-meinschaft und des Sports. Beiträge Uwe Müllers und ErnstPetersens stellen die Gründungsurkunde des Ruderclubs und denInhalt des Grundsteins der alten Turnhalle der TG 48 vor.Freilich ist er durch die Sammlung seines Vaters in besondererWeise zur Liebe zu Büchern und Graphik hingeführt worden. Erversteht sich als Bewahrer des Museums Otto Schäfer. DerArchitekt Heinz-Günther Mömken, der einst das Wohnhaus zurBibliothek umbaute, berichtet vom Umbau. Der Leiter der Biblio-thek Georg Drescher stellt die Glasbläserkunst, wie sie im ge-druckten und bebilderten Buch zu finden ist, vor.Weniger bekannt ist, daß Otto G. Schäfer selbst ein „kleiner“Sammler ist: Er sammelt Arbeiten Wörfels, Antikes Glas, Gra-phik. Die Gebhards gratulieren ihm. In der laufenden Ausstellungwerden Blätter gezeigt, die der Stiftung übergeben wurden.Schließlich werden die Aufsätze abgerundet durch die wissen-schaftliche Aufarbeitung des Grundsteininhalts des Sattler-Hau-ses Kirchgasse 25 und die Vorstellung einer Taschenuhr mit derSignatur „Lichtenau Schweinfu"[rt] durch Erich Schneider, die ein Schweinfurter Privatsammler ersteigert hat.Uwe Müller Ernst Petersen Erich Schneider

Otto G. Schäfer zum70. Geburtstag

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Studienfahrten

Kirchenmusikdirektor Gunsenheimer stellt uns in der ErlangerMarkuskirche eine renovierte Barockorgel von hervorragenderBedeutung vor, die unter den Fachleuten einen exzellenten Rufgenießt. Im Jahr 2000 wurde auf ihr das gesamte Bachwerk voninternational bekannten Organisten eingespielt.Auf dem Programm wird daneben wohl noch eine kleinere Orgelaus der näheren Umgebung der Universitätsstadt stehen.Anmeldung: ab Montag, 02. Juli, im Schrotturm, 14.30 – 17.00 h

HalbtagesfahrtGustav Gunsenheimer

Orgelfahrt – Erlangen St. Markus

TagesfahrtJörg SchöfflIn Thüringens Mitte – Arnstadt, Molsdorf, Drei GleichenSamstag,07.07.2007Abfahrt:08.00 Uhr Peter undPaul08.10 Uhr TheaterRückkehr:gegen 21.30 Uhr

Die neue Autobahn ermöglicht es, auf einer Tagesfahrt auchZiele nördlich des Rennsteiges im Raum Erfurt anzusteuern.In Arnstadt besichtigen wir im Rahmen einer Führung „Auf denSpuren von Johann Sebastian Bach“ die Liebfrauenkirche unddie Bachkirche, wir können aber auch die Entwicklung der Stadtzur Residenz der Fürsten von Schwarzburg nachvollziehen. Wieman als „Mini-Potentat“ leben konnte, wird im nahen SchloßMolsdorf (Führung) dokumentiert. Die repräsentativen Rokoko-räume erinnern an den Erbauer Gustav-Adolf von Gotter, einengeistreichen, galanten Diplomaten und Lebemann des 18.Jahrhunderts. Das Gesamtbild rundete ein von ihm nachVersailler Vorbild angelegter Park, heute ein Landschaftspark,ab. Schließlich wird noch eine der Drei-Gleichen-Burgen besucht.Der Gleichen-, Mühl- und Wachsenburg setzte Gustav Freytag inseinen „Ahnen“ ein literarisches Denkmal.Anmeldung: ab Montag, 11. Juni, im Schrotturm, 14.30- 17.00 h

Dienstag,17.07.2007Abfahrt:13.30 Uhr Peter undPaul13.40 Uhr Theater

TagesfahrtHans-Friedel OttBamberg: Besuch der Ausstellung „Unterm Sternenmantel – 1000 JahreBistum Bamberg (1007-2007)Samstag, 16. Juni 2007, 8.20-18Uhr

Hinweis:Im Herbst werden voraussichtlich 2 Fahrten angeboten: Ende September nach Thüringenim Oktober: Rund um den Schwanberg mit Herrn Otto Rau

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Suchbild

Der Photograph der Mainleite war wieder einmal in Schweinfurtunterwegs, um die Artikel des vorliegenden Heftes mit Illustratio-nen zu versehen. Hier muß er sich aber leicht „verzielt“ haben,denn die wesentlichen Bildinformationen sind nicht zu erkennen.Dem Redakteur liegt lediglich eine nichtssagende Nummer desDigitalbildes vor, eine genaue Bezeichnung wurde – wie man oftfeststellt, wenn man in Konvoluten alte Photographien sichtet, –nachlässigerweise unterlassen. Wer kann helfen? Was kann mannoch erkennen? Ein tuffsteinartiger, unbearbeiter Felsbrocken, inden offenkundig eine Gedenktafel eingearbeitet wurde. ZumGlück kann man noch die erste Zeile deutlich lesen. Gelb- undblaufarbene Farbreste vermögen dem Laien nicht mehr rekonst-ruieren, was früher einmal unter dem Rundbogen abgebildet war.Hinter dem Stein ist eine Art Gartenzaun zu sehen, wieder da-hinter Grünes ...Wo steht dieses Denkmal? Wann wurde es errichtet, und wie kames an den Ort, an dem es sich heute befindet?

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Am 9. Mai vor 125 Jahren wurde der „Schweinfurter Ruder-ClubFranken von 1882 e. V.“ in der Gaststätte „Hartmann am Wall“gegründet.1 Das Gründungsprotokoll wurde in den Festschriftendes Vereins zum 75jährigen2 und 100jährigen Jubiläum3 publiziertund in der diesjährigen Ausstellung zum 125jährigen Jubiläum inder Kreis- und Städtischen Sparkasse Schweinfurt gezeigt.

Um die gesetzlichen Vorschriften einer Vereingründung zuerfüllen, war jedoch ein weiterer Schritt notwendig: Unter demDatum des 25. Mai 18824 erstattete der Vereinspräsident FritzSchneider beim Magistrat der Stadt Schweinfurt Anzeige über dieGründung des Vereins und die Zusammensetzung der Vorstand-schaft: „[…] Der Zweck desselben ist Ausbildung der Mitgliederim Rudern, Erhöhung der körperlichen Tüchtigkeit & geselligeUnterhaltung (Vereinslocal Brauerei Hartmann am Wall). […].“5

Die offizielle Genehmigung der VereInsgründung erfolgte in derSitzung des Magistrats vom 25. Mai 1882.6

Die hier als besonderer Geburtstagsgruß für Herrn Otto G.Schäfer aus dem Akt des Stadtarchivs abgebildete erste Seitedes Schreibens des Vereinspräsidenten vom 25. Mai 1882 zeigtdie den Gang der amtlichen Bearbeitung dokumentierendenAktenvermerke: Eingangsstempel, eigenhändiger Vermerk desOberbürgermeisters Carl v. Schultes, Verweis auf das entspre-chende Sitzungsprotokoll des Magistrats, Bestätigung desVollzugs des Registereintrags („Eingetragen sub No. 72“).7

UM

1 125 Jahre Schweinfurter Ruder-Club Franken v. 1882 e. V., Schweinfurt, Mai2007 (Sonderausgabe der Clubnachrichten).

2 1882-1957. Die 75 Jahre unseres RC Franken. Zum 75jährigen Jubiläum desSchweinfurter Ruder-Club Franken von 1882 e.V., S. 4.

3 1882-1982. Die 100 Jahre unseres RC Franken. Zum 100jährigen Jubiläum desSchweinfurter Ruder-Club Franken von 1882 e.V., S. 4.

4 Vermutlich ein Versehen, denn der Eingangsstempel des Stadtmagistratsverzeichnet den 24. Mai 1882 (AvS, Vereinsakten 296, fol. 1).

5 AvS, Vereinsakten 296, fol. 1.6 AvS, Magistratsprotokoll 1882 V 25, Nr. 7.7 AvS, Vereinsakten 296, fol. 1r.

125 Jahre Schweinfurter Ruder-Club Franken von 1882 e. V.

Anmerkungen

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Aufsätze

Als 1965 ein großes Wohn-und Gästehaus für die Familie Dipl.Kfm. Otto G. Schäfer in der Judithstraße in Schweinfurt gebautwurde, ahnte niemand, welchen Wandel dieses Gebäude einsterfahren würde.

Heinz-Günther MömkenDas wandelbare Haus: Vom Wohnhaus zum Museum

Es war konzipiert für eine Familie, die geschäftlich und privatviele Besucher zu empfangen hatte, es gab zahlreiche Anlässe,zu denen eine große Gästeschar geladen war. Dementsprechendgroßzügig waren die Raumfolgen:Im Erdgeschoß vom Eingangsbereich an der Bibliothek vorbei,über die Wohnräume zum großen Speiseraum, der sich zum

100m2 großen Atrium öffnen ließ, zum Küchentrakt und den an-schließenden Personalräumen, im Westen der Schlaftrakt derFamilie, im hangseitigen Untergeschoß ein Hallenbad, einigeGästezimmer und zahlreiche Neben- und Technikräume. Umge-

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ben von Terrassen und dem großzügig angelegten Außenbereich,sowie dem großen Eingangshof, bildet der Garagentrakt mitGärtnerräumen den Abschluß zur Judithstraße.

Platz gab es also schon immer reichlich im Haus und Bücherauch. So reifte nach vielen Jahren allmählich der Gedanke, fürdie berühmte Büchersammlung von Herrn Dr. phil. h. c. OttoSchäfer keinen Neubau für die geplante Stiftung zu errichten,sondern eher das bestehende Wohn- und Gästehaus seinesSohnes umzufunktionieren.

Gedacht, geplant, getan:Die Familie Otto G. Schäfer baute sich nach 23 Jahren – die

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Söhne Klaus-Otto und Martin waren inzwischen verheiratet undeigenständig – ein neues Haus in unmittelbarer Nähe. DerAnpassungsvorgang vom Wohnhaus zum Museum war in keinerWeise schwierig. Der Grundriß mußte überhaupt nicht verändertwerden, die Großzügigkeit für eine Ausstellungslandschaft warvorhanden, sie wurde zusätzlich noch durch die Einbeziehungdes ehemaligen Atriums erweitert. Die Schwimmhalle wurde zumLesesaal, die Schlaf- und Personalräume zu Büros, das Unterge-schoß zum Archiv. Die Technik mußte natürlich den neuen

Umbau

vorher

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Bedingungen angepaßt werden, so wurde eine neue Klimaanlageeingebaut, die Kunstlichtverhältnisse wurden auf die Empfindlich-keit der Ausstellungsgegenstände abgestimmt, sämtlicheÖffnungen in der Fassadeerhielten Einbruchschutz, das gesamteGebäude wurde mit einer – elektronischen Sicherheitsanlageausgestattet. Eine Photo-Voltaikanlage bringt die Technik auf denneuesten Stand.

1998 kam die Sammlung Morell: „Antikes Glas“ zum Museumhinzu. Hierfür wurde ein eigener Raum im Bereich einer ehemali-gen Terrasse angebaut.

Somit wandelte sich die Nutzung des Hauses vom Wohnen zumBetrachten und bietet dem Besucher heute:

Bibliothek Otto Schäfer,Graphik der Gegenwart,Antikes Glas Sammlung Morell,

Stadt Schweinfurt:Bausch-Bibliothek,Reichsstädtische Bibliothek.

nachher

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Die Sammlung Grafik der Gegenwart, die Otto G. Schäferanläßlich seines siebzigsten Geburtstags dem Museum OttoSchäfer übergeben hat, beinhaltet rund 100 Handzeichnungenund Aquarelle von Peter Wörfel. Es handelt sich um drei große,jeweils in sich zusammenhängende Werkkomplexe: freieszenische Handzeichnungen aus den Jahren 1976-1982;Ansichten fränkischer Dörfer, fränkischer Schlösser undSchweinfurter Anwesen aus derselben Zeit und Aquarellekretischer und provenzalischer Eindrücke aus dem Jahr 1998.Daneben gibt es in der Sammlung drei Porträts von Dr. OttoSchäfer aus dem Jahr 1997 sowie einige Einzelblätter undgezeichnete Künstlergrüße. Den Sammler Otto G. Schäfer reiztdie Unmittelbarkeit dieser Arbeiten. Besonders schätzt er diefränkischen Zeichnungen.

Peter Wörfel wird 1943 in Schweinfurt geboren. Er studiert von1962-1968 an der Akademie der bildenden Künste in Nürnbergund wird 1969, nach dem Diplom, Assistent bei seinem ProfessorOtto Michael Schmitt. Ein Stipendium der französischen Regie-rung und anschließend des „Stifterverbandes für die DeutscheWissenschaft“, Essen, ermöglicht in den Jahren 1969-1971Aufenthalte in der Metropole Paris. Von 1971-1973 unterrichteter Aktzeichnen an der Nürnberger Akademie. Darauf ist er bis1977 künstlerisch-technischer Lehrer an der Staatlichen Akade-mie der bildenden Künste in Stuttgart. 1978 erhält er dort einenLehrauftrag für Aktzeichnen und Künstleranatomie. Im gleichenJahr wird er zum Professor für Gestaltungslehre und Zeichnen andie Hochschule Niederrhein nach Krefeld berufen, wo er bis 2004lehrte. Seitdem hat Peter Wörfel weitere Stipendien, zahlreichePreise und Ehrungen erhalten. Auf vielen Reisen hat er die Welterkundet. Dennoch hat er seinen Wohnsitz in Schweinfurt amFischerrain 33 nie aufgegeben.

Diese Verbundenheit zur fränkischen Heimat läßt sich unschwerim Werk Peter Wörfels wiederfinden. Zurück aus Stuttgart oderKrefeld will er seine Heimat zeichnerisch begehen. Er sucht diePeterstirn auf, das verfallene Anwesen Kneffel am Kornmarkt 4

Anna ScherbaumWenn’s läuft, läuft was los.Zu Arbeiten Peter Wörfels in der Sammlung Otto G. Schäfer

Lebensweg Wörfels

Verbundenheit mitder fränkischenHeimat

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und immer wieder auch seine Nachbarschaft um den Fischerrain.Er dokumentiert den Blick aus dem Harmoniegebäude und denBlick vom Unteren Wall auf die Mainbrücke mit dem Haus derCramers im Hintergrund. Skizzierend hält er fest, was er sieht.Auch die Abbrucharbeiten im Schweinfurter Zentrum und dieUmbauphase des Rummertrings im Jahr 1980 fallen ihm insAuge. Regelmäßig fährt er mit seinem Vater Theo Wörfel aufsLand, in die Haßberge und in den Steigerwald. Der Vater malt,der Sohn zeichnet. Sie erkunden künstlerisch Neundorf vorTambach, das Tambacher Schloß, Wetzhausen, Sternberg,Birkenfeld, Klosterlangheim, Kleinbardorf, Maria Bildhausen,Schloß Ditfurt in Obertheres, Kimmelsbach, Brennhausen,Recheldorf, den Weiler Neuhof im Steigerwald, Gerolzhofen,Fahr am Main, Eyrichshof, Humprechtshausen, Obermerzbach,die Salzburg in Bad Neustadt, die Burgruine Rotenhan, dieBrücke in Sesslach und vieles mehr. Wörfel interessiert sich aufdiesen Ausflügen für die Landschaft, für die Architektur und fürdie Menschen, die er trifft. Er notiert in ausführlichen Kommenta-ren ihre Reaktionen, er lauscht begeistert ihren Erzählungen,aber auch den Wortfetzen, die zum ihm herüberdringen. Am 6.

Peter Wörfel,Eyrichshof,Federzeichnung,1980

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September 1979 zeichnet er beispielsweise in Gereuth undnotiert: „An diesem Tag hatte ich ein Erlebnis, das sich später imGedicht die „Ganze Welt“ wiederfindet.“ Arbeiten aus diesemfränkischen Sortiment, das Otto G. Schäfer erwirbt, sind vielenals Drucke oder Serigraphien bekannt.

Gleichzeitig entstehen zahlreiche skizzenhafte Handzeichnungen,die Menschen im Dialog und in der Interaktion zeigen. Wörfel ent-wirft abseits konkreter Vorbilder bühnenhafte Räume und erzäh-lerische Situationen. Es handelt sich um virtuose Zeichnungen,wieder traditionell in Pinsel, Bleistift, Kohle oder Feder, aber auchin einem damals erhältlichen Ball-Pentelstift. Alle tragen die fürWörfel typische Datierung auf den genauen Tag. Peter WörfelsArbeitsweise ist hier zunächst nicht zielgerichtet. Es stehen we-der ein Konzept, das er verbildlichen möchte, im Vordergrund,noch vage Ideen. Vielmehr scheint Wörfel seine Bildvorstellungenerst während des Zeichnens zu entwickeln. Das Blatt entstehtbeim Tun: Wörfel beginnt mit Strichen. Er lässt sich leiten vomZwiegespräch von Malmittel und Grund. „Der Pinsel ergibt dieStruktur oder eine Feder, die bricht.“ Jetzt, beim Zeichnen, kom-men ihm Bildideen, die er weiterverfolgt: sei es im sich Verdich-ten der Strichlagen, sei es, weil ein Fleck entsteht, aus demheraus er weiterarbeitet. „Wenn’s läuft, läuft was los.“ Dann istder Künstler hochkonzentriert, über Stunden, über Tage. Dannpackt ihn die Lust am Fabulieren.

Was nun passiert, erinnert an ,,l’ecriture automatique“, das auto-matische Schreiben, das die Surrealisten als Denk-Diktat ohnejede Kontrolle durch die Vernunft schätzten. Aber das Weiterar-beiten der Flecken bringt bei Wörfel bekanntlich keine abstraktenZufallsbilder hervor, wie wir sie von William Turner oder VictorHugo kennen. Peter Wörfel formuliert vielmehr geradezu alt-meisterlich. Er erzählt mit fließender Linie eigene Geschichten.Zeichnend erinnert sich Wörfel. Er lässt Raumbühnen entstehen.Er erfindet Situationen. Er entwirft Personen mit wenigen siche-ren Linien und verortet sie zwischen Individualität und Typisie-rung. Das Ergebnis ist häufig humorig, mit leichtem Augenzwin-kern, doch nie abwertend oder gar abschätzig. Bei jeder Arbeitzeigt sich, wie höchst sensibel Peter Wörfel seine Umwelt erfährt,wie sehr er seine Umgebung liebt und wie freudig er sich mitteilt.Für Peter Wörfel ist Zeichnen ein sinnlicher Prozeß.

WörfelsArbeitsweise

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Doch an was erinnert sich Wörfel beim Zeichnen? Es sind Situa-tionen, die er selbst erlebt hat. Es ist aber auch seine Auseinan-dersetzung mit den Alten Meistern, beispielsweise mit Rembrandt,bei dem er das asyndetische, das gleichberechtigte Nebeneinan-der der Bildgegenstände schätzt, das zu einer stakkatohaftenDramatik führt, aber auch das Unvollendete, das den Betrachterals Leser fordert und mit einbezieht.

Früh geprägt haben seinen Fabuliergeist und seine Formenspra-che vor allem zwei Bücher, die er als Kind studierte. Das eine istein Bildband der Dresdner Gemäldegalerie, aus dem auch seinVater Theo Wörfel in der Nachkriegszeit kopierte. Hier schwelgtder junge Wörfel in barocker Malerei: Er liebt die üppig-verführe-rischen Schönheiten von Rubens. Genau betrachtet er die humo-ristischen Genrebilder aus dem Leben der Bauern und Bürgeretwa bei Adriaen Brouwers „Bauernrauferei beim Kartenspiel“,aber auch das mit vielen aus dem Leben gegriffenen Detailserzählerisch ausstaffierte Selbstbildnis „Maler in seiner Werk-statt“ von Adriaen von Ostade. Genau studiert er die Beobach-

Otto G. Schäfer undPeter Wörfelbetrachten diekretischen Aquarelle

Einflüsse aufWörfel:üppiger Barock

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tung alltäglicher Gesten und das Festhalten intimer Augenblicke.Besonders interessieren ihn auch die bei den Flamen undNiederländern vorgelebten Möglichkeiten der Visualisierung desSprechens und Hörens in der Malerei.

Die andere Quelle seiner Inspiration zieht der junge Wörfel buch-stäblich aus den Schutthalden der Nachkriegszeit. Es ist ein Bandder heute antiquarisch gesuchten „Fliegenden Blätter“, die von1845 bis 1944 in München im Verlag Braun & Schneider erschie-nen. Das humoristisch-satirische, reich illustrierte Wochenblatt,gilt als das älteste jener deutschen Satireblätter, die die Gleich-berechtigung von Texten und Illustrationen zum Programm er-hoben und konsequent durchführten. Auch hier verinnerlichtWörfel die bildinternen Kommunikationsmittel der Illustrationen,die von namhaften Künstlern wie z.B. Wilhelm Busch, GustavAdolf Closs, Hans Kaufmann, Adolf Oberländer, Franz Graf vonPocci, Moritz v. Schwind und Carl Spitzweg stammen.

Peter Wörfel nähert sich dem Menschen jedoch nicht ausschließ-lich auf humorige Weise. Seine scharfe Beobachtungsgabe undsein Vermögen, eine Fülle von Informationen konzentriert in einGrundliniengerüst zu übertragen, prädestinieren ihn auch alsPortraitisten. 1997, bei einem Besuch des Ehepaars Schäfer inder Deutschfeldstraße 2, fertigt Peter Wörfel eine größere Seriegezeichneter und aquarellierter Bildnisse von Dr. Otto Schäferan. Sie zeigen den Sammler überlebensgroß, dreiviertelansichtigim Brustbild. Die Altersporträts sind von eindringlicher Schönheitund treffender Charakterisierung. Wörfel erzielt in wenigen aufdie Kontur beschränkten Strichen höchste Portraitähnlichkeit undPsychologisierung: Gerade die aquarellierten Fassungen in Blau-, Violett- und Gelbtönen erreichen eine geistige Durchwirkungdes Dargestellten.

Zu den dem Museum übergebenen Arbeiten gehören auchzahlreiche farbig-frische Aquarelle in friesartig-längsrechtecki-gem Format, die im Mai und im September 1998 entstandensind. In diesem Jahr konnte sich Peter Wörfel Zeit für längereArbeitsaufenthalte zunächst auf Kreta und darauf im französi-schen St. Quentin la Poterie nehmen. Diese Freiheit und einespürbare Begeisterung für die Buntfarbigkeit von Erdtönen,Himmelsblau und Meeresgrün beseelen die französischen wie

und„Fliegende Blätter“

Wörfels Portrait-kunst

Auslandsreisen

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die kretischen Arbeiten, die erlebte Landschaft und Architekturals persönlichen Eindruck des Künstlers abbilden. Die Aquarellesind kalligraphisch aus dem freien Pinselstrich entwickelt. Siebestechen durch eine Leichtigkeit, die zugleich zeichenhaftreduziert wie lebendig wirkt. Die wie selbstverständliche Verqui-ckung zweier scheinbar entgegengesetzter Modi ist eine derBegabungen des Zeichners Peter Wörfel.

Der bekannte Literat Godehard Schramm sagte zurecht überseinen Freund Wörfel: „Er ist durch und durch ein Erzähler.“ Mitsparsamen Strichen fängt er Stimmungen ein, entwirft Anekdotenund Episoden. Wörfels Werkzeug ist die Linie, deren Beredtheiter ebenso herauszufordern weiß, wie die des Wortes.

Handzeichnungen Peter Wörfel. Hrsg. vom Institut für moderneKunst Nürnberg, Nürnberg 1978. darin: Godehard Schramm: Mutzur Armut. Zu Peter Wörfels Zeichnungen.Peter Wörfel: Zeichnungen. Mit einer Einführung von GodehardSchramm, Hrsg. von Joachim Kruse, Kat. d. Ausst. Kunstsamm-lungen Veste Coburg, 23. 5. - 4. 7. 1982

Pastorale,Pinselzeichnung(Tusche), 1981

Literaturauswahl

Der Maler alsErzähler

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Noch während seiner Ausbildung entdeckte Otto G. Schäfer einebesondere Leidenschaft: Antikes Glas. Die Formen, Farben,schillernden Oberflächen, die wohlschmeckenden oder wohlrie-chenden Geheimnisse ihres einstigen Inhaltes, ihre ursprüngli-chen Eigentümer und die Menschen, die sie fertigten fasziniertenOtto G. Schäfer so, dass er in Köln im Auktionshaus Lempertzsein erstes Glas erwerben „musste“. Köln war zur Zeiten derRömer zunächst eine römische Kolonie und wurde 80 n. Chr. zurHauptstadt und zum vitalen Mittelpunkt der Provinz Niederger-manien. Während der Römerzeit etabliertem sich dort Glaswerk-stätten, die bis in das frühe Mittelalter zu den wichtigstenGlasproduzenten auf den Gebiet des heutigen Deutschlandsgehörten.

Beginnend in Köln legte Schäfer über Jahrzehnte mit vielGespür, Liebe zu Details und Kennerschaft eine bedeutendeSammlung antiker Gläser an. Im Mittelpunkt standen römischeGläser, sinnvoll ergänzt durch Gläser der gesamten Antike, diedie Geschichte der Glasmanufakturen von der griechischen bis indie frühislamische Zeit beleuchten. Die sorgfältige und liebevollePflege ist über die Jahre hinweg seiner Frau Hannelore zuverdanken, die als einzige die Kostbarkeiten berühren durfte.Lange Jahre glaubte er mit seiner Sammlung in Schweinfurt derEinzige zu sein. Bis sich eines Tages herausstellte, dass es nochzwei weitere Sammler mit der gleichen Leidenschaft in der Stadtgab. Eine von beiden Sammlungen, die Sammlung des Schwein-furter Juristen Dr. Hermann Morell und seine Frau Maria,gelangte durch die Bemühungen Schäfers in das Eigentum derDr. Otto-Schäfer-Stiftung e.V. Im Museum Otto Schäfer bildet siejetzt inmitten einer einzigartigen Buchsammlung einen farbenfro-hen Raum, der die Antike lebendig werden lässt. Bücher undGläser, nicht nur nach der Meinung des Jubilars ein gut zusam-menpassendes Paar von Wissen und Genuss: Bibamus, adMultos Annos!

Brigitte Haas-GebhardRupert GebhardEine besondere Leidenschaft

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Empfehlung

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Aus der Antike hat sich keine eigenständige Schrift zur ars vitra-ria – zur Kunst des Glasmachens – erhalten, auch wenn sich beizahlreichen Autoren Hinweise auf Produktion, Vertrieb und Ge-brauch von Glas finden. Die meisten Informationen enthält das36. Buch der „Historia naturalis“ des älteren Plinius1. Die größteWirkung aber erzielte die Legende von der zufälligen Erfindungdes Glases an den Ufern des Flüßchens Belos nahe der phönizi-schen Küstenstadt Ptolemais (Akko), die Plinius an den Beginnseiner Ausführungen stellte. Der aus dem Sumpf Candebia ent-springende und religiös verehrte Fluß führte demnach schlammi-ges, ungesundes Wasser, aber auch einen besonderen glänzen-den Sand, der allein jahrhundertelang die Glasherstellung er-möglicht haben soll: „Es geht die Sage, ein Schiff der Natron-händler sei hier gelandet, und diese hätten sich, um ihre Mahlzeitzu bereiten, an der Küste verteilt; da sie aber keine Steine fan-den, um ihre Kessel daraufzustellen, hätten sie aus dem SchiffStücke von Natron <geholt und diese> untergelegt; als sie erhitztwurden und sich dabei mit dem Ufersand vermischten, seiendurchscheinende Bäche einer neuen Flüssigkeit davongeflossen,und dies sei der Ursprung des Glases gewesen“.2 Flavius Jose-phus behielt in seinem zweiten Buch vom Jüdischen Krieg zwarden Ort bei, schmückte die Geschichte aber anders aus. Er ver-legte das Grabmal des mythischen Äthiopierkönigs Memnon andie Ufer des Belos3, „ein sehr merkwürdiger Platz von hundertEllen im Umfang [...]. Er ist rund und tief und liefert Glassand;viele Schiffe gehen hier vor Anker und holen diesen Sand, dersich jedesmal wieder ergänzt, indem ihn die Winde gleichsamabsichtlich von außen dorthin zusammentreiben. Die Grube ver-wandelt den gesamten Sand sogleich in Glas; noch wunderbarerkommt es mir vor, daß aus der Grube überfließendes Glas wie-der zu gewöhnlichem Sand wird. Das ist die natürliche Beschaf-fenheit dieser Gegend.“4

Sowohl Plinius’ „Historia naturalis“ wie Josephus’ „De bello Judai-co“ wurden das gesamte Mittelalter über in zahlreichen Hand-schriften tradiert. So kann es nicht verwundern, daß beide Textefrühzeitig gedruckt wurden: Die „Historia naturalis“ erlebte ihreerste Ausgabe 1469 in Venedig, die erste datierte Edition des

Georg DrescherVon Plinius zu Kunckel von LöwensternDie ars vitraria im gedruckten Buch

Die Sage von derErfindung desGlases

Frühe Plinius- undJosephus-Drucke

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Jospehus wurde 1470 in Augsburg aufgelegt. In immer neuenAusgaben fanden beide Titel weite Verbreitung; davon zeugt auch,daß sich je eine Ausgabe in der Reichsstädtischen BibliothekSchweinfurt befindet. Die „Historia naturalis“ ist mit einer venezi-anischen Inkunabel, die Bartholomaeus de Zanis am 12. Dezem-ber 1496 fertiggestellt hat, vertreten (AvS 11074). „De bello Juda-ico“ liegt in einer illustrierten deutschsprachigen Ausgabe vor, dieGeorg Rab d.Ä. und Weigand Hans Erben 1571 in Frankfurt auf-legten (AvS 6799). Auch die Bausch-Bibliothek nennt neben ei-nem Auszug eine vollständige Josephus-Ausgabe ihr eigen, dieSamuel Emmel zehn Jahre zuvor in Straßburg aufgelegt hatte (B136). In beiden Editionen ist bei der Beschreibung der GrubeMemnons eingeschoben worden: „was auch für Metall dareynkompt/ das wirt zustund in glaß verwandelt.“5

Diese Geschichte findet sich auch in jenem populären Itinerar,das Mitte des 14. Jahrhunderts unter dem Namen des RittersJohn Mandeville aus St. Albans veröffentlicht wurde. Von seinergroßen Beliebtheit, die selbst Marco Polos „Il milione“ in denSchatten stellte, zeugen rund 300 erhaltene Handschriften undzahlreiche Editionen aus der Frühdruckzeit in immerhin zehnSprachen. 1398 übersetzte Otto von Diemeringen, ein Metzer

Mandeville,Augsburg 1481

Itinerar Mandevilles

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Domherr, das Reisebuch ins Deutsche. Allein sieben Drucke ausBasel und Straßburg griffen zwischen 1480 und 1507 auf dieseVersion zurück. Die frühere deutsche Übertragung des MichaelVelser nutzten hingegen Johann Schönsperger d.Ä. und andereAugsburger Offizinen für ihre Mandeville-Drucke. Im Gegensatzzu den Josephus-Ausgaben, in denen der sagenhafte Berichteine untergeordnete Rolle spielte, würdigte man in den Editionendes Reisebuches die Grube des Memnon mit einem Holzschnitt,wie auch die im Museum Otto Schäfer verwahrte Ausgabe Straß-burg 1488 belegt, die dritte, für die Johann Prüss verantwortlichzeichnet. Hier zeigt der Holzschnitt drei Glasgefäße in der Sand-grube zu folgendem Text: „Jte[m] by ackon flüsset ein cleinerbach genant belean. Ob dem Bache lyt ein grub die ist by .c. elnwyt/ vnd lyt alle zyt vol lauters sands/ das ist gar schöner glytze-ner sand daruß macht ma[n] gar lauter glas. Man holet es vo[n]ferre[n] la[n]de[n]. vn[d] wie vil ma[n] syn daruß nimt so ist sydoch allezyt vol vn[d] weiget stetigs ein wind in der gruben/ vndzerspreit den sand. vn[d] wer ysen oder ander ding gesunt darynwürft/ vn[d] darinn lasset lygen/ so würt es zu glas. vnd wer glasdaryn würf/ das uß dem selben sand gemacht ist/ das würt widerzü sande.“6 Bereits der Erstdruck mit der Übersetzung Velsers1481 ordnete dieser Passage eine Illustration zu, die ausführli-cher als der Straßburger Holzschnitt ist. Hier sieht man einenMann, der Eisen in die Grube wirft, das darauf zu Glas wird.7

Die bekanntesten Bilder zu Mandevilles Itinerar enthält aber einböhmisches Handschriftenfragment der British Library, dessenTextteil vollkommen fehlt. Auch die Miniaturen reichen nur biszum 13. Kapitel.8 Nur der obere Teil der Zeichnung zur Sandgru-be zeigt tatsächlich die Grube des Memnon, der untere hingegeneinen spätmittelalterlichen Glasofen, wie er für Böhmen nachge-wiesen ist. Neben dem tradierten Wissen steht also die praktischeKenntnis der Glasproduktion in jener Zeit. Im Buchdruck legteerstmals Georg Agricola (1494 – 1555) dieses Wissen offen. Erschuf mit seinem Werk „De re metallica“ das bis ins 18. Jahrhun-dert hinein gültige Handbuch der Bergbau- und Hüttenkunde. Im12. und letzten Buch setzt er sich auch mit der verwandten Tech-nologie der Glasproduktion auseinander. Agricola hatte zuerstTheologie und Philosophie studiert, nahm dann aber nochmalsein Medizinstudium auf. Als Stadtarzt wirkte er ab 1527 in derjungen Bergstadt Sankt Joachimsthal und ab 1533 in Chemnitz,wo ebenfalls zahlreiche Hütten und Hammerwerke betrieben

links:Mandeville,Straßburg 1488,BOS

Agricolas „De remetallica“

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GlasbläserGeorgAgricola,De re me-tallica,1556Glasbläser,BOS

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wurden. Hier beschäftigte er sich anfangs mit den mineralischenHeilmitteln und gewann zunehmend praktisch-empirische Kennt-nisse des Hüttenwesens, an Hand derer er die Aussagen antikerAutoren wie Aristoteles und Dioskurides überprüfte. In „De remetallica“, das er im Manuskript 1550 abschloß, fand von denalten Autoritäten nur Plinius Gnade vor seinen Augen. In seinemAbschnitt zum Glas erwähnt Agricola ihn aber nur mit seiner An-sicht, daß (Berg-)Kristall der beste Ausgangsstoff für Glas seiund daß man in Indien damit ein besonders durchsichtiges Glasentwickelt habe.9 Wohl die Anfertigung der über 270 Holzschnitte,mit denen auch im Bild alle Einzelheiten der metallurgischenTechniken und alle benötigten Maschinen und Instrumente wie-dergegeben werden sollten, verzögerten den Druck dieses Wer-kes, so daß es erst 1556 kurz nach dem Tod Agricolas erschien.Auch für die Glasproduktion ließ Agricola vier Illustrationenschneiden, die drei verschiedene Ofenformen und zuletzt dieGlasbläser bei der Arbeit zeigen. Dieser Holzschnitt zeigt de-tailliert verschiedene Arbeitsschritte und -geräte: Ein Arbeiter holtGlasmasse aus dem Ofen, ein anderer formt sie auf einerMarmorplatte, ein dritter schwenkt die Masse über dem Kopf undein weiterer bläst in seine Pfeife. Die Zange, mit der das fertigeGefäß abgezwickt wird, liegt am Boden, ebenso wie zwei bron-zene Model für Formglas. Bruchglas wird gesammelt, um es spä-ter wieder der Glasmasse zuzusetzen. Eine hölzerne Trage wirdmit verschiedenen Gläsern bestückt. Einen Träger mit einer sol-chen Stellage erblickt man rechts im Hintergrund, links wird zweiMännern in einer Stube gerade eingeschenkt. Sein Wissen überGlas sammelte Agricola wohl zum größten Teil in den berühmtenGlashütten von Murano, die er während seines Venedigaufent-haltes 1524-26 aufgesucht hatte und die ihn stark beeindruckthaben müssen.10

1612 erschien erstmals eine eigene fachmännische Abhandlungüber die Produktion von Glas: die „Arte vetraria“ des FlorentinersAntonio Neri (1576 – 1614), einem Priester und Chemiker, überdessen Leben nur wenig bekannt ist. Er vereinigte in dieser Pub-likation sein gesamtes Wissen über die Glastechnologie, das erin Italien und den Niederlanden gesammelt hatte. ChristopherMerret (1614 – 1695), ein Gründungsmitglied der Royal Society,übersetzte das Werk zusammen mit einem Kommentar 1662 insEnglische, 1668 in die lateinische Sprache. Agricola, Neri undMerret werden zu den Pfeilern, auf denen Johann Kunckel von

Abhandlungen überdie Glaskunst: Neriund Merret

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Löwenstern sein Hauptwerk, die „Ars vitraria experimentalis“,errichtet.Johann Kunckel (um 1631/34 – 1703) stammt aus einer altenGlasmacherfamilie. Sein Vater war Glashüttenmeister, Scheide-künstler und Hofalchemist im holsteinischen Rendsburg. Hier

Kunckel, der Sohneines Glashütten-meisters

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erlernte er von seinem Vater die Kunst des Glasmachens underhielt anschließend eine Ausbildung zum Apotheker. 1655/56trat er als Kammerdiener, Chymicus und Hofapotheker in dieDienste des Herzogs Franz Carl von Sachsen-Lauenburg. AufSchloß Neuhaus an der Elbe, in Ratzeburg und im böhmischenSchlackenwerth unternahm er Versuche zur Scheidung von Me-tallen und zur Phosphorgewinnung. Von 1660 bis 1667 war ermeist auf Wanderschaft und lernte wohl in Holland die venezia-nisch-niederländische Glastechnik kennen. Dann wurde er andas „Geheime chymische Laboratorium“ des sächsischen Kur-fürsten Johann Georg II. in Dresden berufen, wo er auch mit derHerstellung von Gold beschäftigt war. Auf Grund höfischer Intri-gen verließ er Dresden 1677, um an der Universität WittenbergExperimentalchemie zu lehren. Bald trat er aber in den Dienstdes Großen Kurfürsten in Berlin, der ihm 1678 die Leitung derGlashütte auf dem Vorwerk Drewitz bei Potsdam übertrug unddas Privileg zur Herstellung von Kristallglas erteilte. In Branden-burg gelang es Kunckel als erstem, echte Rubinglasgefäße durchFärbung mit Gold herzustellen. Den Goldpurpur, der dafür not-wendig war, hat wohl der Hamburger Arzt Cassius entdeckt, aberKunckels technologischem Wissen und Können blieb es vorbe-halten, ihn in gleichbleibender Qualität zur Färbung von Glas ein-zusetzen. Für seine Verdienste erhielt Johann Kunckel 1685 dasGut Kladow bei Potsdam, den Sand- und den Pfauenwerder, dieheutige Pfaueninsel, zum Geschenk. Auf der Pfaueninsel errich-tete er ein Labor zur Herstellung farbiger Gläser, die er nur anden Hof und die Guineische Handelsgesellschaft verkaufen durf-te. 1688 entzog ihm Friedrich III., Nachfolger des Großen Kurfür-sten, seine Privilegien und Donationen, was Kunckel in finanzielleBedrängnis brachte. 1692 ernannte ihn Karl XI. von Schwedenzum Bergrat und erhob ihn im Jahr darauf als von Löwenstern inden erblichen Adelsstand. 1694 kehrte Kunckel nach Preußenzurück, wo er sich ins Privatleben zurückzieht. Hier entsteht seinzweites großes Werk, das „Laboratorium chymicum“. Auf einerseiner vielen Reisen stirbt er 1703 an einem unbekannten Ort.Johann Kunckel von Löwenstern ist noch von der alchimistischenTradition geprägt, aber zugleich ein Wegbereiter der Chemie alsWissenschaft. Als „Hermes“ wurde er 1693 in die Leopoldinaaufgenommen. Die Académie des Sciences in Paris wählte ihn1699 zum Mitglied.

Abb. linke Seite:Glasbläser.Radierung nachAgricola aus:Kunckel 1679BOS

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Kurz nach seiner Ankunft in Potsdam vollendete Johann Kunckelsein Hauptwerk, die „Ars vitraria experimentalis oder die voll-kommene Glasmacherkunst“, die 1679 in Leipzig gedruckt wur-de. Sie erlebte bis 1785 fünf Auflagen und bestimmte die Tech-nik des Glasmachens bis weit in das 19. Jahrhundert hinein.

Kunckel hatte bereits für 1677 eine deutsche Übersetzung desAntonio Neri im Buchhandel ankündigen lassen, konnte aber we-gen des Umzugs nach Potsdam die Arbeiten nicht fertigstellen.So gelang es dem Leipziger Juristen Friedrich Geissler (1636 –1679) bereits 1678 eine Übertragung zu publizieren, deren gerin-ge Sachkenntnis Kunckel vehement – und sogar auf dem Kupfer-titel seiner „Ars vitraria experimentalis“ – anprangern sollte. Aufder hellen, linken Seite sitzt der Verstand, der im Brennglas dasLicht der Wahrheit sammelt und damit die Leuchte der Natur ent-zündet, die von der Personifikation der Experientia hochgehaltenwird. Sie steht für Kunckels großen Erfahrungsschatz. Die rechteSchattenseite „zeigt, wie aus ungewisser Dämmerung durch trü-bes Zwielicht die irrende Phantasie zur Ergebnislosigkeit führt,wobei ihr auch eifriges Abschreiben fremder Bücher ... nichtshilft.“ 11 Das ist natürlich auf Geissler gemünzt, dem Kunckel auchim Text abspricht, an „der Musen Brüste gesogen“ zu haben,„sondern ... es sey der Phantasia ihr mit Lufft und Wind angefüll-ter Ledersack gewesen/ womit mancher ehrlicher Kerl ist betro-gen worden.“12 In seiner Vorrede verweist Kunckel immer wiederauf seine Experientz‘. Ihm geht es allein um die Praxis. Weit-schweifige Ausführungen zu „Ursprung und Alterthum der gan-tzen Glaskunst ...“ möge „höhern Rednern überlassen werden“,13

eben Neri und besonders Merret, beide im Gegensatz zu KunckelAkademiker.Im ersten Buch legt Kunckel seine Übersetzung Neris mit einemausführlichen kritischen Kommentar vor. Nach dem er alle Re-zepturen Neris im Experiment wiederholt hatte, war er überzeugt,daß aufgrund anderer Feuerungstechniken, der Sandbeschaffen-heit in Italien und der zahlreichen Zusatzstoffe unter deutschenBedingungen häufig keine befriedigenden Ergebnisse möglichwären. Er revidierte diese Meinung in der zweiten Auflage, als erin späteren Versuchen erfolgreicher war. Seinem Kommentarfügte er etliche Stiche bei, in denen er „vorstelle/ eine vollständi-ge deutsche Glas-Hütte/ so wohl im Grund-Riß/ als mit allen ih-ren Oefen: insonderheit auch/ vor die Liebhaber/ meinen bishero

Kunkels Hauptwerk„Ars vitraria“

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Kunckel, 1679Kupfertitel, BOS

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noch nicht gemeinen und sehr bequemen/ Glas- und Schmeltz-Ofen; zu welchen ein ieder/ leicht in seinen Haus/ eine Stelle sol-chen auffzubauen/ finden kann;“.14

Auch den Kommentar Christopher Merrets versah Kunckel mit„noch einigen nützlichen Observationen und curieusen Erinnerun-gen“.15 Merret endet mit einem „Anhang Von den Glasmacher-Oefen/ und deroselben üblichen Instrumenten oder Werkzeu-gen“.16 Dieser Anhang enthält den Abschnitt zur Glasproduktionaus Agricolas „De re metallica“, für den dessen Holzschnitte neugestochen wurden. Anschließend werden noch Ofen und Geräte,wie sie nun in den Niederlanden üblich waren, erläutert und ineiner Tafel gezeigt. Zuletzt beschreibt Merret die in England ge-bräuchlichen Instrumente.Der zweite Hauptteil umfaßt drei Bücher mit verschiedenstenExperimenten, die auf Kunckel selbst zurückgehen oder von ihmgesammelt wurden. Teilweise handeln sie nicht mehr vom Glas,sondern von anderen Gegenständen wie Porzellanlasuren undtürkische Papiere. Insgesamt hat Kunckel damit die umfangreichs-te Materialsammlung seiner Zeit zur ars vitraria vorgelegt, diewohl auch wegen ihrer detaillierten Illustrationen erfolgreicherwurde als Neris Originalausgabe. Die Betriebsgeheimnisse derkurfürstlichen Glashütte – etwa die Herstellung des Rubinglases –verriet er aber nicht.

Anmerkungen 1 es handelt sich um die Abschnitte 190-204; s. Gaius Plinius Secundus: ÜberGlas und Metalle. Übersetzt von der Projektgruppe Plinius. Hrsg. von Rolf C.A. Rottländer. St. Katharinen 2000, S. 16-35

2 Gaius Plinius Secundus: Naturkunde. Lateinisch – deutsch. Buch XXXVI. DieSteine. Hrsg. von Roderich König. München, Zürich, 1992, S. 127; s. auchAntikes Glas – Sammlung Morell. Bearb. von Brigitte Haas-Gebhard undRupert Gebhard. Schweinfurt, 2005, S. 9f.

3 zur Lokalisierung des Grabes Memnons am Belos bei einigen Autoren s.Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften. NeueBearb. Bd. 15, 1932, Sp. 643, zum Belos, ebd., Bd. 3, 1899, Sp. 259;Memnon ist der Sohn der Eos und des äthiopischen Königs Tithanos.

4 Flavius Josephus: Geschichte des jüdischen Krieges. Hrsg. v. HeinrichClementz. 7. Aufl., Wiesbaden 1985, S. 152 (Buch II, Kapitel 10,2)

5 Flavius Josephus: Historia vom Jüdischen Krieg [...]. Frankfurt, Main: GeorgRab d.Ä. und Weigand Hans Erben, 1571, Bl. 45r . In: Josephus, Flavius:Historien und Bücher [...]. Frankfurt, Main: Georg Rab d.Ä. und WeigandHans Erben, 1571

6 John Mandeville: Itinerarius, dt. Straßburg: Johann Prüß, 1488, Bl. B3v -B4r7 Abb. nach Albert Schramm: Der Bilderschmuck der Frühdrucke. Bd. 4,

Leipzig 1921, Nr. 591

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8 S. Josef Krása (Hg.): Die Reisen des Ritters John Mandeville. 28 kolorierteSilberstiftzeichnungen von einem Meister des Internationalen Stils um 1400im Besitz der British Library. München 1983, S. 15 und Abb. 27, S. 129ff.;Abb. ebenfalls in: Antikes Glas – Sammlung Morell, a.a.O., S. 116

9 Plinius 1992, S. 127 (XXXVI,192)10 s. Hans Prescher: Georgius Agricola. Persönlichkeit und Wirken für den

Bergbau und das Hüttenwesen des 16. Jahrhunderts. Weinheim 1985,besonders S. 30-34 (= Kommetarband zum Faksimile Georg Agricola: VomBergwerk XII Bücher, Weinheim 1985); s. Kostbare Drucke und Einbände aussechs Jahrhunderten. Dauerpräsentation aus Anlaß des 50jährigenBestehens der Bibliothek Otto Schäfer. 18. 3. 2001 – 12. 1. 2003. Bearb. vonGeorg Drescher. Schweinfurt 2001, Nr. 71; s. Antikes Glas – SammlungMorell, a.a.O., S. 30-33, hier mit einem Textauszug;

11 Heinrich Maurach: Johann Kunckel (1630 – 1709). In: Deutsches Museum:Abhandlung und Berichte 5, Heft 2 (1933), S. 31-64, S. 62; Zum folgenden s.auch Ulrich Troitzsch: Kunckel v. Löwenstern, Johann. In: Neue deutscheBiographie, Bd. 13, Berlin 1982, S. 287-288 und Wolfgang Fetzer: JohannKunckel. Leben und Werk eines großen deutschen Glasmachers des 17.Jahrhunderts. Berlin 1977

12 Ebd.13 Johann Kunckel von Löwenstern: Ars vitraria experimentalis. Frankfurt,

Leipzig, Jena 1679, T. 1, Bl. B2r14 Ebd., B4r15 Ebd., S. 21316 Ebd., S. 326

Gedenkstein Zofia MalczykenthülltAm 23. März 2007 berichtet das Schwein-furter Tagblatt:„An die am 21. März 1945 ermordete ZofiaMalczyk erinnert künftig ein Gedenkstein,der am 62. Todestag der damals 18-Jährigen Zwangsarbeiterin von Schülerndes Bayernkollegs und der polnischenKonsulin Aneta Berdys enthüllt wurde.Dem bewegenden Zeremoniell am Tatort inder Gustav-Adolf-Straße wohnten zirka250 Menschen bei. ...“ Hannes Helferich).In der Mainleite IV/2005 schilderte KurtPetzold die damaligen Vorkommnisse undderen juristische Aufarbeitung. -pet

Aktuelles

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Anlässlich des 1819 durchgeführten großzügigen Umbaus ihresWohn- und Geschäftshauses in der Kirchgasse 251 ließen Wil-helm (1784 – 1859) und Catharina Sattler (1789 – 1861)2 imTorbogen des Hauses einen Grundstein mit Erinnerungsstückenan Firma und Familie einmauern. 134 Jahre später, am 21. April1953, konnte dieser Stein nahezu unversehrt aus dem beimLuftangriff vom 24. Februar 1944 zerstörten Haus geborgenwerden. Das Schweinfurter Tagblatt berichtete zwei Tage späterunter der Überschrift „Die Locke der Catharina Geiger …“ überden Fund3, der dem Willen des Bauherren entsprechend inFamilienbesitz verblieb. Im Herbst 2006 schließlich erhielt dasStadtarchiv Schweinfurt durch Stiftung von Herrn Hans-GeorgDörken ein Konvolut mit Relikten des Grundsteines.4 Die imZeitungsbericht erwähnten Bleistiftportraits Wilhelm und Cathari-na Sattlers von Catharina Sattler5 und zwei kolorierte Feder-zeichnungen, das Ehepaar Sattler6 und die Großmutter JohannaBarbara Geiger mit ihren fünf Enkelkindern7 darstellend, eben-falls von Catharina Sattler, verblieben in Familienbesitz. Der de-finitive Inhalt des Grundsteines lässt sich aufgrund der Differen-zen zwischen dem „Verzeichnis was der Grundstein enthält.““,dem Zeitungsbericht und dem Inhalt des übergebenen Konvolu-tes derzeit nicht schlüssig rekonstruieren. Zudem erschweren diean den Papierdokumenten durchgeführten Restaurierungsarbei-ten die Klärung der Provenienzzusammenhänge.

Im Folgenden wird neben dem „Verzeichnis“ (1) und der Auf-schrift auf der den Grundsteininhalt abdeckenden SolnhofenerSteinplatte (2), der Text des in zweifacher Ausfertigung (Tuschebzw. Tinte) vorliegenden Briefes (3) der beiden Sattlers an ihreNachkommen vom 23./25. April 1819 samt Wilhelm SattlersAnmerkungen (4) und den Aufschriften der Briefumschläge (5)wiedergegeben. In ihrer Gesamtheit bieten diese Texte – mitAusnahme der eigenhändigen „Anmerkungen“ Wilhelm Sattlersvon Catharina Sattler geschrieben8 – aufschlussreiche Hinweiseauf die Verfasser. Abbildungen der Farb- und Stoffproben undder beiden kolorierten Federzeichnungen9 werden beigefügt.

Uwe Müller„es gewährt eine eigne Empfindung zu schreiben, wo für diespäten Nachkommen bestimmt ist“ –Der Grundstein des Sattler-Hauses Kirchgasse 25

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1 Inhaltsverzeichnis des Grundsteines:

Verzeichnis was der Grundstein enthält.No. 1 eine Probe Schweinfurter Grün, selbst erfunden10

2 eine do. Chromium Gelb3 eine do. Chrom: Gelb, hochgelb.4 eine do. braunen (ostindischen) Sago selbst bereitet u.erfunden11

5 eine do. weißen Sago.6 eine Preißliste mit Farbenmuster

Blick durch dieKirchgasse nachNorden auf dasSattler-Haus(um 1900)

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7 eine Preißliste No. 100. ohne Muster8 eine Probe Crapp Lack9 eine Probe Mineralgrün.mehrere Münzen wovon viele auf die neuern Zeiten geprägtworden sindeinige Rußische Münzen.ein Ring von Catarine Sattler 10 Jahre getragen.eine Münze von Gußeisen unsern Landesvater vorstellend, 1 vonSilberallerlei SteinabdrückeHaare von uns Allen, einige Cattunmuster wie die jezzige Modeist.Möchten alle diese Kleinigkeiten einst nur einiges Intereßeerregen so wäre so wäre [!] unser Wunsch erfüllt –

„Cattunmuster wiedie jezzige Mode ist“

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2 Deckplatte des Grundsteines:

Im Jahr 1819 ist die[ses] Haus erbauet worden, von WilhelmSattler, gebohren zu Caßel in Heßen, Anno 1784 den 13. May,kam Anno 1804 nach Schweinfurt wo er 1809 ohne Vermögeneine Farbenfabrick anlegte, und sich mit Catarine Geiger, (einerMahlerstochter dahier gebohren Anno 1789)12 verheyrathete,beide leben nun 10 Jahre in einer vergnügten Ehe .– Gott hat siemit gutem Fortgang ihres Geschäfts, mit Einigkeit u 5. Kinderngesegnet, als Joh. Caspar gebohren 1810. Christ. Wilhelm[gebohren] 1813. Johanna Carolina Antoinette [gebohren] 1815.Sophia Louise [gebohren] 1816. Georg Carl Gottlieb [gebohren]1818. Möge Gott mit ihnen seyn. 1819.

Deckplatte des 1819von Wilhelm undCatharina Sattlerbeim Umbau ihresHauses in derKirchgasse in denTorbogen eingefügtenGrundsteines

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3 Brief Wilhelm und Catharina Sattlers an ihre Nach-kommen (23./25. April 1819):[Text der ersten Fassung in Tusche, inhaltliche Abweichungender zweiten Fassung in Tinte sind in eckigen Klammern beige-fügt]

Wilhelm Sattler, Erbauer dieses Hauses, gebohren d. 13 May1784. seine Eltern waren Gottlieb Sattler, Kaufmann, u deßenGattin Caroline Antoinette, eine gebohrene Teichmüller, in HeßenCaßel.13 W. Sattler erlernte in hanöverisch Münden bei J. G.Retzmann die Handlung, gieng von da für G. E. Wüstenfeld inMünden nach Niederwerrn auf die Bleiweismühle, (die Letzterermit G. Gademann14 von hier in Comp. hatte) um das Geschäftmit dirigieren zu helfen, wo er 5. Jahre blieb, u neben seinenbestimmten Arbeiten, die Chemie als Lieblingswißenschaftstudierte, wozu auch sein Freund Ruß (Friedr. Russ) damals inder hiesigen Apothecke vieles beitrug. – Im Jahr 1808 imSeptember kaufte er dieses Haus um f 3000.15 welches eineGarküche war, u legte eine Farbenfabricke an, sein OheimGeorg Sattler in Münden unterstütze ihn dabei mit 200 StückCarolin16, welches er ihn 2 Jahre verzinßte, u als G. Sattler mitTod abgieng so war es sein Eigenthum. Alles Übrige mußte W.Sattler seinem eignen Fleiße verdanken; denn seine Mutter warschon seit 2 Jahren Wittwe, u hatte noch viele Kinder sie konnteihn also nicht so unterstüzen wie sie es wohl gerne gethan hätte.Im Frühjahr d. 14t. Februar 1809 verheyrathete er sich mitCatarine Geiger, Tochter von Conrad Geiger Mahler dahier, siewar gebohren d. 4t. Februar 1789. Beide leben nun 10. Jahre ineiner glücklichen Ehe, Gott hat ihren Fleiß belohnt und sie mitWohlstandt gesegnet. – Ohngeachtet es eine böße Zeit für denHandel war; – Krieg durch Kaiser Napoleon hat das ganze Landüberzogen, seine Tyranney beschränkte den Handel in allenFächern, doch auch dieses gab zu Speculationen Veranlaßung,un[d die] Chemie zeigte neue Mittel Vermögen zu erwerben –Napoleons System alle Europäische Häfen gegen England undIndien (deßen Handel die Engländer besaßen) zu sperrenmachte die Industrie rege, Kirchhofs Methode aus StärckeZucker zu machen gab zu wenig Nutzen – da kam Sattler u.seine Frau gemeinschaftlich auf den Gedanken aus Kartoffelnindischen Sago zu machen – es gieng nach mehreren Versuchenbald gut u. in wenigen Jahren wurden mehrere 1000 Centner

Abb. S.35:Wilhelm undCatharina Sattler,1819; kolorierteFederzeichnung vonCatharina Sattler

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verfertigt u beinahe in ganz Europa mit Vortheil abgesetzt, diesesFabrickat hatte zum Grund, daß 1813 in Schonungen die neueMühle gebaut wurde, die in den spätern Jahren 1815. 16. u 1817.wo die große Theurung eintrat den nahen Ortschaften vielenNutzen brachten, indem immer 40 bis 50 arme Menschen auf derFabrick die nun auch chemische Producte lieferte, ihr Brodverdienten.Da sich nun Sattlers Famillie immer mehr vergrößerte, so mußteauch für Platz gesorgt werden, gegenwärtig sind 5 Kinder amLebenals Joh. Caspar gebohr. 1810Christian Wilhelm [gebohr.] 1813.Johana Carolina Antonette 1815.Sophia Louisa [gebohr.] 1816.Georg Karl Gottlieb [gebohr.] 1818.Außer diesen befinden sich noch im Hause, Friedr. Russ. alsCompagnonM. Höflmayer als Magazinair3. Lehrlinge2. Comisdie Großmutter Joh. Barb. Geiger1. Knecht3. Mägde u viele Arbeitsleute.W. Sattler entschloß sich also dies Haus zu erweitern, u zwar so,daß die Höfe zu beiden Seiten überbaut werden, u mit demmittlern Hause in Verbindung gesetzt wurden [!] sollen.Sollten wenn dieses Schreiben hier einst gefunden wird, nochNachkommen von der Sattlerischen Famillie am Leben seyn, sowünschen wir Unterzeichnete, daß Ihnen dieses als ein Anden-ken an uns überlassen werden möchte.

So geschehen am 23 sten Aprill 1819.Wilhelm Sattler17

Catarine Sattler.

Die Bauleute warenMeister Adam Christ. Zimmermann von hierMeister Heinz. Maurer [von hier]Meister Weigand. Steinmetz. von Euerbach.Dieses Vorstehende ist mit Tusch geschrieben.

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[2. Fassung: Dieses ist deswegen doppelt ausgefertigt worden,weil man glaubt das Eine oder das Andere möchte verderbenDieses ist mit Tinte geschrieben]

Lebt nun wohl Ihr die Ihr es leset u findet – wie lange werde ichdann schon vor Gott stehen – u nicht mehr diesen mühevollenLebensweg wandeln – sammlet Gutes im Leben damit Ihr einstso froh Eurer letzten Stundte entgegen sehet, wie ich es thue, ichbin vor vielen beglückt gewesen, u doch glaube ich nichts andieser Welt zu verlieren, u richte meinen Blick mit Sehnsuchtnach Oben – mein guter Mann meine Kinder u Mutter sind mirdas Theuerste was ich besitze – sie machen mir die Welt lieb –Lebt wohl.1819.d. 25 AprilCatarine Sattlergeb. Geiger.

[2. Fassung: Lebt wohl meine Kinder! Und empfanget nachlangen Jahren von mir noch einen Segen! – Vertrauet auf Gott erwird stets Euer Begleiter seyn, u bleibt treu Euren Pflichten damitIhr ein reines Gewißen behaltet, denn das ist der größte

Johanna BarbaraGeiger, die MutterCatharina Sattlers,mit ihren fünfEnkelkindern, 1819;kolorierteFederzeichnung vonCatharina Sattler

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R[eich]thum in der Welt. Schweinfurt d. 25sten April 1819Catarine Sattler im 30sten Jahr meines Lebens.Euer Stammvater war ein thätiger fleißiger Mann, der nie rastenkonnte, ahmt ihn nach! – Dabei hatte er ein gutes Herz u warwohlthätig wo er helfen u rathen konnte, Gott sey mit Ihm! – ]

4 Anmerkungen Wilhelm Sattlers zum vorstehendenBrief:

Verschiedene Anmerkungen.1) Das voranstehende Vermächtniß hat für unsere Nachkommengewiß noch einen grösern Werth, wenn ich ihnen sage, daß esvon Caterine Sattler selbst aufgesezt und eigenhändig geschrie-ben wurde; – es gewährt eine eigne Empfindung zu schreiben,wo für die späten Nachkommen bestimmt ist.W Sattler.2) In diesem Jahre vereinigte ich mich mit den KaufLeuten FrdrWilh Wolff dahier, und J. H. Lebküchner um eine Papiermühle aufder blos feine Pappiere verfertigt werden sollten, zu errichten, eswurde für gemeinschaftliche Rechnung bey Kronungen undOberwern die schöne Storchsmühle gekauft, u soll noch diesesJahr eingerichtet werden.3) Meinen Nachkommen gebe ich noch den gutgemeinten Ratalles was sie zum Erwerbsmittel angreifen mit Ordnung u Eiferzu führen, es ist warlich nicht der Artickel der reich macht, nichtdas Geschäft sondern die Idee die es belebt, – daß jedoch beyden gewönlichen Geschäften der Verdienst kleiner als bey denseltenern ist, – ist nur zu wahr. Die Chemie ist eine unerschöpfli-che Quelle, Reichthümer zu sammlen, nur verlange man nichtsvon ihr was sie nicht nach Vernunftgründen lehrt, u besondersverachte man keinen geringfügig scheinenden Artickel, geradediese sind es bey denen am meisten verdient wird, – die Welt istgroß, – der Menschen viel, – es wird viel gebraucht, mehr alsviele viele kluge Kaufleute ahnden. – ich habe jezt nach 10Jahren wohl eine Summa von 40 bis 50 Tausend Centner eigneFabrikate u Praeparate in die Welt geschickt, u fänd noch vielegering scheinende Waaren mit denen gute Geschäfte gemachtwerden könnten.Gegenwärtige vorzügl. Chemische Schriften sind.Chaptals Chemische Werke18.

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Bourguets Handwörterbuch19

Hermstaeds Chemische Schriften20

Viele Journale21 u. a. m.Wenn man aber Chemie studiren will, so lerne man vor allen diealten Chemischen Werke verstehen, aus ihnen habe ich diegrößten Entdeckungen für mein Fach gemacht.W Sattler

5 Briefumschläge:

An die Sattlerische Nachkommen, wenn bei Findung dieses nochwelche am Leben sind von ihren Stammältern Wilhelm Sattler,der Erste dieses Namens in Schweinfurt von Hessen Caßel. undCatarine Sattler, gebohrne Geiger. Siegel: W. SATTLER INSCHWEINFURT a/m; F v L22.

Man bittet den Finder dieses, Beide Briefe an die SattlerischeFamillie abzugeben wenn noch welche am Leben sind. Siegel: W.SATTLER IN SCHWEINFURT a/m; F v L.

Farb- und Sagoprobenaus der ProduktionWilhelm Sattlers

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Anmerkungen1 Nr. 25 (alte Nr. 224, dann Nr. 236) und das 1844 erworbene und später neubebaute Nachbaranwesen Nr. 27

wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört; heute befinden sich an ihrer Stelle Parkhaus und Parkplatz „Graben“.Paul Ultsch, Die Eintracht baut ein Haus, in: Schweinfurter Heimatblätter 1966 (Nr. 7 – 15) u. 1967 (Nr. 1 –16); Paul Ultsch, Kirchgasse 27 – Ein Haus und seine Bewohner, in: Geschichte und Gegenwart, Schweinfurt1975 (Miscellanea Suinfurtensia Historica VI, Veröff. d. Historischen Vereins Schweinfurt u. d. StadtarchivsSchweinfurt, Sonderreihe – Heft 9), S. 134-155. Der Beitrag sei Herrn Otto G. Schäfer zum 70. Geburtstaggewidmet in herzlicher Dankbarkeit für sein großes mäzenatisches Engagement und die äußerst fruchtbareZusammenarbeit mit Stadtarchiv und –bibliothek und Historischem Verein.

2 Knappe biographische Skizze: Uwe Müller, Sattler, Johann Christian Wilhelm, in: Neue Deutsche Biographie,22. Bd., Berlin 2005, S. 445f. (= NDB). Weiterführend: Franz J. Bauer, Bürgerwege und Bürgerwelten.Familienbiographische Untersuchungen zum deutschen Bürgertum im 19. Jahrhundert, Göttingen 1991(Schriftenreihe d. Hist. Kommission b. d. Bayer. Akademie d. Wissenschaften, Bd. 43); Ludwig Bechstein,Kunstfleiß und Gewerbefleiß. In einigen einfachen, wahrheitstreuen Lebensbildern geschildert von LudwigBechstein, Leipzig 1860; Andrea Brandl, Wilhelm Sattler (1784 – 1859), in: Uwe Müller (Hg.), erinnern:Wilhelm Sattler (1784 – 1859) und der „Schwarze Einser“, Schweinfurt 1999 (Ausstellungshefte desStadtarchivs Schweinfurt, Nr. 4), S. 3-32; Paul Ultsch, Eintracht (wie Anm. 1); Paul Ultsch, Wilhelm Sattler,in: Gerhard Pfeiffer (Hg.), Fränkische Lebensbilder, 4. Bd., Neustadt a. d. Aisch 1971, S. 230 – 242; PaulUltsch, Wilhelm Sattler – Der fränkische Farbenpionier, in: Rainer A. Müller (Hg.), Unternehmer – Arbeitneh-mer. Lebensbilder aus der Frühzeit der Industrialisierung in Bayern, München 21987, S. 328 – 335 (Veröff. z.bay. Geschichte u. Kultur 7).

3 Die Locke der Catharina Geiger … Historischer Fund in der Kirchgasse, in: Schweinfurter Tagblatt, 1953 IV23, S. 3.

4 Herrn Dr. Erich Schneider, Leiter der Museen und Galerien der Stadt Schweinfurt, danke ich herzlich für dieVermittlung und kunsthistorischen Rat.

5 Vermutlich handelt es sich dabei um die in Paul Ultsch: Die Liebesgeschichte der Catharina Geiger von ihrselbst in anmutigen Zeichnungen dargestellt und der Nachwelt erhalten, Schweinfurt 1991, S. 44 abgebilde-ten Zeichnungen.

6 Bildgröße: ca. 14 cm (H) x ca. 13 cm (B); mit Unterschrift: ca. 21 cm (H) x ca. 13 cm (B). Sign.: Cat. Sattlerfecit.

7 Bildgröße: ca. 11 cm (H) x ca. 21 cm (B); mit Unterschrift: ca. 13 cm (H) x ca. 21 cm (B). Sign.: C. S. fecit.8 Herrn Dr. Hans Graetz danke ich herzlich für entsprechende Hinweise.9 Herrn Hans-Georg Dörken danke ich herzlich für die Genehmigung zum Abdruck und für die freundliche

Unterstützung meiner Recherchen.10 Carina Marrder, Schweinfurter Grün, in: Restauro 2004, S. 326-331, 543-547. 1805 trat der im Kolonial- und

Drogenhandel ausgebildete Sattler als Geschäftsführer in die Bleiweißfabrik des Johann Georg Gademann(1754 – 1813) in Niederwerrn ein. Bereits 1808 machte er sich im benachbarten Schweinfurt selbständig. Diegemeinsam mit dem Apotheker Friedrich Wilhelm Ruß (1779 – 1843) erzielten wesentlichen Fortschritte aufdem Gebiet der Mineralfarbenherstellung (u. a. 1814 „Schweinfurter Grün“ Cu(CH3COO)2

. 3Cu(As02)2Kupfer(II)-acetatarsenit) und die unter dem Eindruck der Kontinentalsperre betriebene Entwicklung einesSagosurrogats aus Kartoffeln waren entscheidend für den frühen Erfolg der Sattlerschen Unternehmungen.

11 Vgl. Anm. 10.12 Maria Catharina Sattler (1789 – 1861), Künstlerin, Tochter des Conrad Geiger (1751 – 1808), Kunstmaler in

Schweinfurt und der Johanna Barbara, geb. Schöner (1757 – 1822); 13 Kinder (NDB, wie Anm. 2); ErichSchneider, Conrad Geiger. Ein fränkischer Maler am Ende des Alten Reiches 1751 – 1808. Monographie undWerkverzeichnis, Nürnberg 1990; Ferdinand Gademann (Hg.), Das Zeichenbuch der Catharina Geigerin unddie Künstlerfamilie Geiger in Schweinfurt, Schweinfurt 1929.

13 Gottlieb Sattler (1739 – 1807), Kaufm. in Kassel (Kolonialwaren u. Drogen); Caroline Magdalena Antoinette,geb. Teichmann (* 1755 in Braunschweig) (NDB, wie Anm. 2).

14 Ferdinand Gademann, Gademann, Johann Georg 1754 – 1813, in: Anton Chroust (Hg.), Lebensläufe aus

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Franken, 2. Bd., Würzburg 1922, S. 138-144.15 Bechstein (wie Anm. 2), spricht vom Erwerb des Hauses mit einem Vorschuß des Oheims in Höhe von 1000

Talern (S. 54); seine Angabe wurde von der lokalen Sekundärliteratur übernommen (Brandl (wie Anm. 2),S. 5; Ultsch, Eintracht (wie Anm. 1), S. 29; Ultsch, Liebesgeschichte (wie Anm. 4), S. 14. Bauer (wieAnm. 2), S. 25, bezieht sich hingegen auf die Angaben des Grundstein-Dokuments.

16 Karolin: ursprl. bayerische Goldmünze des Kurfürsten Karl Albrecht (reg. 1726 – 1745) im Wert von 10Gulden; von vielen Fürsten nachgeahmt. Später in Süddeutschland als Rechengröße zu 11 Guldengebraucht (Kahnt, Helmut; Knorr, Bernd, Alte Maße, Münzen und Gewichte, Mannheim/Wien/Zürich 1987,S. 138), dementsprechend ist von einer Darlehenshöhe von 2200 Gulden auszugehen (so auch Bauer (wieAnm. 2, S. 25)).

17 Eigenhändige Unterschrift Wilhelm Sattlers; die zweite Fassung ist nur von Catharina Sattler unterzeichnet.18 Im Folgenden eine Auswahl der infrage kommenden Werke; Frau Dipl.-Bibl. Ute Grad danke ich herzlich für

die Durchführung der bibliographischen Recherchen. Jean-Antoine-Claude Chaptal: Tableau Analytique DuCours De Chymie …, Montpellier 1783; Élemens de Chymie, Paris 1796; L’Art de faire le vin, Paris 1801;Traité théorique et pratique sur la culture de la vigne, avec l’art de faire le vin, les eaux-de-vie esprit-devin,vinaigres simples et composés, Paris 1801; Essai sur le perfectionement des arts chimiques, Paris 1802;Chimie appliqué aux Arts, Paris 1807; L’Art de la teinture du Coton en rouge, Paris 1807.

19 David Ludwig Bourguet: Chemisches Handwörterbuch nach den neuesten Entdeckungen entworfen, 6 Bde.,1 Suppl.-Bd., Berlin 1802-1805 (ab Bd. 3 fortgesetzt von Benjamin Jeremias Richter).

20 Sigismund Friedrich Hermbstädt: Physikalisch-chemische Versuche und Beobachtungen, Berlin 1786-1789;Systematischer Grundriß der allgemeinen Experimentalchemie zum Gebrauch seiner Vorlesungen entworfen,4 Bde., Berlin 1800-1805; Allgemeines Handbuch für Callico-, Cambric-, Ziz-, Kattun- und Leinwanddruckerso wie für die Manufacturisten dieser Waaren, … Nach dem Englischen Original des CambricdruckersCharles O’Brien …, Leipzig 1805; Chemisch-technologische Grundsätze der gesammten Ledergerberey, odertheoretische und praktische Anleitung zur rationellen Kenntnis und Ausübung der Lohgerberey, der Cordian-und Saffrangerberey …, Berlin 1805-1807; Grundriß der Färbekunst oder allgemeine theoretische undpraktische Anleitung zur rationellen Ausübung der Wollen- Seiden- Baumwollen- und Leinenfärberey …,Berlin 1807; Anleitung zur praktisch-ökonomischen Fabrikation des Zuckers und eines brauchbaren Syrupsaus den Runkelrüben, so wie zur anderweitigen Benutzung desselben, Berlin 1811.

21 So z. B. das von dem Chemieprofessor Adolph Ferdinand Gehlen herausgegebene „Journal für die Chemie,Physik und Mineralogie“, Berlin 1806-1810; das Stadtarchiv Schweinfurt konnte 2003 zwei Bände (Bd. 6,Berlin 1808; Bd. 8, Berlin 1809) mit dem Besitzeintrag „Fr. Ruß“ erwerben.

22 F[leiß] v[erdient] L[ohn]: Motto Wilhelm Sattlers (freundlicher Hinweis von Frau Andrea Brandl M. A., Museenund Galerien der Stadt Schweinfurt); Schneider, Erich; Brandl, Andrea (Bearb.), Schweinfurt – Bilder einerStadt in der Druckgraphik vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, Schweinfurt 1991 (Schweinfurter Museums-schriften 39), S. 134).

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Lange Zeit galt die halbeingefallene Turnhalle am Obertor als„Schandfleck“. Im vergangenen Jahr wurde deshalb wenigstensder Abriß durchgeführt. Da „sorgte“, wie die Volkszeitung am 30.September 2006 berichtete, „ein Elektro-Hammer bei Stemmar-beiten für ein sehr dumpfes Geräusch – und eine Überraschung.“Arbeiter hatten, wie sich nach dem Aufstemmen des Naturstein-deckels und der Entnahme eines Metallkastens zeigte, denGrundstein der ehemaligen Turnhalle der TurngemeindeSchweinfurt (TG) entdeckt.Die Vorstandschaft der TG, die zunächst verständigt wurde undden Inhalt sichtete, war sich relativ schnell klar, dass die StadtSchweinfurt nach dem Verkauf des Geländes mittlerweile derrechtmäßige Eigentümer des Steins und des Inhalts wäre. So bewahrt heute das Stadtarchiv Schweinfurt die Urkunden derGrundsteinlegung auf, während der 400kg schwere Grundsteinim Eingangsbereich des heutigen Vereinshauses der Turnge-meinde am Lindenbrunnenweg eingelassen wurde.Im folgenden werden zunächst der Inhalt des Grundsteins vor-gestellt, dann die Urkunde im Wortlaut wiedergegeben und imdritten Abschnitt die Geschichte der Turnhalle zusammengefasst.Als Anhang ist eine Statistik des Turnsports von 1904 beigefügt.

Ernst Petersen„... im modernen Baustil mit Barockformen erbaut“Der wiederaufgefundene Grundstein der Turngemeindehalle von 1904

Ein überraschenderFund

Grundstein derTurngemeindehallevon 1904/05.Heute aufgestellt amVereinsheim amLindenbrunnenweg

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1. Inhalt des Grundsteins

1 7 Photographien. 2 Portraits sind bezeichnet:„Hch. Egelsehr, Diplom=Architekt“1

„Karl Will, Schriftführer der Turngemeinde Schweinfurt 1904.“2 1 silbernes Abzeichen (Vereinsnadel), Adler mit Wappenschildbez „S“3 15 Schweinfurter Ansichtskarten (schwarz-weiß): Am Ross-markt, Rückert-Denkmal, Marktplatz (mit coloriertem Prägedruck-wappen), Kriegerdenkmal, Partie an der Maxbrücke, Steinwegmit kath. Kirche, Neue Mainbrücke, Spitalstraße, Hauptbahnhof,Krankenhaus, Rathaus, Zeughaus, Peterstirn, Schloss Mainberg,St. Johanniskirche4 Urkunde über die am heutigen Tage stattgefundene Grund-steinlegung einer Turnhalle und Vereinshaus der hiesigenTurngemeinde. Schweinfurt am 19 September 19045 Liste der Spender und Zeichner von Antheilscheinen zumTurnhallenbau der Turngemeinde, Schweinfurt am 19 September19042

6 Satzungen der Turngemeinde Schweinfurt, AnerkannterVerein., [Anhang Turn=Ordnung], Schweinfurt 19047 Handbüchlein für den Unterfränkischen Turner, Würzburg 19008 Blätter für die Angelegenheiten des Bayerischen Turnerbundes(XII. deutscher Turnkreis). Organ für das gesamte bayerischeTurnwesen. Zweiundvierzigster Jahrgang. (1904) Nr. 83 vom 1.August 1904, und Nr. 9 vom 5. August 1904, Nürnberg 19049 Archiv für Stadt und Bezirksamt Schweinfurt Nr. 7 und 9,Schweinfurt 190410 Schweinfurter Tagblatt Nr. 219 vom 17. September 19044

11 Unterfränkische Zeitung Nr. 219 vom 17. September 190412 Deutsche Turn-Zeitung. Für die Angelegenheiten desgesamten Turnwesens. Blätter der Deutschen Turnerschaft. Nr.37 vom 18. September 19045

2. UrkundeUrkunde über die am heutigen Tage stattgefundene Grundstein-legung einer Turnhalle und Vereinshaus der hiesigen Turnge-meinde. Schweinfurt am 19 September 1904 [Titelblatt]Urkunde über die am heutigen Tage vorgenommene Grundstein-legung einer Turnhalle und Vereinshauses der „TurngemeindeSchweinfurt“

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Das Jahr 1848, in dem der Völkerfrühling durch die deutschenLande brauste, war auch das Geburtsjahr der TurngemeindeSchweinfurt.Das Bestehen derselben war nur allzu kurz. Die im Anfang derfünfziger Jahre hereinbrechende Reaktion machte der Turnge-meinde und somit dem turnerischen Leben in hiesiger Stadt einEnde.Als aber im Jahre 1860 eine neue freiere Zeit angebrochen war,wurde dieselbe neu unter dem Namen „Turnverein Schweinfurt“begründet, und erst die 25jährige Jubelfeier 1873 brachte ihrden ursprünglichen Namen Turngemeinde Schweinfurt wieder.Die Namen derjenigen welche die erste Anregung der Gründungim Jahr 1848 und der Wiederauflebung im Jahr 1860 gegebenhaben, Ferdinand Fischer und Wilhelm Stichart werden un-vergeßlich bleiben.Es hatte zwar der löbliche Magistrat hiesiger Stadt im Jahre1863 mit einem Kostenaufwand von Mk 20.000 eine Turnhalle– jetzt Markthalle – erbaut; allein die Beschaffenheit derselbenmachte sie für den Turnbetrieb hauptsächlich im Winter, voll-ständig ungeeignet. Es war deshalb allzeit das Bestreben desTurnrathes der Turngemeinde dahin gerichtet, sich wenn Zeit undUmstände es gestatten würden, ein eigenes Heim zu erbauen.Weise Sparsamkeit hatten es ermöglicht, eine Summe von circaMk 5.000 zu ersparen, und so konnten unter dem damaligenI Sprecher Heinrich Herbert, die vom leider verstorbenen sei-nerzeitigen I Turnrath Konrad Müller in Vorschlag gebrachten,an der Luitpoldstraße gelegenen, der Familie Sattler und derHospitalstiftung gehörigen Aecker 3.200 ¤Meter a 1.50 der¤Meter groß, im Jahr 1893 zur Erbauung einer Turnhalle mitdaran stoßendem Turnplatz käuflich erworben werden.Da die Turngemeinde nicht in der Lage war, schon damals denprojektierten Turnhallenbau beginnen zu können, nahm sie dasAnerbieten der katholischen Kirchenverwaltung an, denBauplatz mietweise zur Errichtung einer Nothkirche abzutreten.Inzwischen war von der kgl Staatsregierung beschlossenworden, ein Justizgebäude dahier zu erbauen und von ihrder Platz auf dem das Spital stand hierfür ausersehen. Wienicht anders zu erwarten war, kam die Stadtvertretung demWunsche der Regierung nach und überließ ihr das bisherigeKrankenhaus, um an dessen Stelle einen Justizneubau errichtenzu lassen.

Urkunde, Titelblatt

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Diese Wendung der Dinge war für die Turngemeinde von großemVortheil, war doch durch den geplanten Neubau der Bauplatzbedeutend werthvoller geworden, was umsomehr zu begrü-ßen war, als es der Turngemeinde unter den nunmehr völligveränderten Umständen schwerlich gestattet worden wäre, in derWeise ihr Heim zu errichten und den Turnplatz anzulegen, wie esursprünglich geplant war.Nun galt es Umschau zu halten nach anderen geeignetenPlätzen. Es war uns bekannt, dass im Jahr 1904 der alte Friedhofzur Auflassung käme und dass höheren Ortes Geneigtheitbestände, uns einen Theil deßelben zu überlassen.Es wäre ein idealer Gedanke gewesen, die Ruhestätte unsererAltvorderen, als eine Pflegestätte der Leibesübungen zur Erstar-kung der Jugend, und somit zur Gesundung des Volkes verwen-den zu können. Diesbezüglich angeknüpfte Verhandlungen ließenerkennen, dass die Verwirklichung dieses Gedankens aufunüberwindliche Hinderniße stoßen würde und so standen wirvon demselben ab.Da von privater Seite in der Nähe der Stadt absolut nichts zuhaben war, welches auch nur einigermaßen unseren Zweckenhätte dienen können, wandten wir uns abermals vertrauensvollan die verehrl städt Kollegien und baten um käuflicheUeberlassung von circa 4000 ¤Meter Boden von den am oberenThor, der Hospital-Stiftung gehörigen, belegenen so genanntenBrüllochsenäcker, beziehungsweise um Abtretung der gleichenFläche des zugeschütteten Spitalsees. Magistrat und Gemeinde-kollegium entschied sich für den Verkauf der Erstgenanntenum den Preis von Mk 2.50 pro ¤Meter.Alsbald wurde seitens der Turngemeinde an die derselben angehörenden Herrn Architekten Fritz Gottschalk undFranz Lehrmann ein Bauprogramm gesandt, ebenso an HerrnArchitekt und Hauptlehrer Heinrich Egelsehr in Nürnberg, demSohn unseres Turnrathsmitgliedes Georg Egelsehr. Herr Gott-schalk lehnte die Betheiligung ab, und gelangte der Plan desHerrn Heinrich Egelsehr zur Annahme.Während all dieser mühevollen Verhandlungen und bevor einendgültiger Entscheid getroffen war, wem die Erbauung derTurnhalle zufallen würde, hatte Herr Architekt Franz Lehrmannuns unseren Bauplatz an der Luitpoldstraße um den Betrag von23.000 Mark abgekauft.Dieses geschah im Juli 1903. Dieselbe wurden sofort verzinslich

Das Grundstück ander Klingenbrunn-straße

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angelegt und bildeten mit der, seit einer Reihe von Jahren, durchAbführung eines Theils der Mitgliederbeiträge, durch Veranstaltungmancherlei Aufführung für die Öffentlichkeit, und durch Zinsund Zinseszins ersparten Mk 10.000, in Summa 33.000 Mkeinen ansehnlichen Grundstock für unser Unternehmen.Immerhin blieben, da die Ausführung des Unternehmens auf60.000 Mark veranschlagt warPlatz Mark 12.000Bau Mark 40.000Planierung Mark 5.000Geräthe usw. Mark 3.000noch Mark 27.000 ungedeckt.Die Erhöhung der Summe für den Bauplatz und Turnplatz vonMk 10.000 auf Mk 12.000 brachte der Umstand mit sich,daß um den jetzt allenthalben eingeführten Turnspielen voll undganz Rechnung tragen zu können, 800 ¤Meter mehr erworbenwurden.Um die an der Summe von Mk 60.000 zur Durchführung desUnternehmens noch fehlenden Mk 27.000 ohne besondereBelastung für die Turngemeinde wenigstens theilweise beschaffenzu können, sollte dem zu erwählenden Finanzausschuß derGedanke unterbreitet werden, eine allgemeine Sammlung zuveranstalten. Es haben denn auch die Herren, die Namenderselben sind dieser Niederschrift beigelegt, insbesondere derVorsitzende Herr Kaufmann und Magistratsrath Philipp Degner

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sich redlich bemüht, die Finanzfrage in der vortheilhaftesten Weisefür die Turngemeinde zu regeln. Eine vorgenommene Sammlungergab die respektable Summe von Mk 6.000 Spende und 7.000Mark unverzinsliche Antheilscheine a 50 Mk in Summa Mark13.000. Die Namen der hochherzigen Spender sind gleichfallsdieser Urkunde beigelegt. Wir aber wollen herzlichen Danksagen, der bis in die fernsten Zeiten erklingen mag.Am 07. September des Jahres 1904 wurde der [Verkauf des]Bauplatzes in Gegenwart des Herrn II Bürgermeister WilhelmDittmann als Vertreter der Stadt, des Herrn Magistratsrath CarlSchmidt als Vertreter der Hospitalstiftung, sowie des unterzeich-neten I Sprechers der Turngemeinde Friedrich Wenning unddes Schriftwartes derselben, Carl Will, vor dem königlichen NotarJustizrath Jakob Albert protokolliert und mit Mk 12.150 barbezahlt.Als bald begannen nun unter der Leitung des Herrn Diplom.Archi-tekten und Hauptlehrer an der Baugewerkschule in NürnbergHeinrich Egelsehr die Vorarbeiten zum Bau der langersehntenTurnhalle nebst Vereinshaus, und heute sind wir soweit, unterAnwesenheit der Herren, deren Namen dieser Urkunde beigelegtsind, die Grundsteinlegung bethätigen zu können.Möge der Bau glücklich seiner Vollendung entgegen gehen.Möge nach derselben reges turnerisches Leben darin herrschenund der Geist der Eintracht in der Erreichung des Zieles dieMitglieder der Turngemeinde allzeit beseelen, sich selbst zurEhre, zur Ehre unserer Stadt Schweinfurt, zu Nutz und Frommendes Vaterlandes.Mögen aber auch die Turner, zu deren Besten wir dieses Hauserstehen lassen, stets der Männer gedenken die unter Mühenund Kämpfen es möglich gemacht haben, der Turngemeinde eineigenes Heim zu schaffen.Bevor wir diese Niederschrift schließen, wollen wir nicht verfeh-len, der verehrlichen Stadtvertretung, an deren Spitze Herr IBürgermeister Hofrath Söldner, für das allzeit der Turnsache undder Turngemeinde bewiesene Wohlwollen, insbesondere für diekäufliche Abtretung der Bodenfläche und der theilweisen Erlas-sung der Straßenbau- und Kanaleinlaßgebühren, den allerherz-lichsten Dank auszusprechen.Schweinfurt, den 19 September 1904Friedrich WenningI Sprecher der Turngemeinde.

Spendenliste ausdem Grundstein

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Zur Zeit der Erbauung der Turnhalle nebst Vereinsgebäude derTurngemeinde wara) Herr Hofrat Wilhelm Söldner, I Bürgermeister von SchweinfurtHerr Wilhelm Dittmann, II Bürgermeister von SchweinfurtHerr Kurt Römer, Stadtbaurath von Schweinfurtb) Herr Justizrath Gustav Breitung, I VorsitzenderHerr Wilhelm Fischer, Großkaufmann, II VorsitzenderHerr Paul Sigmund Cramer, Großkaufmann, I SchriftführerHerr Friedrich Gademann, Kommerzienrath, II Schriftführerdes Kollegium der Gemeindebevollmächtigten

Der Turnrath der Turngemeinde bestand ausdem Ehrenvorsitzenden Heinrich HerbertI Sprecher Friedrich WenningII Sprecher Anton SchallerSchriftwart Carl WillSäckelwart Fritz BrechtI Turnwart Martin WegerII Turnwart August ZwirrleinZeugwart Georg HoffritzTurnratsmitglieder: Carl Schmidt, Wilhelm Zinn, Willy Cramer,Julius Lindner, Julius Oberle, Georg Zorn, Georg Egelsehr,Hermann VogelVereinsdiener war Konrad Gehling

Der Finanzausschuss bestand aus den Herren:Philipp Degner Magistratsrath, Vorsitzender und KassierPaul Sigmund Cramer, GroßkaufmannWilhelm Fischer, GroßkaufmannEmil Heimann, kgl Kommerzienrath und MagistratsrathLudwig Heimann, FabrikantCarl Fischer, FabrikdirektorEduard Rosa, Kaufmann

Es kommen hinzu nachverzeichnete Herren, welche sich außerobigen und den Turnratsmitgliedern als Sammler der Spendenzur Verfügung stellten:Herr Fritz Blickle, Privatier und Magistratsrath „ Paul Käst, Metzgermeister „ Georg Gensler, Schreinermeister „ Heinrich Kröner, Dekorateur u Tapezierer

Photographien derVorstandschaft

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3. Geschichte der Turnhalle

Für den heutigen Betrachter erscheint es selbstverständlich,dass in Hallen geturnt wird. Nur wenn die körperliche Unbeweg-lichkeit der Jugend beklagt wird, fehlen die Hinweise nicht, dassdie Spielplätze bedauerlicherweise keine Reckstangen u.ä. mehrböten. Und nur bei Massenveranstaltungen wie den Turnfestensieht man im Fernsehen gymnastische Turnübungen im Freien.Freilich wurde in den ersten Jahren der Turnbewegungvornehmlich im Freien geturnt. Im Sommer gab es dabeiüberhaupt keine Probleme. Das „Anturnen“ zu Beginn derSommersaison im Mai – und das auch das „Abturnen“ – wurdengebührend feierlich begangen. In einem großen Festprogrammwurde das Können der einzelnen Abteilungen präsentiert.Lediglich das Turnen im Winter benötigte Übungssäle. Ansolchen fehlte es jedoch in Schweinfurt lange Jahre. „Abbruchrei-fe Scheunen, Wirtschaftslokale bezw. eine Halle unter demRathause gaben notdürftigen Unterschlupf für die raue Jahres-zeit“.6 So wurde schon bald nach der Neuzulassung der TG imJahr 1860 eine Turnhalle auf dem Sommerturngelände auf demBleichrasen projektiert, die aber nicht realisiert wurde. Zum einensah die Schützengesellschaft dadurch ihre ganz in der Nähegelegene Schießanlage gefährdet und zum anderen begründetedie Stadt Schweinfurt ihre Ablehnung 1861 mit dem Hinweis aufden geplanten Bau einer eigenen Turnhalle.7 Diese wurde zwar

Anturnen im Mai

Entwurf einerTurnhalle 1860/61(Dokumente 2)Turnplatz auf demBleichrasen (rechts)

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1863 errichtet, war aber, wie die Urkunde der Grundsteinlegungbedauert, „für den Turnbetrieb hauptsächlich im Winter, vollstän-dig ungeeignet.“ Diese Halle wurde auch meist als Markthalleverwendet und stand eher für landwirtschaftliche Veranstaltungenwie den Viehmärkten zur Verfügung.Für die ersten Jahre sind als Turnstätten namentlich aufgelistet:8

1848-51 Saal des Gasthauses zum Löwen1860/61 Scheune des Schreinermeisters Ph. Meyer in der

Wolfsgasse1861/62 Halle des Zeughauses, Sattlersche Fabrik1863 unfertige städt. (Markt-)Halle in der Hadergasse1864/65 städt. Turnhalle in der Hadergasse1865/66 kein Turnen, da die Halle vom Militär belegt ist1866/67 Salzmagazin der Stadt am Rossmarkt1867/68 keine Halle gefunden

1869 wurde den Turnern dann der untere Rathaussaal, der da-mals eher eine Lagerhalle war, zur Verfügung gestellt. Verständ-lich, dass Barren, Reck, Pferd und Matten nicht fest eingebautwerden durften. Dort wurden von Montag bis Donnerstag Übungs-stunden abgehalten.

Das Damenturnen, das 1897 in der Turngemeinde aufgenommenwurde, fand einen anderen Unterschlupf: In der Turnhalle derSteinwegschule, Realschule, kamen sie unter der Leitung derTurnlehrer Wenning und Henne zusammen. Schon 1901 hat sichallerdings die Frauenriege wieder aufgelöst, bevor sie endgültigab 1913 wieder im Vereinsleben aktiv wurde. Im Übrigen befandsich ab 1885 neben dem Schulgelände der neue Sommerturn-platz der Turngemeinde.

Spätestens seit den 80er Jahren wurde der Bau einer eigenenTurnhalle und eines damit verbundenen Vereinshauses zielstre-big verfolgt. Man erwarb 1892 ein Grundstück an der Luitpold-straße von etwa 3.000 m2, das man aber später – 1902 –gewinnbringend wieder veräußerte: Die kath. Notkirche und dasJustizgebäude wurden später darauf errichtet.Plötzlich hat auf einmal auch der Magistrat ein gesteigertesInteresse an einer baldigen neuen Turnhalle. Denn Ende 1893plant die katholische Kirchengemeinde den Abriß der altenHospitalkirche und einen Neubau der Heilig-Geist-Kirche. Für die

Turnsaal im Rathaus

Turnhalle derRealschule

Neuer Anlauf zueiner eigenen Turn-halle

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Übergangszeit wird dringend eine „Notkirche“ gesucht. AlsLösung erscheint Pfr. Heßdörfer die Markthalle! Dies lehnt derMagistrat ab, nicht aber ohne einen ausführlichen Vorschlag wieman doch zu einer Notkirche kommen könnte: „Die Markthallekann auf zwei und wahrscheinlich drei Jahre nicht entbehrtwerden, es wäre die Außergebrauchstellung der Halle gleichbe-deutend mit Aufhebung unserer seit den 1860er Jahren mühsamemporgehobenen Pferde- und Zuchtviehmärkte. ... Ein guter Aus-weg dürfte sein: die Turngemeinde, welche erst in einigen Jahrenihr Anwesen bauen will, zu bewegen, dass sie ihren Bau der 40Meter lang und 20 m breit, mithin 800 Quadratmeter erheblichgrößer sein soll, als die bisher für die Nothkirche in Aussicht ge-nommene Theaterhalle ... mit Unterstützung des Kirchbaufondssofort soweit in Angriff nimmt und vollendet, als es für die Noth-kirche nothwendig ist, und diesen Bau der Kirchenverwaltunggegen eine zu vereinbarende Miethe bis zur Vollendung derneunen Kirche als Nothkirche überlässt“.9

Pfarrer Heßdörfer nimmt die Anregung auf und tritt in Verhand-lungen mit der Turngemeinde ein. 10 Die ist auch zunächst bereitund stellt einige Bedingungen auf:1. ein für die Dauer der Überlassung unverzinslicher Baukosten-vorschuß soll durch die Kirchengemeinde geleistet werden2. Spätestens im September 1897 ist die Halle zu räumen, umzur 50 Jahr Feier der TG 1898 die Halle einweihen zu können3. Die Turngemeinde stellt nur die leere Halle zur Verfügung ...Pläne werden gezeichnet. Der damalige 2. Vorsitzende Wenningfährt extra nach München – es entspinnt sich auch ein kleinerSchriftwechsel – um den aus Schweinfurt stammenden „Starar-

Friedrich Wenning,1. Sprecher der TGvon 1900-1916

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chitekten“ Theodor Fischer für das Vorhaben zu gewinnen.Dieser legt 1894 einen Entwurf11 vor. Es wird zur Eile gemahntund fast überstürzt verhandelt.Dennoch zerschlägt sich diese Initiative und Pfr. Heßörfer hatnun Interesse an der Überlassung des Areals. Schlußendlich wirdes 1896 der Kirchengemeinde verpachtet (bis Ende 190112).Das Grundstück erscheint aber dem Turngemeindevorstand, dernun auch ansehnliche Spielflächen für erforderlich hält, insge-samt zu klein, so dass man sich ernsthaft um eine Alternativebemüht.

Auf der Suche nach einem geeigneteren Grundstück fiel schon1899 der Blick auf die sogenannten „Brüllochsenäcker“, diezwischen der Deutschhöfer- und der Klingenbrunnstraße lagenund die der von der Stadt verwalteten Hospitalstiftung gehörten.Das Kaufgesuch lehnte der Magistrat damals noch ab, weil 1899noch offen war, ob an benachbarter Stelle nicht der neueSchießplatz und der zukünftige Festplatz liegen würden und manin dieser Sache deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts„präjudizi[!]ren“ wollte.13

Andere Möglichkeiten, wie die Schadschanze an der Neutorstra-ße, das Bachsche Anwesen an der Niederwerrner Straße, einTeil des alten Friedhofs am Steinweg oder das Grundstück amzugeschütteten Spitalseeplatz zerschlugen sich entweder amPreis oder den ungünstigen Platzverhältnissen und im Falle desFriedhofes aus Gründen der öffentlichen Meinung14.Die Verhandlungen mit dem Stadtmagistrat kommen endlich zueinem guten Ergebnis. Neben der Schützengesellschaft kannauch die Turngemeinde im Dezember 1902 eine 4.800 m2 großeFläche an der Deutschhöferstraße zum Preis von Mark 2,50 prom2 erwerben.15 Der günstige Kaufpreis – im Falle der Nichtenhal-tung der Bedingungen würde er sich verdoppeln – wird u.a. damitbegründet, dass das Bauvorhaben eine „hervorragende Nützlich-keit“ habe. Außerdem habe die Turngemeinde „ihre neueTurnhalle und Turnplatz auf Wunsch der Stadtgemeinde gegen... Entschädigung für Zwecke des Turnunterrichtes der Volks-schulen zur Verfügung zu stellen.“16

In einer außerordentlichen Generalversammlung trägt derVorsitzende Wenning den Stand der Kaufverhandlungen vor undtritt Gerüchten über größere Flächenschenkungen der Stadtentgegen. Die Benutzung durch die Volksschulen erregen

Grundstückserwerban der Deutschhöfer-straße

Exemplar aus demGrundstein

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Bedenken beim Ehrenvorsitzenden Herbert17. Dennoch nimmt dieVersammlung die Bedingungen des Magistrats an und beschließtden „Erwerb zur Erbauung einer Turnhalle und Errichtung einesTurnplatzes“. Mindestens 4.000 m2 „und wenn möglich einige 100qm mehr“ sollen gekauft werden.18

Damit wird das Areal an der Luitpoldstraße, Schrammstraßedefinitiv nicht mehr vom Verein benötigt und für 23.000.- Markam 16.3. 1903 an den Architekten Lehrmann verkauft. Ein guterGrundstückstausch mit 100% Gewinn.Noch während der Verkaufsverhandlungen mit der Stadt bietetArchitekt Dipl. Ing. Egelsehr, der in Nürnberg lebte und als„Hauptlehrer“ an der Baugewerkschule unterrichtete, aber auchan der Universität in München lehrte, an, kostenlos Pläne für denBau der Turnhalle zu entwerfen.19

Der Bauausschuß erstellt ein Programm für einen Architekten-wettbewerb.Wichtigste Vorgabe ist, dass der Bau insgesamt nicht mehr als40.000.- Mark kosten dürfe.Es wird vorgegeben, dass die Halle längst der DeutschhöferStraße zu stehen habe, die Giebelseite „in einfachen, abergeschmackvollen Renaissancestyl gehalten werden“20 soll undder Bau, „soweit es in Frage kommt, mit Bruchsteinen der Sockelaus Cyclopensteine, der Bau aus reinen Backsteinen mitCementfugen, die Hausteine aus weißem Sandstein in Ansatz zubringen“ seien.Der Turnsaal soll 14 m breit und 26 m lang sein. An Räumlichkei-ten sind vorzusehen: 1 großes Zimmer zum Aus- & Ankleiden mitWaschmöglichkeiten 40 m2; 1 Beratungszimmer; 1 Zimmer fürdas Archiv, das auch als Umkleide für die Damenriege dienenkann; 1 Pissoir; 2 Aborte für die Herren und 1 für die Damen. 1Wohnung für den Castelan im Obergeschoß mit 2 Zimmern,Küche WC. 1 großer oder 2 kleine Räume. 1 Mansardenzimmer.Im Juli 1903 sind offenkundig 2 Architekten noch gut im Rennen,die ihre Entwürfe unter den Kennworten „Hantel“21 und „Gut Heil“eingereicht haben.Der Turnrat lädt drei Architekten ein, sich am Wettbewerb zubeteiligen. Alle drei haben Beziehungen zu Schweinfurt und zurTurngemeinde. Der Schweinfurter Architekt Gottschalk wird dieBeteiligung ablehnen, während Architekt Lehrmann einenEntwurf einreicht und mit Egelsehr konkurriert, dessen Vater

Planung der Turn-halle

Satzung der Turn-gemeinde, 1904

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Georg Turnratsmitglied ist.22

Am 7. Januar 1904 wird, nachdem das Bauprogramm währendder Ausschreibung nochmals modifiziert wurde,23 zwischen zweiim Wettbewerb stehenden und von den Fachleuten akzeptierten

Entwurf Lehrmanns

Entwürfen im Turnrat geheim entschieden. Mit10:1 Stimmen setzt sich eindeutig ArchitektEgelsehr gegen seinen Kollegen Lehrmann durch.Am 12. Januar erklärt sich auch der Finanzaus-schuß mit den Plänen Egelsehrs einverstanden.Vor allem scheint der Kommission der VorschlagEgelsehrs gefallen haben, die „Verputzung imMünchener Stil mit Putzfassade, statt wie imProgramm vorgesehen, Backsteinbau“24, vorzu-nehmen. Am 28. April 1904 wird der Architekten-Vertrag mit Egelsehr abgeschlossen. Er über-nimmt auch die Bauleitung. Der wesentlichstePunkt: Die Turnhalle soll schlüsselfertig für40.000.- Mark hergestellt werden.Nachdem zu diesem Zeitpunkt das Bau-Vermö-gen des Vereins ca. 38.000.- Mark betrug, war beieiner Gesamtsumme des Projekts von ca. 60.000

Architekt Egelsehr

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Mark – nach heutigen Maßstäben – nur eine Unterdeckung von22.000 Mark auszugleichen. Dieser Betrag wurde durch die Aus-gabe von „Schuldscheinen“,25 die v.a. Vereinsmitglieder zeichnensollten, eingenommen. Am Ende summierte sich der Turnhallen-bau inklusive Grundstück, Straßen- und Kanalgebühren und Pla-nierung auf insgesamt 61.625.- Mark.26 Man blieb also sehr gutim Rahmen der Projektionen.27

Der erste Spatenstich fand am 16. August 1904 statt. Die Grund-steinlegung folgte einen Monat später, am 19. September.Das Schweinfurter Tagblatt berichtet am 20.9. darüber: „Endlichist der Verein so weit gekommen, durch die Opferwilligkeit seinerMitglieder und der hiesigen Bürgerschaft, als auch durch Spar-samkeit, Mühe und Arbeit, der Verwirklichung des Baus raschentgegen zu gehen. Schlicht und einfach, wie es eines deutschenTurners geziemt, verlief die gestrige Feier der Grundsteinlegung.Nachdem sich Vormittags 1/2 11 Uhr die eingeladenen Gäste,Mitglieder des Vereins usw. auf dem zukünftigen Turnplatz umdie Stelle des Grundsteins versammelt hatten, begrüßte dererste Sprecher der Turngemeinde, Herr Friedr. Wenning, dieanwesenden Gäste, wies auf die Bedeutung der Feier hin undbrachte im Anschluß hieran nachfolgende Urkunde zur Verle-sung: ... Nach Verlesung der Urkunde wurde dieselbe nebst denhiesigen Tageszeitungen vom Samstag, verschiedenen wichtigenVereinserinnerungen, Statuten und turnerischen Zeitschriften,nebst den Photographien der zunächst beteiligten Persönlichkei-ten vor den Augen der Anwesenden in eine Bleibüchse eingelötetund in den Grundstein versenkt. ...“. Danach sprachen Bürger-meister Söldner, der Gemeindebevollmächtigte Wilhelm Fischer,Architekt Egelsehr und der 1. Turnwart Martin Weger. ArchitektEgelsehr ging in seiner Rede, nachdem er ironisch bemerkte,dass auch in Schweinfurt kein Bauwerk zu gering sei als dassnicht alle mitzureden sich erlaubten, auf städtebauliche Themenein: „Leider hat das vergangene Jahrhundert und der in ihm großgewordene Verkehr unserer Vaterstadt die letzten mittelalterli-chen Reste, die in den alten Stadttoren noch erhalten waren,ungerechtfertigterweise geraubt, so daß uns, abgesehen von denbeiden protestantischen Kirchen, nur noch wenige Bauten derRenaissancezeit – voran allerdings unser wundervolles Rathaus,dann das alte Gymnasium, einige Privatgebäude, wie dieRoth’sche Brauerei usw. – Zeugnis alter Baukunst ablegen.“ Er

Bau der Turnhalle

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beklagt, dass im 19. Jahrhundert die Gebäude „jeglicher Bau-kunst“ ermangelten, um dann fortzufahren: „Deshalb möge derfrische Zug, der vor ungefähr 15 Jahren in unseren KunstzentrenMünchen, Dresden, Wien, Darmstadt usw. anhub, sich auchunserer Stadt mitteilen ... Und nachdem sie sich in den letztenJahren durch die umfassenden Ingenieurbauten – Wehr, Schleu-se und Brücke – und die Bauten, wie sie die Hygiene erforderte,

Richtfest 1904

Turnhalle 1905

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Wasserleitung, Krankenhaus und Schlachthof, die Errungen-schaften moderner Wissenschaft zu eigen machte, so soll sienun auch sich der modernen Kunst bedienen. Wenn deshalbdie erstehende Turnhalle, welche ja einen gewissen öffentli-chen Charakter nicht verleugnen kann, dazu beitragen sollte,in diesem Sinne fördernd auf Bauweise und Stadtbild einzuwir-ken, so ist mein sehnlichster Wunsch erfüllt.“28

Es verging mehr als 1 Jahr von der Grundsteinlegung bis zurfestlichen Einweihung der Turnhalle. Am 29. Oktober 1905 wares endlich soweit. Der Redakteur des Tagblattes beschreibtden Neubau recht lapidar: „Die neue Turnhalle ist im moder-nen Baustil mit Barockformen erbaut und besteht aus zweianeinander gebauten Teilen: Turnhalle und Wohngebäude fürden Hausmeister.“29

Nur 35 Jahre sollte die Turnhalle ihrem Zweck dienen können.Denn schon 1914 wurde der Bau vier Jahre lang zum Lazarettdes Roten Kreuzes umgewidmet. Bis zum Ende des Weltkrie-ges mussten die Männer, so sie nicht eingezogen waren, in denTurnsaal der Ludwigsschule ausweichen, während die Damenanfangs wieder in der Realschule Unterschlupf fanden. Im 2.Weltkrieg trafen Bomben am 19. Juli 1944 dann die Turnhalle,die vollständig ausbrannte. Sie war nicht mehr aufzubauen.

Turnsaal derTurnhalle 1905

Weiteres Schicksalder Turnhalle

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Nach dem Krieg errichtete man auf den Fundamenten einebescheidene Turnhalle (1950 ist der 1. Bauabschnitt fertig, dieweiteren 4 werden nicht mehr ausgeführt), die 1962 durch dasneue Vereinsheim mit Turnhalle – und der 1971 übergebenenSpielhalle – am Lindenbrunnenweg „überflüssig“ geworden war.Die Agenda „grünes Band“ für Schweinfurt möchte die freigewor-dene Fläche als Parkplatz nutzen, um dadurch in der Innenstadtaufgelassenen Parkraum zu kompensieren. So wird das Automo-bil einen Ort beherrschen, der früher der Körperertüchtigung undder Freude an der Bewegung diente.

NeuaufgebauteTurnhalle

ZerstörteTurnhalle 1944

Turnhalle 1930

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Die Turngemeinde 1904 – eine statistische Betrachtung1904 gibt es in Schweinfurt 3 Turnvereine, die Turngemeinde,den TV Jahn 1895 und den TV Oberndorf. In der statistischen Er-hebung der Deutschen Turnerschaft wird der TV Jahn nicht dar-gestellt, da der Verein 1898, nachdem der 1896 in den hiesigenTurngau aufgenommen worden war, wegen „unschöner“ Vor-kommnisse auf einem Turnfest wieder ausgeschlossen wurde.Damals zählte der TV Jahn etwa 200 Turner30, er war also halbso groß wie die Turngemeinde und hatte etwas mehr Turner alsder TV Oberndorf (128 Turner).Die TG Schweinfurt steht an der 17. Stelle in Bayern, was dieZahl der Mitglieder betrifft (die TG Würzburg mit 1031 Mitgliedernan 4. Stelle bei 5facher Einwohnerzahl im Vergleich zu SW).An der Frage, wie viele Turner sind ins Heer getreten?, wird nochdeutlich, dass das Turnen seit jeher einen sehr engen Bezug zurkörperlichen Ertüchtigung, die dem Militär zugute kommen sollte,hatte.

Turngau Schweinfurt (in Klammern sind die Oberdorfer Verhält-nisse genannt)Nr. 8 Schweinfurt (Nr: 7 Oberndorf)Einwohner 15302 (2099)Vereine T.=Gem. [Turngemeinde] (TV Oberndorf)Gesamtzahl der über 14jährigen Vereinsangehörigen 432 (128)Erwachsene über 17 400 (106)Zöglinge von 14-17 32 (22)Frauen und Mädchen — (—)davon nahmen ausübend an Turnübungen teil: 157 (42)Erwachsene über 17 97 (20)Zöglinge 60 (22)Frauen — (—)steuerpflichtige Mitglieder 400 (94)Vorturner 7 (2)Zahl der Vorturnerstunden im Verein 12 (ohne)an wieviel Abenden (bzw Turnzeiten wurde im Jahr geturnt:

140 (134)wieviele Turner besuchten im Jahr den Turnplatz:

5174 (4020)ab 17 Jahre 2080 (1876)14-17 2194 (2144)pflegt der Verein das Turnen schulpflichtiger Kinder: Nein (nein)

Erhebung zum 1.Januar 1904

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Buch über den Turnbesuch wird geführt ja (ja)der Verein turnt im Winter ja (ja)wieviele Gmd bzw Schulturnhallen benutzt der Verein: 1 (-)Verein Eigentümer eines Turnplatzes ja (ja)Eigentümer einer Turnhalle nein (ja)der Verein hält D.T Zeitung 3 (1)wieviel Turner sind in diesem Jahr ins Heer getreten 8 (3)Name des Vereinsvorsitzenden F. Wenning (F. Rauschert)Name des Turnwartes M. Weger (Wilh. Kurz)

Quelle: Blätter für die Angelegenheiten des Bayerischen Turner-bundes (XII. deutscher Turnkreis). Organ für das gesamtebayerische Turnwesen. Zweiundvierzigster Jahrgang. (1904) Nr.8 vom 1. August 1904, Nürnberg

1 Die beiden großformatigen, bezeichneten, Photographien stammen aus demAtelier E. Uhlenhuth, Schweinfurt, gegenüber dem Schrotthurm, die fünfkleinformatigen, die Vorstandsmitglieder der TG portraitieren, aus dem AtelierJ.A. Schaller, Schweinfurt, Linsengasse 6, der dem Turnrat angehörte.

2 Die Liste enthält 323 Namen (handschriftlich ist auf der letzten Zeile 322eingetragen; offenkundig wurde der letzte Name „Georg Blickle“ in letzterMinute hinzugefügt), einige wenige kommen von auswärtigen Orten, wieBamberg, Nürnberg oder München. Diese waren, wie z.B. die FamilieMechwart, Budapest, verwandtschaftlich mit Schweinfurt verbunden.

3 Die Nummer 8 enthält die statistischen Ergebnisse einer deutschlandweitenUmfrage der Deutschen Turnerschaft für den XII. Turnkreis (Bayern diesseitsdes Rheins). Danach gab es in Bayern zum Stichtag 1. Januar 1904 insge-samt 560 dem Bayerischen Turnerbund angeschlossene Vereine.

4 Auf der Titelseite findet sich ein kurzer, fett gedruckter, Hinweis unter derRubrik „Stadt und Kirche.“: „Die Grundsteinlegung zur Turnhalle derTurngemeinde findet am Montag statt.“

5 Auf diesem Exemplar ist handschriftlich vermerkt: „G Wenning“. Er war derVorsitzende der Turngemeinde zur Zeit der Grundsteinlegung.

6 N., 90 Jahre Turngemeinde Schweinfurt 1848, Schweinfurt o.J. [1938], [S. 4]7 1848 -1998. 150 Jahre TG 48 Schweinfurt, Jubiläumsband, S. 38. Siehe auch

Festschrift: 125 Jahre Turngemeinde 1848 e.V. [1973]8 A.a.O., S. 249 Schreiben des Magistrats [ohne Datum, wohl Januar 1884]10 Mit Schreiben vom 16.Februar 1894 weist Heßdörfer erste Forderungen der

TG als „zu Hoch“ zurück ,bietet aber z.B. 1.000.- Mark Miete jährlich an undBauvorschüsse, über die noch zu verhandeln sei.

11 In der Sammlung der Technischen Universität sind auch Vorentwürfe TheodorFischers aus dem Jahr 1900 zu finden. Katalog: Theodor Fischer. Architektund Städtebauer 1862-1938, Nr. 56, S.191, München 1989.Nach Angabe der Chronik der Turngemeinde sind es eben dieselben Pläne,die am 22.8.1894 in Schweinfurt eingetroffen sind. Vgl.: Die Geschichteeines Vereins [Verfasser: Hans Appold], Teil III, 1873-1898, S. 214.

12 Die Geschichte eines Vereins, Teil IV, 1898-1918, S. 22

Anmerkungen

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13 Schreiben des Magistrats vom 16. Mai 1899, in: Turngemeinde, Dokumente IV, Nr. 2514 „Fast wie eine Ankündigung einer bevorstehenden Revolution nahm es sich aus, als Rat Schmidt die

Mittheilung machte, dass im Falle einer Abtretung eines Theils des alten Friedhofes an die Turngemeindeganz Schweinfurt aufstehen würde. ... Rath Neubert wünscht aus Rücksichten der Pietät, dass der Platzvorerst nicht bebaut werde.“ Fränkische Tagespost Nr. 248, Oktober 1902

15 Am 25. November 1903 schreibt Bürgermeister Söldner an die Vorstandschaft, dass die Stadt demGrundstückskauf durch die Turngemeinde zustimmt. Die Geschichte eines Vereins, IV, S. 77ff. Abdruck desOriginals

16 A.a.O., S. 8017 Heinrich Herbert führte von 1870-1900 als 1. Sprecher die Turngemeinde. Der Turnhallenbau geht

wesentlich auf seine Initiativen zurück.18 A.a.O., Teil IV, S. 2519 Sein Entwurf ist dem Fischerschen nicht unähnlich, stellt E. Schneider in einem Zeitungsartikel anlässlich der

Ausstellung über Theodor Fischer in Schweinfurt fest, Schwft. Tagblatt Mai 1989. „Der Vergleich mit FischersVorentwürfen zeigt jedoch deutlich, wie sehr sich Egelseher an den Vorgaben Fischers orientiert hat.“

20 Dokumente IV, Programm zur Erbauung einer Turnhalle mit den nötigen Nebenräumen, sowie Castelanwoh-nung und Nachtrag, Nr. 25

21 Meist wird in der Chronik und auch in der Gerichtsverhandlung, in der Arch. Lehrmanns Honorarforderung füreinen zweiten überarbeiteten Entwurf zurückgewiesen wird, der Deckname „Handel“ erwähnt, in der Notizdes Turnrates Carl Schmidt vom 15.08.1903 wird aber die wohl sachgemäßere[?] Bezeichnung „Hantel“gewählt, Die Geschichte eines Vereins, Teil IV, 1898-1918, S. 85. Siehe auch: Gerichtsurteil des Landgerich-tes Schweinfurt vom 28. März 1905, in: Dokumente IV, Nr. 43, [S. 3].

22 Schweinfurter Tagblatt vom 20.09.1904, Feier der Grundsteinlegung zur Turnhalle der TurngemeindeSchweinfurt, und vom 28.10.1905, Neues Heim der Turngemeinde

23 Diese Modifizierung führt dazu, dass der unterlegene Kandidat Lehrmann eine finanzielle Forderung füreinen überarbeiteten Entwurf stellt, weil seiner Ansicht nach der ursprünglich kostenlose Wettbewerb mit derVeränderung der Bedingungen beendet gewesen sei. Das Gericht stimmt der Nachforderung nicht zu.Gerichtsurteil des Landgerichtes Schweinfurt vom 28. März 1905, in: Dokumente IV, Nr. 43.

24 ebenda25 Der Verein folgte damit einer verbreiteten Methode, Kapital für Vereinsaktivitäten zu requirieren. Die

Turngemeinde gab schon 1871 eine „Actie über 30 Kreuzer“ aus, um ein Theater zu finanzieren. Auchandere Vereine Schweinfurts wie die Bürgerliche Schützengesellschaft oder der Liederkranz hattenAnteilsscheine zeichnen lassen. Vgl.: Schweinfurter Wertpapiere, (Hg.) Numismatische GesellschaftSchweinfurt e.V., verf. von Klaus Merkle, Schweinfurt 2006

26 25 Jahre Turnhalle der Turngemeinde Schweinfurt 1848, S. 527 Eine etwas skurrile Petitesse gilt es noch zu erwähnen: 1930, also 25 Jahre nach Fertigstellung der Turn-

halle, übermittelte die Stadt Schweinfurt eine Nachberechung der Kanalgebühren für 1905 an die Turnge-meinde und forderte etwa 2.000 Mark. Manche Mühlen mahlen etwas langsamer ... Eine Wiedervorlage nach25 Jahren.

28 Schweinfurter Tagblatt vom 20. September 190429 Schweinfurter Tagblatt vom 30. Oktober 190530 Diese Zahl nennt der Vorstand des TV Jahn in einem Brief an die TG aus dem Jahr 1898, in dem dringend

angemahnt wird, vom beantragten Ausschluß aus dem Gauturnverband abzusehen. In: Dokumente V

Statistik 1904

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Ende des Jahres 2004 wurde auf einer Auktion der Firma Dr. H.Crott in Frankfurt eine „seltene deutsche Spindeltaschenuhr1 mitStundenselbstschlag2“, datiert „ca. 1720“ mit der Signatur „L.Lichtenau Schweinfu[rt]“3 versteigert, die von einem Schweinfur-ter Privatsammler erworben werden konnte. Im Katalog wird dasaus Silber gearbeitete Gehäuse mit einem Durchmesser von 49mm und einem Gewicht von 155 gr. als „graviert, floral durch-brochen gearbeitet“ beschrieben4. Als Besonderheit sind indieses Rankenwerk jeweils zwei Szenen mit einer Schlange, dieein Fabeltier belauert, hineingeflochten5. Das Zifferblatt bestehtebenfalls aus Silber. Die darauf als römische Zahlen dargestell-ten Ziffern sind in der sogenannten Champlevé –Technik6

gearbeitet und die Zeit wird von einem gebläuten Stahlzeigerangezeigt. Das Vollplatinenwerk ist gekörnt und vergoldet mitsilberner Regulierscheibe. Es weist ferner vergoldete undgravierte, durchbrochen gearbeitete Pfeiler, Kette/Schnecke,zwei Federhäuser, einen gravierten und durchbrochen gearbei-

Erich SchneiderEine Spindeltaschenuhr von Lorenz Lichtenau, um 1701

Abb. 1:Taschenuhr mitZiffernblatt undZeiger von oben.Foto: Jürgen Benini,MuG.

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teten Unruhekloben, einen Rubindeckstein und eine Glocke auf.Der Beschreibung des Versteigerungskataloges nach zu urteilenist diese repräsentative Taschenuhr der Barockzeit identisch mitjener bei Abeler aufgeführten, die aus der Sammlung Bodongstammt7.

Ein in der Reichsstadt Schweinfurt wirkender Uhrmacher namensL. Lichtenau war bisher völlig unbekannt, ebenso fehlten nähereInformationen über sein Schaffen. Recherchen in den Ratsproto-kollen der Reichsstadt Schweinfurt im fraglichen Zeitraum zuBeginn des 18. Jahrhunderts erbrachten für den 7. Dezember1701 folgenden interessanten Eintrag: „Ist Lichtenau von Oberhö-ret, Groß= und Kleinuhrmachern, auf dessen underthänigstesAnsuchen, der Beysitz dahir, auf 1/2 Jahr verwilliget worden.“8

Dieser Eintrag ist insofern bemerkenswert, als es für einenauswärtigen Protestanten von ehelicher Geburt mit entsprechen-der Ausbildung und dem notwendigen Vermögen normal gewesenwäre, in Schweinfurt um die Aufnahme als Bürger nachzusuchen;auch die Ansiedlung als „Schutzverwandter“9 wäre denkbargewesen. Die Erlaubnis zum „Beysitz“ in der ReichsstadtSchweinfurt beziehungsweise als „Beysasse“10 aufgenommen zuwerden, gehörte jedoch zu den großen Ausnahmen. Sie wurdeauch nur auf Zeit gewährt und galt insbesondere für adelige

Abb. 2:Werk mit Signatur.Foto: Jürgen Benini,MuG.

Aufnahme als Bei-sasse in Schweinfurt

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„Standespersonen“11. Warum ausgerechnet für den UhrmacherLorenz Lichtenau eine solche Ausnahme gemacht wurde,darüber gibt das Ratsprotokoll keine Auskunft.

Wie damals vielfach üblich12, gehörten die Uhrmacher zusammenmit den Büchsenmachern auch in der Reichsstadt Schweinfurtder Zunft der Schlosser an. Für diese hat sich eine 1595 erstmalserlassene, bis in das 19. Jahrhundert fortgeführte und mehrfachrevidierte „Schlosser Ordnung“ im Stadtarchiv Schweinfurt er-halten13. Für das Jahr 1602 ist darin festgehalten, dass die Uhr-macher wie die Schlosser als Meisterstück „ein Thuerschloß mitdreyen Rigeln“ und ein „Truhenschloß mit zweyen langen Rie-geln“ vorlegen mussten. Der entsprechende Eintrag in der Zunft-ordnung regelte außerdem wechselseitig, dass sich zum Beispieldie Uhrmachermeister „Schlosser- und Büchsenmacherarbeitgäntzlich zu enthalten“ haben. Zur Prüfung angenommen wurdensie nur, wenn sie eine dreijährige Lehrzeit und drei aufeinanderfolgende Jahre Wanderzeit nachweisen konnten. Für Meistersöh-ne wurde diese Gesellenwanderung auf zwei Jahr verkürzt.Ferner musste der Meisterkandidat nach seiner Lehrzeit nochzwei Jahre hintereinander bei seinem Lehrherrn gearbeitet ha-ben. Zudem waren darüber „guten Schein, Item gute Lehr- undGeburtsbrieff vorzulegen und der Kandidat musste das Bürger-recht erlangen. Die Zunftordnung gibt auch Auskunft darüber,wer zum fraglichen Zeitpunkt um 1701 in Schweinfurt als Uhr-machermeister gewirkt hat: 1670 erhielt Johann Ballauff dieMeisterwürde und 1686 wurde Johannes Scheibert zum Meisterernannt. Weitere Uhrmachermeister scheinen damals aus-weislich der Zunftordnung in der Reichsstadt nicht gewirkt zuhaben14.

Da sich nach Ablauf der vom Schweinfurter Rat auf ein halbesJahr begrenzten Erlaubnis zur Niederlassung in der Reichsstadtkeine weiteren, Lichtenau betreffenden Nachrichten in denRatsprotokollen finden ließen, konzentrierte sich die weitereNachforschung auf den Herkunftsort des Uhrmachers. Bei„Oberhöret“ handelt es sich um die auch heute noch gebräuchli-che mundartliche Bezeichnung für Oberhohenried bei Haßfurt.Dieser Ort ist dank der Untersuchungen von Gerhard Wagnersehr gut dokumentiert15. Unter den vielen Trägern des NamensLichtenau beziehungsweise Lichtenauer dort sticht der Uhrma-

Uhrmacher undSchlosser in einerZunft

Herkunft ausOberhohenried

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cher und Schmied Georg Lichtenauer (1652-1717) hervor. Der1673 geschlossenen Ehe mit Kunigunda Treuther entsprossen 9Kinder, darunter als Erstgeborener der am 30. November 1674getaufte Lorenz Lichtenauer und als 6. Kind Johann FriedrichLichtenauer, getauft am 9. August 168516. Man wird nach denbisherigen Erkenntnissen nicht fehlgehen, den „L. Lichtenau“ aufder Schweinfurter Uhr mit jenem Lorenz Lichtenau aus Oberho-henried gleichzusetzen.

Der Oberhohenrieder Uhrmachermeister Georg Lichtenauer lässtsich im Stadtarchiv Haßfurt mehrfach nachweisen: Laut derHaßfurter Bauamtsrechnung erhielt im Jahr 1692 „Mstr. GeorgLichtenawer“ eine Zahlung „von der uhr uffm Obern Thurn …einzurichten“17. Vom 1. Mai 1701 bis 30. April 1702 bekleidete erdas jährlich wechselnde Amt des „Bauermeisters“ (Vorstehers)der Gemeinde Oberhohenried18. 1707 erhielt er einen weiterenObolus für die übers Jahr betriebene Wartung einer Uhr vermut-lich in Oberhohenried19. Danach scheint diese Aufgabe sein Sohn

Abb. 3:Detailansicht dessilbernen Gehäuses.Foto: Jürgen Benini,MuG.

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Johann Friedrich Lichtenauer übernommen zu haben20, denn derName des Georg Lichtenauer fehlt fortan in den Rechnungen.

Anders als sein jüngerer Bruder scheint Lorenz Lichtenauer inHaßfurt und Umgebung kein Auskommen gefunden zu haben;jedenfalls lässt sich sein Name in den einschlägigen Rechnungenbisher nicht nachweisen. Vermutlich erhielt er seine Ausbildungbeim Vater und war nach den obligaten Gesellen- und Wander-jahren 1701 mit etwa 27 Jahren längst in dem Alter, in dem manals Meistersohn die Meisterwürde erreicht haben könnte. Ausunbekannten Gründen hielt es ihn aber nicht in Oberhohenriedund Lorenz Lichtenauer suchte sein Heil in der Fremde. Da ersich in Schweinfurt längstens von Dezember 1701 bis Mai 1702aufhielt und sich dort ebenfalls nicht dauerhaft niederließ, bleibtdie Frage nach dem weiteren Schicksal Lichtenauers.

Zu klären war, ob Lorenz Lichtenauer in dieser Zeit vielleicht inSchweinfurt verstorben ist. Entsprechende Recherchen in deneinschlägigen Kirchenbüchern von St. Johannis erbrachten je-doch keinen solchen Nachweis21. Ohne Erfolg verlief auch dieSuche nach den Zunftbüchern von Lichtenauers GeburtsortOberhohenried, die Auskunft über seinen Werdegang als Uhr-machermeister hätten geben können22.

Erneut sind wir auf Spekulationen angewiesen. Bei Abeler wirdnoch ein Georg Lorenz Lichtenauer aus Würzburg angeführt, vondem sich aus dieser Zeit eine Ende des 17. Jahrhunderts zudatierende Standuhr und eine silberne Taschenuhr im Doppelge-häuse belegen lassen23. Wir gehen angesichts des väterlichenVornamens Georg vermutlich nicht fehl, unseren Oberhohenrie-der beziehungsweise Schweinfurter Lorenz mit jenem GeorgLorenz Lichtenauer in Würzburg gleichzusetzen. Wie eine ent-sprechende Nachfrage im dortigen Stadtarchiv ergab24, wurde imJahr 1712 ausweislich der Steuerrechnung tatsächlich unserUhrmacher „Jörg Lorentz Lichtenaw[er]“25 in Würzburg als Bürgeraufgenommen. Da Lichtenauer die doppelte Gebühr bezahlt hat,kann daraus geschlossen werden, dass er verheiratet war.Danach aber verliert sich seine Spur bereits wieder in der Dom-stadt. Am 11. August 1714 nämlich erließ die fürstbischöflicheKanzlei eine neue Zunftordnung für die Groß- und Kleinuhrmacher;der Name unseres Georg Lorenz Lichtenauer fehlt darin jedoch26.

weiterer Lebenswegungewiß

1712 in Würzburgnachweisbar

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Mit den bisher angestellten Untersuchungen kann nur einschemenhaftes Lebensbild des 1674 in Oberhohenried gebore-nen Uhrmachers Georg Lorenz Lichtenauer gezeichnet werden.Er scheint ein unruhiger Geist gewesen zu sein, den es nie langean einem Ort gehalten hat: 1701/02 begegnen wir ihm alsBeisassen in Schweinfurt und 1712 als verheirateten Bürger inWürzburg. Die übrigen Jahre seines Lebens liegen im Dunkeln.Die Literatur kennt drei von ihm signierte Uhrwerke. Die imWinter 1701/02 in der Reichsstadt vermutlich als Ausweis seinerMeisterschaft entstandene und stolz signierte Taschenuhr istDank des Engagements eines Privatsammlers wieder nachSchweinfurt zurückgekehrt; es sollte möglich sein, sie für dasMuseum im Alten Gymnasium zu erwerben.

Anmerkungen

schemenhaftesLebensbildLichtenauers

1 Taschenuhr mit Spindelhemmung, einer Vorrichtung zwischen Kraftquelle und Zeigerwerk, die den freienAblauf des Werks hemmt und die Kraft dosiert.

2 Ein selbsttätiges Schlagwerk zeigt jeweils die volle Stunde an.3 Der erste Buchstabe „L“ wird von einer kleinen, leider nur undeutlich ge-zeichneten Punze überlagert, auf der

in der Art der Stadtmarke bei Gold- und Silberschmieden ein Adler en face im Hochoval dargestellt zu seinscheint.

4 Auktionen Dr. H. Crott, 69. Auktion, Hotel Sheraton, Frankfurt Airport, 13. November 2004, Kat. Nr. 297.5 Das silberne Gehäuse der Uhr ist sicher die Arbeit eines Silberschmiedes. Da sich jedoch keinerlei Marke

findet, fehlt jeglicher Anhaltspunkt zu dessen Identität.6 Mit diesem Ausdruck bezeichnet man bei Uhren aus der Fläche heraustretende und mit Email markierte

Teile.7 Jürgen Abeler, Meister der Uhrmacherkunst, Köln 1977, S. 391: „Lichtenau, L., Schweinfurt. Arb: silb.

Repetier. Ta.Uhr, A. 18. Jh. (Aukt. Bodong 597)“.8 Schweinfurt, Stadtarchiv (künftig AvS), Ratsprotokolle 64, 1700-1703, S. 223. Verfasser dankt Herrn

Bernhard Strobl, Stadtarchiv Schweinfurt, sehr herzlich für den Hinweis auf diesen Eintrag und für weiterewertvolle Unterstützung in dieser Angelegenheit.

9 Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universallexicon, Bd. 35, Leipzig und Halle 1743, Sp. 1724ff.10 Zedler, Universallexicon (wie Anm. 7), Bd. 3, Leipzig und Halle 1733, Sp. 1645: „Beysassen sind Häußlinge,

welche nicht in allen Stücken das „Bürger-Recht haben, und die zwar in einer Stadt, doch aber nur auf einekurtze Zeit, zu seyn und zu bleiben pflegen, als studirende, Soldaten, Kauff= und Edelleute u. d .g.“

11 „Des Heiligen Römischen Reichsfreyen Stadt Schweinfurth vornehmste Pflichten und Ordnungen …“,Schweinfurt (Hieronymus Morich), 1720, S. 159.

12 Vgl. dazu auch A. Stoehr, Zur Geschichte der Klein- und Großuhrmacher im Fürstbistum Würzburg. In:Monatshefte für Kunstwissenschaft 1919, S. 237-246.

13 „Schlosser Ordnung Anno 1595“, Stadtarchiv Schweinfurt, unpaginiert.14 Tatsächlich scheint Schweinfurt auch später nicht mehr als zwei bis drei Uhrmachermeistern Brot und Arbeit

gegeben zu haben. Für die Jahre 1814/15 lassen sich beispielsweise Johann Friedrich Hofmann, AndreasMacht und Johann Georg Sartorius belegen, von denen Hofmann sich in dieser Zeit jedoch zurückgezogenzu haben scheint. Vgl. Erich Schneider, Figurenuhr des Johann Georg Sartorius von ca. 1815 als Schenkungfür die Städtischen Sammlungen Schweinfurt. In: Frankenland 2003, Heft 2, S. 153-156.

15 Vgl. u. a. Gerhard Wagner, Oberhohenried im Nassachgrund. Herrschaft und Gemeinde in einem fränkischen

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Ganerbendorf, Haßfurt 1999. Verfasser bedankt sich sehr herzlich bei Herrn Heinrich Weisel, Zeil, fürLiteraturhinweise und für die Erlaubnis zur Auswertung eigener Archivrecherchen.

16 Gerhard Wagner, Familienbuch der ehemaligen Gemeinde Oberhohenried 1575-1875, o. O. 1979, S. 59-63,bes. S. 61.

17 Stadtarchiv Haßfurt (fortan StadtAH abgekürzt), HAS, Rechnungen, 112 (Haßfurter Bauamtsrechnung 1692/93, S. 155. Frdl. Hinweis von Herrn Heinrich Weisel, Zeil. Verf. dankt dem Betreuer des Haßfurter Stadtar-chivs, Herrn Thomas Schindler M.A., sehr herzlich für dessen freundliche Unterstützung der Recherchen.

18 StadtAH, OHr, Rechnungen, 36 u. 37 (Oberhohenrieder Gemeinderechnung 1701/02), Titelblatt.19 StadtAH, OHr, Rechnungen, 44 (Oberhohenrieder Gemeinderechnung 1707/08), S. 18.20 StadtAH, OHr, Rechnungen, 45 u. 46 (Oberhohenrieder Gemeinderechnung 1708/09), S. 18, ebda. 47

(Oberhohenrieder Gemeinderechnung 1709/10), S. 20.21 Verfasser dankt der Betreuerin des Pfarrarchivs von St. Johannis, Frau Wiltrud Wössner, sehr herzlich für

entsprechende und mit Schreiben vom 8.12.2006 freundlicherweise mitgeteilte Untersuchungen.22 Das Ganerbendorf Oberhohenried gehörte zum Ritterkanton Baunach. Dessen Archiv liegt im Staatsarchiv

Bamberg. Laut freundlicher Auskunft von Herrn Dr. Stefan Nöth, Vorstand des Staatsarchivs Bamberg, vom20.11.2006 lassen sich solche Zunftbücher aber „weder im Bestand des Kantons Baunach noch in dem desAmtsarchivs Königsberg in UFr. bzw. im Staatsarchiv Coburg“ ermitteln. Als Vereinsschriftgut fanden solcheZunftunterlagen jedoch nur gelegentlich Eingang in die Archive und wurden insbesondere im 19. Jahrhundertauf dem Altertümermarkt verkauft. Insofern ist man bei solchen Recherchen auf vom Zufall diktierteTrovaillen angewiesen. Nachfragen bei einschlägigen Historischen Vereinen und Stadtarchiven erfolgtennicht mehr. Verfasser dankt Herrn Dr. Stefan Nöth für entsprechende Hinweise und vorstehend referierteAuskünfte.

23 Abeler, Uhrmacherkunst, 1977, S. 391.24 Stadtarchiv Würzburg, Steuerrechnung 5737 (1712), S. 274. Leider fehlen die Würzburger Bürgermatrikel für

den Zeitraum 1613-1738, weshalb wir keine näheren Informationen über die genauen Personenstandsver-hältnisse Lichtenauers erhalten können. Sein Name findet sich außerdem weder im Register zu Band 12 derOberratsprotokolle (1709-18) und denen der Ratsprotokollbände zu 1712 und 1713. Verfasser dankt HerrnDr. Hans-Peter Baum, Stadtarchiv Würzburg, sehr herzlich für seine Nachforschungen.

25 Über dem „w“ befindet sich im Original ein Zeichen, das als „r“-Kürzel gelesen werden kann. Frdl. Hinweisvon Herrn Dr. Hans-Peter Baum vom 8.12.2006.

26 Hans-Peter Trenschel, Die Würzburger Zunft der Uhrmacher. In: Ian D. Fowler (Bearb.), Uhren aus fünfJahrhunderten. Aus den Sammlungen des Mainfränkischen Museums, Würzburg 1999, S. 11-17; ders., DieMeister der Würzburger Uhrmacherzunft. In: ebd., S. 18-26.

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Der Verein begrüßtals neues Mitglied:

Der Vereingratuliertzum Geburtstag:(April bis Juni)

Personalia

Frau Marianne Sauer (übernimmt dieMitgliedschaft ihres verst. Mannes

90 Jahre Herrn Michael OberhoferHerrn Dr. Helmut Wehner

85 Jahre Frau Elisabeth BundeFrau Irmgard SteupHerrn Pfr. Erich Cohen

80 Jahre Herrn Gerhard Böttger

75 Jahre Frau Elisabeth RitzmannHerrn Dr. Wingolf PochHerrn Dr. Rolf GrönerHerrn Kurt Weber

70 Jahre Herrn Günther FluryFrau Karin BaurHerrn Otto G. Schäfer, BeiratFrau Annelotte GenslerHerrn Peter AnlaufHerrn Jörg Schöffl, Fahrtenleiter

65 Jahre Frau Karin Maria CastritiusHerrn Dag SchröderHerrn Werner KüntzelHerrn Dr. Ernst HäubleinFrau Frauke FüllingHerrn Gebhard Fleck

Herrn Werner GutschmidtFrau Eddeltraud DitzelHerrn Dr. Hansjoseph Maierhöfer

Der Vereintrauert um:

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Historischer Verein Schweinfurt e.V.