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Selektive Trennung sehr feiner Partikelsysteme mittels Flüssig/Flüssig-Flotation Tom Leistner 1, *, Martin Müller 1 , Jacqueline V. Erler 2 , Martin Rudolph 1 und Urs A. Peuker 1,2 DOI: 10.1002/cite.201400011 Die Vergrößerung des effizienten Anwendungsbereiches von Sortierprozessen in den Bereich feinster Partikelsysteme (0,1 – 10 lm) stellt eine erhebliche Herausforderung für die Forschung dar. Ein möglicher Prozessansatz zur Verbesserung des Sortierergebnisses ist die Flüssig/Flüssig-Flotation. In dieser Studie werden Aussagen bezüglich Anwendbarkeit und Prozessverhalten dieses Ansatzes in Abhängigkeit von ausgewählten Prozessparametern an verschiedenen Modellpartikel- systemen präsentiert. Schlagwörter: Flüssig/Flüssig-Flotation, Feinstpartikelsortierung, Partikel/Öl/Wasser-Emulsionen, Phasentransfer, Surfactant Eingegangen: 21. Januar 2014; akzeptiert: 07. April 2014 Selective Separation of Ultrafine Particles Using Two-Liquid Flotation Increasing the range of application of separation processes to effectively separate ultrafine particles (0.1 – 10 lm) represents a significant research challenge. A possible process approach to enhance the separation result is two-liquid flotation. In this investigation, conclusions regarding the applicability and the process behavior of this approach are presented for different model particle systems with respect to selected process parameters. Keywords: Particle-oil-water emulsions, Phase transfer, Surfactant, Two-liquid flotation, Ultrafine particle separation 1 Einleitung Die Gewährleistung einer kontinuierlichen Rohstoffversor- gung bei zunehmender Rohstoffknappheit ist für die heu- tige Technologiegesellschaft von zentraler Bedeutung. Auf- grund des stetig wachsenden Bedarfs an (strategischen) Rohstoffen rücken verstärkt primäre und sekundäre Wert- stoffquellen mit immer extremeren Verwachsungsgraden in den Fokus der Rohstoffindustrie. Dadurch steigen auch die an Sortierprozesse gestellten Ansprüche, da bei diesen Sys- temen, zur Gewährleistung eines angemessenen Auf- schlussgrades, durch Zerkleinerungsvorgänge ein nicht unerheblicher Anteil sehr feiner Partikel zwischen 0,1 und 10 lm anfallen wird. Für die selektive Trennung feindisper- ser Partikelkollektive nach ihren physikalischen Eigenschaf- ten stellen Heterokoagulationstrennungen zumeist die ein- zige effektive Prozessstrategie für Partikelgrößen < 100 lm dar. Diese Art von Sortierprozessen werden in der Rohstoff- industrie nahezu ausschließlich in Form der Schaumflotati- on eingesetzt, wobei der, bezüglich Prozesseffizienz und Produktqualität, optimale Größenbereich der zu flotieren- den Partikel zwischen 10 – 150 lm liegt [1, 2]. Die komple- xen hydrodynamischen und physikochemischen Bedingun- gen, die im Flotationsprozess auftreten, machen eine effiziente und selektive Trennung feinerer Partikel größten- teils nicht realisierbar, wodurch diese auch aufgrund ihres prozessstörenden Verhaltens zumeist durch vorgeschaltete Entschlämmungsverfahren entsorgt werden [1, 3]. Für die Vergrößerung des effizienten Anwendungsbereiches von Sortierprozessen, d. h. um die während der Zerkleinerung anfallenden Feinstpartikelanteile möglichst effektiv nutzbar zu machen, wurden verschiedene Modifikationen des Schaumflotationsprozesses sowie weitere Heterokoagula- tionsprozesse vorgeschlagen, untersucht und in einigen Fällen auch technisch umgesetzt [3, 4]. Bei einigen dieser Prozesse werden unpolare, mit Wasser nicht mischbare Lösungsmittel (Öle) eingesetzt, um das Sortierergebnis zu verbessern. Diese unter den Namen Agglomerationsflota- tion [1, 3, 4], Emulsionsflotation [3, 4] und Flüssig/Flüssig- Flotation (two-liquid flotation) [3 – 5] bekannt gewordenen Chem. Ing. Tech. 2014, 86, No. 6, 831–839 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 1 Tom Leistner ([email protected]), Martin Müller, Dr.-Ing. Martin Rudolph, Prof.Dr.-Ing. Urs A. Peuker, Helmholtz Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, Halsbrücker Straße 34, 09599 Freiberg, Deutschland; 2 Jacqueline V. Erler, Prof.Dr.-Ing. Urs A. Peuker, TU Bergakademie Freiberg, Institut für mechanische Verfahrens- technik und Aufbereitungstechnik, Agricolastraße 1, 09599 Freiberg, Deutschland. Forschungsarbeit 831 Chemie Ingenieur Technik

Selektive Trennung sehr feiner Partikelsysteme mittels Flüssig/Flüssig-Flotation

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Page 1: Selektive Trennung sehr feiner Partikelsysteme mittels Flüssig/Flüssig-Flotation

Selektive Trennung sehr feiner Partikelsystememittels Flüssig/Flüssig-FlotationTom Leistner1,*, Martin Müller1, Jacqueline V. Erler2, Martin Rudolph1 und Urs A. Peuker1,2

DOI: 10.1002/cite.201400011

Die Vergrößerung des effizienten Anwendungsbereiches von Sortierprozessen in den Bereich feinster Partikelsysteme

(0,1 – 10 lm) stellt eine erhebliche Herausforderung für die Forschung dar. Ein möglicher Prozessansatz zur Verbesserung

des Sortierergebnisses ist die Flüssig/Flüssig-Flotation. In dieser Studie werden Aussagen bezüglich Anwendbarkeit und

Prozessverhalten dieses Ansatzes in Abhängigkeit von ausgewählten Prozessparametern an verschiedenen Modellpartikel-

systemen präsentiert.

Schlagwörter: Flüssig/Flüssig-Flotation, Feinstpartikelsortierung, Partikel/Öl/Wasser-Emulsionen, Phasentransfer,Surfactant

Eingegangen: 21. Januar 2014; akzeptiert: 07. April 2014

Selective Separation of Ultrafine Particles Using Two-Liquid Flotation

Increasing the range of application of separation processes to effectively separate ultrafine particles (0.1 – 10 lm) represents

a significant research challenge. A possible process approach to enhance the separation result is two-liquid flotation. In this

investigation, conclusions regarding the applicability and the process behavior of this approach are presented for different

model particle systems with respect to selected process parameters.

Keywords: Particle-oil-water emulsions, Phase transfer, Surfactant, Two-liquid flotation, Ultrafine particle separation

1 Einleitung

Die Gewährleistung einer kontinuierlichen Rohstoffversor-gung bei zunehmender Rohstoffknappheit ist für die heu-tige Technologiegesellschaft von zentraler Bedeutung. Auf-grund des stetig wachsenden Bedarfs an (strategischen)Rohstoffen rücken verstärkt primäre und sekundäre Wert-stoffquellen mit immer extremeren Verwachsungsgraden inden Fokus der Rohstoffindustrie. Dadurch steigen auch diean Sortierprozesse gestellten Ansprüche, da bei diesen Sys-temen, zur Gewährleistung eines angemessenen Auf-schlussgrades, durch Zerkleinerungsvorgänge ein nichtunerheblicher Anteil sehr feiner Partikel zwischen 0,1 und10 lm anfallen wird. Für die selektive Trennung feindisper-ser Partikelkollektive nach ihren physikalischen Eigenschaf-

ten stellen Heterokoagulationstrennungen zumeist die ein-zige effektive Prozessstrategie für Partikelgrößen < 100 lmdar. Diese Art von Sortierprozessen werden in der Rohstoff-industrie nahezu ausschließlich in Form der Schaumflotati-on eingesetzt, wobei der, bezüglich Prozesseffizienz undProduktqualität, optimale Größenbereich der zu flotieren-den Partikel zwischen 10 – 150 lm liegt [1, 2]. Die komple-xen hydrodynamischen und physikochemischen Bedingun-gen, die im Flotationsprozess auftreten, machen eineeffiziente und selektive Trennung feinerer Partikel größten-teils nicht realisierbar, wodurch diese auch aufgrund ihresprozessstörenden Verhaltens zumeist durch vorgeschalteteEntschlämmungsverfahren entsorgt werden [1, 3]. Für dieVergrößerung des effizienten Anwendungsbereiches vonSortierprozessen, d. h. um die während der Zerkleinerunganfallenden Feinstpartikelanteile möglichst effektiv nutzbarzu machen, wurden verschiedene Modifikationen desSchaumflotationsprozesses sowie weitere Heterokoagula-tionsprozesse vorgeschlagen, untersucht und in einigenFällen auch technisch umgesetzt [3, 4]. Bei einigen dieserProzesse werden unpolare, mit Wasser nicht mischbareLösungsmittel (Öle) eingesetzt, um das Sortierergebnis zuverbessern. Diese unter den Namen Agglomerationsflota-tion [1, 3, 4], Emulsionsflotation [3, 4] und Flüssig/Flüssig-Flotation (two-liquid flotation) [3 – 5] bekannt gewordenen

Chem. Ing. Tech. 2014, 86, No. 6, 831–839 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

–1Tom Leistner ([email protected]), Martin Müller, Dr.-Ing. MartinRudolph, Prof. Dr.-Ing. Urs A. Peuker, Helmholtz Institut Freibergfür Ressourcentechnologie, Halsbrücker Straße 34, 09599 Freiberg,Deutschland; 2Jacqueline V. Erler, Prof. Dr.-Ing. Urs A. Peuker,TU Bergakademie Freiberg, Institut für mechanische Verfahrens-technik und Aufbereitungstechnik, Agricolastraße 1, 09599 Freiberg,Deutschland.

Forschungsarbeit 831ChemieIngenieurTechnik

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Ansätze gehen z. T. zurück auf einige der ersten vorgeschla-genen Verfahren zur Trennung feindisperser Mineralge-mische [6]. Ursachen für die kaum stattgefundene Verbrei-tung dieser Prozesse in der Aufbereitungstechnik imGegensatz zur Schaumflotation liegen vor allem in denhöheren Kosten sowie den negativen Umweltaspekten be-gründet, den der Einsatz von Ölen mitbringt [5]. Eine er-höhte Rohstoffnachfrage bei zeitgleicher Verknappung istjedoch auch mit steigenden Preisen verbunden, wodurchalternative, z. T. kostenintensivere Prozessstrategien in Be-zug auf die effektive Handhabung der sehr feinen Partikel-anteile immer attraktiver werden. Unter den genanntenProzessen weist die Flüssig/Flüssig-Flotation, auch als Flüs-sig/Flüssig-Extraktion bezeichnet, ein sehr großes Potenzialauf, gerade im Hinblick auf das erfolgreiche Anreichernsehr feiner, teilweise kolloidaler Partikel, wie es in verschie-denen Untersuchungen im Labormaßstab von Lai undFuerstenau [7], Shergold [5], Kusaka et al. [8, 9], Otsuki et al.[10] und Zambrano et al. [11] aufgezeigt wurde. Neben die-sen Betrachtungen wurde von Shergold [7] der technischeEinsatz der Flüssig/Flüssig-Flotation als Pilotanlage zurEntfernung von mineralischen Verunreinigungen aus Kao-lin beschrieben.

Im Folgenden werden Untersuchungen zur Charakterisie-rung der Selektivität und des Prozessverhaltens der Flüssig/Flüssig-Flotation an verschiedenen Modellpartikelsystemenvorgestellt. Die Versuche wurden bezüglich des Ausbringensder Zielpartikel sowie auftretender Phasenzustände bewer-tet. Das Ziel der Untersuchungen war es, Aussagen über dieAnwendbarkeit und die Handhabung dieses Prozessansat-zes für die Feinstpartikelsortierung zu erhalten.

2 Flüssig/Flüssig-Flotation – SelektiveAnlagerung von Partikeln an Flüssig/Flüssig-Grenzflächen

Bei der Flüssig/Flüssig-Flotation wird ausschließlich einunpolares, organisches Lösungsmittel eingesetzt, um eine

oder mehrere Partikelgruppen aus einer wässrigen Suspen-sion (Trübe) abzutrennen. Es erfolgt dabei kein zusätzlicherLufteintrag wie z. B. bei Modifikationen der Schaumflota-tion [3]. Das Prozessprinzip ist als vereinfachte, schemati-sche Darstellung in Abb. 1a wiedergegeben. Das eingesetzteLösungsmittel wurde dabei in der Trübe in kleine Öltropfendispergiert, um eine hinreichende Kontaktwahrscheinlich-keit mit den Partikeln zu gewährleisten. Dieser Vorgangwird zusätzlich durch den Einsatz grenzflächenaktiver Sub-stanzen, sogenannter Surfactants, unterstützt. Im Vergleichzu Luft/Wasser-Systemen kann in Öl/Wasser-Systemen da-durch die Grenzflächenspannung und damit auch derDurchmesser der Fluidteilchen stärker verringert werden.Dies führt zu einer Erhöhung der Kontaktwahrscheinlich-keit zwischen Öltropfen und Partikel, die gerade im Feinst-partikelbereich vorteilhaft ist [4]. Um die für den Trenner-folg notwendigen Unterschiede in der Benetzbarkeit derPartikelgruppen zu erreichen, werden ebenfalls spezielleSurfactants, sogenannte Sammler, eingesetzt. Diese adsor-bieren selektiv an der Oberfläche der ausgewählten Partikelund erhöhen damit deren Hydrophobierungsgrad. Durchdie Kollision von Partikeln und Öltropfen, infolge intensiverVermischung, reichern sich die hydrophoben Partikel ver-stärkt an der Flüssig/Flüssig-Grenzfläche der Öltropfen anbzw. werden teilweise in diese hinein transferiert. Da dieWechselwirkungen in der Trübe zwischen Partikeln undÖltropfen aufgrund langreichweitiger intermolekularerKräfte größer sind, als zwischen Partikeln und Luftblasen,können im Hinblick auf die Feinstpartikelsortierung anÖl/Wasser-Grenzflächen Partikel mit Durchmessern< 10 lm viel effizienter angereichert werden, als dies anLuft/Wasser-Grenzflächen möglich ist [3 – 5]. Die genauenProzessmechanismen, die zu einer Partikelanlagerung bzw.Partikelextraktion bei der Flüssig/Flüssig-Flotation führen,sind aufgrund der Komplexität der Grenzflächenprozessezwischen dem interagierenden Partikel/Öl/Wasser-Systemnoch nicht genau verstanden, jedoch ist mithilfe vereinfach-ter Modellvorstellungen und thermodynamischer Beziehun-gen eine ansatzweise Beschreibung möglich. In Abhängig-

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Abbildung 1. a) Vereinfachte schematische Darstellung des Prozessprinzips der Flüssig/Flüssig-Flotation sowie dermöglichen Phasenzustände nach der Phasenseparation; b) Modellvorstellung eines kugelförmigen Feststoff-partikels, welches adsorbiert an einer ebenen Öl/Wasser-Grenzfläche vorliegt.

832 ForschungsarbeitChemieIngenieurTechnik

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keit der Grenzflächenspannungen gPO, gPW und gOW zwi-schen Partikel/Öl-, Partikel/Wasser- und Öl/Wasser-Phasen-grenze können innerhalb eines Partikel-Öl-Wasser-Systemstheoretisch die folgenden Zustände auftreten [3, 5]:(1) die Partikel liegen dispergiert innerhalb der wässrigen

Phase vor, für den Fall, wenn cPO ≥ cWO � cPW ist;(2) die Partikel liegen dispergiert innerhalb der organischen

Phase vor, für den Fall, dass cPW ≥ cPO � cOW ist;(3) die Partikel reichern sich in der Flüssig/Flüssig-Grenz-

fläche an, wenn cOW � cPO � cPW bzw. keine der Grenz-flächenspannungen größer als die Summe der beidenanderen ist.

Die Zustände (2) und (3) sind die notwendigen Bedingun-gen für eine selektive Trennung. Durch die gezielte Erhö-hung des Hydrophobierungsgrades einer ausgewählten Par-tikelgruppe und der damit einhergehenden Änderung derBenetzbarkeit in Bezug auf die beiden Flüssigkeitsphasen,besteht die Möglichkeit, diese in der Flüssig/Flüssig-Grenz-fläche bzw. innerhalb des unpolaren Lösungsmittels anzu-reichern, während die restlichen hydrophileren Partikel inder Trübe zurückbleiben. Aufgrund von Entmischungsvor-gängen entstehen charakteristische Gebiete innerhalb desProzessraums (siehe Abb. 1a), die in eine organische Phase(Ölphase), eine wässrige Phase (Trübe) und eine Zwischen-phase untergliedert werden. Die Zwischenphase ist dabeieine hauptsächlich durch Partikel und Surfactants stabi-lisierte Emulsion und ist der am häufigsten anzutreffendeZustand. Die Ursache für diesen Effekt kann durch einevereinfachte Modellbetrachtung, wie bei Binks und Horozov[12] vorgestellt, unter Vernachlässigung äußerer Kraftfelderbeschrieben werden. Dazu betrachtet man zunächst ein ver-einfachtes Dreiphasensystem, bestehend aus zwei nichtmischbaren Flüssigkeiten mit ebener Flüssig/Flüssig-Grenzfläche und einem kugelförmigen Partikel mit demDurchmesser dp und der Oberfläche Ap, das dispergiert inder wässrigen Phase vorliegt. Lagert sich das Partikel an derFlüssig/Flüssig-Grenzfläche an, wie schematisch in Abb. 1bdargestellt, so entsteht ein Dreiphasenkontakt und es än-dern sich die Flächen der einzelnen Phasengrenzen. Hier-aus ergibt sich bei konstanter Temperatur und Druck, durchden Anlagerungsvorgang eine Änderung der Gibbs EnergiedGan,WP ��GF des Systems.

dGan�WP��GF � cpwdApw � cpodApo � cowdAow (1)

mit Apw, Apo und Aow als die Flächen der PhasengrenzenPartikel/Wasser, Partikel/Öl sowie Öl/Wasser dar. Betrachtetman nur Anfangszustand („1“) und Endzustand („2“) desAnlagerungsvorgangs, so ist

DGan�WP��GF � G�2� � G�1�

� cow A2ow�A�1�

ow

� �� cpw A�2�

pw � Ap

� �

� cpoA2po (2)

Die Position des Partikels in der Flüssig/Flüssig-Grenz-fläche hängt dabei von der Benetzbarkeit hinsichtlich derbeiden Flüssigkeiten ab. Durch Einsetzen der Young-Glei-chung, die den Gleichgewichtszustand am Dreiphasenkon-takt beschreibt

cos h � cpo � cpw

cow(3)

sowie einiger geometrischer Beziehungen [12] in Gl. (2)kann die Energiedifferenz, die durch diesen Anlagerungs-vorgang hervorgerufen wird, beschrieben werden.

DGan�WP��GF � � p4

d2pcow�1 � cosh�2 (4)

Da der in Gl. (3) eingeführte Dreiphasenkontaktwinkel hnur Werte annehmen kann, die im Bereich 0° < h < 180° lie-gen, ist DGan,WP ��GF in Gl. (4) theoretisch immer negativund die Anlagerung der Partikel an die Flüssig/Flüssig-Grenzfläche aufgrund der Reduzierung der Phasengrenzflä-che des Systems stets energetisch günstig. Daraus folgtauch, dass wenn sich das Partikel einmal angelagert hat, esfür das System energetisch ungünstig ist, wenn es die Flüs-sig/Flüssig-Grenzfläche wieder verlässt. Inwieweit das Parti-kel in der Grenzfläche verbleibt, hängt von der Intensitätzusätzlich auftretender Vorgänge und Beanspruchungenab. Wie DGan,WP ��GF in Gl. (4), ist auch die aufzuwendendeEnergie zur Desorption der Partikel vom Quadrat des Parti-keldurchmessers abhängig. Dadurch ist ein Durchtritt vonPartikeln durch den Flüssig/Flüssig-Grenzbereich, z. B.durch Koaleszenzprozesse, theoretisch leichter zu realisie-ren, je kleiner die Partikel sind.

3 Experimentelles

3.1 Materialien

Magnetit (synthetisch und mineralisch) und Quarz (minera-lisch) wurden für diese Studie als charakteristische Feststof-fe zur Herstellung der Modellpartikelsysteme ausgewählt.Eine Analyse der Zusammensetzung der mineralischenFeststoffe mittels Röntgendiffraktometrie (XRD) ergab100 % SiO2 für den mineralischen Quarz und 80 % Fe3O4,17 % Fe2O3 und 3 % SiO2 für den mineralischen Magnetit.Die Partikeloberfläche der beiden Feststoffe wurde mitATR-FTIR analysiert, wobei keine Belegung mit verunreini-genden Adsorptionsschichten festgestellt wurde. Die mine-ralischen Partikel wurden separat unter Verwendung einerPlanetenkugelmühle eisenfrei auf einen dp,80 < 10 lm zer-kleinert. Die durch Laserbeugung bestimmten Partikelgrö-ßenverteilungen sind in Abb. 2 wiedergegeben. Der synthe-tische Magnetit wurde mithilfe des bei Erler et al. [13]beschriebenen Syntheseverfahrens hergestellt. Die so er-

Chem. Ing. Tech. 2014, 86, No. 6, 831–839 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

Forschungsarbeit 833ChemieIngenieurTechnik

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zeugten Magnetit-Nanopartikel wiesen Kristallitgrößen von15 nm auf [14] und lagen als wässrige Suspension mit einerFeststoffkonzentration von 20 g L–1 vor. Diese wurde mehr-mals mit deionisiertem Wasser gewaschen, um währenddes Syntheseprozesses entstandene Salze zu entfernen. ZurHerstellung der für die Versuche benötigten wässrigen Sus-pensionen wurde ebenfalls deionisiertes Wasser verwendetund der pH-Wert der Trübe durch Zugabe geringer Mengenvon HCl oder NaOH bzw. NH4OH eingestellt. Als grenzflä-chenaktive Substanzen wurden Rizinolsäure, Ölsäure sowieNatriumoleat (NaOl) eingesetzt. Des Weiteren dienten zumTeil (NH4)2SO4 und NH4Cl als unterstützende Elektrolyte.Isooctan (> 99,5 % Reinheit) wurde als unpolares Lösungs-mittel für alle Flüssig/Flüssig-Flotationsversuche in dieser Un-tersuchung ausgewählt.

3.2 Methoden

Zur Einstellung der spezifischenProzesschemie für die einzelnenVersuche wurden die jeweiligenwässrigen Phasen vor Versuchs-beginn, soweit nicht anders ange-geben, wie nachfolgend beschrie-ben hergestellt und konditioniert.Nach Einwaage der Feststoffeund der Suspendierung in derwässrigen Trübe wurde der pH-Wert eingestellt. Danach wurdedie wässrige Phase für mindes-tens 10 min unter Rühren kon-ditioniert. Anschließend erfolgte,wenn erforderlich, die Zugabeder definierten Menge an Surfac-tant-Stammlösung in die Suspen-sion und die weitere Konditionie-rung für mindestens 5 min sowie

ggf. eine Nachregulierung des pH-Wertes. Im Anschlussdaran wurde die wässrige Trübe in den versuchsspezi-fischen Prozessapparat überführt.

Für die experimentellen Arbeiten wurden zwei verschie-dene Prozessapparate eingesetzt. Diese sind in Abb. 3 sche-matisch dargestellt. Zum einen wurden zylindrische Glas-scheidetrichter verwendet. Für die einzelnen Versuchewurden 150 mL konditionierte Trübe mit einer Feststoffkon-zentration von 20 g L–1 eingefüllt und für mehrere Minutenmithilfe eines Glasgitterrührers bei 2000 U min–1 suspen-diert. Nach der Zugabe einer definierten Menge an Ölphasewurde das entstandene Partikel/Öl/Wasser-System für wei-tere 5 min in dem Scheidetrichter bei 2000 U min–1 disper-giert. Nach Deaktivierung des Rührers wurde das Systemfür 15 min ruhen gelassen. Aufgrund von Dichteunterschie-den erfolgte die Ausbildung der in Abb. 3 dargestelltencharakteristischen Phasen innerhalb des Prozessraumes.Anschließend wurde die wässrige Phase von der Zwischen-phase und der organischen Phase getrennt. Aus den jewei-ligen Phasen wurden Proben entnommen, getrocknet undchemisch durch Zugabe von konzentrierter HCl aufge-schlossen. Anschließend wurden die Proben mit deionisier-tem Wasser auf ein definiertes Volumen verdünnt und mitICP-OES der Eisengehalt bestimmt. Zusätzlich wurden dierestlichen Mengen der einzelnen Phasen getrocknet unddie Feststoffmasse bestimmt.

Neben den Versuchen mit Scheidetrichtern wurde eben-falls eine modifizierte Labor-Flotationssäule (Höhe 700 mm,Innendurchmesser 25 mm) für die Flüssig/Flüssig-Flota-tion eingesetzt. Für die Versuche wurden 300 mL wässriger

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Abbildung 2. Partikelgrößenverteilungen der verwendetenmineralischen Magnetit- und Quarzpartikel nach demZerkleinerungsvorgang.

Abbildung 3. Vereinfachte schematische Darstellung der eingesetzten Prozessapparate Scheide-trichter und Trennsäule sowie Veranschaulichung der charakteristischen Phasen im Prozessraum.

834 ForschungsarbeitChemieIngenieurTechnik

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Trübe mit einer Feststoffkonzentration von20 g L–1 in der Säule vorgelegt. Im unterenTeil der Säule wurde die Ölphase mithilfeeiner Kapillare (Innendurchmesser 3,2 mm)in die Trübe eingeleitet. Diese zerfiel unmit-telbar darüber in einzelne Tropfen, die auf-grund ihrer geringeren Dichte innerhalb derSäule aufstiegen. Im oberen Bereich derSäule erfolgte die Koaleszenz der Tropfen zueiner zusammenhängenden organischenPhase bzw. bei verstärkter Koaleszenzbehin-derung zusätzlich die Ausbildung eineremulsionsartigen Zwischenphase (sieheAbb. 3). Die organische Phase wurde abge-pumpt und wieder in den Vorlagebehälterder Ölphase transportiert. Der Transport derorganischen Phase durch das Schlauchsys-tem erfolgte durch zwei Peristaltikpumpen. Während desVersuchs wurden mithilfe eines automatischen Probenah-mesystems zu definierten Zeitpunkten geringe Mengen ausder organischen Phase entnommen. Nach Beendigung desVersuchs wurde die wässrige Phase von Zwischenphaseund organischen Phase getrennt. Die weiteren Analyse-schritte erfolgten analog der zuvor beschriebenen Verfah-rensweise.

4 Ergebnisse und Diskussion

4.1 Phasentransfer von Magnetit-Nanopartikeln

Magnetit-Nanopartikel können aus der wässrigen in die aus-gewählte organische Phase transferiert werden. Dazu mussdie Benetzbarkeit der Partikeloberfläche durch Einsatz vonSurfactants so verändert werden, dass die Partikel vorzugs-weise von der eingesetzten Ölphase benetzt wurden und an-schließend in diese übergehen [13 – 15]. Dies wurde in die-ser Studie über zwei verschiedene Ansätze realisiert. Zumeinen erfolgt die Hydrophobierung der Partikel währendder Anreicherung an der Flüssig/Flüssig-Grenzfläche. Dieeingesetzten Surfactants, Rizinolsäure bzw. Ölsäure, wur-den dazu zusammen mit dem Öl in die wässrige Trübe di-spergiert. Das Ausbringen des Magnetits bei Verwendungdes Prozessapparats Trennsäule ist in Abb. 4 in Abhängig-keit der Versuchszeit sowie der eingesetzten Surfactantmen-ge dargestellt. Für die Bewertung der Versuche wurdendabei nur in die organische Phase transferierte Magnetitpar-tikel betrachtet. Eine spezifische Surfactantmenge von0,2 gSurfactant g–1

Partikel entsprach dabei annähernd der Men-ge, die für eine theoretische Monoschichtbedeckung derKollektivoberfläche benötigt wurde [14]. Bei den abgebilde-ten Versuchen wurden zusätzlich (NH4)2SO4 und NH4Clals unterstützende Elektrolyte der Trübe hinzugefügt undein pH-Wert von 8,1 eingestellt. Mit beiden Surfactants wares möglich, über 80 % des Magnetits in die Ölphase zutransferieren. Jedoch traten deutliche Unterschiede in der

Transferkinetik auf. Während mit Ölsäure als Surfactantnahezu 2 h benötigt wurden, um 80 % des eingesetztenMagnetits zu transferieren, erfolgte dies mit Rizinolsäureals Surfactant in weniger als 10 min. Die Ursache für diesebeschleunigte Transferkinetik ist, dass die in der Ölphasebefindlichen Fettsäuremoleküle sich in der wässrigen, alka-lischen Phase aufgrund der Anwesenheit gelöster Ammoni-umsalze lösen konnten. Aufgrund dieses Stofftransportsdurch die Flüssig/Flüssig-Grenzfläche können Konvek-tionsströmungen auftreten, die theoretisch zu Deformatio-nen und Ausbuchtungen der Grenzfläche führen können[16]. Zusätzlich besitzen die durch den Lösungsvorgang ent-standenen Fettsäure-Spezies teilweise einen stärkerengrenzflächenaktiven Charakter [17]. Bedingt durch dieseVorgänge kommt es zur Entstehung sehr kleiner Öltröpf-chen innerhalb des Prozessraumes, die den Transferprozessbeschleunigen können. Dieser Effekt trat sehr deutlich her-vor, wenn Rizinolsäure als Surfactant eingesetzt wurde. Dar-über hinaus hatte jedoch auch die eingesetzte Menge anSurfactant Einfluss auf das Prozessergebnis. Bei einemÜberschuss kam es zu einer stetigen Vergrößerung deremulsionsartigen Zwischenphase. Dadurch nahm die Men-ge transferierter Partikel über die Zeit wieder ab, wie inAbb. 4 für 0,4 g g–1 Rizinolsäure zu erkennen ist.

Neben dem zuvor beschriebenen Ansatz kann die Hydro-phobierung der Partikel auch vor Versuchsbeginn in derwässrigen Trübe erfolgen. Die Erhöhung des Hydropho-bierungsgrades der Magnetit-Nanopartikel erfolgte durchZugabe von Natriumoleat während der Konditionierungder wässrigen Phase. Als Prozessapparat dient der inAbschn. 3.2. beschriebene Scheidetrichter. Das beobachteteProzessverhalten war dabei abhängig vom pH-Wert der Trü-be, wie in Abb. 5 qualitativ dargestellt ist. Ein nahezu voll-ständiger Transfer ohne Ausbildung einer emulsionsartigenZwischenphase wurde im neutralen bzw. schwach saurenpH-Bereich erzielt. Die wässrige Phase erschien klar undnahezu frei von Magnetitpartikeln. Bei pH 5 und pH 8 wur-de nur ein teilweiser Transfer des Magnetits erzielt, wobeiein Teil der Partikel bei pH 8 in der wässrigen Phase ver-

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Abbildung 4. Kumuliertes Ausbringen RMagn,Öl der in die Ölphase transferiertenMagnetit-Nanopartikel mithilfe des Prozessapparats Trennsäule.

Forschungsarbeit 835ChemieIngenieurTechnik

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blieb. Demgegenüber wurden die Partikel bei pH 5 nahezuvollständig aus der wässrigen Phase entfernt. Jedoch wur-den diese in der Flüssig/Flüssig-Grenzfläche angereichert,wodurch ein Großteil des Prozessraumes als stabile Parti-kel/Öl/Wasser-Emulsion erschien.

Durch gezielte Auswahl der Prozessparameter war esmöglich, Feststoffpartikel aus der Trübe in die Ölphase zutransferieren. Es ist anzunehmen, dass die geringen Di-mensionen der eingesetzten Partikel für einen Übergangzwischen den Flüssigphasen förderlich waren. Dadurch wardie Koaleszenz der Öltropfen bei geeigneten Prozessbedin-gungen weiterhin möglich. Dieser sehr intensive Vorgang,der die Flüssig/Flüssig-Phasengrenzfläche des Systemsreduzierte, würde demnach ausreichen, um Partikel in Ab-hängigkeit ihres Hydrophobierungsgrades aus dem Grenz-bereich in eine der Flüssigphasen zu überführen.

4.2 Selektiver Transfer von Magnetit-Nano-partikeln aus einem Modellpartikelsystem

Die Charakterisierung des Prozessverhaltens der Flüssig/Flüssig-Flotation bezüglich der selektiven Trennung vonStoffgemischen wurde an einem künstlichen Partikelkollek-tiv, bestehend aus synthetischen Magnetit-Nanopartikelnund mineralischen Quarzpartikeln, untersucht. Unter Nut-zung der Erkenntnisse aus den zuvor beschriebenen Pha-sentransfer-Versuchen wurde untersucht inwieweit sich dasMagnetit gezielt, unter Minimierung der Anreicherung inder Tropfengrenzfläche, in die organische Phase extrahierenlässt und der Quarz in der Trübe verbleibt. In Abb. 6 sindqualitative Versuchsergebnisse im pH-Bereich 5 – 8 für denProzessapparat Scheidetrichter wiedergegeben. Erfolgte dieHydrophobierung der synthetischen Magnetitpartikel in derTrübe während der Konditionierung durch Zugabe vonNatriumoleat (0,2 g g–1), so wurde eine selektive Trennungdes Stoffgemisches beobachtet. Die Trübe verarmt anMagnetit-Partikeln, die sich in der Flüssig/Flüssig-Grenzflä-che der Öltropfen anreicherten. Die entstehenden Partikel/Öl/Wasser-Emulsionen waren jedoch nicht stabil. Durcheinen geringen Schereintrag wurde die Koaleszenz der

Öltropfen erreicht, wodurch die Magnetit-Nanopartikel auf-grund ihres hydrophoben Charakters von der Grenzflächein die entstehende Ölphase transferiert wurden. Demgegen-über führt die gleichzeitige Zugabe von Öl und Ölsäure nurbei pH 8 zu einer teilweisen Trennung der Partikelsysteme.Bei niedrigeren pH-Werten erfolgte eine Anreicherung inder Flüssig/Flüssig-Grenzfläche und die Ausbildung einerstabilen, emulsionsartigen Zwischenphase.

Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde für die Ver-suche mit der Trennsäule die Trübe vor Versuchsbeginnkonditioniert. Die Anreicherung der MagnetitpartikelRMagn,Öl in der organischen Phase ist in Abb. 7a in Abhän-gigkeit der Versuchszeit dargestellt. Innerhalb von 10 minwurden dabei annähernd 50 % der eingesetzten Magnetit-nanopartikel in die organische Phase transferiert, wobei derMagnetit-Gehalt der einzelnen entnommenen Proben beinahezu 100 % lag. Während der Versuche kam es ebenfallszur Ausbildung der emulsionsartigen Zwischenphase (sieheAbb. 7b). In diesem Gebiet reicherten sich neben Magnetitauch Quarzpartikel an. Betrachtet man die Öl- und Zwi-schenphase zusammen, so wurden 76 % des Magnetits aus-gebracht. Jedoch verringerte sich der Magnetitgehalt auf91 %. Wie bereits zuvor beschrieben, können Magnetit-Nanopartikel aufgrund ihrer geringen Dimensionen durchden Flüssig/Flüssig-Grenzflächenbereich in die organischePhase übergehen. Für die größeren Quarzpartikel hingegenist theoretisch aufgrund ihres hydrophilen Charakters nureine Anlagerung an der Grenzfläche möglich. InwieweitKoaleszenzbehinderung in der Zwischenphase durch ange-lagertes Magnetit oder Quarz verursacht wird, wurde imRahmen dieser Studie nicht geklärt.

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Abbildung 5. Darstellung charakteristischer Phasenzuständebei der Flüssig/Flüssig-Flotation von Magnetit-Nanopartikelnin Abhängigkeit des pH-Wertes der Trübe (Surfactant:Natriumoleat 0,2 g g–1).

Abbildung 6. Qualitative Prozesscharakteristika bei Trenn-versuchen von Magnetit-Nanopartikeln und Quarz in Abhängig-keit vom pH-Wert der Trübe und des eingesetzten Surfactants.Oben: Natriumoleat 0,2 g g–1, Zugabe vor Versuchsbeginn; unten:Ölsäure 0,2 g g–1 und Zugabe zusammen mit der Ölphase.

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4.3 Trennung eines Modell-Erzsystems(Magnetit und Quarz)

Eine Überführung des Prozessprinzips in den Ressourcen-bereich ist an einem künstlichen Modell-Erzsystem, be-stehend aus mineralischem Magnetit und Quarz imMassenverhältnis 1:1, untersucht worden. Für die Hydro-phobierung des Magnetits wird zunächst Natriumoleat wäh-rend der Konditionierung der Trübe eingesetzt. Als Prozess-apparat wurden Scheidetrichter verwendet. Die Menge anNatriumoleat sowie der pH-Wert der Trübe wurde variiertund das Prozessergebnis durch Ermittlung des Ausbringensan Magnetit sowie des Magnetitgehalts in der Produktphasecharakterisiert. Bei allen Versuchen bildet sich keine bzw.nur eine geringfügige, zusammenhängende Ölphase aus.Im Gegensatz zu den Nanopartikeln reicherten sich die mi-kroskaligen Feststoffpartikel in der Flüssig/Flüssig-Grenz-fläche der Öltropfen an, wodurch die Koaleszenz behindertwurde und sich die stabile Partikel/Öl/Wasser-Emulsion derZwischenphase ausbildete. Diese wies in Abhängigkeit derProzessparameter eine unterschiedliche Zusammensetzungauf, wie in Abb. 8 mithilfe der ermittelten Versuchsergeb-nisse nach Trennung und Analyse der einzelnen Phasen

wiedergegeben ist. Durch Zugabe von500 g t–1 Natriumoleat wurden über 80 %der Magnetitpartikel in der Zwischen-phase ausgebracht. Mit steigendempH-Wert wurde auch die Menge an aus-gebrachten Quarzpartikeln durch Zunah-me der Wirkung der elektrochemischenDoppelschicht um die Partikel [9] redu-ziert. Demgegenüber wirkten sich höhe-re Mengen an Natriumoleat negativ aufdas Magnetitausbringen aus, erhöhtenjedoch zum Teil den Magnetitgehalt inder Zwischenphase auf > 90 % durch Ver-ringerung des Quarzaustrags. Wurdezusätzlich zur Konditionierung mit Na-triumoleat auch eine Ölphase mit daringelöster Ölsäure eingesetzt (Abb. 9), sowurde im allgemeinen eine Erhöhungdes Magnetitausbringens beobachtet.

Des Weiteren wurden für 500 g t–1 Natriumoleat bzw. ohneNatriumoleat-Zugabe im alkalischen pH-Bereich Magnetit-gehalte bis zu 80 % erreicht. Auftretende Lösungsvorgängeder Fettsäure sowie die veränderten Eigenschaften der Öl/Wasser-Grenzfläche wirkten sich demnach positiv auf dieSelektivität des Trennprozesses aus.

Die Ergebnisse zeigen, dass auch ohne Partikeltransfer indie Ölphase eine selektive Trennung feinstdisperser Partikel-kollektive ausschließlich durch selektive Anreicherung in derFlüssig/Flüssig-Grenzfläche erfolgen kann. Da ein Großteildes eingesetzten Öls in der Zwischenphase landete, bestehtdie Möglichkeit, dieses durch Brechen der Emulsion wieder-zugewinnen um den Ölverbrauch zu minimieren. Vorge-schlagene Methoden dafür stellen Zentrifugation, Filtrationund die Zugabe von Öl, Elektrolyten oder Surfactants dar [5].

5 Zusammenfassung

Die in dieser Studie präsentierten Ergebnisse verdeutlichendas Potenzial der Flüssig/Flüssig-Flotation in Bezug auf dieselektive Trennung feinstdisperser Partikelkollektive. DasHauptproblem des Prozesses ist jedoch die Bildung stabiler

Partikel/Öl/Wasser-Emulsionenanstelle einer Partikelextraktionin die Ölphase sowie die damitverbundene Problematik des un-selektiven Partikelaustrages. Ne-ben einer geeigneten Prozessche-mie stellt die Partikelgröße einewichtige Einflussgröße auf dasgewünschte Prozessergebnis dar.Es wurde gezeigt, dass Magnetit-Nanopartikel in eine Ölphase ex-trahiert werden können und dassdieser Vorgang zur hinreichen-den, selektiven Abtrennung die-

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Abbildung 7. a) Kumuliertes Ausbringen RMagn,Öl der während der Trennversuche in dieÖlphase transferierten Magnetit-Nanopartikel (Prozessapparat Trennsäule) sowie das Ge-samtausbringen RMagn,Öl+ZP nach Versuchsende; b) Die sich ausbildende, emulsionsartigeZwischenphase und zusammenhängende Ölphase während des Trennversuchs.

Abbildung 8. Magnetitausbringen RMagn,Öl+ZP (a) und -gehalt XMagn,Öl+ZP (b) in der Produktphasebei den Trennversuchen des Modell-Erzsystems in Abhängigkeit von Trübe-pH und NaOl-Menge.

a) b)

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ser Partikel aus Modellpartikelsystemen eingesetzt werdenkann. Für ein Modell-Erzsystem konnte die Bildung stabilerEmulsionen nicht verhindert werden. Jedoch ist durch Aus-wahl geeigneter Prozessparameter eine Anreicherung derZielpartikel mit hohem Ausbringen in diesen Emulsions-phasen möglich. Die große Herausforderung dieses Prozes-sansatzes stellt dabei die Vermeidung der Bildung stabilerPartikel/Öl/Wasser-Emulsionen bzw. die Untersuchung ge-eigneter Methoden zur effektiven Handhabung dieserEmulsionen dar. Die Komplexität der Grenzflächenvorgän-ge sowie der derzeit hauptsächlich empirische Kenntnis-stand machen weiterführende Untersuchungen zum Ver-ständnis der Mechanismen der Flüssig/Flüssig-Flotationnotwendig.

Formelzeichen

Ap [m2] PartikeloberflächeApw, Apo, Aow [m2] Phasengrenzflächendp [m] PartikeldurchmesserDGan,WP ��GF [J] Änderung der Gibbs-Energie durch

Adsorption aus der wässrigen Phasein die Flüssig/Flüssig-Grenzfläche

RMagn,Öl [%] Ausbringen von in die Ölphasetransferiertem Magnetit

RMagn,Öl+ZP [%] Ausbringen von in der Ölphasetransferierten und in derZwischenphase angereichertemMagnetit

tProzess [s] ProzesszeitXMagn,Öl+ZP [%] Magnetitgehalt in Öl- und

Zwischenphasegpw, gpo, gow [Nm–1] Grenzflächenspannungh [°] Dreiphasenkontaktwinkel

Indizes

GF GrenzflächeMagn MagnetitO ÖlP PartikelW WasserWP wässrige PhaseZ Zwischenphase

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a) b)

Abbildung 9. Magnetitausbringen RMagn,Öl+ZP (a) und -gehalt XMagn,Öl+ZP (b) in der Produktphase beider Trennversuchen des Modell-Erzsystems in Abhängigkeit vom pH-Wert und Surfactantmenge(Ölsäuregehalt in Ölphase: 3,2 · 10–4M).

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