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Z Rheumatol 2013 · 72:822–826 DOI 10.1007/s00393-013-1237-3 Online publiziert: 8. August 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 G. Dischereit 1  · M. Burk 2  · K. Storck-Müller 2  · U. Lange 3 1 Institut für Sportmedizin, Justus-Liebig-Universität Gießen 2 Rheumazentrum Mittelhessen, Bad Endbach 3 Abteilung für Rheumatologie, Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim Septische monoartikuläre  Arthritis durch Sphingomonas paucimobilis Anamnese Ein 70-jähriger Patient wird aufgrund einer sich seit etwa 5 Wochen entwickeln- den schmerzhaften Schwellung und Rö- tung im Bereich des rechten Kniegelenks stationär aufgenommen. Zu Beginn der Symptomatik war der Patient mit dem Wohnwagen unterwegs. Wegen zuneh- mender Beschwerden stellte er sich zu- nächst in der Notaufnahme eines Kran- kenhauses am Urlaubsort vor, wo ambu- lant eine Salbe und Kühlung des Kniege- lenks empfohlen wurde. Bei weiterer Be- schwerdeprogredienz suchte er nach Rei- serückkehr einen chirurgischen Kollegen auf, der 3 Tage vor der stationären Auf- nahme eine diagnostische Punktion des rechten Kniegelenks durchführte. Mikro- skopisch zeigten sich im Gelenkpunktat massenhaft Leukozyten sowie gramne- gative Stäbchen. In der Kultur gelang der Nachweis von Sphingomonas paucimobi- lis. Neben antiphlogistischen und anal- getischen physikalischen Therapiemaß- nahmen wurde unverzüglich eine ora- le antibiotische Therapie mit Ofloxacin 200 mg eingeleitet. Bis auf rezidivierende Schwellungen des Großzehengrundgelenks rechts gab der Patient keine über das Altersmaß hi- nausgehenden Gelenkbeschwerden in der Vorgeschichte an. Als weitere internisti- sche Komorbiditäten konnten F eine arterielle Hypertonie, F Hyperurikämie, F chronische Niereninsuffizienz im Stadium III, F Z. n. Aortenkunstklappenersatz und F bestehende orale Antikoagulation sowie F eine COPD im Stadium II-III eruiert werden. Die COPD verlaufe aktu- ell unter einem langwirksamen Anticho- linergikum und einem Kombinationsprä- parat aus einem inhalativen Glukokorti- koid und einem β2-Sympathomimetikum jedoch beschwerdearm. Bei Infektexazer- bation sei in der Vergangenheit jedoch et- wa 2-mal jährlich eine kurzfristige, hoch- dosierte systemische Glukokortikoidthe- rapie notwendig gewesen. Die seit meh- reren Jahren bestehende Psoriasis vulga- ris wurde vom Patienten bei eher blandem Verlauf als wenig belastend empfunden. Klinischer Befund Im Bereich des rechten Kniegelenks be- stand eine deutliche fluktuierende, syn- ovitische Schwellung mit begleitender Rötung und Überwärmung. Das Bewe- gungsausmaß des rechten Kniegelenks zeigte sich schwellungsbedingt einge- schränkt mit 0-0-45 Grad in Extension/ Flexion. Der übrige Gelenkstatus war, bis auf eine ältere, traumatisch bedingte Su- pinationsfehlstellung des rechten oberen Sprunggelenks im postoperativen Zu- stand, unauffällig. Vereinzelt waren klei- nere, schuppende Hauteffloreszenzen im Nacken, an den Ellenbogenstreckseiten beidseitig und abdominell zu erkennen, Diskrete, aber typische Nagelveränderun- gen an den Fußzehen bei vorbekannter Psoriasis vulgaris waren ebenfalls zu se- hen. Der Patient hatte kein Fieber. Diagnostik Labordiagnostik, mikroskopische und mikrobiologische Analyse In der Labordiagnostik ergaben sich deut- licher erhöhte Entzündungsmarker mit F einer Blutsenkungsgeschwindig- keit (bestimmt nach Westergren) von 94 mm/h bzw. 102 mm/2 h (Norm 1 h: 0–10 mm, 2 h: 10–20 mm), F einem C-reaktives-Protein(CRP)- Wert von 83 mg/l (nephelometrisch, Norm <5,0 mg/l), F einer Leukozytenzahl von 7540/µl normwertig (Norm 4000–9000/µl). Es lag eine diskrete makrozytäre, hyper- chrome Anämie mit einem Hämoglobin- wert (Hb) von 11,6 g/dl (Norm 12–18 g/dl) vor. Die weiteren Werte betrugen: F Harnsäure i. S. 9,3 mg/dl (Norm 3,4– 7,0 md/dl), F Harnstoff i. S. 91 mg/dl (Norm 10– 50 md/dl), F Kreatinin i. S. 2,1 mg/dl (Norm <1,1 mg/dl). Die Ergebnisse für Antistreptolysin-Titer, Rheumafaktor, Antizyklische-zitrullieren- de-Peptid(CCP)-Antikörper und antinu- kleäre Antikörper lagen im Normbereich. Die Borrelien-Serologie war negativ. Das opake, grau-gelbliche Gelenk- punktat zeigte bei eher geringer Viskosi- tät einen Zellzahl von 74.280 Leukozyten pro µl mit einer deutlichen Prädominanz der neutrophilen Granulozyten (92%). Es gab keinen Nachweis von Harnsäurekris- Redaktion E. Reinhold-Keller, Hamburg F. Moosig, Lübeck/Bad Bramstedt 822 | Zeitschrift für Rheumatologie 8 · 2013 Kasuistiken

Septische monoartikuläre Arthritis durch Sphingomonas paucimobilis; Septic monarthritis caused by Sphingomonas paucimobilis;

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Page 1: Septische monoartikuläre Arthritis durch Sphingomonas paucimobilis; Septic monarthritis caused by Sphingomonas paucimobilis;

Z Rheumatol 2013 · 72:822–826DOI 10.1007/s00393-013-1237-3Online publiziert: 8. August 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

G. Dischereit1 · M. Burk2 · K. Storck-Müller2 · U. Lange3

1 Institut für Sportmedizin, Justus-Liebig-Universität Gießen 2 Rheumazentrum Mittelhessen, Bad Endbach3 Abteilung für Rheumatologie, Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim

Septische monoartikuläre Arthritis durch Sphingomonas paucimobilis

Anamnese

Ein 70-jähriger Patient wird aufgrund einer sich seit etwa 5 Wochen entwickeln-den schmerzhaften Schwellung und Rö-tung im Bereich des rechten Kniegelenks stationär aufgenommen. Zu Beginn der Symptomatik war der Patient mit dem Wohnwagen unterwegs. Wegen zuneh-mender Beschwerden stellte er sich zu-nächst in der Notaufnahme eines Kran-kenhauses am Urlaubsort vor, wo ambu-lant eine Salbe und Kühlung des Kniege-lenks empfohlen wurde. Bei weiterer Be-schwerdeprogredienz suchte er nach Rei-serückkehr einen chirurgischen Kollegen auf, der 3 Tage vor der stationären Auf-nahme eine diagnostische Punktion des rechten Kniegelenks durchführte. Mikro-skopisch zeigten sich im Gelenkpunktat massenhaft Leukozyten sowie gramne-gative Stäbchen. In der Kultur gelang der Nachweis von Sphingomonas paucimobi-lis. Neben antiphlogistischen und anal-getischen physikalischen Therapiemaß-nahmen wurde unverzüglich eine ora-le antibiotische Therapie mit Ofloxacin 200 mg eingeleitet.

Bis auf rezidivierende Schwellungen des Großzehengrundgelenks rechts gab der Patient keine über das Altersmaß hi-nausgehenden Gelenkbeschwerden in der Vorgeschichte an. Als weitere internisti-sche Komorbiditäten konnten Feine arterielle Hypertonie, FHyperurikämie, Fchronische Niereninsuffizienz im

Stadium III, FZ. n. Aortenkunstklappenersatz und

Fbestehende orale Antikoagulation sowie

Feine COPD im Stadium II-III

eruiert werden. Die COPD verlaufe aktu-ell unter einem langwirksamen Anticho-linergikum und einem Kombinationsprä-parat aus einem inhalativen Glukokorti-koid und einem β2-Sympathomimetikum jedoch beschwerdearm. Bei Infektexazer-bation sei in der Vergangenheit jedoch et-wa 2-mal jährlich eine kurzfristige, hoch-dosierte systemische Glukokortikoidthe-rapie notwendig gewesen. Die seit meh-reren Jahren bestehende Psoriasis vulga-ris wurde vom Patienten bei eher blandem Verlauf als wenig belastend empfunden.

Klinischer Befund

Im Bereich des rechten Kniegelenks be-stand eine deutliche fluktuierende, syn-ovitische Schwellung mit begleitender Rötung und Überwärmung. Das Bewe-gungsausmaß des rechten Kniegelenks zeigte sich schwellungsbedingt einge-schränkt mit 0-0-45 Grad in Extension/Flexion. Der übrige Gelenkstatus war, bis auf eine ältere, traumatisch bedingte Su-pinationsfehlstellung des rechten oberen Sprunggelenks im postoperativen Zu-stand, unauffällig. Vereinzelt waren klei-nere, schuppende Hauteffloreszenzen im Nacken, an den Ellenbogenstreckseiten beidseitig und abdominell zu erkennen, Diskrete, aber typische Nagelveränderun-gen an den Fußzehen bei vorbekannter Psoriasis vulgaris waren ebenfalls zu se-hen. Der Patient hatte kein Fieber.

Diagnostik

Labordiagnostik, mikroskopische und mikrobiologische Analyse

In der Labordiagnostik ergaben sich deut-licher erhöhte Entzündungsmarker mit Feiner Blutsenkungsgeschwindig-

keit (bestimmt nach Westergren) von 94 mm/h bzw. 102 mm/2 h (Norm 1 h: 0–10 mm, 2 h: 10–20 mm),

Feinem C-reaktives-Protein(CRP)-Wert von 83 mg/l (nephelometrisch, Norm <5,0 mg/l),

Feiner Leukozytenzahl von 7540/µl normwertig (Norm 4000–9000/µl).

Es lag eine diskrete makrozytäre, hyper-chrome Anämie mit einem Hämoglobin-wert (Hb) von 11,6 g/dl (Norm 12–18 g/dl) vor. Die weiteren Werte betrugen:FHarnsäure i. S. 9,3 mg/dl (Norm 3,4–

7,0 md/dl), FHarnstoff i. S. 91 mg/dl (Norm 10–

50 md/dl), FKreatinin i. S. 2,1 mg/dl (Norm

<1,1 mg/dl).

Die Ergebnisse für Antistreptolysin-Titer, Rheumafaktor, Antizyklische-zitrullieren-de-Peptid(CCP)-Antikörper und antinu-kleäre Antikörper lagen im Normbereich. Die Borrelien-Serologie war negativ.

Das opake, grau-gelbliche Gelenk-punktat zeigte bei eher geringer Viskosi-tät einen Zellzahl von 74.280 Leukozyten pro µl mit einer deutlichen Prädominanz der neutrophilen Granulozyten (92%). Es gab keinen Nachweis von Harnsäurekris-

RedaktionE. Reinhold-Keller, Hamburg F. Moosig, Lübeck/Bad Bramstedt

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talle oder Kalziumpyrophosphatkristal-len. Mikroskopisch konnten gramnega-tive Stäbchen nachgewiesen werden, zu-dem gelang der kulturelle Nachweis von S. paucimobilis aus der Synovialflüssig-keit (bioMérieux, Vitek Systems Inc., Hazelwood, USA). Laut Antibiogramm ergab sich eine Sensibilität des Keims gegenüber FAminopenicillinen, FCephalosporinen der 3. Generation, FCarbapenemen, FAminoglykosiden, FTetrazyklinen, FTrimethoprim/Sulfamethoxazol und FFluorchinolonen.

Bildgebung

Arthrosonographie. In der Arthosono-graphie des rechten Kniegelenks ist eine Synovitis mit Abhebung der Gelenk kapsel und Zeichen eines Kniegelenkergusses zu erkennen (.Abb. 1). Eine Baker-Zyste konnte nicht dargestellt werden.

Röntgenaufnahme. In der Röntgenauf-nahme des rechten Kniegelenks in 2 Ebe-nen waren Zeichen einer medialen Go-narthrose und keine entzündlichen Di-rektzeichen zu erkennen.

Magnetresonanztomographie. In dem Magnetresonanztomogramm (MRT) des rechten Kniegelenks (T2-Gewichtung) war eine Synovitis und Ergussbildung so-wie medial im Tibiabereich ein Knochen-marködem und eine mediale Gonarthro-se sichtbar (.Abb. 2).

Therapie und Verlauf

Bei infektiöser monoartikulärer Arth-ritis des rechten Kniegelenks, ausgelöst durch das gramnegative Stäbchenbakte-rium S. paucimobilis, wurde der Patient für insgesamt 3 Wochen antibiotisch oral nach Antibiogramm mit Ofloxacin be-handelt. Er erhielt initial eine Dosierung von 400 mg Ofloxacin pro Tag, im Verlauf bei eingeschränkter Nierenfunktion wur-de sie auf 200 mg Ofloxacin pro Tag ge-senkt. Aufgrund der günstigen Resistenz-lage des Keims sowie des außerordentlich guten Ansprechens auf die im Krankheits-verlauf frühzeitig initiierte, orale antibio-tischen Therapie wurde unter engma-schigen klinischen und laborchemischen Kontrollen und in enger konsiliarischer

Zusammenarbeit mit den chirurgischen Kollegen die sonst häufig durchgeführte, primär-operative Intervention zunächst zurückgestellt.

Bei der symptomatischen Therapie wurde unter Berücksichtigung der einge-schränkten Nierenfunktion auf Ibupro-fen zugunsten von Metamizol verzichtet. Einen wesentlichen Baustein des Thera-piekonzepts bildeten zudem Fphysiotherapeutische Behandlungen

in Einzelanwendungen sowie Fjeweils 2-mal täglich aufgebrach-

te, antiphlogistisch und analgetisch wirksame Lehm- und Heublumenwi-ckel.

Begleitend wurde wegen des erhöhten Serumharnsäurewerts eine Therapie mit Allopurinol in nierenadaptierter Dosie-rung eingeleitet.

Während des stationären Aufenthalts konnte, neben einer Reduktion der labor-chemischen Entzündungsparameter und der Retentionsparameter (Serum-Harn-stoff und Serum-Kreatinin), ein deutli-cher Rückgang der synovitischen Schwel-lung/Ergussbildung am rechten Kniege-lenk sowie eine gute Minderung der Be-schwerdesymptomatik erzielt werden. Be-reits innerhalb der ersten 6 Behandlungs-tage nach Beginn der oralen antibioti-schen Therapie kam es zu einer Reduktion des CRP-Werts von 83 mg/l über 47 mg/l auf 32 mg/l.

Bei der Abschlussuntersuchung prä-sentierte sich der Patient mit einem rechten Kniegelenk mit einem Bewe-gungsausmaß in Extension/Flexion von 0/0/90 Grad bei nur noch diskreter Schwellung.

In vorliegendem Fall zeigte sich unter dem beschriebenen konservativen thera-peutischen Vorgehen ein derart günstiger Verlauf der septischen Arthritis, sodass chirurgische Maßnahmen gänzlich ver-mieden werden konnten.

Diskussion

S. paucimobilis, früher unter dem Namen Pseudomonas paucimobilis geführt, ist ein gelb pigmentiertes, aerobes, nicht fermen-tierendes Stäbchenbakterium mit ubiqui-tärer Verbreitung in der Umwelt, beson-ders aber in Boden und Wasser [9]. Zu-

Abb. 1 9 Arthrosono-graphie des rechten Kniegelenks. Im Dopp-lerultraschallbild Nach-weis einer Ergussbil-dung sowie Synovitis

Abb. 2 8 MRT des rechten Kniegelenks (T2-Ge-wichtung). Nachweis einer Synovitis und Erguss-bildung, medial im Tibiabereich Knochenmark- ödem, mediale Gonarthrose

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dem kann es durch S. paucimobilis zu Kontaminationen von Trinkwasserlei-tungen, Krankenhauseinrichtungen, Ka-thetern und Dialyseflüssigkeiten kom-men, was den sonst eher niedrig virulen-ten Keim zu einem potentiellen Auslö-ser nosokomialer Infektionen avancieren lässt [8]. Dies trifft im Besonderen für im-munkompromittierte Patienten zu [4, 7].

Gemeinhin wird eine Sensibilität des Keims auf FTetrazykline, FChloramphenikol, FTrimethoprim/Sulfamethoxazol, FCarbapeneme und FAminoglykoside

angenommen. Die Empfindlichkeit gegenüber weiteren antibiotischen Subs-tanzen, wie Cephalosporinen der 3. Gene-ration oder Fluorchinolonen, ist variabel. Resistenzen bestehen gewöhnlich gegen-über Penicillinen und Cephalosporinen der 1. Generation [9].

Neben dem Auslöser einer septischen Arthritis [10] ist S. paucimobilis ein mög-liches Agens für FBakteriämien [6], Fkatheterassoziierte Infektionen [1], FOsteomyelitiden [3], FMeningitiden [5] sowie FWundinfektionen, FInfektionen der ableitenden

Harnwege, Fintraabdominelle Infektionen, FPneumonien und Fdialyseassoziierte Infektionen [8].

Die meisten dieser Infektionen traten bei immundefizienten Patienten auf, insbe-sondere bei bereits vorliegenden hämato-logischen Erkrankungen. Im vorliegenden Fall kann eine Immunschwäche im erwei-terten Sinn als Folge der Multimorbidität interpretiert werden. Besonderen Einfluss scheint hierbei die COPD zu haben, die zunehmend nicht nur als isolierte Lun-genfunktionsstörung, sondern vielmehr als ein systemischer Inflammationspro-zess mit multiplen extrapulmonalen Ma-nifestationen wie Muskeldysfuktion, Ka-chexie und Alteration des kardiopulmo-nalen Systems als Folge oxidativen Stres-ses und neurohumoraler Aktivation ver-standen wird [2].

Weitere Studien werden zeigen müs-sen, inwieweit sich die Suszeptibilität für ubiquitär vorkommende, potenziell pa-thogene Keime bei Patienten mit COPD verändert und sich damit ein erhöhtes Ri-siko für eine Bakteriämie bzw. ein septi-sches Ereignis ergibt. Unklar bleibt im dargestellten Kasus die Infektionsquelle. Ein Kontakt dieses Patienten mit S. pau-cimobilis und dessen direkte Inokulation während eines zurückliegenden Kranken-hausaufenthalts ist diskutabel. In einem solchen Fall könnte eine transiente Bakte-riämien zur Gelenkaffektion geführt ha-ben.

Differenzialdiagnose

Septische Arthritiden können mit Kris-tallarthropathien einhergehen [10], schließlich kann die Kristallarthropa-thie selbst Auslöser der Beschwerdesym-ptomatik sein. Entsprechend gehört bei einer monoartikuläre Arthritis die Ge-winnung des Gelenkpunktats samt mik-roskopischer und mikrobiologischer Ana-lyse, neben der obligaten Labordiagnostik des Bluts, in die erste Reihe des diagnosti-schen Vorgehens. Nicht immer gelingt der Keimnachweis aus der Gelenkflüssigkeit, sodass das Anlegen von Blutkulturen ziel-führend sein kann.

Für das Frühstadium einer rheumato-iden Arthritis (RA) ist eine asymmetri-sche, monoartikuläre Manifestation, oh-

Zusammenfassung · Abstract

Z Rheumatol 2013 · 72:822–826 DOI 10.1007/s00393-013-1237-3© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

G. Dischereit · M. Burk · K. Storck-Müller · U. LangeSeptische monoartikuläre Arthritis durch Sphingomonas paucimobilis

ZusammenfassungSphingomonas paucimobilis, früher Pseu-domonas paucimobilis, spielt als Auslöser septischer Arthritiden bisher eine eher unter-geordnete Rolle in der klinisch-rheumatolo-gischen Diagnostik. Das gelb pigmentierte, aerobe, nicht fermentierende Stäbchenbak-terium stellt in diesem Zusammenhang v. a. ein Problem für immunkompromittierte Pa-tienten dar. Berichtet wird über einen 70-jäh-rigen männlichen Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), der sich zur stationären Aufnahme mit Schmer-zen, Schwellung, Überwärmung und Rötung im Bereich des rechten Kniegelenks vorstell-

te. Nach Diagnosestellung einer septischen Gonarthritis durch Sphingomonas paucimo-bilis erfolgte die antibiotische Therapie oral mit Ofloxacin sowie mit analgetisch und anti-phlogistisch wirksamen lokalen Physiothera-peutika, was im Verlauf zu einer deutlichen Besserung der Beschwerdesymptomatik führte und damit zur Vermeidung einer ope-rativen Intervention.

SchlüsselwörterSeptische Arthritis · Gonarthritis · Chronisch-obstruktive Bronchitis · Physikalische Therapie · Bakteriämie

Septic monarthritis caused by Sphingomonas paucimobilis

AbstractSphingomonas paucimobilis, formerly known as Pseudomonas paucimobilis, is a rare cause of septic arthritis and is therefore regarded as being of minor clinical interest in rheumatological diagnostics. In this con-nection the yellow pigmented, aerobic, glu-cose non-fermenting, Gram negative bacil-lus is usually associated with immunocom-promised patients. A case of septic arthritis in a 70-year-old man with chronic obstruc-tive pulmonary disease (COPD) initially pre-senting with right knee pain, swelling and redness is reported. After diagnosis of sep-tic gonarthritis due to Sphingomonas pauci-

mobilis, the infection was successfully treat-ed by oral antibiotic therapy with ofloxacine based on the patient’s antibiotic susceptibil-ity profile, combined with analgesic and an-ti-inflammatory local physical therapy sever-al times a day leading to a considerable im-provement in the symptoms so that opera-tive interventions could therefore be avoided.

KeywordsArthritis, infectious · Gonarthritis · Pulmonary disease, chronic obstructive · Physical therapy · Bacteremia

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ne das Vorhandensein weiterer Prodro-mi, eher untypisch, differenzialdiagnos-tisch jedoch zu berücksichtigen.

Ebenfalls von differenzialdiagnosti-scher Bedeutung ist, besonders in diesem Beispiel, der Ausschluss einer Arthritis psoriatica bei vorbekannter Psoriasis vul-garis. Auch andere entzündlich-rheuma-tische Erkrankungen kommen als Auslö-ser der beschriebenen Beschwerdesymp-tomatik in Betracht und sollten daher im Prozess der Diagnosefindung berücksich-tigt werden.

Degenerative Erkrankungen und asep-tische Nekrosen des Kniegelenks können, neben dem klinischen und laborchemi-schen Untersuchungsbefund, durch eine geeignete Bildgebung ausgeschlossen wer-den.

Fazit für die Praxis

Ubiquitär vorkommende Keime können Auslöser opportunistischer Infektionen sein. S. paucimobilis ist als Ursache einer Vielzahl von Infektionen bekannt, die insbesondere immunkompromittierten Patienten betreffen. Bislang sind nur we-nige Fälle beschrieben, in denen eine In-fektion mit S. paucimobilis zu einer sep-tischen Arthritis geführt hat. Da sich der Erregernachweis oft schwierig gestaltet, liegt die Prävalenz septischer Arthritiden durch S. paucimobilis möglicherweise hö-her als derzeit angenommen wird. Besteht der Verdacht auf eine septische Arthritis, ist immer der Erregernachweis anzustreben. Parallel gilt eine soforti-ge, hochdosierte und kalkulierte anti-biotische Therapie als evidenzbasiert. Nach Erhalt des Antibiogramms sollte diese ggf. auf eine gezielte Therapie um-gestellt werden. Eine operative Inter-vention sollte unter ständiger Verlaufs-beurteilung gemeinsam mit dem hier-bei erfahrenen chirurgischen Kollegen frühzeitig in Erwägung gezogen werden. Multimorbide Patienten oder Patienten mit COPD gelten per definitionem nicht als immunkompromittiert, effektiv ist je-doch eine, wie auch immer geartete, Ab-wehrschwäche auf dem Weg zur Diagno-sefindung bei unklarer Arthritis ins Kal-kül zu ziehen.

Korrespondenzadresse

Dr. G. DischereitInstitut für Sportmedizin, Justus-Liebig-Universität GießenKugelberg 62, 35394 Gieß[email protected]

Einhaltung der ethischen Richtlinien

Interessenkonflikt. G. Dischereit, M. Burk, K. Storck-Müller und U. Lange geben an, dass kein Interessen-konflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur

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