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Modellregion Karlsruhe Bedarfserhebung junger Geflüchteter Ein Ergebnis aus der Strategie- sitzung „Geflüchtete in Ausbildung“ vom 12.07.2018 a

servicestelle-ka.de · 2020. 2. 20. · Author: Assma AA. Akka-hobitz Created Date: 20191106151858Z

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  • | Dokumentation Fachtag „Soziale, schulische und berufliche Perspektiven junger Geflüchteter“2

    Modellregion Karlsruhe

    Bedarfserhebung junger Geflüchteter

    Ein Ergebnis aus der Strategie- sitzung „Geflüchtete in Ausbildung“

    vom 12.07.2018

    a

  • Bedarfserhebung junger Geflüchteter

    Am 12. Juli 2018 fand ein Strategieworkshop unter Leitung des Dezernats 3 statt.

    Unter dem Motto „Geflüchtete in Ausbildung“ wurde u. a. der Qualipass in einfacher

    Sprache vorgestellt. Im Rahmen der sich anschließenden Diskussion entstand der Wunsch

    nach einer Bedarfserhebung mit dem Ziel, die Sichtweise der Jugendlichen auf ihre

    schulische, soziale und berufliche Orientierung genauer zu untersuchen.

    In Zusammenarbeit mit der Sozial- und Jugendbehörde, dem Schul- und Sportamt, dem

    Träger Institut für Transkulturelle Lösungen (ITL) und dem Landkreis Karlsruhe entwickelte

    die Servicestelle Übergang Schule-Beruf Stadtjugendausschuss e.V. einen Fragebogen für

    junge Geflüchtete.

    Hierbei handelt es sich in erster Linie um eine qualitative, nicht um eine quantitative

    Bedarfsermittlung.

    Die Fragebögen wurden hierfür den Jugendhilfeeinrichtungen verschiedener Träger verteilt

    und vorgestellt. Die zuständigen Mitarbeiter*innen haben die Fragebögen dann an die

    Jugendlichen weitergeleitet und diese, wenn nötig, beim Ausfüllen unterstützt. So konnten

    mögliche Teilnahmehürden (z.B. fehlende Sprachkenntnisse, Schwierigkeiten beim Lesen

    oder Schreiben) gesenkt werden. Eine gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter*innen der

    verschiedenen Einrichtungen war für dieses Vorgehen unerlässlich.

    Schließlich beantworteten 40 Jugendliche die Fragebögen. In acht Einheiten beziehen sich

    die Fragen zum einen auf die schulische Laufbahn im Herkunftsland als auch auf die

    schulischen, sozialen und beruflichen Perspektiven der Geflüchteten hier in Deutschland.

    Die Ergebnisse der Bedarfserhebungen stehen auf www.servicestelle-ka.de zum Download

    bereit.

    Autor*innen der Bedarfserhebung:

    Assma Akka-Hobitz, Projektleitung Servicestelle Übergang Schule-Beruf (Stadtjugendausschuss e.V.) und

    Jessica Loos, Jugendarbeit (Landkreis Karlsruhe)

    http://www.servicestelle-ka.de/

  • Die Auswertung

    1. Fragen zur Person

    Teilgenommen haben 40 Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 20 Jahren, die teilweise

    jahrelang auf der Flucht waren bis sie hier in Deutschland angekommen sind.

    Bis auf Albanien, kommen die Jugendlichen aus Ländern, die nicht als sichere

    Herkunftsstaaten in Deutschland gelten: www.bamf.de (Stand 02.09.2019)

    Dennoch besitzt ein Großteil der Jugendlichen noch keinen sicheren Aufenthaltsstatus,

    der sie berechtigt, langfristig in Deutschland zu bleiben.

    http://www.bamf.de/

  • 2. Schulbesuch im Herkunftsland

    Die Jugendlichen wurden nach ihrer schulischen Bildung in ihrem Herkunftsland befragt.

    Die meisten haben eine Schule besucht, die Hälfte 8 bis 9 Jahre lang. Ein Drittel der

    Befragten besuchte die Schule zwischen 2 und 6 Jahren, 5 Befragte zwischen 10 und 12

    Jahren. Allerdings haben nur 4 Befragte einen Abschluss gemacht.

    Nicht erkennbar ist, ob tatsächlich kein Schulabschluss im Herkunftsland erworben wurde

    oder ob der Schulabschluss nur nicht in Deutschland anerkannt ist. Dies bezieht sich vor

    allem auf die Jugendlichen, die 8 oder 9 Jahre die Schule besucht haben.

    30

    6

    Hast du in deiner Heimat eine Schule besucht?

    Ja Nein

  • Die Heterogenität der schulischen Bildung bestätigt sich durch die Auswertung.

    Im Durchschnitt sprechen die Jugendliche 2,3 Sprachen.

    Vor allem Jugendliche aus afrikanischen Ländern haben, neben ihrer Muttersprache, auch

    sehr gute Englisch- und/oder Französisch-Kenntnisse. Aus einigen Angaben kann man

    entnehmen, dass sie auch Sprachen aus den Ländern sprechen können, wo sie während ihrer

    Flucht kurzfristig angekommen sind.

    Aus der Auswertung lässt sich ableiten, dass viele der Jugendlichen eine hohe Sprach-

    kompetenz haben, die unbedingt dokumentiert werden sollte. „Der Qualipass in einfacher

    Sprache“ ist ein Instrument, das genau diese Kompetenzen abbildet.

    Ein sicherer Aufenthaltsstatus könnte sich positiv auf die Motivation der Jugendlichen

    auswirken, zusätzlich die deutsche Sprache zu lernen.

    35

    2 11

    Welchen Schulabschlusshast du in deiner Heimat gemacht?

    keinen

    Hauptschulabschluss

    Abitur

    Realschulabschluss

  • 3. Schulbesuch in Deutschland

    Ein Großteil der Befragten ist in einer Beruflichen Schule oder in AV-dual-Klassen.

    Unter Sonstiges haben die Jugendlichen u.a. „Erfolge erleben“, Kunstprojekte,

    Computerklassen, „Theorien für den Beruf“ angegeben.

    Bemerkenswert ist, dass fast alle Jugendlichen angaben, gerne zur Schule zu gehen – einige

    bemängelten sogar, der Unterricht falle zu oft aus und die Klassen seien zu groß.

    Viele sehen die Schule als einen Ort, an dem sie Freunde treffen und neue Menschen

    kennenlernen können. Einige gaben aber auch an, dass sie sich ausgegrenzt und stigmatisiert

    fühlen sowie rassistischen Vorfällen ausgesetzt sind.

    Auf die Frage „Was sollte in der Schule anders sein?“ wurden folgende Antworten gegeben:

    • Weniger Unterrichtsausfall und früherer Beginn

    • Kleinere Klassen

    • Mehr Sportunterricht sowie ein Schwimmbad

    • Kein Mobbing und mehr Förderung für UmAs

    2312

    3

    1

    Du gehst gerne in die Schule

    Stimmt komplett

    Stimmt ein wenig

    Stimmt eher nicht

    Stimmt überhaupt nicht

  • 4. Die deutsche Sprache

    Sprachniveau A1 und A2 Elementare Sprachanwendung

    Mit A1 beherrscht man alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze, die auf die

    Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen, z.B. wohnen, welche Dinge man besitzt,

    und kann Fragen zu diesen Themen beantworten.

    Mit A2 kann man sich in einfachen, routinemäßigen Situationen verständigen, in denen es

    um einen einfachen, direkten Austausch von Informationen über vertraute und geläufige

    Dinge geht.

    Sprachniveau B1 und B2 Selbständige Sprachanwendung

    Das Sprachniveau B1 befähigt, sogenannte Hauptpunkte zu verstehen, wenn klare

    Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule,

    Freizeit usw. geht. Ebenso kann man sich zu einfachen Themen und persönlichen

    Interessengebieten äußern.

    Mit B2 kann man bereits Inhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen

    verstehen. Ebenso kann man im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen führen.

    Spontane und fließende Verständigung ist ohne größere Anstrengungen möglich: www.europaeischer-referenzrahmen.de/sprachniveau.php (Stand: 02.09.2019)

    0 10 20 30 40

    Schule

    Kurs

    Lernprogramme

    Freunde/Alltag

    Wie lernst du Deutsch?Wie hast du Deutsch gelernt?

    http://www.europaeischer-referenzrahmen.de/sprachniveau.php

  • Beurteilung der eigenen Deutschkenntnisse:

    Die Wahrnehmung der eigenen Deutschkenntnisse stimmt größtenteils überein mit dem

    Sprachzertifikat der Jugendlichen.

    15

    20

    2 1

    0

    5

    10

    15

    20

    25

    Stimmtkomplett

    Stimmt einwenig

    Stimmt ehernicht

    Stimmtüberhaupt

    nicht

    Du sprichst gut deutsch

    17 17

    20

    0

    5

    10

    15

    20

    Stimmtkomplett

    Stimmt einwenig

    Stimmt ehernicht

    Stimmtüberhaupt

    nicht

    Du verstehst gut deutsch

    1614

    6

    00

    5

    10

    15

    20

    Stimmtkomplett

    Stimmt einwenig

    Stimmt ehernicht

    Stimmtüberhaupt

    nicht

    Du liest gut deutsch

    11

    17

    52

    0

    5

    10

    15

    20

    Stimmtkomplett

    Stimmt einwenig

    Stimmt ehernicht

    Stimmtüberhaupt

    nicht

    Du schreibst gut deutsch

  • Hier waren Mehrfachnennungen möglich:

    Eine Vielzahl der Befragten gab an, mehr Unterstützung in Deutsch zu benötigen. Auffallend

    ist, dass fast alle Jugendlichen zusätzlich Unterstützung in Mathematik brauchen. Möglicher-

    weise liegt dies am Sprachdefizit, allerdings muss man auch bedenken, dass einige der

    Jugendlichen gar keine Schule bzw. „lediglich“ eine Grundschule besucht haben.

    23

    15 1511

    8

    05

    10152025

    Wer hilft dir beim Deutsch lernen?

    Ja, 27

    Nein; 11

    Brauchst du mehr Hilfe in Deutsch?

    Ja, 30

    Nein; 6

    Brauchst du mehr Hilfe in anderen Fächern?

  • 5. Das Praktikum

    Die Praktika wurden beispielsweise in Autohäusern, im Dienstleistungssektor, im sozialen

    Bereich und im Handwerk absolviert.

    Die meisten der befragten Jugendlichen hatten Spaß in ihrem Praktikum. Dennoch gaben

    einige an, dass sie mehr Unterstützung von Lehrkräften aber auch von den Anleiter*innen

    in den Ausbildungsstätten brauchen. Vor allem Geduld haben sie sich von ihnen gewünscht.

    30

    13

    29

    5

    22

    62 1 10 0 0

    0

    5

    10

    15

    20

    25

    30

    35

    Dein Praktikumhat dir Spaß

    gemacht / machtdir Spaß.

    Du hast allesimmer

    verstanden.

    Mit deinen(Arbeits-)

    Kollegen kommstdu gut klar.

    Praktikumsbeurteilung

    Stimmt komplett

    Stimmt ein wenig

    Stimmt eher nicht

    Stimmt überhaupt nicht

    Ja, 17Nein, 17

    Brauchst du mehr Unterstützung während des Praktikums?

    Ja; 37

    Nein, 3

    Hast du ein Praktikum gemacht?

  • 6. Die Ausbildung

    Einige Jugendliche machen überbetriebliche Ausbildungen, andere haben Ausbildungsplätze

    in der Gastronomie, in Autowerkstätten, im Handwerk und in der Reinigungsbranche.

    Ähnlich wie beim Praktikum zeigt sich das Bild zum Fragekomplex zur Ausbildung. Allerdings

    sind nur wenige in einer Ausbildung. Hervorgestochen ist, dass die Befragten in einem

    anderen Betrieb und in einer anderen Ausbildungsart ein Praktikum absolviert haben.

    11

    1

    9

    1

    5

    00

    1 1

    0 0 00

    2

    4

    6

    8

    10

    12

    DeinAusbildungsberuf

    gefällt dir gut.

    Die Aufgaben in derBerufsschule fallen

    dir leicht.

    Mit deinen (Arbeits-)Kollegen kommst du

    gut klar.

    Ausbildungsbeurteilung

    Stimmt komplett

    Stimmt ein wenig

    Stimmt eher nicht

    Stimmt überhaupt nicht

    Ja, 9

    Nein, 2

    Brauchst du mehr Unterstützung während der Ausbildung?

    Ja12

    Nein28

    Machst du eine Ausbildung?

  • 7. Maßnahmen zur Berufsorientierung

    z. B. Sozialkompetenztrainings

    • BeoNetzwerk: Workcamp

    • IB: Scheff

    • Handwerkskammer: ProBeruf für Geflüchtete

    z.B. Nachhilfe

    • IBZ: Perspektive Now

    • BeoNetzwerk: BeoCoach

    • IB

    Viele der Befragten haben keine Angaben zum Fragekomplex „Angebote und Maßnahmen

    zur beruflichen Orientierung“ gemacht. Diejenigen, die Angebote wahrgenommen haben,

    fanden die Angebote der genannten Bildungsträger sehr hilfreich.

    Ja, 15

    Nein; 12

    Hast du Angebote für deine Berufs-orientierung gemacht?

    Ja, 17

    Nein; 11

    Hast du an Vorbereitungs-maßnahmen teilgenommen?

    Ja, 21

    Nein, 1

    Waren die Angebote/Maßnahmengut für dich?

  • 8. Freizeit

    29

    1713

    7

    0

    10

    20

    30

    40

    50

    Sport Soziales Sonstiges Computer/Handy

    Was machst du gerne in deiner Freizeit?

    15

    8

    5 4

    0

    5

    10

    15

    20

    Sport Sonstiges Reisen Deutsch lernen

    Was würdest du gerne mehr machen?

    7

    3

    43

    3

    6

    Falls ja, was brauchst du, um das zu machen?

    Unterstützung/Begleitung

    Pass

    Geld

    Bessere Sprachkenntnisse

    Mehr Freizeit

    Sonstiges

  • 9. Ziele und Wünsche

    Mehrfachnennungen waren möglich.

    47

    7 5 4 3 3 3 4

    05

    101520253035404550

    Was sind deine Ziele für die nächsten2-3 Jahre?

    27

    18

    7 74

    0

    5

    10

    15

    20

    25

    30Wer kann dir dabei helfen, diese Ziele zu erreichen?

  • Bemerkenswert ist, wie realistisch und reflektiert die jungen Menschen alle Fragen zu ihrer

    Zukunft beantwortet haben. Nach ihren Zielen gefragt, gaben alle Jugendlichen an, dass sie

    eine Ausbildung machen bzw. diese beenden wollen. Sie wünschen sich für ihre Zukunft

    einen sicheren Aufenthalt, einen deutschen Pass und die Möglichkeit, sich ein Leben in

    Deutschland aufzubauen.

    Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Jugendlichen sehr gerne die Schule besuchen.

    Sie finden es auch sinnvoll, ein Praktikum zu machen und haben viel Freude daran.

    Es wird aber auch deutlich, dass sie sich sowohl von den Lehrkräften als auch von den

    Mitarbeiter*innen in den Betrieben mehr Unterstützung und Geduld wünschen.

    Es wird daher in Erwägung gezogen, Sensibilisierungs-Workshops sowohl für Lehrkräfte als

    auch für Mitarbeiter*innen im Betrieb anzubieten, um die jeweilige Situation der Jugend-

    lichen besser einzuschätzen und zu verstehen. Die Zusammenarbeit und die Qualität der

    Ausbildung könnte so verbessert werden.

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    9

    76

    32

    9

    0

    2

    4

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    Gibt es etwas, was du dir wünschst?