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Sind denn alle Ladies/Gaga/$ Junge Frauen schreiben Schreibwerkstatt der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe mit Jagoda Marinic Reihe JUNGE LITERATUR Band 2

Sind denn alle Ladies/Gaga/$ - Karlsruhe: Stadtinformation · Hrsg. von Hansgeorg Schmidt-Bergmann im Auftrag der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe / Museum für Literatur am Oberrhein

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Sind denn alle Ladies/Gaga/$

Junge Frauen schreiben

Schreibwerkstatt der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe mit Jagoda Marinic

Reihe JUNGE LITERATUR Band 2

Sind denn alle Ladies/Gaga/£

Junge Frauen schreiben

Hrsg. von Hansgeorg Schmidt-Bergmann im Auftrag der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe / Museum für Literatur am Oberrhein Karlsruhe

Redaktion Monika Rihm

Gestaltung saydi | Satz & Design, Diana Sayegh www.saydi.de

Druck Druckerei Stober, Eggenstein www.stober.de

Druck mit freundlicher Unterstützung des Gewinnsparvereins Südwest e.V. Karlsruhe

Bildnachweis MLO, Michael Utz, Privat

© 2011 Literarische Gesellschaft Karlsruhe PnnzMaxPalais, Karlstraße 10, 76133 Karlsruhe www.literaturmuseum.de

Reihe JUNGE LITERATUR Band 2

Immer ein Gewinn.

ISBN - 13: 978-3-930314-51-5

Inhaltsverzeichnis

Vorworte 4

Lena Petri:

Frauenperspektiven 7

Nicole Dürr: Die Maske 8 Teil me Why 9 Der Erlöser 9 Jennifer Gress: Wer bin ich wirkliche 12 Identität 12 Fassade 13 Zerbrechlich 14 Mutter 15

Naomi Greul:

Lichter des Lebens 15

Melissa Gruber:

Halbleer 17

Sultan Gümüsoluk: Bis ans Ende 19 Verlust der weiblichen Seele 20 Die Süchtige 21 Das Fehlen meiner Gegenwart 21 Dein Dreck 22 Was fehlt mir 23 Ihre Liebe 23 Ein Alptraum 24 Diana Krieger: 8 Minuten Hoffnung 25 Seiten 26

Lena Petri: Gedanken an sie 27 Die Lüge 27 Selbstsein 27 Wie(r) Frauen sind 27 Große Verwirrung 28 Im Wahn 29 Ode an meine Schuhe 29

Xenia Ratzel: Federleicht 30 Possession 31

Adina Spuller: Die Muse 32 Logik 34

Teresa Stay:

Kopflos 36

Marie Walther: Zeit 38 Fotos 38 Wie ein Kreisel 38 Luisa Weiskopf: Verwirrt 39 An IHN 40 Für SIE 41

Autorinnen 44

Workshopleitung: Jagoda Marinic' 45

„Sind denn alle Ladies / Gaga / ?" - Eine Momentaufnahme

Was denken und fühlen sie-die jungen Frauen des Jahres 201H Wie sieht die Erfahrungs­und Lebenswelt von Mädchen und jungen Frauen heute ausi Was bewegt siei Welche Themen beschäftigen siei Welche Ängste treiben sie umi Wie definieren sie ihre Weib­lichkeit, wo verorten sie sich<- Welche Vor­bilder haben siei Es sind diese Fragen, die zu dem - vielleicht seltsam anmutenden - Titel des Schreibworkshops: „Sind denn alle Ladies I Gaga /i" führten, den die Literarische Gesell­schaft im Rahmen des Karlsruher Festivals „Frauenperspektiven" im Frühjahr 2011 un­ter Leitung der Autorin Jagoda Marinic' an­bot und der sich gezielt an junge Frauen und Mädchen richtete: Wie definiert der weibli­che Teil der sogenannten „facebook-Genera-tion" seine Geschlechterrolle, deren Möglich­keiten, aber auch gesellschaftliche Grenzend Und was heißt und meint „weibliche Iden­tität" heutet Sind es die medial vermittel­ten Lifestyle-Ikonen und - mehr oder weni­ger schrille - Kunstfiguren wie Lady Gagai Oder haben die Medienfiguren mit der alltäg­lichen Lebenswirklichkeit junger Frauen, ih­ren Wünschen, Sorgen und Sehnsüchten wo­möglich gar nichts zu tuni

Zwölf junge Frauen im Alter zwischen 14 und 19 Jahren haben sich mit viel Engagement, Intensität und Spaß an unserem Schreib­workshop beteiligt und sich bereit erklärt, ihre im Workshop mit den Mitteln des kre­ativen Schreibens erarbeiteten, teilweise sehr persönlichen Texte der Öffentlichkeit nicht nur im Rahmen einer Lesung, sondern auch in Form der hier vorliegenden Publikation vorzustellen und damit nicht nur Moment­aufnahmen aus ihrem Leben und Empfinden

zu liefern, sondern auch beredtes Zeugnis ihrer Freude am Schreiben und jeweiligen in­dividuellen Begabung abzulegen. Davon er­zählt der vorliegende Band und dafür danken wir: Nicole Dürr, Jennifer Gress, Naomi Greul, Melissa Gruber, Sultan Gümüsoluk, Diana Krieger, Lena Petri, Xenja Ratzel, Adina Spul­ler, Teresa Stay, Marie Walther, Luisa Weiskopf.

Monika Rihm

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„Sind denn alle ladies gaga?"

Die Frage gefiel einigen der M ä d c h e n und j un ­

gen Frauen unserer Gruppe . A u f F e m i n i s m u s

hingegen w a r e n sie n icht gut zu sprechen.

W a s hat das n o c h mi t uns zu tun , fragten

siei Es w a r n icht an mir, diese Frage zu be­

a n t w o r t e n , an m i r w a r es, diese Frage an sie

zurückzugeben . U n d „die Ladies", w i e sie sich

schnell selbst n a n n t e n , f ingen an zu erzählen:

Was sie bei sich sahen, w a s sie auf d e m Schul ­

ho f sahen, in den Med ien , bei ihren M ü t t e r n .

Ich fragte nach den Vä tern . N a c h den Jungs

i m Schulhof . D i e A n t w o r t e n w u r d e n kürzer.

Schl ießl ich sagte eine: Ich dachte, es geht hier

jetzt u m uns.

F e m i n i s m u s spielte also keine Rolle, aber die

Frau d a n n doch. Sie w o l l t e n p lö tz l i ch n icht

m e h r über „ Jungs" reden, schon gar n icht

über „ M ä n n e r " . Sie w o l l t e n über Frauen re­

den. U n d somi t auch über sich. Sie g ingen

nach den k n a p p vier g e m e i n s a m e n S t u n d e n

zurück in ihre Welt , in ihre W o h n z i m m e r u n d

Schulhöfe . D o r t w u r d e n aus den Fragen, die

w i r uns gestellt hat ten , A n t w o r t e n in Form

v o n Texten . N i c h t nur fand jede der Tei lneh­

m e r i n n e n ihr T h e m a und ihre Geschichte ,

nein, sie fand auch ihre Form. Die Texte lan­

deten auf d e m Blog, erzähl ten jeder auf seine

Weise v o n einer Frau, v o m Frausein, v o m Be­

t rachten einer Frau, v o m Blick auf die Frau,

v o n innen oder außen . Spiegel traten auf in

den Gesch ichten , Selbstbespiegelungen, Ver­

zerrungen. Was ist das eigentl ich, w a s w i r da

Frau nennend U n d je mehr sie sich danach

fragten, desto weniger w i c h t i g w u r d e es. D ie

Gefüh le , Erlebnisse und A n s i c h t e n traten in

den Vordergrund. D a s Gestalterische. M a n

hät te fast m e i n e n k ö n n e n , das T h e m a Frauen

spielte gar keine Rol le mehr, sondern erzäh­

len, denken, schreiben. D o c h sobald ich ein

M ä n n e r t h e m a in die R u n d e war f , h ieß es: Es

geht hier d o c h u m uns!

Sind die ladies n u n gaga oder n i c h t s Ich hat te

das Ge füh l , sie w a r e n w e i t m e h r als „gaga".

W i e sie da auf der B ü h n e des / / z k m / / s tan­

den, auf der K o n f e r e n z Frauenperspekt iven,

w i e sie ihre Texte vorlasen, jede auf ihre Ar t ,

w ies für m i c h w e i t über das h inaus , w a s Lady

Gaga und somi t gaga ladies t u n k ö n n e n . Lady

Gaga k a n n sich verstecken, oder zeigen, w a s

sie m e i n t , w a s m a n zeigen muss , u m diese

Gesel lschaft in A u f r u h r z u bringen. Diese La­

dies k ö n n e n sich zeigen. E twas v o n d e m , w a s

sie sehen u n d denken. O h n e Effekthascherei .

O h n e Ka lkü l i m Hinb l i ck auf die W i r k u n g .

V i e lmehr w a r e n sie bereit, we l che W i r k u n g

auch i m m e r zu erzeugen; w i e sie da auf der

B ü h n e s tanden m i t ihren Tex ten in der H a n d

u n d jeder Text sagte: Hier, das b in ich. D a s

seh' ich. Das schreib ich. Darüber lach' ich.

D a s ärgert m ich . So m a c h e ich W i t z e . So leb'

ich die Wel t . So a t m e ich Liebe. Dies gelingt

n icht . Jenes w i l l n icht ... A b e r ich w e i ß es,

ich reibe m i c h daran, w i l l sagen: Ich stehe da,

sehe und gestalte es. A l l das. In diesen Tex­

ten. U n d d a n n auf der Bühne . So transparent .

O f f e n , aber n icht wehr los . Ausgeliefert u n d

d o c h n icht schutz los . Wei l sie wissen , w a s sie

tun . W e n n es i m m e r so wäre, d a n n k ö n n t e

der Femin ismus woh lverd ient in Rente gehen.

Jagoda Mar in ic '

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Lena Petri

Frauenperspektiven

Es gibt nicht die eine Frauenperspektive hallo wir sind so viele. Wie soll's denn da die eine geben Zwischen Girlies, Ladies und den Diveni

Wir beschreiben uns als verletzlich und stark, schüchtern und hart, als stolz und sensibel, hektisch und flexibel.

Also weil es nun so viele Perspektiven gibt, lassen Sie uns keine Zeit verlieren einige zu präsentieren.

Nicole Dürr

Die Maske

Sie ist selbstbewusst und erfolgreich, der In­begriff einer Karrierefrau. Männer lieben sie. Frauen schauen entweder zu ihr auf und be­wundern sie oder verachten sie. Sie sieht gut aus. Um ehrlich zu sein sieht sie umwerfend aus. Selbst wenn sie es nicht wollte, würde sie aufgrund ihrer langen roten Lockenmäh­ne und ihrer Sommersprossen überall auf­fallen. Und das weiß sie. Dieses Wissen hat sie schon zu Genüge ausgenutzt. Auch wenn dies arrogant wirken mag: Sie kriegt alles und jeden, wenn sie es nur will. Das Beste ist, da­für muss sie sich überhaupt nicht anstrengen. Der letzte prüfende Blick in den Spiegel. P-E-R-F-E-K-T. Die Mascara hebt ihre von Na­tur aus langen Wimpern besonders hervor und sie betont geschickt mit einem auffälli­gen Lidschatten ihre tief blauen, strahlenden Augen, in die sich schon einige Männer ver­loren haben. Sie schafft es immer wieder, die Männer mit nur einem einzigen Blick scha­renweise um den Finger zu wickeln und ih­nen weiß zu machen, dass dieser Blick und ein flüchtiges Lächeln nur ihnen gilt. So auch an diesem Morgen, als sie auf dem Weg zu ih­rem Büro ist. Schon kommt ihr ein Typ ent­gegen, der ihr niemals zuvor aufgefallen war, aber sie jedoch zu kennen scheint. Sie schenkt ihm ein flüchtiges Lächeln und stolziert in ihr Büro, wissend, dass die Blicke der Män­ner sie verfolgen und sie sich keine Sorgen um ihre Mittagspause machen muss. Und sie hat Recht. Man könnte denken, dass die Männer vor ihrem Büro Schlange stehen. Wie immer sucht sie sich den Mann aus, der sie in das teuerste Restaurant einlädt. Wie immer gibt sie sich charmant, selbstbewusst und interes­siert am Flirten. Zurück auf der Arbeit erntet

ihr Begleiter neidische, wütende, aber auch bewundernde Blicke. Männer! Sie sind so leichtgläubig auf das Äußere fixiert, bemer­ken nie wie abwesend sie ist, während diese die ganze Zeit über sich, ihre Stärken und von ihrem Geld protzen. Wirkt Sie so auf Männer1?- Denken sie, dass es so einfach ist, sie für sich zu gewinnen. Das sie so einfach ist"? Sie ist nicht an Geld und Aussehen interessiert. Wieso versteht das kei­ner Frauen können bei Männern nicht er­folgreich und schön gleichzeitig sein. Es gibt einmal die Karrierefrau, die nur an Geld und One-Night- Stands interessiert ist. Dann das wunderschöne Dummchen, das die Männer als Sexobjekt ausnutzen können und zuletzt noch die Hausfrau, die eine feste Beziehung, Kinder und einen Hund haben will. Män­ner sind überfordert mit dem Typ Frau, der selbstbewusst, erfolgreich UND schön ist. Ausgelaugt schließt sie die Tür zu ihrem Loft auf, wirft ihre Handtasche auf die Couch und streift die High-Heels von den schmerzenden Füßen. Sie bleibt einige Minuten erschöpft mit geschlossenen Augen liegen. Dies ist ei­ner der Tage, die ihr sehr zu schaffen machen. Sie ist müde. Müde von der Arbeit. Müde von den Männern. Müde davon, erfolgreich zu sein und immer allen gefallen zu müs­sen. Diese Tatsache macht sie unglaublich wütend. Sie hat es satt immer perfekt sein zu müssen. Der Tag ist für sie gelaufen und deshalb beschließt sie sich in ihr Bett zu ku­scheln mit einer Tafel Schokolade. Ihr Blick bleibt an ihrem Spiegel hängen. Diese Frau im Spiegel kommt ihr völlig fremd vor. Plötzlich überrollen sie ihre Gefühle, Müdigkeit, Zorn und Frust. Sie beginnt zu zittern nimmt den Spiegel von der Wand und wirft ihn schreiend zu Boden. Sie sinkt zitternd auf die Knie und beginnt zu weinen.

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Teil me Why

Sometimes I ask myself why Why I was too shy To say: "because I want it" Why I must make a choicei You force me to do it You force me to lacerate the heart You force me to keep only the memories alive It stays a feeling of guilt Because I was too shy To look into your eye And scream: "because I want it" I think about it every day Only lf I'm dreaming they stay They forget about me But all along I keep them into my heart finally I lost them in every way Because I wasn't able to say All and all

Only the memories stay

Der Erlöser Nach der Scheidung zog ich mit meiner Toch­ter zu meinen Eltern. Es war keine einfache Scheidung. Ich weiß, dass es keine einfachen, schönen Bilderbuch- Scheidungen gibt, aber diese war mit einer Schlacht zu vergleichen. Ja man konnte es als einen Rosenkrieg be­zeichnen. Die ganzen Jahre über dachte ich, dass wir eine glückliche Ehe führen würden. Bis zu dem Tag, als ich Tim, diesen Mistkerl, in Flagranti erwischt habe. Ich fühlte mich nicht gut und machte früher Feierabend. Und dann sehe ich ihn und ein junges Mädchen von maximal 20 Jahren in unserem Ehebett. Hätte er sich denn nicht traditionell ein Ho­telzimmer nehmen könnend Es war so unge­fähr hundertmal demütigender. Vor Gericht

r h

wollte ich ihm dafür soviel nehmen wie ich nur konnte. Und ich nahm ihm das wich­tigste: Seine Tochter. Ich gewann das alleini­ge Sorgerecht und dieses Urteil brachte den „Krieg" ins Rollen. Ich konnte die Abneigung in seinem Gesicht sehen und auch den tief­gründigen Schmerz hinter seiner Fassade, als hätte ich ihm sein Herz eigenhändig aus der Brust gerissen. Und dies befriedigte mich un­gemein. Wenn ich damals nur gewusst hätte, was ich dadurch verursacht hatte ... Um ehrlich zu sein, wollte ich ihm nur weh tun, aber es war von meiner Seite aus nicht fair so zu handeln. Sophie ist unsere gemein­same Tochter, sie braucht auch ihren Vater. Jetzt sehe ich es ein, damals tat ich es leider nicht. Als es endlich vorbei war, wollte ich nur noch meine Ruhe haben und entschied, zu mei­nen Eltern nach Phoenix zu ziehen. Sie un­terstützten mich rührend und nahmen mir in der ersten Zeit jegliche Arbeit ab. Aber ich fand keine Ruhe, weil Tim mir die ganze Zeit auflauerte. „Wann kann ich Sophie wieder se-

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heni", fragte er immerzu. Und meine Ant­wort lautete: „Solange ich lebe NICHT! Ver­schwinde endlich und lass uns in Ruhe oder ich besorge mir einen Gerichtsbeschluss!". Es vergingen einige Jahre. Bis zu Sophies sech­zehntem Geburtstag hatten wir Ruhe vor ihm. Als ich die Tür öffnete, um weitere Ver­wandte zu begrüßen, stand er da. Bevor ich irgendetwas erwidern konnte, rief Sophie: „Dad! Du bist gekommen!" und umarmte ihn. An diesem Tag wurde mir bewusst, dass Sophie ihren Vater brauchte und liebte. Bis­her dachte ich, dass sie ihn hassen würde. Sie hatte mich die ganze Zeit nach der Scheidung getröstet und mit mir zusammen über ihn geschimpft. Wie konnte ich nur so blauäugig glauben, dass sie so dachte wie ichi Es ist im­mer noch ihr Vater und natürlich liebt sie ihn trotz allem. Ich verachtete mich selbst dafür, dass ich so egoistisch war und meinem Kind den Vater genommen hatte. In den folgenden Wochen fasste ich die Entscheidung mit Tim über das Sorgerecht zu sprechen. Aber dann folgte der schlimmste Tag meines Lebens. Es geschah an einem Freitag, als So­phie und ich einen schrecklichen Streit hat­ten. Sie wollte auf eine Party. Mit Alkohol und natürlich mit Jungs. „Du bist um 24.00 Uhr wieder zu Hause!", sagte ich mit erns­ter Stimme. Sie erwiderte genervt: „Die Party fängt aber erst um Zehn an, wie bescheuert ist das denni" Und dann fügte sie etwas hin­zu, das mir das Herz brach. „Das ist so unfair. Ich darf Dir die ganze Zeit zuhören und dich trösten wie du wegen Dad und der Scheidung rumheulst, ja, dafür bin ich alt genug, aber um auf eine Party zu gehen natürlich nicht. Hauptsache, du bist glücklich. Manchmal wünschte ich, ich würde bei Dad wohnen. Ich hasse dich!", schrie sie und knallte die Woh­nungstür hinter sich zu und war verschwun­den. Das war das letzte Mal, dass ich sie gese­

hen habe. Sie kam an diesem Tag nicht mehr wieder. Ich begann nervös zu werden, dachte mir aber, dass sie bei irgendeiner Freundin un­tergekommen war und ging schlafen. Ich ver­suchte es, aber die ganze Nacht über tat ich kein Auge zu. Als sie an den darauf folgenden Tagen ohne ein Lebenszeichen wie vom Erd­boden verschluckt war, wählte ich zitternd die Nummer der Polizei und meldete sie als vermisst. Jedoch war ich verwundert, als we­nige Minuten später zwei Cops vor der Tür standen. Der Detective stellte sich mir als John Parker vor. Verwirrt sagte ich: „Ich habe doch erst vor wenigen Minuten bei der Polizei angerufen." Der Detective antwortete mit ernster Miene: „Neben ihrer Tochter sind drei weitere Kin­der vermisst worden, was bisher nicht an die Presse gelangt ist. Und es gibt Übereinstim­mungen sowohl im Verschwinden, den mög­lichen Gründen oder der Lebenssituation der Vermissten. Es handelt sich um Kinder zwi­schen 11 und 16 Jahren, deren Eltern geschie­den sind und nach Streitereien verschwun­den sind. Heute wurden zwei Mädchen tot aufgefunden." In diesem Moment fing mein Herz an zu rasen und ich dachte ich befän­de mich in einem Alptraum. Ich wünschte es mir. Abwesend fragte ich: „Sie meinen, dass irgendein Irrer Kinder entführt und tötet, nur weil die Eltern geschieden sindi Das macht doch überhaupt keinen Sinn!". Was ich dann erfuhr, ließ mir das Blut in den Adern gefrie­ren. „Wir ermitteln schon über einen längeren Zeitraum. Einige Vermisstenfälle, die genau diese Übereinstimmungen zeigen, reichen mehrere Jahre zurück, aber bis heute gibt es weder Lebenszeichen von den Vermissten noch Leichen. Wir gehen davon aus, dass es sich um einen Serienmörder handelt, der die Kinder nach einem genauen Zeitplan und System tötet. Den gefunden Kindern fehlten

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sowohl das Herz als auch die Ohren", teilte mir John Parker vorsichtig mit. Mit einer mir fremden monotonen und zitternden Stimme sagte ich nur: „Oh mein Gott!". Nach eini­gen Minuten Stille traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz. „Mein Exmann...", murmelte ich, „Detective, vielleicht hat mein Exmann etwas mit dem Verschwinden meiner Tochter zu tun. Wo sollte sie auch anders sein nach einem Streit mit miri". Ich hielt mich an die­sem Strohhalm fest. Ja, so absurd es klingen mag, ich hoffte, dass Sophie bei ihrem Vater ist, sei es freiwillig oder nicht. Diese Hoff­nung starb jedoch sofort, als Tim mit einem vor Angst gequälten Gesichtsausdruck vor der Tür stand. „Die Hoffnung trübt das Ur­teil, aber sie stärkt die Ausdauer", flüsterte Tim mir ins Ohr und nahm mich in den Arm. Ab diesem Zeitpunkt begann die Jagd gegen die Zeit.

Ich kann nicht verstehen, wieso diese Men­schen das ihren Kindern antun. Meine Be­stimmung ist es, sie zu retten. Sie sitzt zit­ternd auf dem Stuhl, endlich an einem sicheren Ort. Ich werde sie befreien von den Qualen und Schmerzen, wie die anderen. Zu­erst muss ich dafür sorgen, dass diese Teufel das Mädchen nicht finden. Ich beschütze sie vor den seelischen Qualen. Nie mehr Streit anhören, nie mehr zwischen den Eltern ste­hen und sich dafür verantwortlich fühlen. Und vor allem nie mehr dieser Schmerz, wenn sie beide weggehen und dich alleine lassen. Nein, ich beschütze sie. Ich weiß nur zu gut wie man sich fühlt. Eigentlich müss-te ich die Eltern bestrafen. So klappt das. Das war so wunderschön, als sich meine Eltern aneinander gekuschelt haben. Nein, sie ha­ben sich nicht mehr gestritten. Ich habe ge­schafft, was ich wollte. Aber deren Einsicht

kam leider zu spät und deshalb musste ich sie bestrafen. Aber ich habe sie schön beerdigt. Zusammen. Hand in Hand. Mama in ihrem Hochzeitskleid und Papa ganz schick in sei­nem Smoking. Wieso bin ich erst mit meinen 30 Jahren darauf gekommen all die leidenden Kinder zu erlösend Aber besser spät als nie. Ich muss noch so vieles für die Erlösung von Sophie vorbereiten.

Die Wochen verstrichen ohne Spuren oder Nachrichten von der Polizei. Meine Hoffnung wandte sich in Panik. Tim und ich suchten je­den Tag von morgens bis abends nach unserer Sophie. Wir wussten nicht wo, aber wollten und konnten nicht tatenlos zusehen. Bis zu dem Tag, als sich alles änderte. Es gab Augen­zeugen, die sich auf die Aufrufe im Fernsehen und Radio meldeten. Endlich gab es Hinwei­se und brauchbare Spuren, sodass ein Profil des Entführers erstellt werden konnte. Es war nicht viel, aber ein Anfang. Wie viel Zeit ha­ben wir noch«?- Wie viel Zeit bleibt Sophie1?- Es muss etwas passieren. Sonst... Nur der Ge­danke daran ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Dieser Mistkerl muss einfach einen Fehler machen. Und er tat es. Jetzt war die Polizei am Zug.

Alles ist vorbereitet. Die Erlösung kann be­ginnen. „Du musst nie wieder leiden, So­phie", sage ich lächelnd zu ihr und streichle ihr über die Wangen. Sie beginnt zu weinen. Freudentränen. Ich spüre wie auch sie sich nach der Erlösung sehnt. Zuerst segne ich sie mit Weihwasser aus der Kirche. „Gott wartet auf dich, du musst keine Angst haben", tröste ich das Kind. Ich lese ihr das „Vater unser" vor. Jetzt folgt das Wichtigste der Erlösung. Ich befreie sie von ihrem Schmerz. Die Ohren,

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damit sie niemals mehrStreit hören muss und das Herz, damit sie nie mehr diesen Schmerz fühlen muss, der einen innerlich zerreißt. Ich hole das Messer, das schon so viele Seelen be­freit hat. „Nun wird auch deine Seele befreit und endlich Ruhe und Liebe finden", sage ich während ich das Messer mit Weihwasser seg­ne. Es ist nun ein Werkzeug Gottes. Ihre Au­gen weiten sich und ihr Körper beginnt sich zu winden. Das ist der Zeitpunkt, an dem all der Schmerz aus ihrem Körper weicht. Dies habe ich bei all den erlösten Seelen beobach­tet. Es wird Zeit. Sie muss unglaublich unter ihren streitenden Eltern gelitten haben. Dies zeigen ihre herzzerreißenden Schreie, wäh­rend ich sie von ihrem Herz, der Quelle aller Qualen, befreien will. Als sie mit dem letz­ten Schrei verstummt, schließe ich ihre Au­gen und betrachte das Mädchen. Sie sieht so friedlich und glücklich aus. Dieses Mädchen scheint so unglaublich zerbrechlich zu sein. WEM hat sie das zu verdankend Ihren Eltern! Ihr habt sie innerlich zerbrochen. Und ich werde dafür sorgen, dass auch ihres tut!

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„Oh mein Gott, Tim", schrie ich panisch und zeigte verstört auf einen zierlichen Mädchen­körper. Die Ohren waren abgeschnitten und das Mädchen hielt sein Herz in beiden Hän­den. Sekunden später fiel ich auf die Knie und kreischte: „Gütiger Gott, nein!" und klam­merte mich an den leblosen Körper.

Jennifer Gress

Wer bin ich wirklich?

Bin ich der, zu dem du mich machst Bin ich wirklich viel zu kleind Bin ich hässlich, weil du lachst Ich verspreche, ich kann anders sein!

Sag mir nur, wie du mich willst Ich will hier nicht auffallen Pass mich an, wie du es willst So kann kein Gelächter mehr schallen

Ich hab schon viel zu viel ertragen Wie sie mit dem Finger auf mich zeigen Es ist viel schlimmer, als zu schlagen Und bringt mich immer nur zum weinen

Also bitte, bitte hilf mir doch Damit ichf s nicht mehr höre Sonst versinke ich in meinem Loch Ich nehm die Maske an, ich schwöre!

Identität

Was ich bin und was ich finde, Ist das, was ich wirklich ward Hab verloren diese Dinge Sehe vor mir nichts mehr klar.

Was ich kannte, was ich will Macht hier und dort mehr keinen Sinn Verschwommen, unklar, kalt und still Weiß ich nun nicht mehr, wer ich bin.

Ein Weg, der mir nun endlos scheint Verloren, was einst ist passiert Ein Wesen, das am Ende weint, Weil es seine Identität verliert

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Fassade

Holly war meine beste Freundin. Sie war mein Vorbild. Sie hat alles erreicht, von dem manch andere Frau nur so träumte. Das Beste war, dass sie mich so mochte wie ich war. Sie wollte mich nicht ändern. Obwohl ich eine graue Maus war, machte es ihr nichts aus, wenn die Männer, die sie begierig begafften, über sie lachten, als sie mich hinter ihr ent­deckten. Trotzdem war ich mit meinem Le­ben zufrieden. Holly hatte alles: einen Mann, der sie liebte, eine traumhafte Figur, einen Job, für den jede andere Frau sterben würde, ein luxuriöses Loft über den Dächern der Stadt. Es war kein Problem für sie, viel Verantwortung zu über­nehmen und viel zu viele Dinge auf einmal zu tun. Sie erledigte alles mit einer Perfektion, die man nur ihr zugetraut hätte. So hatte es zumindest den Anschein. Selbst ich war da­mals davon so geblendet, dass ich nicht merk­te, wie sie innerlich zerbrach. Heute mache ich mir keine Vorwürfe mehr. Ich habe mich damit abgefunden, dass nicht einmal ich, ihre beste Freundin, etwas hätte ahnen können. Sie war nun mal die Super-frau. Es war wieder einer dieser Tage, an denen Holly und ich gemeinsam frühstücken gin­gen. Sie erzählte mir von ihrem neuen Auf­trag, und mit welchen erfolgreichen Kunden sie dieses Mal zusammenarbeitete, während sie immer wieder auf ihre silbern glänzende Uhr schaute. Geduldig nippte ich an meinem Kaffee. „Schau mal * sagte Holly, „der da drü­ben schaut dich die ganze Zeit so verträumt an", und deutete auf einen jungen Mann im Anzug. „Ach nein, der schaut doch auf dich", antwortete ich. Holly strich sich elegant durch ihr glänzendes Haar. Na wunderbar, sie merkt es nicht einmal. Sie flirtet mit ihm und

hat keine Ahnung, was sie damit bei diesem Mann auslöst. Verstohlen schaute ich zu ihm rüber. Man konnte förmlich sehen, wie ihm die Zunge aus dem Mund hing. Angewidert blickte ich weg. Schon wieder schaut sie auf die Uhr. Hat sie noch einen Termini Oder warum sonst ist sie so hibbeligi Holly ist nie hibbelig. Und trotzdem zuckt ihr kleiner Finger unun­terbrochen. Als ich sie genauer betrachte, fal­len mir noch andere Dinge auf: Ihr Lidstrich ist nicht so präzise gezogen wie sonst, ein Knopfloch ihrer Bluse hatte sie übersprungen und ihre seidige Strumpfhose hatte eine Lauf­masche. Sie hatte sogar vergessen, sich pas­sende Schuhe anzuziehen, was für sie sonst immer der Weltuntergang war. Komisch, dachte ich. Spätestens hier hätte mir auffal­len sollen, dass heute etwas anders ist. Ihr Lä­cheln war auch nicht so natürlich wie sonst. Es sah so aus, als würden unsichtbare Fäden, wie die einer Marionette, an ihren Mundwin­keln ziehen. „Holly, geht es dir heute irgend­wie nicht gut1?- Du machst den Anschein, als wärst du etwas durcheinander", fragte ich.

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„Nein, alles wie immer", antworteten ihre Marionettenlippen, „wie kommst du nur darauR", und kramte in ihrer Handtasche. „Mist, ich hab den Vertrag zu Hause auf dem Tisch liegen lassen", fluchte Holly. Holly vergisst nie etwas. „Es tut mir leid, ich muss noch mal nach Hause. Es ist verdammt wichtig." Holly flucht nie. „Kein Problem", antworte ich, während Holly das Geld auf den Tisch legt und versucht, sich aus der Tischbank zu quetschen. Holly ist nie in Eile. Hektisch stolziert sie dem Ausgang entgegen, als sie mit ihrem 10-Zentimeter-Absatz in ei­nem Loch hängen bleibt und fast stolpert. Holly stolpert nie. Zum Abschied hebt sie noch die Hand. Ich winke durch das Ciasfenster zurück. Und dann sehe ich es: Als sie glaubt ich sehe sie nicht mehr, verändert sich ihr Gesicht schlag­artig. Ihre Fassade bröckelt. Eine Fassade, von der ich nie geglaubt hatte, dass Holly sie nö­tig hat, fiel in diesen kurzen Sekunden wie al­ter Putz von ihr ab. Mein Blick fiel auf den Sitz, auf dem sie ge­rade gesessen hatte. Ihre makellose Aura schwebte noch im Raum. Da lag etwas. Es war der Vertrag, den sie in ihrer Eile glaubte vergessen zu haben. Kurzerhand stand ich auf und machte mich auf den Weg zu ihr. Ich sollte sie anrufen, dachte ich, wählte ihre Nummer und ließ es klingen. Doch sie nahm nicht ab. Holly nimmt immer ab. Nun kam in mir endlich das Gefühl hoch, das schon die ganze Zeit in mir aufkeimte. Hol­ly ist nicht Holly und irgendetwas stimmt nicht mit ihr. Mich packte die Angst. Was ist nur mit ihr lösl­ich stieg aus dem Taxi, rannte die verdammte Treppe hinauf. Warum muss sie nur so weit

oben wohnend Tränen rannen aus meinen Augen, wie automatisch. Als wüsste mein Herz etwas, das mein Verstand nicht zu be­greifen vermochte. Ich hämmerte mit aller Kraft gegen die Tür. „Holly! Holly", schrie ich, doch niemand schien zu Hause zu sein. Ich lauschte an der Tür. Doch, da war jemand drin. Ich hörte, wie etwas zu Bruch ging. Glas. „Verdammt, Holly, mach die Tür auf, ich weiß, du bist da drinnen." „Verschwinde", dröhnt es mir ent­gegen, „ich halte das einfach nicht mehr aus!" Stille.

Ein Knall. Ein Schuss

Zerbrechlich Es ist nicht nur Glas, das zerbrechen kann. Auch Porzellan oder Plastik. Oder auch Kno­chen und Haut. All diese Schäden kann man aber auf die ein- oder andere Weise reparieren: Mit Kleber, UHU zum Beispiel, mit Schrau­ben, Salbe, Verbänden. Sogar mit Nadel und Faden. Doch die Bruchstellen wird man im­mer sehen können. Wo vorher etwas Reines, Klares, Ganzes war, wird von nun an etwas Kaputtes, Hässliches bleiben. Eine Narbe. Deshalb macht man sich meistens nicht ein­mal die Mühe dieses Etwas zu reparieren, ge­schweige denn, es zu behalten. Man kauft einfach etwas Neues oder tauscht es aus. Bei Verletzungen wird es schon schwieriger. In der Medizin ist man zwar schon so weit, dass man sogar ein Herz wechseln kann, doch die Narbe trägt man sein ganzes Leben mit sich herum. Sie ist ein Zeichen dafür, dass etwas kaputt war. Auch, wenn man sie manchmal nicht sehen kann, weil sie durch Kleidung verdeckt wird, weiß man trotzdem, dass sie da ist.

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Aber es kann auch Verletzungen geben, die nicht den Körper betreffen, jedoch genauso schmerzen und Narben hinterlassen. Auf dieselbe Weise können Dinge zerbrechen, die mit den Augen nicht zu fassen sind und trotzdem ist es unmöglich, sie ohne Bruch­stelle wieder zusammen zu kleben. Solche Wunden heilen meist nie, und auch, wenn man es schafft etwas zu ersetzen oder zusammen zu nähen, werden sie ein Leben lang bluten.

Mutter

Ich bin stark Oder scheine es nur Bin der Retter in der Not Von Angst keine Spur Bring alles ins Lot

Du vertraust mir Bin dein Fels in der Brandung Verantwortlich für eine sichere Landung Ich helfe dir

Und bin ich manchmal noch so klein Wenn du mich brauchst, auch in der Nacht Werde ich an deiner Seite sein Ein Engel, der über dich wacht.

Naomi Greul

Lichter des Lebens

Fast märchenhaft sah es aus, wie sich eine dünne Schneedecke über Dächer und Straßen legte, wie man in die Fenster der gegenüber­liegenden Wohnungen schauen konnte und in Gedanken versank. Wenn ich so beobachtete, wurde mir seit lan­gem erst wieder bewusst, dass diese Welt au­ßerhalb der dicken Wände, hinter denen ich mich vergrub, nicht gemalt oder gezeichnet war, sondern dass sich hinter jedem Fens­ter persönliche Geschichten verbargen. Man konnte Einblick nehmen in das Leben ande­rer, Einblick in deren Freude, wie sie um den Weihnachtsbaum herum standen und san­gen, in deren Wut, wenn man ein Fenster

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weiter schaute und sah, wie sich das junge Paar stritt und in die Trauer der Menschen die wohl nichts mehr Schönes, Liebenswertes in ihrem Leben sahen. Wenn man mich als einen Menschen im „Schaufenster" wahrnehmen würde, sähe man eine junge Frau der dritten Rubrik. Je­doch sähe man sie nicht ganz hoffnungslos, da sich in ihrem Gesicht ihre Sehnsucht wi­derspiegelte. Manchmal stand sie da zwei Stunden, manchmal einen Tag lang bis sich jedes Fenster verdunkelte und die Menschen für diesen Tag ihre Emotionen erst einmal ge­nauso löschten wie das Licht in den Räumen, in denen ihr tägliches Leben stattfand. Man könnte mich als Zuschauer des Lebens bezeichnen, nach dem ich mich sehnte. Ein Leben voller Gefühle, die ich schon lange nicht mehr wahrnahm. Die einstmals so bun­te Welt verlor an Farbe, Harmonie, als wür­de man mir nach und nach den Lebenshauch rauben und mich als reglosen Körper einer Puppe zurücklassen.

Was dies veranlasste geschah zur selben Jah­reszeit vor einem halben Jahrzehnt.

Ich war gerade in dem schwierigsten Alter, in der Entwicklung eines Mädchens zu ei­ner Frau, in der Pubertät. Plötzlich sah ich die Welt mit neuen Augen, aus Perspektiven, die mich erschreckten, aus neuartigen, die mir Türen zu Gebieten öffneten, die mir wild­fremd waren. Ich war mit mir beschäftigt als gäbe es niemand weiteren in meinem Leben. Nach der Schule verkroch ich mich in mein Zimmer und ließ mich bis zum Abendbrot nicht mehr blicken. Und wie ich mich ver­änderte, taten es auch meine Eltern. Lautlos und trotz aller Tatsachen nicht unbemerkt. Zwar sah ich meine Mutter lachen, wenn ich das Zimmer betrat, doch ihr Herz wurde

davon nicht berührt, denn es war das selbe Dauergrinsen, das sie aufsetzte, wenn sie aus Gefälligkeit über die Witze Fremder schmun­zelte. Dabei funkelten ihre Augen weder wie bernsteinfarbene Kristalle, noch waren die Lachfältchen über ihren Wangenknochen zu erkennen. Ich konnte spüren wie sich die Last auf ihren Schultern häufte, sehen wie sich ihre Augen Tag für Tag verdunkelten und ihre Wangen schlaff herunterhingen, als wäre sie ohne Wasser durch die Wüste gewandert. Mein Vater griff immer öfter zur Flasche und sein Verhalten änderte sich dementsprechend. Es dauerte nicht lange bis er meiner Mutter gegenüber gewalttätig wurde. Auch hierzu schwieg man in meiner Familie, doch ich ver­mutete es, es lag nahe. Eines Abends stand ich mit meinem Nachthemd bekleidet in der Kü­chentür und sah sich diese Vermutung bestä­tigen. Ich rannte so schnell mich meine Füße tragen konnten in mein Zimmer. Vor meinen Augen spielte sich in Dauerschleife die Szene ab, die ich eben mit ansehen musste. Zitternd vor Angst saß ich auf meinem Bett, unterle­gen dem Gefühl, ich müsse meiner geliebten Mutter helfen. Doch ich sah mich machtlos wie ein Körnchen Staub im feurigen Auge des Geschöpfs, bedroht von seinem Atem, mich davon zu tragen, mich zu vernichten, als wäre es das einzige wofür man es auf die Erde schickte. Ein Krieg in mir brach aus, aus­getragen zwischen Verstand und Gefühlen. Während mir die Tränen unaufhaltsam die Wangen herunter flössen, rannte ich auf die Straße in der Hoffnung, irgend jemand kön­ne mir helfen. Dabei bemerkte ich zum ers­ten Mal, dass ich ein sensibles, zartes Wesen war und wünschte mir, ein Teil des starken Geschlechts zu sein. Hinter mir stand unser starkes ockergelbes Sandsteingemäuer, das ich als Schutz empfand und das nichts von dem im Inneren Stattfindenden nach außen

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hin durchdringen ließ. Erstmals, mit meinem Nachthemd und in Socken auf der eiskalten, nassen Straße stehend, konnte ich einen kla­ren Gedanken fassen. Erstmals bemerkte ich das viele Leben hinter den Fenstern, die mir wie Schaufenster vorkamen, und unwissend wie mir geschah schrie ich sie an, um mir zu helfen. Meine Füße konnten mich nicht mehr halten. Ich sank zu Boden. Die Polizei kam. Krankenwagen. Stimmen nahm ich kaum wahr. Und nur Lichter konnte ich verschwommen erkennen. In den Fenstern wurden sie auch in dieser Nacht wie immer gelöscht, als wäre nichts geschehen, als würden mit der Dunkelheit all die Probleme der Menschen verschwinden. Manche Lichter erloschen in dieser Nacht für immer.

Melissa Gruber

Halbleer

„Sei zufrieden mit dem, was du hast", flüsterte eine leise Stimme in meinem Kopf. Als hät­te sie mich aufgeweckt, richtete ich mich im Schneckentempo auf. Schläfrig blinzelte ich einige Male. Es war bitterkalt hier, doch ich fühlte mich nicht unwohl. Die weißen, mus­terlosen Fliesen bargen Erinnerungen in sich, wie es nichts anderes tat. Sie widerspiegelten meine Verzweiflung, meine Unsicherheit. Em schwindelerregendes Übelkeitsgefühl breitete sich in mir aus. Nicht schon wieder, nein, es durfte nicht noch einmal passieren. Ich muss-te es verdrängen. Die Stimme kehrte zurück. Zufriedenheit. Zufriedenheit... in meinem Kopf fuhren die wünschenswertesten Gedan­ken Karussell. Doch gab es eine Möglichkeit, Menschen ewig zufriedenzustellend Ewig, das ist auch so ein Wort, das sich viele Men­schen nicht erklären können. Zufriedenheit

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auf Ewigkeit ist ein schweres Ziel, ja, sogar fast unerreichbar. Letzteres war meiner Mei­nung nach das Wahrscheinlichste. Wie konnte man vollkommene Zufriedenheit erlangend Diese gravierende Frage schwebte mir seit Monaten im Kopf herum und ließ sich nicht so einfach mit zwei Worten be­antworten. Himmel, ich suchte seit Langem die perfekte Antwort. Zufriedenheit, Ewig­keit und Perfektion. Diese drei Dinge schie­nen die Menschheit zu beschäftigen. Es war so schwer, eine Lösung dafür zu finden, wie man die von Perfektion gestreifte, einen zu­friedenstellende Antwort für die Ewigkeit entdeckte. Zitternd suchten meine Hände nach der Was­serflasche und klammerten sich um sie. Was­ser, das Nötigste zum Überleben. Manche Menschen tranken Unmengen Wasser, doch sie schafften es trotzdem nicht, den nächsten Atemzug zu tun. Ob es wohl an den Studien lag, weshalb unsereins dachte, Wasser sei das Wichtigste«?- Entschuldigung, es war definitiv nicht jeder davon überzeugt. Meine Flasche war noch halbleer. Ein halber Liter konnte mich mühelos einige Stunden

aufrechterhalten. Allein, wenn ich das klare, durchsichtige Wasser nur beobachtete, wie es immer eine gerade Oberfläche hatte, wie es dem Druck auswich, wenn man die Flasche an einem Punkt eindrückte, konnte ich mich erschreckend gut mit dem Lebensretter vieler Leute identifizieren. Ich wich auch dem aus, was mich belastete. Ich versuchte auch, mich auf einer psychisch geraden, aber doch posi­tiven Ebene zu befinden. Wir Menschen ver­suchen immer, alles zu kontrollieren, alles im Griff zu behalten und uns so gut wie nieman­dem zu öffnen, denn das bedeutete wieder­um Verletzlichkeit. Doch was passierte, wenn man den Deckel der Flasche abschraubtet Den Deckel, der al­les stoppte, der den Ausbruch verhindertet Der vor beängstigender Leere schütztet Ich fürchtete, es gab keine andere Möglichkeit, als den Deckel früher oder später abzuneh­men. Wenige Sekunden später ergab ich mich mei­nem Schicksal und musste die letzten Augen­blicke meines Lebens mit ansehen, dass mein Mageninhalt wie schon so oft in der ovalför-migen Toilette landete.

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Sultan Gümüsoluk

Bis ans Ende

Es ist viel schwerer, als ich dachte. Dich in Wörtern zu beschreiben, verletzt mich einfach innerlich. Ist es denn nicht traurig dich so darzustellend

Ich werde sie nicht überzeugen können. Ich werde ihnen nicht zeigen können, wie du mir das Glück schenkst, ohne von mir etwas zu verlangen!

Denn sie werden mir nicht glauben, dass ich dir alle meine Gedichte gewidmet habe. Ist es denn so schwer all das einzusehend Sie zweifeln an dir. Du könntest mich nicht glücklich machen. Wissen sie denn überhaupt, wer du bistd

Ich würde so gerne der Welt von dir erzählen, doch auch sie wird es nicht verstehen, dass du mir die Einsamkeit aus meinem Leib gerissen hast.

Siehst du den Vollmondd Die Sterne verstecken sich vor uns. Siehst du, wie sich alles im See spiegelt und wir auf dem Pier tanzen, bis sich mein weißes Kleid in dir verschleiertd Die Nacht gehört uns. Hörst du das Schellen der Wellend Sie erzählen uns Geschichten, die wir niemals verstehen werden.

Wie soll ich ihnen nur beichten, dass du der Retter in Not bistd Derjenige, der mich von diesem Schmerz erlöste. Derjenige, der mich auffing, als ich von der Klippe sprang.

Ich wünschte deinen Namen hier reinzu­schreiben, damit sie endlich einsehen, dass ich dich nicht mehr vor ihnen verstecke! Doch ich kann nicht!

Ich kann dich nicht hergeben. Es verletzt mich dich auf das Schlachtfeld zu schicken. Das kann ich dir nicht antun! Ich habe es mir versprochen dich nie wieder fortgehen zu lassen. Nie wieder!

Ich kann Seiten vollschreiben und sie immer noch nicht überreden können, dass du unvergleichbar bist. Ich kann nicht Metaphern angeben, um deine Schönheit zu verdeutlichen! Das ist doch verletzend!

Es fällt mir nur schwer dich auf weiße Blätter nieder zu lassen, wo du doch mich auf den Himmel herauflässt.

Kann ich dir auch nur im Geringsten erklären, wieso ich jede Nacht leise weined Ist es denn nicht offensichtlich^ Ich kann es nicht fassen, dass es dich wirk­lich gibt! Du musst ein Traum sein. Ich lebe mit der Angst, dass du irgendwann verschwindest.

Ich werde niemals aufhören über dich zu er­zählen, bis sie es begreifen. Sie müssen es doch einfach endlich einsehen, dass du der einzige Beweis auf dieser großen Welt bist, der uns allen versichert, dass es noch Hoff­nung gibt!

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Soll ich dich jetzt wirklich mit dem Wort Glück darstellen1?-Wie können sie so etwas von mir erwartend Ich wünschte nur eins, dass sie dich wirklich kennen würden. Dann wüssten sie, dass ich dich nicht beschrei­ben kann. Unmöglich!

Mir werden vier Seiten angeboten und dann verlangen sie von mir dich in diesem Umfang einzuquetschen!

Ich kann nur von Glück reden, wenn es sich dabei um dich handelt.

Es fiel mir schwer die unendlichen Tage alleine zu verbringen. Diese Monotonie, diese Kälte an Sommerta­gen, diese Stille, dieses tiefe Leiden. Und jetzt ist mir an Dezembertagen warm. Wenn es in Strömen regnet und donnert, scheint für mich die Sonne.

Wie machst du dasi-Wie kannst du die Welt umdrehend

Ich habe nicht mehr viele Zeilen übrig, doch immer noch will ich meine Gedanken loswerden. Dir ist es nie aufgefallen, aber ich zittere, wenn ich dir in die Augen blicke. Du faszi­nierst mich!

Ich hoffe, dass du das hier einmal liest und sofort weißt, dass ich es war, die dir ihr Glück strophenweise aufschrieb, um den Menschen zu beweisen, dass die Einsamkeit für mich ausgestorben ist.

Ich möchte ein weißes langes Kleid tragen. Dir das Jawort geben. Unsere Kinder aufziehen und ihnen erzählen,

wie das Schicksal uns gebunden hat. Jeden Morgen und Abend mit dir verbringen. Mein Grab neben deinem platzieren. Bis ans Ende mit dir verweilen!

Verlust der weiblichen Seele

Wieso bin ich verloren^ Ich versuche den Weg wieder zu finden. Gehe neue Straßen. Sehe neue Strecken. Wieso bin ich immer noch verloren^

Ich halte mich an dem Weg fest. Erklimme ohne zu zögern. Ohne einmal zurück zu blicken. Ohne Pausen. Ich falle wieder runter. Wieso bin ich immer noch verloren«?-

Ich versuche neue Straßen. Es ist so, als würde ich vergessen. Dann endet sie. Und ich muss wieder zurück. All die Schritte, umsonst. Wieso bin ich immer noch verloren1?

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Die neue Strecke hilft mir zu atmen. Ich weine nicht mehr. Ich öffne meine Augen. Ich denke. ich kann dich vergessen. Sie zerbricht. Ich muss kehren. Wieder dorthin, woher ich kam.

Wieso bin ich immer noch verlorend

Die Süchtige Der Grund ist doch nur derselbe. Du. Diese selbe Ursache. Ist es denn so schwer dich zu erlangend Ich frage mich nur, warum es so ist. Das Schicksal. Glaubst du denn darand

Es verletzt mich dich gehen zu lassen. Wie kann ich dich nur loslassend Obwohl ich mir bewusst bin, dass du niemals mein wirst, halte ich dich an meiner Kette fest.

Irgendwann wirst du flüchten, denn du gehörst nicht zu mir. Ich frage mich nur, wie kann ich dem werdend Wie lange kann ich dich noch in meiner Ge­walt haltend

Vielleicht ist die Zeit gekommen dich gehen zu lassen. Ich kann dich doch nicht zwingen mich zu lieben! Könnte ich es nur! Es tut einfach weh dich fort zu schicken. Warum kannst du nicht nachgebend Wieso kannst du keine Chance gebend Bist du zu sehr verletztd

Was hat sie dir nur angetand Ich wünschte sie zu sein!

Wie konnte sie dich verweigernd Wüsste sie, was ich alles geben würde, um dich zu erlangen! Wieso kann ich nicht sie seind

Es schmerzt zu sehen, dass du ihrs werden willst! Du gehörst doch zu mir! Wieso weinst du für sied

Siehst du denn nicht, dass sie es nicht wert istd Sie könnte dich niemals so scheinen lassen, wie ich es tue.

Wieso gibst du keine Chanced Hat sie dir nun auch deine Seele geraubtd Hat sie dich zu einem Monster gemachtd Wieso verliere ich immerd

Das Fehlen meiner Gegenwart

Deine Zukunft sollte ohne mich stattfinden. Deine Träume nahmen mich nicht auf. Du maltest dir die schönsten Wünsche aus. Und wo war ichd

Du wolltest Familienvater werden. Kinder haben. Doch wen belügst du dennd Sie sollten nicht von mir sein!

Reichtum war dein Ziel. In Geldscheinen schwimmen, Diamanten tragen. Du träumtest von Pelzen und Villen. Ich war dein Hausmädchen.

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Glücklich sein! Das wolltest du schon immer. Wieso hast du es nicht gesehend Warst du blindd Ich konnte es dir geben, aber deine Zukunft sollte ohne mich stattfin­den!

Nun bist du da! Hast du alles erreichte Eine Familie mit vielen Kindern. Reich, wie Krösus. Fehlt dir da nicht etwasd

Dein Dreck

Wie willst du denn alles wieder verbessernd Denkst du Gott zu seind Kannst du denn meine Gedanken löschend Kannst du die Vergangenheit zerstörend Wieso versuchst du den Guten zu spielend Hast du denn all das vergessend Erinnerst du dich nicht mehr an das Leidend

Du hast mich weinen lassen! Siehst du denn nicht die Tränen, die nicht mehr vergehend Hattest du mich nicht ausgenutztd Hattest du denn mich nicht mit deinem Ge­rede aufgehaltend Ich frage dich! Du wusstest doch, dass ich rem war. Unbe-schmutzt! Wieso hast du mit einer Schuldlosen gespieltd Nun bin ich bedreckt mit deiner Schande! Hat es dir gefallen Kinder zu kontrollierend Ich war zu jung. Zu hübsch. Hat es dir Vergnügen bereitetd Nun spielst du den Guten. Ich muss wieder alles auf mich nehmen. Sie schauen mich an, als wäre ich ver­schmutzt. Wieso sehen sie nicht, dass du es warstd Wieso denken sie, dass ich es gemacht habed Wieso bist du immer noch der Guted Und ich die Schlimmed Ich verbleibe unter deinem Dreck!

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Was fehlt mir?

Sie rauben mir meine Seele. Ich kann nicht mehr atmen. Wieso hörst du mich nichts

Ich lass mich von der Brücke fallen. Sehe, wie meine Tränen austrocknen. Wieso bist du nicht hieri

Du bist Meilen entfernt. Würdest du je kommen, um mich hier rauszuholen^ Würdest du mich denn rettend

Niemals. Auch wenn ich hier ersticke, verblute, wegen deiner Liebe verdurste, würdest du niemals kehren.

Ich würde Jahre auf dich warten. Würdest du je eine Chance gebend Würdest du mich aufhebend Ich erfriere hier ohne dich.

Du gibst niemandem Gelegenheiten dich je anzufassen. Er erscheint unerreichbar zu sein. Kostbar.

Dein Wert steigt mit jedem Schmerz, den du mir einstichst. Ich höre nur noch Schreie, die mich verfolgen.

Die Ecke hat mich eingesperrt. Ich kann nicht mehr fliehen. Wieso holst du mich nicht rausi Ich will doch nur zu dir.

Jeder weitere Atemzug schmerzt. Meine Augen brennen. Die Worte kommen nicht mehr hervor. Seit wann schluchze ich Schöna­

ich flehe dich nun an. Mein Stolz ist gesunken und zertreten. Ich schwöre dir zu gehorchen. Würdest du mich doch zu dir nehmen!

Würdest du doch mich lieben. Was habe ich nicht, was sie hati Was fehlt mir

Ihre Liebe

Ich wünschte dich kennen gelernt zu haben, bevor du von uns gingst.

Deinen Namen von deinen Lippen zu lesen, bevor du auf der Notstation lagst.

Diese große, warme Hand zu schütteln, bevor sie die Regenerierung durchführten.

Ich wünschte deine zarte Umarmung, bevor dein Herz still stand.

Nur einmal diesen Kuss zu spüren, bevor ich diesen durchgehenden Ton hörte.

Denselben Ring zu tragen, bevor ich ihr Bedauern in ihren Augen sah.

Deine Kinder auf diese Welt zu bringen, bevor ich eine Trauerrede verfassen musste.

Mit dir im Grab zu liegen, bevor du mich als Erster verließt.

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Ein Alptraum

Heute ist sie wieder deine Spielfigur, deine Marionette. Geschmückt, geschminkt und ge­spielt. Sie ist bloß deine Silhouette, die ver­sucht ans Rampenlicht zu kommen. Eine zier­liche, hilflose Frau, die keinen Ausweg mehr sieht und sich auf falsche Wege begibt. Sie lacht sich über deine sinnlosen, demütigenden Witze kaputt nur damit du einsiehst, dass sie dir zuhört. Sie erduldet deinen widerlichen Mundgeruch und traut sich nicht, sich über deine schlechte Hygiene zu beklagen. Sie merkt von Tag zu Tag, dass sie einen Heuchler geheiratet hat, der sich einen Dreck um seine Kinder kümmert. Neben Freunden lächelt sie, weil sie befürchtet, dass diese inszenierte Lie­be zwischen dir und ihr auffallen könnte. Sie bügelt deine Hemden, wäscht deine drecki­gen Anzüge und kocht das Feinste für dich. Alles, was du ihr bieten kannst, ist „nichts". Sie vergisst sich dabei selbst. Sie ist älter ge­worden. Graue, ungekämmte, fettige Haare. Viele Falten. Total eingeengt und geängstigt. Und trotz allem willst du sie berühren nur weil du damit deinen Trieb befriedigst. Deine Kinder schauen nicht mehr zu dir auf. Jedes Mal wenn du zu spät nach Hause kommst, weiß sie eigentlich ganz genau, wo du warst. Bei ihr. Du bevorzugst eine billige Imitation, die dich für dein Geld liebt. Manchmal macht sie sich hübsch und deckt herzlich den Tisch, weil sie niemals die Hoffnung aufgibt. Nie­mals! Jeden Morgen vor dem Spiegel sagt sie: „Für meine Kinder!" Doch du marschierst hin­ein und blickst nicht zu ihr; schmeißt dich auf die Couch und schaltest den Fernseher an. Sie erbleicht neben dir und wirkt unsichtbar. Ales, was ihr teilt, ist das Bett. Gefällt es dir, sie zu schlagend Ihr Gesicht so sehr zu verunstalten, bis sie nicht mehr wieder zu erkennen ist. Ist das ein schönes Gefühl, sie zitternd auf dem

Boden zu sehen, während deine Kinder in einer Ecke um ihre Mutter weinen und dich bitten, aufzuhören. Auf sie emprügeln kannst du am besten, denn etwas anderes besitzt du nicht. Weder Barmherzigkeit, noch Gefühle. Wie schaffst du dasi Du musst wirklich ein guter Schauspieler sein. Neben Anderen verwandelst du dich plötzlich in den liebevollen, verständ­nisvollen Ehegatten. Und sie läuft immer ne­ben dir, wie ein Hund neben seinem Besitzer. Eines Tages wird sie alles hinter sich lassen, das hat sie sich geschworen. Ihre Kinder an den Ar­men packen und zu ihrer Mutter flüchten. Sie sollte doch nicht so enden. Als kleines Mädchen träumte sie davon Lehrerin zu werden. Sie lieb­te es schon immer, sich um Kinder zu sorgen. Ihr Vater versprach, sie immer zu beschützen, egal was auch kommen mochte, aber wo war er dann. Alles, was sie besaß, waren ihre zwei Kinder, die unter allem litten. Sie wollte doch nur, dass sie eines Tages erfolgreich werden. Sie sollten studieren, was sie nicht tat, obwohl sie doch die Möglichkeit hatte. Und jeden Abend wischt sie sich eine weitere Träne weg und malt sich ein Lächeln auf. Sie weiß, länger kann sie das nicht mehr ertragen. Seine Zigarette, die er immer wieder im Wohnzimmer anzündet, ge­nießt er in vollen Zügen, während er sich noch die eine Flasche Bier runterkippt. Sie bekommt nicht einmal das nötige Geld, um Nahrung für ihre Kinder zu besorgen. Schon seit Jahren hat sie dieselben Kleider an, die schon ziemlich ab­genutzt aussehen. In ihren Träumen sieht sie sich mit Tom und Tina. Alle drei sind beieinan­der. Sie halten sich Hand in Hand und drehen sich dabei im Kreis herum. Sie erwacht und wünscht, es wäre kein Traum gewesen. Der Wecker klingelt, wie immer um fünf. Ein wei­terer, schrecklicher Tag erwartet sie. Ja, manch­mal da denkt sie an den Tod, aber sie will nie­manden zurücklassen müssen. Wann wird sie aus diesem Alptraum erwachend

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Diana Krieger

8 Minuten Hoffnung

Viele Leute tummelten zu dieser Zeit auf dem Bahnhof. Redend, lachend, wartend, voller Zuversicht, dass alles so sein würde wie jeden Tag. Minuten verflogen und die Menschen­masse, welche den Bahnhof wie eine Armee unwissender Zinnsoldaten besetzte, nahm ab. Sie stieg in den Bus mit der Aufschrift ih­res Wohnortes und setzte sich auf die rechte Seite, von wo aus sie die Bahngleise gut im Auge behalten konnte. Der Monitor, welcher die Ankunftszeiten verschiedener Bahnen anzeigte, war um diese Zeit immer dicht be­schrieben. Sie erschrak, als eine neue Infor­mation eingeblendet wurde. Noch 8 Minuten. Warum verging die Zeit so langsam^ Sie hätte sich nicht auf die Zeit konzentrieren dürfen. Sie hätte sich ablenken müssen. Hinter ihr unterhielten sich zwei Frauen, doch so sehr sie versuchte dem Gespräch zu folgen, desto schlimmer wurde der Drang sich zu vergewis­sern, dass die Bahn noch nicht eingetroffen, geschweige denn die Zeit überhaupt verstri­chen war. Und so wagte sie einen Blick auf die Anzeigetafel, um es danach jedoch wieder zu bereuen. Noch 6 Minuten. Ihre Handflächen fühlten sich fremd an. Sie warf einen Blick darauf. Kleine Bäche aus Schweiß rannen die Innenflächen ihrer Hän­de herab und tropften auf das schwarze T-Shirt. Normalerweise schwitzte sie nicht so. Auch nicht, wenn sie darauf hoffte, ihn aus der Bahn heraus über den Bahnhof schlen­dern zu sehen. Sie bewunderte die Ruhe, die er ausstrahlte. Vermisste den Druck sei­ner starken Arme, wenn er sie umarmt hat­te. Lange Zeit war das nun her, doch der

Schmerz, damit konnte sie nicht umgehen. So waren Männer. Kalt, herzlos, servierten ab, wenn ihnen etwas oder jemand nicht ge­fiel. Aber ihm gab sie nicht die Schuld, nein, er war ein Engel. Amor höchstpersönlich. Noch 3 Minuten. Und nun saß sie da, wie jeden Tag und hoffte darauf, er möge ihr verzeihen, sie zurückneh­men. Alles würde sie dafür tun. Ein kleines Kind voller Hoffnung, die in einer Begegnung, einem Augenblick lag. Noch 2 Minuten. Sie zog den neuen i-Pod aus der Tasche und versuchte abzuschalten, während, sie ziellos durch Listen streifte und hoffte, die Zeit wür­de schneller vergehen. Noch 1 Minute. Das Fenster war fleckig, doch das störte sie nicht. Ihr Blick huschte zwischen Monitor und Bahngleisen hin und her. Vorfreude und Hoffnung schnürten ihr die Luft ab, als der Monitor seinen letzten Kommentar abgab. Sofort. Sie sah die gelbe Bahn um die Ecke biegen und suchte daraufhin eine junge, sportliche Statur mit unvergesslich blauen Augen und karamellfarbenen Haaren.

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Ja! Sie glaubte ihr Herz mache Sprünge und sie selbst hätte es in einer unkomplizierteren Welt auch getan. Sie beobachtete alle Leu­te, die auf der Suche nach Sitzplätzen den schmalen Gang im Bus entlang an ihr vorbei liefen. Er stieg ein. Seme Jacke war offen. Er kam näher. Wie ein Stalker bist du, schoss es ihr durch den Kopf, aber dadurch ließ sie sich nicht beirren. „Hi", brachte sie zitternd heraus. Voller Hoff­nung. Er sah sich um auf der Suche nach der Stim­me und bemerkte sie schließlich. Seme Au­genbraue schoss in die Höhe, wie eine Fremde sah er sie an. Dann schulterte er seine Schul­tasche richtig, straffte die Schultern und stol­zierte wie ein Schwan, dessen Ehre ruiniert worden war davon und ließ ein seelenloses Mädchen ohne Hoffnung hinter sich zurück.

Seiten

Sie nimmt den Würfel in die Hand, betrach­tet ihn von allen Seiten.

Eine zwei. Sie würde Nina schlagen. Eine eins. Sie wäre nur noch wenige Schritte vom Ziel entfernt. Eine vier. Verfluchte Zahl. Eine fünf. Sie würde sich ärgern, keine sechs zu haben.

Eine drei. Vanessa müsste büßen.

Sie schmunzelt.

Eine sechs. Sie würde es ihnen zeigen. Der Würfel fliegt vom Tisch. Alle Aufmerk­samkeit richtet sich auf den Gegenstand. Wie simpel es doch ist! Wie die Seiten eines Würfels.

Sie blickt in die Runde und beginnt zu lachen. „Mich schafft ihr nicht!"

Sie verlässt den Raum und vier Augenpaare folgen ihr stillschweigend und kaum verwirrt.

Der Würfel zeigt eine sechs.

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Lena Petri Die Lüge

Gedanken an sie

Immer war ich die Eine es gab einfach keine, keine die du mehr lieben könntest. Mein Lachen hat dich verrückt gemacht, ich hab so gern für dich gelacht. Meine Augen warn die allerschönsten, und du hast sie zum funkeln gebracht. Bis zu dem Tag an dem wir sterben, hast du mir geschworen und mich empor gehoben in die Wolken. Du hast mich erst komplett gemacht, und ich hab gedacht, dass du recht hast, wenn du sagst, dass nur wir zusammenge­hören, nichts und niemand könnt unsere Liebe zer­stören. Dass du so lügen so verdammt verletzten und betrügen könntest, hätt' ich nie gedacht. Ich hab gelesen was du ihr geschrieben hast letzte Nacht und es bringt mich um. Ich hab gedacht es gab nur dich und mich und jetzt sind wir nichts^ Jetzt lässt dich ihr Lächeln schmelzen. Ihre Augen faszinieren dich jetzt. War ich dummi Verdammt warurni Warum hab ich dir geglaubt Ist jetzt sie die Frau fürs Leben und wär sie es jetzt wert, alles zu gebend Dein Leben. Dein Herz. Gehört es jetzt ihri

Du bist ein Lügner, ein Betrüger. Ich wünscht' ich wäre klüger. Hätte erkannt, dass ich mich in dir verrannt, mich in dir getäuscht habe. Wie kannst du sagen, dass du mich liebst, mir in meine hoffnungsvollen Augen siehst und mich dann wieder belügst? Wie kannst du mich verletzten und dann behaupten, ich wär' durch niemand zu ersetzend Es tut so weh ich schrei „Geh!" Das nächste Mal lüg deine Wand an, die hat keine Gefühle und die merkt sie auch nicht... die Lüge.

Selbstsein

Eigentlich bin ich müde und darum will ich nicht hier sein. Eigentlich ist mir langweilig und darum würde ich gern gehen. Eigentlich hab ich nichts zu sagen und darum will ich grad nicht reden. Eigentlich liebe ich dich nicht und darum will ich dich nicht mehr seh'n. Eigentlich bin das nicht ich und darum wäre ich gern ich selbst.

Wie(r) Frauen sind

Ist es nicht schwer eine Frau zu seini Könnte man sich fragen. Viele sagen, was sie fühlen,

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was sie denken: Ja. Doch man muss auch mal unterstreichen, dass die meisten, nicht tauschen wollen. Also frage ich mal mich und dich und Sie. Was macht uns besonders«? Was unterscheidet uns von ihm«? Von allem äußerlichen mal abgesehn, (Frauen sind besonders schön), sollten wir es nicht missachten, die inneren Werte genauer betrachten. Frauen und Technik, hört man ihn sagen und klagen, dass wir auf dem Gebiet so völlig unbegabt sind. Aber mal ehrlich. Denkt ihr wirklich wir wären nicht fähig"? Nein. Aber es war doch gemein euch zu zeigen, dass ihr doch nichts wirklich besser könnt. Statt dessen lehnen wir uns gemütlich, zurück und demonstrieren wie vorzüglich ihr den Nagel in die Wand schlagen könnt. Desweiteren ein Vorurteil, wenn Frauen Einparken bleibt nichts heil. Ist es schon zu viel verraten, wenn ich sage, dass: Immer wenn keiner hinschaut klappts. Noch eines liegt mir sehr am Herzen, nämlich ein für alle mal zu klären, wie das mit der Sprache ist. Es ist nicht so schwer zu verstehen, dass wenn wir ja sagen, nein vielleicht mei­nen und wenn wir nein sagen, aber ja sicher sind. Und wir wissen, dass wir schlank sind, aber weil ihr selbst nie drandenkt, uns das zu sagen, scheuen wir uns nicht zu fragen. Eine Frau zu unterschätzen,

war ' somit das allerletzte, wovor ich alle Männer warne. Denn wir sind schlau und wissen genau, dass ihr das oft nicht denkt. Und dann mit dem zu spielen, macht vielen einfach unheimlich Spaß.

Große Verwirrung

Es ist ein komisches Gefühl, kühl, schwül, luftleerer Raum.

Ich mittendrin, ich lass mich treiben brauch nicht eilen darf verweilen.

Einfach mal das Nichts genießen, vor Faulheit triefen, ohne Tiefe, flach.

Doch schon nach wenigen Sekunden, ist es überwunden dieses Nichts.

Und es ist gefüllt von schwer'n Gedanken, die mich greifen und verankern, die mich quäl'n.

Und es ist ein komisches Gefühl, kühl, schwül, große Verwirrung.

Ich mittendrin, soll mich entscheiden schnell, schnell, eilen, nicht verweilen.

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Einfach mal ein Ziel aufschreiben, mich entscheiden, es erreichen, fertigt

Das soll's jetzt gewesen seini Na fein. Das wird so nicht passieren, sonst werd' ich unzufrieden. Genau wie ihr es seid. Und ihr tut mir leid.

Im Wahn

Ich muss schon wieder schreiben, was ich denke, was ich fühle, was ich bin. Es macht keinen Sinn, aber scheiß drauf, ich schreib's hin, Schreib auf, was mein Kopf mich zwingt zu sagen, keine Fragen, lässt er zu. Voll im Wahn. vercheckt, ohne Plan. Wörter im Kopf, nette und fiese. Und ich krieg' die Krise. Ich krieg' die Krise, wenn 'ne sanfte Brise mir mein Haar verweht. Und die Krätze, denn die Plätze, in der Bahn die sind belegt. Und es ist 'ne Katastrophe wenn der Ofen explodiert und im Kühlschrank wird die Milch krank

und erfriert. Der Stift er tötet das Papier, der Briefkasten frisst den Kurier, die Dusche fängt zu singen an, der Toaster springt die Mikro an, das Radio macht sich selber aus, die Luft springt aus dem Fenster raus.

Ich schau aus dem Fenster, seh' Sirenen blinken. Denk mir „oh shit!" Lächeln und Winken.

Ode an meine Schuhe

Ich liebe dich, du bist einfach wunderbar. Immer da wenn ich dich brauch, gibst mir Sexappeal und Selbstvertraun. Du machst mich groß,

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du machst mich stolz, find dich einfach richtig toll. Gibst mir 'nen festen Untergrund auf dir kann ich steh'n, und mit dir ewig lange Wege geh'n. Du bist mein Traum du bist mir treu, auf dich kann ich mich immer freu'n. Du bist die Eins, du bist perfekt. Super schlank und richtig keck. Dich zu haben macht mich froh, du bist mein absoluter Lieblingsschuh.

Xenia Ratzel

Federleicht

Sie wollen, dass ich fliege, schwebe, wie eine Feder.

KEIN Eis im Sommer. KEIN Essen bei Mc­Donalds. KEINE Limonade. Du passt nicht in dein Kostüm! Was tun deine ßeine^ Du bist doch kein Fußballspieler! Du läufst wie ein Bauer, der einen Kartoffelsack schleppt! LEICHT, leicht sollst du sein! Du bist doch eine Frau, sei zart! Stark, stark die Füße!

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Jeden Tag werde ich schwerer, dabei soll ich doch schweben, fliegen, leicht wie eine Feder. Wo bin ich geblieben, was soll ich wirklich tuni Will ich wirklich so fliegen1?- Oder über­haupt, WIE fliege ich denn überhaupt1?- Das haben sie mir nicht gesagt.

Plötzlich dann doch: Ich habe es geschafft, ich war sie los, ich bin geflogen, geschwebt, ich war leicht!

Dabei war die Katastrophe vorprogrammiert, das Maxi-Menü mit den Mädels, die Limona­de, was wenn das Kostüm nicht mehr passti

Ich habe die Musik gehört, die leichte Musik. Und ich war da, ganz federleicht, ganz feder­zart, ich bin geschwebt, hab den Kartoffel­sack - abgeworfen.

Possession

Ich habe mir gesagt, ich würde niemals zu­rückschauen, niemals zurückkehren zu dir. Ich habe dich abgetötet in meinen Gedanken, wie einen Parasiten von meinen Nervenbah­nen geklaubt, dich ausgemerzt in mir. Du solltest mich nie mehr kriegen, nie wieder und ich wollte dich loshaben, endlich loslassen, „Ich" sein, frei sein, nach vorne schauen und endlich vergessen. Und wofür das alles <? Dafür, dass ich mich doch wieder klein fühle, du doch wieder die Oberhand über mich ge­winnst,

mir folgst wie ein Schatten, mich be-setzt, mich ver-setzt mit den Ängsten, den Fehlern und dem Hass. Mich unterdrückst, dich nicht ver-drückst. mich aber unter Druck setzt und nicht loslässt! Es brodelt in mir, lässt mir keine Luft zum Atmen, baut sich auf über mir, bedroht mich. Mich und meine gesamte Existenz. Dieses Isolieren, diese ganze Abschotterei, das bist du, seid ihr, es macht mich krank, nimmt mir alles, lässt mich fallen, zum „Nichts" werden, wobei das Nirvana hier ein Wunschtraum wäre,

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eher ein Spuckerest in der Flasche. „Du Flasche". Nicht ich bin mehr, sondern du bist und ihr seid! Und warum? Damit ich nicht mehr ich selbst bin oder zu viel „Ich" auf einmal. Und all die großen Reden, all die starken Worte, alles Gelaber und Getue nutzt nichts, denn ich falle immer auf dich, auf euch zurück, lasse mich in Beschlag nehmen, alles nehmen!!!

Adina Spuller

Die Muse

Als sie morgens aufsteht und in den Spiegel schaut, verzieht sie das Gesicht. Obwohl sie umwerfend aussieht, kann sie nie mit sich zufrieden sein, denn ihre Ambitionen streben das Wort MAKELLOS an. Im Seidenpyjama sieht sie wie eine Skizze aus, die darauf war­tet, farbig ausgemalt zu werden. Seufzend geht sie an ihren Kalender, der sonst vor Terminen zu platzen scheint, ähnlich wie ihr winziges cremefarbenes Kleid, wenn sie sich nicht endlich für immer von den Pralinen lossagt. Sie weiß, sie ist eine Diva. Aber es ist ja auch Samstag und sie hat einen entsetzli­chen Kater. Ihr anderer Kater von letzter Nacht ist Gott sei Dank eben gegangen. Wohin, das weiß sie nicht und sie fragt sich einen Moment lang, ob sie ihn wiedersehen wird. Sie möchte gerne heiraten, die Frage ist bloß, wen und für wie lange. Sie steigt seufzend über ihre silbernen Ab­satzschuhe, schiebt das Telefon mit den rot lackierten Zehen zur Seite - seit wann liegt es auf dem Boden? - gießt im Vorbeigehen die Blumen und bemerkt auf dem Weg zur Kü­che, dass sie die Glühbirne im Flur austau­schen und das moderne Bild an die Wand an­bringen muss. Zum Glück hat sie keine Kinder, obwohl sie manchmal gerne welche hätte, aber Karrie­re, Kinder UND eine ewige Jugend vertragen sich ungefähr so gut wie sie und ihre scheuß­liche Rivalin, die es nicht lassen kann, da­mit anzugeben, dass sie doppelt promovierte Wirtschaftsingenieurin ist und ein Team von zwanzig Männern leitet. Sie gießt den Martini in ein Saftglas, obwohl das entsetzlich stillos ist und brät sich ein

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Spiegelei, während sie melancholisch über sich selbst sinniert. Ist es nicht unglaublich, wie schwer sie zu greifen ist? Gestern früh war sie die Kreati­ve gewesen, die kompetente Businessfrau, die wenig arbeitet und viel verdient, mittags die liebe Tante, die der älteren Schwester die Kinder für drei Stunden abnimmt und mit ih­nen eine halbe Ewigkeit im Park herumrennt, damit die gute Schwester mal zum Friseur kann. Abends war sie die Freundin gewesen, die ihre Lieben beim Shoppen berät, sich Ge­schichten anhört, lacht, interessiert an ihrem Kaffee nippt. Nachts die Geliebte, sie hatte sich umwerfend schick gemacht, in sünd­haftteure Stoffe gehüllt und wofüri Damit sie heute, nach dem Esseneinkaufen auf dem Markt ihre Tüten selber schleppen kann. Sie nimmt resigniert einen großen Schluck Martini, greift in den Kühlschrank und holt neben der Kaviarbüchse auch ihre Brille heraus, die mit den falschen Gläsern, die sie nur braucht, wenn sie intelligent aus­sehen möchte. Bei Gelegenheit müsste sie auch jemanden finden, der ihre Winterreifen wechselt, denn alleine kann sie das nicht. Sie sagt, sie sei selbstständig, aber sie kann weder den Fern­seher reparieren, noch eine Gardinenstange montieren. Ach, zum Teufel mit der Emanzipation! Sie schmollt und wischt ihren Lippenstift ver­stohlen vom Glasrand. Sie würde lieber sterben, als ihre Freiheit aufzugeben und sich ewig zu binden. Lau­nisch, wie sie ist, verlangt sie Rosen, Pralinen, Schmuck, die ganze Palette an Galanterie. Aber sie will auch ernst genommen werden. Eigentlich furchtbar, wenn ein Mann für sie zahlen will, schließlich verdient sie mehr als genug, um sich etwas leisten zu können. Sie denkt an ihre Eskapaden, wie oft hätte

man sie dafür früher in eine falsche Schubla­de stecken können! Kichernd brüht sie Kaffee auf, trinkt ihren Martini und blinzelt in das helle Sonnen­licht, das durch die Fenster scheint. Auf ih­rem Touchscreen blinken zwölf unbeant­wortete Anrufe. Wie gefragt sie doch ist. Selbstzufrieden läuft sie zu ihrem überquel­lenden Kleiderschrank, legt nachdenklich den Kopf schräg, tippt sich prüfend mit dem Zei­gefinger gegen die vollen Lippen und verengt leicht ihre Augen. Nach einer halben Stunde steht sie immer noch dort, das Spiegelei in der Küche ist längst so verkohlt, dass sie sich entschlossen hat, später irgendwo frühstücken zu gehen. Sie kann nicht mal kochen, was sie als Frau eigentlich können sollte und sie gibt nur un­gern zu, dass der Kerl, mit dem sie letzte Wo­che zusammen gewesen ist, ein umwerfendes Menü gezaubert hat. Sie seufzt und betrachtet ihren makellosen Körper im Spiegel. Sie hat nichts anzuziehen. Natürlich nicht, denn heute ist Samstag, sie hat nichts vor und weiß auch nicht, in wel­che Facette sie zu schlüpfen hat.

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Logik

Wie sollen wir dem gerecht werden, was ihr von uns denkt, Euch scheint, wir wollen eher Gericht wer­den, denn jede urteilt über dieses und jenes so oder so, sodass ihr gar nicht mehr zu Wort kommt, wir sollen aber doch Gerichte kochen, dabei brodelt es in unserer Gerüchteküche was euch auf den Magen schlägt und euch so gar nicht interessiert vielmehr wie wir beim Gerichte kochen und Gerüchte auftischen aussehen und es ist egal ob dieses Kleid blau ist oder grün, ihr wollt nichts Falsches sagen, denn es ist unser Urteil, das zählt ihr wollt nicht verurteilt werden, aber ihr wollt das Kürzere und zieht den Kürzeren, Weil wir sowieso nie zufrieden mit uns sind. Und ihr schweigt, weil ihr wisst, wie' s aus­geht Gestern fanden wir uns toll und waren uner­träglich aufgeblasen heute finden wir uns aufgeblasen wie einen Ball, dabei sind wir doch weniger arrogant, aber ihr sagt es nicht, sonst werden wir nie mit der Kleiderfrage fertig und ihr könnt euch nicht auf den Ball kon­zentrieren, auf die Bälle, die euch interessieren der Ball auf dem Spielfeld, danach die Bälle in unserem Dekollete. Die Bälle, die aber wir lieben, sind die Bälle zum tanzen, was ihr weniger rund findet und uns nur begleitet, damit wir euch nachher in unser Schlafzim­mer geleiten, was wir aber nicht tun, weil wir heute Kopf­

schmerzen haben, was bedeutet, dass wir Macht wollen und uns fett finden Wobei das einzige, was ihr fett findet, ist das Porsche Cabrio, das Auto vor dem Haus, „voll fett" das für uns bloß ein Auto ist, was aber automatisch viel mehr ist, sobald wir in den Autositzen auf dem Beifah­rerplatz sitzen, aber dann darf keiner mehr „voll fett" sagen, sonst steigen wir automatisch wieder aus. Wobei das Schlimmste sind die Fragen, denn ihr habt ja nicht zugehört, würdet ihr zuhören, würden wir euch verwirren, denn das was wir sagen, ist nie was wir meinen, weil was wir meinen, sagen wir nicht, so, was wir meinen, müsst ihr sagen, damit es überhaupt einer sagt, aber ihr hört ja nicht zu und glaubt, wir sagen und sagen, aber wir wissen nicht, was wir wollen, dabei wissen wir, was wir meinen und wollen, aber wir wollen, dass ihr sagt, was wir wol­len und wir wollen viel, nur sind wir so unselbststän-dig, dass es scheint wir wären dumm. Wir tun aber nur so, als wären wir dumm, da­mit ihr weniger dumm erscheint, dabei ist die eigentliche Dummheit, dass keiner dabei mehr durchblickt, wer manipuliert und wer nicht, immerhin Wir sind sogar so selbstständig, dass ihr den Rasenmäher repariert und wenn ihr schon dabei seid.

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gleich den Rasen mäht, ebenso einkaufen geht Die Glühbirne wechselt und die Winterrei­fen, den Schrank zusammenbaut und wenn dass alles erledigt ist, loben wir euch ein bisschen, damit ihr uns zum Essen einladet. Und das ist alles diese logische Logik, diese logisch - unlogische Frauenlogik, die nichts mit Technik zu tun hat, die aber technisch ganz gut funktioniert. Trefft ihr uns an der Bar, sind wir wahnsinnig aufdringlich, aber habt ihr uns erst einen Drink spendiert, sind wir wahnsinnig weg-dnnglich, denn wir haben leider, leider noch was vor. Ihr versteht nicht, warum wir so viele zu­ckersüße Cocktails trinken, schließlich euch süß nennen, obwohl wir Zu­cker meiden. Aber nur Salat bestellen und es hassen, wenn ihr uns Hase nennt. Muah, muah, Küsschen rechts, Küsschen links. Die beste Freundin ist da. Wir reden und reden, dabei konnten wir vor einer Stunde schon kaum aufhören zu reden, am Telefon. Blablablablablabla Sie tuschelt, schaut euch an, tuschelt, und ihr wisst schon, wir werden den ganzen Abend kritisieren, wenn sie endlich weg ist. Wir lieben sensible Jungs, wählen aber die un-sensiblen Kerle, wobei letztendlich wir als die Sensiblen enden und wochenlang Tränen fließen, dabei werden diese Kerle bestimmt weder

Tränen vergießen, noch in unsere Tränenfalle tappen, schließlich müssten sie dazu anrufen, so war­ten wir tagelang und die Tränen fließen wir tigern um den Apparat, fühlen uns aber so gar nicht wie ein Tiger, blicken jede Sekunde auf unser Handy, an­statt rauszugehen. Ihr findet unser Weinen hysterisch kindisch, dabei wollen wir Kinder und zwar von euch nach der Hochzeit, dabei scheint ihr bei Hochzeit kalte Füße zu kriegen, aber wir brauchen jemanden, der uns wärmt, schließlich rennen wir den ganzen Tag in winzigen Jäckchen und diesen sinnlos hohen Schuhen. Was ihr nie versteht, denn abends jammern wir über unsere Wun­den, dabei wissen wir doch, wie diese Schuhe sind, und morgen tragen wir sie wieder. Ihr habt zwei Paar Schuhe und seid zufrieden, wir reden ohne Absatz über Absätze ihr wünscht es gäbe in unserem absatzlosen Gerede wenigstens einen Punkt, dabei kennen wir nicht mal beim Shoppen ei­nen Schlussstrich und es dauert ewig, bis wir abends endlich losgehen können, wir können uns nicht entscheiden, welches Paar Schuhe mit oder ohne Absatz so fragen wir euch, dabei ist es euch völlig egal, ob sie blau sind oder grün Wir hingegen wollen gar nicht euch beeindru­cken, sondern die andere Frau, die andere Frau, der ihr vielleicht gefallt.

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Teresa Stay

Kopflos

Kopflos haste ich durch den Supermarkt. An der Kasse werfe ich all meine Einkäufe auf das Laufband und wühle dann in meiner Handta­sche, auf der Suche nach meinem Geldbeu­tel. Ich habe meine Einkaufstasche vergessen, jetzt muss ich schon wieder eine kaufen. Die Schlange von Kunden bewegt sich kaum vor­wärts und trotzdem stehe ich plötzlich vor dem Zeitschnftenregal. Bei dem Anblick der Beauty-Magazine fühle ich mich gleich besser - die bunten Headlines und hübschen Mäd­chen auf den Covern kombiniert mit dem Versprechen: Das Lesen dieses Hefts führt ga­rantiert zum Idealgewicht, dem Traummann, der perfekten Karriere und zu haufenweise Designerkleidern. All das lässt mein Herz hö­her schlagen. Natürlich lege ich einige Ausga­ben zu meinen Einkäufen aufs Band. Später, im Bett, werde ich gemütlich diese leicht ver­daulichen Texte lesen und die vielen schönen Bilder genießen, möglicherweise mit einem Glas Wem, oder, ganz paradox, Gummibär-chen essend. Und so bin ich, als ich den Laden verlasse, um einiges fröhlicher als noch weni­ge Minuten früher.

Später an diesem Nachmittag sitze ich ge­mütlich auf dem Sofa, mit meiner Glamour/ InStyle/Cosmopolitan in den Händen. Ohne sie fühle ich mich orientierungslos, zumin­dest modisch gesehen. Später verbringe ich dann den ganzen Abend im H&M Online-Shop um für die Chanel-Tasche und den Burberry-Mantel ein preiswertes Äquivalent zu finden, denn 2000 Euro für eine Handta­sche zu bezahlen, halte ich für ein wenig un­moralisch. Nicht, dass ich es nicht ohne mit der Wimper zu zucken tun würde, wenn ich

könnte. Ich sonne mich also ein paar Stunden im Glanz der Schuhe und Kleider und schwel­ge im „Was wäre, wenn...", kaufe dann online meistens Schuhe - die passen immer - und lese dann weiter. Interviews. Viele Stars, die alle immer wieder dasselbe sagen. Sie sind so perfekt, dass es mir fast unheimlich ist, aber trotzdem bekomme ich unweigerlich einen Minderwertigkeitskomplex... wenn ich nicht so dünn werde, dann werde ich nie so schön. Ich passe ja eh in kein Kleid. In meiner Größe sieht das sowieso unmöglich aus. Wenn ich dünner und schöner wäre, würden die Leu­te bestimmt alles toller finden, was ich ma­che! Vielleicht hätte ich dann schon längst einen eigenen Plattenvertrag und ein Album mit meinen Liedern und einem Porträt von mir auf dem Cover. Weil die Leute sich plötz­lich dafür interessieren würden, worüber ich singe. Und damit meine ich nicht nur meine Großeltern. Den Interviews folgt meistens eine etwas ge­dämpftere Stimmung, die dazu führt, dass ich mir selbst enthusiastisch eine Diät verordne. Die ich circa zwei Stunden später wieder ver­worfen haben werde.

Weitere Anregung für mein Diät-und-wie-ich-danach-aussehe-Kopfkino finde ich weni­ge Seiten weiter, gleich nach dem „Sie müs­sen lernen, sich selbst zu liebeh'-Artikel: Die zehn effektivsten Diäten im Test mit „indi­viduell auf mich zugeschnittenem" Sport­programm (das ich selber ermitteln kann, indem ich zehn Frage mit drei Antwortmög­lichkeiten beantworte und die As, Bs und Cs zusammenrechne). Begeistert denke ich, ja, das müsste ich doch mal schaffen, ich habe ja jetzt Ferien (in der Realität eher so: Puh, ich hab Ferien, her mit dem Schokoeis und dem Martini!). Gleich fühle ich mich besser, da ich ja in den nächsten fünf Tagen sowie-

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so die Hälfte meines Körpergewichts verloren haben werde. Dann: weitere Psychotests. „Welcher Typ Mann steht auf Sie". Bei den meisten Fragen muss ich irgendwas nach Gefühl aussuchen, weil ich zum letzten Mal vor einem Jahr in ei­nem Club war, wo ich mich wahnsinnig fehl am Platz gefühlt habe, und darum auch nicht besonders oft irgendwo angetanzt wurde. In dem „Welcher Typ Mann ist ihr Liebster"-Test passt auch bei den meisten Fragen keine der Auswahlmöglichkeiten auf meinen Freund. Irgendwie schade, ich hätte es nämlich schon gern gewusst. Aber andererseits erleichternd, dass er sich nicht so schnell in eine Schublade stecken lässt. Zum Schluss mein Horoskop, das mir für den kommenden Monat ganz viel Glück im Job, Schwierigkeiten, die ich locker überwinden werde und Stress mit dem Widder, mit dem ich sowieso nie was anfangen sollte verheißt. Einleuchtend, denn ich, und mein Freund, der Widder, verstehen uns seit vier Jahren blen­dend ...

Abends stehe ich im Bad vor dem Spiegel, widme mich der ausgiebigen Hautpflege und probiere vielleicht ein, zwei Make-Up-Tricks aus dem Heft aus. Dann steige ich in die Du­sche, sehe mich an und weiß, dass ich nie­mals so perfekt aussehen werde, wie ich es gern hätte. Wütend dusche ich vor mich hin, pflege meine Haare, bis sie ganz weich sind und freunde mich nach dem Duschen, beim eincremen, wieder ein bisschen mit meinem Körper an. Was soll's, denke ich, und esse vor dem Schlafengehen noch ein Stückchen Käse.

Am nächsten Morgen: Alles vorbei. Völlig entsetzt bemerke ich, dass mein Lieblings­rock jetzt auch schon am Speckröllchen zwickt. Ich habe keinen Hunger mehr und

würde meinen abendlichen Käsesnack gern rückgängig machen. Ab jetzt esse ich ab 17 Uhr nichts mehr. Kann ich mir nicht leisten. Am besten esse ich sowieso nie mehr irgend­was. Schon gar nichts mit Zucker, Kohlenhy­draten oder Fett. Ab jetzt nur noch Salat. Al­lein bei dem Gedanken daran werde ich ganz missmutig und spüre, dass es heute für alle, die in meine Nähe kommen, kein Spaß sein wird. Hektisch mache ich ein paar Dehn­übungen. Ich komme mir so blöde dabei vor, dass ich schnell wieder aufhöre. Ich komme mir bei Sport meistens so vor, als würden alle anderen über mich lachen, weil ich so un­sportlich bin. Trotzdem verordne ich mir re­gelmäßige Trainingseinheiten. Ich seufze, ziehe mich auf dem Bett, wo kein Spiegel ist, an, fühle mich in der Straßenbahn seltsam und wenn mich jemand ansieht, denke ich, „Oh Mann, bestimmt, weil ich so schlecht aussehe", bin unsicher und mache mir viel zu viele solcher Gedanken. Ich versu­che, das schlechte Gefühl abzuschütteln und bin statt dessen lustig und bemüht, Selbstbe-wusstsein auszustrahlen. Hoffentlich sitzen wenigstens meine Haare.

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Marie Walther

Zeit

Läuft uns davon Hängt uns ab Ist nie vorhanden Immer da Mal zu viel Mal zu wenig Nie richtig Immer gegen uns Manchmal für uns Zeit Ist begrenzt Unendlich Und ohne Ziel Ohne Anfang Ohne Ende So viel Zeit Man kann sie sparen Oder verbrauchen Man kann sie leben Oder verstreichen lassen Und unsere Zeit1? Wann kommt die1? Gar nicht. -warten -bringt nichts Eine Zeit? Deine Zeit Deine Zeit kommt nicht - du kommst ihr entgegen!

Fotos

Bilder unseres Lebens Landschaft Menschen Stadt Momente

Erinnerungen Glücklich Traurig Fröhlich Deprimiert Verloren gewonnen Sommer Winter Urlaub Zu Hause Vor dem Friseurbesuch Nach dem Friseurbesuch So viele Bilder - Auf einem müssen wir doch gut aussehen!

Wie ein Kreisel

Wie ein Kreisel kreiselt unser Selbst um unsere Mitte. Wir sind eng an sie geschmiegt, wenn wir mal wieder nur unsere Welt voller Hektik und Stress sehen. Wenn uns mal wieder alles über den Kopf wächst,

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wenn alles im Chaos versinkt und wir vor lauter Arbeit keine Zeit mehr für uns selbst haben. Eigentlich dreht sich dann alles nur noch um uns, denn wir müssen perfekt sein und unsere kleine perfekte Welt darf nicht aus den Fugen geraten. Alles läuft nach Plan, alles genau, alles aufein­ander abgestimmt. Ja, aber was wenn wir mal nicht wollend Wenn wir mal nicht ins Schema passen wol­lend Wenn uns heute nach etwas anderem ist, nach Freiheit"?-Was danni Wir machen gar nichts. Wir können unsere innere Barriere, die nach außen hm alles perfekt scheinen lässt nicht einfach durchbrechen. Dabei ist es genau das, was uns fehlt, die Möglichkeit einmal wir zu sein, einmal ganz für uns zu sein, allein mit unseren Gedanken, Gefühlen und Sehnsüchten. Denn eigentlich sehen wir uns danach die Arme auszubreiten und den Kreisel langsa­mer werden zu lassen, so langsam, dass wir fast loslassen könnten. Das ist Freiheit, die wir uns nehmen müssen. Freiheit, die leben bedeutet. Freiheit, die uns über eine Wiese rennen lässt, Freiheit, die bedeutet, dass wir durch den Re­gen tanzen, Freiheit, die die Sonne nicht nur vom Him­mel, sondern aus unseren Herzen strahlen lässt. Macht euch nichts vor Mädels, in jedem von uns steckt die Sehnsucht, die Freiheit bedeu­tet und wenn wir uns nicht ganz hingeben können, dann rennt halt in High Heels über die Wiese!

Luisa Weiskopf

Verwirrt

Es war alles schön, so einfach, so ungezwun­gen, so unbeschreiblich. Jeder Tag bot eine Vielfalt von neuen, wunderschönen Überra­schungen, ob es nur die lachende Sonne war oder ein lauwarmer Regen, in dem wir tanz­ten und unsere Kleider durchweichten. Es schien alles einfach perfekt zu sein, unser Le­ben war perfekt. Doch von einem Moment auf den anderen waren wir nicht mehr gleich. Ich war ein Mädchen für ihn, er sah mich als ein weib­liches Wesen. Er wollte nicht mehr mit mir Fußball spielen, sondern liebte es mich zu küssen. Doch jeder Kuss machte mich un­glücklicher. Es bedrängte mich, ich wollte ihm fremd sein, ihn nicht mehr in mich bli­cken lassen, aber ich wollte ihm dennoch nah sein. Denn er, er war der Einzige, der mich von klein auf kannte und der mein bessere Hälfte darstellte, wir waren einfach unzertrennlich. Wo war mein Freund, der mich zum lachen und weinen brachte, der mit mir raufte und kuschelte. Doch nun schaut er mich anders an. Seine Blicke wanderten über meinen Kör­per, ich kam mir wie ein Gegenstand vor, der begutachtet wurde. Es fehlte nur noch, dass er sagte, so eine Prachtperson ist geschaffen, um sie zu lieben und zu heiraten. Er sah nicht mehr mich, sondern eine ande­re Person. Eine fremde Person, eine Frau, die ich nicht sein wollte. Mein Körper verän­derte sich, meine Hüfte wurde breiter und meine Brust erst. Am liebsten hätte ich sie abgeschnitten, egal mit einem Messer oder einer Schere, einfach nur weg damit. Doch die Angst war stärker. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich merkte, dass ich nicht in diesem Körper leben wollte. Es wi-

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derte mich an, ich schämte mich dafür. Ich empfand Hass für meine Körper. Einen Hass, der meinen Körper verunstaltete. Ich woll­te mich schlagen, mir Schmerzen zufügen. Stattdessen stauten sich meine Aggressio­nen und jeder Gedanke oder jede Berührung mit meinem Körper ließ mich Machtlosig­keit empfinden, und ich konnte nicht mehr. Ich war überfordert, es gab niemand der mich verstand, der auch nur den geringsten Schim­mer hatte, wie es mir ging. Denn ich schloss mich in meinem Körper ein und der Schmerz fraß mich von innen auf. Diese Leere, die in mir entstand, und erst recht diese Gefühllosigkeit, ich war ein Wrack mit einem eingefrorenen Herzen, das nur noch aus biologischer Sicht schlug.

Alle reden, tratschen, lästern. Kann sie ihnen denn überhaupt noch glaubend Dem Kleid ist aber schön, sagt sie, das nur. Oder ist es wirk­lich so. Sie fühlt sich nicht sicher. Hinter je­der Ecke lauern Gefahren, ob es ein Auto ist, das zu schnell fährt oder doch nur ein Hund, der laut bellt. Nirgends fühlt sie sich sicher, geschweige denn geborgen. Diese neue Stadt ist ihr fremd, ihre neuen WG-Mitbewohne-rinnen sind ihr fremd, das Bad und sogar sie selbst.

Diese vielen Veränderungen schmeißen sie vollkommen aus der Bahn. In ihrer alten Stadt, ihrer Heimatstadt, hatte sie viele Freunde, kannte die wundervollsten Orte und die kleinsten Verstecke. Ihre Familie war für sie da und sie liebte es mit ihren Freundinnen ein Eis essen zu gehen. Am liebsten zwei Kugeln Yoghurt mit Nougatsoße, wenn sie nur daran dachte, lief ihr das Wasser im Mund zusam­men. Doch nun war sie alleine, in einer völlig fremden Stadt. Ihr fehlte jegliche Orientierung und einen Stadtplan konnte sie auch nicht le­

sen. Der Handyakku hatte vor einer Stunde schlapp gemacht. Sie ist auf sich alleine gestellt. In einem Park setzt sie sich auf eine Bank, die in der Son­ne liegt, schließt die Augen und genießt die Frühlingssonne.

An IHN

Kein Wort, kein Blick, kein Lächeln, nichts! Kennst du mich überhaupt«? Weißt du wer ich bin<? Ich bin immer noch ich, eine junges Mädchen, das bis vor kurzem noch die tolls­te Beziehung führte. Und nun<? Nun bin ich alleine, ohne dich. Doch die Kraft eine Bezie­hung führen zu können, nicht die Liebe zu diesem Menschen - einem besonderen Men­schen - verließ mich. Eine Trennung voller Schmerz und Trauer, bis zum heutigen Tage. Doch was nun tun1?- Kämpfen, auf eine zwei­te Chance hoffen oder aufgeben und somit leiden. Im Nachhinein sagen zu müssen, die Liebe des Lebens durch Feigheit verloren zu haben. Das Erlebte nie mehr wiederholen zu kön­nen, da das Gegenstück nicht mehr da ist. Er ist ein Fremder. Ihn anzuschauen, Hass und Verachtung in seinen Augen zu sehen, bringt mich zum Zittern. Ob es nur ein Schutzme­chanismus ist, der die wahren Gefühle über­spielt - völlig gleichgültig, jeder dieser Blicke ist ein Messerstich ins Herz. Was soll ich ihm nur sagend Ich habe Schluss gemacht, weil... - es gibt keine passende Ant­wort, denn egal was ich sage, es würde dich verletzen. Es wird die alten Wunden aufrei­ßen, dir erneut Schmerzen zufügen. Doch das ist nicht mein Ziel: Ich will dich, nur dich allein. Denn du bist keine Illusion, du bist wahrhaftig - echt. Du bist der perfekte Traum, halt mich fest, nimm mich in deine

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Arme und lass mich deinen Körper spüren. Ich will nie mehr ohne dich sein, ich möchte für immer an deiner Seite sein! Immer bei dir! Es ist dumm, naiv, zu glauben, den anderen vor einem selbst schützen zu müssen. Denn man schützt ihn nicht, sondern verletzt ihn. Aus einem glücklichen Menschen wird eine wandelnde Leiche, der die Schuld bei sich sucht und völlig aufgelöst ist. Ein Mensch, der für eine Zeitlang nicht mehr lieben kann, sondern nur Hass und Abneigung für jeden empfindet, der ihm zu nahe tritt. Doch das ist völlig falsch, es war mein Feh­ler, der uns beide unglücklich gemacht hat. Der jeden von uns auf den Boden sinken ließ. Von dem wir mit viel Kraft und Zeit wieder aufzustehen versuchen, doch jede Begegnung lässt uns wieder auf den Boden der Tatsachen sinken. Wieder die Lust am Leben zu emp­finden und jeden Tag neue Dinge erleben zu können, das sind die Ziele, die man sich setzt, um aus diesem Labyrinth herauszufinden. Die Zukunft zu genießen und die Vergangen­heit zu vergessen, sie hinter sich lassen. Eine Hoffung aufbauen zu können, irgendwann wieder mit dem anderen vereint zu sein. Hof­fentlich werden wir wieder zusammenfinden.

Für SIE

Nur noch einmal abbiegen, dann habe ich mein Ziel erreicht. Ich passiere die Schranke und suche eine Hinweistafel, um mich orien­tieren zu können. Auf der Karte sehe ich so­fort, wo sich das Gebäude D befindet. In we­nigen Sekunden habe ich es erreicht, stelle mein Fahrrad ab und laufe hinein. Es ist ruhig und kühl. Ein bekannter Geruch steigt mir in die Nase - Desinfektionsmittel. Sie liegt auf Station D21, ich muss noch einen Stock höher. Mit schnellen Schritten steige ich die

Treppen hinauf und gelange in den zweiten Stock. An den Zimmern steht kein Name, ich schaue mich um in der Hoffung, dass ich je­manden sehe, der mir helfen kann. Auf der rechten Seite befindet sich das Schwestern­zimmer. Eine Schwester sitzt am Computer. Ich frage sie nach ihr. Sie schaut von ihrem Computer auf und antwortet freundlich: Es ist das erste Zimmer. Doch bevor du hinein­gehst, musst du dir die Hände desinfizieren und einen Mundschutz anziehen. Auf dem Weg zu ihrem Zimmer spüre ich, wie mein Bauch sich zusammen zieht und ein dump­fes Gefühl in mir empor steigt. Langsam öff­ne ich die Tür, erinnere mich zurück, was mir die Schwester soeben gesagt hat. Ich schaue mich um und suche einen Behälter, in dem sich der Mundschutz befindet. Er steht auf einem kleinen Tischchen gleich rechts ne­ben dem Eingang. Behutsam ziehe ich einen

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Mundschutz über Nase und Mund, völlig un­sicher, ob er richtig sitzt. Als nächstes desin­fiziere ich mir meine Hände. Mit unsicheren Schritten begebe ich mich weiter in das Zim­mer hinein. Am Fenster sitzt eine ältere Frau, sie sieht krank aus. Ihre Haut hat eine un­natürliche Farbe und am Hals ist ein großes Pflaster, aus dem ein Schlauch kommt. Für ei­nen kurzen Moment bleibe ich stehen, denn erst jetzt wird mir bewusst, wie ernst die ganze Situation ist. Doch nun erblicke ich sie. Sie liegt mit ihrer schwarzen Sporthose und ihrem grauen T-Shirt mit dem Rücken zu mir gewendet auf dem Bett. Sie sieht müde aus und scheint in Gedanken zu sein. Hallo sage ich völlig überrascht, einfach perplex, sie an so einem Ort zu sehen. Sie dreht ihren Kopf und schaut mich an. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht - ein Lächeln, das eine wunder­schöne Frau darstellt. Ich laufe um das Bett herum und setzte mich an die Kante. Erst jetzt bemerke ich diesen Schlauch, er führt in ihre Brust. Doch eigentlich sieht sie völlig gesund aus - überhaupt nicht krank. Es sieht so aus, als sei sie gerade zur falschen Zeit am falschen Ort. Irgendwie unpassend. Was soll ich nur sagend Wie kann ich sie darauf an­sprechend Eine Sprachlosigkeit macht sich in mir breit, die absolut untypisch für mich ist. Ich möchte ihr nicht zu nahe treten, aber trotzdem möchte ich wissen wie es ihr geht, wie sie sich fühlt. Ich möchte sie keinesfalls verletzen, denn ihrer momentane Verfassung ist im wahrsten Sinne des Wortes einfach ab­solut „beschissen"! Wie geht es diri frage ich sie nun endlich. Es gehe ihr ganz gut, ihr sei ein bisschen schlecht, aber das komme wohl von den Nebenwirkungen, entgegnet sie mir. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ein Ge­spräch zu entwickeln beginnt sie zu erzäh­len und ich bemerke, dass es ihr von Zeit zu Zeit leichter fällt über Krankheit, ihre Aus­

wirkungen und Folgen zu reden. Am Anfang sind die Sätze kurz, ihre Stimme klingt zittrig und ihre Augen werden glänzend. Es ist ein komisches Gefühl, sie da so liegen zu sehen. So machtlos, so angreifbar. Doch irgendetwas sagt mir, dass es ihr trotz allem gut geht, dass sie die Freude am Leben nicht verloren hat und bis oben hin voller Hoffnung auf Heilung ist. Nun sitze ich hier. Der Geruch, die Bilder, alle Erinnerungen an diesen Besuch lassen mich nicht los. Der dünne, durchsichtige Schlauch, der aus ihrer Brust kam, wirkt so friedlich, doch durch ihn läuft eine Flüssigkeit, die alles in ihr zerstört. Nur daran zu denken, macht mich traurig und lässt mich immer mehr über den Sinn des Lebens, über das Schicksal und über Glück und Pech nachdenken. Von einem auf den anderen Tag hat sich ihr Leben ver­ändert. In ihrem Leben zuvor war sie glück­lich und zufrieden. Unter der Woche ging sie jeden morgen in die Schule und beschwerte sich über die Lehrer. Am Wochenende traf sie sich mit ihren Freunden und genoss die Zeit mit ihnen und ihrer Familie. Doch sind die Alltagsprobleme verpufft. Im Nachhinein er­scheinen sie lächerlich und sie bemerkt, dass sie sich völlig umsonst irgendwelchen Druck oder Probleme gemacht hat.

Inzwischen braucht sie Kraft, Energie und Mut, um all das durchzustehen. Nicht nur psychisch, sondern auch körperlich, denn die Nebenwirkungen zerstören ihren Körper, machen ihn anfällig und somit ist sie stärker denn je verwundbar.

Doch selbst ist man machtlos. Ihr Kraft zu geben, sie abzulenken und sie für ein paar Stunden von diesen schrecklichen Gedanken zu befreien, ist das Einzige was ich als Außen­stehender für sie tun kann. Ich empfinde eine Ungerechtigkeit und stelle mir immer wieder

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dieselben Fragen: Warum ausgerechnet sie1? Wieso nicht jemand anders oder ichi Eine Antwort wird es darauf nie geben, denn dies liegt nicht mehr im Machtbereich des Menschen. Doch der Mensch ist soweit, dass er Mittel und Wege hat, all das zu bekämp­fen. Sie wird geheilt werden. Sie wird wie­

der gesund werden, denn die Liebe und Hof­fung zu diesem Mädchen ist stärker als diese Krankheit. Sie sagt ihr den Kampf an. Wir sa­gen ihr den Kampf an. Ein Kampf mit einem guten Ende, denn ich glaube an sie und werde sie unterstützen, denn sie ist ein Mensch, der auf dieser Welt nicht fehlen darf!

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Autorinnen

Nicole Dürr, Jg. 1994, Lessing-Gymnasium Karlsruhe

Jennifer Gress, Jg. 1993, Lessing-Gymnasium Karlsruhe

Naomi Greul, Jg. 1994, Lessing-Gymnasium Karlsruhe

Melissa Gruber. Jg. 1996, Albert-Schweitzer-Gymnasium Gernsbach

Sultan Gümüsoluk, Jg. 1992, Lessing-Gym­nasium Karlsruhe

Diana Krieger, Jg. 1997, Albert-Schweitzer-Gymnasium Gernsbach

Lena Petn, Jg. 1992, Humboldt-Gymnasium Karlsruhe, seit Wintersemester 2011/12 Stu­dium der Kindheitspädagogik in Karlsruhe

XemaRatzelJg. 1993, Humboldt-Gymnasium Karlsruhe

Adina Spuller, Jg. 1993, Kant-Gymnasium Karlsruhe, studiert seit dem Wintersemester 2011/12 Modedesign in Paris

Teresa Stay, Jg. 1993, begann ein Jura-Studium in Freiburg LB., studiert seit dem Winter­semester 2011/12 Kommunikationsdesign in Darmstadt

Marie Walther, Jg. 1993, Otto-Hahn-Gymna­sium Karlsruhe

Luisa Weiskopf, Jg. 1992, Humboldt-Gymna­sium Karlsruhe

blog: http://alleladiesgaga.wordpress.com/

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Workshopleitung

Jagoda Marinic wurde 1977 in Waiblingen ge­boren. Nach dem Studium der Germanistik, Politikwissenschaften und Anglistik in Heidel­berg ist sie als freie Schriftstellerin, Theater­autorin und Journalistin tätig, unter anderem für die Frankfurter Rundschau, die Stuttgarter Zeitung und die Literaturzeitschrift allmende. 2001 erschien ihr erster Erzählband Eigentlich ein Heiratsantrag. Für ihr zweites, 2005 im Suhrkamp Verlag erschienenes Werk Russische Bücher, ebenfalls Erzählungen, wurde sie mit dem Grimmelshausen-Förderpreis geehrt. 2007 erschien ihr erster Roman Die Namenlose bei Nagel & Kimche. Für den Text Die Netz­haut, einem Auszug aus ihrem Roman Die Na­menlose, wurde sie 2007 für den Bachmann-Preis nominiert. Im selben Jahr schrieb sie den Text zum Theaterstück Zalina, das mit dem Exzellenzpreis für das beste Programm der Europäischen Kulturhauptstadt Hermann­stadt 2007 ausgezeichnet wurde. Jagoda Ma­rinic lebt und arbeitet in Heidelberg.

Jagoda Marinic war schon häufig mit Lesun­gen aus ihren Texten zu Gast bei der Literari­schen Gesellschaft in Karlsruhe. Die Schrift­stellerin verfügt über große Erfahrung in der Leitung von Schreibwerkstätten mit Jugend­lichen und jungen Erwachsenen zu verschie­denen Themen. Sie bietet den Teilnehmerin­nen und Teilnehmern dabei Einblicke in das freie und literarische Schreiben sowie die Möglichkeit, kreativ mit den eigenen Texten umzugehen.

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EINE JUGEND IN DEUTSCHLAND

Sprachliche Experimente zwischen Zuversicht und Skepsis

Schreibwerkstatt der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe mit Jagoda Marinic

Reihe JUNGE LITERATUR Band 1

Eine Jugend in Deutschland. Sprachliche Experimente zwischen Zuversicht und Skepsis. Reihe JUNGE LITERATUR. Band 1 Herausgegeben von Hansgeorg Schmidt-Bergmann im Auftrag der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe. 5 €

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Literarische Museum

Gesellschaft für

Literatur

am

Karlsruhe Oberrhei