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Ausgabe 46/11 «Stiftung Folsäure Offensive Schweiz» Gartenstrasse 2 | 6301 Zug | Telefon 041 710 60 23 | Fax 041 749 48 49 | info@folsaeure.ch | www.folsaeure.ch SIRI’S WEEKLY BLOG

Siris Blog 46/2011

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Ausgabe 46/11

«Stiftung Folsäure Offensive Schweiz» Gartenstrasse 2 | 6301 Zug | Telefon 041 710 60 23 | Fax 041 749 48 49 | [email protected] | www.folsaeure.ch

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hallo liebe leser

kennt ihr den blick? nicht die Zeitung, ich meine den blick der anderen leute auf der Strasse, in der Fussgängerzone, im restaurant, im h & M, in der Migros. oder manchmal sogar bei der arbeit.

Fast überall gibt es dieses vermeintlich unauffällige Starren der Leute, die nicht wissen wie sie reagieren sollen, wenn man vorbeirollt. Da steht man dann oft unfreiwillig im Mittelpunkt. Je nach Laune oder Tagesform ist das dann eher schmeichelnd oder bemühend. An manchen Tagen fühl ich mich wohl und die Blicke können mir nichts anhaben. Ein entwaffnendes Lächeln und schon ist die Situation geklärt. Aber an anderen Tagen suche ich ver­zweifelt nach dem Loch im Boden, welches sich doch bitte sofort auftun soll. Für mich ist es oft das Schlimmste, die Blicke zu spüren, aber keine Reaktion zu kriegen. Oder die Blicke zu sehen und das darauffolgende Getuschel mit­zukriegen. Dabei wäre mir lieber, man würde offen auf mich zugehen und seine Fragen stellen. So wie dies Kinder tun, ganz unvoreingenommen und direkt. Sie denken nicht nach, sondern zeigen ihr Interesse ehrlich, mit kindlichem Blick für die Realität. Meistens folgen Fragen wie: «Mami, hat diese Frau weh?» oder «Mami, warum geht die Frau nicht?». Aber dann wird nicht geantwortet und nur in den seltensten Fällen wird das Kind aufgefordert, doch selbst nachzufragen. Warum, frage ich mich oft. Ich beisse nicht und habe auch keine ansteckende Krankheit. Und vor allem, wenn mir grade nicht nach antworten zu Mute sein sollte, würde ich das auch so mitteilen. Man sollte die Kinder dazu ermuntern, auf jemanden wie mich zuzugehen und sie nicht auch noch demonstrativ weiterziehen, damit sie ja nicht auf die Idee kommen, sich mir zu nähern. Je nach Altersgruppe sind die Reaktionen der Öffentlichkeit ganz unterschiedlich. Ältere Generationen, so scheint es mir, reagieren meist eher mitleidig. Das ist etwas, womit ich meine Mühe habe. Denn ich brauche meiner Meinung nach überhaupt kein Mitleid. Bitte kein geflüstertes «Oje, wie arm». Ich bin alles andere als arm, nur weil ich nicht gehen kann. >

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Wahrscheinlich ist das bei den älteren Generationen noch so eine Art Erbe ihrer Zeit, weil damals Menschen mit Spezialitäten wie ich oft ein trostloses Leben hatten. Aber das ist heute anders: Ich habe genau dasselbe Leben wie andere, «normale» Menschen auch. Generell im Alltag gibt es viele verschiedene Situationen, bei denen es für mich oft sehr interessant sein kann zu sehen, wie die betreffenden Personen reagieren. Ich denke da ans Einkaufen zum Beispiel. Manchmal ist es mir nicht möglich, an gewisse Produkte ranzukommen, weil diese in einem der oberen Regale liegen. Dann bin ich auf Hilfe angewiesen. Und da ist es spannend zu sehen, ob die Hilfe von alleine angeboten wird oder ob ich selbst nachfragen muss; sowie auch von wem die Hilfe dann kommt: ob von Mit­arbeitern oder anderen Kunden. In solchen Situationen, finde ich, gibt es auch wieder eine Grenze, bei welcher die angebotene Hilfe zu weit geht. Wenn ich das Gefühl haben muss völlig unselbständig rüberzukommen. Übertriebene Hilfsbereitschaft kann genauso störend sein wie wenn überhaupt keine angeboten wird. Generell finde ich, dass es schön wäre, würden die Augen ein wenig mehr geöffnet werden. Wenn es gelingen würde die Leute zu sensibilisieren. Selbst wenn mir Hilfe angeboten wird und ich sie dankend ablehnen kann, gibt es mir ein ganz anderes Gefühl, als wie wenn ich denken muss, wenn ich jetzt wirklich Hilfe gebraucht hätte, wäre niemand freiwillig auf die Idee gekommen. Ich habe dadurch schnell gelernt, dass ich keine Hemmungen haben darf. Egal worum es geht: Fragen geht immer, auch wenn die Antwort vielleicht negativ ausfällt. Wie sieht das bei euch aus, liebe Leser? Erzählt mir von euren lustigs­ten, schlimmsten und interessantesten Erlebnissen. Ich freu mich auf euer Feedback.

Liebe Grüsse

Siri