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In aller Freundschaft Indias Videoclip Elisabethstift Berlin Ben im Legoland bärenstark Nr. 43 Sommer 2020 Eine Zeitung für Kinder, Eltern, Spender und Helfer Mein Herzenswunsch war es, zu meinem 16. Geburtstag den Beatboxer „Alberto“ zu treffen, und da dieser zu jener Zeit in Amerika – genauer gesagt – in Los Angeles war, hat es mir Herzenswünsche e.V. ermöglicht, mit meiner Mutter und meinem kleinen Bruder dorthin zu fliegen. Begleitet wurden wir damals von Gundula Schmid. Das Witzige an unserer Reise war, dass meine eigentliche Wunscherfüllung, eben das Treffen mit dem Beatboxer in einer Stretch- limousine nicht so klasse war, mir dafür der Rest der Reise bis heute – also beinahe 10 Jahre später – in toller Erinnerung geblieben ist: Ich habe in den wenigen Tagen in L.A. so viele verschiedene und beeindruckende Dinge sehen und erleben dürfen. Eines der Highlights war zum Beispiel die Fahrt als Sozius auf einer Harley Davidson durch die Hollywood Hills. Seitdem musste ich eine weitere Krebserkrankung sowie zahlreiche Reha-Aufenthalte durchstehen, aber Herzenswünsche e.V. ist bis heute an meiner Seite geblieben. Da eines meiner Beine leider nicht mehr so gesund wie das andere ist, habe ich im letzten Jahr ein E-Bike geschenkt bekommen. Damit habe ich mittlerweile schon weit über 1.000 Kilometer durch die Isarauen bei München zurückgelegt. (gs) Illustrationen/Bilder Antje Vogel, Clemenshospital Münster, Elisabethstift Berlin, privat Gestaltung/Druck addc Werbeagentur & Designbüro Walder Str. 334a, 40724 Hilden, www.addc.de Redaktion Wera Röttgering (verantw.) Sabine Ziegler Antje Vogel Gundula Schmid Autoren Wera Röttgering (wr) Gundula Schmid (gs) Sabine Ziegler (sz) Ihre Spende kommt an! Wie geht’s Denis? Spendenkonto Herzenswünsche e.V. Sparkasse Münsterland-Ost IBAN: DE 45 4005 0150 0000 3700 80 SWIFT-BIC: WELADED1 MST Undercover Robin interessiert sich brennend für Spionage und geheime Ermittlungen. Während seiner Erkrankung hat er sich intensiv damit beschäftigt. Es ist schon erstaunlich, was der Zwölfjährige alles über Agenten und ihre Geheimnisse weiß. Um seinen unglaublichen Wissensdurst zu stillen, kam nur eine Quelle in Frage: der Bundesnachrichtendienst, kurz BND, in Berlin. Aber wie bekommt man einen Zugang zu dieser hohen Behörde? Wer öffnet die „geheimen Türen“? Nach einigem Hin und Her und Dank guter Kontakte wurde der Besuch bestätigt und Robin bekam eine Einladung. Gewissenhaft bereitet sich der Junge auf das Treffen mit den Mitarbeitern des BND vor. In einer Kladde notiert er alle Fragen für seinen wichtigen Recherchetermin. Schon der Start der Wunscherfüllung verläuft spektaku- lär: In einer Limousine mit getönten Scheiben wird Robin vom Hotel abgeholt und „top secret“ in die Berliner BND-Zentrale gefahren. Dort erhält er seinen Besucherausweis samt Foto. In den kommenden drei Stunden füllen sich die Seiten von Robins Kladde mit den ausführlichen Antworten der Agen- ten. Was da besprochen wurde? Streng geheim! Robin bleibt nach dem Besuch einsilbig, zeigt aber stolz sein BND- Schüleragenten-Diplom. Robin beruft sich – ganz schlau – auf seine Schweigepflicht: „Ich darf leider nichts weitergeben, das habe ich versprochen!“ Ein paar Informationen gibt er dann doch preis: Wer ein richtiger Agent werden will, muss ein gutes Abitur, eine Ausbildung bei der Bundeswehr und ein Jurastudium absolvieren und mindestens drei Sprachen perfekt sprechen. Warum? „Na, für die vielen Auslandseinsätze!“ Robin ist jetzt bestens informiert und hat dem BND ein weiteres Versprechen gegeben: „Das kriege ich alles hin. Und wenn ich soweit bin, komme ich zu euch nach Berlin!“ (wr) Unser Vorstand Wera Röttgering Gundula Schmid Ute Wiengarten Helmut Foppe Unser Büroteam Claudia Hangmann Maike Labs Regina Reiffenberg Wera Röttgering Katja Sonnenstuhl Telefon: 0251 – 20 20 21 24 Impressum Herausgeber „bärenstark“ ist die Zeitung von Herzenswünsche e.V. – Verein für schwer erkrankte Kinder und Jugendliche Nienkamp 66 – 48147 Münster Telefon: 0251 – 20 20 21 24 Telefax: 0251 – 9 87 86 88 E-Mail: [email protected] www.herzenswuensche.de

Sommer 2020 bärenstark€¦ · Zeit in Amerika – genauer gesagt – in Los Angeles war, hat es mir Herzenswünsche e.V. ermöglicht, mit meiner Mutter und meinem kleinen Bruder

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Page 1: Sommer 2020 bärenstark€¦ · Zeit in Amerika – genauer gesagt – in Los Angeles war, hat es mir Herzenswünsche e.V. ermöglicht, mit meiner Mutter und meinem kleinen Bruder

In aller FreundschaftIndias VideoclipElisabethstift Berlin

Ben im Legoland

bärenstarkNr. 43 Sommer 2020

Eine Zeitung für Kinder, Eltern, Spender und Helfer

Mein Herzenswunsch war es, zu meinem 16. Geburtstagden Beatboxer „Alberto“ zu treffen, und da dieser zu jenerZeit in Amerika – genauer gesagt – in Los Angeles war, hates mir Herzenswünsche e.V. ermöglicht, mit meiner Mutterund meinem kleinen Bruder dorthin zu fliegen. Begleitetwurden wir damals von Gundula Schmid. Das Witzige anunserer Reise war, dass meine eigentliche Wunscherfüllung,eben das Treffen mit dem Beatboxer in einer Stretch -limousine nicht so klasse war, mir dafür der Rest der Reisebis heute – also beinahe 10 Jahre später – in toller Erinnerunggeblieben ist: Ich habe in den wenigen Tagen in L.A. so vieleverschiedene und beeindruckende Dinge sehen und erleben dürfen. Eines der Highlights war zumBeispiel die Fahrt als Sozius auf einer Harley Davidson durch die Hollywood Hills.

Seitdem musste ich eine weitere Krebserkrankung sowie zahlreiche Reha-Aufenthalte durchstehen,aber Herzenswünsche e.V. ist bis heute an meiner Seite geblieben. Da eines meiner Beine leider nichtmehr so gesund wie das andere ist, habe ich im letzten Jahr ein E-Bike geschenkt bekommen. Damithabe ich mittlerweile schon weit über 1.000 Kilometer durch die Isarauen bei München zurückgelegt.

(gs)

Illustrationen/BilderAntje Vogel, Clemenshospital Münster,Elisabethstift Berlin, privat

Gestaltung/Druckaddc Werbeagentur & DesignbüroWalder Str. 334a, 40724 Hilden,www.addc.de

RedaktionWera Röttgering (verantw.)Sabine ZieglerAntje VogelGundula Schmid

AutorenWera Röttgering (wr)Gundula Schmid (gs)Sabine Ziegler (sz)

Ihre

Spe

nde

kom

mt

an!

Wie geht’s Denis?

Spendenkonto Herzenswünsche e.V.Sparkasse Münsterland-OstIBAN: DE 45 4005 0150 0000 3700 80SWIFT-BIC: WELADED1 MST

UndercoverRobin interessiert sich brennend für Spionage und geheime Ermittlungen.Während seiner Erkrankung hat er sich intensiv damit beschäftigt. Es istschon erstaunlich, was der Zwölfjährige alles über Agenten und ihre Geheimnisse weiß. Um seinen unglaublichen Wissensdurst zu stillen, kamnur eine Quelle in Frage: der Bundesnachrichtendienst, kurz BND, in Berlin.Aber wie bekommt man einen Zugang zu dieser hohen Behörde? Wer öffnet die „geheimen Türen“? Nach einigem Hin und Her und Dank guterKontakte wurde der Besuch bestätigt und Robin bekam eine Einladung.Gewissenhaft bereitet sich der Junge auf das Treffen mit den Mitarbeiterndes BND vor. In einer Kladde notiert er alle Fragen für seinen wichtigen Recherchetermin. Schon der Start der Wunscherfüllung verläuft spektaku-lär: In einer Limousine mit getönten Scheiben wird Robin vom Hotel abgeholt und „top secret“ in die Berliner BND-Zentrale gefahren. Dort erhält er seinen Besucherausweis samt Foto.

In den kommenden drei Stunden füllen sich die Seiten von Robins Kladde mit den ausführlichen Antworten der Agen-ten. Was da besprochen wurde? Streng geheim! Robin bleibt nach dem Besuch einsilbig, zeigt aber stolz sein BND-Schüleragenten-Diplom. Robin beruft sich – ganz schlau – auf seine Schweigepflicht: „Ich darf leider nichts weitergeben,das habe ich versprochen!“ Ein paar Informationen gibt er dann doch preis: Wer ein richtiger Agent werden will, mussein gutes Abitur, eine Ausbildung bei der Bundeswehr und ein Jurastudium absolvieren und mindestens drei Sprachenperfekt sprechen. Warum? „Na, für die vielen Auslandseinsätze!“ Robin ist jetzt bestens informiert und hat dem BND einweiteres Versprechen gegeben: „Das kriege ich alles hin. Und wenn ich soweit bin, komme ich zu euch nach Berlin!“ (wr)

Unser Vorstand

Wera RöttgeringGundula SchmidUte WiengartenHelmut Foppe

Unser Büroteam

Claudia HangmannMaike LabsRegina ReiffenbergWera RöttgeringKatja Sonnenstuhl

Telefon: 0251 – 20 20 21 24

ImpressumHerausgeber„bärenstark“ ist die Zeitung von Herzenswünsche e.V. – Verein für schwer erkrankte Kinder und JugendlicheNienkamp 66 – 48147 MünsterTelefon: 0251 – 20 20 21 24Telefax: 0251 – 9 87 86 88E-Mail: [email protected]

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Lebensmittel Dank einer großzügigen Spende konnten vorOstern Herzenswünsche-Familien mit prall ge -füllten Lebensmittelkartons versorgt werden.Die Familien sind in der Coronakrise gleichmehrfach belastet: Ihr schwer erkranktes Kindbraucht als „Risikopatient“ einen besonderenSchutz. Zum anderen stehen einige Familienunter einem hohen finanziellen Druck: Wennein Kind schwer erkrankt, stecken Mütter oderVäter beruflich zurück – das Familienbudgetschrumpft. Herzenswünsche-MitarbeiterinKatja Sonnenstuhl und ihre Tochter Sophiesetzten die Aktion tatkräftig um. (sz)

LippenpflegestiftBereits zum zweiten Mal unterstützt FlorianJung, Inhaber der Lipomaidsan CosmeticGmbH, Herzenswünsche e.V.: Er stellte 2.000 Lippenpflegestifte im Herzenswün-sche-Design her und spendete sie. „Da dieKinder durch die trockene Krankenhausluftoder durch Medikamente oft spröde Lippenhaben, sind die Stifte ein nützliches Mit- brin g sel bei den Klinikbesuchen“, erzähltenihm Gundula Schmid und Martina Nusserbei der Übergabe der Lippenpflegestifte. (sz)

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EditorialIch mag HerzenswünscheLippenpflegeSpielzeugflohmarktLebensmittel SozialprojektSchängelMarkt

Corona-Risikogruppe: „Auch ich gehöre dazu“

#gemeinsamNICHTeinsam

Erfüllte Herzenswünsche

Herzenskind

Jetzt die Therapie nichtvernachlässigen

„Das Leben ist die Kunst zulernen, aus Zitrone Limonadezu machen“

Wie geht es Denis?UndercoverImpressum

seit Februar steht die Welt aufdem Kopf. Seitdem fragen wir uns:

Was macht dieses Virus mit „unseren“Kindern und den Familien? Die verspro-

chenen Wünsche können derzeit nicht erfülltwerden, niemand darf eine kleine Reise antreten, alle Parks sind geschlossen, kein Promi steht für ein Treffen zur Verfügung. Es gab in denvergangenen Wochen viele Telefonate, in denen wir eine traurige Nach-richt überbrachten, aber auch Zuversicht zeigten. Unser Motto: Wir sagenkeine Wunscherfüllung ab – wir verschieben sie! So wie wir auch die diesjährige Herzenswünsche-Preisverleihung nachholen werden. Jetztheißt es, Kontakt zu halten und im Gespräch zu bleiben. Und das schaffenwir gut!

Für alle Familien ist diese Situation extrem schwer zu ertragen und wirhoffen sehr, dass uns der kommende Sommer nicht verloren geht. Viel-leicht hat sich die Viruswelle ja schon gelegt, wenn diese „bärenstark“erscheint.

Wir danken allen Spendern und Sponsoren, dass sie uns trotz dieser wirtschaftlichen Krise nicht vergessen haben. Das hilft uns so sehr, denndie Liste unserer Versprechen an die Kinder und Jugendlichen ist inzwi-schen extrem lang.

Bleiben Sie gesund!

Inhalt

Matthias Bongard, Journalist und Moderator

In der Zeit der Corona-Pandemie erhält der bei-spiellose Einsatz der Pflege viel Applaus. Der Be-griff Held oder Heldin fällt oft. Daran ist auchnichts falsch. Was mich aber ärgert ist, dass alldiese Menschen schon immer da waren und sind,ohne ihnen die angemessene Aner kennung aus-zusprechen.

Der Verein Herzenswünsche hat das schon langeerkannt und verleiht seit mittlerweile 10 Jahren

einen „Herzenswünsche-Preis“. Schwer erkrankteKinder und Jugendliche dürfen Personen vorschlagen, die sie bei ihrer

Krankheit begleiten, und bekunden so: „Du bist mein Held“. Ich darf diese Preisverleihungseit Anbeginn moderieren und sie gehört zu meinen liebsten Veranstaltungen überhaupt.Denn es werden immer Menschen geehrt, die üblicherweise keine Preise bekommen,die nicht prominent sind. Für die Kinder und Jugendlichen sind sie viel mehr: lebens-und überlebenswichtig. Und ich kenne keine Preisverleihung, bei der sich die Preisträ-gerinnen und Preisträger genauso freuen wie die Vorschlagenden. In diesem Jahr mussdie feierliche Preisverleihung ausfallen. Schade, wird aber nachgeholt.

SchängelMarktDer Koblenzer SchängelMarkt ist das größteVolks- und Stadtfest im nördlichen Rhein -land -Pfalz. Drei Tage dauert das Stadtfest:Mehr als 100.000 Besucher kommen dann in die Innenstadt und genießen Musik undUnterhaltung. Auch der Kunsthandwerker-markt ist ein Highlight. Seit 27 Jahren sam -meln dort Hildegard Künster und ihre vielenFreunde mit Bastelaktionen für Kinder undmit dem Verkauf von Tombola-Losen Spen -den für Herzenswünsche e.V. (sz)

bärenstark Ich Herzenswünsche

SozialprojektDie GKP Architekten GmbH aus Würzburghat sich mit ihren 22 Mitarbeitern auf Bau -vorhaben im Bereich des Gesundheits- undBildungswesens spezialisiert. In jedem Jahrunterstützt das Unternehmen ein sozialesProjekt. „Das ist uns ein großes Anliegen“betonten Birgit Braunschmidt (l.) undEberhard Kurz bei der Spendenübergabe anAndrea Mager von Herzenswünsche e.V.

(sz)

SpielzeugflohmarktDas war eine ganz neue Erfahrung für dieMädchen und Jungen der AWO Kinder -tages stätte Oranienring in Steinfurt-Borg-horst: Sie durchforsteten ihre Kinderzimmer,trennten sich von Puzzles, Kuscheltieren,Spielzeugautos & Co und verkauften ihrausgedientes, aber gut erhaltenes Spielzeugauf dem Flohmarkt. Und so waren die Kin -der ganz stolz und auch ein wenig auf ge -regt, als sie ihre Spende in Höhe von 160 Euro gaben. (sz)

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India hat eintolles Hobby:

YouTube-Videosproduzieren

und hochladen.

Corona-Risikogruppe: „Auch ich gehöre dazu“

So wie für India. Sie gehört zur Risiko grup -pe, denn sie leidet an einer seltenen gene-tischen Erkrankung, dem COPA-Syndrom.„Meine Ärzte haben mir gleich im Märzempfohlen, dass ich freiwillig in Quarantänegehe. Also habe ich mich in der Schule ab-gemeldet und mich von meinen Freundenverabschiedet. Durch mei ne Erkrankungfunk tioniert meine Lunge nur sehr einge-schränkt. Meine Lungenfunktion liegt bei 30Prozent. Körperliche Belastungen schaffenmich“, erzählt die 18-Jährige.

Während der Quarantäne ist eine stabile In-ternetverbindung für India die „Nabelschnurzur Außenwelt“. Über WhatsApp oder Sky-

pe-Telefonate hält sie den Kontakt zu denFreunden. Aktionen in den sozialen Netz-werken inspirieren sie zu einem eigenenProjekt. „Mein Hobby sind YouTube-Videos.Ich stelle meine kleinen Reise-Trips gerneonline, auch um zu zeigen, dass ich mit mei-ner Sauerstoffflasche und dem Elektro-Rollercoole Sachen machen kann.“ India hat eineIdee: Sie will mit einem Videoclip spielerischzeigen, dass es viele junge Menschen gibt,die zur Corona-Risikogruppe gehören. In nureinem Tag wird aus der Idee ein Drehbuch.India bindet weitere Jugendliche in ihr Pro-jekt ein, die etwa an Multipler Sklerose oderMuskelschwund leiden und die wie sie „der-zeit Schwierigkeiten und Angst“ haben. Sie

alle stellen India einekleine Videosequenz zur Verfügung, in dersie sich virtuell einen Papierflieger zuwerfen.„Diese kleinen Clips habe ich dann in einemVideo zusammengefügt. Der Papierfliegersegelt dabei von einem zum nächsten.“ ImIntro dann Indias Appell: „Bleibt zu Hause,skypt mit euren Freunden, lest ein Buch,geht in den Garten oder auf den Balkon,aber bitte bleibt zu Hause, damit nicht mehrMenschen infiziert werden und alle im Not-fall weiterhin medizinisch versorgt werdenkönnen.“ (sz)

Die Corona-Pandemie verändert die Welt. Solangees keine Therapie und keinen Impfstoff gibt, istder Schutz vor der Infektion der einzige Weg, ge-sund zu bleiben: Abstand halten, zu Hause bleiben,Mundschutz tragen, Hygieneregeln beachten. DerBegriff „Risikopatient“ hat eine neue Bedeutung be-kommen. Wer jetzt allein an ältere Menschen denkt,liegt falsch. Auch für viele jungen Menschen, die ei-ne schwere chronische Erkrankung haben, ist dasCoronavirus eine Gefahr.

Gundula und ihre Tochter Marie werdenaktiv und planen verschiedene Posts undStories auf Instagram – „die Herzenswün-sche-Community ist in den sozialen Mediensehr aktiv. Mit den verschiedenen Aktionenhaben wir unseren Instagram-Kanal weiter-entwickelt und auch neue Follower gewon-nen“, so Marie Schmid. Die 23-Jährige weiß,wie man Inhalte und Themen auf dieserPlattform erfolgreich aufbereitet. „Vom Story -board bis zum fertigen Post dauert esmanchmal viele Stunden. Es braucht nichtnur eine gute Idee, sondern auch Zeit fürdie Realisierung. Die Basteltipps zu Osternmussten in allen Einzelschritten umgesetztund fotografiert werden. Nur so konnten dieKinder sehen, wie eine Zimmergirlande ausOsterhasen entsteht“, erzählt Marie.

#gemeinsamNICHTeinsam findet viele Un-terstützer, die Videos zur Verfügung stellen:Tänzerin Giulie hat coole Dance Moves zumMitmachen, Pilates-Trainerin Yvonne zeigtauf der Matte Übungen für Groß und Kleinund Diana, die sonst in der Hauner’schen

Kinderklinik mit ihrer grünen Gitarre vonZimmer zu Zimmer geht, sorgt nun mitSongs per Video für gute Stimmung. AuchMusikpädagoge Erich stellt ein kleines vir-tuelles Programm für den Instagram-Kanalvon Herzenswünsche e.V. online. Eine Aktiontrifft besonders den Nerv: Malen mit AntjeVogel. Die Künstlerin – aus deren Federauch der Herzenswünsche-Bär stammt –zeigt, wie sie mit einem sehr feinen Pinseleinen Vogel malt, Schritt für Schritt. DerClou: Antje verschenkt die Zeichnung mit einer Widmung. „Die Verlosung kam superan“, erzählt Gundula.

Die Reaktionen auf #gemeinsamNICHTein-sam sind eindeutig: Da werden Likes, Her-zen, klatschende Hände und viel Lob gepos-tet – von den Kindern, den Jugend lichen,den Familien und auch den Schwestern,Pfleger und Ärzte aus den Kliniken gefallendie Herzenswünsche-Posts. „Die Kinder inden Kliniken brauchen weiterhin Zu spruchund Abwechselung. Sie sollen vor allem wis-sen: Wir denken an euch.“ (sz)

Die Kontaktbeschränkun-gen und das Besuchsver-

bot in den Kliniken treffen auchviele Herzenswünsche-Kinder hart.„So traurig es auch ist, die Kindervorerst nicht sehen zu können. Siesind durch das Virus besonders ge -fähr det und müssen vor einer Infek-tion geschützt werden“, sagt Gun-dula Schmid, zweite Vorstandsvor-sitzende von Herzenswünsche e.V. Jetzt also einfach abwarten und sehen wiesich die Pandemie weiterentwickelt? „Für uns kam das nicht in Frage. Wir könnendie Kinder nicht treffen, aber wir können dennoch etwas für sie tun. Unsere Ins-tagram-Aktion gegen die Langeweile unter dem Motto #gemeinsamNICHTeinsamist eine prima Chance, in Kontakt zu bleiben.“

YouTubeInstagram:#gemeinsamNICHTeinsam

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LegolandDer elfjährige Ben besuchte gemeinsam mit seinen Eltern zwei Tage das Legoland Deutschland Resort im bayrischen Günzburg und war begeistert.Ben hatte viel Spaß in den verschiedenen Themenwelten des Parks: Mehr als60 Millionen Legosteine wurden hier für die über 50 Attraktionen verbaut.

Orgelkonzert Kenneth spielt zwanzig Instrumente. Sein absoluter Favorit aberist die Orgel. Im St.-Paulus-Dom in Münster gab er ein kleines Kon-zert auf der imposanten Hauptorgel es klang ganz wunderbar.

Spendenkonto Herzenswünsche e.V.Sparkasse Münsterland-OstIBAN: DE 45 4005 0150 0000 3700 80SWIFT-BIC: WELADED1 MST

BauchrednerSascha Grammel ist Deutschlands bekanntester Puppenspieler undBauchredner. Bei seiner Tour durch die Republik mit dem viertenBühnenprogramm „Fast fertig!“ trafen ihn Julien, Chiara, Sofie, Fabian, Laura, Alina, Leonie, Noah, Luna, Ole, Lotte und Ben. Mitdabei waren seine wunderbaren Puppencharaktere Josie, Frederic,Mieze und Herr Schröder. Sascha erzählte seinen Gästen, wie erzum Bauchreden gekommen ist und erklärte ganz genau, wie einePuppe von innen aussieht. Nach vielen Fotos und Selfies wünsch-ten ihm seine Fans ganz viel Glück für seinen Auftritt.

Kreativ sein Zu einem Kunstworkshop tra-fen sich Sophie, Christina undLuna. Die drei kunstbegeis-terten Mädchen im Alter vonacht bis 15 Jahren interessie-ren sich für Malerei und künst-

lerisches Gestalten. Bei Musik von Katie Melua ließen die Mädchenihren kreativen Ideen freien Lauf. Zu Beginn wurde mit Acrylfarbenüber verschiedene Misch- und Spritztechniken experimentiert. Dannwurden Leinwände, Farben, Stifte, Pinsel und Schwämme ausge-wählt. Schnell war die anfängliche Hemmung vor der weißen Leereüberwunden und die Farben suchten sich ihren Weg auf die Lein-wand.

FlusspferdeSayuri ist ganz verrückt nach Flusspferden. Der Zoo in Hannoverlud sie ein, die beiden Flusspferde Max und Victoria kennenzuler-nen. Sayuri sah, wie die Tiere im Zoo leben und erfuhr von ihrenGewohnheiten. Flusspferde können gar nicht schwimmen, sondernbrauchen zur Fortbewegung Bodenkontakt? Na so was! Und weilFlusspferde Vegetarier sind, fütterte Sayuri sie mit Salat.

Erfüllte Herzenswünsche

Im Kliemannsland Fynn Kliemann – ein erfolgreicher You Tuber, Musiker und Autor – hat in Niedersachsenauf einen Bauernhof das „Kliemannsland“ eta bliert. Hierhin lud Fynn seinen Fan Emilyzu einem Upcycling Projekt ein: In nur zehn Minuten war Emily die beste Schweißerinauf dem Hof! Aus einem defekten Rasenmäher wurde ein cooles Spielgerät und daswird nun fester Bestandteil des geplanten Freizeitparks im Kliemannsland sein.

Alle Texte Sabine Ziegler (sz)

Am SetDonnerstags am frühen Abend hat Luise keine Zeit. Dann sitzt sieauf dem Sofa und schaut die ARD-Vorabendserie „In aller Freund-schaft - die jungen Ärzte“. Und das geht schon seit fünf Jahren so.Denn seit dem Serienstart ist die 15-Jährige ein ganz treuer Fan.Bei ihrem Besuch auf dem Filmgelände der Saxonia in Erfurt ent-puppte sich Luise als echte Kennerin der Serie und durfte alle Re-quisiten im Johannes-Thal-Klinikum benutzen. HauptdarstellerPhillip Danne, der in der Serie den Arzt Ben Ahlbeck spielt, undSchauspielerin Elisa Agbaglah, alias Dr. Emma Jahn, unterhieltensich lange mit ihrem Fan am Set.

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Franka malt. IhreSchwester Marlenehat ihr gezeigt,wie es geht.

„Es geht Franka wahnsinnig gut. Uns allengeht es gut“, sagt Mutter Carolin, deren Op-timismus schier unerschöpflich ist. Ihre Herz-lichkeit ist ihr auch in der belastenden Zeitin der Klinik nicht abhandengekommen –trotz der Krisen, die es dort gab: Franka er-leidet mehrere Schlaganfälle und wird mehr-mals reanimiert. Jetzt, mit dem neuen Herzenentwickelt sich das Mädchen rasant. „Siemacht tolle Fortschritte. Das sind echte Ent-wicklungsschübe“, sagt Carolin glücklich. Dieregelmäßigen Nachsorgetermine beim Kinder-kardiologen sind wichtig. Blutentnahmen, La-borbefunde, Herzultraschall – aktuell läuft al-les perfekt, auch, wenn die Nebenwir kun gender vielen Medikamente die kleine Patientinmanches Mal plagen. „Aber auch dafür wirdes Lösungen geben“, ist sich Carolin sicher.

Kraft tankenIm Rückblick auf die lange Zeit in der Klinikbetont Carolin den intensiven Zusammenhaltder Mütter und die Freundschaft der herz-

kranken Kinder. Franka und Daniel sind ein„Dreamteam“. „Es entstand unter uns eine be-sondere Gemeinschaft und Nähe. Der Aus-tausch war so hilfreich. Aber auch die kleinenAuszeiten, die uns der Verein Her zens wün -sche ermöglichte: Mit allen Mamis Essen oderins Theater gehen, eine Wellnessbehandlunggenießen oder einen schönen Ausflug mitmeinen beiden Großen machen. In diesen er-holsamen Situationen, die sich wie ein kleinerUrlaub anfühlten, konnte ich Kraft tanken.Das waren echte Lichtblicke.“ (sz)

Daniel wartet seit November 2018 in der Kli-nik auf ein neues Herz. Seine Mutter Dianaschreibt im Facebook-Blog Herzbube Danielüber ihren Sohn: „Wir geben nicht auf.“ Unzählige Spazier gänge haben Daniel (li)und Franka (re) mit ihren Müttern über dieStationsflure gemacht. Die externe Herzma-schine ist immer dabei. Mittlerweile hat dasvoluminöse Gerät eine bessere Akkuleistung,so dass der Aktionsradius größer ist. Jetztsind auch Begegnungen mit den Tieren vonMonis Tierfarm im Klinikgarten möglich. DasZDF berichtete im April inder Film-Doku 37 Gradüber die beiden Kinder. Inder ZDF-Mediathek istder Beitrag noch eineWeile abrufbar.

Herzenskind

Bei einer Bootstourauf dem StarnbergerSee hatten Carolin,Marlene und Juliuseine unbeschwerteZeit.

Wann immer Monis Tierfarm in den Klinikgarten kommt – Daniel ist begeistert

September 2019: Endlich kommt die rettendeNachricht, auf die Franka, ihre Eltern Carolin und Frank und ihre älteren Geschwis-ter Julius und Marlene im Münchner Klinikum Großhadern seit 16 Monaten sehn-süchtig warten – es gibt ein passendes Spenderherz. Die externe Maschine, dasKunstherz, die Franka so lange am Leben erhalten hat, kann abgestellt werden.Bereits zwölf Tage nach der Organtransplantation geht es der Zweieinhalbjährigenso gut, dass sie nach Hause entlassen wird.

Herr Dr. Debus, wie konnten Sie in den vergangenen Wochen Ihre Muko-Patienten betreuen?Eigentlich kommen die Kinder mindestenseinmal im Quartal in unsere Ambulanz, ab-hängig vom Alter und Schweregrad der Er-krankung auch öfter. Diese engmaschigenKontrolltermine sind wichtig. Die Kinder wer-den körperlich untersucht, das Gewicht kon-trolliert, Lungenfunktionsprüfungen gemachtund die Besiedlung der Atemwege mit Bak-terien erfasst. Mit den Familien oder Patien-ten wird bei den Vorstellungsterminen dannauch die weitere Therapie besprochen.

Die Therapie bei Mukoviszidose istkomplex und besteht aus vielen Bausteinen.Zur Behandlung der Lunge sind insbe son -dere Inhalationstherapien, Physiotherapieund Sport wichtig, häufig müssen auch An-tibiotika eingesetzt werden. Ein gutes Kör-pergewicht ist wichtig, dazu muss eine guteErnährungstherapie einschließlich der Ein-nahme von Verdauungsenzymen und Vita-minen durchgeführt werden.

Seit den letzten Wochen bestehen beiFamilien und Patienten Unsicherheiten undÄngste vor einer Ansteckung mit dem Coro-navirus. Viele unserer Patienten bleibenlieber daheim und meiden Kontakte. Ein Teilder Termine wird zurzeit von Seiten der Pa-tienten, aber auch von unserer Seite abge-sagt, wenn die Krankheitssituation dies ausunserer Sicht erlaubt. Wir nehmen dann denKontakt zu den Familien am Telefon auf, be-sprechen die Situation und beraten sie. Wirbitten dann die Hausärzte, uns bei den Kon-trollen zu unterstützen, etwa durch Blutent-nahmen, Untersuchung der Atemwege aufBakterien oder Gewichtskontrollen. Dies istvorübergehend eine vertretbare Strategie,obwohl ich als Arzt meine chronisch krankenPatienten lieber regelmäßig persönlich sehe.

Die kränkeren Patienten kommen abernach wie vor zu uns in die Sprechstunde,weil wir den persönlichen Kontakt und auchdie Lungenfunktionsprüfungen benötigen.Die Termine finden selbstverständlich unter

entsprechendenHygienemaßnah-men statt.

Wichtig istauch in diesenZeiten, dass diePatienten an-gemessen wei-terbetreutwerden unddass die Therapienicht vernachlässigt wird.

Immer wiederkehrende oder dauerhafteEntzündungen der Bronchien und Lun-genentzündungen charakterisieren dieKrankheit. Ist das Coronavirus für Muko-Patienten daher eine besondere Gefahr?Der zähe Schleim in den Atemwegen be-günstigt wiederholte und chronische Infek-tionen mit verschiedenen Keimen und Bakte -rien. Dies führt dann zu einer langsam vor -an schreitenden Verschlechterung der Lun-genfunktion und zu einem dauerhaftenUm bau der Lunge. Auch Infekte durch Virenkönnen insbesondere bei stärker ge -schädigter Lunge zu Problemen führen, sodass der Husten ohne Antibiotika nicht ver-schwindet.

Zum Coronavirus werden zurzeit welt-weit Daten gesammelt, um verlässlicheremedizinische Aussagen für das Risiko vonMukoviszidose-Patienten machen zu können.Dabei scheint die Erkrankung insbesonderebei Kindern mit Mukoviszidose relativ mildezu verlaufen. Dies ist vermutlich aber auchvon der Schädigung der Lunge abhängig.Das Risiko für Lungentransplantierte schätzenwir deutlich höher ein, diese Patienten müs-sen Medikamente einnehmen, die das Im-munsystem stark herunterfahren.

Bislang mussten wir keinen Muko-Pa-tienten stationär in unserer Klinik wegen CO-VID-19 behandeln und wir wissen bei unse-ren Patienten nur von einer Erwachsenen,die mit wenig Symptomen die Erkrankungdurchgemacht hat. Wie viele Patienten ohne

oder kaum merkliche Symp-tome hatten, ist – wie in der gesunden Be-völkerung – unklar und muss erst noch un-tersucht werden. In jedem Fall ist es in deraktuellen Phase der Corona-Pandemie richtigund wichtig, sich besonders umsichtig zuverhalten und sich gut zu schützen.

Mukoviszidose/Cystische Fibrose (CF) Ziel der aufwendigen Therapie ist es,Bronchien und Lunge vom zähen Sekretzu befreien, der zu einer chronischen Ent-zündung und einem dauerhaften Umbauder Lunge führt. Dank verbesserter Thera-pien steigt die Lebenserwartung der Be-troffenen kontinuierlich. Seit 1995 ermög-licht Herzenswünsche e.V. den betroffe-nen Kindern und Jugendlichen den Auf-enthalt an der Südostküste von Gran Ca-naria. Die Insel ist mit ihrem warmen,trockenen Klima ein phantastischer „Kur-ort“. Hier blühen die Kinder regelrecht auf,nehmen an Körpergewicht zu, sind aktivund atmen endlich frei. Das Konzept ent-wickelte der Verein mit Ärzten und Thera-peuten – unterstützt von Mukoviszidosee.V./ Bonn.

Die Therapie nicht vernachlässigen

Herzenswünsche e. V. engagiert sichseit vielen Jahren in Zusammenarbeit mitdem Universitätsklinikum Münster, derCharité und dem Herzzentrum Berlin da-für, der Organspende mehr Aufmerksam-keit zu verschaffen. Eine Informationsbro-schüre samt Organspendeausweis kannkostenlos – auch in größerer Menge zumBeispiel für Informationsveranstaltungenoder zur Auslage in Geschäften und Ein-richtungen angefordert werden.

Bobbycar fahren?Vor einem Jahr noch

unvorstellbar, jetzteine wunderbare

Normalität.

Mukoviszidose – auch Cystische Fibrose (CF) genannt – ist eine genetisch be-dingte Stoffwechselerkrankung, die zu einer Verschleimung zahlreicher Körper-drüsen führt. Besonders die Lunge, die Bauchspeicheldrüse und die Leber sindvon dieser Erkrankung betroffen und werden irreparabel geschädigt. In Deutsch-land leben rund 8.000 Menschen mit der unheilbaren Krankheit. PrivatdozentDr. Otfried Debus ist Chefarzt der Klinik für Kinder- undJugendmedizin im Clemenshospital Münster. Die Behand-lung von Kindern mit Mukoviszidose ist seit 35 Jahrenein Spezialgebiet der Klinik.

Dr. Otfried Debus, Chefarzt der Klinikfür Kinder- undJugendmedizin im ClemenshospitalMünster

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Als Lukas die Baseballkappe geklaut wird,ist er stinksauer. Sie bedeutet ihm viel. Der16-Jährige lebt im Elisabethstift. Er sprichtmit Heimleiter Helmut Wegner über seinenVerlust. Der sagt ihm Hilfe zu, recherchiert,sucht nach der Kappe und lässt dabei nichtlocker. Erfolgreich ist er mit seinen Bemü-hungen leider nicht. Die Kappe bleibt ver-schwunden. Lukas ist immer noch wütend,aber auch beeindruckt vom Einsatz desHeimleiters. „Nur, wenn ich Wort halte, binich glaubwürdig. Lukas hat eine wichtigeErfahrung gemacht: Jemand nimmt michernst und hilft mir“, erklärt Helmut Weg-ner.

Zum Team des Elisabethstifts gehörenErzieher, Lehrer, Therapeuten, Psychologen,aber auch Mitarbeiter in der Wäscherei, derKüche oder im Hausdienst. Sie alle helfenden Kindern auf ihrem Weg in ein neuesLeben, das nicht mehr von Gewalt, Miss-

brauch, Verwahrlosung und Vernachlässi-gung bestimmt ist. „Viele Kinder kommenaus sehr schwierigen familiären Verhältnis-sen. Wir sehen unsere Aufgabe darin, Kin -der fit für‘s Leben zu machen.“

Existentielle PädagogikIm ländlich-idyllischen Reinickendorf imNorden Berlins, hat das Elisabethstift seinenStammsitz. Mit dem Waisenhaus einer Pas-torenwitwe hat 1903 alles begonnen. Aufdem gut einen Hektar großen Grundstückstehen zwölf Gebäude. Hier leben 80Kinder und Jugendliche, hier gehen sieauch zur Schule. „Es ist ein kleines Dorf,aber keine Insel“, sagt Helmut Wegner. Anden an deren neun Standorten des Elisa -beth stifts in Berlin leben weitere 135 „Ju-gendhilfekinder“.

Was braucht ein Kind, damit es sichentwickeln kann? Das ist die zentrale Frage

der „existentiellenPädagogik“ im Elisabethstift. „Unsere Päda-gogik ist keine Methode oder ein Rezept,die uns bestimmte Handlungen vorschreibt,sondern eine Haltung. Wir bieten Raum,Schutz und Halt“, erklärt Helmut Wegner.Eine Kriseninterventionsgruppe im Elisa-bethstift nimmt Tag und Nacht ein Kindauf, das als „Kinderschutzfall“ von der Po-lizei oder auch der Feuerwehr, etwa nacheinem Rettungseinsatz, gebracht wird. Diesgilt für alle Altersgruppen. „Inobhutnahme“oder „Krisenintervention“ nennt es das Ge-setz. Zuerst geht es schlicht um den Schutzvon Leib und Leben, danach vor allem umden Schutz der Seele.

Worte dürfen nicht verletzenDie unbedingte Wertschätzung des Einzel-nen prägt das Menschenbild im Elisabeth-stift. „Die Kinder brauchen kein Mit leid, ihre

Eine unbeschwerte und fröhliche Kindheit? Es gibt viele Familien, indenen die Realität leider anders aussieht. Im Elisabethstift in Berlinerhalten diese Kinder ein neues Zuhause und eine Zukunftschance.

Geschichte macht sienicht aus. Sie sollenals Person gesehen

werden und die Chance bekommen, sichzu entwickeln. Jeder Mensch ist wertvoll“, erklärt Helmut Wegner. Sein Credo: „Das Leben ist die Kunst zu lernen, aus ZitroneLimonade zu machen.“ Therapiesitzungengehören zum Alltag der meisten Kinder, umseelische Belastungen und Traumata zuüberwinden. Viele Kinder haben neben derGewalt verbale Demütigungen erlebt. „Wirglauben, dass Sprache Wirklichkeit schafftund deshalb gehen wir sorgsam mit Wor -ten um“, so Wegner. „Kritik gilt dem Verhal-ten, nicht dem Menschen an sich. Niemandist per se böse. Das gilt auch für unsereminderjährigen Intensivstraftäter.“

Helmut Wegner kam 1997 ins Elisa-bethstift und nahm sich vor, zehn Jahre zubleiben. Daraus wurde nichts. Er ist zum

Glück immer noch da und das „mit ganzenHerzen.“ Seine Schützlinge ver lassen in derRegel mit der Volljährigkeit das Elisabeth-stift. Dann endet die Jugendhilfe unddamit auch der Aufenthalt in einer derWohngruppen im Elisabethstift.

„Auf diesen Abschied bereiten wir dieJugendlichen intensiv vor. Wir nennen die-sen dreijährigen Prozess `Verselbstständi-gung’. Dabei trainieren wir Alltagskompe-tenzen. Selbstständiges und eigenverant-wortliches Handeln sind unser Ziel, damitdie Jugendlichen draußen nicht scheitern“,sagt Helmut Wegner.

Der Kontakt reißt selten ab: Viele Eli-sabetstift-Kinder sind dort als Erwachseneehrenamtlich aktiv oder treffen sich regel-mäßig mit anderen Ehemaligen. „Der Sa-men, den wir in die Herzen pflanzen, gehtmeistens auf.“ (sz)

InfoHerzenswünsche e.V. unterstützt das Eli-sabethstift seit vielen Jahren, etwa beider tiergestützten Therapie oder auchbeim Bau des neuen Oberschulgebäu-des, das nun endlich nach vielen Jahrender Planung und der Spendenakquisefertiggestellt wurde. Die Unterrichts -inhalte wer den mit innovativen Unter -richts for men und -methoden umgesetzt.Ein Schwerpunkt: soziale Kompetenzenund der Persönlichkeitsentwicklung för-dern.

Sie wollen das Elisabethstift unterstützen?Berliner SparkasseIBAN: DE82 1005 0000 2040 003250

Helmut Wegner

„Das Leben ist die Kunst zu lernen, aus Zitrone Limonade zu machen“

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