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Magazin für Essen, Wein und Reisen www.foodsfromspain.com Mai-August 2012. 6 E 62 Wie Spanien frühstückt. Eine Reise Reis. Vielseitig und lecker DOCa Priorat. Mosaik der Natur DO Rueda. Den besten Verdejo-Weinen auf der Spur

Spain Gourmetour No. 62 (German)

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Spain Gourmetour No. 62 (German)

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Magazin für Essen, Wein und Reisen

www.foodsfromspain.com

Mai-August2012. 6 E

62

Wie Spanien frühstückt. Eine Reise

Reis. Vielseitig und lecker

DOCa Priorat. Mosaik der Natur

DO Rueda. Den besten Verdejo-Weinen auf der Spur

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ChefredakteurinCathy Boirac

KoordinationAlmudena Martín RuedaAlmudena Muyo

FotoarchivMabel Manso

RedaktionssekretärinÁngela Castilla

Art Direction und DesignManuel Estrada Design

Adaption LayoutChema Bermejo

KartenmaterialJavier Belloso

FotomontageRastercolor

DruckArtes Gráficas Palermo

[email protected]

D.L.: M-28479-1989ISSN: 0214-2937NIPO: 726-12-009-0

TitelseiteToya Legido/©ICEX

HerausgeberICEXSecretaría de Estado de Turismoy Comercio, Ministerio deEconomía y Competitividad.www.icex.es

EDIT

OR

Information und Abonnements:Spain Gourmetour wird vom SpanischenInstitut für Außenhandel (ICEX)herausgegeben, das demStaatssekretariat für Tourismus undHandel untergeordnet ist. SpainGourmetour erscheint dreimal jährlich inEnglisch, Französisch, Deutsch undSpanisch und wird ausschließlich undkostenlos an Fachleute des Sektorsversandt. Für weitere Informationenwenden Sie sich bitte an die SpanischenWirtschafts- und Handelsabteilungen derspanischen Botschaften. (SieheAufstellung auf Seite 90).

Das Spanische Außenhandelsinstitut(ICEX) stimmt nicht notwendigerweise mitden von den Autoren vertretenenpersönlichen Meinungen überein undkann daher nicht für Irrtümer oderAnsichten haftbar gemacht werden.

Neue Zeiten, neue Strategien … Und bei Spain Gourmetour dürfen und wollen wir denAnschluss nicht verpassen. Nach 26 Jahren Druckausgabe unserer Zeitschrift wollen wirmit den neuen Zeiten Schritt halten und setzen uns nun mit ganzer Kraft dafür ein, mitunseren Lesern flexibler, schneller und umfassender zu kommunizieren: über dasInternet, in unserem Portal www.foodsfromspain.com, (Seite 4).In dieser letzten gedruckten Ausgabe konzentrieren wir uns auf Produkte, die sich durchihre Ursprünglichkeit und Traditionsgebundenheit auszeichnen, Produkte wie Brot oderReis, die sich dennoch erneuert haben, um Sie, unsere Leser in allen Winkeln der Welt,zu verführen. Damit vollziehen wir den Übergang von der Gegenwart zur Zukunft, zumehr inhaltlicher Dynamik, für die das Portal www.foodsfromspain.com steht, von demwir uns versprechen, nicht nur für unsere treuen Leser attraktiv zu bleiben, sondernauch dank der modernen Technologie ein größeres Publikum anzusprechen.Ausführliche Reportagen über Erzeugnisse und Köche, Aktuelles, Führer zu spanischerGastronomie in aller Welt und Informationen über Spanien werden Ihnen vertiefteKenntnisse über die spanische Gastro-Kultur vermitteln und Ihren Besuch nochlohnenswerter machen. Ein komplettes Menü zum Genießen, nur einen Mausklickentfernt, mit dem wir Ihren Wissenshunger zu stillen gedenken.Stoßen wir auf die Zukunft an, zum Beispiel mit einem authentischen Verdejo-Wein odereinem tiefgründigen Roten aus dem Priorat. Seien Sie herzlich willkommen in unseremPortal! Mehr denn je hoffen wir auf Ihre Kommentare und Ihre Mitarbeit, umwww.foodfromspain.com zu bereichern – ein Tool für Sie und uns gleichermaßen.

Spain [email protected]@icex.es

AuszeichnungenGold Ladle in der Kategorie BestFood Magazine, verliehen von LeCordon Bleu bei den World FoodMedia Awards 2010.

Medienpreis „Beste journalistischeArbeit“ von Alimentos de España -2006, Ministerium für Umweltschutzund ländliche und maritime Umwelt.

Preis „Marqués de Busianos“der Königlichen SpanischenGastronomie-Akademie, 2002.

Preis „La Gula y Bachiller en Fogones– 1998“ von El Nuevo Lunes, einerwöchentlichen Wirtschaftszeitung.

Designpreis der AEPD (SpanischerDesignerfachverband),1995.

Pressepreis von Alimentos deEspaña, 1990, Ministerium fürUmweltschutz und ländliche undmaritime Umwelt.

Gastronomie-Sonderpreis derFeinschmeckervereinigung BuenaMesa und der SpanischenGastronomie-Akademie, 1988.

Gedruckt auf PEFC-zertifiziertem Papier zurFörderung eines nachhaltigenWaldmanagements

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2 MAI-AUGUST 2012 SPAIN GOURMETOUR

INHA

LT SPAIN GOURMETOUR Mai-August 2012 Nr. 62

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MAI-AUGUST 2012 SPAIN GOURMETOUR 3

HauptgangReis. Vielseitig und lecker .........42Rezepte.............................52

Brot, eine Delikatesse........58Rezepte.............................68

EinblickeJosé Luis Ungidos. Julio Restaurant ................72

FirmenporträtSalinas de Fuencaliente. Der salzige Schatz der Kanaren......................80

FinaleMachen Sie eine spanische Pause! Rodolfo Gerschman berichtet aus Mexiko-Stadt ..............84

RubrikenBleibende Eindrücke.........86Inserenten.........................88Spain Info.........................90Exporteure........................92Bildnachweis ....................94

Editor ................................1

www.foodsfromspain.comSchmackhaftes auf einen“Klick” ...............................4

TitelWie Spanien frühstückt. Eine Reise ..........................8

WeinDOCa Priorat. Mosaik der Natur................................20

DO Rueda. Den besten Verdejo-Weinen auf der Spur ...........................32

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Sieben Jahre sind vergangen, seit die di-gitale Ausgabe von Spain Gourmetouraus der Taufe gehoben wurde. Diese derWerbung für spanische Nahrungsmittelauf den Auslandsmärkten gewidmeteVeröffentlichung war ein erstes Fenster,das sich zum großen Schaufenster In-ternet öffnete. Im Lauf der Zeit habensich die Möglichkeiten, die das Internetbietet, so vervielfacht, dass sich im Ver-ständnis der Online-Kommunikationeine regelrechte Revolution abgespielthat. Und diese hat schließlich Konzeptewie das Web 2.0 hervorgebracht, dieauf der Beteiligung des Benutzers undeinem schnellen und wirksamen Infor-mationsaustausch basieren.Im Bewusstsein der Durchschlagskraft,die das Internet als Kommunikations-und Promotiontool besitzt, ist 2011der Beginn einer neuen Etappe aufwww.foodsfromspain.com. Nach fastdrei Jahren harter Arbeit entsteht eineneue Kommunikationsplattform, diemit dieser Zeitschrift die Zielsetzungenund Anforderungen teilt: Mit seriösaufgearbeiteten, auf ihre Richtigkeitüberprüften und konstant auf denneuesten Stand gebrachten Informatio-nen sowie einem mehr als ansprechen-den Design dafür zu sorgen, dass sichherumspricht, wie reichhaltig und viel-

fältig die spanischen Nahrungsmittelsind.Die Kreativität und die grafische Ge-staltung des neuen ICEX-Portals überspanische Gastronomie sind zwei sei-ner Erkennungsmerkmale. Ein fri-sches, klares Design und eine Auswahlvon Bildern, Videos und Illustrationen,die das geschmackliche und aromati-sche Spektrum der spanischen Lebens-mittel und Gastronomie widerspiegeln.Um mehr darüber zu erfahren, kannder Nutzer zugreifen auf Reportagen,detaillierte Faktenblätter mit sämtli-chen Merkmalen der in Spanien ange-bauten und verarbeiteten Erzeugnisse,Interviews mit namhaften Vertreternder spanischen Avantgarde-Küche, tra-ditionelle Rezepte und Spitzenkoch-Rezepte, gastronomische Routen durchdas ganze Land und Ideen, wo mandiese Produkte in Spanien oder imAusland kaufen und kosten kann.Obgleich sich das neue Portal überspanische Gastronomie primär an einFachpublikum richtet (wie etwa Im-porteure, Köche, Handelsvertreter,Kochschulen und Medien), macht esuns das Internet als Medium möglich,User und Gastronomiefans aller Artanzusprechen.Das Portal wird seinen Besuchern

Sparten mit unterschiedlichen und oft-mals miteinander in Verbindung ste-henden Inhalten bieten. Auf der Leit-seite, der Homepage, werden Schlag-zeilen verschiedener Subsites präsen-tiert, und es gibt dort auch Shortcutszu aktuellen News, Blogs, digitalen Be-gegnungen und einem Kalender (foodcalendar) mit allen Events, die mit derspanischen Gastronomie zu tun habenund im Laufe des Jahres sowohl inSpanien als auch anderswo in der Weltveranstaltet werden.Das Rückgrat des Gastronomieportalswird die Rubrik Products & Recipessein. Sie soll detaillierte Faktenblätterüber die wichtigsten Produkte im spa-nischen Lebensmittelangebot enthal-ten, darunter auch alle Erzeugnisse,die ein Qualitätssiegel tragen, für dasdie Europäische Union garantiert: ge-schützte Ursprungsbezeichnung (g.U.),geschützte geografische Angabe(g.g.A.) und garantiert traditionelleSpezialität (g.t.S.).Als Ergänzung zu diesem vor Qualitätund Geschmack nur so strotzendenEinkaufskorb mit Produkten wird eseine Rezeptesammlung geben, in dertraditionelle, überlieferte Rezepte ausallen Regionen Spaniens kombiniertwerden mit Tapas-Rezepten und auch

Ein reichhaltiges Menü mit unzähligen Gerichten, erlesenen Zutaten, üppigenDesserts und sonstigen Genüssen: News, Reportagen, Gastronomie-Tipps, Event-Kalender, Blogs, Videos... Im März hat das ICEX (Spanisches Außenhandelsinstitut)das neue Webportal über spanische Gastronomie (www.foodsfromspain.com)lanciert, das dem Nutzer ein vollständiges, stets aktualisiertes Informationsangebotüber spanische Lebensmittel zur Verfügung stellt. Sozusagen eine Online-Degustation von kulinarischem Wissen!

www.foodsfromspain.com

TextRodrigo García Fernández/©ICEX

ÜbersetzungSusanne Kramer/©ICEX

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neuartigen Kreationen, die von renom-mierten spanischen Köchen stammenund die Entwicklung der Avantgarde-Küche in den letzten Jahren veran-schaulichen.

Tipps, Ratschläge…Wo liegt Spanien? Wie viele Regionenhat es? Antworten auf diese und vieleandere Fragen findet man in der Ru-brik Spain & Regions, wo dem Benutzerdas Land auf einfache und unterhaltsa-me Art nähergebracht wird: Wirt-schaftsdaten, Infos zu Gesellschaft undKultur und alles, was man über die Re-gionalküchen wissen muss.Die Sparte Doing Business wird eine lei-stungsstarke Informationsquelle fürUser mit kommerziellem Profil sein.Ein Kalender mit den wichtigsten Nah-rungsmittelmessen, bei denen manKontakte zu spanischen Firmen an-knüpfen kann, eine vollständige Listeder Rechtsvorschriften zu Produktionund Vermarktung von Lebensmittelnaus Spanien, Verzeichnisse spanischerUnternehmen aus der Branche, Kon-taktdaten aller spanischen Handels-büros in der Welt sowie Statistikenzum Außenhandel Spaniens mit Er-zeugnissen der Nahrungs- und Land-wirtschaft sind die wichtigsten Inhalte.Wer den bekanntesten spanischenKöchen nacheifern möchte, wird Chefs& Training zu einer seiner Lieblingsru-

briken erklären. Dort findet man künf-tig biografische Profile von mehr alshundert spanischen Starköchen sowieerläuternde Videos über die in ihrenRestaurants eingesetzten Kochtechni-ken, ob traditionell oder avantgardi-stisch. Der Nutzer wird außerdem dieMöglichkeit haben, in seinen persönli-chen Terminkalender einzutragen,wann und wo die maßgeblichen Ga-stronomiekongresse stattfinden.

…undÜberraschungenPlanen Sie eine kulinarische Reisedurch Spanien? Möchten Sie wissen,wo Sie bei einem Besuch in San Seba-stián oder Sevilla essen gehen können?Leben Sie in New York oder in Mel-bourne und suchen Sie nach Adressen,wo Sie spanische Speisen geboten be-kommen oder Zutaten für ein Tapas-Abendessen zu Hause kaufen können?Shop, Travel & Dine wird Ihnen dabeihelfen, Ihre Pläne perfekt umzusetzen.Kulinarische Routen, Informationenüber Restaurants, Lebensmittelgeschäf-te, Museen und gastronomische Festein allen Winkeln Spaniens und vielesmehr: beispielsweise Touren „mit Ge-schmack nach Spanien“ durch diewichtigsten Städte der Welt und zahl-reiche Tipps für Lokale in über 20Ländern, wo man spanische Gerichteund Produkte probieren kann.

Eine große Kiste voll mit Inhalten überSpanien und seine Gastronomie bildetdie Foodpedia, eine kleine Groß-Enzy-klopädie mit Reportagen-Archiv, einemWho’s Who mit den relevantesten Per-sönlichkeiten der spanischen Gastro-Szene, Videos, Infografiken, einemganzen Regal mit Buchrezensionen, einem gastronomischen Glossar u.v.m.Schon bald kommt auch ein Archivder gedruckten Ausgabe von Spain Gourmetour hinzu.Hinter all diesen Inhalten stecken Men-schen, die sich ihrer Arbeit und den Zie-len des Gastronomie-Portals verpflichtetfühlen. Zusätzlich zu einem Koordinati-ons- und Redaktionsteam in Madrid ver-fügen wir über ein Netz freier Mitarbeiterund Korrespondenten in verschiedenenspanischen Städten sowie in den wichtig-sten Exportmärkten der spanischen Er-zeugnisse, dank dem wir dem Portalnut-zer vermitteln können, was sich in Sa-chen spanische Erzeugnisse und Gastro-nomie in aller Welt gerade tut.Es handelt sich um ein ehrgeiziges Pio-nierprojekt, das zahlreiche Überra-schungen bereithält. Folgen Sie in die-sem kulinarischen Spanien unserer Spuraus Brotkrumen mit Ihrer Maus! Wohlbekomm’s!

Rodrigo García Fernández ist Journalistund gehört zum Herausgeberteam vonwww.foodsfromspain.com.

„KLICK“W

EBSchmackhaftes auf einen

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8 MAI-AUGUST 2012 SPAIN GOURMETOUR

WIE SPANIENSpanien begrüßt die Sonne inMahón, Menorca (im Mittelmeervor der Ostküste der IberischenHalbinsel), und verabschiedet sie am Ende des Tages am Kap Finisterre in Galicien(Nordwestspanien). Vom frühen

Eine Reise

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FRÜHSTÜCKTMorgen bis spät in die Nacht bietet die Landesküche zahlreicheSpezialitäten, deren Geschmack,Textur und Aroma die Traditionen,die Kultur und die aktuellen Trends der einzelnen Regionen,kurz: die spanischenEssgewohnheiten, widerspiegeln.

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TEXTSARA CUCALA/©ICEX

ÜBERSETZUNGSUSANNE KRAMER/©ICEX

FOTOSTOYA LEGIDO/©ICEX

KULINARISCHES

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Spanien ist ein Land mit Obst- undGemüsegärten, Meer und Bergen, unddas Geheimnis der hier erzeugten Le-bensmittel ist ihre Qualität. Sie schmecktman zu jeder Tageszeit heraus, doch amMorgen ist sie Perfektion in Reinformund füllt den noch jungfräulichen, ersterwachenden Gaumen mit unzähligenNuancen, die in den restlichen, bereitsvorbelasteten Stunden des Tages nurnoch schwer wahrzunehmen sind.Frühstücken ist etwas Himmlisches, derGenuss der Genüsse. ein besonders lust-betonter Moment des Tages. Man ist ge-rade aus den Federn gekrochen undmöchte nach dem nächtlichen Fastenden Hunger von Körper und Seele miteinem Getränk und einem ordentlichenSchmaus stillen.In der Küche des Tagesanfangs kommt al-les unverblümt daher. Keine Saucen ver-tuschen kleine Makel, noch macht Sahnefade Gerichte einfach nur fetter; die Spei-sen werden auf dem Teller kaum je nachmodernen Designregeln arrangiert, undbislang gibt es zumindest keine Sphärifi-zierungen noch sonstige neue Technikenzur Innovation des Frühstücks. Das ist so,weil wir uns zu dieser Tageszeit noch denSchlaf aus den Augen reiben und nur Re-elles imstande ist, uns wirklich wach zumachen. Man frühstückt das, was mansieht: Kaffee oder Tee, dazu etwas Süßesoder Salziges. Überdies ist das Frühstück

die einzige Mahlzeit des Tages mit fest-en Gewohnheiten. Wer wäre schon be-reit, immer das gleiche zu essen? Werwürde sich damit begnügen, jeden Tagdie gleichen Gerichte aufgetischt zu be-kommen, ohne jegliche Abwandlung?Nur das Frühstück flüchtet sich in dieGleichförmigkeit. Es ist die Ausnahme.Jeden Morgen das gleiche Lied: einheißer Kaffee mit einer Kleinigkeit zuessen, um nach den Stunden ohne Nah-rungsaufnahme etwas in den Magen zubekommen.Es stimmt, dass die Spanier heute vorallem in städtischen Gebieten anWerktagen gleich nach dem Aufstehenin Eile sind, schnell eine Tasse Kaffeeherunterkippen und, wenn noch Zeitist, eine Scheibe Toastbrot mit Olivenöloder etwas Süßes in Form von kleinenKüchlein oder Madeleines zu sich neh-men. Man lässt ein paar Stunden ver-streichen, gerade so lang, bis man amArbeitsplatz ankommt, die Augen rich-tig aufbekommt und sich bewusstwird, dass man Hunger hat – dann istes Zeit für einen Imbiss. Es ist etwa 11Uhr, jetzt trinkt man den zweiten Kaf-fee des Tages, und diesmal gibt es dazueinen salzigen Happen, beispielsweiseein Stückchen Kartoffelomelett, ein ge-toastetes Sandwich mit Käse undSchinken oder aber churros (Ölkringel)bzw. porras (längliches Ölgebäck), die

man in den Kaffee tunkt.Doch die morgendliche Küche wirdimmer gepflegter: Man achtet mehrdarauf, bei Tagesanbruch etwas Guteszu essen, die gewohnten Happen wer-den abgewandelt, Saisonobst darf nichtfehlen, und es werden richtige Menüsfür das Wochenende zusammenge-stellt, um einen Brunch zu zelebrieren,bei dem man sich so richtig satt essenund der Philosophie der Slow-Food-Bewegung (Spain Gourmetour Nr. 59)huldigen kann. So nimmt man sich anarbeitsfreien Tagen ausgiebig Zeit fürdie Lektüre der Tagespresse, währendman eine kalorienreiche, vielgängigeMahlzeit verspeist, die man nach einerWoche Berufsarbeit wohl verdient hat.

Was frühstückt manin Spanien? Von Nord nach Süd, von Ost nachWest, vom Landesinneren an die Kü-ste: in Spanien frühstückt man je nachRegion sehr unterschiedlich. Das kräftige Frühstück der Bauern oder Fischer, die sich mit vielen Kalorienstärken müssen, hat nichts mit demFrühstück in den großen Städten zutun. Die Kost ist je nach geografischerLage, Zeitpunkt und nach Beruf eineandere. Doch es gibt einen Frühstücks-trend, der sich in ganz immer mehr

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nen Schweinefleischstücken, gewürztmit Salz, Paprikapulver und schwarzemPfeffer, die man auf Röstbrot streicht.Ein paar Minuten später begegnet dieaufgehende Sonne in Katalonien dembereits genannten pantumaca, zu demes an einigen Stellen, wie etwa an derCosta Brava, statt Ibérico-SchinkenSardellen gibt. Kurioserweise wird inKatalonien sogar die Mittelgräte derSardelle zur Delikatesse: Kurz in Milchgetaucht und gebraten ist das Ergebnisein leckerer Snack, der nach Mittel-meer schmeckt.In Murcia hat man beim Aufstehensüßere Gelüste. Wie in diesem Obst-und Gemüseanbaugebiet kaum anderszu erwarten, darf beim Frühstück niedie Marmelade fehlen, die man auf Brotoder anderes Backwerk streicht. Dazugesellen sich die im eigenen Landkreiserzeugten Orangen in Form von fri-schem Saft, der sich auch bei den be-nachbarten Valencianern größter Be-liebtheit erfreut. In Valencia, berühmtfür seine Zitrusfrüchte, ist der Saft näm-lich fester Bestandteil eines jeden Früh-stücks, und dazu gibt es Erdmandel-milch und fartons, längliche Gebäck-stücke mit lockerem Teig aus Mehl,Milch, Zucker, Öl, Hefe und Eiern.Im Stadtzentrum von Valencia befin-den sich die traditionsreichsten Lokale,in denen die Valencianer die letzten

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Spanien ausbreitet, und zwar nativesOlivenöl extra auf Brot.Man könnte eine Reise durch Spanienmachen, nur um seine Olivenöle zuprobieren. Ihren Charakter prägen dieverschiedenen Oliven: Arbequina,Blanqueta, Cornicabra, Lechín, Ho-jiblanca, Manzanilla, Morisca, Picualund so weiter in einer langen Listeschmackhafter Sorten, die das Ölange-bot unseres Landes zu etwas ganz Besonderem machen.Und dank diesem Sortenreichtum gibtes bereits in vielen Gaststätten eineumfangreiche Ölkarte, aus der die Gä-ste für die erste Mahlzeit des Tagesauswählen können. Die Öle aus Arbe-quina, Hojiblanca und gelegentlichauch aus Picual werden von den Spa-niern bevorzugt, um in den Morgen-stunden damit Scheiben warmen Bro-tes zu beträufeln. Ein solch großzügi-ges Ölbad bekommt zum Beispiel diegetoastete Hälfte eines aufgeschnitte-nen mollete (Weizenbrötchen), die manim südlichen und östlichen Zentralspa-nien vorher mit einer frischen Tomateeinreibt und zum krönenden Ab-schluss mit Flor de Sal, Salzblüte, be-streut (Spain Gourmetour Nr. 53). Die-ses so genannte pantumaca klettert alsFrühstückssnack in der Beliebtheits-skala immer höher, und häufig gibt eszu dieser Köstlichkeit Ibérico-Schin-

ken oder Serrano-Schinken. Eine TasseKaffee mit Brot, Tomate, nativem Oli-venöl extra, Salz und Ibérico-Schinken – so einfach ist das! DieRückbesinnung auf das Einfache findetman auch bei einem weiteren Trendder spanischen Küche wieder: Brot(siehe Brot, eine Delikatesse, S. 58).

Landkarte desErwachensAusgehend von diesem landesweit üb-lichen Frühstück gibt es praktisch soviele Varianten, wie es Orte in Spaniengibt. Und wenn man eine Landkarteder morgendlichen Gaumenfreudenzeichnen wollte, könnte sie entspre-chend dem Lauf der Sonne sehr gutetwa wie folgt aussehen.Auf den Balearen, wo die Sonne zuerstaufgeht, erwartet uns eine große TasseMilchkaffee mit einem typischen Ge-bäck der Insel, der ensaimada, herge-stellt aus Mehl, Wasser, Zucker, Eiern,Sauerteig und Schmalz. Man unter-scheidet zwei Typen: die einfache en-saimada ohne jegliche Füllung und diemit kandiertem Kürbis gefüllte.Zur Abwechslung lässt man sich aberauch mal ein Frühstück munden, beidem ein für diese Inseln typischer Ge-schmack zu Ehren kommt: sobrasada,eine luftgetrocknete Rohwurst aus fei-

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Spuren der Nachtruhe abschütteln: diehorchaterías (Erdmandelmilch-Bar) ElSiglo und Santa Catalina. Wenn manspät frühstücken möchte, kann man esmit einem Klassiker versuchen: Kaffeemit Brot und blanco y negro, „schwarzund weiß“, das heißt, Weißwurst undBlutwurst.Auf der vom Sonnenlauf vorgezeichne-ten Linie geht es dann in andalusischeGefilde, wo uns Meer, Wüstenstricheund üppige Gärten erwarten. Dieseprägenden Elemente unterstreichenmit ihren Aromen die originelle NoteAlmerías, wo man nach dem Aufstehengern serigá oder cherigá, auch seridáoder cherigán genannt, zu sich nimmt.Der Begriff selbst ist eine Verballhor-nung des Namens eines gewissen Mi-ster Sheridan, und seinen geschichtli-chen Ursprung hat er zu Anfang des20. Jahrhunderts im Dorf Rodalquilarim Naturpark Cabo de Gata von Al-mería, wo sich eines der bedeutend-sten Goldbergwerke Europas befand.Seine Bedeutung war so groß, dass die-ser winzige Ort über Jahre hinweg einefür die damalige Zeit ungewöhnlichumfangreiche einheimische und inter-nationale Bevölkerung hatte. Einer derBewohner war Herr Sheridan, der eineZeit lang der Bergwerksdirektor warund mit Vorliebe stehend am Tresender Gastwirtschaften in den DörfernAlmerías frühstückte. Und er aß im-mer das Gleiche: eine Scheibe Brot mitBelag, normalerweise Wurst oder Käse.Aus dieser Gewohnheit leitet sich dasberühmte cherigá, seridá bzw. serigá ab,womit zu Ehren des Engländers diebelegten Brötchen bezeichnet werden,die im lokalen Frühstücksangebot all-gegenwärtig sind.Weiter östlich von Almería ist die Luftgeschwängert vom Duft der Olivenhai-

ne von Jaén. Und in den städtischenGebieten riecht es nach eingelegten Oli-ven (Spain Gourmetour Nr. 47) undnach nativem Olivenöl extra, das in derProvinz Jaén von einem ordentlichenFrühstückstisch nicht wegzudenken ist.Den Launen des Tagesanbruchs fol-gend springen wir vom Süden hinüberin den nordöstlichen Zipfel der Iberi-schen Halbinsel und landen im Bas-kenland, wo hausgemachte cuajada(dickmilchähnlicher Käsebruch) heutenoch in einigen Lokalen serviert wird.Sie schmeckt nach den im Feuer er-hitzten Steinen oder dem glühendenEisen, womit die frisch gemolkeneMilch erwärmt wurde, und dieser ei-gentümliche, exquisite Geschmackverführt zu frühmorgendlicherSchlemmerei.Im Südwesten wird schnell klar, dassder Duft der Olivenhaine nicht nurAndalusien vorbehalten ist, sondernauch Extremadura einhüllt, dort aller-dings durchzogen von den Essenzender baumbestandenen dehesa (SpainGourmetour Nr. 60), die sich aus Stein-eichen, Schopflavendel, Zistrosen,

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Ginster und vielem mehr zusammen-setzt. Sie ist die Heimat der Ibérico-Pro-dukte, herrlicher Schweinswürste undSchinken, die hier bei der ersten Mahl-zeit des Tages nie fehlen, ebenso wenigwie im Alto Aragón und in Kastilien.Alle drei Gebiete sind vom Landlebengeprägt; es ist kalt, wenn man in allerFrühe aufsteht, und die Schäfer wär-men ihre steifen Glieder mit einem Tel-ler migas, zubereitet aus eingeweichtemBrot vom Vortag, das man zusammen

mit Schweinebauch, Chorizo, Papri-kaschoten usw. in der Pfanne brät.Kontraste, und zwar jede Menge, bietetdie Region Extremadura, denn wennman im Norden der Provinz Cáceresim Landkreis Las Hurdes aufwacht,findet man nicht nur eine absolut fas-zinierende bizarre Landschaft vor, son-dern auch eine freudige Überraschung:Der Tag beginnt mit köstlicher Marme-lade aus heimischem Obst, den Kir-schen des Jerte-Tals, und in den bergi-

gen Gegenden, wo Jäger und Bergbau-ern zu Hause sind, sollte man auch diesogenannte Zitronensuppe probieren.Was ist das nun wieder? Zitronen- undOrangensaft, in dem Scheibchen dieserZitrusfrüchte schwimmen und zu demChorizo und Schinken verspeist wer-den. Ein origineller Frühstückstrunk,mit dem man den Körper bestens vorViren und Erkältungen schützt.Vom Baskenland (die erste Stelle inNordspanien, wo sich die Sonne blicken

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lässt) bis Galicien erstreckt sich diewunderschöne kantabrische Küste, einan Fisch, Meeresfrüchten und Gemüsereicher Landstrich. Weiter weg vomMeer, im Landesinneren von Kantabri-en und Asturien, begrüßt man den Tagin der kalten Jahreszeit mit einheimi-schen Käsen – ganz ausgezeichnet, wiedie quesucos (kleine halbfeste Käse) ausLiébana oder der berühmte asturischeBlauschimmelkäse cabrales (SpainGourmetour Nr. 50, 51 und 52) -, mit

Landeiern und mit kleinen Chorizosvom Rost. Und genau an der Grenzezwischen den beiden Regionen, wosich die Gipfel des Bergmassivs Picosde Europa erheben, bäckt man in denValles Pasiegos genannten Tälern diesobaos Pasiegos (Butterbiskuits) mitihrem unvergleichlichen Geschmack.Zubereitet werden sie aus einem Rühr-teig aus Mehl, Butter, Zucker, Eiern,Zitronenschale, Sternanis, Salz undHonig, den man in Papierförmchen

verteilt, im Ofen bäckt und vor demVerpacken abkühlen lässt. Die Biskuitshinterlassen einen himmlischen Nach-geschmack; da spürt man die gute But-ter von den Kühen, die im Tal weiden,und eine Spur Sternanis, der den Kör-per nach den Stunden des Schlafs wie-der in Schwung bringt.Und wenn die strahlende Sonne an alldiesen Orten das Morgengrauen schonverscheucht hat, bleibt noch Galicien,wo das Dorf Tui in der Provinz Ponte-

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Almería. La Ola. Im Dorf La Isleta delMoro. Einfache Fischerkneipe mit Plastikti-schen auf der Terrasse, wo man mit Blickaufs Meer den Tagesanbruch genießenkann. Zu essen gibt es nur die einheimi-schen Spezialitäten cherigá (belegte Bröt-chen) oder Brot mit Tomate und Olivenöl.

Barcelona. Das Pinotxo im Markt La Bo-quería (La Rambla, 91) ist ein unumgängli-cher Klassiker. Es empfiehlt sich, zuerst ei-nen Gang durch die Markthalle zu machenund sich dann an diesen Marktstand zusetzen, der aus den frischen Waren vomMarkt salzige Leckerbissen zubereitet.

Cádiz. Bar Las Nieves (Plaza Mendizábal).Um die hiesige Morgenstimmung zu ver-stehen, muss man ein mollete (Weizen-brötchen) mit Olivenöl und Schinken es-sen, das in diesem einfachen Lokal serviertwird. Das ist ein klassisches Frühstück inCádiz. Ausgezeichnete Brotsorten undeine kleine Terrasse, um den Tag sehr an-genehm zu beginnen.

Madrid. Chocolatería San Ginés (PasadizoSan Ginés), ein Klassiker. Ein Frühstückhier lohnt sich schon allein wegen demAmbiente und natürlich auch, um der spa-nischen Tradition der heißen Schokolademit churros zu huldigen.

Der Brunch des Café Oliver (Calle Almiran-te, 12) gehört zu meinen Favoriten. Um-fangreiche Frühstückskarte und eine wun-derschöne Lage mitten im MadriderStadtzentrum. Jugendliches Publikum indiesem im Pariser Stil dekorierten Lokal.Highlights auf der Karte sind Salate zumFrühstück und die berühmten Eggs Bene-dict.

Mallorca. Das in dem malerischen OrtDeia gelegene Hotel La Residencia (Callede los Son Canals) besitzt den Ruf, dasbeste Frühstück Spaniens zu haben, undin gewisser Weise stimmt das auch. Einwahres Festmahl inmitten der Natur.

In Cas Catalá befindet sich das RestaurantSenzone im Hotel Hospes Maricel (Carre-tera de Andratx, 11), dessen Frühstück als

eines der besten Spaniens gilt. Ein großesBuffet, das je nach Saison und Marktange-bot variiert. Zum Grundangebot gehörenjedoch immer Säfte, Obst, hausgemachteButter in den verschiedensten Ge-schmacksrichtungen (Lauch mit Speck,Himbeere usw.), salzige Speisen, daruntersobrasada, und süßes Gebäck, zuvorderstnatürlich ensaimada.

Valencia. El Siglo (Plaza Santa Catalina,11). Es wurde 1836 gegründet und hat bisheute seinen Anstrich eines Lokals derBohème und der Intellektuellen bewahrt.Mit seinen goldlackierten Spiegeln, denbunt gemusterten Fliesen auf dem Bodenund seinen Lampen in drei Höhen, die vonhohen Decken hängen, ist es der idealeOrt zum Abschalten und um die einheimi-schen Spezialitäten zu genießen: horchataund fartons (längliches Gebäck, süß undlocker, das aus Mehl, Milch, Zucker, Hefeund Eiern hergestellt wird).

MeineLieblingslokale zum Frühstücken

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vedra mit dem ausgefallensten Früh-stück aufwartet. An Markttagen – derMarkt wird normalerweise donnerstagsim Paseo da Corredoira abgehalten –sollte man sich in die Stadtmitte auf-machen und neben der Kathedrale indem einfachen Gasthof Vello do Caba-lo Furado einkehren, der ein gehaltvol-les und unvergessliches Frühstück ser-viert, das aus callos (geschmorte Kut-teln) mit Kichererbsen und gekochtenKronenhummern besteht.

Churros und porrasFrühstücksklassiker sind auch diechurros (Spain Gourmetour Nr. 59), inÖl ausgebackene Kringel. Mehl, Was-ser und Salz sind die drei Zutaten fürdieses vorzügliche, urspanische Ge-bäck. Überall in Spanien gibt es denBrauch, zum Frühstück eine großeTasse Trinkschokolade mit einem hal-ben Dutzend churros zu bestellen.Hierzulande gibt es große churros-Meister, anonyme Bäcker, die noch vorSonnenaufgang aufstehen, um in ihrenbescheidenen churrerías das knusprigeSpritzgebäck zuzubereiten, mit demein großer Teil Spaniens den Tag be-ginnt. Doch die churros-Provinzschlechthin ist Madrid.Vermutlich geht die Madrider Gewohn-

KULINARISCHES

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dann ein Luxus der Adligen wurde und

schließlich wieder von der breiten Mas-

se aufgegriffen wurde. In rollende Ver-

kaufsstände von churros und dicker

Trinkschokolade umgewandelte Busse

gehören an gewissen Stellen (zum Bei-

spiel neben dem Madrider Atocha-

heit, churros zu essen, auf das 19. Jahr-

hundert zurück. Die Stadt war damals

ein Anziehungspunkt für Schausteller,

und diese dürften das überaus einfache

Rezept mitgebracht haben. Es war ein

geniales, billiges Nahrungsmittel, das

zunächst den Hunger des Volks stillte,

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gen), rosquillas (Teigringe aus Mehl, Ei,Öl und Milch, frittiert und mit Zuckerbestreut) und viele weitere, und alle isstman zum Frühstück.

Die Brunch-ModeObwohl es in Spanien nach wie vor etliche alteingesessene Cafés im traditio-nellen Stil gibt, ist die Zeit stehen ge-blieben. Das Land ist heute weltoffenund das Domizil zahlreicher Ausländer,die die spanische Kost mit den Düften,dem Geschmack und den Texturen ih-rer Heimat bereichern. So kann man,wenn einem der Sinn danach steht, denTag an irgendeinem Ort der Welt begin-nen, ohne sich zum Beispiel aus Madridwegzubewegen. Alle Madrider Stadtteilehaben Menschen aus anderen Teilen derWelt aufgenommen: In Usera kann manwie im Süden Chinas frühstücken, inLavapiés wie in Marokko oder Indien,in Stadtteilen wie Salamanca oderChamberí ist das englische FrühstückMode, und im Stadtteil Las Letras gibtes ein Lokal, wo man sich morgens imskandinavischen Stil stärken kann. Dasist die reiche Vielfalt der spanischenHauptstadt. Es gibt in ganz Spanien keinen anderen Ort, wo man wie inMadrid frühstücken kann, plural, abwechslungsreich und mit dem

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Bahnhof) zum gewohnten Stadtbild; der

intensive Duft nach frisch gebackenen

churros, den sie verströmen, stimmt

nostalgisch und regt die Magensäfte an.

Die churros gehören zu den so genann-

ten Pfannenfrüchten. Darunter versteht

man in Öl frittierte Backwaren aus

Mehlteig, die in verschiedene Formen

gebracht werden. Pfannenfrüchte sind

daher neben den churros auch Krapfen

(gut aufgeschlagener Mehlteig, der beim

Frittieren luftig wird), pestiños (aus

Mehlteig mit geschlagenem Ei und nach

dem Frittieren in Öl mit Honig überzo-

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len der Welt absolut im Trend liegt. InSpanien war eines der ersten Restau-rants, das Brunch servierte, das HotelRitz in Madrid. Dort wurden (undwerden) auf großen Tischen süße undsalzige Leckerbissen präsentiert. Undvon den Hotels griff die Mode auf dieRestaurants über; ein Pionier war dadas Hispano, das seit Jahren an Wo-chenenden ein Brunch-Büfett bietet.Heute wäre es undenkbar, von Früh-stücksgewohnheiten in Spanien zusprechen und den Brunch nicht zu er-wähnen. Ebenso undenkbar, wie beimThema Brunch die Eggs Benedict (po-chierte Eier mit Frühstücksspeck aufeiner leicht süßen Brotscheibe) zuübergehen oder den Cocktail BloodyMary. Obligatorisch ist darüber hinausbei einem Brunch a la española derTisch mit einer großen Brotauswahl,mit mindestens drei Buttervariantenund ebenso vielen Sorten Marmelade,mit nativem Olivenöl extra, Salz undfrischem Saft. So lässt man in Spanienab 11.30 Uhr den Sonntag beginnen.Hotels wie das Palace oder das Interconti-nental in Madrid sind fantastisch, wennman klassische Musik oder Opern, vor-getragen von kleinen Ensembles, an-hören möchte, während man süße undsalzige Köstlichkeiten schlemmt. Wirwünschen ein glückliches Erwachen!

Sara Cucala, Schriftstellerin und Journa-listin, ist Gastronomieredakteurin beimspanischen Fernsehsender TVE, Gründe-rin des Zentrums für spanische Gastrono-miekultur A Punto und Autorin derBücher Desayunar en Madrid. Del Chu-rro al Brunch (Frühstücken in Madrid.Vom Churro bis zum Brunch) (2008,RBA) und Los Templos de la Tapa (DieTapas-Tempel) (2009, RBA).

Besuchen Sie unsere Websitewww.foodsfromspain.com, wenn Siesich detailliert über die spanische Gastronomie informieren wollen.

KULINARISCHES

Kulturmix eines Aufwach-Menüs. Viel-leicht ist diese Offenheit gegenüber an-deren Kulturen der Grund dafür, dasssich hier auch die Brunch-Mode eta-bliert hat. Der Brunch ist das Frühstückgeworden, das man sich an Wochenen-den gönnt.Es steht nicht eindeutig fest, wie undwarum dieses „späte Frühstück“ ent-standen ist; mal wird behauptet, esstamme aus Großbritannien, mal heißtes, es sei eine Erfindung aus New Yorkbzw. konkret der Bewohner von Har-lem. Sicher ist jedenfalls, dass dieseArt, den Tag zu beginnen, in allen Tei-

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FRÜHSTÜCK

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MOS

AIKder Natur

Im Priorat muss manGeduld haben. Icherkunde den Landkreisauf engen, kurvenreichenLandstraßen, fahre inniedrigen Gängen, um dieUmgebung zu genießen:Kiefernwälder, Eichen, einpaar Olivenbäume undWeinberge an unglaublichabschüssigen Hängen.Mit dem Wein, der hierseinen Ursprung hat, gehtes einem genauso – mankann nicht mit Vollgasdarauf zusteuern. Öffneihn, lasse ihn atmen und

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warte, bis er zu sprechenanfängt. Erst flüsternd,dann mit immer festererStimme, erzählt er tausendGeschichten in derSprache seiner komplexenAromen: über sein Leben,seinen Ursprung, seinebedächtige Bereitung,seine Flaschenreifung, dieer für das harmonischeZusammenwachsen allseiner Merkmale bis zurTrinkreife braucht, undüber die Zeit, die man ihmlassen muss, damit er zumvollen Ausdruck kommt.

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DOCa PRIORAT

Die DOCa Priorat liegt zwischen Meerund Bergen im Osten Spaniens in derProvinz Tarragona (Katalonien). DasMittelmeer ist knapp 30 Kilometer ent-fernt, aber die Gebirgszüge, die Tarrago-na einrahmen, fangen die Meeresbriseab, die merklich abgeschwächt nur inder Umgebung von Porrera und einpaar Stellen im Süden Durchschlupf fin-det. Fast alle klimatischen Einflüsseschmuggeln sich eben hier durch, wodie feuchte Meeresluft auf die Windedes Ebrotals trifft. Die Landschaft be-steht aus Hügeln mit Kiefern- und Ei-chenwäldern, Oliven-, Haselnuss- undMandelbäumen und natürlich Weinber-gen. Zistrosen, Thymian, Rosmarin undweitere niedrige Gewürzkräuter rundendas unverwechselbar mediterrane Bildab. So viel Leben gedeiht auf einem Bo-den, der mal schwarz, mal bläulich ist,und auf einer bestimmten Linie sogarblasslila Töne annimmt: Es ist Schiefer,oder licorella auf Katalanisch, ein funda-mentales Merkmal und eine Besonder-heit der DOCa Priorat.

Mehr als nurGestein„Der Boden allein macht nicht das Ter-roir aus; nicht alles steht und fällt mitder licorella“, sagt René Barbier, Ei-gentümer einer legendären Kellerei derDOCa Priorat. Clos Mogador liegt aufeinem 22 ha großen Grundstück, dasbereits landwirtschaftlich genutzt wur-de, als René es 1978 kaufte. Seine Philo-sophie basiert auf der uneingeschränk-ten Achtung der biologischen Vielfalt,und so trifft man inmitten der Reb-flächen immer wieder Olivenbäume, Ei-chen und vereinzelt auch Mandelbäumean, die René neben den alten, von ihmwieder in Bewirtschaftung genommenenWeingärten angepflanzt hat. Kleine Tie-

re und auch größere – abzulesen an denSpuren von Wildschweinen in demWeinberg, von dem sein Weißwein Ne-lin stammt – leben ebenfalls auf demWeingut. „Und mehr als 900 Blühpflan-zen“, versichert er.Seine Weine spiegeln mit großer Rein-heit den Charakter ihrer Heimat wider,einschließlich der starken mineralischenPrägung, die ihnen der für die DOCaPriorat typische Schieferboden verleiht.Das Bukett des Clos Mogador 2009, er-zeugt aus den lokalen Sorten Garnachaund Cariñena mit Beigabe von CabernetSauvignon und Syrah, ist sehr floral undversetzt mich in den nahe gelegenenmediterranen Wald, wo Thymian undRosmarin wachsen. Während sich derWein in der Nase öffnet, erscheinen No-ten auf schwarze Beeren und allmählichauch Anklänge an Gewürze. Der WeißeNelin, hauptsächlich aus weißerGarnacha und Viognier gekeltert, istebenfalls überraschend, und der ersteEindruck im Mund ruft mir denblühenden Mandelbaum in Erinnerung,der neben dem Weinberg steht, in demdie Trauben für diesen Wein gelesenwurden.Die Passion für den Weinberg und seineUmgebung findet man als tempera-mentvollere Variante bei Sara Pérez wie-der, Tochter eines weiteren Wiederent-deckers des Priorats (Josep Lluis Pérez,„DOCa Priorat auf einen Blick ”, S. 26).Sie leitet gegenwärtig das Gut Mas Mar-tinet. „Der Priorat-Wein hat hier seinenAnfang“, sagt sie und zeigt energisch aufihren Bauch. Sara gehört zu jener zwei-ten Winzergeneration in Priorat, die so-gar noch mehr als die Generation derEltern von der dem Terrain innewoh-nenden Kraft und den autochthonenSorten Garnacha tinta und Cariñenaüberzeugt ist. Mit ihren drei Weinenwill Sara die Arten der Weinbereitung inden drei Epochen des Priorat aufzeigen:

TEXTALMUDENA MARTÍN RUEDA/©ICEX

ÜBERSETZUNGSUSANNE KRAMER/©ICEX

FOTOSMATÍAS COSTA/©ICEX

JUAN MANUEL SANZ/©ICEX

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WEIN

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die Zeit vor der Reblausplage, die mitder Ankunft der gefürchteten Schädlin-ge im Jahr 1893 endete, mit der Einzel-lage Els Escurçons; die Zeit nach derReblausplage im 20. Jahrhundert mitdem Camí Pesseroles; die Moderne mitdem Clos Martinet.Der Els Escurçons stammt aus einemGarnacha-Weinberg in Höhenlage aufeinem Grundstück, das Sara wiederzu nutzen anfing, nachdem sie die ehemaligen Eigentümer über Familien-stammbäume der umliegenden Dörferausfindig gemacht hatte. Jahrelang be-obachtete sie dann das Verhalten derWeinstöcke und des Weins, bis sie vonder Bedeutung eines natürlichenGleichgewichts im Weinberg restlosüberzeugt war. Im Jahr 2000 begannsie, ökologische Prinzipien anzuwen-den. Im dritten Jahr, berichtet sie, habesie gemerkt, dass das Leben in denWeinberg zurückkehrte – Geräuschevon Insekten waren zu hören, Wild-pflanzen blühten... „Und da kam ichzu dem Schluss, dass es mir nichts aus-macht, die eine oder andere Ernte aufsSpiel zu setzen. Ich will so weiterma-chen. Ein Ökosystem funktioniert vonallein; man braucht keine Chemie, weilBoden und Umgebung im Gleichge-wicht sind.“ Auffallend am Wein Els Es-curçons sind die Johannisbeernoten,und wenn man den ersten Schluck imMund hat, sieht man den Weingartenvor sich: würzige Kräuternoten, Ment-holnoten, Anklänge an Kiefern und

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DOCa PRIORAT

Salvador Burgos, Celler Burgos Porta

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das von seinem Vater und seiner Schwe-ster in den 90er Jahren begonnene Pro-jekt fort, indem er neben dem Solanesden klassischen Cims de Porrera er-zeugt, der im Wesentlichen aus Cariñe-na-Trauben von sehr alten Weinbergenortsansässiger Winzer entsteht. Es istein ernster, eleganter, lang nachhallen-der Wein mit ausgesprochen minerali-schen Noten, die an Kohle und Kreideerinnern, denn: „Die Cariñena ist derbeste Katalysator der Mineralität einesBodens“, erklärt er. Zum anderen habenAdrià und Marc zusätzlich zu den ge-nannten Klassikern eine ganz persönli-che Linie auf den Markt gebracht, LesCousins, unbeschwerter und mit einemjungen Image. Über Adriàs Gesichthuscht ein verschwörerisches Lächeln,als er von seinen Kindheitserinnerungenspricht, die ihn zu diesen Weinen inspi-rieren. Da bleibt der dem Priorat eigenemineralische Ausdruck zwar erhalten,und auch die beiden urtypischen Sortendes Gebiets sind nach wie vor Grundla-ge, aber gleichzeitig sind die Weine et-was fruchtiger und eine Spur runderund einfacher.

Abenteurer in dereigenen HeimatTrotz der harten Jahrzehnte im 20. Jahr-hundert („DOCa Priorat auf einenBlick“, S. 26) gingen einige lokale Win-zer und Kellereibesitzer das Risiko ein,

WEIN

eine unglaubliche Frische, die sich ausknackiger Säure und mineralischen Tö-nen zusammensetzt.Camí Pesseroles ist der Wein, den Saraals repräsentativ für die Zeit nach derReblausplage bezeichnet, eine Zeit, inder man sich wieder der Cariñena zu-wandte. Nach ihrer Erfahrung hat dieCariñena fast keine Sortenprägung:„Wenn sie auf einem guten Bodenwächst, absorbiert sie ihn. Die Cariñenaist unschlagbar, was das Ansprechen aufguten Boden angeht. Die Garnacha hin-gegen kann einen mit ihrem starkenSortenausdruck blenden.“ Der Weinstammt vorwiegend von Cariñena-Reb-stöcken auf Schieferboden, und der dieFrucht überlagernde mineralische Ein-schlag, im Mund sehr frisch und einennachhaltigen Eindruck hinterlassend, istsein hervorstechendes Merkmal. DerClos Martinet spiegelt in seiner Machartdie dritte Epoche des Priorat wieder.Damals, in den 80er Jahren, kam Saras

Vater hierher und baute auf dem Wein-gut Sorten wie Cabernet Sauvignon undSyrah an, um sie mit den lokalen zukombinieren. Sara verringert allerdingsbeim Clos Martinet nach und nach denAnteil der ausländischen Rebsorten, umdie lokalen stärker in den Vordergrundzu rücken. Der Clos Martinet 2008 hatim Bukett reife Frucht, aber vor allemviel Gewürz mit deutlichen Anklängenan Nelke. Auch hier wieder kommt dermineralische Boden mit der für Schiefertypischen angenehmen Kühle zum Aus-druck, und es erscheinen Mentholno-ten.Die Leidenschaft für die Cariñena hatauch ihr Bruder geerbt, Adrià Pérez,verantwortlich für das Projekt der Fami-lie in Cims de Porrera. Adrià, unter-stützt von seinem Cousin Marc (beidesetzen sich mit Leib und Seele für diebodenständigen Sorten ein), hat in derBodega zwei klar differenzierte Produkt-linien geschaffen. Zum einen führt er

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1194: Ankunft der Kartäusermönche ausder Provence (Frankreich). Sie gründendas Priorat Scala Dei und führen denWeinbau ein, der über Jahrhunderte hin-weg die wirtschaftliche Grundlage desLandkreises sein sollte.

1865: Die Reblausplage breitet sich inFrankreich aus. Der Handel mit Wein ausdem Priorat erlebt einen wirtschaftlichenHöhepunkt.

1893: Die Reblausplage greift auf das Pri-orat über und ruiniert die blühendeWirtschaft. In den folgenden Jahrzehntenverarmt der Landkreis und entvölkert sich.

1950: Die DO Priorato wird geschaffen.

Ende der 80er Jahre. Die so genannten„Glorreichen des Priorat“ kommen an:René Barbier, Carles Pastrana (Clos del’Obac), Josep Lluis Pérez, Álvaro Palacios(L‘Ermita) und Daphne Glorian (Clos Eras-mus). Sie keltern ihren ersten Wein 1992,zu Anfang noch gemeinsam. Sie hatten

DOCa Priorat auf einen Blick

gehenden 19. Jahrhundert, den Ein-bruch zu Beginn des 20. Jahrhunderts,verkauften ihre Produktion en gros, umsich über Wasser zu halten, und be-schlossen schließlich 1995, ihren eige-nen Wein abzufüllen. Aus dem anfängli-chen Experiment mit einem Wein ohne

Holzausbau ging die erste Flasche her-vor, die in Porrera abgefüllt wurde.1997 führte man Eichenholzfässer fürden Ausbau des Weins ein, der von 80Jahre alten Weinbergen an den Hängenrund um dieses an Weinbaugeschichtereichen Dorfs stammte.Mit dem Jahrgang 2000 kam die nötigeBestärkung, um mit größerer Gewissheitweitermachen zu können: Der englischeKritiker John Radford bezeichnete denClos Monlleó in seinem Buch „The NewSpain“ als besten Wein Spaniens. PereSangenís und seine Tochter María, diegemeinsam mit Conxita Vaqué und de-ren jüngster Tochter die Kellerei führen,sind überzeugte Verfechter derGarnacha tinta und der Cariñena, gebenaber zu, dass man bei diesen Weinenwarten können muss: „Es ist sehr wich-tig, ihnen Zeit auf der Flasche zuzuge-stehen, denn damit wird das Tannin fei-ner und alle Aromen können sich ent-wickeln.“Derzeit sind von der Kellerei die Jahr-gänge 2004 und 2005 auf dem Markt,aber ich bin sehr neugierig auf diesen2000er geworden. Ich habe Glück; manhat ihn gerade mit einem Importeur ver-kostet und eine Flasche ist geöffnet.Sein verlockender Duft nach schwarzerSchokolade wird abgelöst von sehr rei-fen Früchten, Mentholnoten, Anklängen

nicht abzuwandern und stattdessen dasererbte Land zu bewirtschaften. Ein Beispiel dafür ist die Bodega Sangenís i Vaqué, eine gemeinsame Unterneh-mung von zwei Familien mit mehr als300 Jahren Weinbauerfahrung. Sie er-lebten die sorglose Epoche im aus -

eine gemeinsame Philosophie: großer Re-spekt gegenüber der Landschaft und denBauern sowie die Hoffnung, mit der Erzeu-gung von Qualitätsweinen das Gebiet au-fleben zu lassen; es gelang ihnen, diesePrinzipien als allgemeine Richtschnur fürdie DOCa Priorat festzuschreiben. So gibtes in der HerkunftsbezeichnungVorschriften zur Landschaftspflege, in de-nen das umweltgerechte Anlegen vonWeinbergen geregelt ist.

Heute gehören zur DOCa Priorat 94Kellereien und 1928 Hektar Rebflächen(nur 81 mit weißen Sorten), die 2011einen Ertrag von knapp über 5 Mio. KiloTrauben brachten. Das jüngste in dieWege geleitete Projekt heißt Vi de Vilaund soll die Unterschiede zwischen denWeinen der zur Herkunftsbezeichnunggehörenden Dörfer herausstreichen.

www.doqpriorat.org: Kontrollrat derDOCa Priorat (Katalanisch, Spanisch,Französisch und Englisch)

Cristian Francés, Trio Infernal

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an gerösteten Kaffee, Aromen, die subtilin die Nase steigen. Am Gaumen ist ersehr elegant, fein und frisch, äußerstkomplex, lässt erneut Röstnoten erken-nen, auch schwarzen Pfeffer und einenHauch trockenes Laub, und seine zartemineralische Note erinnert an Graphit.Zweifellos ein Spitzenwein!Einen ähnlichen Lebenslauf hat Salva-dor Burgos, geboren in Poboleda. Erwar einer der wenigen seiner Generati-on, die auf dem Land durchhielten, undkonnte sich dann dank dem Um-schwung im Priorat hocharbeiten, bis erzu Anfang der 90er Jahre sein eigenesWeingut, Mas Sinén, erwerben konnte.Salvador ist ebenfalls ein rückhaltloserAnhänger der Anwendung ökologischerGrundsätze im Landbau (und im Le-ben). Bei meinem Besuch lässt er michzuerst einmal das Wasser der Quelle ko-sten, mit der sich die Kellerei versorgt:„Dieses Wasser zu probieren ist der be-ste Weg, um zu verstehen, was Minera-lität ist.“ Auf dem Gut standen ur-sprünglich Mandelbäume, aber er wolltedort Wein anbauen. Er pflanzte über-wiegend Garnacha und Cariñena an, aufeinigen Parzellen aber auch CabernetSauvignon, Syrah und Merlot. Diesezwischen 15 und 20 Jahre alten Wein-berge liefern die Beeren für den MasSinén Negre, ein farbintensiver Rotwein

mit großartigem Gerüst im Mund undAromen auf Unterholz und vor allemauf Thymian, der überall auf dem Gutwild wächst. Von den Weinbergen, dieSalvador von seinem Vater erbte und dieimmerhin schon 60 Jahre alt sind,kommt das Lesegut für den Mas SinénCosters, ein tiefgründiger Priorat, des-sen besonderes Merkmal vor dem Hin-tergrund aus reifer Frucht und Gewür-zen die mineralischen Noten sind, jenerfast schon als Kälte zu bezeichnendeBeitrag der licorella. Salvador hat für

unsere Verkostung eine Sammlung derbesten Songs von Leonard Cohen alsHintergrundmusik ausgewählt. CohensErnsthaftigkeit und seine sanfte Viel-schichtigkeit passen perfekt zu diesemWein.Wie schafften es diese im Laufe des20. Jahrhunderts verarmten Weinbau-ern, wieder so weit zu kommen, dass siein ihre eigenen kleinen Projekte inve-stieren konnten? Größtenteils lässt sichdas mit den Investitionen erklären, dieEnde der 80er Jahre getätigt wurden.Die Entstehungsgeschichte und Philoso-phie der Kellerei Vall Llach, deren Ini-tiator und Gesellschafter der katalani-sche Liedermacher Lluis Llach ist, ver-deutlicht sehr gut, wie der Neustart die-ses Landkreises bewerkstelligt wurde.Lluis Llach erbte 1985 die Ländereienseiner aus Porrera stammenden Mutter.Er verband das Dorf immer mit den Er-innerungen an die Sommer seiner Kind-heit, an das Glück und die Freiheit ei-nes Jungen in den Ferien. Die praktischbrachliegenden Felder bepflanzte ernach den Überschwemmungen von1994 mit Weinstöcken. Zur gleichenZeit beschloss er, mit den ortsansässigenWinzern bei der Wiederbewirtschaftungder ältesten costers (Weinhänge) zusam-menarbeiten, wie das auch Josep LluisPérez gemeinsam mit den Weinbauge-

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Pedro Rovira und seine Tochter Marta, Önologin,Viticultors Mas d´en Gil

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fe Früchte, blaue Pflaumen, die sichlangsam durchsetzen, wenn der Weinatmet. Im Mund behält er einen gewis-sen Schmelz, zeigt eine Spur Gewürze,und während er sich entfaltet, tauchenfantastische Noten auf Lakritz auf. Mitseiner ausgeprägten Säure, kombiniertmit jener kalten Empfindung vomSchiefer, und seinem noch kernigenTannin ist er ein sehr frischer, jedochkraftvoller Wein, der mit einem leichtbitteren Rest ausklingt. Salustiá hattemir zu Anfang des Interviews verspro-chen, ich werde im Priorat „Verführung“antreffen, und in der Tat schlägt dieserVall Llach jeden Fan von unverwechsel-baren Charakterweinen in seinen Bann.

Die Weißenkommen ans LichtEin Stück nördlich von Porrera liegt amFuß des Montsant-Gebirges die KellereiConreria de Scala Dei, 1997 gegründet.Sie bemüht sich, „nicht nur Wein zu

de.“ Ich besichtige mit Salustiá einensolchen coster, der je zur Hälfte der Kel-lerei und einem Weinbauern gehört, mitdem ein Vertrag abgeschlossen wurde,um ihn in das Projekt einzubeziehen.„Auch das ist ein wichtiger Bestandteilder Aufrichtigkeit des Projekts“. Mas dela Rosa ist einer dieser beeindruckendenWeinberge mit sehr alten Stöcken – vor-wiegend Cariñena – auf hartem Schie-ferboden an so steilen Hängen, dass ichmir kaum vorstellen kann, wie mandort arbeiten kann. Der Einsatz mecha-nischer Hilfsmittel ist undenkbar, allesmuss von Hand geschehen, und amSchluss erntet man knapp ein halbesKilo pro Weinstock. „Für eine FlascheVall Llach brauchen wir sieben Pflan-zen“, erklärt mir Salustiá, womit er dieErtragsfähigkeit dieses Weinbergs deut-lich macht. Der Jahrgang 2006 des VallLlach ist ein sehr persönlicher undkomplexer Wein. In der Nase ist er sehrmineralisch mit Anklängen an Graphitund Kohle, und darunter verbirgt er rei-

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DOCa PRIORAT

nossenschaftern von Porrera getan hat-te. In dem Bewusstsein, dass dieserSchatz vor der eigenen Haustür, näm-lich diese alten, mit Cariñena undGarnacha bestandenen Weinberge, sichfür die lokalen Winzer auszahlen mus-sten, begannen sie, für die Trauben Prei-se zu bezahlen, die bis dahin in der Ge-gend unvorstellbar gewesen waren.Die charakteristischen costers sindWeinberge mit Gobelet-Erziehung anHängen, die in manchen Fällen bis zu70 % Gefälle haben, weshalb SalustiáÁlvarez von „heroischem Weinbau“spricht. Der heutige Geschäftsführer derBodega Vall Llach, in der er seit 2002mitarbeitet, war bis Ende 2011 Präsi-dent des Kontrollrates der DOCa Prioratund ist daher eine nahezu unerschöpfli-che Quelle, was fundierte Informatio-nen über seine Heimat angeht. Der ausPorrera stammende Experte erinnertsich daran, wie sich in den 60er und70er Jahren der Dorfplatz um 7 Uhrfrüh mit Leuten füllten, die zusammenzur Arbeit irgendwo außerhalb fuhren.Wie er berichtet, setzte Ende der 80erJahre der Aufschwung im Priorat ein, alssich mehrere „welterfahrene“ Weinma-cher die Erzeugung von Qualitätsweinvornahmen und dabei das für ihn Wich-tigste mitbrachten: „Aufrichtigkeit ge-genüber dem Projekt: von hier undmeins, also mit eigener Identität. Daswiederum bedeutet, kleine Erträge voneinem aggressiven, urtümlichen Gelän-

Adrià Pérez von Cims de Porrera und Sara Pérez von Mas Martinet

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verkaufen, sondern auch das Priorat, in-dem wir die Konsumenten auf das Ge-biet aufmerksam machen“, wie mir JordiHuguet erläutert. Es ist auch vorgese-hen, ein kleines Hotel neben der Bodegazu bauen. Gegenwärtig erzeugt die Kel-lerei 25 % der Weißweine der Her-kunftsbezeichnung Priorat und verwen-det dafür als Hauptsorte die Garnachablanca, die sich, wie ich beim Verkostender angebotenen Probe feststelle, durchein enorm aromatisches Bukett und amGaumen durch einen festen Körper aus-zeichnet und in der Säure sehr gut be-messen ist. Bei den Rotweinen gehörtder von 80 Jahre alten Reben stammen-de Iugiter Selección Viñas Viejas zurhöchsten Qualitätsklasse der Kellerei; erist in der Nase sehr kräftig dank seinerHolztoasting-Note, die sich über dienachher im Mund stärker hervortreten-den fruchtigen Töne legt.Im südlichen Bereich des Priorat könnteman meinen, dass die Arbeiten imWeinberg leichter von der Hand gehen

dürften, denn die Hügel fallen sanfterab und dazwischen erstrecken sich klei-ne Ebenen. Doch die Wirklichkeit siehtganz anders aus: das Schiefergesteinliegt nur 20 cm unter der Krume und istzudem „die härteste und älteste licorellades Landkreises“, wie Marta Rovira sagt,Verantwortliche des Weinguts Mas d’enGil in Bellmunt de Priorat. Die FamilieRovira-Carbonell stammt aus dem Pene-dés, einem Weinbaugebiet in der Umge-bung von Barcelona. „Im Priorat such-ten wir nach einem Hof mit Geschichte,der auch die ganze biologische Vielfaltdes Gebiets aufweisen sollte.“ Mit Masd’en Gil traf man vor 16 Jahren insSchwarze: „Ein Weingut mit mehr als300 Jahren Geschichte, wo die Weinber-ge 30 % des Grundstücks ausmachen.“Ebenfalls bewirtschaftet werden ausge-dehnte, mit Wald, Mandelbäumen, Ha-selnussbäumen und hundertjährigenOlivenbäumen bestandene Flächen.Aufgrund seiner Lage auf einer Ebene inMeeresnähe ist es eine der wenigen Stel-

len, die den garvinada (Wind vom Mit-telmeer) durchlässt, der die Weinbergeabkühlt und belüftet. Einer der renom-miertesten Weine dieser Kellerei ist einWeißer, ein seltenes Erzeugnis im Prio-rat. Der Wein stammt aus einem Wein-berg, dessen Boden aus licorella, Sandund Kieseln besteht, und wird aus Ma-cabeo von über 60 Jahre alten Stöckensowie Garnacha blanca gekeltert. DerComa Alta hat viel reifen Fruchtaus-druck und Gewürzanklänge; am Gau-men ist er sehr eingängig und frischund im Abgang ausgesprochen lang. Beiden Rotweinen arbeitet man mit As-semblagen verschiedener Sorten:Garnacha negra, Garnacha peluda, Ca-riñena, Cabernet Sauvignon und in eini-gen Fällen auch Syrah und Merlot. DerRote Clos Fontá, für den die ältestenParzellen genommen werden, ist einWein mit reifem, sehr saftigem Tannin,der stark an reife schwarze Beeren undFeigen erinnert und ein liebliches Scho-koladenaroma hat, das mit einer SpurMenthol herrlich ergänzt wird.

Identität wird großgeschriebenEbenfalls Ende der 90er Jahre ließ sichim Süden des Priorat Miguel Pérez nie-der, promoviert und Forscher auf sei-nem Fachgebiet Wein. Er wählte diesesTerrain, „weil es nicht einfach ist, und

WEIN

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das gefiel mir. Überall da, wo eineSchwierigkeit auftritt, kann man Großesvollbringen“. Es waren alteingesesseneWinzer, nämlich die aus Bellmunt delPriorat, die ihm den Einstieg erleichter-ten und ihn unterstützten, bis es ihmgelang, die Weinstöcke seines Hofs derErzeugung zuzuführen. Gegenwärtigkeltert er mit Hilfe des Önologen ToniCoca den fantastischen Clos Galena ausGarnacha und Cariñena, denen er Syrahund Cabernet beigibt. Dieser Wein mitdeutlich wahrnehmbarem minerali-schen Einfluss vermittelt am Gaumenden ganzen Schmelz der Garnacha underfreut mit angenehmen Mentholnoten.Vor kurzem hat Miguel einen einfache-ren Wein, den Formiga, in den Handelgebracht, um ein jüngeres Publikum an-zusprechen. Er ist sehr süffig und etwaswärmer im Mund.Doch im Priorat ist es fast schon obligat,zu den costers zurückzukehren, von de-nen es in der Gegend von Torroja sehrviele gibt. Ich besuche zwei kleine Bo-degas ausländischer Investoren, die zuBeginn des 21. Jahrhunderts hierher ka-men. Trio Infernal ist das Werk von dreifranzösischen Kellermeistern aus demRhône-Gebiet, die gewillt waren, ein ge-meinsames Projekt in Spanien aus der

Taufe zu heben. René Barbier ermutigtesie dazu, sich für das Priorat zu ent-scheiden, und das taten sie schließlichim Jahr 2002. Der aus Torroja gebürtigeCristian Francés, der sich Tag für Tagauf den Weinbergen abmüht, fährt denhier unverzichtbaren Geländewagen miterstaunlicher Ruhe hoch zu den Wein-bergen. Mir dagegen wird vor Angstganz schlecht angesichts des schrecklichsteilen Abhangs neben dem engen Weg,den wir hochfahren. Von diesen Parzel-len mit verschiedenen Ausrichtungenkommen die Ausgangssorten Garnacha,Cariñena und Syrah für die Weine derKellerei. In Gesellschaft von Pep Aguilarund Patri Morillo (einheimische Partnerdieses Projekts) kosten wir verschiedeneFassweinproben, in denen die Beson-derheiten dieses Landkreises sehr schöneingefangen sind. Während der Cariñe-na-Fasswein frischer schmeckt und fre-che Thymian- und Unterholznoten bie-tet, ist der Garnacha ein ganzes Stücksüffiger und hat mehr Frucht. Der Syrahhat viele florale Anklänge und eine gute

Säure; es wird ein großartiger Wein wer-den, der für eine exklusive sortenreineSerie bestimmt ist, die sich vor allem anRestaurants richtet.Die zweite der kleinen Bodegas von Tor-roja mit ausländischen Geburtshelfernist Terroir al Limit, 2003 gegründet. DerDeutsche Dominik Huber, der sich miteinem südafrikanischen und einem ka-talanischen Partner zusammenschloss,hat sich ebenfalls das ökologischeGleichgewicht zur Devise gemacht, si-cherlich beeinflusst durch seine vorheri-gen Erfahrungen bei Mas Martinet undCims de Porrera. Er arbeitet biodyna-misch, vertraut auf die Natur und dasLand, und für die Gärung seines Mostsnimmt er ausschließlich autochthoneHefe. Es ist klar, dass er nichts will, wasdem Terroir fremd ist, und es auch nichtbraucht. Seine Weine sind ein ungetrüb-tes Spiegelbild der Umgebung. Wir neh-men Kostproben direkt aus den großenalten Holzfässern, in denen der Weinreift. Der Garnacha-Wein ist umwer-fend; das warme Aroma nach Erdbeer-

DOCa PRIORAT

Familie Sangenís i Vaqué

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marmelade wird von einer sehr frischenEmpfindung am Gaumen abgelöst, wo-bei eine ausgeprägte Säure und sehrblumige Noten im Vordergrund stehen.Der Cariñena hingegen ist sehr minera-lisch und würzig, kommt mit jener ele-ganten Kühle daher, die dieser auf demtypischen Schieferboden des Priorat an-gebauten Sorte eigen ist.Einen gewissen Gegensatz zu diesen Bo-degas, die von der Struktur her traditio-nelleren Stils sind, bilden zwei weitere,mehr mit der Zeit gehende Kellereien,die ich mir anschauen konnte. Sowohlbei Trossos del Priorat im Süden alsauch bei Ferrer Bobet in Porrera sinddie Investitionen augenscheinlicher; dieKeller sind moderner und so gestaltet,dass der bloße Anblick schon ein Vergnügen ist. Bei Ferrer Bobet, einemProjekt von Sergi Ferrer-Salat und RaúlBobet (er ist technischer Direktor beiBodegas Torres), beeindruckt der Verko-stungsraum mit seiner riesigen Glastür,die eine herrliche Aussicht auf die um-liegende Hügellandschaft bietet. In der

seit 2002 bestehenden Kellerei verarbei-tet man momentan noch Trauben, diekleinen ortsansässigen Winzern abge-kauft werden und von 30 bis 100 Jahrealten Cariñena- und Garnacha-Rebenstammen. Der eigene, in kleinen Terras-sen angelegte Weinberg, der nach öko-logischen Grundsätzen bewirtschaftetwird, liefert noch keine Trauben, diehöchsten Qualitätsansprüchen genügenwürden. Die beiden im Handel befindli-chen Weine von Ferrer Bobet, der Viny-es Velles und der Selección Especial,sind aus Trauben der alten Cariñena-Stöcke gekeltert, obwohl beim VinyesVelles noch 30 % Garnacha dazukom-men. Beide haben deutliche Eichenholz-noten und zeichnen sich durch eineprägnante Säure aus, die sie sehr frischmacht. Während der erste in der Nasereichelich rote Beeren erkennen lässt,bezieht der Selección seine Frischemehr aus der Mineralität als aus derSäure, die hier stärker eingebunden ist.Diesem eher einfachen Zuschnitt hatman sich auch bei Trossos del Priorat

verschrieben, und ebenso wie Ferrer Bo-bet kauft man Trauben, solange die 2004gepflanzten Rebstöcke heranwachsen.Der beratende Önologe Toni Coca (derauch mit Mas Sinén und Domini de laCartoixa zusammenarbeitet) trachtet vorallem nach Eleganz und sehr reifem Tan-nin, wie schon erkennbar an der Fasspro-be des Lomon 2011, bei dem Frucht undSüffigkeit hervorstechende Merkmalesind.Die DOCa Priorat ist im Fazit eine wun-derbare Erfahrung für die Sinne. Die Be-harrlichkeit, mit der die Erzeuger (Kelle-reien und Winzer) für den Erhalt ihreruralten Weinkultur, ihrer Sorten und ih-rer Landschaft gekämpft haben, zahltsich in Form von sehr persönlichen Wei-nen aus, deren Herkunft man sich alleinüber die von den Sinnen gelieferte Infor-mation lebhaft vorstellen kann, auchwenn man das Gebiet nie besucht hat.Aber es ist wahr, was mir die meisten die-ser Kellereibesitzer ein ums andere Malversichert haben und was ich selbst fest-stellen konnte: „Ins Priorat muss maneinfach selber kommen.“

Almudena Martín Rueda ist redaktionelleKoordinatorin von Spain Gourmetour.

WEIN

Albert Costa und Salustiá Álvarez vonCeller Vall Llach

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MAI AUGUST 2012 SPAIN GOURMETOUR 33

VERDEJO-WEINEN

Wer die weißen Verdejo-Weine aus der DO Rueda im nördlichen Teil derMeseta an den Ufern des Duero kennt, denkt an frische leichte Gewächsemit angenehm duftendem und teilweise vorwitzig keckem Aroma. Doch denambitionierteren Erzeugern der Region gelingt es mehr und mehr, in ihrenWeingärten und Bodegas konzentriertere, charaktervolle Weine zu erzeugen,die das Terroir zum Ausdruck bringen. Einige davon haben sogar schon einenPlatz unter den besten Weißen Spaniens ergattert.

DO Rueda. Den besten

auf der Spur

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VERDEJO

TEXTAMAYA CERVERA/©ICEX

ÜBERSETZUNGGERHARD PAUL/©ICEX

FOTOSJUAN MANUEL SANZ/©ICEX

Reifephase der Traube. Obwohl seit2008 offiziell auch Rotweine undRosés unter dem Schutz der DO Rue-da stehen, unterscheidet sie sich vonihren Nachbarn und anderen, in derNähe liegenden Weinbauregionen wieder DO Cigales oder der DO Tierra delVino de Zamora klar durch ihre unbe-streitbare Ausrichtung auf Weißweine. Das bestmögliche Klima, die idealenBöden und eine an diese Böden ange-passte Rebsorte bieten in diesem Ge-biet die notwendigen Voraussetzungenfür die Erzeugung großatiger Weißwei-ne. Die Verdejo wird hier zwar schonseit Jahrhunderten angebaut, geriet ge-genüber anderen Sorten wie der Palo-mino oder der Viura allerdings insHintertreffen, da diese leichter zu pfle-gen und produktiver sind. Ihre Renais-sance begann in den 1970er Jahrenund erlebte ihren Höhepunkt im er-sten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts.Eulogio Calleja, leitender Önologe vonBodegas Naia, einer der renommierte-sten und exportstärksten Weinkellerei-en der DO, spricht von einem golde-nen Dreieck, das sich in der ProvinzValladolid von dem Städtchen Torde-sillas am Duero bis nach Rueda und zuden Gemeinden Serrada und La Secaerstreckt. Kennzeichnend für die eherflachgründigen Böden sind die Kiesab-lagerungen in Flussnähe und eine tiefeSchicht aus kompaktem Ton, die Was-ser hervorragend speichern kann –ideale Bedingungen für die Erzeugungeiniger der bemerkenswertesten Verde-jos der DO Rueda.In La Seca beispielsweise befinden sich

nicht nur über 30 % der mit Verdejobebauten Rebfläche, sondern auch diemeisten, insgesamt 500 ha großenWeingärten mit alten Rebstöcken, dienoch heute im Gobelet-System erzogenwerden. Einer der berühmtesten Wein-gärten der Gegend ist Martínsancho,ein Weinberg aus der Zeit vor der Reb-lausplage, mit dessen Hilfe der Anbauder Verdejo wiederbelebt wurde. Fürseinen Besitzer Ángel Rodriguez Vidalbesteht kein Zweifel, dass „das wich-tigste im Weinberg der Boden und dieErtragsmenge sind“. In den 1970erJahren hat er die Ableger seiner Rebenzur Anlage einer weiteren Martín-sancho-Rebfläche verwendet, aus de-ren Trauben sein gleichnamiger Weinsbereitet wird. Dieser junge Weißweinist hauptsächlich für den Export be-stimmt und wird wie die meisten heu-tigen Verdejos der Region erzeugt(Kaltmazeration, Kaltgärung und kurzeHefesatzlagerung in Edelstahltanks). Erbringt den Charakter der Sorte rechtdeutlich zum Ausdruck, mit Aromenvon Fenchel und weißer Frucht, Aus-gewogenheit, Frische, mit ausreichen-dem Körper und der für die Rebsortetypischen Bitternote.

Weingärten ausder Zeit vor derReblausplageEin weiteres, für die Verdejo historischbedeutsames Teilgebiet der Ursprungs-bezeichnung liegt in einiger Entfernungvom Flusslauf an der südöstlichen

Der Franzose Didier Belondrade pro-bierte seinen ersten Verdejo im Jahre1993. „Er zeichnete sich durch Eleganzund Finesse aus, war interessant, undim Mund gefiel mir die leichte, über-haupt nicht aufdringliche Bitternoteder Sorte.“ Einige Monate später fuhrer in die Region, aus der der Weinkam, und lernte die steinigen Bödender DO Rueda kennen. „Ich dachte andie Rhône”, gestand er. „Außerdemwar es ein relativ günstiges Gebiet,denn damals sprach in Spanien nie-mand von Weißweinen.“ Heute gehörtBelondrade zu den angesehenstenWeinkellereien der Ursprungsbezeich-nung und erzeugt 80 000 Flaschen ei-nes im Fass vergorenen und ausgebau-ten Weißweins, der sich durch Tiefe,nachhaltige Eleganz und die Fähigkeitzur Entwicklung in der Flasche aus-zeichnet. 30 % der Produktion werdenexportiert. Niemand in Rueda erreichtbei Spitzenweinen ähnliche Mengen.Die DO Rueda wurde 1980 gegründetund war die erste Ursprungsbezeich-nung in Kastilien-León. Ihre Wein -baufläche besteht aus Schwemmland-terrassen, die sich entlang des Dueround seiner Nebenflüsse im Grenzge-biet der Provinzen Valladolid, Segoviaund Ávila gebildet haben. Sie liegt zwi-schen den beiden berühmten Rotwein-regionen Ribera del Duero und Toro(Spain Gourmetour Nr. 61). Gemeinsamsind allen dreien die karge kastilischeLandschaft, die harten Winter, dieplötzlichen Frosteinbrüche und diegünstigen Unterschiede zwischen Tag-und Nachttemperatur während der

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WEIN

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VERDEJO

Weingut Ossian Vides y Vinos. Dortwerden fast ausschließlich Traubenvon wurzelechten Verdejo-Reben ausWeingärten verarbeitet, die noch in derZeit vor der Reblausplage angelegtwurden. Gegründet wurde die Bodegavon dem einheimischen Winzer IsmaelGozalo und von Javier Zaccagnini,dem ehemaligen Direktor der DO Ribera del Duero und Partner von Mariano García (Spain Gourmetour Nr.52) in der außerordentlich renommier-ten Bodega Aalto in der DO Ribera delDuero. Die exzellenten Weißen dieserKellerei zeichnen sich durch ihren aufsFeinste herausgearbeiteten Charakterdes örtlichen Terroirs aus und begei-stern im Mund durch ihr großes Volu-men und eine deutliche Mineralität sowie einen nicht selten salzigen Ab-gang. Ihre spektakulärsten Weine, derOssian und der nur in sehr geringenMengen bereitete Capitel, beide ausTrauben von zwei Weingärten mitschieferhaltigen Böden, entstehen ingroßen Holzbehältern unter Einsatzautochthoner Hefen. Sie heben sich imStil merklich von den übrigen Weißender Region ab und werden darüberhinaus auf ausdrücklichen Wunsch ih-rer Schöpfer auch noch als Vinos de laTierra de Castilla y Léon vermarktet.Das etwas jüngere Weingut Bodegas yViñedos Shaya setzt ebenfalls auf alteRebstöcke und liegt in der Nachbarge-meinde Aldeanueva del Codonal (derName geht auf das Wort codón zurück,das Kiesel bedeutet). Es gehört zurWeinkellereigruppe der Familie Gil ausder DO Jumilla (Murcia, Südostspani-en) und erzeugt zwei Weißweine, denShaya und den Shaya Habis – letztererim Fass gereift. Auch diese Weine set-zen auf ein gebändigtes Aromenprofilund samtiges Mundgefühl – zwei

Grenze der Region in der Provinz Se-govia. Es umfasst unter anderem dieGemeinde Nieva, liegt oberhalb von800 Metern und zeichnet sich insbe-sondere durch seinen deutlichen Sand-anteil in den Böden aus, wodurch esdie Reblausplage, die die Region zwi-schen 1909 und 1922 heimsuchte, un-beschadet überstehen konnte. Sogehören zu den großen Schätzen derDO denn auch insgesamt fast200 Hektar mit wurzelechten Verdejo-Reben bestockte Rebanlagen aus derZeit vor der Reblausplage sowieFlächen, die, wie es bis in die 1940erJahre üblich war, mit Direktträgern bepflanzt wurden.Viñedos de Nieva ist heute im Besitzder Gruppe Martúe de Toledo (Kastili-en-La Mancha, Südmeseta) und prä-sentierte in den 1990ern seinenWeißwein Nieva Pie Franco, der als er-ster Verdejo der DO dieser Direktträ-ger-Einzellage als Flaschenwein Aus-druck verlieh.Viele der Trauben aus altem Rebbe-stand endeten bis vor nicht allzu lan-ger Zeit in der Massenproduktion. Erstin den letzten Jahren begann man, sievon diesem Schicksal zu erlösen undaus ihnen Weine von markanter Per-sönlichkeit zu bereiten. So entstand inder großartigen Genossenschaft Agrí-cola Castellana in La Seca aus den Er-trägen der ältesten Weingärten der Ge-nossenschafter in Segovia der CuatroRayas Viñedos Centenarios, einWeißwein ohne Fassausbau, aber mitmehrmonatiger Hefesatzlagerung inEdelstahltanks. In der Nase entfaltet erfeine Anis- und Fenchelnoten und imMund zeigt er sich lebhaft und ge-schmeidig.Noch ehrgeiziger ist man in dem eben-falls in der Gemeinde Nieva gelegenen

Camino Ventosa, Belondrade

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WEIN

Merkmale, durch die sich die Gewäch-se dieses verborgenen Gebiets der DORueda von anderen Regionen deutlichabzuheben scheinen.Sie sind nicht die Einzigen, die dieVerdejo auf diese Weise interpretieren.Eulogio Calleja setzt auf den struktu-rierten Charakter der Sorte, so als han-dele es sich um „eine rote Traube ohneFarbe“, und hält sie im Mund für aus-geprägter als in der Nase. Folglichspürt er in seinen Weingärten dem Ur-sprung des „Klons aus Segovia“ nach,der dem Profil dieser Sorte seines Er-achtens nach am ehesten entspricht.Für seinen spektakulären Náiades, vondem je nach den Merkmalen des Jahr-gangs 10 000 bis 25 000 Flaschen er-zeugt werden, nimmt er Trauben vonsehr alten, im Gobelet-System erzoge-nen Rebstöcken aus verschiedenen Ge-genden der Ursprungsbezeichnung:aus der Umgebung von Tordesillas undMatapozuelos (Valladolid), aus Segoviaund aus einigen von der Reblausplageverschont gebliebenen Weingärten mitSandböden in Madrigal de las AltasTorres (Ávila), dem Geburtsort von Isabella der Katholischen (Königin vonKastilien, 1451 – 1504) und Anfangdes 16. Jahrhunderts wichtigstes Pro-duktionszentrum der Verdejo.

Jenseits derTechnologieGenerell folgen die meisten der heuti-gen Rueda-Weine einem ähnlichenMuster: leichte, aromatische Weine zusehr erschwinglichen Preisen undäußerst abhängig von kühlen Witte-rungsverhältnissen und von der Tech-nologie. Ihre Ausgangsbasis sind klareMoste, die bei sehr geringen Tempera-

turen vergoren und durch effizienteVerfahren geschönt werden. Für CésarMuñoz, einen der renommiertestenÖnologen für Rotweine in Kastilien-León „ist die Verdejo eine fügsame Sor-te, aus der sich weitaus mehr machenlässt, als es den Anschein haben mag,und die sich sehr gut in Holz verarbei-ten lässt“. Bei seiner Arbeit in der Bo-dega Montebaco, einem der zahlrei-chen Weinerzeuger der DO Ribera delDuero, der sein Rotweinangebot umeinen Rueda ergänzt hat, stehen dieReife der Traube und der effizienteEinsatz der Hefen im Mittelpunkt. ImRahmen seines eigenen Projekts, CésarMuñoz Selecciones, keltert er aus denTrauben von ca. 75 Jahre alten Reb-stöcken aus Weingärten, die jenseitsder Grenzen der DO Rueda liegen, sei-nen Verdejo-Wein Alter Enos. Bei die-sem im Fass ausgebauten Gewächs,das als Vino de la Tierra de Castilla yLeón vermarktet wird, kommt es ihmvor allem auf die Struktur und das Vo-lumen im Mund an.Zweifelsohne sind die Erzeuger derherausragendsten Rueda-Weine darumbemüht, die Konzentration ihrer Wei-ne zu erhöhen. Obwohl die meistenrenommierten Bodegas mit Traubenaus traditionellen Rebanlagen arbeiten,deren Rebstöcke sowohl im Gobelet-System als auch am Drahtrahmen er-zogen werden (beide gelten als Liefe-ranten von Qualitätstrauben), findensich gerade aus diesem Grund unterden Anhängern der ersten Methodebesonders engagierte Verfechter. FürLuis Hurtado de Amézaga, technischerLeiter bei Vinos de los Herederos deMarqués de Riscal“, schützen die krie-chend wachsenden Arme der Verdejodie Rispen vor zu starker Sonnenein-strahlung. Dadurch verliert die Pflanze

Kirche von Rueda

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VERDEJO

weniger Feuchtigkeit und die Mostesind aromatischer und besser in derLage, die Säure zu halten. Dank derdicken Schalen verfaulen die Beerennicht und die Rispen können sogar fastauf dem Boden liegen“. Eulogio Callejabestätigt, dass „die meisten nach imGobelet-Schnitt erzogenen Rebstöckeauf für sie idealen Böden stehen undzwar durchgehend in trockenen Ge-genden, was die Genügsamkeit derPflanzen im Hinblick auf den Wasser-bedarf verdeutlicht. Da sie in der Regelerst spät reifen, kommt es zudem zueinem geringeren Säureverlust und dieresultierenden Weine zeigen sich aus-gewogener und strukturierter“. Diemeisten Winzer, die den Drahtrahmenbevorzugen, entscheiden sich für diemanuelle Lese, weil sie auf diese Weiseschon im Weingarten eine Auswahl derTrauben treffen können.Ein weiterer entscheidender Qualitäts-faktor ist der für alle Winzer geltendeErtrag der Weingärten. Die vom Kon-trollrat für die Verdejo zugelasseneObergrenze liegt bei 8000 kg pro Hek-tar bei Pflanzungen mit Gobelet-Erzie-hung und bei 10 000 kg am Spalier.Nach Meinung von Jesús Yuste, For-scher am Instituto Tecnológico Agrariode Castilla y León (Landwirtschaftli-ches Technologie-Institut von Kastili-en-León), der die Arbeiten für die Klo-nenselektion der Verdejo leitete undein Buch über ihren Rebschnitt ge-schrieben hat, „ist es möglich, in gutgepflegten Weingärten mit adäquatemGrünschnitt hochwertige Erträge von8000 kg zu erzielen. Für die Bereitungvon Spitzenweinen sollte der Ertrag al-lerdings stärker eingeschränkt werden,um die erforderliche Konzentration zuerreichen“.

Die Krise der letzten Jahre scheint die DO Ruedavollkommen ignoriert zu haben. Der überwältigendeErfolg ihrer duftigen, sehr zugänglichen Weißen ausVerdejo hat zu einer beispiellosen Entwicklung inder Region geführt. Noch zu Beginn des letztenJahrzehnts waren gerade einmal 3000 Hektar mitdieser Rebsorte bestockt und zum Zeitpunkt derletzten Lese 2011 hat sich ihre Rebfläche bereitsauf 10 000 Hektar ausgedehnt. Somit verwundertes nicht, dass fast alle großen Unternehmensgrup-pen des spanischen Weinpanoramas entschiedenhaben, einen Rueda in ihr Weinsortimentaufzunehmen. Es ist der meist getrunkeneWeißwein in Spanien – nur übertroffen von denWeinen der DOCa Rioja, der DO Ribera del Dueround der DO Valdepeñas.

Darüber hinaus macht sich die Verdejo auf denWeg jenseits ihrer Grenzen. Nachbarregionen wiedie DO Tierra de León und DO Tierra del Vino deZamora, in denen sie bisher eine untergeordneteRolle spielte, zeigen zunehmend Interesse an ihrund beginnen, Verdejo-Weine auf den Markt zubringen. Zudem ist die Sorte auch in den DOsCigales, Arribes und Toro sowie in dem riesigenGebiet Vino de la Tierra de Castilla y León zuge-lassen. Mit dem Jahrgang 2011 hat die DOCigales, die sich insbesondere aufgrund ihrerRosés und in letzter Zeit auch aufgrund ihrerRotweine einen Namen gemacht hat, die Bereitungvon Weißweinen unter ihren Schutz gestellt. ImZuge dieser Neuerung wurde unter anderem einaus der Verdejo gekeltertes Gewächs auf denMarkt gebracht, obgleich die Sorte mit derzeit nur40 registrierten Hektar kaum eine Rolle in dieserRegion spielt.

Im südlichen Teil der spanischen Hochebene gibtes ebenfalls einige Ursprungsbezeichnungen, in de-nen die Verdejo anzutreffen ist, wie die DO La Man-cha, die größte Weinbauregion der Welt, in der dieRebsorte im letzten Jahrzehnt zugelassen wurde,sowie die DOs Valdepeñas, Almansa undManchuela. In diesem ausgedehnten Gebiet sindinsgesamt 3200 Hektar mit ihr bestockt, wovon1700 Hektar allein auf die DO La Mancha entfallen.

Aber auch die DOCa Rioja nahm die Verdejo in ihreListe neuer weißer Rebsorten auf und genehmigtihre Anpflanzung seit 2007. Es besteht kein Zweifel,dass diese weiße Rebsorte derzeit voll im Trendliegt. Es bleibt allerdings die Frage, ob diese Wein-baugebiete der Verdejo die adäquate Kombinationvon Klima und Böden bieten können, damit sie sichdort auf natürliche Weise anpassen kann, wie es inder DO Rueda in idealer Form der Fall ist.

Die Verdejo,eine erfolgreicheTraube auf demWeg der Expansion

Weinberg von Belondrade

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Protos, eines der interessantesten Pro-jekte der DO Ribera del Duero undeine der wenigen Bodegas der Region,die eine eigene Weinkellerei in der DORueda errichtet hat, hat sich für denMittelweg entschieden. Für ihren jun-gen Verdejo, von dem 750 000 Fla-schen abgefüllt werden, verarbeiten sieTrauben aus Weingärten mit durch-schnittlich 18 Jahre alten Rebstöckenund einem Ertrag, der 8000 kg proHektar nicht übersteigt. Im Falle desim Fass gereiften Protos Verdejo Fer-mentado en Barrica hingegen, von demnur 5000 Flaschen abgefüllt werden,liegt der Ertrag der von Hand gelese-nen und auf Sortiertischen selektiertenTrauben nur bei 5500 bis 7000 kg proHektar.Belondrade erntet weniger als 5000 kgpro Hektar, José Pariente und BodegasNaia durchschnittlich 6000 kg für ihrejungen Verdejos und Palacio de Bornosebenfalls 6000 kg für ihren im Fassvergorenen Weißen, mit dem sie eineVorreiterrolle in dieser Gegend einge-nommen haben. Weitaus größere An-sprüche stellen sie an ihren Palacio deBornos Vendimia Seleccionada. Er istkonzentrierter und wird nur in wirk-lich herausragenden Jahren aus Trau-ben erzeugt, die aus ca. 70 Jahre altenWeingärten stammen. Die Erträge der wenigen wirklich altenRebanlagen, die es noch in der Gegendgibt, sind sehr niedrig. Man muss sichnur die in der Zeit vor der Reblauspla-ge angelegten Weingärten von Ossiananschauen. Angesichts der ausgelaug-ten Böden in der Umgebung von Nievaund der ehrwürdig uralten Rebstöckekann man dort kaum noch von Erträ-gen sprechen.Diese Bodega gehört zudem zu den we-

nigen, die seit ihren Anfängen mit au-tochthonen Hefen arbeitet. Auch Be-londrade hat diesen Weg vor einigenJahren eingeschlagen. Didier gestehtjedoch, dass diese Vorgehensweisenicht ganz einfach ist, denn es sind in-tensive Laboruntersuchungen erforder-lich und zudem sind die Hefen vonJahr zu Jahr unterschiedlich. DieWeinkellerei Marqués de Riscal ver-wendet für die Bereitung ihrer beidenSpitzenweine Finca Montico (in Edel-stahltanks unter aufwendigem Einsatzvon Hefen erzeugt) und Limousin (imFass ausgebaut) natürliche Hefen. LuisHurtado von Amézaga betont, dass„das Sortenprofil zwar reiner und authentischer, die Gärung allerdingsschwieriger ist, da die autochthonenHefen nicht immer die niedrigen Tem-peraturen vertragen“. Seine Auswahl-kriterien für autochthone Hefen mitguter Eignung für die Kaltgärung fin-den seit dem Jahrgang 2011 Anwen-dung.

Hefen, Barriques,Bottiche, Eier…Das Thema „Hefen“ wird viel diskutiertin der DO Rueda, zumal sich seit eini-gen Jahren verstärkt herauszustellenscheint, dass sie einen deutlichen Ein-fluss auf die aromatische Struktur derWeine haben und eher kraftvolle undexotische Aromen hervorbringen, dieetwas an die Sauvignon Blanc erinnern.Während Didier Belondrade die grasi-gen Noten und den leichten Bittertonals sortentypische Eigenschaften vertei-digt, glaubt Luis Hurtado von Amézaga,dass „ein Verdejo nach Fenchel undweißen Blüten duften und einen Hauchvon Kräutern besitzen muss“.

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WEIN

Rebflächen (Gegend La Seca)

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VERDEJO

der Wechsel vom klassischen 225 Literfassenden „Barrique Bordolaise“ hinzu größeren Fässern. Der gesamte Bestand an Holzfässern besteht bei Be-londrade heute aus 300-Liter-Fässern,und Betriebe wie Ossian und José Pariente verwenden unterschiedlicheGrößen von bis zu 500 Litern. „Der zukünftige Weg zur Qualitätführt nicht notwendigerweise durchdas Barrique-Fass, doch mir persön-lich gefallen die Holznoten in denVerdejo-Weinen“, meint Eulogio Cal-leja und erinnert sich, dass dieWeißweine der Region früher in Fou-dres vergoren wurden. Er selbst arbei-tet mit großen Holzfässern. Sein jun-ger Weißwein Naia, dem schon im-mer eine kleine Menge Barrique-Weinzugesetzt wurde, enthält heute einen20 %igen Anteil an Verdejo-Weinenaus Holzbottichen.Damit aber noch nicht genug. José Pa-riente und Ossian experimentieren beider Gärung mit 1600 Liter fassendenBetonbehältern in Form von Eiern.Der Wein, den ich bei Ossian probier-te, erschien mir von beeindruckenderReinheit und brachte das Terroir unddie Sorte sehr gut zum Ausdruck. Ma-riví Pariente, Eigentümerin der BodegaJosé Pariente, geht noch einen Schrittweiter und präsentiert dieses Jahr ei-nen neuen Wein, den sie nach dieserMethode bereitet. Er heißt José Parien-te Cuvée Especial und ist nur in einersehr geringen Menge von 3000 Fla-schen erhältlich. Sie hat für die Berei-tung dieses Gewächses die Trauben ih-res Lieblingsweingartens in La Secaausgewählt, der mit ca. 35 Jahre alten,im Gobelet-System erzogenen Reb-stöcken bestockt ist. Somit zeigt sich,

Telmo Rodríguez, einer der internatio-nal renommiertesten spanischen Öno-logen mit Projekten in zahlreichen Re-gionen, geht sogar noch weiter undwill zweifellos provozieren, wenn ersagt: „Vom Profil der Rebsorte zu spre-chen, ist absurd. Große Weine duftennicht nach der Sorte. Wir wollen denAspekt verstehen, der dem Boden amnächsten liegt, jene Bereiche, in denendie Verdejo den Ort am besten zumAusdruck bringt, an dem sie wächst.“Etwas über 10 Jahre, nachdem er indie Region gekommen war, um einenWeißen mit gutem Preis-Qualitäts-Ver-hältnis zu keltern (Basa: 50 000 KistenJahresproduktion und ein Exportanteilvon 80 %), hat er seinen ersten Verde-jo der Spitzenkategorie auf den Marktgebracht: El Transistor. Das unver-wechselbare Profil dieses Weins spie-gelt das breite Spektrum der zahlrei-chen Weingärten wider, aus denen sei-ne Trauben stammen. Bereitet wird erin den unterschiedlichsten Behältern:Barriques unterschiedlicher Altersstu-fen und Größen, große Holzbottiche,Edelstahltanks, Betoneier… Das Ergeb-nis im Glas ist harmonisch, komplexund elegant. Zweifelsohne wird diesesKonzept zu neuen Überlegungenführen.Die Verdejos mit den derzeit bestenBewertungen werden zwar im Fassvergoren, doch sind alle darumbemüht, die spürbare Präsenz der Ei-che auf ein Minimum zu reduzieren.In der Bodega Marqués de Riscal wur-de die Ausbauzeit des Limousin auf ca.6 Monate verkürzt und zudem ver-wendet man für den Ausbau jetzt Fäs-ser mit einem Fassungsvermögen von600 und 800 Litern. Damit beginnt

Alter Rebbestand in der DO Rueda

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dass es zahlreiche Wege gibt, mit derVerdejo zu arbeiten und mindestenseine Handvoll Bodegas, die diese Wegevoller Energie und mit viel Engagementbeschreiten.Die letzte Feuerprobe steht diesen Wei-nen allerdings noch bevor, denn siemüssen beweisen, dass sie sich für dieFlaschenreifung eignen. Für Telmo Ro-dríguez „wird ein Wein nur dann wirk-lich gut, wenn er reift und seinen Sor-tencharakter verliert. Er muss in derLage sein, etwa fünf bis sieben Jahre inder Flasche zu reifen“. Viele der in die-sem Artikel erwähnten Verdejos schnei-den in der dritten Prüfung nach dreioder sogar vier Jahren glänzend ab, wo-bei allerdings anzumerken ist, dass diemeisten von ihnen relativ neu sind.Mehrere Male hatte ich die wunderbareGelegenheit, einen sechs und siebenJahre in Flaschen gereiften Palacio deBornos Vendimia Seleccionada zu pro-bieren, und Didier Belondrade, der von

sich behaupten kann, länger als jederandere seiner Weggefährten in der Ur-sprungsbezeichnung tätig zu sein, legtfür seine Weißen die Hand ins Feuer:„Ich unterschreibe jederzeit, dass einBelondrade acht Jahre oder sogar mehraushält – sofern es ein großer Jahrgangist.“ Die vertikale Verkostung anläss-lich des 15. Jahrestags der Bodega, dieer vor drei Jahren in Madrid veranstal-tete, gab ihm Recht, und das ist einvielversprechendes Omen für die be-sten spanischen Verdejo-Weine.

Amaya Cervera ist Fachjournalistin fürspanische Weine. Sie war Chefredakteurinbei der Zeitschrift Sibaritas und Mitgliedder Verkostungsjury des Guía Peñín. Siewar für Publikationen wie Robb Reporttätig, zeichnet derzeit verantwortlich fürden Inhalt von Todovino und ist Mitgliedder Verkostungsjury des Führers La GuíaTodovino.

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WEIN

Weinberg von Belondrade

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42 JANUARY-APRIL 2012 SPAIN GOURMETOUR

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MAI-AUGUST 2012 SPAIN GOURMETOUR 43

REIS Vielseitig und lecker

Seit ihn die Araber (711-1492) vor mehr als tausend Jahren einführten, wirdin Spanien Reis angebaut. Deshalb ist Reis, der weitaus vielseitiger als jedesandere Grundnahrungsmittel ist, aus der traditionellen Landesküche nichtwegzudenken. Aus etwas Knoblauch, Tomaten und beliebigem anderenGemüse oder Hülsenfrüchten entsteht im Handumdrehen eine köstlicheeinfache Mahlzeit, und nimmt man dazu noch Hummer oder Garnelen, dannkann sich das Gericht auf jeder königlichen Tafel sehen lassen. „Paella!“,werden viele Leser jetzt denken, und zweifelsohne ist Paella immer noch dasbekannteste spanische Gericht. Aber Reis und Gourmetköche haben es inden letzten zwei Jahrzehnten weit gebracht. Traditionelle und neue Rezeptezeigen, dass Reis eine hervorragende Inspirationsquelle war und ist.

TextAnke van Wijck/©ICEX

FotosAmador Toril/©ICEX

ÜbersetzungGerhard Paul/©ICEX

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Nahezu 900 000 Tonnen Reis werdenin Spanien jedes Jahr in acht imganzen Land verteilten Anbaugebietengeerntet. Einen näheren Blick wollenwir in diesem Artikel jedochhauptsächlich auf die geschützten Ur-sprungsbezeichnungen (g.U.) werfen,die auf einer Süd-Nord-Achse alle imOsten Spaniens liegen: Calasparra(Murcia), Valencia und Delta del Ebro(Tarragona in Katalonien). Obwohl eskeine grundlegenden Unterschiedezwischen ihnen gibt, baut jedes dieser

Gebiete die Sorten an, die sich am be-

sten an die jeweiligen Böden und Kli-

mabedingungen angepasst haben.

Dennoch fallen weniger als 20 % der

gesamten Reisproduktion des Landes

unter den Schutz einer g.U., denn der

umfasst nur die traditionellen Sorten

und garantiert die Homogenität und

Qualität jedes einzelnen mit einer

g.U.-Nummer versehenen Pakets. Reis

ist zwar ein ausgesprochenes Tradi-

tionsprodukt, gleichzeitig aber auch

ein Quell der Inspiration. Für die Zu-

bereitung eines traditionellen Reisge-

richts, ganz gleich welcher Art, sind

nicht nur aus praktischen, sondern

auch aus gastronomischen Gründen

selbstverständlich regionale frische

und auch haltbare Zutaten erforder-

lich, und das gilt ebenso für die inno-

vativere Kochkunst. Nur ist dort die

Palette der Zutaten und Kochtechni-

ken breiter und es kommt zunehmend

mehr Kreativität ins Spiel. In Spanien

wird Reis selten als Beilage serviert,

sondern spielt zumeist die tragende

Rolle eines Gerichts und wirkt sich im-

mer auch auf dessen sensorischen Ge-

samteindruck aus.

Pioniereder QualitätBereits 1986 erhielt der Calasparra-Reis als erste Getreideart in Spanienden Status einer g.U. Die GemeindeCalasparra liegt im Binnenland imNordwesten der Autonomen Gemein-schaft Murcia (Südosten Spaniens). DieLandschaft ist eher schroff, mit wie zu-fällig in die Höhe ragenden, pinienbe-deckten Felsformationen, die in derAbenddämmerung und im Morgen-grauen in einen bläulichen Schleiergehüllt eine nahezu orientalische At-mosphäre entfalten. Man mag kaumglauben, dass es in dieser Gegend riesi-ge Reisfelder gibt. Und dennoch, inden von den Flüssen Segura und Mun-do bewässerten Flussebenen wird dankdes kühlen, reinen Gebirgswassers unddes natürlichen Bewässerungssystemsseit vielen Jahrhunderten weithin ge-schätzter Spitzenreis produziert. „Nurdie Ernte erfolgt mittlerweile mit Ma-schinen. Das Bewässerungssystem undandere landwirtschaftliche Verfahrensind seit der Zeit der Araber nahezuunverändert geblieben“, erklärt NatiAznar, eine bekannte Lebensmittel-

REIS

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g.U. Calasparra

www.docalasparra.com (Englisch, Spanisch)

g.U. Arroz de Valencia

www.arrozdevalencia.org (Englisch, Spanisch)

g.U. Arroz del Delta del Ebro

www.do-deltadelebre.com (Katalanisch, Spanisch)

Websites

Bahía Balilla x Sollana

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historikerin, deren umfassende Unter-suchung Reis in Spanien: Geschichte,Landwirtschaft und Gastronomie kurzvor der Veröffentlichung steht. Obwohl der gesamte in den g.U.-Ge-bieten produzierte Reis der SorteOryza sativa L. (Unterart japonica) an-gehört, werden dort zahlreiche ver-schiedene Kulturvarietäten angebaut.Der absolute Star unter den spanischenReissorten ist zweifelsohne jedoch derpreisgekrönte Bomba-Reis, der in je-dem dieser drei g.U.-Gebiete anzutref-fen ist. Seine perlige Form deutet aufeinen beachtlichen Stärkegehalt hin(Analysen bestätigen einen erhöhtenAmilosegehalt), dem er seine hoheSaugfähigkeit verdankt. Aufgrund sei-ner Härte und besonderen Strukturbricht er jedoch kaum und bleibt festund locker. Darüber hinaus ist Bombaeine feinere Sorte mit geringeren Erträ-gen und einer brüchigeren Pflanzen-struktur, die eine sorgsamere Pflege er-fordert. Aus diesem Grund ist er min-destens doppelt so teuer wie andereRundkornreissorten, was auch diehäufige Verwendung der Sorte Balilla xSollana erklärt, die ebenfalls in der ge-schützten Ursprungsbezeichnung

Calasparra angebaut wird. Sie wirdinsbesondere deshalb gewählt, weil diePflanze fester ist und höhere Erträgebringt. Ihr Korn ähnelt dem von Bom-ba-Reis und saugt Flüssigkeit ebenfallshervorragend auf. Da er allerdings einegewisse Neigung zum Verkleben be-sitzt, muss man beim Kochen beson-ders aufmerksam oder erfahren sein,damit er nicht verkocht. Während derBomba nur als weißer Reis produziertwerde, erklärt José Ruiz, Direktor derwichtigsten Genossenschaft Virgen dela Esperanza, vermarkte man als Ant-wort auf eine steigende Nachfragevor allem im Export vermehrt auchhellbraunen und Vollkornreis der SorteBalilla x Sollana. „Der Export der Reis-sorten aus Calasparra ist in den letztenanderthalb Jahren in alle fünf Konti-nente deutlich angestiegen“, sagt Ruiz.Japanisches Maki-Sushi zubereitet mitBomba-Reis aus Calasparra! Auf Einla-dung des niederländischen VanillaVenture Feinkostgroßhändlers habenRuiz und ein kleines Team drei Tagelang vor über 90 Küchenchefs gezeigt,was man mit Reis alles machen kann.Das Institut für landwirtschaftlicheForschung und Entwicklung in Murcia

und die Universität von Murcia arbei-ten derzeit an einer Studie zur Ent-wicklung von gereiftem Reis mit „Cri-anza“, um gewisse kulinarische Eigen-schaften dieser Getreidesorte zu ver-bessern.In Calasparra liegt am Ende der male-rischen Calle Mayor die HospederíaConstitución. Dort bezaubert KöchinManuela de Paco ihre Gäste mit dentraditionellsten Reisgerichten aus Mur-cia (hier werden sie nicht Paella ge-nannt, sondern einfach nur arroz bzw.Reis): arroz con pollo (Reis mit Huhn),arroz con conejo y caracoles (Reis mitKaninchen und Schnecken) und arrozviudo („verwitweter Reis“). In dieserseit jeher armen Region war Reis mitetwas Huhn eine weit verbreitete Spei-se. Reis mit Kaninchen und Schneckenwurde sonntags serviert und das be-scheidenste aller Reisgerichte, der „ver-witwete Reis“, wurde lediglich mitKnoblauch, getrockneten, rundenñora-Paprikaschoten, Gewürzpaprikaund weißen Bohnen zubereitet. Alldiese Zubereitungsarten sind gleicher-maßen köstlich, außerordentlichschmackhaft und trotzdem leichtbekömmlich – nicht zuletzt aufgrund

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Halbvollkornreis Balilla x Sollana Vollkornreis Balilla x Sollana

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der angenehm dünnen, genau auf denPunkt gegarten Reisschicht in derPfanne.Für all jene, die in der Gegend nachinnovativen Reisgerichten suchen,führt kein Weg am Restaurant El Oli-var im nahegelegenen Moratalla vor-bei. Der Inhaber und Chefkoch FiroVázquez, einer der wenigen Food Gu-rus in Murcia, ist Experte unter ande-rem in der kreativen Interpretation tra-ditioneller Reisgerichte: ein leicht nus-siger, bekömmlicher brauner Reis mitGemüse, kurz überbacken mit fein ge-riebenem, reifem Käse aus Murcia oder

REIS

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Halten Sie von jetzt an Ausschau nachdem Siegel Paella Valenciana Tradi-cional con DOP Arroz de Valencia. Obwohl die Zutaten selbst für dieseregulierte Paella je nach Ort undJahreszeit variieren können, sollten zumindest 10 Zutaten immer enthaltensein: Olivenöl, Hühnchen, Kaninchen,frische reife Tomaten, ferraura und gar-rafó (flache grüne bzw. länglich-flacheweiße Bohnen aus der Region), Wasser,Salz, Safran und natürlich Reis der g.U.Valencia. Darüber hinaus gibt es eineReihe regionaler und jahreszeitlicherVariationen mit Zutaten wie Ente ausder Gegend von L’Albufera, g.U-Ar-tischocken aus Benicarló, tavella (eineweitere typische Bohnensorte), vaque-tas (Bergschnecken), pimentón (einGewürzpaprika aus Spanien),Knoblauch oder frischem Rosmarin.Sicherlich haben Sie kein Zitrusholzzur Hand, um damit Feuer zu machen,doch das sollte Sie nicht daran hindern,sich an einer Paella zu versuchen.

Und die echtePaella ist…

Bahía

Balilla x Sollana

Halbvollkornreis Balilla x Sollana

Vollkornreis Balilla x Sollana

Bomba

sein köstlicher Reis mit Kaninchenund wilden Pilzen. Ganz gleich, fürwelches Gericht Sie sich entscheiden:Lassen Sie unbedingt etwas Platz fürdas Dessert! Denn Vázquez serviert diespanische Nachspeise schlechthin, denarroz con leche, einen sehr leichtenMilchreis in zarte, mit etwas Honig be-träufelte, knusprige Vol-au-vents ge-füllt. Eine Köstlichkeit, die Sie für eini-ge Minuten in die zauberhafte Weltvon 1001 Nacht entführt. Angesichts dieses Erfolgs ist der Be-trieb Probicasa auf den Zug aufge-sprungen und hat ein praktisches Pro-dukt auf den Markt gebracht: zwei Do-sen, von denen eine die Grundzutatenund die Brühe enthält, und die zweite,kleinere Dose 150 g Calasparra-Reis.Zusätzlich benötigt man nur noch einePfanne, etwas Wasser, eine Prise Salzzum Abschmecken und zwanzig Mi-nuten Zeit, um sich jedem als perfekterKoch eines exzellenten Reisgerichtsaus Murcia zu präsentieren!

Paella Valencianaund noch viel mehrWir reisen nun etwa 250 km in nord-östliche Richtung an die Mittelmeer-küste. Anders als in Calasparra, kom-men wir hier nach nicht enden wol-lenden Orangenplantagen in eineLandschaft, die langsam in dieFeuchtgebiete der L’Albufera überge-hen, ein Naturpark unmittelbar süd-lich der Hauptstadt Valencia, wo derberühmte Reis aus Valencia angebaut

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wird und die weithin als Wiege derPaella bekannt ist.Die Paella Valenciana ist zweifelsohnedas typischste aller spanischen Gerich-te. Das es sowohl hier als auch im Aus-land häufig nicht den Erwartungenentspricht, ist kein Geheimnis. Ausdiesem Grund hat eine Gruppe besorg-ter Küchenchefs und Restaurantbesit-zer aus der Region Valencia, angeführtvon Rafael Vidal, Besitzer des legen-dären Restaurants Levante in Benisanó,und unterstützt durch so berühmtePersönlichkeiten aus der Welt der Ga-stronomie wie Adriá, Arzak, Ruscalledaoder Subijana, eine Initiative ins Lebengerufen, um ein Regelwerk für diesesemblematische Gericht auszuarbeiten,und den Antrag auf Schutz durch dieg.U. Arroz de Valencia zu stellen. Miteinem positiven Bescheid wird für An-fang 2012 gerechnet. Wer immer dannin seiner Speisekarte die BezeichnungPaella Valenciana benutzen möchte,muss eine Reihe von Voraussetzungenerfüllen (siehe Kasten). Santos Ruiz, Geschäftsführer des Kon-trollrats der g.U. Arroz de Valencia inSueca (Austragungsort des alljährlichstattfindenden Internationalen PaellaWettbewerbs), sagt dazu Folgendes:„Wir bauen nur traditionelle Sortenan.” Neben dem Bomba schützt dieg.U. Arroz de Valencia noch zwei wei-tere Sorten, die sehr ähnlichen Bahíaund Senia, die höhere Erträge bringenund damit preisgünstiger sind, aberauch schneller zum Verkochen neigen.Nach fortlaufenden Forschungen wur-

de kürzlich eine neu entwickelte Sorte,die Albufera, aufgenommen. Sie besitztdie Cremigkeit der Bahia und Senia,aber beim Kochen auch eine Festigkeitund Körnigkeit ähnlich dem Bomba.Zu ihrer festen Fangemeinde gehörenmittlerweile auch zahlreiche Küchen-chefs. Dennoch ist laut Ruiz die stei-gende Beliebtheit des Bomba sowohl inprivaten Haushalten als auch in Re-staurants phänomenal. „Anders als dasbei vielen Hausfrauen der Fall ist, gibtes unter den Anhängern der gehobe-nen Esskultur mehr und mehr Ge-nießer, die weniger auf den Preis ach-ten“, erklärt er. „Besonders Köche, diein größeren Mengen einkaufen, kön-nen in dieser Hinsicht etwas sorglosersein, sodass der Bomba-Reis für sie die

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Kastilien-LaMancha

Reg

ionVa

lencia

Katalonien

Gleva

Montsianell

Senia

Tebre

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Tebre Senia

erste Wahl ist, um ein gutes Ergebniszu erzielen.“ Das trifft natürlich auchauf den Export zu. Kaum von Bedeu-tung ist in diesem Zusammenhang dieProduktionsmenge von Vollkornreis.„Er gehört einfach nicht zur Tradition“,wie Ruiz dazu lediglich anmerkt.Traditionell ein Muss ist allerdings diePaella in einem der wohl zwanzig stetsgut besuchten Restaurants am herrli-chen Malvarosa-Strand im valenciani-schen Hafenviertel – vielleicht sogarnach dem Besuch des schönen Reismu-seums, das sich gleich um die Ecke be-findet. Neben dem noblen Hotel LasArenas liegt das La Rosa, eines der alt-eingesessenen Häuser, das bereits 1925seine Tore öffnete. In einer offenenKüche kocht Julio Saura dort auf ei-nem riesigen, mit Holzkohle befeuer-ten gusseisernen Herd verschiedeneVersionen des arroz caldoso (Reistopf)

und des arroz meloso (cremiges Reisge-richt), aber auch seine fantastischen,vielfältigen Paellas, die zum Abschlussimmer noch für zwei Minuten in denOfen wandern. Natürlich steht hier ne-ben dem Reis auch Fisch im Mittel-punkt, der direkt aus der nahegelege-nen Fischbörse (lonja de pescado)kommt, die besonders nachmittags umfünf einen Besuch wert ist, wenn dieBoote im Hafen einlaufen, um ihrekostbare Fracht zu löschen. Valencia ist heute eine aufregende, viel-seitige Stadt, die auf keiner Rundreisedurch Spanien fehlen darf. Gekonntvereint sie Tradition und Moderne, Ar-chitektur und Kultur mit einer köstli-chen und vielfältigen Küche. Auf kei-nen Fall sollte man einen Besuch imRiff versäumen, einem kleinen, gemüt-lichen Restaurant mit einem Michelin-Stern, das von Küchenchef Bernd Knöl-

ler betrieben wird. Unschwer ist amNamen zu erkennen, dass Knöller keinSpanier ist. Er stammt aus Deutsch-land und wurde im Schwarzwald undin Italien ausgebildet. Vor fast zwanzigJahren besuchte er Valencia und ent-schied zu bleiben. „Ich habe keine va-lencianische Großmutter, und deshalbhatte ich einige Mühe“, gesteht er,„doch diese Küche ist mir sehr ansHerz gewachsen und ohne dogmatischsein zu wollen, kann ich behaupten,dass 95 % meiner Zutaten aus der Re-gion stammen.” Reisgerichte stehen imMittelpunkt seiner Speisekarte. Nachden knusprigen Bomba-Algen-Chipsverführt Knöller seine Gäste mitscheinbar einfachen, in Wahrheit aberaufwendig zubereiteten Gerichten wieeinem saftigem Albufera-Reis mit Del-ta-Austern, dem traditionellen arroz“brut” (schmutziger Reis) nach seiner

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Art, dem er nach und nach eine Extra-portion natives Olivenöl extra ausCaudiel beimengt und mit etwas pul-verisierten getrockneten Sepia-Innerei-en bestäubt, Reis und Gemüse mittransparentem, frischem Ibérico-Speckoder Hühnchenreis mit Spänen vonschwarzen Trüffeln aus Sarrión. Wiegesagt, auf keinen Fall versäumen!

BodenständigkeitUngefähr 200 km weiter nördlichstoßen wir in der Provinz Tarragona ander Mündung des größten Flusses inSpanien auf das am Mittelmeer gelege-ne Delta del Ebro und das gleichnamigeNaturreservat, ebenfalls ein Ökosy-stem, das dank der Reiskultur überle-ben konnte. „Die Reisfelder spieleneine entscheidende Rolle für die Erhal-tung und das Überleben dieser Feucht-

gebiete“, sagt Ignasi Ripoll, der fürSEO/Birdlife (die spanische Vogel-schutzorganisation) den experimentel-len ökologischen Reisanbaubetrieb RietVell leitet, der sich teilweise durch denVerkauf von Bio-Reis finanziert.Die g.U. Arroz Delta del Ebro schützteine Reihe von Reissorten (Bahia, Bom-ba, Fonsa, Gleva, Montsianell, Seniaund Tebre). Die Leiterin der Ur-sprungsbezeichnung, Teresa Moya, er-klärt, dass neben dem geschätztenBomba auf dem Markt auch die ausge-zeichnete und etwas günstigere,hauptsächlich am linken Ebroufer an-gebaute und von Arrossaires del Deltavermarktete 100 % Gleva Extra zu fin-den sei, ebenso wie die 100 % Montsi-anell Extra, die am rechten Ebrouferangebaut und von Cámara Arroceradel Montsiá vermarktet wird. Im Hin-blick auf den steigenden Konsum von

Reis und seiner Nebenprodukte hebtMoya eine seiner wichtigen Eigenschaf-ten hervor: Im Gegensatz zu anderenGetreidesorten ist Reis glutenfrei. Ange-lina Sancho, die junge und hochmoti-vierte Exportleiterin von Arrossaires, be-richtet, dass ca. 17 % der Produkte desBetriebs exportiert werden – hauptsäch-lich nach Osteuropa und in den NahenOsten. Spanischer Reis finde zweifelsoh-ne immer mehr Abnehmer jenseits derLandesgrenzen. Derzeit bereitet sie eineHandelsmission nach Westafrika vor. Nur wenige Kilometer entfernt befindetsich Mas Prades, ein typisches weiß-getünchtes Gehöft, das vor Kurzem inein kleines Hotel mit angegliedertemRestaurant umgebaut wurde. In derKüche führt Marc Curto die Regie. Erhat sich darauf spezialisiert, alte Rezeptewiederzuentdecken und ihnen mitneuartigen Texturen und Präsentationen

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Gleva Montsianell

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REIS

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Die Herausforderung, der sich wohl jederHobby- oder Profikoch gegenübersieht,besteht darin, das richtige Verhältnis vonReis und Flüssigkeit zu treffen. Ganz gleich,wie das Endergebnis aussehen soll –trocken, wie Paella, cremig (meloso) odereintopfartig (caldoso), im Ofen gegart (alhorno) oder mit Kruste (con costra): DieQualität eines Reisgerichts hängt von demrichtigen Gleichgewicht zwischen dergewünschten Aufnahme derGeschmacksstoffe und der Endkonsistenzab. Keine leichte Aufgabe, wenn man be-denkt, dass selbst ein versierter Koch undBerater wie Santos Ruiz hervorhebt, oderbesser gesagt warnt, dass Wasser je nachHöhe über dem Meeresspiegel, Klima, at-

mosphärischem Druck, der jeweiligenHitzequelle (Holz, Gas, Elektroherd usw.)und -intensität, der Art des Gargefäßes,seinem Abstand zur Hitzequelle und natür-lich der Reissorte unterschiedlich reagiert.Während sich einige dieser Faktoren nichtkontrollieren lassen, kann man andere zurVerbesserung des Endergebnisses beein-flussen.

Trotzdem sollen hier einige Grundregelnvorgestellt werden:

- Bomba: ca. 3 Teile warme Flüssigkeit(Wasser oder Brühe) auf einen Teil Reis beieiner Garzeit von ca. 20 Minuten

- Alle anderen erwähnten Sorten: ca. 2,5Teile warme Flüssigkeit auf einen Teil Reis

bei einer Garzeit von 17-18 Minuten

- Es wird generell empfohlen, den Reis jenach gewünschter Endkonsistenz 2 bis5 Minuten stehen zu lassen, sobald er vonder Kochstelle genommen wurde.

- Natürlich schwellen die Reiskörner, ins-besondere die der Japonica-Sorten, beimGaren auf das Zwei- oder sogar Dreifacheihrer Originalgröße an. Deshalb sollte diein die Pfanne gegebene Reisschicht sehrdünn sein. „Jedes Korn braucht Platz,um die Geschmacksstoffe in sichaufzunehmen“, erklärt Teima vom Restaurante Sol.

Fakten und Zahlen

örtliche Restaurants wie das RestauranteSol. Hier, im ersten Stock mit Blick aufdie silbrig glänzende See und das in ei-niger Entfernung gelegene, unverkenn-bare Delta-Ufer, kümmert sich Mari Tereum die Bedienung der Gäste, währendihre Tochter, wie zuvor schon ihre Mut-ter und ihre Großmutter, für die Kücheverantwortlich ist. Neben zahlreichenanderen traditionellen Gerichten wiedem fantastischen arroz negro (mit Tin-tenfischtinte geschwärzter Reis) bereitetsie auf erstklassige Weise den sogenann-ten arrossejat zu, ein typisches, ur-sprünglich auf Fischerbooten zubereite-tes Fischergericht. Es besteht im We-sentlichen aus Reis, der in einem ausKartoffeln und einem gerade verfügba-ren Stück Fisch gekochten Fischsud ge-gart wird, der zuvor mit einer schmack-

neues Leben einzuhauchen. Zu seinenSpezialitäten gehören ein hinreißendescremiges Reisgericht mit galeras (eineregionale Krebsart) und in der Gegendangebauten Artischocken und Pastetenmit baldana (Blutwurst mit Reis). Curtoist ein überzeugter Anhänger des„0 km“-Konzepts von Slowfood undhat natürlich schon eine entsprechendeMitgliedschaft beantragt. „Vor unsererHaustür haben wir das Meer, den Flussund die Berge sowie Obst- und Gemü-segärten. Warum also sollten wir unswoanders umschauen?“, sagt er. Anaund ihr Bruder Luis leiten die Enten-farm Granja Luisiana, von der Marc En-ten und Foie gras bezieht, einer seinerPartner beliefert ihn mit Fisch undMeeresfrüchten, insbesondere mit derberühmten ostrón-Auster aus dem Delta

(eine knorrig aussehende, aber köstli-che lokale Art), frisch geräucherten Aalerhält er von dem Betrieb Roset, unddie traditionelle, jeden Donnerstagfrisch zubereitete baldana kommt vonDel Paulo, dem Schlachter, der seineFamilie schon seit jeher versorgt. Siegehören einer neuen Generation an,die die Gegend nicht verlässt, denndank des Internets haben sich ihreMöglichkeiten deutlich verbessert, ihreGeschäfte weiterzuführen und sogarauszubauen. Facebook, Twitter, Blogs,was auch immer… Sie alle nutzen die-se neuen Kanäle ausgiebig.Da, wo die Reisfelder bis ans Mittel-meer reichen, liegt L’Ampolla, das soge-nannte „Tor zum Delta“. Trotz der vie-len Touristen ist es ein Fischerdorf ge-blieben und der tägliche Fang beliefert

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haften picada aus gerösteten Mandeln,Knoblauch, Olivenöl und Paprikapul-ver sowie einem Spritzer Essig verfei-nert wurde. Der Name arrossejat weistauf ein leichtes Anbraten des Reises ineinem einfachen sofrito aus Zwiebeln,Knoblauch und Safran hin. Sobald derReis etwas Farbe angenommen hat,wird die Brühe hinzugegeben. Mankann es kaum abwarten, bis diese gold-gelbe Paella endlich serviert wird.

Und jetzt Sie!Da Spanien sich im Laufe der letztenbeiden Jahrzehnte einen sicheren Platzin der weltweiten Gastro-Szene eroberthat, findet man heute in Großstädtenüberall auf der Welt Groß- und Einzel-händler, die sich auf spanische Lebens-

mittelprodukte spezialisiert haben. Ge-nerell sind sie über das Internet zu er-reichen und bieten ein breites Sorti-ment an Spezialitäten, zu dem selbst-verständlich auch verschiedene spani-sche Reissorten gehören, die oftmals inansprechende Säckchen verpackt sind.Selbstverständlich können Sie bei derZubereitung eines exzellenten Reisge-richts daheim ihr Bestes geben undwirklich brillieren, doch den Besucheines auf Reisgerichte spezialisiertenRestaurants im Heimatland dieser vor-züglichen Reissorten ersetzt das wohlkaum. Die ideale Jahreszeit für einederartige kulinarische Reise sind dieMonate Mai, wenn sich in den geflute-ten Feldern der klare blaue Himmelspiegelt, und Juni, wenn eine leichte

Brise sanft über die unendlich schei-nenden, hellgrünen Reisfelder streichtund die Märkte angefüllt sind mitGrünzeug und anderen frischen Pro-dukten. Wenn Sie in Zukunft also anPaella denken, dann denken Sie im-mer auch an den herrlichen spani-schen arroz.

Anke vanWijck Adán ist Soziologin undhat an der Boston University einen Ma-ster in Gastronomie gemacht. Ihre Artikelsind in The Boston Globe erschienen.

Besuchen Sie unsere Websitewww.foodsfromspain.com, wo Sie unter„Products & Recipes“ umfassende In-formationen über spanische Produktefinden.

Bomba

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Früher wurde auf den masíasgenannten Gehöften zur optimalenAusnutzung der Ressourcen derBackofen nur einmal wöchentlicheingeheizt, und darin wurden außerBrot viele verschiedene Dinge wieSchmor- und Reisgerichte, süßeNäschereien und in der Restwärmesogar Konserven zubereitet. FürOfenreis gibt es nicht nur ein Rezept,sondern es werden je nach Gegendder Provinz Valencia Zutatenweggelassen oder hinzugefügt,manchmal sogar geschlagenes Ei,damit der sogenannte arroz en costra(Reis mit Kruste) entsteht.

FÜR 10 PERSONEN Für die Brühe: 1,5 kg Schweinerippchen;

4 Schweinepfötchen; 2 Schweinsohren;

400 g weiße Rübe; 300 g Kichererbsen

(am Vorabend eingeweicht).

Für die Beilage: 3 Zwiebel-Butifarras;

700 g Schweinerippchen;

10 Schweinepfötchen; Lorbeer; Pfeffer; Salz.

Für das sofrito: 2 l Olivenöl; 1

Knoblauchknolle; 250 g Kartoffeln in Scheiben;

200 g Tomate in Scheiben; 250 g weiße Rübe

in Stücken; 900 g Reis der Sorte Balilla x

Sollana der g.U. Calasparra.

BrüheAlle Zutaten in einen Topf geben,die Kichererbsen dabei unbedingtin ein Netz füllen, mit Wasserbedecken und bei geringer Hitze90 Minuten köcheln lassen. DieBrühe durchseihen und beiseitestellen. Die Kichererbsen ebenfallsbeiseite stellen.

BeilageDie Butifarra in Scheiben schneidenund beiseite stellen. DieSchweinerippchen in Kochbeutelgeben und 14 Stunden bei 65 ºCgaren; vom Knochen lösen undbeiseite stellen. DieSchweinepfötchen mit Lorbeer,Pfeffer und Salz garen; vomKnochen lösen, in eine rechteckigeForm geben und beiseite stellen.

Sofrito Das Olivenöl in einer Tonformerhitzen, den Knoblauch, dieKartoffeln, die weißen Rüben unddie Tomate darin anbraten. DieZutaten herausnehmen und denReis anbraten. Sobald der Reis gutangebraten ist, die Zutaten dessofrito (Kartoffel, weiße Rübe,Knoblauch und Tomate) und dieKichererbsen aus der Brühehinzugeben. Dann mit doppelt so

viel Brühe wie Reis aufgießen undbei 185 ºC 23 Minuten im Ofengaren. Nach 15 Minuten im Ofen dieRippchen, die Schweinepfötchenund die auf dem heißen Eisenangebratene Butifarra-Wurstzugeben.

PräsentationDer Ofenreis wird in der Formserviert, in der er gegart wurde. FürEinzelportionen oder wenigePersonen können auch gusseiserneFörmchen verwendet werden.

Garzeit80 Minuten

Zubereitungszeit20 Minuten

Empfohlener WeinFinca Terrerazo 2009 von BodegasMustiguillo (Vino de la Tierra ElTerrerazo). Mit diesem Wein machtsein Autor Toni Sarrión diegroßartigen Eigenschaften derRebsorte Bobal deutlich. Im Mund istder Wein kräftig und zeichnet sichdurch seine gute Struktur aus. 18Monate Ausbau in französischerEiche sorgen für fleischige, weicheTannine, die ihm einen elegantenund gut ausbalancierten Abgangverleihen.

Die Weine wurden vonJulio Biosca ausgewählt,dem Chef de salle undSommelier desRestaurants Julio

Fotos RezepteToya Legido/©ICEXund Tomás Zarza/©ICEX

ÜbersetzungCordula Danco/©ICEX

José LuisUngidos*

OFENREIS(Arroz al horno)

* Mehr über diesen Kocherfahren Sie in dem ArtikelEinblicke

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Auf den masías im Landesinnern vonValencia wurde für den harten WinterGemüse angebaut und man schlachteteein Schwein. Aus denlandwirtschaftlichen Produkten unddem Schweinefleisch wurde danndieser cremige Reis gekocht, in demArtischockenstängel im Vordergrundstehen.

FÜR 10 PERSONEN Für die Brühe: 150 g natives Olivenöl extra;

150 g Schweinelende oder -rippchen;

125 g Pfeffermilchlinge (Lactarius piperatus);

15 Safranfäden; 25 g Tomatenmehl;

75 g getrocknete Tomaten; 300 g weiße Rübe;

600 g Artischockenstängel; 225 g

Schweinepfötchen; 550 g Saubohnen (am

Vorabend eingeweicht) (ergibt ca. 7 l Brühe).

Weitere Zutaten: 700 g Schweinerippchen;

700 g Kinnstück vom Schwein; 10

Schweinepfötchen; Maldon-Salzflocken;

700 g Reis der Sorte Senia der g.U. Arroz de

Valencia; Lorbeer; Pfeffer; Salz.

Zum Anrichten: 70 g Pfeffermilchlinge; 20 g

getrocknete Tomate; 4 Safranfäden; 75 g

weiße Rübe, gewürfelt; 125 g

Artischockenstängel, gewürfelt; Salz.

TomatenmehlDie Tomaten überbrühen, enthäutenund die Haut bei 70 ºCdehydratisieren. Nach vollständigerTrocknung pulverisieren, bisTomatenmehl entstanden ist.

Getrocknete TomateDie zur Herstellung des Tomatenmehlsüberbrühten und enthäutetenTomatenherzen vierteln und bei 70 ºCauf Antihaftpapier dehydratisieren.

BrüheIn dem Olivenöl die Rippchen und dieSchweinelende anbraten und vomFeuer nehmen, sobald das Fleisch etwasFarbe genommen hat. Das Fleisch in

einen Schmortopf geben, die Pfeffer-milchlinge, den Safran, das Tomaten-mehl, die getrockneten Tomaten, dieweiße Rübe, die Artischockenstängel,das Schweinepfötchen und die in einNetz gefüllten weißen Bohnenhinzufügen. Alles mit Wasser bedeck-en und 3 Stunden schwach köchelnlassen. Bei zu starker Hitze wird dieBrühe trüb. Abseihen und beiseitestellen.

ReisBei der Zubereitung dieses Gerichtswird das Verfahren desunterbrochenen Kochvorgangsverwendet: Jedem Liter Brühewerden je 125 g Reis hinzugefügt.Dieser wurde 8 Minuten in Brühevorgekocht, abgeseiht und soschnell wie möglich abgekühlt. Inin einem hermetisch schließendenBehälter hält sich der Reis so bis zu48 Stunden.

SchweinepfötchenDie Schweinepfötchen mit Lorbeer,Pfeffer und Salz gar kochen. DasFleisch vom Knochen lösen und ineine rechteckige Form geben.Einmal in Form gebracht in 10Portionsstücke schneiden undbeiseite stellen.

Schweinerippchen undKinnstückDie Schweinerippchen und dasKinnstück in Kochbeutel gebenund 14 Stunden bei 65 ºC garen.die Rippchen vom Knochen lösenund die Schwarte des Kinnstücksentfernen. Von den Rippchenund dem Kinnstück je 10 Portions-stücke abschneiden. Beiseitestellen.

AnrichtenDie Pfeffermilchlinge, diegetrocknete Tomate und dieSafranfäden anschwitzen, dieBrühe hinzufügen und aufkochenlassen, die weiße Rübe und dieklein geschnittenenArtischockenstängel hinzufügen.Erneut aufkochen lassen, den Reiszugeben und 4 Minuten garen,dabei immer wieder kochendeBrühe zufügen, damit das Gerichtdie cremige Konsistenz einesRisotto bekommt. Erneut mit Salzabschmecken.

Präsentation Den Reis auf einem tiefen Telleranrichten und darauf pro Portionje ein Stück Schweinepfötchen,Kinnfleisch und Rippchenplatzieren. Mit Maldon-Salzflockenbestreuen.

Garzeit17 Stunden

Zubereitungszeit45 Minuten

Empfohlener WeinUno 2009 (DO Valencia) vonBodegas Rafael Cambra. DieserRote aus der Rebsorte Monastrellmit 14-monatigem Ausbau vereintperfekt die Merkmale der Traube,des Terroirs, auf dem die Rebengedeihen, und desMittelmeerklimas. Seine Farbe,seine Struktur und seineGeschmacksnuancen sind kraftvollund zugleich fruchtig, ideal zurBegleitung dieses cremigenReisgerichts.

Reis mit Artischockenstängeln bzw.

CREMIGER REIS(Arròs amb penques o arroz caldoso)

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REIS

Zwei klassische Reisgerichte mitFisch der Region Valencia sind derArròs del senyoret (Reis mit Fisch undMeeresfrüchten ohne Gräten undSchalen) und Arròs a banda (Reis mitverschiedenen Fischsorten).Inspiriert von diesen beidentraditionellen Rezepten schufen wirein modernes Gericht mit kreativenElementen wie einem Eis ausKalmartinte.

FÜR 10 PERSONEN Für den Fischfond: Natives Olivenöl extra; 2

Zwiebeln; 4 Möhren; 2 Lauchstangen; 3 kg

kleine Suppenfische; 4 l Wasser.

Für das sofrito bzw. salmorreta: 11,5 l

Olivenöl; 3 Knoblauchzehen, gerieben; 75 g

ñora-Paprika; 50 g Paprikapulver; 10

Safranfäden; 350 g Tomate, gerieben.

Für das Eis mit Sepia- und Kalmartinte:

1 Zwiebel; 1 grüne Paprika;

1 Knoblauchzehe; 300 g Abschnitte von

Sepia und Kalmar; Tinte von Sepia und

Kalmar nach Geschmack (das Endergebnis

muss tiefschwarz sein); 1,5 l Rotwein;

1,5 l Fischfond aus Kalmar und Sepia.

Für den Reis: 250 g natives Olivenöl extra;

250 g frische Sepia, gewürfelt; 250 g Kalmar-

Fangarme, gewürfelt; 150 g

Garnelenschwänze, gepellt; 150 g

Miesmuschelfleisch; 900 g Reis der Sorte

Bomba der g.U. Arroz del Delta del Ebro.

Weitere Zutaten: 250 g frischer Kalmar,

nudelartig geschnitten; 10 blaßrote

Tiefseegarnelen; grobes Salz.

FischfondDas Gemüse rundherum kurzanbraten. Sobald es Farbegenommen hat, die kleinenSuppenfische hinzufügen und mitWasser bedecken. Auf kleinsterFlamme etwa 20 Minuten köchelnlassen. Abseihen und beiseite stellen.

Sofrito bzw. salmorretaDas Öl erhitzen und darin denKnoblauch anschwitzen; diekleingeschnittene ñora, das Paprika-pulver und die Safranfäden hinzufü-gen. 2 Minuten auf kleinster Flammedünsten und die geriebene Tomatehinzufügen. Alles zusammen15 Minuten auf kleiner Flammeköcheln lassen.

Eis mit Sepia- und KalmartinteZwiebel und grüne Paprika inBrunoise schneiden. Zwiebel,Paprika und Knoblauch bei kleinsterHitze anschwitzen, die Sepia- undKalmar-Abschnitte hinzufügen, mitdem Rotwein ablöschen und so vielAlkohol wie möglich davonverdampfen lassen. Das Ganze mitdem Kalmar-Sepia-Fonds bedecken.Etwa 20 Minuten bei großer Hitzegaren, jedoch ohne den Kochpunktzu erreichen, dann die Tintehinzufügen und ständigabschäumen. Erneut mit Salzabschmecken und in Pacojet-Behätereinfüllen. Im gefrorenen Zustandzerkleinern, bis eine sehr cremigeKonsistenz erreicht ist.

ReisDie Sepia und die Fangarme desfrischen Kalmars anbraten. Den Reishinzufügen und bei mittlerer Hitzegaren. Die salmorreta zugeben und

mit der kochenden Brühe auffüllen(in der Proportion von 1 Teil Reis auf2 Teile Brühe). Die ersten 5 Minutenlang ständig bewegen, dann 15Minuten ohne Rühren garen. Nach18 Minuten die Garnelenschwänzeund die Miesmuscheln hinzufügen.Das Braten der blassroten Garnelenerfolgt auf einem mit grobem Salzbedeckten heißen Eisen. Darauf dieGarnelen platzieren und braten (einemittelgroße Garnele benötigt aufjeder Seite ca. 4 Minuten).

PräsentationDen Reis in eine rechteckige Formgeben, ihn dabei jedoch nichtzusammendrücken, damit er körnigbleibt. Darauf den nudelartiggeschnittenen Kalmar und eineGarnele sowie unmittelbar vor demServieren das schwarze Eis anrichten.Darum herum mit etwasTomatenmehl garnieren.

Zubereitungszeit1 Stunde 15 Minuten

Empfohlener WeinTrío Infernal 0/3 2010 (DOCaPriorat) von Bodegas CombierFischer Gérin. Dieser Weißwein ausden Sorten Garnacha Blanca undMacabeo von mehr als 40 Jahre altenWeinstöcken zeichnet sich durchkräftiges Aromenspiel undinteressanten Geschmack aus.Deutlich ist das perfekteZusammenspiel des Ausbaus – 12Monate in französischer Eiche – undder mineralischen Noten desSchiefers zu spüren, ebenso wie dieWärme des mediterranen Sommers.Eine perfekte Wahl zu diesemGericht.

KÖRNIGER REIS mit Fisch und Meeresfrüchten

(Arroz seco de pescado y mariscos)

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BROT,eine Delikatesse

Brot ist in Spanien sicherlich das Grundnahrungsmittel schlechthin, doch alsGourmetprodukt wurde es erst vor Kurzem entdeckt. Wirklich gutes Brot istauf dem Vormarsch, meint Paul Richardson.

Das Comeback spanischerTraditionsbrote

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TEXTPAUL RICHARDSON/©ICEX

FOTOSAMADOR TORIL/©ICEX

ÜBERSETZUNGGERHARD PAUL/©ICEX

BROT

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Brot ist ein grundlegendes Lebensmit-tel der westlichen Ernährungsweise.Seit Jahrhunderten wird es im öffentli-chen Bewusstsein praktisch mit „Nah-rung“ gleichgesetzt. Wirklich überra-schend ist das kaum, denn im Wesent-lichen ernährte sich die Bevölkerungvon Brot und einigen wenigen anderenDingen. Die zentrale Rolle von Brot in der spa-nischen Kultur kommt sogar in derSprache zum Ausdruck. Über 150 Re-densarten, Ausdrücke und Reime rundum das Brot werfen ein faszinierendesLicht auf die Eigenarten der spani-schen Ernährungs-und Lebensweiseund zeugen von der besonderen Stel-lung, die das Brot in der Volkskultureinnimmt.Die historische Bedeutung des Brotesfür die spanischen Essgewohnheitenspiegelt sich zudem in seiner Verwen-dung als Zutat in der Landesküche wi-der. Das Kochen mit Brot kann fastschon als eine kulinarische Unterkate-gorie der Kochkunst bezeichnet wer-den. Erinnert sei hier an die herzhaftenSuppen und Eintopfgerichte, bei derenZubereitung altbackenes Brot verwen-det wird (gazpacho – eine kalte Suppeaus Tomaten, Paprika, Gurke und Brotgewürzt mit Knoblauch und Essig – istdas wohl prominenteste Beispiel, dichtgefolgt von sopes mallorquines – eineauf dünne Scheiben trockenen Brotsgeschöpfte Gemüsesuppe - und derspanischen, mit Knoblauch zubereite-ten Brotsuppe sopa de ajo). Nicht zuvergessen aber auch die insbesondereauf dem Land überall in Spanien be-liebten migas (Krumen von altbacke-nem Brot, die leicht mit Wasser be-feuchtet bei geringer Hitze mit Öl oderSchweineschmalz sowie einer Reihe

süßer oder würziger Beigaben vor sichhin schmoren). Ferner gibt es unzähli-ge Gerichte, bei denen Brot zum Ein-dicken von Soßen verwendet wird, wiein der katalanischen Küche, und nichtzuletzt natürlich auf Brot basierendeDesserts wie torrijas (frittierte Tunk-schnitte)Urlaubern in Spanien fällt häufig auf,dass in Restaurants oder Bars an denTischen oder am Tresen Brot zu denGerichten gereicht wird, und dass dieGäste üblicherweise in der einen Handein Stück Brot halten, während sie mitder anderen essen. Der Schein trügt je-doch, denn Spanien hat ein zuneh-mend schwierigeres Verhältnis zumBrot. Es gab Zeiten, da zählten die Spa-nier zu den größten Brotkonsumenten:1964 lag der Pro-Kopf-Verbrauch nochbei 134 kg. Bis 2009 sank dieser auf40 kg, womit Spanien in der EU denletzten Platz einnimmt. Die Ursachenfür diesen Wandel sind komplexer Na-tur und hängen zum einen mit verän-derten Lebensgewohnheiten und zumanderen mit der allgemeinen (wennauch falschen) Annahme zusammen,Brot mache dick. Während der Verzehrvon großen Mengen Brot über Jahr-hunderte andere Ernährungslückenausglich, fungiert Brot heute häufig alsUnterlage für andere, köstlichere undluxuriöse Speisen. Damit hat das Brot in der spanischenErnährungskultur seinen Spitzenplatzeingebüßt. Gleichzeitig hat sich die ga-stronomische Qualität des Produktstendenziell verschlechtert. Ein Großteildes heute verzehrten Brots wird indu-striell hergestellt, ohne dass dabei be-sonderer Wert auf Geschmack undTextur gelegt wird. Das Aufkommenvorgebackenen Brots, das tiefgefroren

in die Verkaufsstellen gelangt, hat dazugeführt, dass frisch gebackenes Brot anOrten verkauft wird, wo niemandmehr Ahnung vom Backen hat, bei-spielsweise in rund um die Uhr geöff-neten Läden und Tankstellen. Paralleldazu wurden aber auch traditionelleSorten wieder eingeführt und die Zahlder Spezialbrote in unzähligen Formenund Größen ist exponentiell angestie-gen. Brot hat in Spanien seinen be-scheidenen Status hinter sich gelassen;es ist zu einem Gourmetprodukt avan-ciert und scheint entschlossen, einenSiegeszug in der privilegierten Fein-schmeckerwelt anzutreten.

Das Comebackdes BrotsDie Dinge ändern sich. Nach Jahr-zehnten der generellen Unterbewer-tung feiert das Brot endlich ein Come-back – dieses Mal allerdings als Deli-katesse mit starkem gastronomischenPotential. Beispielgebend für diesenTrend auf höchstem Niveau ist dieeinflussreiche Gastro-Messe MadridFusion, bei der es 2011 und 2012 ei-nen speziellen Bereich für das Brot-programm gab – insbesondere um esals Grundelement der Restaurations-branche zu präsentieren. Konsens be-steht auf der diesjährigen Messe wohldarüber, dass die Restaurants in Spa-nien endlich anfangen, die Möglich-keiten handwerklich hergestelltenBrots zu erkennen und Küchenchefsvermehrt dazu übergehen, ihr Brotselbst zu backen oder auf den Serviceeines Meisterbäckers ihres Vertrauenszurückgreifen. Die Sterneköche OriolRovira von Els Casals (ein Michelin-

HAUPTGANG

Links, Pan de Neda.Rechts, Pa Moreno aus xeixa-Weizen

Titel von oben nach unten und vonrechts nach links: Pan de Alfacar, Pan deValladolid (lechuguino), Pan de Neda,Pan de Alfacar (Ring, kleines Stangenbrotund Laib), Pan de Cea, katalanisches Pade Pagès (Bauernbrot) und Pa Morenoaus xeixa-Weizen.

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Stern), Jordi Roca von El Celler deCan Roca (drei Michelin-Sterne) undStarbäckerin Anna Bellsolà (BäckereiBaluard) stimmen darin überein, dassdas in Restaurants gereichte Brot sorg-fältiger auf die jeweiligen Menüs ab-gestimmt sein könnte und sollte,denn für jedes Gericht gibt es durch-aus eine passende Brotsorte. Vor ei-nem Jahr präsentierte die Messe einenfaszinierenden Workshop mit DanielJordà, der der dritten Generation ei-ner Bäckersfamilie aus Barcelona an-gehört, die dort seit 1927 in derBackstube steht. Jordà, eine Leitfigurder gerade anrollenden Brotrevolutionin Spanien, sagt, seine Mission beste-he darin, „der Backbranche eine neueAusrichtung zu verleihen und daslangweilige Image der Belanglosigkeitloszuwerden, dass Brot sich in denletzten Jahren erworben hat, um ihrihre Würde und Qualität zurückzuge-ben“. In seiner Bäckerei La Trinidadführte Jordà wieder traditionelle Re-zepte für Sauerteigbrote mit längererGehzeit ein und setzt auf innovativeProdukte wie Olivenbrot und origi-nelles „Autorenbrot“ (pan de autor),ungewöhnliche Kreationen unter an-derem mit weißer Schokolade, Erd-beeren, Wasabi, Melone und Ibérico-Produkten.Bevor wir aber unseren Blick auf dieZukunft richten, müssen wir uns denWurzeln zuwenden. Spanien besitztzweifelsohne ein breites Spektrum antraditionellen Brotsorten. Und es las-sen sich bei genauerem Hinsehen im-mer noch regionale Eigenheiten beimBrot erkennen. Kastilien (Zentralspa-

nien) ist historisch gesehen das Kern-land des sogenannten pan candeal.Der Begriff leitet sich von der verwen-deten Weizensorte ab, die wenigerFeuchtigkeit und einen geringerenGlutengehalt als üblich besitzt. DerTeig für das Candeal-Brot wurde übli-cherweise gestreckt und nicht gekne-tet, und man ließ es nur einmal ge-hen, damit ein kompakter Laib mitdichter Krume und dicker, goldgelberKruste entstehen konnte. Candeal-Brot war und ist vor allem in seinenUrsprungsprovinzen Zamora und Val-ladolid außerordentlich beliebt, aberauch in Extremadura, Andalusien undKastilien-La Mancha anzutreffen. Derfaszinierende Brot-Blog Madridtiene-miga empfiehlt das traditionelle Can-deal-Brot von La Mari, das sie in ihrerBäckerei in dem kleinen Dorf Ruideraim Süden Zentralspaniens in derNähe der schönen Süßwasserlagunenvon Ruidera herstellt.Weitere traditionelle Brote aus Cande-al-Weizen sind bollo sevillano, telera ausCórdoba und die berühmten panes deValladolid (Brote aus Valladolid). Letz-tere haben eine ganz besondere Ge-schichte. Sie werden seit dem 9. Jahr-hundert hergestellt und gehörten zuden Lieblingsbroten von Kaiser Karl V.(1500-1558), der das Rezept von Val-ladolid (Nordwestspanien) mit nachdem im Gemeindeverband La Vera(Südwestspanien) gelegenen Klostervon Yuste nahm, seinem letzten Rück-zugsort. Das bekannteste dieser klassi-schen Candeal-Brote aus Valladolid istdas lechuguino, das seinen Namen denkonzentrischen Kreisen auf seiner Kru-

ste verdankt, die ihm das Aussehen ei-ner Blüte bzw. eines Salatkopfes verlei-hen. Der Laib ist rund und flach mitvier oder fünf hochgewölbten Spitzenund besitzt eine matte, weiche, gold-farbene Kruste. Das lechuguino ist bisher noch nichtoffiziell als traditionelles Produkt ge-schützt wie das Candeal-Brot Pan deCruz aus Ciudad Real. Dieses außerge-wöhnliche Brot war das zweite in Spa-nien, das sich (seit 2009) mit dem Sie-gel der geschützten geografischen An-gabe (g.g.A.) Pan de Cruz de CiudadReal schmücken darf. Seine Ursprüngereichen zurück bis ins 13. Jahrhun-dert, als die Gegend um Almagro undManzanares (zwei Städte im südlichenZentralspanien) von dem 1158 ge-gründeten Calatrava Militärorden be-herrscht wurde. In jenen Tagen undbis vor relativ kurzer Zeit war die Pro-vinz Ciudad Real ein wichtiger Getrei-deproduzent – einschließlich Candeal-Weizen – und das Pan de Cruz ist seitjeher eng mit der Küche La Manchasverbunden.Migas, tostas (eine Scheibe Brot belegtmit einer oder mehreren kulinarischenKöstlichkeiten) und picatostes (inSchweineschmalz oder Olivenöl gebra-tene Brotscheiben, normalerweise mitZucker bestreut) werden – im Idealfall– sämtlich aus dieser Brotsorte herge-stellt. Das Eintopfgericht Guiso de lasBodas de Camacho, das sich an einerHochzeitsszene in Miguel de CervantesDon Quijote (Roman aus dem frühen17. Jahrhundert) inspiriert, kommtebenfalls nicht ohne frittiertes Pan deCruz aus, denn es ist in diesem köstli-

BROT

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Pan de Valladolid (lechuguino) Pan de Payés Pan de Cea

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chen Eintopf aus Hühnchenfleisch,Zwiebeln, Eidottern und Weißweineinfach unverzichtbar.Unverwechselbare Erkennungszeichendes kompakten, runden Laibs des Pande Cruz de Ciudad Real sind der überdie gesamte Oberfläche gezogene,kreuzförmige Einschnitt und das inden Boden des Brots eingestochene,für Calatrava stehende „C“. Schneidetman durch die kastanienbraune Krustezeigt sich die dichte, weiche und kon-sistente Krume ohne Löcher. Die kom-pakte Textur wird zum Teil mit der ge-ringen Luftfeuchtigkeit in diesem Teilvon La Mancha erklärt. Laut Informa-tionen des Kontrollrats der geschütz-ten geografischen Angabe sollte sichein Pan de Cruz unangeschnitten un-gefähr eine Woche lang halten. Francisco Tejero, ein Bäckereiberateraus Madrid (1992 in Paris zum Meisterin der Welt des handwerklich herge-stellten Brots gekürt) erklärt, dieseBrotsorte sei einst außerordentlich be-liebt gewesen, dann aber im Laufe des20. Jahrhunderts immer mehr in Ver-gessenheit geraten. Unter den Gour-

mets aus Ciudad Real gelte sie heutewieder als sehr geschätzte Sorte.

Gegen den StrichDas Interesse an traditionellem Brot istoft die Folge eine persönlichen Aha-Er-lebnisses. Ich selbst kann mich nochsehr gut an das erste Mal erinnern, alsich merkte, dass die spanische Brot-bäckerei mehr zu bieten hat als dieomnipräsente barra de pan, diese lange,weiße Standardbrotstange, die es über-all in Läden und Supermärkten gibt.Ich fuhr durch das nordwestspanischeGalicien und kam in einen Ort, derden Ruf hatte, eine der schmackhafte-sten, handwerklich erzeugten Brotsor-ten Spaniens herzustellen. Ich hielt vorder ersten Bäckerei, die ich in San Cri-stóbal de Cea sah, und kaufte einenBrotlaib, von dem ich schon fast dieHälfte gegessen hatte, noch bevor ichOrense erreichte. Dem guten Ruf despan de Cea, das so ähnlich wie heuteschon seit mindestens 700 Jahren inder Region Carballiño gebacken wird,geht dem Siegel der geschützten geo-grafischen Angabe voraus, das dieses

Brot als erstes in Spanien schon fünfJahre vor dem Pan de Cruz aus CiudadReal erhielt. Das pan de Cea ist bau-chig und länglich, und seine dicke,dunkle und zähe Kruste wird auf derOberseite häufig mit einem tiefen Ein-schnitt versehen, der sich im Ofen weitöffnet und dem Laib sein typischeszweigeteiltes Aussehen verleiht. Wieviele andere der besten Brote auf dieserWelt handelt es sich um ein Sauerteig-brot, d.h. die Gärung wird nicht mitfrischer Hefe in Gang gesetzt, sondernmithilfe eines sogenannten Starters auseiner früheren Charge, der teilweiseüber Jahre, wenn nicht sogar Genera-tionen verwendet wird. Weitere gute Brotsorten, mag man ein-wenden, seien in Galicien leichter zufinden als in anderen Teilen Spaniens,und darüber hinaus seien die Galicierauch viel wählerischer im Hinblick aufdie Qualität ihres täglichen Brots. Zuden besonders hervorzuhebenden Bro-ten dieser Region zählen bola (Santiagode Compostela und La Coruña), bolade Porriño (Pontevedra), cornecho (San-tiago de Compostela), pan de Ousá

MANJARES

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Pan de Valladolid (lechuguino)

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(Lugo) und pan de Carballo (La Coru-ña) sowie das außergewöhnliche boro-na bzw. broa, ein schweres Maisbrotaus uralten Zeiten, das besonders vonälteren Galiciern geschätzt wird. Trotzdieses generell vielversprechendenPanoramas gibt es Orte, in denen Brotvon besonders auserlesener Qualitätanzutreffen sind. Das verbindet Cea,obwohl nicht gerade benachbart, mitNeda. Dieser kleine Ort in der nördli-chen Provinz La Coruña ist wie Ceaein Beispiel für die Kultur des gutenBrots. Obwohl das Brot aus Neda keine ge-schützte geografische Angabe besitzt,steht es schon lange im Mittelpunkt ei-ner exaltación – dem galicischen Begrifffür ein gastronomisches Fest zu Ehreneines exzellenten lokalen Produkts.Seit 1989 findet jeden ersten Sonntagim September die Festa do Pan statt,

wo man neben dem berühmten Brotauch die typischen empanadas (Paste-ten mit Fleisch-, Fisch- oder Gemüse-füllung) und panes de huevo (Biskuit-kuchen) des Ortes probierten kann.Vor Kurzem erst hat der Ort die Rutadel Pan de Neda (Brot-Route vonNeda) eingeweiht, zu der ein Rund-gang zu den alten Mühlen am Belelle-Fluss (historisch besonders wichtig fürdie Brotherstellung im Ort), ein ge-führter Besuch in einer der 20 Bäcke-reien von Neda und eine Verkostunglokaler Brote und empanadas gehört.Eine wichtige Zwischenstation derTour ist das Centro de Actividades Mo-tus, das am Flussufer in einer restau-rierten Wassermühle mit Mahlsteinenuntergebracht ist. Sie ist eine von über20 Mühlen, die teilweise bis 1950noch in Betrieb waren. Das alte Stein-gebäude ist heute ein interaktives Mu-

seum, in dem die Besucher etwas überden Mais- und Weizenanbau, dasMehlmahlen und die Kunst der tradi-tionellen Brotherstellung erfahren. Wiealle typisch galicischen Brote, so wirdauch dieses aus Mehl mit hohem Kle-bereiweißanteil gemischt mit Mehl ausverschiedenen lokalen Getreidesorten(Weizen und/oder Roggen, obwohlRoggen aufgrund seines kräftigen Ge-schmacks vorzuziehen ist) gebackenund zeichnet sich durch ausreichendeFeuchte des Sauerteigs aus, die füreine offene, zähe Konsistenz und eineköstlich knusprige Kruste sorgt. Regionale Spezialitäten in der traditio-nellen Bäckerei sorgen auf jeder gastro-nomischen Reise durch Spanien fürangenehme Überraschungen, beson-ders im südspanischen Andalusien.Das mollete, ein weiches, flaches Wei-zenmehlbrötchen aus der Stadt Ante-

BROT

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Pan de Alfacarwww.pandealfacar.es (Spanisch)

Pan de Ceawww.pandecea.org (Galicisch, Spanisch)

Pan de Cruz de Ciudad Realwww.turismocastillalamancha.com/restaurantes/denominaciones-de-ori-gen/igp-pan-de-cruz/ (Chinesisch, Englisch, Französisch,Spanisch)

Pa de Pagès Català www20.gencat.cat/docs/DAR/DE_De-partament/DE03_Normativa/DE03_05_Informacio_publica/2010/Documents/Fitxers_estatics/2010_plec_condicions_igp_pa_pages_cas.pdf (Spanisch)

Pan de Valladolidwww.pandevalladolid.es (Englisch, Spanisch)

Websites

Pan de Neda

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HAUPTGANG

quera (Málaga), ist jetzt fast überall inAndalusien und auch in anderen Re-gionen erhältlich. Es ist eine gute Wahlfür diverse Frühstücksvarianten, ange-fangen beim pantumaca (geröstetesLandbrot, auf dem Knoblauch und rei-fe Tomate verrieben wird, bestreut mitetwas Salz und beträufelt mit ausrei-chend nativem Olivenöl extra) bis hinzu fantastischen Schinkenbrötchen.Die Andalusier lieben ihre typischenBrote, insbesondere das Pan de Alfacaraus dem Städtchen Alfacar in der Nähevon Granada. Seit Jahrhunderten, min-destens seit der Zeit der arabischenHerrschaft (711-1492) und möglicher-weise noch früher, ist der Ort in derProvinz Granada bekannt für dieaußergewöhnliche Qualität seines Sau-erteigbrots aus Weizenmehl und demörtlichen Quellwasser, das häufig als

Schlüsselfaktor für dessen hohe Qua-lität genannt wird. Mit nicht wenigerals 60 Bäckereien in Alfacar und dembenachbarten Viznar ist das heimischeBrot dort eine der Säulen der Wirt-schaft. Hinzu kommt noch, dass dasPan de Alfacar unter den Broten Spani-ens letztes Jahr zum Kandidaten fürdie Beantragung einer neuen geschütz-ten geografischen Angabe auserkorenwurde. Die Schaufenster aller gutenBäckereien in Granada schmücken sichjetzt mit dem Logo des Pan de Alfacar,und das Brot wird in den renommier-testen Restaurants und Tapas-Bars derStadt serviert. Das beste Pan de Alfacarerhält man laut vielen Granadinern je-doch an einem kleinen Verkaufsstandauf der Plaza Mariana Pineda in Grana-da. Es lohnt sich also, dort für ein Pande Alfacar, knusprige regañás (sehr

dünne kleine und harte Brotfladen)und die an die italienischen Focacciaerinnernden saladillas (im Ofen ge-backene, mit groben Salzflocken be-streute Brotfladen, die regelrecht süch-tig machen) Schlange zu stehen.

Dunkel und schön?Die Einstellung der Spanier zum Brotist weitgehend bestimmt durch diejüngste Geschichte des Landes. Histo-risch war das aus feinem, kleiefreiemWeizenmehl hergestellte Weißbrot einNahrungsmittel für die betuchterenBevölkerungsschichten der Städte. DasBrot der ärmeren Landbevölkerungwar im Allgemeinen dunkel und festerund wurde gelegentlich, besondere inRegionen, in denen kein Weizen ge-deiht, aus Roggen gebacken. Die Folgewar, dass die Konsumenten des dun-klen Brots begannen, es ebenfalls ge-ringzuschätzen und nach der feinenTextur und dem milden Geschmackdes Weißbrots verlangten. Je mehrWeißbrot allgemein verfügbar wurde,desto stärker fielen die festen Brote derVergangenheit mit ihrem kräftigen Ei-gengeschmack in Ungnade. In meinerWahlheimat in Extremadura bezeich-nen meine Nachbarn alle Brotsorten,die nicht den modernen Weißbrotenmit lockerer Krume entsprechen (häu-fig aus kanadischem Mehl erzeugt, dasmit Aufhellern, Fließhilfsstoffen undanderen „Hilfsmitteln“ behandelt wur-de) als „Brot, das gerade einmal gut ge-nug für Hunde ist“.Inzwischen zeichnet sich jedoch einUmbruch ab. Die ökologische Bewe-gung in Spanien setzt sich für Voll-kornmehl und die Rückkehr zu loka-len und anderen Getreidesorten wie

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Roggen, Dinkel und Buchweizen ein.Stadtbewohner, die aufs Land ziehenund damit die sogenannte „neue länd-liche“ Bewegung bilden, verlangen nunzunehmend dunkleres Brot mit dichte-rer Textur und lehnen die bei der länd-lichen Bevölkerung beliebten pappigenweißen Stangenbrote ab. Der Kreis hatsich damit geschlossen. In größerenStädten und auf dem Lande gibt eswieder mehr und mehr nach hand-werklichen Verfahren arbeitendeBäcker, die mit Sauerteig arbeiten undeiner neuen Generation spanischerBrotkonsumenten Roggenbrote anbie-ten. „Echtes Brot“-Initiativen entstehenan den ungewöhnlichsten Orten: VorKurzem entdeckte ich das fantastischePa Moreno aus Weichweizen (ein Pro-dukt der Arche des Geschmacks derSlow-Food-Bewegung – Spain Gourme-tour Nr. 59), ein mallorquinisches Brotaus der alten Weizensorte xeixa, dasvon Tomeu Morro und BiancamariaRiso in ihrer nach handwerklicher Me-thode arbeitenden Bäckerei in derNähe von Pollença (Mallorca, Mittel-meer) hergestellt wird. Bei den Städten führt Barcelona (Kata-lonien, Nordostspanien) den neuenTrend an. Während die von einer Is-länderin und einem Katalanen gegrün-dete Bäckerei Barcelona-Reykjavik sichmit ihren herrlichen Sauerteigbroten inden trendigen Vierteln des Stadtzen-trums einen treuen Kundenstamm auf-gebaut hat, ist die Bäckerin Anna Bell-solà erfolgreich mit ihrem Holzofenund den mit Steinmühlen gemahlenenMehlen von Getreide aus biologischemAnbau, die sie in ihrer schicken Bäcke-rei Baluard Barceloneta verarbeitet.

Gleichzeitig bieten altmodische Barce-loner fleques (Bäckereien) wie Turris(hier steht der Starbäcker Xavier Barri-ga in der Backstube), Fortino, FornBoix und die bereits erwähnte La Tri-nidad ein reichhaltiges Sortiment ankräftigen Mehrkornbroten, aber auchneue Produkte wie Oliven- oder Mais-brot, Bio- oder Vollkornbrote, cocas(typischer katalanischer Blechkuchen)und Muffins, um der steigenden Nach-frage entsprechend stets ein vielfältigesAngebot bereitzuhalten.Und wo wir gerade beim Thema Kata-lonien sind: Es wäre eine Schande, die-sen kurzen Überblick über traditionel-les spanisches Brot abzuschließen,ohne das Pa de Pagès Català zu erwäh-nen. Die Bezeichnung „katalanischesBauernbrot“ klingt etwas vage, doch esunterscheidet sich deutlich von ande-ren Sorten, denn es handelt sich umeinen großen braunen Laib, dessenRadform in Spanien generell als hogazabezeichnet wird. Dieses aus Weizen-mehl hergestellte Brot besitzt eine har-te, knusprige Kruste, eine kompakte,aber relativ saftige Krume sowie deutli-che Röstnoten im Geschmack und eineangenehme Säure am Gaumen. Es istvöllig unverständlich, dass ein so be-liebtes und gern gegessenes Brot wiedas Pa de Pagès – mit Olivenöl undTomate eingerieben und über Holzfeu-er geröstet, ist es schlichtweg sensatio-nell – lange Zeit keine Anerkennungals traditionelle und somit schützens-werte Brotsorte fand. Seit Jahren mus-sten Bäcker aus ganz Katalonien fürdiese Anerkennung kämpfen, und letz-tes Jahr war es schließlich soweit: Fürdas Pa de Pagès Català wurde die ge-

HAUPTGANG

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Pan de Cruz de Ciudad Real

schützte geografische Angabe bean-

tragt. Wenn alles gut geht, dann ge-

nießt dieses klassische Brot schon bald

den Schutz, den es verdient, und steht

auf einer Ebene mit Pan de Cea, Pan

de Cruz de Ciudad Real und Pan de

Alfacar.

Die Botschaft ist klar: langweiliges spa-

nisches Brot hat schon allzu lange ein

leichtes Spiel gehabt. Die guten tradi-

tionellen Brote feiern ihr Comeback

und wollen sich eine Scheibe vom Er-

folg abschneiden.

Paul Richardson lebt auf einem Bauern-

hof im nördlichen Extremadura. Als

freischaffender Schriftsteller ist er auf Rei-

sen und Gastronomie spezialisiert und ist

Autor des Buchs A Late Dinner: disco-

vering the food of Spain („Ein spätes

Abendessen: Die Gastronomie Spaniens

entdecken“, Bloomsbury, Großbritannien,

und Scribner, USA).

Für die freundliche Mitarbeit an der

Fotoreportage danken wir der

Bäckerzunft von Alfacar, dem

Kontrollrat der g.U. Pan de Cea, dem

Kontrollrat der g.U. Pan de Cruz de

Ciudad Real, dem Forn de Pa-

Pastisseria Vilamala de Barcelona (Pa

de Pagès Català), der Gruppe Pan de

Valladolid, der Bäckerei La Nueva de

Neda (Pan de Neda) und der Bäckerei

Arc al Cel (Pa Moreno de Blat Xeixa).

Besuchen Sie unsere Website

www.foodsfromspain.com, wo Sie unter

„Products & Recipes“ umfassende In-

formationen über spanische Produkte

finden.

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HAUPTGANGDie Weine wurden vonJulio Biosca ausgewählt,dem Chef de salle undSommelier desRestaurants Julio

Fotos RezepteToya Legido/©ICEXund Tomás Zarza/©ICEX

ÜbersetzungCordula Danco/©ICEX

José LuisUngidos*

* Mehr über diesen Koch erfahrenSie in dem Artikel Einblicke

Das Brot aus Cea (Galicien inNordwestspanien) ist dascharakteristische Brot meiner Kindheit.Es gelangte auch bis in meine Heimat,das etwas weiter östlich gelegeneKantabrien. Wurde das Brot aus Ceatrocken, bereitete man darausTunkschnitten zu, genau wie in vielenanderen spanischen Gegenden. DerNorden Spaniens ist dazu noch einausgesprochenes Milchland, sodass dieTunkschnitte aus mehr als einemGrund ein willkommenes Gericht war.Die Modernisierung dieses Dessertsgelingt mir durch die Verwendung vonweißer Schokolade, die das Brot süßt,und dem Eis aus leche merengada (einMilchshake mit Eischnee, Zimt undZitrone), das gemeinsam mit demKakaosüppchen den Gaumen erfrischt.

FÜR 10 PERSONENFür die Tunkschnitte: 1 Laib Brot der Sorte

Pan de Cea (0,5 kg); 400 g weiße Schokolade;

500 g Mineralwasser; 8 g Blattgelatine;

100 g Zucker zum Karamellisieren.

Für das Kakaosüppchen: 125 g Zucker;

75 g Kakao; 3,5 l Wasser; 1,5 l Milch.

Für das Eis aus leche merengada:

1 l Milch; 150 g Eigelb; 150 g Eiweiß; 150 g

Zucker; 50 g Glukose; 40 g

Eiscremestabilisator; Schale von 2 Zitronen; 2

Zimtstangen; gemahlener Zimt zum Dekorieren.

TunkschnitteVon dem Brot 4 cm dicke Scheibenabschneiden und entrinden. DasWasser mit der Schokolade zumKochen bringen, vom Feuer nehmenund die eingeweichte Gelatinehinzufügen. Durchseihen und überdas Brot gießen, damit es sich mitder Mischung vollsaugt. DasKaramellisieren kann auf zweierleiWeise geschehen: entweder dieTunkschnitte mit Zucker bestreuenund mit einem Gourmetbrennerkaramellisieren, oder in der Pfannehelles Karamell zubereiten und dieTunkschnitte kurz hineinlegen,damit sie sich mit einerKaramellschicht überzieht. In beidenFällen sollte das Karamell nicht zudunkel sein.

KakaosüppchenDen Zucker mit dem Kakao vermis-chen. Die Milch mit dem Wasser zumKochen bringen und die Zucker-Kakao-Mischung hinzufügen. Etwaseindicken lassen, durch ein feinesSieb streichen und beiseite stellen.

Eis aus leche merengadaDie Milch mit der Glukose, demStangenzimt und den Zitronen-schalen aufkochen und ziehenlassen. Den Zucker mit dem Stabi-

lisator mischen und unter die Milchrühren. Auf 85 ºC erwärmen, durchein Sieb gießen und abkühlenlassen. Sobald die Mischung nurnoch lauwarm ist (ca. 30 ºC), das zusteifem Schnee geschlagene Eiweißunterziehen. Das Ganze in die Eis-maschine geben.

PräsentationDas Kakaosüppchen unten in denTeller geben, darauf die Tunkschnitteplatzieren, etwas Eis aus lechemerengada daneben anrichten undleicht mit Zimt bestäuben.

Zubereitungszeit25 Minuten

Empfohlener WeinCasta Diva Reserva Real von BodegasGutiérrez de la Vega. Die RebsorteMoscatel de Alejandría spielt dieHauptrolle in diesem Süßwein, derim Mund sehr frisch wirkt undeinen aromatischen Ausdruck vongrandioser Intensität besitzt, derperfekt mit dieser modernen Versioneiner Tunkschnitte harmoniert.

TUNKSCHNITTEAUS CEA-BROT und weißer Schokolade mit Eis ausleche merengada und Kakaosüppchen(Torrija de Pan de Cea y chocolate blanco con heladode leche merengada y sopa de cacao)

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Die Brotsorte Pan de Cruz aus CiudadReal ist mit seiner kompakten Krumeideal für die Modernisierung einesGerichts unseres Restaurants aus demJahr 2006, denn es lässt sich in dünneScheiben schneiden und hervorragendrösten. So konnten wir unserem aufzwei verschiedene Arten zubereitetenOktopus mit Ofenkartoffel und La-Vera-Paprikaöl einenavantgardistischen Touch geben undverschiedene Texturen, Aromen undGeschmacksnuancen ins Spielbringen. Und in Miniportionenserviert eignet es sich sogar alsFingerfood.

FÜR 10 PERSONEN1 Oktopus von 2,5 kg; 1 Laib Pan de Cruz

aus Ciudad Real zu 115-135 g;

100 g Kataifi-Teig.

Für das La-Vera-Paprikaöl:

1,5 l Olivenöl; 3 geriebene Knoblauchzehen;

75 g mildes Paprikapulver aus La Vera.

Für das Püree aus geschmorten Kartoffeln:

1,5 kg Kartoffeln; La-Vera-Paprikaöl.

Für die Knuspersnacks: Kartoffeln; violette

Kartoffeln; Yucca; rote Bete; Kochbanane;

Lotoswurzel; Olivenöl.

Für die Aromasnacks:

Rote-Bete-Blätter; Stiefmütterchenblüten;

Eiskraut; Blütenblätter von Ringelblumen.

Den Oktopus auf einem Lochblechim Dampfgarer etwa 80 Minuten bei100 ºC garen (abhängig vom Ofenkann die Garzeit länger oder kürzersein; Garpunkt durch Hineinstechenprüfen). Die Spitzen der Armeabschneiden und beiseite stellen. Mitder Schneidemaschine ½ cm dickeScheiben von dem Pan de Cruz ausCiudad Real abschneiden und imOfen bei 185 ºC rösten. Unmittelbarvor dem Anrichten die Spitzen derOktopus-Arme in Kataifi-Teig hüllenund bei 185 ºC goldgelb frittieren.

La-Vera-PaprikaölDen Knoblauch in dem Ölanschwitzen, dabei die Temperaturvon 150 ºC nicht überschreiten. Auf60 ºC herunterschalten und das mildeLa Vera-Paprikapulver hinzufügen.Gründlich vermischen, damit es sichgleichmäßig verteilt, ruhen lassenund das Öl in ein Gefäß abgießen.Das nicht gelöste Paprikapulverentfernen.

Püree aus OfenkartoffelDie Kartoffeln in Alufolie einwickelnund bei 185 ºC im Ofen garen. DieGarzeit hängt von der Größe derKartoffeln ab. Schälen, in einerSchüssel zerdrücken und mit La-Vera-Paprikaöl vermischen, bis derKartoffelbrei sichtbar gefärbt ist. MitSalz abschmecken.

Knusper- und AromasnacksDie verschiedenen Zutaten wurdenaufgrund ihrer kontrastierenden Far-

ben und Texturen ausgewählt. DieKnuspersnacks mit der Schneidemas-chine in feine Scheiben schneidenund bei 185 ºC in Öl frittieren.

PräsentationEine im Ofen frisch gerösteteBrotscheibe des Pan de Cruz ausCiudad Real mit Kartoffelpüree be-decken, eine weitere Scheibe Röst-brot auflegen, mit dem Oktopus be-decken und mit einer letztenBrotscheibe abschließen. Das Ganzemit den Knusper- und Aromasnacksdekorieren. An einer Seite die knus-prig frittierten Spitzen der Oktopus-Arme platzieren und mit etwas Pa-prikapulver bestreuen.

Garzeit80 Minuten

Zubereitungszeit20 Minuten

Empfohlener WeinSanclodio 2010 (DO Ribeiro) vonBodegas Sanclodio. Der bekanntespanische Filmregisseur und -pro-duzent José Luis Cuerda keltert ausden lokalen Rebsorten Treixadura,Godello und anderen einen Wein,der eine reine Freude ist. Er besitzteine Vielzahl an aromatischen undgeschmacklichen Nuancen. EinWein, der sich schlicht und beschei-den gibt, als Begleitung zu diesemGericht jedoch einen unschlagbarkomplexen Eindruck hinterlässt.

MILLEFEUILLEAUS PAN DE CRUZ, Oktopus, Ofenkartoffel mit La-Vera-Paprikaölsowie Aroma- und Knuspersnacks

(Milhojas de pan de cruz, pulpo, patata asada con aceite dePimentón de la Vera y snacks crujientes y aromáticos)

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Ein persönliches Projekt – das von Julio Biosca – brachte José Luis Ungidos dazu, sichum die Küche des Julio Restaurants zu kümmern. Und in knapp fünf Jahren gelang es denbeiden, sich heimlich, still und leise einen Michelin-Stern zu erarbeiten. Ihr Erfolg gründetauf einer Küche mit bodenständigen Erzeugnissen, langen Garzeiten und einer klarenAusrichtung an Texturen und Geschmack. Mit originellen, ja gewagten Kombinationen, diedennoch ehrlich, direkt und tiefgründig sind, haben sie ein Dorf von rund 1000 Einwohnern,Fontanars Dels Alforins (Valencia, Ostspanien), auf der Landkarte der Haute Cuisine platziert.

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MAI-AUGUST 2012 SPAIN GOURMETOUR 73

TextAlmudena Muyo/©ICEX

FotosTomás Zarza/©ICEX und Toya Legido/©ICEX

ÜbersetzungSusanne Kramer/©ICEX

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KJosé Luis Ungidos

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JOSÉ LUIS UNGIDOS – JULIO RESTAURANT

Stille. Man kommt in Fontanars DelsAlforins (Valencia, Ostspanien) an undhört nur das Rauschen der Kiefern undder sich im Wind wiegenden Pappeln,aber man hat das Gefühl, dass die Stilleauch diese Geräusche verschluckt. EinEindruck, der noch verständlich ist,wenn die Bäume in einer leichten Brisezu flüstern scheinen, doch völlig uner-klärlich wird, wenn ein pfeifenderWind Blätter und Zweige wild flatternlässt. Ich habe die Vorahnung, dass ichmich in einer Oase des Friedens undder Ruhe befinde. Eine Oase mit circa1000 Bewohnern, deren Dorfkneipe,seit den 50er Jahren des letzten Jahr-hunderts von der Familie Biosca Llingeführt, 2005 vergrößert und neu er-funden wurde. Bewerkstelligt hat diesJulio Biosca (aus der dritten Genera -tion), und mit im Bund waren seineSchwester Pilar und der Koch José LuisUngidos. So entwickelte sich aus der

alten Casa Julio als Ableger das neueJulio Restaurant, ein emanzipierter, in-novativer, mit einem Michelin-Sternausgezeichneter Sprössling, der in per-fekter Harmonie mit dem typischen Ge-präge der Kneipe, die ihm das Lebengab, zusammenlebt. Zwischen den bei-den gibt es nur eine Trennwand, einephysische, die das eine Lokal vom an-deren trennt, denn ihre Philosophie istidentisch, wenn auch aus unterschiedli-cher Sicht: die mediterrane Küche inEhren zu halten.Man muss fest an sich selbst glauben,braucht eine gute Dosis Mut und mussvor allem sehr klare Vorstellungen ha-ben, um den Beschluss zu fassen, einenTeil des Gastbetriebs der Familie, jenealteingesessene Kneipe, die wunderbarläuft, zu verändern, umzubauen unddaraus ein Feinschmeckerrestaurant zumachen, das zudem in einer kleinenOrtschaft und nicht gerade in nächster

Nähe wichtiger Städte liegt. Dieses Pro-jekt zu verwirklichen, ohne mit demvorher Bestehenden zu brechen, istkein leichtes Unterfangen. Sich in naht-losem Übergang unter Bewahrung dereigenen Wurzeln weiterzuentwickeln,ist alles andere als leicht, erfordert vielHartnäckigkeit und vor allem einegehörige Portion Besonnenheit.Julio scheint den Stein der Weisen ge-funden zu haben: Er hat ein großräumi-ges, gemütliches und freundliches Re-staurant geschaffen. Bei der minimalisti-schen Gestaltung spielt Holz auf den Bö-den und an Teilen der Wände dieHauptrolle. Der Innenanstrich ist weißund beige; Stores vor den großen Fen-stern lassen das Licht, aber nicht dieSonne durch, und die großen Tische –wenige, vielleicht sechs oder sieben –sind in genügend großen Abständen auf-gestellt, um ungestört von den Nachbar-gästen das Essen genießen zu können.

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TeambuildingUnd diesen Raum füllte Julio mit In-halt. Er überredete José Luis Ungidosdazu, sich um die Küche zu kümmern.Der erinnert sich: „Wir lernten uns inBilbao (Nordspanien) kennen, als ichals Küchenchef im Zortziko (ein Miche-lin-Stern) arbeitete. Julio war drei Mo-nate zur Ausbildung dort und wir ver-standen uns. Schon damals erzählte ermir, dass er vorhatte, einen Teil des Fa-milienbetriebs zu nutzen, um ein Hau-te-Cuisine-Projekt zu entwickeln. Undals er Monate später erfuhr, dass ichdas Zortziko zu verlassen beabsichtigte,rief er mich sofort an. Wir unterhieltenuns lang, und er überzeugte mich.“Als er beschloss, sich auf die Suche nachneuen Erfahrungen zu machen, war seinerster Gedanke, in seine HeimatregionKantabrien zurückzukehren, und fallsdas nicht ginge, in einer großen Stadt

sein Glück zu versuchen. „Ich war mirbewusst, dass die familiären und freund-schaftlichen Beziehungen keinen Vorrangvor dem Beruflichen haben durften. Des-halb entschied ich mich schließlich dafür,nach Fontanars – ein Dorf, das ich mirimmer wieder von Julio auf der Landkar-te zeigen ließ – zu gehen, mich einemsehr persönlichen Projekt, Julios Projekt,anzuschließen und im Wesentlichen mitihm zusammenzuarbeiten. Bei unserenunzähligen Vorgesprächen ging mir auf,dass ihm und mir das Gleiche gefiel unddass er meine Küche perfekt verstand.Ich kam zu dem Schluss, dass Julio –später Sommelier und Chef de salle desRestaurants – meine Küche hundertpro-zentig vermitteln konnte, sodass ich völ-lig beruhigt war. Ich wusste auch, dasser mir zusätzlich zu seiner Arbeit im Gastraum dabei helfen konnte, fachlichnoch besser zu werden. Und so war esdann auch.“

José Luis kam etwa sechs Monate nachdem Umbau an, und ich kann mir vor-stellen, dass er diese anhaltende Stille,die mir so sehr aufgefallen war, gefühlthaben muss, wenn auch mit melan-cholischem Einschlag. „Obwohl ichherzlichst aufgenommen und sofort in-tegriert wurde, erinnere ich mich nochan die Tage, an denen mich die Ein-samkeit nachts bedrückte.“ Nach undnach gewöhnte er sich ein, genoss dieabsolute schöpferische Freiheit: „Vomersten Tag an bestand Julio darauf,dass die Küche meine Verantwortungist und ich da die Entscheidungen tref-fe. Und daran hielten wir uns streng.Andererseits mag ich es, dass über einneues Gericht diskutiert wird, bevor esauf die Speisekarte kommt, weshalbich nicht behaupten kann, es stammeallein von mir.“ Diese Vertrautheit, die-ses Bemühen darum, dass sich alle umihn herum wohl fühlen, dieses Team-

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EINBLICKE

building war möglicherweise der ent-scheidende Faktor, um ein perfektesZusammenspiel zu erreichen.

Die ersten SchritteEs ist schon erstaunlich, wie esJosé Luis Ungidos, ausgebildet in seinerHeimat Kantabrien, aber auch in Na-varra, San Sebastián und Bilbao, ge-schafft hat, sich an Geschmack undTradition eines von seinen Ursprüngenso weit entfernten Ortes anzupassenund gleichzeitig die Gerichte mit seinereigenen Persönlichkeit einzufärben,womit er zweifellos sein Talent als Kochunter Beweis gestellt hat. Hilfreich wardabei sicherlich, dass man im Casa Ju-lio schon immer guten Fisch gegessenhat, obgleich sich der Familienbetriebim Landesinneren der Provinz Valenciabefindet. José Luis gibt wieder, was ihmerzählt wurde: „Julios Vater pflegte dennahe gelegenen Ort Fuente La Higueraaufzusuchen, durch den alle Lastwagenkamen, die Frischfisch von derFischauktion am Hafen nach Madrid(Zentralspanien) hochtransportierten;im Ort hielten sie an, damit er seinenEinkauf machen konnte. Wenn dasnicht möglich war, fuhr er bis zumMarkt von Valencia oder zur Auktionvon Santa Pola, um Fisch zu kaufen.Das war zwar kein langer Weg, aberdoch eine zeitraubende Reise, weil da-mals das Straßennetz nicht so gut wieheute ausgebaut war.“ Und das erklärtauch einen Brauch, der José Luis Ungi-dos in Fontanars anfangs paradox er-schien: „Man kam aus Valencia oderAlicante hierher, um Garnelen aus San-ta Pola zu essen.“An diesen Brauch anknüpfend bemühtsich José Luis, die charakteristischenMerkmale der hiesigen Gastronomie

zu entschlüsseln, ihre Wurzeln ken-nenzulernen, um so eine Karte zu-sammenzustellen, die seine Ideen mitden Eigenheiten der Gegend verbin-det, und selbstverständlich mitgroßem Respekt vor den traditionel-len Werten des Hauses. „Als ich an-kam, sagte ich mir: Wir sind in Valen-cia, also muss Reis auf die Karte. Ichwählte ein Reisgericht, das ich nachbestem Wissen zubereitete, aber esblieb, glaube ich, gerade mal vieroder fünf Tage im Angebot. Alle sag-ten mir, es schmecke sehr gut, dochals ich die Reisgerichte von JuliosMutter Pilar probierte, wurde mirschnell klar, dass es so nicht weiterge-hen konnte. Und da stellte ich michstur, denn ich sagte: Entweder neh-men wir das aus der Karte oder ichkoche nicht. Ich konnte nicht zulas-sen, dass in der Kneipe nebenan einhervorragendes Reisgericht aufge-tischt wurde und im Restaurant eines,das nicht so gut schmeckte.“

Sein Lerneifer beim Zubereiten vonReisgerichten unter Anleitung von Ju-lios Mutter war so groß, dass eine sei-ner persönlichen Kreationen, Arròsamb penques (Reis mit fleischigen Ar-tischockenstielen, siehe Rezept S. 55),schließlich in das klassische Menüdes Restaurants einzog. Es handeltsich um einen Reiseintopf, sehr ty-pisch für dieses Gebiet, der mit Artischockenstielen und anderemGemüse zubereitet wird und mit inder Tellermitte prangenden knuspri-gen Schweinspfötchen-Stücken, Kinnund Rippchen angerichtet wird. Mitdiesen Fleischbeigaben wird das Ge-richt herzhafter im Geschmack, undzudem fungieren die Schweinspföt-chen, das Kinnfleisch und die Ripp-chen als Bindeglied und Katalysatorder Zutaten, sodass der brühige Reiseine cremige Textur annimmt.Dieser Modus Operandi ist seinerganzen Kochkunst eigen: Forschungausgehend vom Traditionellen, um es

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weiterzuentwickeln, sowohl bei derPräsentation als auch im Geschmack.

Eine aktuelle Küchemit frischenMarktproduktenAuch wenn seine Küche sehr schwer zudefinieren ist, hat José Luis eine Beschrei-bung parat: „Eine traditionelle, produkt-betonte, frische Marktküche mit moder-nem Touch aufgrund der eingesetztenTechniken.“ Das Ziel ist klar: „Wir wol-len, dass die Leute kommen, essen unddie Geschmackseindrücke in Erinnerungbehalten.“ Produkte und Rohstoffe wer-den so behandelt und zubereitet, dassder Geschmack im Mittelpunkt steht.Und wie erreicht man das? Indem mansich bei Bauern der Umgebung ein-deckt – „wir überwachen ihren Anbauund die Ernte“, versichert Ungidos – undindem man überall dahin fährt, wo mandas jeweils Beste bekommt, sei es zurFischauktion in Santa Pola, ein üblicherEinkaufsort, oder nach Granada (Südspa-nien), um Störe zu besorgen.Die Theorie wird schon bei den Vorspei-sen handfeste Praxis. Eine herrliche Kür-biscreme, subtil, mild, sehr angenehmam Gaumen, verdankt ihre Hauptzutateinem Bauern des Dorfs, der Kürbis imTrockenanbau produziert; dann hat derKoch Hand angelegt, und im Gastraumschafft Julio mit seinen Erklärungen dienötige Erwartungshaltung, damit mandas, was dann auf den Tisch kommt, ge-bührend honoriert.Besondere Erwähnung verdient nebendieser Creme der Sepia-Burger mitGemüse-Chips, ein Klassiker des Hau-ses, dessen Rezept in über sieben Jah-ren entwickelt wurde. Der genau aufden richtigen knusprigen Biss gebrachteHamburger mit mildem Sepia-Ge-

schmack steckte in zwei Brötchen, diemit der Tinte der Sepia gebacken wur-den, und dazu gab es frisch zubereiteteChips aus Roter Beete, Vitelotten(Blauen Kartoffeln), Kochbananen undnormalen Kartoffeln. Ein schön anzu-sehendes Gericht, das gut schmeckt.Und wie nicht anders zu erwarten, lie-fern die in der Umgebung ansässigenBauern Gemüse aller Art an das Re-staurant. Das al dente gekochte Gemü-se in seiner mit nativem Olivenöl extraund Zitronenmelisse (Melissa officina-lis) emulgierten Brühe ist fantastisch.Perfekt gegartes Gemüse und eineleichte Brühe als Grundlage, die imMund zunehmend an Geschmack ge-winnt. Dieses aromatische Gericht ent-faltet sich nach und nach am Gaumen,bis alle Zutaten zu einem harmoni-schen Ganzen zusammenwachsen, undhinterlässt einen angenehm frischenZitrusnachgeschmack.Und vom Hafen auf den Tisch: Fischund Meeresfrüchte. Ein repräsentativesGericht ist die fideuá (traditionellesspanisches Gericht, einer Paellaähnelnd, aber mit Nudeln zubereitet)mit Tintenfischen und Meeresfrüchten,in dem Fall rote Garnelen, und mit Eisaus Kalmartinte. Die Fadennudeln ha-ben vor allem den intensiven Ge-schmack nach Meer der roten Garne-len aus Santa Pola aufgenommen. DasEis mit gut gezügelter Kraft steuertsein Teil zum unterhaltsamen Spiel mitTexturen bei (seidige Nudeln, cremigesEis und fleischige Garnelen), ohneAusdruck und Geschmack zu opfern.

Das Produkt imMittelpunkt der KarteDie Bedeutung des Produkts ist im Ju-lio Restaurant so groß, dass sich da-

nach die ganze Speisekarte richtet undim Jahresverlauf entsprechend verän-dert. Angeboten werden drei Menüs:das gastronomische, in dem die geball-te Kreativität von José Luis zum Aus-druck kommt, das klassische mit einerAuswahl der Spezialitäten des Hauses,und ein kleines Degustationsmenü, daswie ein schneller Rundgang durch dieKüche des Restaurants ist. Alle dreisind vom Marktangebot abhängig undscheuen oberflächlichen Schnick-schnack und Modeprodukte. Und anden Gerichten merkt man, dass denProdukten und der Küche des Land-kreises mit ihrem natürlichen UmfeldAnerkennung gezollt werden soll.Bei der Einführung von Veränderun-gen der Speisekarte geht man in me-thodischen Schritten vor. Ich hatte dasGlück, gerade in dem Moment ange-kommen zu sein, als die Aufnahme ei-nes neuen Gerichts kurz bevorstand,und sogar beteiligt zu werden, dennich durfte es vor seinem großen Auf-tritt probieren. José Luis Ungidos er-klärte mir genau, wie der vorausge-gangene kreative Prozess abgelaufenwar: „Wir erkannten, dass wir imFrühling das gastronomische Menü et-was abändern mussten, und unabhän-gig davon hatten wir Oktopus vonsehr guter Qualität, weil dieser in derBar ein Stammgericht ist. Daher be-schlossen wir, dass die Neuerung einOktopus-Gericht sein sollte. Kalt oderwarm? Aufgrund der Jahreszeit, in derwir das Gericht einführen wollten,entschieden wir uns für eine kalte Ver-sion, was nebenbei auch die Organisa-tion des Küchenpersonals leichtermacht. Grundsätzlich erschien uns einkaltes Oktopus-Gericht kompliziert,aber schließlich gab es ja den bekann-ten salpicón (Meeresfrüchtesalat), undwir beschlossen weiterzumachen.

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Granny Smith bei niedriger Temperaturgegart wurde, sodass er in der Konsi-stenz sirupähnlich wird, dabei aber sei-ne charakteristische Säure beibehält. Esist ein gut zusammengestelltes, überra-schendes Gericht mit der Brühe alsGrundmotiv und generellem Ge-schmacksverstärker. Jedes Mal, wennich einen Löffel voll in den Mund neh-me, entsteht ein neuer Eindruck; dieMerkmale, aus denen sich die Persön-lichkeit des Gerichts zusammensetzt,schälen sich fast schon vereinzelt her-aus: eine leicht bittere Note, eine etwassäuerliche Note, eine leicht salzige...Jetzt bleibt mir nur noch der Vergleichmit der definitiven Kreation, die auf dieKarte kommt.

Restaurant mit SeeleMan gelangt zu dem Fazit, dass diesesRestaurant eine Seele hat, eine genaudefinierte Persönlichkeit, die auf einempersönlichen und familiären Projektmit soliden Grundlagen fußt. José LuisUngidos hat sich diesem Team ange-schlossen – obwohl man meinen könn-te, dass er schon immer hier gewesenist – und hat es verstärkt, hat ihm neueEnergie verliehen und ein Verständnisder Küche mitgebracht, das den Akzentauf geschmackliche Wonnen setzt. Manhat klare Vorstellungen, einen enormenGlauben an das, was man macht, undviel Freude an den Zubereitungen.Und es wird nicht nur an das Gerichtgedacht, das serviert wird, sondernauch an das, was man dazu trinkenkönnte. Ein augenscheinlicher Beweisfür die enge Verbindung zwischenKüche und Gastraum, Gastraum undKüche, garantiert durch eine einwand-freie Bedienung.Man hat sich vorgenommen, weiter zuwachsen, und das auf dem Weg einer

steten Suche nach Texturen und Ge-schmack, ohne sich über die Küchedes Landkreises und die natürlicheUmgebung hinwegzusetzen. In diesemSinne hat man mit dem Konditor Fran-cisco Mora vereinbart, dass er eineSüßspeise liefert, mit der die Philoso-phie des Restaurants versinnbildlichtwird. Es handelt sich um ein Schoko-dessert, das den jahreszeitbedingtenWandel der für die Gegend charakteri-stischen Weinberge und des Lands wi-derspiegelt. Da wird mit verschiedenenSchokoladensorten gespielt, die imWinter eine Weinrebe mit dem Landdarum herum darstellen, begleitet voneiner Joghurt-Mousse (als Anspielungauf den herrlichen Mond, den man inFontanars sieht), die bei jedem Hap-pen den Gaumen klärt und erfrischt.Und so weiter und so fort. An Projek-ten mangelt es nicht: Man hat geradeein Landhotel, das Santa Elena, eröff-net, mit dem man unter anderem ei-nen größeren Zustrom von Restaurant-gästen erreichen will.

Almudena Muyo hat über zwölf Jahreals Fachjournalistin für internationalenHandel gearbeitet und ist gegenwärtig re-daktionelle Koordinatorin von SpainGourmetour.

JULIO RESTAURANTAvinguda Comte Salvatierra D’Alava, 946635 Fontanars dels Alforins (Valencia)Tel.: (+34) 962 222 238(Katalanisch, Spanisch, Französisch,Englisch)[email protected]

Besuchen Sie unsere Website : In der Ru-brik Chefs & Training finden Sie ausführ-liche Informationen über die spanischenKöche.

EINBLICKE

Zunächst einmal garten wir den Okto-pus im Vakuum. Als wir den Garsudprobierten, stellten wir fest, dass er sehrkräftig schmeckte, und diese Ent-deckung brachte uns vom Konzept ei-nes kalten Gerichts ab und legte einewarme Variante nahe. Da ich Oktopusimmer mit Kartoffeln und Äpfeln zube-reitet hatte, nahm ich diese beiden Zu-taten zusätzlich zu denen auf, die wirschon hatten, nämlich Saubohnen, rotePaprikaschoten und die KnotenblütigeMittagsblume sowie Oktopus und seinGarsud.“Bis sie diesen Konsens erreichten, hattenJosé Luis und Julio sich darüber Gedan-ken gemacht, wie viele Gemüsesortenund in welchen Mengen in das Gerichtsollten, und hatten verschiedene Mög-lichkeiten durchprobiert. Denn laut Julio„nimmt José Luis immer viele grüne Zu-taten, die nachher schwer mit einemWein zu vereinbaren sind“. An demPunkt funktioniert die Symbiose zwi-schen den beiden perfekt – der eine op-fert in der Küche eine Zutat und der an-dere passt sich an das endgültige Gerichtan, damit der Gast schwelgen kann undzwischen Essen und Trinken eine voll-kommene Balance besteht.„Nach mehreren Versuchen“, fährt Ungi-dos fort, „entschieden wir uns für eineOktopus-Suppe mit sautierten Sauboh-nen, Kartoffeln und Äpfeln sowie mit einklein wenig rotem Paprika und einerKnotenblütigen Mittagsblume. Dazu pas-st am besten ein Sanclodio 2010 (DO Ri-beiro) von Bodegas Sanclodio, der dasGericht sehr schön unterstreicht.“Vor mir steht die Oktopus-Suppe, eingut in Szene gesetztes, visuell attraktivesGericht. Als die Brühe vor meinen Au-gen zu den übrigen Ingredienzen in denTeller gegossen wird, fühle ich mich vonihrem Duft ans Meer versetzt. Julio er-zählt mir, dass der Apfel der Sorte

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SCHATZ

80 MAI-AUGUST 2012 SPAIN GOURMETOUR

der Kanaren

Der salzige

Eine Vulkanlandschaft, umspült von den sauberen Gewässern des Atlantiks amsüdlichsten Zipfel der Kanareninsel La Palma, die als Ganze zum Biosphärenreservaterklärt wurde. Das ist der Ort, wo eines der verführerischsten Feinschmeckerprodukteder Kanarischen Inseln handwerklich erzeugt wird: Meersalz und Flor de Sal (diespanische Variante der Fleur de Sel) aus den Salzgärten von Fuencaliente.

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TEXTRODRIGO GARCÍA FERNÁNDEZ/©ICEX

ÜBERSETZUNGSUSANNE KRAMER/©ICEX

FOTOSPABLO NEUSTADT/©ICEX

Wenn man zum ersten Mal auf der Insel LaPalma landet, fesseln einen sofort die be-eindruckenden Bilder, die schon ein paarEigentümlichkeiten der Insel darstellen:küstennahe Felder, dicht bestanden mit Ba-nanenstauden, schmale, verlassene Land-straßen und kleine Siedlungen, die anBerghängen kleben. Und vor allem scheinthier die Zeit seltsamerweise langsamer alsgewohnt zu vergehen.Diese Insel mit der drittgrößten Fläche derKanaren hat zwei ganz unterschiedlicheGesichter: Der ganze Norden ist in grüneTöne getaucht, Vegetation, so weit dasAuge reicht, und zahlreiche Wasserquellen;der Süden ist geprägt von der Gewalt soberühmter Vulkane wie der San Antoniooder der Teneguía. Der Gipfel des Teneguíabietet ein einzigartiges Schauspiel: auf dereinen Seite der Krater, dessen letzte Aus-brüche man sich lebhaft vorstellen kann,und auf der anderen Seite der Blick auf dieSüdküste der Insel und die unendlicheWeite des Ozeans mit den Inseln El Hierround La Gomera, die sich vor der weichenLinie des Horizonts abheben.Von den Gipfeln dieser Vulkane und deminteressanten Informationszentrum gehenein paar Wanderwege aus, und auf einemvon ihnen marschiere ich zu den Salinas deFuencaliente ganz unten im Süden der In-sel. Dort treffe ich mich mit AndrésHernández, einem jungen Unternehmervon La Palma, der nach seinem Studiumfür Unternehmensmanagement und Ge-schäftsleitung an der Universidad de la La-guna (Teneriffa) mit größter Selbstver-ständlichkeit auf seine Insel zurückkehrte,um den Familienbetrieb zu übernehmen.Mit viel Enthusiasmus und seinem Engage-ment für höchste Qualität ist es ihm gelun-gen, Meersalz und Flor de Sal in kanari-schen Lebensmittelgeschäften erfolgreichzu verkaufen und im Exportgeschäft seineersten Schritte auf so hart umkämpftenMärkten wie dem deutschen und dem bri-tischen zu tun.

Dritte Generationder FamilieDas Unternehmen Salinas de Fuencalienteentstand 1967, als Andrés‘ Großvater er-kannte, dass dieser Ort, Fuencaliente, op-timale Bedingungen für einen Salzbetriebmit Salinen bot. Er kannte den Produk-tionsprozess, weil er ähnliche Einrichtun-gen auf anderen Inseln besichtigt hatte,und ließ sich von Experten beraten, umeinen kleinen Salzgarten an einer beson-ders geeigneten Stelle anzulegen. SeinSohn Fernando führte das Geschäft wei-ter, und Andrés pflegt die Liebe zu diesemessbaren Mineral nun schon in der drittenGeneration.„Mir war schon immer klar, dass die Sali-nen, ein Ort voller Familienerinnerungen,meine Zukunft prägen würden“, bekenntdieser junge Inselbewohner. „Wenn manjeden Sommer hier in einem kleinen Hausin den Salzgärten zu verbringt, Abend-dämmerungen und Sonnenaufgänge undeinmalige Augenblicke genießt – dannwird man irgendwann dafür zur Kasse ge-beten!“, erzählt er mit einem Lächeln, dasnicht von seinen Lippen weicht. Der „We-

gezoll“, den er bezahlen musste, bestanddarin, schwierige Entscheidungen treffenzu müssen, Argumente zu liefern, warumseine handgeschöpfte Flor de Sal einzigar-tig ist, und gegen die Hindernisse an-zukämpfen, die man auf dem umständli-chen Exportweg eines Inselprodukts an-trifft, wo Zusatzkosten anfallen und die Lo-gistik schwierig ist. „Die Probleme kennenwir inzwischen, aber wir setzen uns darü-ber hinweg dank der Vorzüge unserer Pro-dukte: eine Flor de Sal und ein reinesMeersalz, deren Geheimnis in den hiesigenUmweltfaktoren, dem Boden, dem Wasserund der Luft, liegt.“Andrés kennt das Terrain, auf dem er sichbewegt, millimetergenau. Sein Arbeitstagvergeht damit, ein Unternehmen mit rund20 Mitarbeitern zu führen, neue Märkteaufzutun und Projekte zu ersinnen, um sei-ne Produkte bekannt zu machen. Aber esmacht ihm auch nichts aus, sich Gummi-stiefel und den Arbeitsoverall anzuziehen,um in die Salzbecken zu steigen und dieFlor de Sal mit dem Sieb abzuschöpfen,das ein unersetzliches Werkzeug ist, umdie Salzblumen bei der Ernte nicht zu be-schädigen. „Man kann unmöglich vorher-sehen, wann sich diese dünne Schicht ausSalzkristallen in den Becken bilden wird,weil das von den Feuchtigkeits- und Licht-verhältnissen an den letzten Tagen des Zy-klus abhängt. Wenn sich die Schicht amWochenende herausbildet und ich bisMontag keine Arbeiter da habe, mache ichmich selbst daran, die Flor de Sal abzu-schöpfen.“

Salz mitkanarischem FlairWie entsteht die Flor de Sal (Spain Gourme-

tour Nr. 53) Drei Dinge sind fundamental,damit sich diese erlesene Würze auf natür-lichem Wege bildet: Sonnenlicht, die relati-ve Luftfeuchtigkeit und die Einwirkung des

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Winds. Das Komplizierte daran ist, dassdiese drei Faktoren im richtigen Verhält-nis zueinander stehen müssen. Viele Son-nenstunden, wenig Feuchtigkeit und einesanfte Meeresbrise sind die Voraussetzungdafür, dass die unregelmäßigen Kristalleder Flor de Sal auf der Wasseroberflächeder Becken wachsen. Dieser Prozess un-terscheidet sich stark von dem des norma-len Meersalzes, denn da verdunstet dasWasser und das Salz setzt sich am Becken-boden ab.Wenn sich die feine Kruste gebildet hat,wird die Flor de Sal entnommen undvon Hand abgepackt. Den handwerkli-chen Charakter dieses Gourmetproduktsfindet man auch bei einem anderen Er-zeugnis der Salinas de Fuencaliente wie-der, dem Teneguía-Meersalz. Nach derErnte in den Becken wird dieses feineSalz gemahlen, getrocknet und abge-packt; es wird kein chemisches Verfahrenangewandt, das die organoleptischenund mineralischen Eigenschaften diesesSalzes verfälschen würde.Die handwerkliche Komponente und dienatürliche Herkunft dieser beiden Pro-dukte sind zwei Wesens- und Unterschei-dungsmerkmale. Es gibt nur eine weiterehandwerklich arbeitende Saline auf denKanarischen Inseln (Salinas de Janubioauf Lanzarote), aber hinsichtlich der Pro-duktions- und Verkaufszahlen bleibt sieweit hinter der von Fuencaliente zurück.Andrés liefert eine Schlüsselinformation,die zeigt, welch immense Anstrengungendieses Unternehmen machen muss, umseinen handwerklichen Betrieb aufrecht-zuerhalten: „Mitte des vergangenen Jahr-hunderts gab es auf den Kanaren mehr als50 derartige Salinen. Heute sind zweiübriggeblieben, und nur wir haben einZukunftsprojekt, das auf Internationalisie-rung ausgerichtet ist.“

Der Wert desHandwerklichenAndrés informiert mich, dass seine SalineMitglied im Europäischen Verband vonHerstellern handgeschöpften Meersalzesist, ein internationales Netzwerk, das sichum den Fortbestand solcher traditionellenBetriebe bemüht. Außerdem verabschie-dete das spanische Ministerium für Um-welt, ländlichen Raum und MeeresraumEnde 2011 eine Vorschrift, dank der nunauch traditionell gewonnenes und manu-ell geerntetes Meersalz vermarktet werdenkann, das einen niedrigeren Natriumchlo-ridgehalt hat als vorher gesetzlich vorge-schrieben. „All das gibt uns Aufschwungund Energie, um uns für unser reinesMeersalz und unsere Flor de Sal auf demheimischen sowie dem europäischenMarkt einzusetzen“, bekennt er.Wir besichtigen die Salzgärten, die seit1994 als Ort von wissenschaftlichem In-teresse geschützt sind, weil sie ein hoch-wertiges Feuchtgebiet von unermessli-chem Wert hinsichtlich der Fauna undFlora darstellen, und dabei erzählt mirAndrés, welches seine nächsten Projektesind: „Anfang 2012 beginnen wir mit denBauarbeiten für das Salinen-Informations-zentrum, in dem wir einen didaktischenRundgang bieten wollen, der dieses Öko-system, seinen natürlichen Wert und dienachhaltigen Gewinnung von Meersalzund Flor de Sal erklärt. Wir werden aucheine Gaststätte mit kanarischer Küche ha-ben, wo Lebensmittel und Weine von LaPalma und den restlichen Kanareninselndie Hauptrolle spielen werden.“ Ein impo-nierendes Projekt angesichts der Größedes Unternehmens – es hat eine Beleg-schaft von nur sieben Personen, darunter,wie Andrés mir anvertraut, „drei Salinen-

SALINAS DE FUENCALIENTE

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FIRMENPORTRÄT

arbeiter, die seit über 20 Jahren bei uns

arbeiten und fast so etwas wie Familien-

mitglieder sind.“

Gegenwärtig kann man als Tourist und

Wanderer, der den Süden von La Palma

bereist, zu Fuß bis in die unmittelbare

Umgebung der Salinas de Fuencaliente

kommen, darf die Bereiche, in denen sich

die Salzbecken befinden, betreten und

kann sich an Ort und Stelle über den Her-

stellungsprozess von reinem Naturmeer-

salz und Flor de Sal informieren – und

zudem die Produkte direkt beim Erzeuger

kaufen. Genau dieser Direktverkauf an

deutsche, französische oder britische Be-

sucher ist „das erste Glied der Exportket-

te, die unser Unternehmen geschaffen

hat“, wie der Geschäftsführer sagt. „Diese

Touristen sind es, die unsere Produkte in

ihren Herkunftsländern bekannt machen

und damit als Meinungsführer fungieren.“

Das Siegel für eine nachhaltige, ökologi-

sche Produktion von höchster Qualität

ist die Visitenkarte von Salinas de Fuen-

caliente auf so anspruchsvollen Märkten

wie dem deutschen, wo die Firma einen

Vertriebshändler hat, Herbaria, der ihre

Produkte an eine deutschlandweite Bio-

Supermarktkette verkauft. Eine der Stra-

tegien, mit denen sich das Unternehmen

einen festen Kundenstamm aufbaut, hat

viel mit der Erfahrung des Salinenbe-

suchs zu tun: „Es ist uns gelungen, Kun-

den in Deutschland an uns zu binden,

nachdem wir für sie individuell zuge-

schnittene Salinenbesuche organisiert

hatten, bei denen man unser durch und

durch handwerkliches Verfahren ken-

nenlernt und vor allem auch das Puzzle

aus Kultur, Natur und einem Menschen-

schlag, das dieser Ort darstellt.“

Zum GourmetproduktavanciertDie handwerklich gewonnene und hand-geschöpfte Flor de Sal dieser Salinen istein Produkt, das man in zahlreichen Re-staurants von La Palma und der übrigenInseln findet, darunter einige Lokale, dieeine wahre Revolution der kanarischenKüche einleiten. Eines von ihnen ist dasRestaurant Humboldt im Orotava-Tal (Teneriffa), geführt von Pedro RodríguezDios (Spain Gourmetour Nr. 58), ein er-klärter Verfechter des besten Rohmaterialsder Inseln.Eine seiner interessanten Kreationen, diebesondere Erwähnung verdient, ist Sorbetede mango con yogur de cabra, virutas de al-mendra palmera y pimientas del mundo(Mangosorbet mit Ziegenjoghurt, Palma-Mandelspänen und Pfeffersorten derWelt), bei dem neben anderen kanari-schen Erzeugnissen auch die Flor de Salder Salinas de Fuencaliente eine Zutat ist.Der Koch selbst beschreibt dieses Gerichtfolgendermaßen: „Es repräsentiert für unseinen Teil der kanarischen Essenz und be-sticht durch seine pikanten, balsamischen,süßen und laktischen Noten. Warum ka-narische Essenz? Weil auf der Insel La Pal-ma erstklassige Mandeln geerntet werden,deren ohnehin hervorragenden Ge-schmack wir durch die Kombination mitFlor de Sal von den Salinas de Fuencalien-te betonen. Außerdem berücksichtigenwir, dass die Kanarischen Inseln zu dengrößten Ziegenmilcherzeugern Spaniensgehören, weshalb Joghurt aus Ziegen-milch der zweite Bestandteil dieses Ge-richts ist.“Im Verlauf seines fast 50-jährigen Beste-hens hat es das Unternehmen Salinas de

Salinas de Fuencaliente

Belegschaft: 7 Mitarbeiter

Jahresproduktion: 600 Tonnen Salz,wovon 5 Tonnen Flor de Sal sind undder Rest reines Naturmeersalz

Fläche der Salinen:35 000 Quadratmeter

Exportquote: 15 %

Hauptexportmärkte: Deutschland,Österreich und Großbritannien

Produkte: Reines NaturmeersalzTeneguía und Flor de Sal Salinas deFuencaliente

Kontaktdaten:Maldonado, 10, 38700 Santa Cruz de La Palma Islas Canarias. Tel. +34 922 411 523 Fax +34 922 696 002www.salinasdefuencaliente.com

Fuencaliente geschafft, seine ökologischeHandwerkstradition zu bewahren undgleichzeitig ein Gourmeterzeugnis in denHandel zu bringen. An Schwierigkeitenmangelte es Andrés und seiner Familienicht, wie zum Beispiel der letzte Aus-bruch des Vulkans Teneguía im Jahr1971: Die Lavaflut ergoss sich praktischbis zu dem Leuchtturm, an den die Salz-gärten grenzen. Heute hat der Betrieb eineviel versprechende Zukunft dank Andrés’Unternehmergeist und seiner festen Ab-sicht, dieses hundertprozentige Produktvon La Palma überall dorthin zu bringen,wo es Freunde der guten Küche gibt.

Rodrigo García Fernández ist Journalistund koordinierender Redakteur des Gastro -nomieportals des ICEX .

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RodolfoGerschmanberichtetaus Mexiko-Stadt

Machen Sie eine spanische Pause

MEXIKOTextRodolfo Gerschman /©ICEX

ÜbersetzungCordula Danco/©ICEX

Im Stadtteil Polanco sieht die Calle Emi-lio Castelar, die an dem Park gleichenNamens entlang führt, um vier Uhrnachmittags mit ihren zahllosen sich an-einander reihenden Terrassen aus wieeine Straße in Madrid oder Barcelona.Die Mexikaner kommen um zwei oderdrei Uhr zum Essen und pflegen im An-schluss daran die Tradition der sobreme-sa und bleiben noch gemütlich eineWeile am Tisch sitzen. Ganz besondersschätzt man diese Gewohnheit im Jaleo,einem kleinen Restaurant für Tapas undPintxos mit papiergedeckten Tischen,denen der Kellner beneidenswert ener-gisch einen riesigen Stempel mit demLogo des Hauses aufdrückt.Das Jaleo ist ein Erfolg. Heute sind zurSobremesa-Zeit die 24 Plätze der Ter-rasse voll besetzt, ebenso wie das Lokalselbst. Die Gäste verhalten sich wie ineiner Bar (das Restaurant hat keineBartheke): man steht auf, um Freundezu begrüßen und ein paar Takte zu er-zählen, bevor man sich wieder hin-setzt. Während der Zeit, die ich mitdem Küchenchef und seiner PartnerinCoia Solà, einer bereits seit mehr alszehn Jahren in Mexiko ansässigen Ka-talanin, verbringe, stoßen ab und zuein paar Stammgäste zu unserer Run-de, um die Tapas zu loben und nähereEinzelheiten auszutauschen.Chef Pedro Martín ist von der Kanaren-insel La Palma und kam vor nunmehr 6

FotosJaleo

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Jahren nach Mexiko. In Madrid hatte erbei El Cenador de Salvador und Lágri-mas Negras gearbeitet, dem Restaurantdes Hotels Puerta América, in San Seba-stián war er bei Martín Berasategui undspäter Arzak. Plötzlich ergab es sich,dass er nach Mexiko entsandt wurde.Damals beriet Juan Mari das RestaurantTezka, dessen Chefköche Bruno Oteizaund Mikel Alonso gerade dabei waren,sich selbständig zu machen.Pedro rückte an deren Stelle und ver-lieh der Küche des Tezka den persönli-chen Stil seiner kanarischen Herkunft.Und schon wenig später tat er sich mitCoia zusammen, der es nach einer un-geliebten Banklehre und einem ebensowenig glücklichen Versuch mit einemLokal für skandinavische Küche ge-lang, an der Seite dieses Chefkochsihren heimlichen Traum zu verwirkli-chen: eine Tapas-Bar.Das Jaleo tat seine ersten Schritte aufeiner Art Elefantenfriedhof, im Um-feld unzähliger Tapas-Bars, dieschließen mussten. „Mexiko ist dasLand der Tacos“, erläutert Pedro,„und wer die Wahl hat zwischen einerTapa zu 50 Pesos und einem Taco zu15, der zögert nicht lange“. Seinen Er-folg verdankt das Jaleo seinem gastro-nomischen Angebot. „Der Ausgangs-punkt war der Koch“, bekräftigt er.„Und die Küche in den Mittelpunktzu stellen, war entscheidend.“ So

lernten die Gäste, zwischen beidenkulinarischen Konzepten zu unter-scheiden. Doch auch das Lokal machtviel aus, denn „das Gute am Jaleo ist,dass es klein, laut und eng ist. Dasmögen die Leute, es gibt dem Ganzenden besonderen Pfiff.“Die Zutaten sind grundlegend in sei-nem Konzept. „Bei den Produktenwird nicht gespart, wir beschaffen sie,egal woher.“ Viele Zutaten sind ausMexiko, wie etwa der weiße Thunfischaus Ensenada, andere aus Spanien: Bo-nito in Dosen, Klippfisch, Ackerboh-nen und Spargel aus Navarra und diePaprikasorte pimiento del piquillo. Dochgibt es auch Produkte aus den Verei-nigten Staaten wie die Kartoffeln ausIdaho, die patatas bravas ergeben wiesonst nirgendwo. Die ausschließlichspanische Weine umfassende Weinkar-te ist so originell wie alles Übrige:kurz, aber ausdrucksvoll, mit 15 Ur-sprungsbezeichnungen und nur 40Weinen, von denen 10 auch glasweiseausgeschenkt werden.„Anfangs war es schwer, unsere Küchezu verkaufen“, erzählt Pedro, „es wur-den immer nur die Klassiker verlangt,wie etwa Kroketten. Aber das Konzeptund auch der Geschmack der Gästehat sich weiterentwickelt. Wir bietenSpezialitäten aus ganz Spanien, z. B.papas a la importancia (ein Kartoffelge-richt), gebunden mit Paprika und ser-

viert mit Venusmuscheln (Herzmu-scheln gibt es hier nicht). Oder ajoblanco, diese kalte Suppe aus gemahle-nen Mandeln, emulsioniert mit eiskal-tem Wasser, Knoblauch, Olivenöl undSherryessig und garniert mit frischenWeintrauben und Feigen. Oder dieSchweinelenden-Tapa, im Vakuummariniert mit mildem und scharfemPaprikapulver, Olivenöl und rohemKnoblauch.“ In der winzigen Küchedes Jaleo entstehen über 70 verschie-dene Gerichte, und Pedro Martín be-schreibt eines nach dem anderen mitappetitanregendem Enthusiasmus,wobei die auf dem Tisch versammeltenTapas fast noch eloquenter sind.

Jaleo Bar de TapasEmilio Castelar 121, Local 1 Polanco Chaputepec 11560, MéxicoDF, Mexikowww.jaleo.mx

Rodolfo Gerschman ist Mexikaner undHerausgeber der Zeitschriften Gula undCatadores. In der Wochenbeilage BuenaMesa zur Tageszeitung Reforma schreibter eine Kolumne über Wein.

Besuchen Sie unsere Website www.foods-fromspain.com. Im Bereich Shop, Travel& Dine finden Sie eine umfassende Listespanischer Restaurants, Tapas-Bars undFeinkostläden in aller Welt.

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sie dieses Buch geschriebenhat, sucht man hier verge-bens. Das im Neuen Um-schau Buchverlag erschie-nene Tapas-Kochbuch vonMridula Baljekar kommtohne Umschweife direktzur Sache: Auf knappe 120Seiten wurden hier zahlrei-che leckere Rezepte zusam-mengetragen, die eingehendund leicht verständlich er-klären, wie man die kleinenKöstlichkeiten der spani-schen Küche zubereitet. Derspanischen Küche? Nein,nicht ganz, denn obwohldas Buch den Titel „Tapas“erhalten hat, zeigt ein Blickin das Inhaltsverzeichnis,dass es neben den Rezeptenfür Tapas auch noch je einKapitel für Antipasti undMeze gibt. Trotz dieses klei-nen Etikettenschwindels –vielleicht hätte man es „Me-diterrane Appetithäppchen“nennen sollen – lassen dieschönen Hochglanzfotos ei-nem das Wasser im Mundezusammenlaufen und manmöchte sofort beginnen,sich Empanadas mit Hühn-chen-Rosinen-Füllung, Gar-nelen mit Knoblauch undPaprika oder etwas aus demanderen Teil des Mittel-meerraums zuzubereiten.

Spanien ist ein Land derGärten. Dank der klimati-schen Bedingungen undinsbesondere auch der un-terschiedlichen Kulturenund Religionen, die im Lau-fe der Geschichte des Lan-des ihre Spuren hinterlassenhaben, bietet Spanien eine

Weinbau und Klima, denEinfluss des Bodens auf dieWeinqualität und gehtselbstverständlich auch aufdie Abgrenzung von Wein-baugebieten ein, um danninsbesondere auch ange-sichts des Klimawandels ei-nen Blick in die Zukunft zuwagen. Den Hauptteil desBuches nimmt mit ca. 140Seiten die eigentliche Prä-sentation der Rebsorten ein.Aufgrund der großen Zahlvon über 500 registriertenSorten auf der IberischenHalbinsel blieben die de-taillierten Beschreibungenden Sorten vorbehalten, dieaufgrund ihrer wirtschaftli-chen Bedeutung und ihrerqualitativen Bewertungenals besonders wichtig er-achtet wurden. Neben Her-kunft, Morphologie, Phäno-logie und anderenAspekten werden auch ihreönologischen Eigenschaftenausführlich beschrieben.Alle anderen Sorten wurdenin tabellarischer Form auf-gelistet. Obwohl es sich umein Fachbuch handelt, ist esspannend geschrieben undbietet Wissen, das man indieser Form und Konzen-tration sonst nirgendwo fin-det. Wer sich für Rebsortenund somit auch für Weinaus Spanien und Portugalinteressiert, kommt an die-sem Buch nicht vorbei.

Nach einer Erläuterung desBegriffs Tapas oder einlei-tenden Worten, die näherauf die Beweggründe derAutorin eingehen, warum

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Gute Bücher über Weine,Weinbau und Rebsorten inSpanien sind im deutschenSprachraum dünn gesät.Umso erfreulicher ist es,dass mit dem im Eugen Ulmer Verlag erschienenenRebsortenatlas von HansJörg Böhm ein umfassendesWerk über das Rebsorten -panorama der IberischenHalbinsel seinen Weg in dieÖffentlichkeit gefunden hat.Mit der Unterstützunghochkarätiger Experten gibtder Autor einen umfassen-den Einblick in die Welt desWeinbaus und der Rebsor-ten Spaniens und Portugals.Das Buch beginnt mit ei-nem Kapitel über die Ge-schichte und Entwicklungder iberischen Rebsorten.Darin werden die Ursprün-ge der Rebsorten und dieAnfänge des Weinbausebenso beleuchtet wie derlange Weg, den die Rebenzurücklegen mussten, bissie endlich auf die IberischeHalbinsel kamen. Die Ent-wicklung von den Römernüber das Mittelalter und dieRenaissance bis hin zur al-les verändernden Reblaus-plage Ende des 19. Jahr-hunderts wird ebensoausführlich behandelt wiedie heutige Situation. Daszweite, deutlich kürzere Kapitel geht auf die Wildre-be und die genetische Her-kunft der iberischen Sortenein. Das dritte Kapitel wid-met sich in ausführlicherForm dem Terroir und be-schreibt detailliert die Zu-sammenhänge zwischen

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TextGerhard Paul/©ICEX

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Mit ihrem Bild- und Text-band Mallorca – Insel derGegensätze portraitierenRoland Motz und GerhardP. Müller die Baleareninselund zeigen, dass sie weitausmehr zu bieten hat als nurNachtleben und Strandur-laub. Die Autoren laden denBetrachter und Leser zu ei-nem Streifzug ein, um ne-ben der quirligen Haupt-stadt Palma mit ihrenverwinkelten Gassen in derAltstadt und der mächtigenKathedrale auch das Lan-desinnere kennenzulernen.Es geht hinauf ins Gebirge,in die Serra Tramuntana,wo einzigartige Ausblickeauf den Besucher warten,und in kleine Fischerdörferund an traumhafte Strände.Neben schönen Fotos, dienicht nur idyllische und be-eindruckende Landschaf-ten, sondern auch Straßen -szenen zeigen, vermitteltder Textteil viel Wissens-wertes über Geschichte undKultur, aber auch einenEindruck von dem Lebens-gefühl der Mallorquiner. ImSchlussteil des Bandes in-formiert ein Reiseratgeberunter anderem über Festi-vals, Veranstaltungen, Un-terkünfte und Restaurants.

Unterhaltsam, anregendund zugleich lehrreich istder im Picus Verlag er-schienene Sammelband Le-sereise Kulinarium Spani-en. Auf sehr amüsanteWeise erzählen die Autorenvon Land und Leuten undgewähren dem Leser Ein-

Vielfalt an Garten- undParkanlagen, die ihresglei-chen sucht. Anneli Bojstadund Eduardo Mencos ha-ben sie besucht, und ent-standen ist ihr prachtvollerBildband Spaniens schön-ste Gärten. Sie führen denBetrachter durch das ganzeLand und dank der herrli-chen Fotos und informati-ven wie auch stimmungs-vollen Texte kann man sichdem Zauber der Anlagenkaum entziehen. Zum einengeht es zu so bekanntenGrünzonen wie dem ParqueGüell in Barcelona, der Al-hambra in Granada oderder königlichen Sommerre-sidenz mit ihren Parkanla-gen in Aranjuez. Doch da-neben hat der Leser dieGelegenheit, auch nicht sobekannte, aber dennochkunstvoll gestaltete grüneOasen und paradiesisch an-mutende Kleinode kennen-zulernen wie maurisch ge-prägte andalusische Patiosmit herrlicher Farbenprachtund kleinen plätscherndenBrunnen oder weniger ver-spielte, aber nicht minderbeeindruckende, katholischbeeinflusste Klostergärten.Ein Buch, das nicht nurzum Träumen einlädt, son-dern mit seinen Textenauch etwas über die gestal-terischen Konzepte und dieGeschichte der Gartenkul-tur Spaniens erzählt undobendrein dazu inspiriert,sich auf den Weg zu ma-chen, um die Gärten selbstin Augenschein zu nehmen.

blicke in die kulinarischenBesonderheiten des Landes.Bevor es auf die eigentlicheLesereise geht, wird einemzunächst geraten, die innereUhr umzustellen, dennwenn im übrigen Europader letzte Gast das Lokalverlässt, dann wird in Spa-nien erst eingedeckt. Weitergeht es in Andalusien bei ei-nem Zug durch Tapas-Bars,bei dem man erfährt, wasTapas mit Demokratie zutun haben. Alles endetschließlich mit der Frage,ob denn Kochen Kunst seinkönne. Bis zur letzten Ge-schichte bietet das Buchnicht nur Lesegenuss, son-dern hilft auch ein wenig,die spanische Lebensartbesser zu verstehen.

Man muss Spanien nichtauf den ausgetretenen Tou-ristenpfaden kennenlernen.Rolf Neuhaus hat es vorge-macht und lädt den Leser inseinem Reisebericht Durchswilde Spanien dazu ein,andere Routen zu erkun-den. Er führt ihn durch dasSumpfland des Guadalqui-vir, zu den Picos de Europa,durch Korkeichenwälder, indie Schluchten des Ebro,durch die Montes de Toledound zu vielen anderen Or-ten, die an Schönheit kaumzu überbieten sind. Dabeigeht es in den zwanzig Ka-piteln zu Fuß, mit demFahrrad oder im Kajakdurch Spanien. Eine aben-teuerliche Reise, auf der derAutor in fast poetischerWeise Landschaften be-

schreibt und von der Begeg-nung mit der Natur erzählt.

Literaturnachweis:

Rebsortenatlas Spanien Portugalvon Böhm, Hans JörgEugen Ulmer Verlag, Stutt-gart 2011ISBN 978-3-8001-7682-3

Tapasvon Baljekar, MridulaNeuer Umschau Buchver-lag, Neustadt / Weinstraße2011ISBN 978-3-86528-731-1

Spaniens schönste Gärtenvon Bojstad, Anneli / Mencos, EduardoBLV Buchverlag, München2011ISBN 978-3-8354-0873-9

Mallorca – Insel der Gegensätzevon Motz, Roland / Müller,Gerhard P.Bruckmann Verlag, Mün-chen 2011ISBN 978-3-7654-5647-3

Lesereise Kulinarium Spanienvon Löcker, Dorothea / Potyka, Alexander (Hrsg.)Picus Verlag, Wien 2011ISBN 978-3-7117-1003-1

Durchs wilde Spanienvon Neuhaus, RolfVerlag Winfried Jenior, Kassel 2012ISBN 978-3-934377-23-3

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Arroces y Cereales, S.A.Tel.: (+34) 962 858 [email protected] www.arcesa.com

Arrocerías AntonioTomás, S.L.Tel.: (+34) 961 740 900 [email protected]. com

Herba Rice MillsTel.: (+34) 961 203 [email protected]

Maicerías Españolas, S.A.Tel.: (+34) 961 850 [email protected]

Productos La Campana, S.L.Tel.: (+34) 961 270 [email protected]

Quelle: Consejo ReguladorDOP Arroz de ValenciaTel.: (+34) 961 706 [email protected]

g.U. Arroz del Deltadel Ebro

Arrossaires del Delta del'Ebre, SCCLTel.: (+34) 977 487 [email protected]

Cámara Arrocera delMontsiáTel.: (+34) 977 701 [email protected] www.lacamara.es

Quelle: Consejo ReguladorDOP Arroz del Delta del EbroTel.: (+34) 977 487 [email protected]

g.U. Calasparra

Cooperativa del CampoVirgen de la EsperanzaTel.: (+34) 968 720 [email protected]

Juan Haro e Hijos, C.B.Tel.: (+34) 968 745 [email protected]

Quelle: Consejo ReguladorDOP CalasparraTel.: (+34) 968 720 [email protected]

Hier finden Sie eine Auswahlan Exportfirmen, die uns vonden als Quelle angegebenenEinrichtungen zur Verfügunggestellt wurde.

EXPO

RTEU

RE

LebensmittelBrotAsociación Provincialde Fabricantes yExpendedores de Pande Ciudad Real (IGP Pande Cruz de Ciudad Real)Tel.: (+34) 926 250 [email protected]

Consejo Regulador IGPPan de CeaTels.: (+34) 988 282 586 /618 265 [email protected]@fornodocarlos.eswww.pandecea.org

Reisg.U. Arroz de Valencia

Arroces J. Montoro, S.L.Tel.: (+34) 961 413 [email protected]

Spanischer Edelkäse von Premium Qual i tät

Auszeichnung in Gold beim groβen spanischen

Käsewettbewerb “Concurso Gran Selección 2010”

Erster Preis bei dem Manchego Wettbewerb in der Kategorie

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TARTESANA, S.L“Tarquessia de La Mancha”

Ctra. de Toledo, s/n 13420 Malagón (C.Real) Spain

Tel: +(34) 926 266 410Fax: +(34) 926 266 413

[email protected]

I. QUESERA CUQUERELLA, S.L. - QUESOS ROCINANTEMalagón (C. Real) - Spain - Tel.: +34 926 266 410 - Fax: +34 926 266 413

[email protected] - www.rocinante.es

E i n K r o n j u w e l

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MAI-AUGUST 2012 SPAIN GOURMETOUR 89

INSE

RENT

EN

Aceites Borges Pont, S.A.Tel: (34) 973 501 212 [email protected]: Umschlaginnenseite

Ángel CamachoAlimentación, S.A. (Fragata)Tel: (34) 955 854 [email protected]: Rückumschlaginnenseite

F.J. Sánchez Sucesores, S.A.Tel: (34) 950 364 [email protected]: Rückseite

Grupo GourmetsTel: (34) 915 489 [email protected]: 90

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Loreto Speciality Foods, S.L.Tel: (34) 954 113 [email protected]: 6

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SPAN

IENI

NFO

Für weitere Informationenwenden Sie sich bitte andie Wirtschafts- und Handelsabteilungen derspanischen Botschaften inden folgenden Ländern.

BELGIENTel.: (2) 551 10 40 [email protected]

DEUTSCHLANDTel.: (0211) 49 36 60 [email protected]

ÖSTERREICHTel.: (1) 513 39 [email protected]

SCHWEIZTel.: (31) 381 21 71 [email protected]

Für weitere Informationenüber Themen desFremdenverkehrs wendenSie sich bitte an dasnächste SPANISCHE FREMDENVERKEHRSAMT

BELGIENTel.: (2) 280 19 26/29 [email protected]

DEUTSCHLANDTel.: (030) 882 65 43 [email protected]

Tel.: (0211) 680 39 81 [email protected]

Tel.: (069) 72 50 38 [email protected]

Tel.: (089) 530 74 60 [email protected]

ÖSTERREICHTel.: (1) 512 95 80 [email protected]

SCHWEIZTel.: (44) 253 60 51 [email protected]

RESERVIERUNGS-ZENTRALE PARADOR--HOTELSTel.: (+34) 902 54 79 [email protected]

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gama Unaconcarácterespañol

gamme Uneà l’espagnole

distinctly ASpanishrange

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92 MAI-AUGUST 2012 SPAIN GOURMETOUR

BILD

NACH

WEI

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TitelToya Legido/©ICEX

InhaltS. 2 Amador Toril/©ICEXS. 3 Amador Toril/©ICEX;Toya Legido/©ICEX; MatíasCosta/©ICEX

Spanisches FrühstückS. 8-9 Toya Legido/©ICEXS. 10-11 Toya Legido/©ICEX;Nelson Souto/©ICEXS. 12 Toya Legido/©ICEXS. 13 Piedad Sancho-Mata/©ICEXS. 14 Toya Legido/©ICEX;Juan Manuel Sanz/©ICEXS. 15 Amador Toril/©ICEXS. 16 FernandoMadariaga/©ICEX; ToyaLegido/©ICEXS. 17 FernandoMadariaga/©ICEXS. 18 Tomás Zarza/©ICEX;Fernando Madariaga/©ICEXS. 19 Toya Legido/©ICEX

DOCa PrioratS. 20 Matías Costa/©ICEXS. 21 Juan ManuelSanz/©ICEXS. 22 Matías Costa/©ICEXS. 23 Juan ManuelSanz/©ICEXS. 24-31 Matías Costa/©ICEX

VerdejoS. 32-33 Juan ManuelSanz/©ICEXS. 34 Piedad Sancho-Mata/©ICEXPag 35-41 Oben Juan ManuelSanz©BELONDRADE S.L;unten Juan ManuelSanz/©ICEX

ReisS. 42 Amador Toril/©ICEXS. 43 Anke van Wijck/©ICEXS. 44-45 Amador Toril/©ICEXS. 46 FernandoBriones/©ICEX; AmadorToril/©ICEXS. 47 Anke van Wijck/©ICEX;Karte: Javier BellosoS. 48 Anke van Wijck/©ICEX;Amador Toril/©ICEXS. 49 Anke van Wijck/©ICEX;Amador Toril/©ICEXS. 50 Fernando Briones/©ICEXS. 51 FernandoBriones/©ICEX; AmadorToril/©ICEXS. 52-57 Toya Legido undTomás Zarza/©ICEX

BrotS. 58-63 Amador Toril/©ICEXS. 64 Amador Toril/©ICEX;Karte: Javier BellosoS. 65-66 Amador Toril/©ICEXS. 67 Toya Legido/©ICEXS. 68-71 Toya Legido undTomás Zarza/©ICEX

José Luis UngidosS. 72-79 Toya Legido undTomás Zarza/©ICEX

Salinas de FuencalienteS. 80-83 PabloNeustadt/©ICEX

Rodolfo Gerschmanberichtet ausMexiko-StadtS. 84-85 Jaleo

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