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10/2013 pro care6 © Springer-Verlag
Die Datenmengen sind enorm – der Nut-zen, der daraus gezogen wird, vergleichs-weise gering. So zeigen beispielsweise die Zahlen für nosokomiale, also im Krankenhaus erworbene, Infektionen zwar ein epidemiologisches Problem, al-lerdings ist eine Vergleichbarkeit derzeit weder zwischen Krankenhäusern noch zwischen Ländern gegeben. Aussage-kraft, Schlussfolgerungen und wirksame Gegenmaßnahmen sind derzeit von Ein-zelinitiativen abhängig. Ob und in wel-cher Form Transparenz der Datenlage die Situation verbessern könnte, disku-tierten österreichische Experten Anfang November auf Einladung der Initiative „Sicherheit im OP“ und der „Plattform Patientensicherheit“ in Wien.
Eine kürzlich verö�entlichte Prävalenz-erhebung des Europäischen Zentrums für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) ergab, dass 3,2 Millionen Men-schen pro Jahr an nosokomialen Infektio-nen erkranken, wovon etwa 37.000 ver-sterben. Vor allem Menschen mit einem geschwächten Immunsystem und mit in-vasiven �erapiemaßnahmen wie Harn-wegskathetern, zentralvenösen Zugängen oder Ernährungssonden sind gefährdet zusätzlich zu ihrer Grunderkrankung eine weitere Infektion zu erleiden. Pneumo-nien, Harnwegsinfektionen und Wundin-fektionen sind die drei häu�gsten Arten. Aber auch Infektionen mit Clostridium di�cile stellen ein schwerwiegendes Pro-blem in dieser Hinsicht dar.
„Wir brauchen eine moderate Toleranz“
Steigende Zahlen alleine sagen noch nichts über das Ausmaß des Problems, stellte Univ.-Prof. Dr. Michael Kunze, Sozi-almediziner und Mikrobiologe fest, Ursa-che dafür kann sowohl eine tatsächlich zunehmende Häu�gkeit der Fälle sein, aber auch ein steigendes Bewusstsein. Höhere Zahlen können auch durch bes-sere Erhebungsmethoden zustande kom-men und diese sind von Spital zu Spital unterschiedlich. Eine zumindest öster-reichweit einheitliche Methode wäre
wünschenswert. In jedem Fall müsse ana-lysiert werden, wieviele nosokomiale In-fektionen verhindert werden können, müssen Einzelfallanalysen die multifakto-riellen Ursachen klar machen und schließ-lich Maßnahmen erarbeitet werden, um Abläufe und schließlich Ergebnisse zu ver-bessern.
Ein Hindernis auf dem Weg zu mehr O�enheit und Datenwahrheit sieht Univ.-Doz. Dr. Christoph Wenisch, Vorstand der Med. Abt. mit Infektions- und Tropenme-dizin am SMZ-Süd Kaiser Franz Josef- Spital, in der mangelnden Fehlerkultur in Österreich. Fehler werden häufig für Schuldzuweisungen und nicht zur Verbes-serung der Situation benützt. „Man muss hinschauen, wie gut man ist und wenn man nicht gut ist, kann man etwas dage-gen tun.“ Transparenz, so Wenisch, endet erst beim Patientendatenschutz: „Der Pa-tient ist zu schützen, und nicht das Kran-kenhaus.“ Daher, so Kunze, „brauchen wir eine moderate Transparenz.“
Spitäler als Blackbox
Die Realität sieht derzeit anders aus. So verhindert die Bürokratie mancherorts sogar, dass der Klinikvorstand die Häu�g-keit von nosokomialen Infektionen an sei-ner eigenen Abteilung erhält, berichtet Pa-tientenanwältin Sigrid Pilz. Nicht nur, was die Krankenhausinfektionen betri�t seien die Spitäler, so Pilz „eine einzige Black-box.“ Aus Patientensicht sei Transparenz jedenfalls absolut unabdingbar, denn der Patient hat ein Recht darauf zu wissen, ob in einem Spital ein erhöhtes Risiko be-steht. Auch das Management des Spitals muss seine Hauszahlen kennen, konsta-tierte Dr. Brigitte Ettl von der Plattform Pa-tientensicherheit mit zwei klaren Frage-stellungen: „Kennen Sie Ihre Daten? Was machen Sie mit Ihren Daten?“
Antibiotikaresistenzen erschweren die Behandlung
Als eine der Ursachen für den oft dramati-schen Verlauf nosokomialer Infektionen gilt der undi�erenzierte Einsatz von Anti-biotika und die daraus entstehenden Anti-
biotika resistenten Keime. Mit der Teil-nahme an der europaweiten Initiative Antibiotika Stewardship haben österrei-chische Experten bereits vor 15 Jahren Strategien erarbeitet, wie Antibiotika ein-gesetzt werden sollen, um ihre positive Wirkung zu entfalten und Kollateralschä-den möglichst zu minimieren. „Aller-dings“, so Wenisch: „Dieses Wissen ist noch nicht überall umgesetzt.“ Dafür ist es auch notwendig, die aktuellen Erkennt-nisse bis auf die Stationsebene bekannt zu machen und einen ganzheitlichen Ansatz mit allen betro�enen Berufsgruppen zu verfolgen. Dazu zählt wesentlich auch das P�egepersonal, das kontinuierlich patien-tennah ist. „Für die P�ege ist es wichtig, den Patienten und seinen p�egenden An-gehörigen als Partner hereinzuholen“, stellte Ursula Frohner, Präsidentin des Ös-terreichischen Gesundheits- und Kran-kenp�egeverbands, fest. Nicht nur das Krankenhauspersonal muss in der Hände-hygiene immer wieder geschult werden, sondern auch der Patient und seine Ange-hörigen. Dies sind Maßnahmen, die sofort umgesetzt werden können, unterstrich Kunze, ebenso wie die unnötige Gabe von Antibiotika beispielsweise bei viralen Grippeerkrankungen. nki
Quelle: Round Table: Nosokomiale Infektionen. Brauchen wir mehr Transparenz?, Veranstalter: „Initiative Sicherheit im OP“ und „Plattform Patien-tensicherheit“, 4. 11. 2013, Wien
Spitalsinfektionen: Viele Daten – wenig NutzenMehr Transparenz, bessere Vergleichbarkeit und offene Fehlerkultur, um das Risiko für den Patienten zu minimieren.
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