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«Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020 Bearbeitungsdatum 25. November 2020 Version 1.0 Dokument Status fertiggestellt Klassifizierung Nicht klassifiziert Autor/-in Nils Hählen, Cornelia Brönnimann, Jörg Häberle Dateiname NGA_20201125_Bericht_Einflussfaktoren_2020.docx Herausgabe WEU/AWN/NGA 11/2020

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  • «Spitze Stei» Kandersteg

    Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Bearbeitungsdatum 25. November 2020

    Version 1.0

    Dokument Status fertiggestellt

    Klassifizierung Nicht klassifiziert

    Autor/-in Nils Hählen, Cornelia Brönnimann, Jörg Häberle

    Dateiname NGA_20201125_Bericht_Einflussfaktoren_2020.docx

    Herausgabe WEU/AWN/NGA 11/2020

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Einleitung

    Nicht klassifiziert 2/21

    Inhaltsverzeichnis

    1. Einleitung .............................................................................................................. 3

    2. Bewegungsraten ................................................................................................... 3

    3. Wetterverlauf im 2020 ........................................................................................... 5

    3.1 Lufttemperatur ........................................................................................................ 5

    3.2 Schneehöhe ........................................................................................................... 5

    3.3 Niederschlag .......................................................................................................... 6

    3.4 Bodentemperatur .................................................................................................... 6

    4. Analyse der potentiellen Einflussfaktoren ........................................................... 7

    4.1 Einfluss der Temperatur auf die Bewegungsraten ................................................... 7

    4.2 Einfluss des Niederschlags auf die Bewegungsraten ............................................... 8

    4.2.1 Analyse GNSS-Station 10 ....................................................................................... 9

    4.3 Analyse GNSS-Station 05 ..................................................................................... 10

    5. Fazit ..................................................................................................................... 12

    6. Quellen ................................................................................................................ 13

    Anhang 1: Temperaturverlauf Station Jungfraujoch .......................................................... 14

    Anhang 2: Vergleich Bewegungsrate mit Lufttemperatur .................................................. 15

    Anhang 3: Vergleich Bewegungsrate mit Niederschlag ..................................................... 17

    Anhang 4: Vergleich Bewegungsrate mit Bodentemperatur .............................................. 19

    Anhang 5: Übersicht Bewegungsraten ............................................................................... 21

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Einleitung

    Nicht klassifiziert 3/21

    1. Einleitung

    Bereits in den vergangenen Jahren wurden in zwei Berichten ([1], [2]) die möglichen Einflussfaktoren auf

    die Bewegungsraten am «Spitze Stei» untersucht. Der vorliegende Bericht schliesst am letztjährigen an

    und beinhaltet Messdaten bis Anfang Oktober (6. Oktober 2020). Für die Lage und Art der verwendeten

    Messstationen wird auf den letztjährigen Bericht verwiesen.

    2. Bewegungsraten

    Die Bewegungsraten stiegen 2020 über einen Monat früher an (18.04.20) als im Jahr zuvor (05.06.19,

    vgl. Abbildung 1 und Tabelle 1). Dafür war der Anstieg 2020 gemächlicher und weniger abrupt als im

    Vorjahr. Abbildung 1 zeigt den Mittelwert über alle tachymetrisch gemessenen Punkte, wobei Tage wo

    weniger als 10 Punkte gemessen werden konnten, nicht berücksichtigt wurden. Da die Anzahl der Mess-

    punkte seit Beginn der Messungen nicht genau gleich ist und zudem einige Messpunkte verschoben wur-

    den, zeigt die Abbildung nicht ein absolut genaues Bild der mittleren Bewegungsrate. Für die Darstellung

    des generellen Verlaufs der Bewegungsrate übers Jahr sind diese Einschränkungen jedoch nicht von

    Bedeutung.

    Abbildung 1 Mittlere tägliche Bewegungsrate über alle tachymetrischen Messpunkte

    Die Zunahme der Bewegungsraten im Frühling setzt ein, als sich in Folge der Schneeschmelze der Un-

    tergrund zu erwärmen beginnt. Das ist gut in Abbildung 2 erkennbar, wo ungefähr am 19. April in 1 m

    Tiefe bei den Bohrlöchern am «Spitze Stei» eine Temperatur von 0°C erreicht wird. Dies geschieht mit

    wenigen Tagen Verzögerung nahezu zeitgleich bei allen drei Bohrlöchern. Bereits 2019 fand der Anstieg

    der Bewegungsraten zu einem Zeitpunkt statt, wo in Bohrlöchern in 1 m Tiefe ein starker Anstieg der

    Temperaturen gegen 0°C zu beobachten war. Da damals noch keine Bohrlöcher im Gebiet selber vor-

    handen waren, wurden für die Bodentemperatur Daten aus anderen Bohrlöchern herangezogen. Im letzt-

    jährigen Bericht [2] wurde gezeigt, dass der zeitliche Verlauf der Temperatur im Frühling bei den meisten

    Bohrlöchern im Berner Oberland sehr ähnlich ist.

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Bewegungsraten

    Nicht klassifiziert 4/21

    Abbildung 2 Verlauf der Bodentemperatur in 1 m Tiefe in den drei Bohrlöchern am «Spitze Stei»

    Die Bewegungsraten liegen im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 leicht bis stellenweise deutlich höher. So

    zeigt Tabelle 1, dass in allen Monaten die über alle tachymetrischen Punkte gemittelte Bewegungsrate

    2020 höher ist, wobei im Winter die Differenz sehr klein ist. Bei den Winterwerten ist aber Vorsicht ange-

    bracht, weil dort insbesondere schnell bewegende Messpunkte in der Westflanke nicht gemessen wer-

    den können und somit nicht in die Auswertung einfliessen. Daher sind in Tabelle 1 ergänzend die Mittel-

    werte aus den vier GNSS-Stationen mit der längsten Messreihe eingefügt. Sie geben ein ähnliches Bild

    wie die tachymetrischen Daten ausser im Februar, wo die Geschwindigkeiten 2020 deutlich höher liegen

    als im Vorjahr.

    Tabelle 1 Mittlere Verschiebungsrate [cm/Tag] pro Monat aus Tachymetrie und GNSS-Stationen 01 bis 04

    Tachymetrie GNSS-Stationen

    2018 2019 2020 2018 2019 2020

    Jan 0.18 0.21 0.39 0.44

    Feb 0.16 0.17 0.33 0.41

    Mär 0.14 0.16 0.28 0.31

    Apr 0.13 0.15 0.26 0.30

    Mai 0.12 0.39 0.25 0.49

    Jun 0.52 0.64 0.59 0.80

    Jul 0.89 1.18 1.07 1.04

    Aug 0.59 1.13 1.23 1.24 1.06

    Sep 0.43 0.70 0.82 1.12 0.98

    Okt 0.35 0.69 0.90 1.05 0.87

    Nov 0.24 0.57 0.661 0.89 0.781

    Dez 0.18 0.28 0.47 0.64

    1 Messwerte bis 13. November 2020 berücksichtigt

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Wetterverlauf im 2020

    Nicht klassifiziert 5/21

    3. Wetterverlauf im 2020

    3.1 Lufttemperatur

    Die Lufttemperatur in den Bergen liegt 2020 wie bei vielen Jahren zuvor über dem langjährigen Mittel-

    wert. Dies zeigt exemplarisch die Station Jungfraujoch in Abbildung 3. Insbesondere die Monate Januar

    bis Mai sind 2020 im Vergleich zum langjährigen Mittel deutlich zu warm. Das Gleiche gilt für die Monate

    August und September.

    Abbildung 3 Verlauf der Tagesmitteltemperatur auf dem Jungfraujoch im Jahr 2020 im Vergleich zum langjährigen

    Mittelwert

    3.2 Schneehöhe

    Der Winter 2019/20 war der schneeärmste der letzten drei Jahre. Dies insbesondere, weil im Januar und

    Februar kaum Schnee fällt. Entsprechend ist die Station Fisi bereits Ende April schneefrei; 1 Monat frü-

    her als 2017/18 und 1.5 Monate früher als 2018/19.

    Abbildung 4 Verlauf der Schneehöhe an der Station Fisi, Kandersteg

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Wetterverlauf im 2020

    Nicht klassifiziert 6/21

    3.3 Niederschlag

    2020 ist von den letzten vier Jahren 2017 bis 2020 von Januar bis September das trockenste Jahr, wobei

    2019 nur wenig mehr Niederschlag aufwies (vgl. Abbildung 5). Die geringe Niederschlagssumme 2020

    ist vor allem durch die Monate März und April verursacht, wo kaum Regen fällt. Mai bis August haben

    2020 ähnliche Niederschlagsmengen wie 2017 und 2019.

    Abbildung 5 Niederschlagssumme an Station Doldenstock Nord in den letzten vier Jahren

    Abbildung 6 Verteilung der Niederschlagssummen an der Station Doldenstock Nord über die vier Quartale

    3.4 Bodentemperatur

    Seit 2018 wurde als Referenzstation für die Bodentemperaturen im Gebiet «Spitze Stei» das Bohrloch

    Nordwest am Rottalgrat verwendet. Dieses zeigt seit 2017 in 2 und 3 m Tiefe sowohl im Winter als auch

    im Sommer von Jahr zu Jahr zunehmende Temperaturen (vgl. Abbildung 7). 2020 liegt die maximale

    Sommertemperatur in 2 und 3 m Tiefe aber leicht unter dem Wert des Vorjahrs. In grösserer Tiefe (ins-

    besondere 5 und 6 m) ging der Temperaturanstieg jedoch weiter voran (vgl. Abbildung 8).

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Analyse der potentiellen Einflussfaktoren

    Nicht klassifiziert 7/21

    Abbildung 7 Verlauf der Bodentemperatur in 2 m Tiefe an der Station Rottalgrat Nordwest, MBT1d = mittlere Boden-

    temperatur über 1 Tag, MBT14 = mittlere Bodentemperatur über 14 Tage, JMT = gleitende Jahresmittel-

    temperatur in 2 und 3 m Tiefe.

    Abbildung 8 Verlauf der Bodentemperatur in 4 bis 6 m Tiefe an der Station Rottalgrat Nordwest.

    4. Analyse der potentiellen Einflussfaktoren

    4.1 Einfluss der Temperatur auf die Bewegungsraten

    2020 gelten zur Temperatur weiterhin die gleichen Aussagen wie sie im Bericht 2019 zum Einfluss der

    Lufttemperatur und der Bodentemperatur auf die Bewegungsraten gemacht wurden. Wie in Kap. 2 er-

    wähnt, steigen im Frühling die Bewegungsraten mit Einsetzen der Erwärmung des Untergrunds an. Für

    den generellen Verlauf der Bewegungsrate über das Jahr ist daher eine klare Abhängigkeit zur Boden-

    temperatur erkennbar. Da die Bodentemperatur auch von der Lufttemperatur beeinflusst ist, lässt sich

    ebenfalls eine Abhängigkeit der Bewegungsraten von der Lufttemperatur erkennen (vgl. Abbildung 9). Im

    Winter und insbesondere im Frühling ist - solange eine nicht isotherme Schneedecke vorhanden ist - die

    Abhängigkeit zur Lufttemperatur aber weniger gut als zur Bodentemperatur.

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Analyse der potentiellen Einflussfaktoren

    Nicht klassifiziert 8/21

    Abbildung 9 Verlauf der mittleren Bewegungsrate am «Spitze Stei», der mittleren Bodentemperatur in 2 m Tiefe am

    Rottalgrat und der über 14 Tage gemittelten Lufttemperatur bei der Station Doldenstock Nord.

    Für jeden einzelnen Messpunkt sind im Anhang 2 und Anhang 4 Diagramme zur mittleren Bewegungs-

    rate über 7 Tage und der Lufttemperatur resp. der Bodentemperatur dargestellt. Bei allen Punkten, die

    eine relevante Bewegung aufweisen, ist eine gewisse Abhängigkeit zwischen Temperatur und Bewe-

    gungsrate erkennbar. Die Abhängigkeit ist jedoch nicht bei allen Punkten gleich stark.

    4.2 Einfluss des Niederschlags auf die Bewegungsraten

    Die Analyse vom Einfluss des Niederschlags auf die Bewegungsrate ist komplex. Wir gehen davon aus,

    dass die generelle Bewegungsrate hauptsächlich von der Boden- resp. Lufttemperatur beeinflusst ist

    (vgl. Kap. 4.1). Bei Regenereignissen zeigen einige Gebiete am «Spitze Stei» aber eine starke Reaktion

    in Form eines Anstiegs der Bewegungsrate. Über die gesamte Messdauer zeigt der Niederschlag mit der

    vorliegenden Auswertung (vgl. Anhang 3: Vergleich Bewegungsrate mit Niederschlag) über alle Punkte

    die am wenigsten ausgeprägte Abhängigkeit. Dies wird auch nicht massgeblich besser, wenn beispiels-

    weise nur die Sommerwerte von jeweils 15. Juni bis 15. Oktober in die Analyse einfliessen.

    Abbildung 10 Verlauf der täglichen Bewegungsrate für die drei GNSS-Stationen 01, 05 und 10.

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Analyse der potentiellen Einflussfaktoren

    Nicht klassifiziert 9/21

    Es ist sehr schwierig für die einzelnen Punkte, den genauen Anteil der durch den Regen beeinflussten

    Bewegungsrate von dem Anteil, der durch die Temperatur beeinflusst wird zu trennen. In den nachfol-

    genden Kapiteln wird exemplarisch für zwei Messpunkte eine etwas detailliertere Analyse der Reaktion

    der Bewegungsrate auf Regenereignisse vorgenommen. Dabei werden nur Phasen untersucht, wo er-

    höhte Bewegungsraten aufgetreten sind und nicht mehr die gesamte Messreihe.

    Für die Analyse der potentiellen Einflussfaktoren auf die Bewegungsraten eignen sich die GNSS-Statio-

    nen besser als die Punkte mit Messspiegel, weil letztere während Niederschlägen wegen fehlender Sicht

    oft nicht gemessen werden können und daher bei Regen u.U. während längerer Zeit keine Daten zur Be-

    wegung zur Verfügung stehen. Da die Genauigkeit einer einzelnen GNSS-Messung weniger genau ist

    als eine mit dem Tachymeter, ist eine zeitliche Auflösung unterhalb eines Tages bei der Analyse der Da-

    ten nicht sinnvoll. Aus diesem Grund wird die Analyse mit den Tageswerten vorgenommen.

    4.2.1 Analyse GNSS-Station 10

    Die GNSS-Station 10 in der Westflanke reagiert von allen am stärksten auf Niederschläge. Als erhöhte

    Bewegungsrate für die GNSS-Station 10 wird ein Wert von mindestens 2.5 cm/Tag (entspricht ungefähr

    75% Quantil über gesamte Messdauer) angenommen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Dauer des Ereig-

    nisses und sie endet, wenn der Wert wieder unter 2.5 cm/Tag sinkt. Es lassen sich 14 Ereignisse mit er-

    höhten Bewegungsraten abgrenzen:

    Tabelle 2 Ereignisse mit erhöhter Bewegungsrate bei GNSS-Station 10, Niederschlag und Tagesmitteltemperatur

    an Station Doldenstock Nord, Bodentemperatur an Station Rottalgrat Nord. vmax = maximale tägliche Be-

    wegungsrate während Ereignisdauer, vmean = mittlere Bewegungsrate über gesamte Ereignisdauer

    Datum Regen 1 Tag [mm]

    Regen Ereignis

    [mm]

    Tagesmit-teltempe-ratur [°C]

    Boden-tempera-

    tur 2m [°C]

    Boden-tempera-

    tur 3m [°C]

    vmax [cm/Tag]

    vmean [cm/Tag]

    Ereignis-dauer

    [Tage]

    24.05.2020 30 30 2.7 -0.4 -0.7 3.1 2.8 2

    03.06.2020 8 9 5.2 -0.3 -0.7 2.5 2.5 1

    05.06.2020 16 21 1.1 -0.3 -0.6 2.9 2.9 1

    15.06.2020 14 43 2.2 -0.3 -0.5 3.6 3.0 6

    25.06.2020 11 10 9.8 -0.2 -0.5 3.2 3.0 2

    28.06.2020 37 93 9.0 -0.2 -0.5 7.4 4.7 11

    11.07.2020 21 51 8.0 0.3 -0.3 5.8 3.7 9

    23.07.2020 31 50 6.7 1.3 0.0 6.3 4.9 5

    29.07.2020 24 124 13.3 1.6 0.4 16.3 6.4 14

    13.08.2020 20 81 8.3 2.7 1.4 7.3 3.8 12

    29.08.2020 38 72 6.0 3.1 1.9 5.6 3.8 6

    03.10.2020 46 86 1.2 2.1 1.7 11.1 4.9 4

    23.10.2020 14 22 1.6 1.1 1.0 2.9 2.7 2

    03.11.2020 4 4 4.9 0.0 0.0 2.7 2.7 2

    Untersucht wird sowohl der Einfluss des maximalen 1-Tages-Niederschlags während dem Ereignis als

    auch die Niederschlagssumme über die gesamte Ereignisdauer. Dabei wird auch der Niederschlag be-

    rücksichtigt, der am Tag vor der Zunahme der Bewegungsrate gefallen war.

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Analyse der potentiellen Einflussfaktoren

    Nicht klassifiziert 10/21

    Im Verlauf des ersten Drittels des Monats Juli ist die Westflanke schneefrei (vgl. Abbildung 11). D.h. bis

    Anfang Juli ist neben dem Wassereintrag durch Niederschläge auch mit einem Eintrag durch die

    Schneeschmelze zu rechnen. Diesen Anteil zu quantifizieren ist mit sehr grossen Unsicherheiten verbun-

    den, weshalb darauf verzichtet wird.

    Abbildung 11 Schneesituation am 13. Juni 2020 (links), am 30. Juni 2020 (Mitte) und am 9. Juli 2020 (rechts)

    Es zeigt sich, dass der Niederschlag über die gesamte Ereignisdauer eine deutlich bessere Korrelation

    sowohl für die resultierende maximale Bewegungsrate als auch die mittlere Bewegungsrate ergibt, als

    der maximale 1-Tages-Niederschlag (vgl. Abbildung 12).

    Nur drei Ereignisse (3.6., 25.6. und 3.11.) weisen eine Niederschlagssumme während dem Ereignis von

    10 mm oder weniger auf. Bei allen diesen drei Ereignissen war eine schmelzende Schneedecke im Be-

    reich der Westflanke vorhanden. Auch bei den Ereignissen am 24.5., 5.6. und 24.10. könnte eine

    schmelzende Schneedecke einen Beitrag zum Wassereintrag in den Untergrund gespielt haben. Bei den

    verbleibenden Ereignissen brauchte es eine Niederschlagssumme von mindestens 40 bis 50 mm, damit

    eine Phase mit erhöhter Bewegungsrate ausgelöst wird.

    Zwischen dem 7. und 10. Juni ist ebenfalls eine Niederschlagssumme von über 40 mm zu verzeichnen.

    Dieser Niederschlag fällt jedoch als Schnee. Deshalb gibt es in diesem Zeitraum kein Ereignis mit erhöh-

    ten Bewegungsraten.

    Abbildung 12 Abhängigkeit der Bewegungsrate (vmax als maximale Tagesrate während dem Ereignis, vmean als mittlere

    Bewegungsrate über gesamte Ereignisdauer) vom 1-Tages-Niederschlag und der Niederschlagssumme

    über die gesamte Ereignisdauer von GNSS-Station 10.

    4.3 Analyse GNSS-Station 05

    Die GNSS-Station 05 liegt ebenfalls in der Westflanke und zeigt auch eine deutliche Reaktion auf Nie-

    derschläge, wobei der Betrag der Geschwindigkeitszunahme etwas kleiner ist als bei Station 10. Die Sta-

    tion 05 war bereits ab Juli 2019 in Betrieb, so dass Aussagen zu deren Reaktion auf Niederschläge auch

    für das Vorjahr möglich sind. Als erhöhte Bewegungsrate wird für diese Station ein Wert von 1.9 cm/Tag

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Analyse der potentiellen Einflussfaktoren

    Nicht klassifiziert 11/21

    (entspricht ungefähr 75% Quantil über gesamte Messdauer) gewählt. Da die Bewegungsraten bei

    GNSS05 generell tiefer sind als bei GNSS10, fallen hier die Ungenauigkeiten bei den einzelnen Messun-

    gen stärker ins Gewicht.

    Wie in Abbildung 10 gut erkennbar ist, ist die Reaktion dieser Station auf Niederschläge zwischen An-

    fang Juli und Mitte August 2020 vergleichbar mit der Station 10. Davor und danach sind die Reaktionen

    viel weniger ausgeprägt, was die Abgrenzung von Ereignissen mit erhöhten Bewegungsraten erschwert.

    Insgesamt konnten für die GNSS-Station 05 vier Ereignisse mit erhöhten Bewegungsraten im 2019 und

    zehn im 2020 identifiziert werden:

    Tabelle 3 Ereignisse mit erhöhter Bewegungsrate bei GNSS-Station 05, Niederschlag an Station Doldenstock

    Nord. vmax = maximale tägliche Bewegungsrate während Ereignisdauer, vmean = mittlere Bewegungsrate

    über gesamte Ereignisdauer

    Datum Regen 1 Tag

    [mm] Regen Ereignis

    [mm] vmax

    [cm/Tag] vmean

    [cm/Tag] Ereignisdauer

    [Tage]

    25.07.2019 9 91 5.5 3.2 11

    08.08.2019 18 90 6.7 3.7 11

    20.08.2019 65 110 7.6 4.7 7

    03.09.2019 9 26 2.7 2.5 2

    08.06.2020 17 37 1.9 1.9 1

    17.06.2020 14 35 2.2 2.0 2

    26.06.2020 9 10 2.0 2.0 1

    30.06.2020 37 93 6.1 3.7 10

    11.07.2020 21 51 5.1 2.7 10

    22.07.2020 31 50 4.9 3.5 5

    28.07.2020 6 124 7.0 4.6 14

    12.08.2020 6 89 3.7 2.6 11

    01.09.2020 3 72 2.4 2.1 4

    Vielfach beginnen die Phasen erhöhter Bewegungsraten bei GNSS05 mit etwa einem Tag Verzögerung

    gegenüber GNSS10. Dies insbesondere in den Phasen vor Anfang Juli und nach Mitte August. Das ist

    auch in Abbildung 13 erkennbar. Aus diesem Grund wird für die Analyse der GNSS05 nicht nur der Nie-

    derschlag am Tag vor Anstieg der Bewegungsrate, sondern bis 3 Tage vor Anstieg der Bewegungsrate

    für die Analyse berücksichtigt. Das ergibt eine leicht bessere Korrelation zwischen Niederschlag und Be-

    wegungsrate, wobei diese immer noch deutlich schlechter ist als bei GNSS10 (vgl. Abbildung 14).

    Abbildung 13 Mittlere Bewegungsraten der Ereignisse erhöhter Geschwindigkeiten im Jahr 2020.

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Fazit

    Nicht klassifiziert 12/21

    Wie bei GNSS10 ist bei GNSS05 die Korrelation zwischen Bewegungsrate und Niederschlagssumme

    über die gesamte Ereignisdauer besser als die maximale 1-Tages-Niederschlagssumme.

    Abbildung 14 Abhängigkeit der Bewegungsrate (vmax als maximale Tagesrate während dem Ereignis, vmean als mittlere

    Bewegungsrate über gesamte Ereignisdauer) vom 1-Tages-Niederschlag und der Niederschlagssumme

    über die gesamte Ereignisdauer von GNSS-Station 05.

    Bei GNSS05 braucht es für die Auslösung einer Phase mit erhöhten Bewegungsraten eine Nieder-

    schlagssumme von mindestens 30-50 mm. Einzig am 03.09.2019 wird dieser Wert mit 26 mm knapp und

    am 26.06.20 mit 10 mm deutlich nicht erreicht. Insbesondere beim zweiten Ereignis ist ein Einfluss einer

    schmelzenden Schneedecke vorhanden.

    5. Fazit

    Für die drei untersuchten Einflussfaktoren Lufttemperatur, Bodentemperatur und Niederschlag gelten

    grundsätzlich weiterhin die gleichen Aussagen wie im Vorjahr. Der generelle Verlauf der Bewegungsrate

    über längere Zeiträume von Wochen bis Monate wird massgeblich durch die Temperatur beeinflusst, wo-

    bei zur Bodentemperatur eine etwas bessere Korrelation besteht als zur Lufttemperatur, weil die Boden-

    temperatur einerseits die viel kleineren Schwankungen aufweist und anderseits nicht auf (vorüberge-

    hende) Wärmeeinbrüche bei vorhandener Schneedecke reagiert.

    Die Reaktion auf Niederschläge ist nur bei einigen Punkten insbesondere in der Westflanke vorhanden.

    Dabei ist die Reaktion umso stärker je grösser die Niederschlagssumme ist. Ein wesentlicher Unter-

    schied scheint nicht zu bestehen, ob ein kurzer Niederschlag mit grossen Mengen (z.B. 2./3. Oktober)

    oder ein langer Niederschlag mit kleinen Tagessummen (z.B. ab 13. August) auftritt. Es kann beobachtet

    werden, dass im Hochsommer (ca. Mitte Juli bis Mitte August) die Reaktion schneller erfolgt als im Früh-

    sommer, Spätsommer oder im Herbst.

    Dass insbesondere die Punkte an der Westflanke eine bessere Korrelation zu Temperatur und Nieder-

    schlag aufweisen als die anderen Punkte, könnte auch damit zusammenhängen, dass die Bandbreite der

    Bewegungsrate zwischen Minimum und Maximum bei diesen Punkten viel grösser ist und daher Messun-

    genauigkeiten weniger stark ins Gewicht fallen und durch die grössere Variation die Einflussfaktoren

    besser in Erscheinung treten. Es könnte aber auch sein, dass in diesem Gebiet beispielsweise die De-

    gradation des Permafrosts dazu geführt hat, dass effektiv eine viel stärkere Reaktion der Bewegungsra-

    ten erfolgt und dies in den kommenden Jahren in anderen Teilen allenfalls auch beobachtet werden

    kann, wenn dort der Permafrost ebenfalls stärker aufgelöst ist.

    Der Einfluss der Schneeschmelze auf die Bewegungsrate zu bestimmen ist mit grossen Unsicherheiten

    verbunden. Es wird vermutet, dass in den Übergangsjahreszeiten die Schneeschmelze einen Beitrag zu

    erhöhten Bewegungsraten leisten kann.

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Quellen

    Nicht klassifiziert 13/21

    6. Quellen

    [1] Abteilung Naturgefahren, Grundlagenbericht Gefahrenmanagement «Spitze Stei», 17. Dezember

    2018, 40 S.

    [2] Abteilung Naturgefahren, Bericht zur Analyse der Bewegungsraten und deren Einflussparameter,

    18. November 2019, 45 S.

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Quellen

    Nicht klassifiziert 14/21

    Anhang 1: Temperaturverlauf Station Jungfraujoch

    Abbildung 15 Verlauf der Tagesmitteltemperatur in den Jahren 2018, 2019 und 2020 im Vergleich zum langjährigen Mittelwert

    Abbildung 16 Verlauf der mittleren Tagestemperatur über 28 Tage im Vergleich zum langjährigen Mittelwert

    Abbildung 17 Verlauf der gleitenden Jahres-Mitteltemperatur seit 1934. In Rot ist das Jahr 2020 dargestellt.

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Quellen

    Nicht klassifiziert 15/21

    Anhang 2: Vergleich Bewegungsrate mit Lufttemperatur

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Quellen

    Nicht klassifiziert 16/21

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Quellen

    Nicht klassifiziert 17/21

    Anhang 3: Vergleich Bewegungsrate mit Niederschlag

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Quellen

    Nicht klassifiziert 18/21

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Quellen

    Nicht klassifiziert 19/21

    Anhang 4: Vergleich Bewegungsrate mit Bodentemperatur

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Quellen

    Nicht klassifiziert 20/21

  • «Spitze Stei» Kandersteg Einflussfaktoren auf Bewegungsraten 2020

    Quellen

    Nicht klassifiziert 21/21

    Anhang 5: Übersicht Bewegungsraten

    Abbildung 18 Mittlere Bewegungsrate über 7 Tage aus GPS01 bis GPS04.

    Abbildung 19 Variation der Bewegungsrate pro tachymetrischem Messpunkt

    Abbildung 20 Variation der Bewegungsrate pro GNSS-Messpunkt