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Spracherwerb
Definition SpracherwerbSpracherwerb bedeutet das „Erlernen der Regeln der jeweiligen Muttersprache1, [...] [und] zu lernen, wie mit Sprache eigene Gedanken und Gefühle ausgedruckt, wie Handlungen vollzogen und die von anderen verstanden werden können. Hierbei sind auch nonverbale Signale wie Mimik und Gestik bedeutsam.“
aus Klann-Delius, G. (1999). Spracherwerb. Stuttgart: Metzler. S.22.
1. In der Linguistik spricht man nicht von „Muttersprache“ sondern von „Erstsprache“ (von der man auch mehrere haben kann). Im Unterschied zum Zweitspracherwerb lern man die Erstsprache ohne Bewusstmachung der zugrundeliegenden Regeln.
Aspekte des Spracherwerbs• Frühe Sprachwahrnehmung
• Kategoriale Lautwahrnehmung• Segmentation• Wortklassifikation
• Erwerb phonetischer und phonologischer Fähigkeiten• Vokalisationsentwicklung• Entwicklung des phonologischen Systems • Frühe phonologische Fähigkeiten und Phoneminventar • Phonologische Prozesse • Erwerb von Konsonantenverbindungen• Prosodieerwerb (Betonung)
nach: Christina Kauschke (2012), Kindlicher Spracherwerb im Deutschen (s. Wiki)
Aspekte des Spracherwerbs • Erwerb lexikalischer und semantischer Fähigkeiten
• Wortverständnis • Wortproduktion • Lexikalischer Zuwachs • Wachstumsmuster • Sprachwahrnehmung • Bedeutungsentwicklung • Eigenschaften früher Wörter • Inhalte und Strukturierung des kindlichen Lexikons • Erwerb der Wortarten• Erklärungsansätze zum Lexikonerwerb
nach: Christina Kauschke (2012), Kindlicher Spracherwerb im Deutschen (s. Wiki)
Aspekte des Spracherwerbs • Erwerb morphologischer Fähigkeiten
• Erwerb der Wortbildung• Erwerb des Pluralsystems• Erwerb des Kasussystems • Erwerb der Verbflexion• Erwerb der Personalflexion • Tempuserwerb
nach: Christina Kauschke (2012), Kindlicher Spracherwerb im Deutschen (s. Wiki)
Aspekte des Spracherwerbs • Erwerb syntaktischer Fähigkeiten
• Anfänge des Syntaxerwerbs • Erwerb einfacher Satzstrukturen• Erwerb der Verbzweitstellung im • Erwerb von Fragestrukturen • Erwerb komplexer Satzstrukturen• Erwerb von Nebensätzen • Erwerb von Passivstrukturen• Erwerb von Objektvoranstellungen • Erklärungsansätze zum Syntaxerwerb
nach: Christina Kauschke (2012), Kindlicher Spracherwerb im Deutschen (s. Wiki)
Aspekte des Spracherwerbs • Erwerb pragmatischer Fähigkeiten
• Intentionalität und Intersubjektivität • Frühes Kommunikationsrepertoire• Dialogkompetenz und Konversationsfähigkeiten • Kindgerichtete Sprache • Erwerb von Dialogfähigkeiten • Erwerb elementarer Sprechakte• Erwerb narrativer Fähigkeiten
nach: Christina Kauschke (2012), Kindlicher Spracherwerb im Deutschen (s. Wiki)
Interessante Fakten zur kindlichen
Sprachentwicklungnach Nicolas Ruh
(ganz ohne Quellenangaben)
Sensitive Phasen• Nur wer in einer sprachlichen Umgebung
aufwächst, lernt sprechen – und zwar die ihn oder sie umgebende(n) Sprache(n)
• Wenn man bis zum ca. 12ten Lebensjahr keine Erstsprache erworben hat, dann lernt man keine Sprache mehr
• Evidenz: Wolfskinder, Genie
Pidgin• Gruppen von Kindern, die in einer
nichtsprachlichen Umgebung aufwachsen, entwickeln spontan ihre eigene, syntaktisch vollwertige Sprache
• Evidenz: Pidgin -> Kreolsprachen, manche Zeichensprachen
Interaktion ist entscheidend• Kinder lernen nicht/schwer sprechen, wenn sie
zwar eine sprachliche Umwelt, aber keine direkten Interaktionen mit ihr haben
• Evidenz: Nur/sehr viel Fernsehen verunmöglicht oder verzögert den Spracherwerb.
Motherese hilft – oder auch nicht• Noch immer sehr umstritten ist die Frage, ob ein
vereinfachter sprachlicher Input beim Spracherwerb förderlich ist
• Evidenz: Es ist unklar, ob es der kindlichen Sprachentwicklung hilft oder schadet, wenn Erwachsene Baby-Sprache benutzen – klare Effekte zeigen sich dagegen für die Menge der sprachlichen Interaktion mit Kindern
Pränatale Fähigkeiten• schon vor der Geburt oder kurz danach (< 4 M.)
• können Babys Sprache von anderen Geräuschen unterscheiden
• können Babys ihre Muttersprache von Fremdsprachen unterscheiden (hauptsächlich aufgrund der Intonation)
• Evidenz: Herzrate, Trittrate
Frühsprachliche Fähigkeiten• schon kurz nach der Geburt (< 1 J.)
• können Babys in ihrer Muttersprache vorkommende Phoneme unterscheiden (aber andere nicht)
• können Babys Wortgrenzen in ihrer Muttersprache erkennen
• Evidenz: • Japanische Babys verlernen, zwischen l und r zu
unterscheiden
• Methoden: EKP, Blickpräferenz, NIRS, fMRI
Wesentliche Schritte der frühen Sprachwahrnehmung (nach Kauschke, 2012)Alter Fahigkeiten der fruhen Sprachwahrnehmung
1–4 Monate
− Sensitivität für Sprache und Stimmen (beginnt vorgeburtlich) − Fähigkeit zur Unterscheidung verschiedener Sprachen − Erkennung rhythmischer und prosodischer Merkmale der Muttersprache − Beginn der kategorialen Lautwahrnehmung, Wahrnehmung auch nicht-muttersprachlicher Kontraste − Erkennen des eigenen Namens (4 Monate)
6 Monate
− Präferenz für das dominante Betonungsmuster der Muttersprache − Erkennen von Phrasengrenzen
8 Monate
− Segmentierung von Wörtern mit trochäischem Betonungsmuster − Wiedererkennung hochfrequenter Inhalts- und Funktionswörter − Erkennung von Satzgrenzen anhand der Pausendauer
10 Monate
− Nutzung phonotaktischer Regularitäten zur Segmentation − Segmentierung von Wörtern mit jambischem Betonungsmuster
12 Monate
− Kategoriale Lautwahrnehmung beschränkt sich auf muttersprachliche Kontraste
16 Monate
− Nutzung distributioneller Informationen (Kookkurrenz) zur Klassifizierung von Wortarten, vor allem von Nomen
Überblick über Methoden in der Spracherwerbsforschung• Befragungsmethoden • Beobachtungsmethoden
• Spontansprache, Sprachtagebuch (inzwischen Video)• Elizitierte Sprachproduktion • semi-strukturierte Testverfahren, z.B. Ausagieren
• Experimentelle Methoden• Benennen, Wort-Bild-Zuordnung, Reaktionszeiten, ...• Verwendung von Nicht- oder Pseudowörter • Physiologische Reaktionen (Herzrate, Trittrate, Nuckelfrequenz,
Blickpräferenz,...)• Bildgebende Verfahren (EKP, fMRT, NIRS)
• Störungen des Spracherwerbs
Vokabelspurt• Eine kleine Weile nach dem Auftauchen der ersten
Worte (ca. 1 J.) in kindlichen Äusserungen gibt es eine Phase (ca. 2 J.), in der sich das aktive Vokabular sehr schnell von unter 50 Worten auf ca. 100 bis 300 Worte erweitert – danach (ca. 3 J.) sinkt die Erwerbsrate wieder
• Evidenz: Nicht ganz klar, kommt auch sehr darauf an, wie man die Erwerbsrate definiert und misst
Wortschatzwachstum in der Spontansprache (aus Kauschke 2000)
Sprachverständnis vor Produktion• Viele sprachliche Fähigkeiten zeigen sich in der
Sprachproduktion erst Monate nachdem sie im passiven Sprachgebrauch nachweisbar sind
• Evidenz: Kinder in der Zwei-Wort-Phase zeigen schon vertieftes grammatikalisches Verständnis (z.B. durch Ausagieren), können verschiedene Wortarten unterscheiden (aufgrund der Kookkurrenz!)
Wortartenentwicklung (Kauschke 2012)
Ausdifferenzierung von Bedeutung• Frühe Worte werden meist auf ein zu breites (oder
zu enges) Bedeutungsfeld angewandt, die Bedeutung verengt sich mit zunehmender Erfahrung und grösser werdendem Vokabular
• Evidenz: Die meisten Kinder benutzen „Wauwau“ zu Beginn für alles, was sich bewegt (Überdehnung), dann für alle Lebewesen, dann für Tiere mit Fell und erst zum Schluss nur für Hunde
• Manchmal werden Begriffe auch initial zu eng (Unterdehnung) verstanden, z.B. „Ball“ nur für den eigenen Ball
Stadien des Syntax-Erwerbs
Stadieneinteilung nach (Wode, 1988; vgl. Clahsen, 1986)
I 0;10-1;6 Holophrasen
II 1;6-2;0 Zwei-Wort-Äußerungen-Wortketten-Keine Flexionen-Wortstellung fest oder frei
III 2;0-2;6 Ausbau der einfachen Syntax-Ausrichtung auf Wortstellung der Zielsprache-Aufbau einfacher Sätze-erste hierarchische Strukturierungen je nach Zielsprache -Beginn der Flexionen
IV 2;6-4;0 Erste Transformationen und Nebensätze-einfache Sätze gemeistert-Flexionen noch fehlerhaft-Relativsätze, Konjunktionalsätze, Inversion
V 4;0-12;0 Ausbau der komplexen Syntax
Kreativer Umgang mit Sprache• Kinder ahmen Äusserungen selten 1:1 nach,
vielmehr experimentieren sie von klein auf mit möglichen Regeln, was sich oft in systematischen Fehler äussert.
• Evidenz: Worte werden nachweislich in nie zuvor gehörten Konstellationen geäussert, es gibt systematische Vereinfachungen, der Umgang mit neuen oder erfundenen Worten folgt bestimmten – wenn auch nicht immer korrekten - Regeln
U-förmige Entwicklung• Bei verschiedenen sprachlichen Fähigkeiten (z.B.
Verbflektion) folgt auf einen initial korrekten Gebrauch (weniger Wörter) eine Phase der Übergeneralisierung, bevor dann das gesamte System beherrscht wird.
• Evidenz: Verbflektion, Pluralbildung, ...
U-shaped development
U-shaped development
Erklärungsansätze Spracherwerb• Behaviouristischer Ansatz• Nativistischer Ansatz• Kognitivistischer Ansatz• Konstruktivistischer Ansatz • Interaktionistischer Ansatz
Erklärungsansätze Spracherwerb
Nativismus1. Pinker vs. Szagun2. Verfassen sie eine knappe (ca. ½ Seite)
Zusammenfassung von Pinkers Artikel1. Wichtigste Gedankengänge in eigenen Worte objektiv
widergeben
3. Verfassen sie auf der Basis der beiden Texte einen Lexikonartikel (für ein Schülerlexikon) zum Begriff „Nativismus“ (bzgl. Spracherwerb)
Zusammenfassung
begriffen.chProbe Grundwissen (1. März 2016, 45‘)
• Definition Begriff (etwa 10)
• Begriff Definition (etwa 10)
• Beispiel Begriff (etwa 10)
• Begriff Beispiel (etwa 10)
Hausaufgabe auf 23.2.16 um 10:00 (je nach Gruppe, Ergebnisse in Google Docs eintragen, s. Links auf Wiki)1. Je 1-3 Beispiele pro Aufgabentyp (spezifische Begriffe)2. 3 Textausschnitte, die man gut einer Epoche zuordnen kann (mit Lösung)3. 3 Textausschnitte, bei denen man gut die Erzählperspektive bestimmen
kann (mit Lösung)4. 3 Ausschnitte aus Gedichten, die sich zur Bestimmung des Metrums
eignen (mit Lösung)
Lexikonartikel
Erklärungsansätze Spracherwerb
nature vs. nurture
(sprachliche)
Umwelt
input (Sinne)
output (Handeln)
• Das Gehirn macht aus sensorischem Input einen motorischen Output. • Das Gehirn eines Menschen funktionieren ähnlich, wie das anderer
Menschen, aber (teilweise) anders, als das von Tieren (z.B. Sprache).• Die Frage ist also, wie viel der spezifischen Funktionsweise des
menschlichen Gehirns (z.B. sprechen lernen) beruht auf seiner speziellen DNA, und wie viel auf der Umwelt, in der er aufwächst.
• Interessant und umstritten ist diese Frage nur für komplexe Fähigkeiten und Veranlagungen, z.B. Sprache, Intelligenz, Moral, Charakter,...
Behaviourismus
(sprachliche)
Umwelt
input (Sinne)
output (Handeln)
• Angeboren sind bestimmte Prinzipien des Reiz-Reaktions-Lernen• Diese Prinzipien kann man genau untersuchen, indem man den Input
kontrolliert und den Output misst (Experimente, zumeist mit Tieren)• Alle Handlungen sind also (angeborene oder erlernte) Reaktionen auf die
Reize in der Umwelt.• Spekulationen über die genauen Vorgänge innerhalb des Gehirns sind
müssig, da wir sie nicht objektiv messen können (vor 100 Jahren)
Black Box
Nativismus
(sprachliche)
Umwelt
input (Sinne)
output (Handeln)
• Die menschliche Sprachfähigkeit ist angeboren in Form von allgemeinen Regeln (Universalgrammatik)
• Spracherwerb bedeutet, dass aus dem universellen Set von Regeln die für die Muttersprache zutreffenden herausgefiltert werden
• Die wichtigste Begründung für diese Sicht: sprachliche Regeln sind zu komplex, als dass man sie aus Beispielen ableiten könnte - und explizite Informationen über die Regeln oder korrektives Feedback bekommen Kinder nicht oder wenig Was nicht lernbar ist, angeboren sein
Noam Chomsky• Sprache ist zu kompliziert, als dass man sie
aus dem Input lernen könnte, insbesondere ohne negatives Feedback. Also muss es eine angeborene Universalgrammatik (UG) geben.
• Chomskys Ziel: Ein solche UG erfinden/beschrei-ben, also zunächst für einzelne Sprachen die Sets von Regeln finden, mit denen sich alle möglichen Äusserungen dieser Sprache produzieren lassen und dann diese einzelnen Generativen Grammatiken in einer UG zu vereinen.
Generative Grammatik (Englisch)
• S NP VP• VP Verb (NP)• NP Det Noun
Theoretische Linguisten suchen noch immer nach einer möglichen Universalgrammatik, die alle Sprachen der Erde umfasst. Die Herangehensweise entspricht grob dem obigen Beispiel – nur seeeeehr viel komplizierter
(angeborene) TransformationsregelnDer Pfeil deutet an, dass man die linke Seite
durch die rechte ersetzen kann
Ein Beispiel: Word Order (Subject Verb Object)
Wordorder
Equivalencein English
Proportionof languages
Examplelanguages
SOV "I you love." 45% Hindi, Japanese, Latin
SVO "I love you." 42% English, Mandarin, Russian
VSO "Love I you." 9% Hebrew, Irish, Zapotec
VOS "Love you I." 3% Baure, Fijian, Malagasy
OVS "You love I." 1% Apalai, Hixkaryana, Tamil
OSV "You I love." 0% Jamamadi, Warao, Xavante
Deutsch: SOV (Nebensätze) & SVO (Hauptsätze) & VSO (Fragen)
Konstruktivismus (Konnektionismus)
(sprachliche)
Umwelt
input (Sinne)
output (Handeln)
• Angeboren ist die enorme Lernfähigkeit des Gehirns, das sich beständig selbstorganisiert, um mit dem gegebenen Input optimal umgehen zu können
• Dass Menschen so ähnliche Erwerbsprozesse zeigen, liegt daran, dass sie ähnlich lernen und vergleichbaren Input bekommen
• Die Vorstellung, dass „sprachlichen Regeln“ im Gehirn in Form von (expliziten) Transformationsgrammatiken vorliegen, ist unbegründet und falsch
• Konnektionismus: Man kann gehirnähnliche Modelle entwickeln, die selbst aus angeblich „armem“ Input komplexe Regelhaftigkeiten erlernen
Jeff Elman• Angeboren ist eine überragende
Lernfähigkeit (inkl. Generalisation). ALLES inhaltliche (Vokabular, Rollen und Regelhaftigkeiten) wird aus dem Input gelernt
• Elmans Ziel:Zeigen, dass es biologisch plausible Lernmechanismen (z.B. Neuronale Netze) gibt, die das können
Lernende Systeme
Nativisten• meist Pen&Paper–Modelle• modularer Aufbau• explizite, sprachspezifische
Regeln (wie in Computerprogramm)
• aus der Interaktion mit Input wird abgeleitet, welche der Regeln gelten
• wie das Gehirn das umsetzt, interessiert nicht (Kompetenz vs. Performanz)
Konnektionisten• funktionale Modelle bzw.
Simulationen• Parallelverarbeitung• eingebaut sind allgemeine
Lernregeln • aus der Interaktion mit Input
ergibt sich (implizit) regelhaftes Verhalten
• Die Modelle und Lernregeln sind der Biologie nachempfunden
Neuronale Netze
Eingabeschicht(~Sinne)
Ausgabeschicht(~ Handlung)
Zwischenschicht(en)(~Gehirn)
Vera
rbei
tung
(Inpu
t O
utpu
t)
Lernen (Gewichte anpassen)
Beispiel Wortsegmentierung
• Woher weiss man, dass ein Wort zu Ende ist? Und noch wichtiger: kann man das lernen?
• Input: kontinuierlicher Strom von Lauten (exakt: Phoneme, aber wir bleiben mal bei Buchstaben)
• Das Gehirn (hier: das Netzwerkmodell) versucht ständig vorherzusagen, welcher Buchstabe als nächstes kommt. Das tolle daran: wenige Millisekunden später kann es die Korrektheit seiner Vorhersage gleich überprüfen
Ein Netzwerkmodell• Dieses SRN lernt, indem es
• ein Märchenbuch liest, Buchstabe für Buchstabe• versucht, jeweils den nächsten Buchstaben vorherzusagen
• Der Fehler in der Vorhersage wird gemessen• (mit bekannten und unbekannten Sätzen und Wörtern)
A B C D E F
A B C D E F
1:1 copy
Ergebnis: Vorhersagefehler nach Training
Beispiel WortsegmentierungWie erkennen Kinder Wortgrenzen im Sprachsignal?• Nativismus:
• Keine Konkrete Antwort, wird vorausgesetzt
• Konnektionismus:• Ein Teil des Gehirns ist ständig damit beschäftigt
vorherzusagen, was als nächstes passiert – in Bezug auf Sprache also, welches Phonem als nächstes kommen kann. Innerhalb von Worten gibt es nur wenige Möglichkeiten, an Wortgrenzen sehr viele
• Wortgrenzen sind die Stellen im Sprachsignal, an denen man schlecht vorhersagen kann, welches Phonem als nächstes kommt
Mehr Chomsky vs. Elman1. Kann Syntax (welches Wort im Satz wo hin gehört)
aus dem Input gelernt werden? (Wie?)
2. Haben wir Syntax-Regeln im Kopf? (in welcher Form?)
3. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Syntax und Semantik?
4. Warum sind bestimmte Nebensatzkonstruktionen besser zu verstehen als andere?
5. Warum verstehen manche kompliziertere Sätze?6. Warum kann man Syntax nach dem ~12ten
Lebensjahr nicht mehr lernen?
Wie viele grammatisch korrekte Sätze gibt es in einer bestimmten Sprache?
Rekursion
(0) Der Hund rennt.(1) Der schwarze Hund rennt.(2) Der schwarze böse Hund rennt.(3) Der schwarze böse grosse Hund rennt.(4) ...
(0) Anna rennt.(1) Anna, die Fred mag, rennt.(2) Anna, die Fred, der Supermann sieht, mag, rennt.
(0) Anna rennt.(1) Anna rennt und Fred isst.(2) Anna rennt und Fred isst aber Supermann lebt.
Regeln (für Englisch)• S NP VP• VP Verb (NP)• NP Det Noun
Regeln mit Rekursion• S NP VP• VP Verb (NP)• NP Det Noun
• NP NP who VP
The dog that the cat that the mouse (…) hears sees runs.The dog that the cat that the mouse (…) hears sees runs.
Chomsky kümmert das nicht Performance vs. Kompetence
Elman sieht darin ein zu erklärendes Phänomen
Aber: versteht man diesen Satz?
Elmans Netz: Grundidee• Das Märchen-Netz hatte aus dem Buchstaben-Strom die
Regelhaftigkeiten der englischen Phonetik gelerntalso welche Buchstaben nach welchen Buchstabenfolge am wahrscheinlichsten sind
• Das hat es gelernt, indem es immer versucht hat, aufgrund der bisherigen Buchstaben den jeweils nächsten vorherzusagen praktisch, einen kleinen Moment später kann es Vorhersage und Wirklichkeit vergleichen
• Und jetzt dasselbe mit Worten statt Buchstabenjetzt sollte das Netz die Regelhaftigkeiten der Grammatik (Syntax) lernen
Worte vorhersagen• 31 Worte, jedes bekommt einen Input-Knoten• Aus den Worten werden 10000 korrekte Sätze gebildet
(einfache 2- oder 3-Wort-Sätze) • Das SRN (31 - 150 - 31) wird trainiert
Ein Teil des kontinuierlichen Inputs
Cluster-Analyse des hidden layerDas Netz hat gelernt, grammatische Kategorien zu unterscheiden
Semantik? (Look at the nouns)
Zwischenergebnis• SRNs können Struktur aus einem kontinuierlichen Input-Strom
extrahieren• Die entstehende Struktur spiegelt (feine) syntaktische
Unterscheidungen, aber auch teilweise semantische Information (Bedeutung)
• Die üblichen Vorteile von Neuronalen Netzen gelten auch für dieses Modell, z.B.
• „Biologische“ Informationsverarbeitung• Generalisation (auf nicht trainierte Sätze)• Robustheit bei Schädigung• Die häufigsten Konstruktionen werden zuerst gelernt• …
Aber weiter zu interessanteren Gefielden
• Funktioniert das auch mit komplizierteren Sätzen?• Es werden tausende weiter korrekte Sätze konstruiert(inkl.
mehrfachen Nebensätzen, zentral, rechts und/oder links eingebettet), z.B:
• cats chase dogs.• mary feeds john.• boys who chase dogs see girls.• girl who boys who feed cats walk.• dogs see boys who cats who mary feeds chase.
Achtung: singular/plural agreement zwischen Subjekt and Verb!!
The importance of starting small• Construct more complex sentences
(with multiple embedding – center, right + left)• cats chase dogs.• mary feeds john.• boys who chase dogs see girls.• girl who boys who feed cats walk.• dogs see boys who cats who mary feeds chase.
(note the singular/plural agreement between subject and verb!!)
Armer Jeff• Es klappt nicht!!!• Die Übereinstimmung (singular/plural) in längeren Sätzen wird
nicht erfolgreich gelerntZ.B. sagt das Netz dies voraus:dogs who see cats who mary feeds lives.
Wieso?
Ein Problem mit dem Arbeitsgedächtnis
• long distance dependencies sind schwierig • (für Netze und Menschen)
• Weit zurück liegende Inputs haben nur noch wenig Einfluss im hidden layer
• Die Schritte zwischen den beiden zusammengehörigen Elementen (Subjekt & Verb) interferieren
(dogs who see cats who mary) feeds…
… lives. Um es zu schaffen müsste das Netz
die Zwischenschritte so gut gelernt haben, dass es auf den verbleibenden Einfluss des weit zurück liegenden Subjekts noch reagieren kann
Die Lösung: starting small• Zwei Versionen
1. Komplexität des Input schrittweise erhöhen, indem man immer mehr komplizierte Sätze dazu nimmt
2. Die Gedächtnisspanne des SRN zu Beginn begrenzen, z.B. indem man das kontext layer alle 3, 5, 7, nie, Worte auf zufällige Werte setzt
• Beides hat denselben Effekt: es reduziert die Komplexität der Aufgabe zu Beginn, so dass das Netz die groben Strukturen lernen kann (s. erste Version). Wenn erst später die komplexeren Sätze dazu kommen kann sich das Netz auf diese “konzentrieren”
Jetzt klappt es!!!• Output of the
trained SRN (= probability
distribution!)
S = end of sentenceW = who1 = singular2 = pluralDirect object:N = not possibleR = requiredO = optional
Hidden layer Analyse (PCA für mehrere Schritte)
start (3x)
start
Ergebnis• Es entstehen hierarchische Repräsentationen der Struktur von
Syntax• Das SRN hat ähnliche Probleme wie Menschen, wenn es um
long distance dependencies geht• Das SRN lernt besser mit “starting small”, mehr ist nicht immer
besser• Erst ein anfänglich “dummes” Gehirn ermöglicht das Erlernen
sehr komplexer Aufgaben vielleicht erklärt das, warum Menschen von allen Spezies am
“unfertigsten” geboren werden und die längste Kindheit haben
Chomsky vs. Elman1. Kann Syntax (welches Wort im Satz wo hin gehört)
aus dem Input gelernt werden? (Wie?)
2. Haben wir Syntax-Regeln im Kopf? (in welcher Form?)
3. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Syntax und Semantik?
4. Warum sind bestimmte Nebensatzkonstruktionen besser zu verstehen als andere?
5. Warum verstehen manche kompliziertere Sätze?6. Warum kann man Syntax nach dem ~12ten
Lebensjahr nicht mehr lernen?
Elmans Antworten:1. Selbst so etwas kompliziertes wie Syntax kann aus
dem Input gelernt werden (z.B. mit Neuronalen Netzen)
2. Im Kopf haben wir keine symbolischen Regeln, höchstens Regelhaftigkeiten (als Gewichte in NNs)
3. Syntax und Semantik sind nicht komplett zu trennen4. Aufgrund der speziellen Art von Arbeitsgedächtnis5. Weil sie geübter sind6. Weil der in die Entwicklung eingebaute starting
small Mechanismus nicht mehr greift
Erklärungsansätze Spracherwerb
Ansatz Vertreter Beschreibung ProblemeBehavioristisch Skinner Konditionierung und Lernen
durch Assoziationlernertypische Fehler
Nativistisch ChomskyPinkerClahsen
Sprachliche Strukturen bis auf noch zu fixierende Parameter angeboren
itembasiertes Lernenkaum funktionalen ModelleKompetenz vs. Performanz
Kognitivistisch Piaget Sinclair-de Zwart
Kognitive Entwicklung bestimmt Spracherwerb
Erwerbsreihenfolge oft von Eigenschaft der Sprache abhängig, kaum Modelle
Interaktionistisch BrunnerSnowBates Tomasello
Betonung der sozialen Interaktion als LernrahmenItembasiertes LernenBetonung der Fähigkeit zur statistischen Inputanalyse
zu wenig genau? kaum funktionale ModelleLernbarkeit?kein negativer Input (?)
Konstruktivistisch / Konnektionistisch
ElmanPlunkettSzagun
Das Gehirn als Lernapparat, der aus der Erfahrung Regelhaftigkeiten ableitet
technisches Verständnis, Modelle oft spezifisch für bestimmte Fähigkeiten
Meine Haltung zu Spracherwerb• Gehirn Computer, die Vorstellung von expliziten
Regeln im Gehirn ist irreführend und falsch• Es macht wenig Sinn, sich über angeboren vs.
gelernt zu streiten. Wichtig wäre:• was genau ist angeboren (z.B. Lernmechanismen...)?• wie genau lernt das Gehirn aus dem Input? Verständnis der Interaktion zwischen Hirn & Umwelt
• Funktionale Modelle sind essenziell• Die Zeit der Kästchen-und-Pfeile-Modelle ist vorbei,
nicht nur in der Linguistik
Erklärungsansätze Spracherwerb