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Spuk in der Sol

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Atlan - Die Abenteuer der SOL Nr. 556 Oggar  

Spuk in der SOL von Horst Hoffmann  Das Schiff des Materielosen erscheint  

Mehr  als  200  Jahre  lang war  die  SOL,  das  Fernraumschiff  von  Terra,  auf seiner ziellosen Reise durch die Tiefen des Alls  isoliert gewesen, bis Atlan  in Kontakt mit dem Generationenschiff kommt. Die Kosmokraten haben den Arkoniden entlassen, damit er sich um die SOL 

kümmert und sie einer neuen Bestimmung zuführt. Jetzt schreibt man an Bord des Schiffes den Mai des Jahres 3792, und der Arkonide hat trotz seines relativ kurzen Wirkens auf der SOL bereits den Anstoß zu entscheidenden positiven Veränderungen im Leben der Solaner gegeben – ganz davon abgesehen, daß er gleich nach seinem Erscheinen die SOL vor der Vernichtung rettete. Inzwischen hat das Generationenschiff viele Lichtjahre zurückgelegt, und die Solaner  haben  in  dieser  Zeit  viele  Konflikte  mit  Gegnern  von  Innen  und Außen mehr oder weniger unbeschadet überstanden. Unter  Breckcrown Hayes,  dem  neuen High  Sideryt,  bahnt  sich  nun  eine weitere Stabilisierung und Normalisierung an Bord an. Allerdings kommt es durch unerwartete Ereignisse immer wieder zu erheblicher Unruhe. Schuld daran ist diesmal der SPUK IN DER SOL … 

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 Die Hauptpersonen des Romans:  Atlan ‐ Sein Bewußtsein geht auf die Reise. Breckcrown Hayes ‐ Der High Sideryt gibt den Startbefehl für die SOL. Sternfeuer und CptʹCarch ‐ Die Mutantin und der Extra als Ausgangspunkte eines unheimlichen Geschehens. Insider ‐ Ein Extra, der fremde Bewußtseine aufnimmt. Malcish ‐ Ein Dieb in Schwierigkeiten. Oggar ‐ Ein Materieloser.  

1.  Der Mann,  der  von  einem  halben Dutzend  aufgebrachter  Solaner durch  die Korridore  des  SOL‐Mittelteils  gejagt wurde, wirkte  auf den  ersten Blick  unscheinbar. Wer  ihn  zum  erstenmal  sah, mußte ihn  für  einen Durchschnittsmenschen  halten,  knapp  über  hundert Jahre alt, mittelgroß und grauhaarig –  jemand, dem man begegnete und den man gleich darauf wieder vergaß. Unter  der  Knute  der  SOLAG  hatte  sich Malcish mit Diebereien 

über Wasser  gehalten,  bevor  er  sich  in  eine  so  aussichtslose  Lage hineinmanövrierte,  daß  ihm  nur  noch  der  Weg  blieb,  sich  den Basiskämpfern anzuschließen. Diese Zeiten aber waren vorbei. In der SOL war Ruhe eingekehrt. 

Es  gab  keine  SOLAG  mehr,  die  es  zu  bekämpfen  galt.  Die ehemaligen  Rebellen  waren  in  die  Gemeinschaft  integriert,  und mangels  anderweitigen Nervenkitzels war Malcish  nichts  anderes übriggeblieben, als sich wieder vornehmlich dem zuzuwenden, was er wie kein anderer beherrschte. Entweder hatte er während der Kämpfe sein Handwerk verlernt, 

oder  die  aus  ihrer  Lethargie  erwachten  Solaner  waren aufmerksamer geworden. Vermutlich  traf beides zu.  Jedenfalls  sah es ganz danach aus, als sollte es Malcish an diesem Morgen des 28. Mai 3972 endgültig an den Kragen gehen. Seine  Beine  trugen  ihn  kaum  noch,  aber  er  durfte  nicht 

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stehenbleiben.  Hinter  sich  hörte  er  die  Schreie  und  Flüche  der Männer und Frauen aus dem Beiboothangar, die  immer weiter zu ihm  aufschlossen.  Unter  dem  Oberteil  seiner  Kombination zeichneten  sich die Konturen des  Speicherelements  ab, das  er  aus dem Spielecomputer herausmontiert hatte, mit dem sie sich  in den dienstfreien  Stunden die Zeit  vertrieben. Dabei  hätten  sie  noch  in ihren Kojen liegen sollen, als Malcish den Hangarkontrollraum kurz vor Tagesanbruch heimsuchte! Weshalb hatte einer von  ihnen auch so früh aufstehen müssen! Sie dachten gar nicht daran, sich das Element einfach zurückgeben 

zu lassen und die Angelegenheit zu vergessen. Er hätte es ja wieder zurückgebracht, aber diese Menschen begriffen einfach nicht, daß er hin  und wieder  irgendwo  zugreifen mußte.  Es  überkam  ihn  dann einfach. Was hatte er schon von dem Ding, und er kannte auch niemanden, 

der ihm etwas dafür gegeben hätte. Es war nur dieser Nervenkitzel! Malcish  hatte mittlerweile  genug  davon.  Er mußte  ein Versteck 

finden – oder besser noch  jemanden, der ihm gegen die Übermacht half. Wo befand sich der nächste Trans‐mitteranschluß? Malcish bekam kaum noch Luft.  Immer, wenn er  sich umdrehte, 

waren die Verfolger wieder ein Stück näher heran. Er rannte, bog in Nebengänge ein, huschte durch Räume, warf Türen hinter  sich zu und  kletterte  an  Sprossenleitern  ins  nächsthöhere  Deck  –  alles umsonst. Der  ehemalige  Basiskämpfer  war  längst  ohne  Orientierung.  Er 

hatte  diese  Richtung  eingeschlagen,  weil  er  wußte,  daß  sich  in diesem Teil des SOL‐Mittelteils von Zeit zu Zeit immer noch einige der  alten Gefährten  aufhielten. Die Gänge, durch die  er  jetzt  floh, mußten schon nahe am ehemaligen Giftwall liegen. Aber alles hatte sich  verändert.  Die Wände,  vor  Monaten  vom  Kristallmonstrum zerfressen, waren neu gestrichen, Markierungen befanden sich nicht mehr am alten Platz. 

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»Bleib endlich stehen!« hörte er. »Wir kriegen dich!« Sie waren bis auf zwanzig Meter heran! Malcish  zog  sich  im Laufen den Reißverschluß der Kombination 

auf,  holte  das  Speicherelement  hervor  und  schleuderte  es  den Solanern vor die Füße. Sie kümmerten sich nicht darum. Malcish wußte  nicht mehr  aus  noch  ein.  Er  gelangte  auf  einen 

breiten Korridor und sah eine halboffene Tür. Kein Mensch war zu sehen – eben außer jenen sechs, auf die er gern verzichtet hätte. Seine  allerletzte  Hoffnung  lag  hinter  dieser  Tür. Wenn  er  dort 

keine Hilfe fand oder sich verbarrikadieren konnte … Er  erreichte  sie,  als  die  Verfolger  schon  die  Arme  nach  ihm 

ausstreckten.  Seine  Hand  schlug  auf  die  Kontaktplatte,  die  sie vollends auffahren ließ. Im  nächsten Moment  schoß  ihm  etwas  entgegen. Malcish wich 

geistesgegenwärtig  aus  und  sah  nur  einen  gelben Körper,  der  an eine übergroße Banane erinnerte, an sich vorbeihuschen. »Carch!«  schrie  er  heiser.  »Carch,  warte!  Du  mußt  diese 

Verrückten …« CptʹCarch  hörte  ihn  nicht.  Vielleicht war  es  auch  gar  nicht  der 

Extra,  sondern  ein  gelb  angestrichener  Roboter,  der  eine Kolonne Schiffsverschönerer  vor  die  Sprühpistolen  geraten  war.  Um  was auch  immer  es  sich  handelte  –  es  schoß  genau  in  die  Verfolger hinein und verschaffte ihm so den Vorsprung, den er noch brauchte. Malcish machte  einen  Satz  in den Raum  hinein, wirbelte  herum 

und fand den Kontakt, der die Tür zufahren ließ und blockierte. Als das geschehen war und von draußen die Fäuste der Solaner gegen das Metall schlugen, ließ er sich zu Boden sinken und blieb mit dem Rücken gegen die Wand sitzen. Es dauerte  eine Weile,  bis  er wieder  zu Atem  kam. Doch  selbst 

jetzt  ließen  die  Bestohlenen  nicht  von  ihm  ab.  Sie  veranstalteten einen  Lärm,  als  sei  die  halbe  Bevölkerung  der  SOL  auf  dem Korridor. »Verschwindet!«  schrie  Malcish.  »Bei  allen  Planeten,  wie  kann 

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man nur so nachtragend sein! Ihr habt euer Spielzeug zurück! Jetzt laßt mich in Ruhe!« Das  schien  sie  nur  noch  mehr  aufzuregen.  Malcish  schüttelte 

verzweifelt den Kopf. Er sah sich um. Wohin war er hier eigentlich geraten? Der  Raum  war  etwa  zehn  mal  zehn Meter  groß  und  zu  einer 

Hälfte mit allerlei altem Gerümpel vollgestopft. Kisten und Geräte bedeckten die der Tür gegenüberliegende Wand bis zur drei Meter hohen Decke, aus der das schwache Licht drang. Ein Tisch und zwei Stühle  ließen  darauf  schließen,  daß  sich  von  Zeit  zu  Zeit  jemand hierher verzog oder hier versteckte. Das interessierte Malcish nicht sonderlich. Er schien vorerst sicher 

zu sein, und irgendwann mußte denen da draußen ja die Lust an der Belagerung vergehen. Malcish vergaß sie und seine Situation vorübergehend, als er die 

gelben Flecke auf dem Boden sah. Er  fühlte sich viel zu zerschlagen, um schon wieder aufzustehen, 

kroch  auf  einen  der  Flecken  zu  und,  fuhr  vorsichtig  mit  dem Zeigefinger darüber. Etwas  blieb  an  der  Kuppe  kleben.  Malcish  schrak  zusammen, 

schüttelte die Hand, aber das Zeug war zäh. Er mußte es am Boden abwischen.  Und  das  war  weder  Farbe  noch  eine  Chemikalie, sondern … »Carch!« murmelte der Solaner. »Er war es also doch.« Malcish hatte  lange genug auf engstem Raum mit dem seltsamen 

Extra  zusammengelebt,  um  zu  wissen,  was  es  bedeutete,  wenn CptʹCarch  diese  Sekretion  absonderte.  Carchs  bananenförmiger Körper  war  stets  von  einer  lackähnlichen,  gelblich  schillernden Schicht  bedeckt.  Wenn  das  Wesen  vor  etwas  erschrak  oder  aus anderen  Gründen  in  heftige  Erregung  geriet,  sonderte  es  diese Flüssigkeit  in einem solchen Maß ab, daß sie zu Boden tropfte und dabei eine deutliche Spur bildete. Malcish hatte Carch einige Male in einem solchen Zustand erlebt. 

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Weitere  Anzeichen  hochgradiger  Erregung  waren  ein  schrilles Zirpen und ein so schnelles Rotieren auf den beiden Insektenbeinen, daß  der  ein  Meter  lange  Bananenkörper  dabei  fast  unsichtbar wurde. Aber was sollte den Extra heute noch erschrecken, wo es überall in 

der SOL ruhig geworden war? Malcish sah ihn wieder vor sich, wie er an ihm vorbeischoß und in 

die Gruppe der Verfolger hinein, um dann wie ein geölter Blitz  im langen Korridor  zu  verschwinden. Er  hatte  im  Stillen  gehofft,  ihn hier irgendwo aufzutreiben. Doch nun konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Carch viel eher Hilfe brauchte als er selbst. Wohin hatte es  ihn gezogen – oder anders gefragt: wovor war er 

geflohen? »Fest steht«, murmelte der Solaner, »daß er hier war.« Er war Malcish ans Herz gewachsen, dieser verrückte kleine Kerl, 

der jedem davon erzählte, daß er »noch nicht richtig geboren« sei. Hatte er etwa davor Angst, geboren zu werden? Jetzt? »Unsinn«,  sagte  sich Malcish.  »Er  will  uns  damit  zum  Narren 

halten. Aber was ist in ihn gefahren?« Die  Solaner  draußen  auf  dem  Korridor  machten  sich  wieder 

lautstark  bemerkbar  und  zogen  seine  Aufmerksamkeit  auf  sich. Malcish  hörte  sie  fluchen  und  grinste  in  sich  hinein.  Sollten  sie toben, bis sie schwarz wurden. Dann aber wurde er stutzig. Sie waren zu sechst gewesen – drei Männer und drei Frauen. Jetzt 

wurde  ihm  bewußt, daß  er  immer  nur die drei  gleichen  Stimmen hörte. »Komm  heraus, Alter!«  schrie  eine  der  Frauen.  »Wir  haben  viel 

Zeit!« Eins!  zählte Malcish. Er  legte das Ohr gegen die Tür, um besser 

hören zu können. »Wir  reißen  dir  nicht  den  Kopf  ab,  aber  du  hast  eine  Lektion 

verdient  –  oder  warst  du  das  nicht,  der  uns  vorgestern  den 

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Getränkeautomaten abmontierte?« Zwei! dachte Malcish. Und wieder eine Frau. Nein, meine Beste, 

der Automat  befand  sich  vorhin  noch  an Ort  und  Stelle. Auf  die Weise lockt ihr mich nicht aus der Reserve. Ihr seid eine Bande von Raufbolden, das ist alles! »Hör zu, Gauner, wenn duʹs nicht anders haben willst, holen wir 

uns einen Strahler und schweißen uns die Tür auf!« Drei! Das war ein Mann. Sie unterhielten sich, und immer waren es diese drei Stimmen, die 

Malcish hörte. Dem Meisterdieb fiel es wie Schuppen von den Augen. Er sprang 

auf und sah auch schon, wie sich die aufeinandergestapelten Kisten vor der gegenüberliegenden Wand bewegten. Diese  scheinheiligen  Bastarde!  durchfuhr  es  ihn.  Sie  haben  sich 

getrennt,  und  die  drei  anderen  kommen  von  dort  drüben! Dieser Raum hat zwei Eingänge! Er saß  in der Falle. Die ersten Kistenstapel kippten um. Er mußte 

sich mit zwei, drei Sprüngen in Sicherheit bringen. Aber was hieß in seiner Lage schon »Sicherheit«? Das plötzliche Schweigen der drei Belagerer machte ihm klar, daß 

sie  am  Poltern  und  Krachen  der  Kisten  hören  konnten,  daß  ihre Freunde ihr Ziel erreicht hatten. Malcish brach der Schweiß aus. Er wünschte sich, an den Wänden hochklettern zu können. Und dann sah er die Solaner auch schon zwischen dem Gerümpel erscheinen. Dort  kamen  sie  fäusteschüttelnd  heran,  vor  der  Tür warteten  die anderen. Malcish wußte, daß er verloren hatte. Mit weit von sich gestreckten Händen wich er in eine Ecke zurück. »Hört zu«, schrie er, »ich erkläre euch alles gern noch einmal! Das 

… das war ein Scherz! Ich hätte euch dieses Ding ja zurückgegeben und …« Es war zwecklos, das merkte er spätestens, als ein geschleuderter 

Plastikkübel an der Wand zerplatzte und eine fürchterlich riechende Flüssigkeit sich über ihn ergoß. 

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Malcish schrie auf, schüttelte sich vor Ekel und sah, wie die Hände der Eindringlinge nach ihm griffen. Er kapitulierte, und als er sich in Gedanken schon auf dem Weg ins nächste Medo‐Center sah, begann es zu spuken.   

*  Derjenige, dem Malcishs  Sorge nur  solange  gegolten hatte, wie  es die Umstände zugelassen hatten, befand sich  in einer nicht minder verzweifelten Lage. CptʹCarch  nützte  seine  ganze  Schnelligkeit  nichts. Das, was  ihn 

nun schon seit Tagen plagte, war flinker als der schnellste Läufer an Bord der SOL. Es war überall, wohin er sich auch wandte. Es war ihm gelungen, einen Transmitter zu erreichen und sich an 

einen anderen Ort innerhalb der SOL abstrahlen zu  lassen. Nur für Minuten hatte er Ruhe gehabt – dann war es wieder da. Carch gab  auf. Er  ließ die Beine  zusammenknicken und drückte 

sich flach auf den Boden einer verlassenen Lagerhalle. Kein Mensch war  in  der Nähe,  der  den Geist  hätte  verscheuchen  können,  und kein Mensch wäre überhaupt dazu in der Lage gewesen. Es war kein Geist. Es war etwas Reales, ohne daß Carch es hätte 

erfassen oder gar begreifen können. Nun schwebte es über  ihm. Es versuchte,  an  ihn  heranzukommen  und  irgend  etwas  an  ihm  zu bewirken. Carch mobilisierte seine  letzten geistigen Kräfte, um den fremden Einfluß abzublocken. Doch auch das konnte ihm nur noch auf begrenzte Zeit hin gelingen. Noch  schaffte es CptʹCarch, die aufkommende Panik  in Grenzen 

zu halten. Er hatte schreckliche Angst, denn er war es gewohnt, die Dinge, die er sah, auch zu begreifen. Und  er  sah  es,  aber  nicht  mit  seinen  vier  Knopfaugen,  als  er 

vorsichtig  den  dreieckigen  Kopf  am  vorderen  Ende  des Bananenkörpers anhob. Das verschwommene Bild eines Menschen 

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war  in  ihm,  eines Menschen,  der  vor  ihm  schwebte,  tanzte  oder stand. All das änderte sich in Sekundenbruchteilen. Die Halle war  für  seine  empfindlichen  Augen  leer,  aber  dieses 

Zerrbild eines Menschen war da, ohne daß er diesen Menschen hätte erkennen  können.  Gerade  das  aber  ließ  ihn  völlig  an  seinem Verstand zweifeln. Er hatte das bestimmte Gefühl, seinen Quälgeist kennen zu müssen. Seine Sinne teilten ihm mit, daß da jemand war, der  keine  bösen  Absichten  hatte.  Carch  besaß  die  Fähigkeit, Menschen  und  andere  Wesen  an  Bord  der  SOL  als  solche  zu unterscheiden,  die  ihm  wohlwollend  oder  feindlich gegenüberstanden. Dieses Wesen, das  ihn  seit Tagen verfolgte, kam nicht als Feind. 

Eher erschienen seine Ausstrahlungen  ihm vertraut. Aber es wollte etwas von  ihm, mit dem er nicht einverstanden war. Es bedrängte ihn  und  schien  ihm  etwas  zuzuflüstern,  das  er  nicht  wirklich verstand. Es konnte kein Zufall sein, daß diese Erscheinung genau an dem 

Tag zum erstenmal aufgetaucht war, an dem er bemerkt hatte, daß etwas in ihm auf eine Veränderung drängte. Irgend etwas schien ihn überrumpeln zu wollen – zumindest empfand Carch es so. Und dies war das Schlimmste  für  ihn, das er  sich nur vorstellen 

konnte. Auch wenn er nicht wußte, welche Stufe der Metamorphose er mittlerweile erklommen hatte, so hatte er doch die Überzeugung, daß der nächste Schritt – das, was er den Menschen gegenüber als Geburt  bezeichnete  –  aus  ihm  selbst  heraus  erfolgen  mußte.  Er durfte nicht die Kontrolle über sich verlieren. Um die Verwirrung vollkommen zu machen, hatte Carch oftmals 

den Eindruck, daß es zwei Geister gab, die etwas von  ihm wollten. Dann aber mußten diese beiden Peiniger zur gleichen Zeit an Bord der SOL aufgetaucht sein. Den  einen  »sah«  er,  wenn  auch  nur  in  seinem  Bewußtsein  als 

verschwommene menschliche  Gestalt,  nicht  zu  identifizieren  und doch  auf  geheimnisvolle Weise  vertraut. Und  auch  jetzt wisperte 

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deren Stimme wieder lockend in ihm: Komm!  Komm mit mir! Gleichzeitig  schien  das Drängen,  sich  zu 

verändern oder gar aufzugeben, aus einer anderen Richtung, einer anderen  Entfernung  oder  Daseinsebene  in  sein  Bewußtsein  zu dringen. Carch sah sich am Ende seiner geistigen Widerstandskraft, sprang 

auf, rotierte für Sekunden auf den beiden dünnen Beinen und schoß, wie von einem Katapult abgefeuert, durch das offene Tor zurück in den Korridor, aus dem er gekommen war. Er rannte, warf sich in offene Lifte, stolperte Treppen hinunter und 

umflitzte Ecken und jedes Hindernis, das ihm vielleicht als Deckung dienen  mochte.  Aber  es  gab  kein  Versteck  vor  einem  nicht materiellen  Wesen,  das  sich  einfach  an  jeden  beliebigen  Ort versetzte. Carch hatte nur ganz zu Anfang mit dem Gedanken gespielt, die 

Zentrale  aufzusuchen  oder  die  alten  Gefährten  aus  der  Basis  um Hilfe  zu  bitten.  Irgend  etwas  hinderte  ihn  daran.  Es mochte  eine Ahnung sein, daß das, was ihm widerfuhr, nur ihn selbst anging. Mehrere Male kam es fast zu Zusammenstößen mit Solanern oder 

Robotern. Carchs Sinne verwirrten sich zusehends, und nun ging zu allem  Überfluß  auch  noch  der  Verlust  seiner  physischen  Kräfte damit einher. Auch  das  war  eine  völlig  neue  Erfahrung.  Die  Panik  griff 

unbarmherzig  nach  seinem  Verstand.  Verzweifelt  war  er  darum bemüht,  sein  Ich  zusammenzuhalten  und  sich  gleichzeitig  auf die Umgebung zu konzentrieren. Er wurde  langsamer. Die Beine schienen dem Willen nicht  länger 

gehorchen zu wollen. Bald torkelte der Extra kreuz und quer durch die Gänge, nach wie vor darauf bedacht, die Nähe von Menschen nach Möglichkeit zu meiden. Er  fand  eine  verlassene  Kabine  und  brach  völlig  erschöpft 

zusammen. Und  erst  jetzt merkte  er, daß  sein Peiniger nicht mehr bei ihm war. 

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Das konnte  ihn nicht beruhigen. Zu  oft  schon hatte  er geglaubt, von  ihm befreit zu sein. Der Geist würde zurückkommen und  ihm nur um so härter zusetzen. Er mußte weiter – Kraft schöpfen und weiterfliehen, irgendwohin. 

Vielleicht  fand  er  doch  einen  sicheren Ort. Obwohl  etwas  in  ihm wußte, wie  sinnlos diese Hoffnung war, wurde der Drang  immer stärker. Carch wollte einfach nicht mehr  logisch denken. Vielleicht war  das  sein  Fehler  gewesen. Mit  Logik  war  ein  Spuk  nicht  zu vertreiben. Er  mußte  von  hier  verschwunden  sein,  wenn  die  Gestalt 

zurückkehrte. Carch lauschte in sich hinein. Seine beiden hauchdünnen, zwanzig 

Zentimeter langen Fühler bewegten sich zitternd in alle Richtungen. Dieses  andere,  das  ihn  zu  etwas  drängen  wollte,  war  noch  zu spüren, aber im Augenblick weit weg. CptʹCarch richtete sich auf und wankte aus dem Raum.   

*  Fassungslos  sah Malcish, wie die  Solaner  zurückwichen. Zunächst sah es wahrhaftig so aus, als würden sie vor ihm fliehen. Dann aber führten sie sich auf wie Besessene. Sie  schrien,  drehten  sich  um  sich  selbst  und  schlugen mit  den 

Armen Löcher  in die  Luft. Keiner der drei  nahm  noch Notiz  von ihm. Malcish war viel zu überrascht, um die Chance wahrzunehmen und an ihnen vorbei aus dem Raum zu fliehen. Er  stand mit  dem  Rücken  gegen  die Wand,  starrte  sie  an  und 

hörte, wie die anderen die Tür wieder mit den Fäusten zu bearbeiten begannen. Malcish überlief es eiskalt, als er die Schreie hörte: »Geh weg! Laß 

uns in Ruhe!« Die beiden Männer schlugen gleichzeitig nach etwas, das nur sie 

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zu  sehen  schienen  und  das  sich  genau  zwischen  ihnen  befinden mußte.  Da  dort  aber  nur  Luft  war,  streckten  sie  sich  mit  ihren Hieben gegenseitig nieder und landeten auf dem harten Boden. Ihre Begleiterin hatte ebenso wie sie alles Interesse an Malcish verloren. Sie drehte sich, lief von einer Ecke in die andere, stolperte über die eigenen Beine und  landete auf einem der beiden Besinnungslosen. Sie  kroch weiter,  nun  auf  den Ausgang  hinter  den  umgestürzten Kisten zu. Da  endlich  löste  sich Malcish  aus  seiner  Starre.  Er  hatte  keine 

blasse Ahnung, was die Verfolger so  in Verwirrung versetzt haben konnte – aber noch viel weniger Lust, die gleichen Erfahrungen wie sie machen zu müssen. Und als die Kriechende jetzt wieder um sich schlug,  sah  er den  blanken Wahnsinn  in  ihren weit  aufgerissenen Augen. Nur weg von hier! durchfuhr es ihn. Er stieß sich von der Wand ab und machte einen weiten Bogen um 

die Tobende. Dennoch hatte er dabei das seltsame Gefühl, es müßte sich noch ein Mensch  in dem Raum befinden – einer, den er nicht sehen, wohl aber spüren konnte. Später konnte  er  sich darüber  seine Gedanken machen, wenn  er 

erst einmal auf dem Korridor war. Er hatte über Kisten und Geräte zu klettern, hörte die Schreie der Unglücklichen hinter sich und sah das helle Oval des Ausgangs. Genau in dem Augenblick, in dem er ihn passierte, streifte ihn das 

Etwas  erneut.  Malcish  blieb  stehen,  als  wäre  er  gegen  eine unsichtbare  Wand  geprallt.  Für  Sekunden  glaubte  er  eine verschwommene menschliche Gestalt zu sehen. Er kniff die Augen zusammen,  holte  tief  Luft,  und  als  er  wieder  hinsah,  war  der Korridor  leer.  Nur  weit  hinten,  fast  an  seinem  Ende,  schleppten einige Solaner etwas auf einer Antigravscheibe. »Ihr da!« schrie er so laut er konnte. »Wartet auf mich!« Sie blieben stehen, bis er sie erreicht hatte. Die Blicke, die sie ihm 

zuwarfen,  sprachen  für  sich.  Jetzt  erst  wurde  dem  Meisterdieb 

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bewußt, daß  er über und über mit der  stinkenden  Flüssigkeit  aus dem geplatzten Behälter besudelt war. Er winkte mißmutig  ab,  als  einer  der Männer  eine  Bemerkung 

machte, die er für höchst unangebracht hielt. Wichtig war  jetzt nur, daß er nicht allein war. »Hat  einer  von  euch  etwas  gesehen,  das …  das  nicht  hier  sein 

sollte?« fragte er außer Atem. »Ja«,  erhielt  er  prompt  eine Antwort.  »Einen Kerl,  der  in  einen 

Tank mit verfaulten Algenkulturen gefallen sein muß.« »Haha! Ich meine, habt ihr außer mir noch jemanden gesehen?« »Niemanden. Aber du solltest dich besser untersuchen lassen, alter 

Freund.  Bei  Fäulnis werden Dämpfe  frei,  die  einem  in  den  Kopf steigen können und …« Der  Mann  sprach  nicht  weiter.  Für  Augenblicke  war  die 

Erscheinung wieder  da, mitten  unter  ihnen. Malcish  sah  sie,  aber nicht mit den Augen. Als die anderen längst schon Hals über Kopf davongerannt waren, 

stand Malcish immer noch mit aufgerissenem Mund da und starrte ins Leere. Der  Spuk war wieder  so  schnell  vergangen, wie  er  aufgetaucht 

war. Malcish entfernte sich rückwärts gehend von der Stelle, an der er die Gestalt zu sehen vermeint hatte, bis er mit den Beinen gegen die  stehengelassene Antigravscheibe  stieß und mit dem Gesäß auf ihr landete. Es spukte doch nicht an Bord der SOL! Was war  es  aber  dann  gewesen? Die  anderen  hatten  es  ja  auch 

gesehen.  Und  das  Verblüffendste  war,  daß  Malcish  das unbestimmte Gefühl hatte, dieses Zerrbild eines Menschen kennen zu müssen. Ich könnte einen guten Schluck vertragen! dachte er. Dann fiel ihm CptʹCarch wieder ein. War das die Erklärung für die 

Erregung des Extras? Hatte auch er die Gestalt gesehen? Das erschien dem Meisterdieb einleuchtend. Aber welche Schlüsse 

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ließen sich daraus ziehen? Malcishs Neugierde war erwacht. Er begriff selbst nicht, wie er so 

ruhig  dasitzen  konnte. Aber  hier  tat  sich  ein  Rätsel  auf,  das  ihm mehr Nervenkitzel zu bieten versprach als alle kleinen Gaunereien. Carch und  er waren Freunde gewesen. Beiden war diese Gestalt 

erschienen. Ihm, Malcish, kam sie irgendwie vertraut vor. Gab es da einen Zusammenhang? Malcish zerbrach  sich darüber den Kopf und überlegte  sogar, ob 

die Gestalt nicht vielleicht nur erschienen war, um  ihm aus  seiner Bedrängnis zu helfen. Er sprang von der Scheibe. Das waren reine Spekulationen. Wenn 

ihm jemand weiterhelfen konnte, dann war dies Carch. »Ich werde ihn suchen«, murmelte Malcish. Dazu  mußte  er  wieder  zur  Tür,  aus  der  der  Extra 

herausgeschossen  gekommen war.  Sicher  hatte  er  eine  Tropfspur hinterlassen. Der Solaner schlich sich vorsichtig auf den betreffenden Korridor 

zurück. Wie  er gehofft hatte, war von  seinen Verfolgern weit und breit nichts mehr zu sehen. Malcish  brauchte  nicht  mehr  weit  zu  gehen,  bis  er  die  ersten 

gelben Tropfen auf dem Korridorboden fand.   

2.  SOL‐City  bestand  aus  einem  zwanzig Meter  langen Korridor.  Ein Ende  davon  führte  auf  die  fünfzig Meter  entfernte Hauptzentrale mit der Klause des High Sideryt zu, während sich am anderen ein Antigravschacht  und  eine  Bordtransmitterstation  befanden.  Von hier  aus  konnte  jeder  aus  Atlans  Team  in  alle  Bereiche  der  SOL gelangen. Zu beiden Seiten des Korridors lagen die Unterkünfte der Gruppe,  in  der  Regel  komfortable  Einzelkabinen.  Ein Konferenzraum  genau  in  der  Mitte  war  mit 

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Kommunikationssystemen  aller  Art  ausgestattet  und  besaß  eine direkte Verbindung zu SENECA. Hier trafen sich die Mitglieder des Atlan‐Teams  mehr  oder  weniger  regelmäßig,  um  Erfahrungen auszutauschen  oder  die  Lage  an  Bord  des Generationenschiffs  zu analysieren. Die Versammlung war auf Wunsch von Sanny und Oserfan sowie 

WyltʹRong zustande gekommen. Der Roxhare gehörte wie auch die Molaaten  außer  Sanny nicht direkt  zum Team des Arkoniden.  Sie waren Gäste, der Tag war abzusehen, an dem sie das Schiff wieder verlassen würden. Atlan  ahnte,  welche  Fragen  sie  ihm  stellen  würden,  als  er  am 

Konferenztisch darauf wartete, daß sich die Mitglieder der Gruppe vollzählig  einfanden.  Bjo  Breiskoll  war  mit  Joscan  Hellmut  und Hage Nockemann in ein Gespräch vertieft. Sanny hockte wie so oft mit Argan U  zusammen.  Federspiel  und der Roxhare  hielten  sich abseits. Bei WyltʹRong war dies nichts Ungewöhnliches. Federspiels Zurückgezogenheit  allerdings  irritierte  den  Arkoniden.  Seine Zwillingsschwester  fehlte  ebenso  wie  der  Extra  CptʹCarch  noch. Nach  den  Ereignissen,  die  zur  Zerstörung  des  Planeten  Pryttar geführt hatten, zeigte  sich Federspiel  immer häufiger  in Sorge um die Schwester. Sie selbst redete nicht darüber, doch von Federspiel wußte Atlan, daß sie in letzter Zeit unter quälenden Todesahnungen litt. Sie wird mit Carch hierher unterwegs sein, sagte sich Atlan. Was 

sollte  ihnen  schon  zugestoßen  sein.  Die  Lage  an  Bord  hat  sich während der letzten Wochen weitgehend stabilisiert. Die SOL stand am Nordrand der Galaxis Flatterfeld, die von ihren 

Bewohnern All‐Mohandot genannt wurde. Die inneren Verhältnisse gaben  Anlaß  auch  zu  weiterer  Hoffnung.  Es  existierten  keine Widerstandsgruppen  mehr.  Breckcrown  Hayes,  der  neue  High Sideryt, wurde von praktisch  allen Solanern  als Kommandant wie als  Mensch  anerkannt  und  respektiert.  Das  gleiche  galt  für  die Stabsspezialisten  und  Atlans  Gruppe.  Die  Solaner  begannen  zu 

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akzeptieren, daß der Arkonide ihnen nicht nur Gutes gebracht hatte, sondern  auch  seine  eigenen  Ziele  verfolgte,  die man  respektierte, ohne  in Einzelheiten darüber Bescheid  zu wissen. Die  ehemaligen Magniden und andere  führende Männer und Frauen aus der nicht mehr  existierenden  SOLAG  hatten  sich  mit  der  veränderten Situation  und  ihren  neuen  Aufgaben  zurechtgefunden.  Sie reagierten  grundsätzlich  vernünftig  und  ausgleichend.  Es  sah  so aus,  als  hätte  Hayes  gute  Chancen,  auch  die  noch  im  Raum stehenden Probleme mit Hilfe der Solaner lösen zu können. Mit  den  Ysteronen  und  den  Pluuh,  den  früher  verfeindeten 

raumfahrenden Völkern  Flatterfelds,  bestanden  Funkkontakte. Mit und  zwischen  ihnen  waren  keine  gravierenden  Schwierigkeiten mehr zu erwarten. Für Atlan war es offensichtlich, daß sich in dieser Galaxis  eine Friedenszelle bildete  –  schneller  als  er  sich dies  je  zu erträumen  gewagt  hätte.  Die  so  gegensätzlichen  Völker  fanden zusammen und ergingen sich bereits in Wiedergutmachungstaten. Der  in  so  kurzer  Zeit  erzielte  Erfolg,  der  Einfluß,  den  er  hier 

ausgeübt hatte, war  ihm  selbst manchmal  fast unheimlich. Er  ließ ihn aber auch hoffen, daß er den  tieferen Sinn seines Auftrags von den Kosmokraten würde  erfüllen können  –  trotz  aller Widernisse, die dem nach wie vor im Weg standen. Noch gab es eine lange Reihe ungelöster Fragen. Existierte Hidden‐X  noch?  Und  wie  würde  Seth‐Apophis  reagieren  –  falls  diese Superintelligenz überhaupt eine Reaktion zeigte? Warum  hatten  die  Kosmokraten  ihrem  Beauftragten  keine 

Hilfestellung geleistet? Und  was  hatte  es  mit  der  »anderen«  SOL  auf  sich,  die  bisher 

zweimal  aufgetaucht  war?  Atlan  wußte,  daß  die  Existenz  dieser »Geister‐SOL«  die  Solaner  bei  aller  Begeisterung  über  den Neuaufbau  über  alle  Maßen  beunruhigte.  Sie  nannten  sie  auch »Parallel‐SOL«  und  dachten mit  Grauen  an  den  jüngsten  Kampf zurück, der nun schon einige Wochen zurücklag. Immerhin,  dachte  Atlan,  zeugte  die  Angst  vor  diesem 

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geheimnisvollen  anderen  Schiff,  verbunden  mit  einer beklemmenden  Neugier,  von  der  veränderten  Einstellung  der Solaner  zu  sich  selbst  und  ihrer Umwelt. Hatten  sie  noch  bis  vor kurzem  alle  jenseits  der  Schiffshülle  lauernden  Gefahren  einfach ignoriert und sich dafür an ihresgleichen abreagiert, so schienen sie nun  dazu  bereit  zu  sein,  sich  einer  erneuten  Konfrontation  zu stellen. Man wich  den  äußeren  Problemen  nicht mehr wie  früher aus, wenn auch niemand darauf versessen war, diese Gefahren zu suchen  oder  gar  heraufzubeschwören.  Man  akzeptierte  sie notgedrungen und begriff, daß die SOL keine Insel war. Vielleicht  bedurfte  es  einer  Bedrohung  von  außen,  um  die 

Menschen,  Extras,  Buhrlos  und  Bordmutanten  zu  einer  echten Gemeinschaft zusammenzuschweißen. Der Anfang war gemacht, und wenngleich sich Atlan nach wie vor 

in der Konsolidierung der Verhältnisse an Bord engagierte, richteten sich seine Gedanken nun immer häufiger auf das vordringliche Ziel, Varnhagher‐Ghynnst zu erreichen und dort die Ladung an Bord zu nehmen, die für den Plan der Kosmokraten von solcher Wichtigkeit sein mußte. Die Voraussetzungen  für einen Flug dorthin schienen nun besser 

denn je zu sein. Breckcrown Hayes hatte durchblicken lassen, daß er den Arkoniden in dieser Hinsicht unterstützen würde. SENECA war von seinem Einsamkeitskomplex geheilt und stand dem Schiff und seinen Bewohnern nun endlich wieder voll zur Verfügung, obwohl auch hierbei eine Einschränkung zu machen war. Die Biopositronik zeigte deutlich ihre Bereitschaft, ihre Funktionen wieder »wie in den alten Zeiten«  zu  erfüllen. Das Problem war, daß  immer noch  eine Dauerstörung mit  unbekannter Ursache  vorlag. Der  Schaden war nach SENECAS eigener Aussage irreparabel. Die Menschen an Bord hatten damit  zu  leben. Und  noch  zeigten  sich  keine  gravierenden Auswirkungen dieses von SENECA nicht näher definierten Defekts. Atlan  kannte  die  kosmischen  Koordinaten  von  Varnhagher‐

Ghynnst. Er wußte, wo sein Ziel  lag und wo sich die SOL zur Zeit 

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befand. Eine genaue Verbindung zwischen diesen beider Orten zu ziehen,  war  schwieriger  –  astronomische  Rechnerei,  die  dem Arkoniden als noch etwas verfrüht erschien. Insgeheim hoffte er auf Hilfe von Sanny, der Para‐Mathematikerin. Und  noch  jemanden  schien  es  zu  geben,  der  aus  allein  ihm 

bekannten  Gründen  nun  schon  einige  Male  rettend  eingegriffen hatte – Chybrain. Wer oder was war er? Warum tauchte er auf und verschwand wieder, ohne eine Botschaft zu hinterlassen? Handelte er aus sich heraus oder in irgendjemandes Auftrag? Atlan  wurde  aus  diesen  Überlegungen  gerissen,  als  Joscan 

Hellmut auf ihn zukam und sich setzte. »Ich  denke, wir  haben  lange  genug  gewartet,  oder? Die  beiden 

werden irgendwo zu tun haben, sonst wären sie längst eingetroffen. Wir  brauchen  sie  nicht  unbedingt  bei  dem,  was  wir  hier  zu besprechen haben.« Atlan fing einen Blick von Federspiel auf, der ihn erschaudern ließ. 

Etwas stimmte ganz und gar nicht mit dem Zwilling. Der Arkonide nahm sich vor, ihn sofort nach Beendigung der Sitzung zu befragen. Auf  sein Zeichen hin nahmen die Versammelten am Tisch Platz. 

Der Roxhare  konnte  seine Ungeduld  ebenso wenig  verbergen wie die Molaaten. »Ich  weiß,  was  euch  bedrückt«,  begann  Atlan.  »Ich  habe  dir, 

WyltʹRong, versprochen, euch 28 Roxharen mit der SOL nach Roxha zu bringen, sobald die Umstände es erlauben. Das heißt im Klartext: sobald die SOL Fahrt aufnehmen kann und die Position Roxhas uns bekannt  ist.  Ich  kann dir  versichern, daß  ich die Zusicherung der Schiffsführung  habe,  euch  und  mich  darin  vorbehaltlos  zu unterstützen. Im Augenblick  jedoch sehe  ich noch keine Anzeichen zur Lösung dieses Problems. Das gleiche gilt für euch Molaaten und euer verschwundenes Volk. Inzwischen bin ich zu der Überzeugung gekommen, daß es eine enge Verbindung zwischen Roxharen und Molaaten geben muß. Wie diese Verbindung aber aussieht,  ist mir noch ein Rätsel. Deshalb wäre  ich euch  in eurem eigenen  Interesse 

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für jede Hilfe dankbar. WyltʹRong, Oserfan – ich hatte euch gebeten, noch einmal in euch zu gehen und zu versuchen, euch an Dinge zu erinnern,  die  euch  auf  den  ersten  Blick  vielleicht  unbedeutend erscheinen  mögen,  letztlich  aber  von  großer  Wichtigkeit  sein könnten.« Er  sagte  nicht,  woher  er  seinen  Glauben  an  eine  Verbindung 

zwischen  diesen  beiden  Völkern  nahm.  Es  ging  ihm  darum,  den Roxharen  und  Molaaten  einen  vagen  Hoffnungsschimmer aufzuzeigen. Was hätte es genützt, ihnen von dem zu berichten, was er  durch  die  steinerne  Intelligenz  Pathos  in  einer Vision  erfahren hatte? Insgeheim  hoffte  er,  beide  Probleme  auf  einen  Schlag  lösen  zu 

können. Wenn Roxha  erst  einmal  gefunden war,  sollten  sich  dort Aufzeichnungen  finden  lassen,  die  Aufschluß  über  die Vergangenheit gaben – und damit einen Hinweis auf den Verbleib der verschwundenen Molaaten. »Ich  habe  meine  Artgenossen  befragt«,  erklärte  WyltʹRong. 

»Niemand  kann  sich  vorstellen,  daß  es  eine  solche  Verbindung geben könnte.« »Oserfan?« Der kleine Hominide gab einen Seufzer von sich. »Das gleiche, Atlan. Wir wissen nichts von einer Zusammenarbeit 

mit den Roxharen.« »Es muß  ja  keine Zusammenarbeit  gewesen  sein«,  bemerkte  Bjo 

Breiskoll. Und damit, dachte Atlan, wäre eigentlich schon alles gesagt. Es  gab  keine  neuen  Erkenntnisse.  Er  hatte  auch  nicht  wirklich 

etwas Derartiges erwartet. Die an Bord befindlichen Roxharen und Molaaten  litten unter der Verzögerung. Sie wußten zwar, daß auch die Solaner von Schwierigkeiten geplagt waren, hätten es aber lieber heute als morgen gesehen, daß das Schiff sich auf den Weg machte und sich nur ihren Interessen widmete. Atlan verstand sie sehr gut. Seine  leidige  Aufgabe  war  es,  sie  immer  wieder  aufs  neue  zu 

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vertrösten und ihnen Hoffnung zu machen. »Wann wird die SOL diese Galaxis verlassen?« fragte Oserfan. Federspiel  enthob  den  Arkoniden  einer  Antwort.  Der  Zwilling 

stand auf und ging auf den Ausgang zu. Er schwankte und mußte sich  an  einer  Leiste  festhalten,  noch  bevor  er  die  Kontaktplatte berühren konnte, um die Tür auffahren zu lassen. »Wir  reden  später  weiter!«  rief  Atlan  dem Molaaten  zu,  als  er 

schon um den Tisch herumlief und Federspiel  auffing,  als diesem die Knie einknickten. Der Solaner  ließ sich kraftlos  in seine Arme sinken. Seine Lippen 

formten Worte, die Atlan nicht verstand. Der Arkonide zögerte nicht lange  und  legte  ihn  sich  über  die  Schulter,  während  er  die  Tür öffnete. Ohne sich umzublicken, verließ er den Konferenzraum und brachte  den  Zwilling  in  sein Quartier, wo  er  ihn  auf  einer  Liege ablegte. Federspiel  starrte  ihn  an. Atlan  hockte  sich  neben  ihm  hin  und 

nahm seinen Kopf in beide Hände. »Ich  beobachte  dich  schon  eine  Weile«,  sagte  er  eindringlich. 

»Federspiel, willst du mir nicht sagen, was mit dir  los  ist? Es geht doch um Sternfeuer, oder?« »Sternfeuer«, flüsterte der Solaner. »Ich spüre sie nicht mehr.« »Seit wann?« Natürlich  wußte  Atlan  um  die  innere  Bindung  zwischen  den 

Geschwistern.  Jeder  fühlte den anderen, wenn sie nicht durch eine zu  große  räumliche  Distanz  voneinander  getrennt  waren,  was innerhalb der SOL nicht der Fall sein konnte. »Seit  Stunden!«  brachte  Federspiel  heiser  hervor.  Er wollte  sich 

aufrichten, doch Atlan drückte ihn auf sein Lager zurück. Federspiel schloß  die  Augen.  Er  wirkte  wie  jemand,  der  vollkommen resignierte. »Seit Stunden«, wiederholte der Zwilling kaum hörbar. »Vielleicht 

schon  seit  Tagen.  Immer wieder war  sie  plötzlich  fort,  aber  dann wieder  da. Aber  jetzt  schweigt  sie  schon  viel  zu  lange.  Ich  kann 

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nichts mehr von ihr empfangen. Es ist, als ob sie tatsächlich …« Er  brauchte  nicht  weiterzureden,  Atlan  wußte  auch  so,  was 

gemeint war. Sternfeuer und CptʹCarch befanden sich außerhalb von SOL‐City. 

Vor  vier  Tagen  hatten  sie  sich  zu  einer  Gruppe  von  Solanern begeben, die  in der SZ‐1 damit beschäftigt waren, eine Robotfabrik wieder in Gang zu bringen. Das war an sich nichts Ungewöhnliches. Mitglieder des Teams, die  irgendwo  in der  SOL  arbeiteten, waren auch nicht gehalten, sich in regelmäßigen Abständen über Interkom zu melden und ihre augenblickliche Position durchzugeben. Von Sternfeuer und Carch hatte Atlan seit diesen vier Tagen nichts 

mehr  gehört. Dennoch  hatte  er  erwartet,  daß  sie  sich  zur  Sitzung eingefunden hätten, nachdem er sie ausrufen ließ. »Wir  werden  nach  ihr  suchen  lassen,  Federspiel«,  versuchte  er 

dem  Verzweifelten  Mut  zuzureden.  »Nach  ihr  und  nach  Carch. Vielleicht  liegt  es  gar  nicht  an  Sternfeuer  selbst,  daß  du  sie  nicht spüren kannst. Du weißt so gut wie  ich, daß Carch  immer  für eine Überraschung gut ist. Vielleicht neutralisiert seine Nähe Sternfeuers psionische Ausstrahlungen.« Federspiel verdrehte die Augen. Schweiß nasse Hände  schlossen 

sich um Atlans Gelenke. Seine Blicke verrieten Panik. »Du  brauchst  mir  nichts  vorzumachen,  an  das  du  selbst  nicht 

glaubst. Atlan, ich sagte dir, daß sie diese Todesahnungen hatte. Sie wußte, daß irgend etwas auf sie zukam, aber …« »Aber?« Federspiel  brachte  den Oberkörper  in  die Höhe  und  lehnte  sich 

mit dem Rücken gegen die Wand hinter der Liege. Er sprach hastig: »Was immer sie befürchtete, es ist jetzt eingetroffen. Aber ich kann 

nicht  daran  glauben,  daß  sie  tot  ist. Das wäre  anders, Atlan.  Ich würde  es  spüren  –  irgendwie  wahrnehmen  und  wissen.  Dieses völlige psionische Schweigen bedeutet etwas anderes. Sie  lebt und lebt auch wieder nicht. Sie braucht Hilfe, Atlan, und  ich kann euch nicht einmal zu ihr führen.« 

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»Wir werden  sie  suchen«, wiederholte  der Arkonide  ernst.  »Ich informiere Hayes, der dafür  sorgen wird, daß  jeder Bewohner der SOL uns dabei hilft. Sie muß gesehen worden  sein. Und vielleicht hat Bjo mehr Erfolg als du. Kopf hoch, Federspiel! Ich bin sicher, daß wir sie in spätestens ein, zwei Stunden gefunden haben.« Der Solaner schien alles andere als davon überzeugt zu sein. »Diese furchtbare Leere«, flüsterte er. »Ich habe mich noch nie so 

allein gefühlt. Es  ist, als hätte mir  jemand ein Stück von mir selbst genommen. Und, Atlan – hätte sich Sternfeuer nicht gemeldet und uns  um Hilfe  gebeten, wenn  sie  dazu  noch  in  der  Lage  gewesen wäre?« Vermutlich  ja, dachte Atlan. Andererseits aber war zu bedenken, 

daß  sie  nie  über  ihre  Todesahnungen  gesprochen  und  auf entsprechende  Fragen  ausweichend,  ja  sogar  aggressiv  reagiert hatte. »Es wird besser  sein, du bleibst hier und wartest, bis du wieder 

einigermaßen auf dem Posten bist, Federspiel. Ich schicke Bjo zu dir und  spreche mit Hayes. Notfalls  durchkämmen wir  jeden Winkel der SOL.« Federspiel lachte trocken. »Jeden Winkel! Hast du vergessen, wie groß das Schiff ist?« Federspiel hielt  es nicht  lange  allein  in  seiner Kabine. Etwa  eine 

halbe Stunde, nachdem Atlan in den Konferenzraum zurückgekehrt war, tauchte auch er wieder dort auf. Bjo Breiskoll war bei ihm, und auch dem Katzer war es trotz aller Bemühungen nicht gelungen, die junge Mutantin zu espern. Atlans  und  Hage  Nockemanns Mienen  sprachen  Bände.  Außer 

ihnen  befanden  sich  nur  noch  Joscan  Hellmut  und  Sanny  im Konferenzraum. Die anderen Molaaten und WyltʹRong hatten  sich in ihre Quartiere zurückgezogen. »Ich  sagte  dir  ja,  daß  du  keinen  Erfolg  haben  wirst«,  stellte 

Federspiel  leidenschaftslos  fest. Er  schien  sich gefangen  zu haben, doch Atlan  genügte  ein  Blick  in  seine Augen,  um  ihn wissen  zu 

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lassen, wie es in ihm wirklich aussah. »Hayes hat einen Rundruf durchgegeben und alle Solaner, Extras, 

Buhrlos  und  Bordmutanten  aufgefordert,  sich mit  der  Zentrale  in Verbindung  zu  setzen,  falls  einer  von  ihnen  Sternfeuer  gesehen habe. Bis jetzt hat sich niemand gemeldet.« »Ich  begreife das  nicht«,  sagte Nockemann.  »Sie  kann  sich doch 

nicht einfach in Luft aufgelöst haben.« »Diejenigen,  die  mit  der  Instandsetzung  der  Robotfabrik 

beschäftigt  sind«,  fuhr  Atlan  fort,  »haben  übereinstimmend ausgesagt, daß  Sternfeuer  vor  drei  Tagen  plötzlich  verschwunden sei, und mit ihr Carch.« Der Arkonide warf Breiskoll einen fragenden Blick zu. Der Katzer 

schüttelte bedrückt den Kopf. »Ich  habe  ihn  einige  Male  espern  können«,  gab  er  zu.  »Aber 

jedesmal verlor ich ihn nach wenigen Minuten wieder. Ich kann nur soviel sagen, daß ich den Eindruck habe, er ist halb wahnsinnig vor Angst.  Und  er  springt  von  einem  Bordtransmitteranschluß  zum nächsten.« »Angst?« »Er flieht vor jemandem oder vor etwas, an das er nicht zu denken 

versucht.« »Wo befand er sich beim letzten Kontakt?« Breiskoll zuckte die Schultern. »Irgendwo  in  der Außenzone  der  SZ‐1,  aber  das war  vor  einer 

Viertelstunde.  Inzwischen  kann  er  sich  überall  und  nirgends aufhalten.« »Hat  er  einmal  an  Sternfeuer  gedacht?«  wollte  Joscan  Hellmut 

wissen. »Nein«,  antwortete  der  Katzer.  »Er  denkt  nur  an  sich  und  an 

diesen Spuk.« »Wieso Spuk?« fragte Feder spiel. »Eben sagtest du noch, er flieht 

vor jemandem.« »Oder vor etwas, aber er empfindet es als Spuk. Es  tut mir  leid, 

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aber mehr  kann  ich  euch wirklich nicht  sagen. Allerdings  können wir  uns  alle  ausrechnen,  daß  Sternfeuer  nicht  bei  ihm  ist. Wenn Carch flieht, dann rennt er so schnell durch die Korridore, daß kein Mensch ihm noch folgen könnte. Was hast du, Atlan?« Der  Arkonide  war  zum  Interkom  geeilt  und  stellte  eine 

Verbindung zur Zentrale her. Breckcrown Hayesʹ Gesicht wurde auf dem Monitor abgebildet. »Nichts Neues«, meldete  der  neue High  Sideryt.  »Niemand  hat 

…« »Breck«,  schnitt  Atlan  ihm  das Wort  ab,  »was  sagtest  du  von 

diesen Männern  und  Frauen,  die  angeblich  von  einem  Gespenst gejagt wurden?« Hayesʹ Miene verriet Überraschung. »Es  ist wahr, es kommen  immer neue Meldungen über derartige 

Vorfälle.  Inzwischen  sind  es  so  viele,  daß  wir  nicht  länger  an irgendwelche  Scherze  oder  überreizte  Phantasie  glauben  dürfen. Massenhysterie  dürfte  als  Erklärung  ebenfalls  ausscheiden,  denn dieses  Gespenst  soll  inzwischen  an  mindestens  einem  Dutzend Orten  gesehen  worden  sein  –  in  den  beiden  SOL‐Zellen  wie  im Mittelteil. Aber  ich  verstehe  nicht, was  das mit  Sternfeuer  zu  tun haben sollte.« »Mit  ihr  vielleicht  nichts,  Breck.  Aber  Bjo  hat  einige 

Gedankenfetzen  von  CptʹCarch  aufgefangen,  der  ebenfalls  vor einem Spuk davonzulaufen scheint.« »Dieser  Extra  ist  schon  immer  seltsam  gewesen«,  meinte  der 

Kommandant. »Ich würde mich nicht wundern, wenn er hinter der ganzen Geschichte steckt.« »Dazu hat er viel zuviel Angst«, kam es von Bjo. »Er  hat  recht«,  sagte Atlan.  »Daß  auch Carch diese Erscheinung 

sieht, bestätigt eher, daß wir es mit etwas durchaus Realem zu  tun haben.« »Ich muß die ganze Zeit über an die Geister‐SOL denken«, erklärte 

Hayes. »Wir haben zwar keinen Hinweis darauf, daß sie sich wieder 

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nähert,  aber  könnte  man  uns  nicht  von  dort  diesen  Spuk herübergeschickt haben?« »Wir sollten uns nicht in Spekulationen verrennen«, warnte Atlan. 

»Breck,  ich muß mich um  Sternfeuer  kümmern. Haltet mich  auch weiterhin auf dem laufenden. Ich warte noch eine Stunde. Wenn wir bis dahin keine Spur gefunden haben, möchte ich mit den Solanern in dieser Robotfabrik reden.« »In Ordnung.  Ich habe  einige derjenigen  in die Zentrale bestellt, 

die den Spuk  sahen. Vielleicht  läßt  sich aus  ihren Aussagen etwas machen.  Ich melde mich,  sobald  wir mehr  wissen.  SENECA  hat übrigens  auch  keine  Erklärung  für  die Vorkommnisse. Uns  bleibt vorerst  nur  der  Trost,  daß  dieses  angebliche  Gespenst  noch niemanden angegriffen hat.«   

3.  CptʹCarch nahm kaum noch etwas von seiner Umgebung wahr. Er hetzte durch Gänge und benutzte Lifte, die ihm vollkommen fremd waren. Dieses ganze  riesige Schiff erschien  ihm  fremd. Die Wände schienen  nur  darauf  zu  warten,  den  Geist  auszuspeien,  der  ihm keine Ruhe  ließ. Er war wieder da  – und  auch dieser  oder dieses andere, das ihm immer heftiger zusetzte. Schon glaubte der Extra zu spüren,  wie  etwas  in  ihm  auf  das  Drängen,  sich  zu  verändern, reagierte. Er rannte und kletterte, wo sich nur ein Weg für ihn auftat. Wohin, 

das  war  ihm  gleichgültig.  Längst  hatte  er  die  Hoffnung  auf  ein sicheres  Versteck  wieder  aufgegeben.  Es  gab  keines.  Aber  was wollten die Peiniger  von  ihm? Wieso hatten  sie  sich  ausgerechnet ihn ausgesucht? Carch  begegnete  keinem  Menschen.  Er  befand  sich  in  einem 

abgeschiedenen  Bereich  in  der  Außenzone  der  SZ‐1,  aber  nicht einmal das war  ihm bewußt. Er war  in der SOL, und vielleicht gab 

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es nur außerhalb des Schiffes eine Rettung für ihn. Nein! durchfuhr es ihn, während er sich in einen abwärts gepolten 

Schacht fallen ließ. Ein Wesen, das Wände durchdringen kann, wird auch durch das Vakuum des Weltraums nicht aufgehalten. »Geh  weg!«  schrie  er  schrill  in  alle  Richtungen.  »Laß  mich  in 

Ruhe!« Wie  zum Hohn war  die  Erscheinung wieder  da,  ganz  nahe  vor 

ihm. Carch sprang aus dem Schacht und schlug Haken, rannte einen Roboter um und lief solange, bis er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Er torkelte weiter. Wo befand er sich? Wer konnte ihm helfen? Niemand! Der Geist ließ nicht von ihm ab. Er flüsterte ihm etwas zu, drängte 

ihn zu etwas, das er nicht begriff. Carch schloß die Augen, um nicht mehr sehen zu müssen, aber das verzerrte Bild eines Menschen war und blieb in seinem Bewußtsein. Carch kämpfte gegen den Einfluß,  so gut er konnte. Und wieder 

erschrak  er,  als  ihm  bewußt wurde, wie  sehr  etwas  in  ihm  schon bereit war, auf die Verlockungen einzugehen. Komm  mit  mir!  wisperte  die  lautlose  Stimme.  Gleich  darauf 

meldete sich auch der zweite Peiniger wieder: Löse dich! Wehre dich nicht und gib deinen Geist frei! »Nein!« Zum erstenmal hatte er das Gefühl, die beiden Quälgeister völlig 

voneinander  trennen  zu können  – und  zum  erstenmal wurde  ihm ein klarer Befehl gegeben. Carch dachte nicht daran, der Aufforderung Folge zu leisten. Er versuchte wieder zu laufen, aber er war zu schwach dazu. Mit 

geschlossenen  Augen  wankte  er  wie  ein  Blinder  durch  die Korridore. Er erkannte erst, daß er sich in eine vollrobotische Anlage verirrt hatte, als es schon zu spät war. Er öffnete die Augen und stieß einen verzweifelten Schrei aus, als 

er keinen Boden unter den Füßen mehr fühlte. Entsetzt versuchte er 

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noch,  sich herumzuwerfen und den Rand der  Schachtöffnung mit den kleinen Händen zu erreichen. Doch schon zog es ihn  jäh in die Tiefe. Carch rutschte über eine schräg nach unten  führende Rampe immer weiter hinab in ein rotes Halbdunkel hinein. Die mahlenden Geräusche  kamen  von  dort,  und  die Ahnung  einer  schrecklichen Gefahr ließ ihn seine Peiniger vergessen. CptʹCarch  landete hart  inmitten von  allem möglichen Unrat, der 

heftig  durchgerüttelt  wurde  und  ihn  bald  fast  völlig  unter  sich begrub.  Carch  begriff,  daß  er  sich  in  einer  Röhre  von  etwa  zwei Meter Durchmesser  befand. Alte Kisten, Möbelteile  und  sonstiger Müll  quetschten  ihn  regelrecht  ein.  An  Markierungen  an  den Wänden erkannte der Extra, daß er mit diesem Gerumpel allmählich immer tiefer sank. Eine schreckliche Ahnung stieg in ihm auf. Das war  kein Abfallvernichtungskonverter,  sondern  ein  Schacht 

für  Rohmaterial  für  eine  Robotanlage,  die  aus  den  unbrauchbar gewordenen Teilen neue Produkte herstellte. Dazu mußten sie aber erst einmal zerkleinert und für die Verarbeitung aufbereitet werden. Carch  hatte  absolut  kein  Interesse  daran,  zermahlen  oder 

pulverisiert  zu  werden.  Verzweifelt  versuchte  er,  sich  aus  dem mittlerweile leicht rotierenden Müll zu befreien. Der Bananenkörper war eingeklemmt und so nach oben gebogen, daß gerade der Kopf noch frei war. Und zu allem Überfluß mußten Roboter oder Solaner, denen Carch die ganze Zeit über nicht begegnet war, ausgerechnet jetzt oben an der Schachtöffnung erschienen sein, denn nun regnete es zerknüllte Folien und Holzspäne auf ihn herab, bis er unter einer dicken Schicht begraben war. Etwas  drückte  schmerzhaft  auf  die  Rückenmembrane,  so  daß 

Carch nicht einmal mehr um Hilfe  rufen konnte – aber wer wollte ihn hier auch noch hören? Die zähe Flüssigkeit drang aus allen  seinen Poren. Carch konnte 

nicht mehr denken. Immer tiefer sank er den Messern entgegen, die die Rohstoffe zerkleinern mußten. Und es gab kein Entrinnen. 

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Schon hörte der Extra ein Schaben und Knirschen unter  sich, als plötzlich  die  rotierende  Bewegung  zum  Stillstand  kam.  Carch schöpfte neue Hoffnung. Hatte jemand die Anlage abgeschaltet? Er bekam ein Bein  frei und versuchte, auch das andere zwischen 

zwei  Kisten  herauszuziehen.  Es war  vollkommen  dunkel  um  ihn herum. Steckte er noch in der Röhre oder schon in einer Kammer? Es  mußte  einen  Ausweg  geben,  eine  Öffnung  in  einer  Wand 

vielleicht, durch die er  entkommen konnte. Carch arbeitete  sich  in eine Richtung  vor,  von der  er  annahm, daß  sie  horizontal  verlief. Fetzen von den nachgeschütteten Folien klebten an seinem Körper. Ein ekelerregender Gestank betäubte den Eingeschlossenen fast. Es war sinnlos. Er kam viel zu langsam voran, und jeden Moment 

konnten die Messer wieder zu arbeiten beginnen. Carch lauschte in sich  hinein.  Besaß  er  noch  Fähigkeiten,  die  ihm  bisher  unbekannt geblieben waren und vielleicht nun, im Augenblick höchster Gefahr, zutage traten? Auch  diese  Hoffnung mußte  er  begraben,  als  der Müll  wieder 

heftig  durchgerüttelt  wurde.  Carch  fand  sich  schon  mit  dem furchtbaren  Gedanken  ab,  sterben  zu  müssen,  ohne  wirklich geboren worden zu sein, als  ihm klar wurde, daß er sich nicht mit dem anderen Abfall drehte. Etwas schob den Müll auseinander und griff  nach  ihm.  Carch  versuchte  vergeblich,  sich  aus  der Umklammerung stählerner Arme zu befreien. Resignierend  ließ  er  mit  sich  geschehen,  was  ihm  von  einem 

grausamen Schicksal bestimmt sein mußte. Die Greifarme zogen  ihn unsanft aus dem Abfall. Ein  schwacher 

Lichtschein  drang  an  seine  vier  Knopfaugen.  Weitere  Stahlarme schoben die Gegenstände  zur  Seite, die  ihm  noch  im Weg waren. Dann wurde  er durch  eine Öffnung gerissen. Hinter  ihm  fiel  eine schwere  Klappe  zu.  Carch wurde  auf  einem  Gitterrost  abgesetzt, unter dem es rotglühend heraufschimmerte. Schaudernd  sah der Extra die  gebogenen  Scheren, die den Müll 

zerkleinerten, bis zentimetergroße Stücke von einem Transportband 

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auf ein riesiges Sieb getragen wurden. Und fast wäre auch er … Carch wollte nicht daran denken. Er sah sich um. Der Gitterrost bedeckte eine rechteckige Fläche von etwa vier mal 

sechs  Metern.  Rings  herum  waren  zwei  Meter  hohe  Wände,  in denen  sich  kleine  Bildschirme  und  Skalenfenster  befanden.  Aber niemand  war  da,  der  die  Werte  ablas,  die  dort  in  schnell wechselnder Folge erschienen. Er mußte hier heraus! Carch verwünschte seine Plagegeister und 

sich  selbst. Hätte  er besser  auf  seinen Weg geachtet, dann  säße  er jetzt nicht hier! Er mußte  sich  selbst  zu  helfen  versuchen.  Carch  erhob  sich.  Es 

stellte sich aus äußerst unangenehm heraus, sich mit seinen kleinen Füßen auf dem Gitter zu bewegen. Einige Male rutschte er ab und glitt  mit  einem  Bein  durch  den  Rost,  der  zum  Glück  nicht  so scharfkantig war,  als  daß  er  sich  verletzt  hätte.  Er  hatte  ohnehin genug Schrammen abbekommen. Über  und  über  mit  Folienstücken  beklebt,  arbeitete  sich  der 

CptʹCarch weiter vor, bis er vor  einer Reihe von Monitoren  stand. Auf einem von ihnen stand zu lesen: Unbrauchbarer Rohstoff aussortiert. Bitte um Anweisung, was mit  ihm zu geschehen hat. Unbrauchbarer Rohstoff – damit konnte nur er gemeint sein. Aber  wer  sollte  die  gewünschten  Anweisungen  geben?  Carch 

suchte nach einem Mikrophon oder einer Tastatur, mit der er selbst seinen  einzigen  Wunsch  eingeben  konnte  –  nämlich  dorthin zurückgebracht  zu  werden,  woher  er  gekommen  war,  auf  einen sicheren Korridor. Als er nichts fand, zirpte er in den Raum: »Der  unbrauchbare  Stoff  ist  ein  organisches Wesen,  das  durch 

einen dummen Zufall in diese Anlage geriet! Er muß wieder aus ihr herausbefördert werden – aber bitte schonend!« Nichts  zeigte  ab,  ob  er  gehört  worden  war.  Es  dauerte  einige 

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Minuten, bis ein neuer Text erschien: »Objekt bewegt sich und ist schmutzig. Es handelt sich einwandfrei um ein lebendes Wesen, das aber keiner der bekannten Kategorien zuzuordnen ist.  In  Ermangelung  von  Anweisungen  wird  das  Objekt  in  die Waschanlage gebracht und dort erst einmal einer gründlichen Säuberung unterzogen.« »Das werdet  ihr  nicht  tun!«  schrie  Carch.  »Hör  zu,  du  hirnlose 

Positronik, ich habe dir meine Anweisungen erstellt! Und ich würde noch etwas ganz anderes tun, wenn ich erst richtig geboren wäre!« Diesmal brauchte er nicht lange auf die Antwort zu warten – und 

diesmal  wurde  auch  sogleich  offenbar,  daß  das  Robotgehirn  der Anlage seine Worte verstanden hatte. Allerdings  schien  sich  dies  kaum  positiv  für  ihn  auszuwirken, 

denn Carch las den neuen Text: »Neue Klassifizierung: Objekt  behauptet,  nicht  geboren  zu  sein. Nicht geborenes Leben  im Sinn  der Bewohner  der SOL  aber  ist  kein Leben.  In Ermangelung  von  qualifizierten  Anweisungen  wird  das  Objekt  nach Säuberung in die Testanlage der fertigen Produkte gebracht, um es dort auf mögliche positive Verwendungsmöglichkeiten hin zu überprüfen.« Carchs Bananenkörper begann heftig zu schwingen. Mit bebenden 

Fühlern schrie der Extra: »Du  bist  doch  vollkommen  verrückt! Du  bringst mich  jetzt  hier 

heraus, und dann werde ich dafür sorgen, daß die Dummköpfe, die dich programmiert haben …« Weiter kam er nicht. Schwerkraftfelder packten ihn und hoben ihn 

sanft in die Höhe. Starr vor Schreck sah CptʹCarch, wie sich in einer der Wände eine runde Öffnung bildete, auf die er zuschwebte. Dann  rutschte  er  auch  schon  wieder  in  einer  dunklen  Röhre 

abwärts und  landete auf einem zweiten, nach unten ausgewölbten Gitter.  Bevor  er  bis  drei  zählen  konnte,  richteten  sich  mehrere Düsenköpfe auf ihn und spritzten ihn von oben bis unten mit heißer Flüssigkeit  ab. Dämpfe  stiegen  auf und drohten  ihm die  Sinne  zu rauben. Die Folienstücke wurden von seinem Körper gespült – und 

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was  noch  viel  schlimmer  war:  die  Seifenlauge  griff  die  dünne Schicht  aus Körpersekretionen  an, die  ihn vor  einem Austrocknen schützte,  das  innerhalb  kurzer  Zeit  unweigerlich  zu  seinem  Tod führen mußte. Carch zirpte und schrie wie besessen, aber es gab niemanden hier, 

der ein Einsehen mit ihm gehabt hätte. Langsam  begann  sich  die  ätzende  Flüssigkeit  in  die  schützende 

gelbe Schleimschicht zu fressen …   

*  Malcish war nahe daran zu resignieren. Er war Carchs Tropfspur bis zu einem Transmitteranschluß gefolgt und hatte es mit Hilfe eines Technikers  sogar  geschafft,  die Gegenstation  zu  ermitteln,  an  der der Extra herausgekommen sein mußte. So befand er sich nun seit fast  einer  Stunde  schon  in  den  Außenbezirken  der  SZ‐1  und versuchte  die  Spur  wiederzufinden,  die  er  vor  einem Antigravschacht verloren hatte. Deck für Deck suchte er ab. Carch schien sich in Luft aufgelöst zu 

haben.  Schließlich  setzte  er  sich  in  einen  kleinen Nebenkontrollraum.  Er  erhoffte  sich  mehr  Erfolg  von  der Beobachtung der Schirme, die verschiedene Korridore, Hallen und Anlagen  dieses  Teiles  des  Schiffes  zeigten.  Kaum  einmal  sah  er einen Menschen. Carch blieb auch weiterhin verschwunden. »Eigentlich bin  ich verrückt, meine Zeit mit  ihm  zu vertrödeln«, 

brummte  der  Solaner  nach  einer  Weile.  »Spuk  hin,  Spuk  her  – wahrscheinlich gibtʹs dieses Gespenst schon gar nicht mehr.« Es dauerte keine Minute, bis er eines Besseren belehrt wurde. Die Spukgestalt war wieder da, dieses Verschwommene Zerrbild 

eines Menschen  in  seinem  Bewußtsein,  den  er  zu  kennen  glaubte und doch nicht identifizieren konnte. 

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Malcish sprang auf und wich bis zu einer Wand zurück. Der Geist  folgte  ihm. Malcish  stieß  sich  ab und  rannte  aus dem 

Kontrollraum. Umsonst. Die Erscheinung ließ nicht von ihm ab, und diesmal hatte der Solaner Angst. Er  spürte ganz deutlich, daß der Geist  etwas  von  ihm  wollte,  und  was  immer  das  war  –  der Meisterdieb  verspürte  nicht  die  geringste  Lust,  sich  darauf einzulassen. Er  floh  an  einer  Roboterkolonne  vorbei  in  den Korridor  hinein, 

immer weiter bis zu einer Abzweigung, wo er sich  instinktiv nach links wenden wollte. Der Geist war vor  ihm und drang auf  ihn ein. Schreiend wirbelte 

Malcish herum und lief in die andere Richtung. Dieses Hin und Her wiederholte sich einige Male, bis Malcish jede Orientierung verloren hatte. Die  Erscheinung,  obwohl  nur  in  seinem  Bewußtsein  erahnbar, 

verstellte ihm den Weg und trieb ihn vor sich her. Sie jagte ihn! Jedenfalls  dachte  der  Solaner  das,  bis  er  in  einem  großen 

Schaltraum stand, dessen Wände mit Bildschirmen und Kontrollen übersät waren. Als  er  schon  glaubte,  daß  ihm  jetzt  kein  Ausweg  mehr  blieb, 

verschwand der Spuk. Unsicher blickte der Gehetzte  sich um. Kein Zweifel  – der Geist 

hatte von ihm abgelassen. Aber welchen Sinn hatte das alles? Die Erleuchtung kam ihm, als er sich schweißgebadet in einen Sitz 

sinken ließ und sein Blick auf einen der Monitore fiel. Er sah Carch! Malcish  sprang  auf wie  elektrisiert. Er  trat näher  an den  Schirm 

heran. Kein Zweifel – dort war CptʹCarch abgebildet, der sich unter Wasserstrahlen und in Dämpfen wand und quälte. Malcishs  erster Gedanke war,  jemanden zu Hilfe  zu  rufen, denn 

eines war ihm auf Anhieb klar: Carch befand sich in höchster Not. Dann  aber  dachte  er  wieder  an  die  Art  und  Weise,  wie  die 

Spukgestalt  ihn  vor  sich  her  getrieben  hatte.  Es  fiel  ihm  wie 

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Schuppen  von  den  Augen.  Sie  hatte  ihn  nicht  um  seinetwillen gejagt, sondern damit er hierher fände und Carch … Ich  soll  ihm helfen! dachte  er  erregt. Natürlich! Diese  rätselhafte 

Verbindung zwischen ihm, der Spukgestalt und mir! Aber wie? Malcish zwang sich zur Ruhe. Zuerst einmal mußte er feststellen, 

was  von  hier  aus  kontrolliert  wurde.  Er  sah  sich  die  anderen Schirme  an  und  wußte  bald,  daß  er  in  der  Schaltzentrale  einer robotischen Anlage zur Produktion von Gebrauchsgütern aus Abfall gelandet war.  Carch war  offensichtlich  auf  seiner  Flucht  in  diese Maschinerie geraten. Aber wieso erkannte die Positronik nicht, daß er ein lebendes Wesen war und kein Müll? »Mangelhafte Programmierung«, sagte er sich. »Das muß eine der 

Anlagen sein, die erst kürzlich in Betrieb genommen wurden.« Er  hatte  einiges  über  die  Anfangsschwierigkeiten  gehört,  mit 

denen man es  im Rahmen der Umkrempelung der ganzen SOL zu tun  hatte.  Robotgehirne  wurden  nur  mit  dem  Notwendigsten programmiert,  und  manche  Solaner  machten  es  sich  etwas  zu einfach,  indem  sie  ihnen  eine Entscheidungsgewalt  gaben,  für die noch keine ausreichende Basis vorhanden war. Der Gedanke daran, was mit Carch noch alles geschehen konnte, 

trieb Malcish erneut den Schweiß aus den Poren. Verzweifelt suchte er  nach  einer  Eingabeeinheit.  Als  er  sie  endlich  gefunden  hatte, drückte er die Mikrofontaste nieder und schrie: »Aufhören!  Die  Produktion  muß  augenblicklich  unterbrochen 

werden! Es befindet sich ein organisches Wesen in der Anlage!« »Negativ«,  antwortete  eine  Computerstimme.  »Das 

unidentifizierbare Objekt, das sich bewegt,  ist  laut eigener Aussage noch  nicht  geboren. Daher  ist  eine  Klassifizierung  als  Lebewesen nicht möglich.« Nicht  geboren! Malcish  schlug  sich mit der  flachen Hand  gegen 

die  Stirn. Carchs dummes Gerede  also! Einmal hatte  ihn das  ja  in Schwierigkeiten bringen müssen! 

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»Bin  ich  berechtigt,  dir  Anweisungen  zu  geben?«  fragte  der Meisterdieb schnell. »Du bist ein Solaner und dazu qualifiziert.« »Dann  stoppe  jetzt  die  Produktion  und  schaffe  das 

unidentifizierbare Objekt, das sich bewegt, aus der Anlage heraus! Das ist ein Befehl!« Warum  antwortete  das  Robotgehirn  nicht? Malcish  sah wieder, 

wie  Carch  sich  quälte,  und  dabei  hatte  er  den  Eindruck,  als erschlafften die Bewegungen des Extras zusehends. Außerdem war seine Haut blaß geworden, fast spröde. »Objekt  wird  ausgeschleust«,  verkündete  endlich  die 

Computerstimme.  »Du  kannst  es  in  der  Lagerhalle  7  in  Empfang nehmen.« »Und wo ist die?« Auf  einem  Bildschirm  erschien  ein Gewirr  von  Linien,  offenbar 

eine  schematische Darstellung  der Anlage.  Ein  roter  Leuchtpunkt zog sich durch das Labyrinth und blinkte, als er  in einem Rechteck zur Ruhe kam. Malcish war  nicht  viel  schlauer  als  vorher. Allerdings  atmete  er 

auf,  als  er  sah,  wie  die  Flüssigkeitsstrahlen  über  CptʹCarch versiegten  und  der  Extra  aus  dem  Raum  über  dem  nach  unten gewölbten Gitter gehoben wurde. »Halle  sieben!«  knurrte  der  Solaner.  »Ich  kann  nur  hoffen,  daß 

Carch  wirklich  noch  so  geschwächt  ist,  daß  er mir  nicht  wieder davonläuft, bis ich diese verdammte Halle gefunden habe!« Als er nach langer Suche endlich vor dem großen, offenen Tor mit 

der übergroßen Sieben darüber  stand,  sah er gerade noch, wie ein gelbes Etwas um  eine Korridorbiegung herumflitzte, wobei  er das Gefühl hatte, abermals von dem Geist gestreift zu werden. »Dann  sieh  doch  zu,  wie  du  dich  beim  nächstenmal  aus  dem 

Schlammassel ziehst!« schrie er Carch nach. »Ich denke nicht daran, dir noch einmal zu helfen! Und so etwas will ein Freund sein!« Er setzte sich auf eine von vielen hundert hier gestapelten Kisten 

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und starrte verdrossen vor sich hin. Er  hatte  diese  Spukgestalt wieder  gespürt.  Sie  jagte  jetzt  hinter 

Carch her. Aber verdammt, was wollte sie von ihm?   

*  CptʹCarch spürte seinen Körper nicht mehr. Die fast unerträglichen Schmerzen, als seine Haut von der Lauge verätzt wurde, hatten ihn regelrecht taub werden lassen. Er hatte Mühe, seine Bewegungen zu kontrollieren, da  seine Füße dem Gehirn nicht mehr mitteilten, ob und  wann  sie  den  Boden  berührten.  Die  Augen,  die  von  der Seifenspülung ebenfalls nicht verschont worden waren, lagen unter einer  dicken,  gallertartigen  Schicht.  Carch  sonderte  heilende Sekretionen ab, und nun bestand die Gefahr, daß er dadurch noch schneller von innen heraus austrocknete. Was er brauchte, war Ruhe und Flüssigkeit, viel Flüssigkeit, die durch die Poren aufgenommen werden konnte und den Körperhaushalt wieder  ins Gleichgewicht brachte. Aber er mußte weiter! Der Geist setzte  ihm zu wie nie zuvor. Er 

gönnte  ihm keine Rast, und manchmal, wenn es  ihm gelang, einen klaren  Gedanken  zu  fassen,  hatte  der  Extra  fast  das  Gefühl,  daß seine Panik nicht wirklich aus ihm herauskam. Dieses  unbegreifbare Geschöpf  hatte Angst,  und  es  übertrug  sie 

auf ihn. Als  auch  die  Kräfte  aufgebraucht  waren,  die  Carch  in  der 

Lagerhalle gesammelt hatte, blieb er vor einer braun angestrichenen Tür liegen. Seine Flucht erschien ihm plötzlich so sinnlos. Doch der Geist  war  über  ihm.  In  Carchs  Bewußtsein  war  das  Bild  eines Menschen,  der  mit  weit  ausgestrecktem  Arm  auf  die  Tür  wies. Gleichzeitig spürte er, daß er nur noch diesen Schritt zu tun hatte. Wer  bist  du?  dachte  er  verzweifelt. Warum  kann  ich  dich  nicht 

erkennen? 

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Er drehte sich auf die Bauchseite und stemmte das hintere Teil des Bananenkörpers mit den beiden dünnen Beinchen  in die Höhe. So schob  er  sich  auf  die  Tür  zu,  die  ihm  endlich  Ruhe  und  Frieden versprach. Er  richtete  sich  mit  allerletzter  Kraft  an  der  Wand  auf  und 

berührte mit  einem  Fühler  den Kontakt. Die  Tür  fuhr  auf. Carch blickte in eine dunkle Halle, die völlig leer zu sein schien. Er entdeckte den reglos am Boden liegenden menschlichen Körper 

erst, als er sich ein Stück in die Halle hineingeschoben und die Tür sich  hinter  ihm wieder  geschlossen  hatte. Der Geist war  bei  ihm, ohne  ihn weiter zu bedrängen. Carch spürte nur seine Nähe – und ganz schwach nur noch das Locken. Hierher also hatte er ihm die ganze Zeit über folgen sollen. Carch erreichte die Gestalt, überzeugt davon, eine Leiche vor sich 

zu  haben. Das Gesicht des Menschen war  einer Wand  zugedreht. Vorsichtig berührte der Extra den Hinterkopf mit den Fühlern und fand kein Lebenszeichen. Er kann erst seit kurzer Zeit tot sein, erkannte er, vielleicht erst seit 

Minuten. Der Körper wirkte noch  völlig normal,  so wie der  eines Schlafenden. Aber er war kalt und unbelebt. Carchs  Neugier  erwachte,  und  plötzlich  schoß  ihm  eine 

phantastische Spekulation durch den Kopf. Der Geist hatte ihn hierher getrieben. Er hatte gewollt, daß er diese 

Leiche fand. Aber weshalb, wenn er nicht …? Mit  zitternden  Ärmchen  drehte  CptʹCarch  das  Gesicht  des 

Menschen nach oben, und als er voller Entsetzen erkannte, wen er da vor sich hatte, wußte er, daß er sich nicht geirrt hatte. Schlagartig wurde ihm klar, weshalb er den Eindruck hatte, seinen 

Peiniger zu kennen. Er wußte, wen er die ganze Zeit über gesehen hatte. Es war diese Solanerin. Was ihm auf Schritt und Tritt gefolgt war, 

konnte  dann  nur  ihr  Geist  sein,  auf  unbegreifliche  Weise  vom Körper losgelöst. 

Page 38: Spuk in der Sol

Und  kaum  war  Carch  zu  dieser  erschütternden  Erkenntnis gelangt,  als  sein  zweiter  Peiniger wieder  angriff. Mit  vehementer Gewalt drang das auf ihn ein, das ihn dazu zwingen wollte, sich zu verändern. Carch  wußte  nun,  wie  diese  Veränderung  aussehen  sollte.  Er 

begriff,  daß  er  keine  Chance  hatte  und  auf  lange  Sicht  ebenso unterliegen mußte wie Sternfeuer.   

4.  Die  Stunde war  abgelaufen,  ohne  daß  sich  auch  nur  ein  einziger brauchbarer  Hinweis  auf  Sternfeuers  Verbleib  gefunden  hätte. Federspiel spürte sie nach wie vor nicht und war verzweifelt. Hayes hatte  nur  von  weiteren  angeblichen  Geistererscheinungen  zu berichten.  Nur  eines  war  bei  der  Befragung  Betroffener herausgekommen:  Einige  von  ihnen waren  fest  davon  überzeugt, die Spukgestalt von irgendwoher zu kennen. Als Atlan  schon  bereit war,  seine Ankündigung wahrzumachen 

und sich mit einigen Begleitern zu der Robotfabrik zu begeben, wo die Telepathin und Carch zuletzt gesehen worden waren, betrat Bjo Breiskoll  aufgeregt  den Konferenzraum. Der Katzer  hatte  sich  bis dahin bei Hayes aufgehalten, um auf dessen Wunsch zu versuchen, die  eine  oder  andere  vielleicht  wichtige  Information  aus  den Gedanken der Befragten herauszulesen. Die Unterhaltung erstarb. Bjo wich Federspiels  fragenden Blicken 

aus und setzte sich schwer. »Du hast etwas herausgefunden?« erriet Atlan. Bjo nickte. »Ich hatte für einen Moment Kontakt zu Carch«, sagte er leise. »Ich 

konnte ihn espern – wie gesagt, nur kurz. Aber das reichte aus, um …« »Ja?« 

Page 39: Spuk in der Sol

Bjo drehte sich halb zu Federspiel um. Der sprang auf und packte ihn an den Schultern. »Du weißt, was mit Sternfeuer geschehen ist! Bjo, Carch ist bei ihr, 

und du weißt aus  seinen Gedanken, wo  sie  sich  jetzt befindet! Du willst  nichts  sagen  aus  Rücksicht  auf mich?  Bjo,  ich  bin  auf  alles gefaßt. Wenn mir etwas unerträglich ist, dann die Ungewißheit!« »Sie  ist  tot«,  sagte  Breiskoll.  Federspiel  ließ  ihn  los  und  wich 

entsetzt  einige  Schritte  zurück.  Bjo  nickte  ihm  traurig  zu.  »Das waren Carchs Gedanken.  Sie  ist  tot und  auch wieder nicht. Carch glaubt, daß  sie dieser Geist  ist, der  in der  SOL herumspukt. Aber irgendwo in der SZ‐1 liegt ihr Körper – erstarrt.« Federspiel schlug sich die Hände vors Gesicht. Hage Nockemann 

mußte ihn stützen und zu einem der Sitze führen. »Wo?«  fragte Atlan  tonlos.  Seine Miene  glich  einer Maske.  »Wo 

hat er sie gefunden, Bjo?« »Der Kontakt war viel zu kurz, um das so genau sagen zu können. 

Carch  geriet  in  Panik,  und  diese  Panik  hatte  anscheinend  nur indirekt mit Sternfeuer zu tun. Das ist alles, was ich euch dazu sagen kann.  Es  tut  mir  leid,  daß  ich  keine  bessere  Nachricht  bringen konnte.« »Wobei noch  lange nicht gesagt  ist, daß sie stimmt«, warf  Joscan 

Hellmut ein. »Nicht, daß ich an deinen Fähigkeiten zweifle, Bjo. Und sicher hatte Carch auch Kontakt mit Sternfeuer. Vielleicht waren sie ganze Zeit über zusammen. Aber wir wissen auch alle, was von dem Burschen  zu  halten  ist. Wenn Carch  sich  etwas  so  stark  einbilden kann wie seine Nichtgeburt, kann er auch …« »Er  hat  sie  gesehen«,  beharrte  Bjo.  »Gefunden  und wie  tot  am 

Boden  liegen  gesehen.  Vielleicht  ist  er  jetzt  schon  wieder  ganz woanders.  Unsere  einzige  Chance,  Sternfeuer  zu  finden,  besteht darin, daß wir jetzt erst einmal ihn aufspüren.« »Also das Ganze noch einmal?« »Es war ein Fehler, die Solaner nur nach Sternfeuer ausschauen zu 

lassen«, murmelte Atlan. »Uns wird nichts anderes übrigbleiben, als 

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einen  neuen  Rundruf  durchzugeben.  Ich  mache  das  von  der Zentrale aus.« Auf dem Korridor versuchte der Arkonide vergeblich, einen Sinn 

in  das  Gehörte  zu  bringen.  Er  floh  nicht  etwa  vor  Federspiel. Vielmehr brauchte er  jetzt einen klaren Kopf, und das war schlecht möglich, wenn er  immer wieder den  leidenden  jungen Solaner vor sich sah. Atlan öffnete die Verbindungstür am Ende des Korridors und ließ 

SOL‐City hinter sich zurück. In der Zentrale blickte er in sorgenvolle Gesichter. Hayes  nickte  ihm  lächelnd  zu,  doch  auch  das war  nur Fassade.  Der  neue  High  Sideryt  hatte  sein  Amt  unter  denkbar ungünstigen  Umständen  angetreten  und  wünschte  sich  nun  vor allem Ruhe an Bord. Hayes  stand bei Gallatan Herts und dessen Stellvertreterin, Lyta 

Kunduran. Mit diesen beiden Ex‐Magniden war eine überraschende Wandlung vor sich gegangen, seitdem die SOLAG aufgelöst und die Positionen  in der  Schiffsführung neubesetzt worden waren. Herts, bis vor Wochen noch Atlans erbitterter Gegner und zu jeder Intrige bereit, war ruhig, fast besinnlich geworden und fungierte als Leiter der Hauptzentrale hier im SOL‐Mittelteil. Lyta Kunduran war seine Stellvertreterin. Die Dreißigjährige machte kein Geheimnis daraus, daß  sie  Chart  Deccon  nachtrauerte.  Sie  hatte  vielleicht  von  allen Magniden  als  einzige  den  Menschen  in  Deccon  gesehen.  Lyta Kunduran  war  Gesprächspartner  SENECAS  in  allen Angelegenheiten der Schiffsführung. Vorlan  und  Uster,  die  beiden  neuen  Chefpiloten  des  SOL‐

Mittelteils,  saßen  gelangweilt  an  einem  Tisch  und  nahmen  keine Notiz  von  Atlan.  Vor  ihnen  waren  Sternkarten  ausgebreitet,  ein deutliches  Indiz  dafür,  daß  Hayes  die  Zeit  für  gekommen  hielt, Flatterfeld mit der SOL zu verlassen. Zu Atlans Überraschung hielt sich auch Gavro Yaal in der Zentrale 

auf, der ihn mit ironischen Blicken musterte. Yaal gehörte ebenfalls zur Gruppe der Stabsspezialisten und war Cheflogistiker der SOL. 

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Der  Hitzkopf  früherer  Zeiten  war  ebenfalls  merklich  ruhiger geworden und ging völlig  in der Aufgabe auf, die Versorgung des Schiffes  und  seiner  Bewohner  sicherzustellen  und  noch weiter  zu verbessern. Wer in Not war und etwas brauchte, wandte sich an ihn. Yaal besorgte es. Atlan begab  sich  zu Hayes, Herts und Lyta Kunduran und kam 

ohne lange Umschweife zum Thema. Er berichtete über das, was Bjo Breiskoll von CptʹCarch aufgefangen hatte, und fügte hinzu: »So  sehr wir  uns  alle  dagegen  sträuben,  sollten wir  doch  noch 

eines  bedenken.  Federspiel  selbst  äußerte  schon  vor  gut  einer Stunde  den  Verdacht,  daß  seiner  Zwillingsschwester  etwas Unfaßbares  zugestoßen  sei.  Ich  meine,  er  war  trotz  des Kontaktverlusts davon überzeugt, daß sie nicht tot ist.« Herts schüttelte den Kopf und winkte ab. »Wenn  sie  tot  ist,  ist  sie  tot«,  sagte  er  überzeugt.  »Das  ist 

bedauerlich,  aber  nicht  mehr  zu  ändern.  Anstatt  uns Phantasiegeschichten aufzutischen, solltet ihr ihren Leichnam lieber suchen und feststellen, woran sie gestorben ist.« »Wozu wir Carch  brauchen«,  entgegnete Atlan.  »Breck,  ihr  habt 

genug mit den vom Spuk aufgescheuchten Männern und Frauen zu tun. Wenn du einverstanden bist, übernehme ich das.« Hayes legte ihm eine Hand auf den Arm und bedeutete ihm, ihm 

zu  folgen. Allein  in seiner Klause, setzten sich die beiden an einen kleinen Tisch und sahen sich lange an. »Es gibt eine einfache Möglichkeit, um festzustellen, ob Sternfeuer 

dieser  sogenannte  Geist  ist«,  sagte Hayes  schließlich.  »Es warten noch einige Solaner darauf, gefragt zu werden. Wir zeigen ihnen ein Bild von ihr und warten auf ihre Reaktion.« »Einverstanden, Breck. Aber das ist doch nicht alles, oder? Du hast 

noch etwas auf dem Herzen.« »Auf dem Herzen!« Hayes lachte rauh. Ein Schatten huschte über 

sein  von  den  Solwürmern  zerfressenes Gesicht.  »Wenn  alles, was mir auf dem Herzen  liegt, feste Formen annehmen würde, hörte es 

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augenblicklich zu schlagen auf. Atlan, was  immer auch  in der SOL vorgeht, es geschieht doch nicht ohne Grund. Gehen wir davon aus, daß  es  sich  bei  unserem  Spuk  tatsächlich  um  Sternfeuers Bewußtsein  handelt,  dann  wäre  es  doch  nur  logisch,  daß  sie versucht, mit denjenigen Kontakt  aufzunehmen, die  ihr besonders nahestehen – mit euch also. Statt dessen scheint sie es nur auf Carch und auf Insider abgesehen zu haben. Allen anderen erschien sie nur einmal.« »Moment. Wieso Insider?« Dieser  Extra,  der  eigentlich  Zwzwko  hieß,  was  aber  für 

menschliche  Zungen  ebenso  unaussprechlich  war  wie  CptʹCarch, war  quasi Mädchen  für  alles  in  der Zentrale der  SZ‐2.  Scherzhaft nannte  man  ihn  auch  »Zwo«,  nicht  ohne  Anspielung  auf  seine Stellung  als  rechte  Hand  der  neuen  Kommandantin  dieser Schiffszelle  –  Brooklyn.  Sie  hatte  seine  Fähigkeiten  als  Pilot, Techniker, Funker und Organisator als erste erkannt. Insider war ein Hominide von 1,66 Meter Größe. Alles an ihm war grün, wobei sich hellere  und  dunklere  Hautpartien  wie  Schatten  und  Licht voneinander  abhoben.  Abgesehen  davon  unterschied  er  sich  von einem Menschen vor allem durch  seine vier Arme.  Insider galt als absolut loyal. Sein Alter war ebenso unbekannt wie seine Herkunft. Eine  weitere  herausragende  Eigenschaft  war  sein  schier unglaubliches Sprachtalent. Insider ersetzte fast einen Translator. Das rief sich der Arkonide in Erinnerung, als er auf eine Erklärung 

wartete. »Insider«, bestätigte Hayes. »Zuerst hat mich Brooklyn über  sein 

merkwürdiges  –  Verhalten  informiert.  Dann  sprach  ich  mit  ihm selbst, und er gab zu, daß  ihm  seit drei Tagen mehr oder weniger regelmäßig diese menschliche  Spukgestalt  erschiene. Er  beschreibt es  so, daß  er  etwas  sieht,  aber nicht mit den Augen. Das Zerrbild entsteht  in  seinem  Bewußtsein.  Und  das  deckt  sich  ja  mit  den Aussagen aller anderer, die wir bis jetzt gehört haben.« »Carch  und  Insider«,  murmelte  Atlan.  »Wo  gibt  es  da  eine 

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Verbindung, Breck?« »Keine! Des  ist es  ja eben. Jedenfalls keine, die wir durchschauen 

können. Soweit mir bekannt ist, hatte Sternfeuer doch mit Insider so gut wie gar keinen Kontakt.« »Worauf willst du also hinaus?« Hayes stand auf und legte die Hände auf den Rücken. »Nicht nur  ich denke an die andere SOL, Atlan. Wenn wir nicht 

aufpassen, entsteht schneller eine Hysterie an Bord, als wir glauben. Der  Spuk  wird  mit  der  Geister‐SOL  in  einen  Zusammenhang gebracht. Aber wie dem auch sei, ich werde das verdammte Gefühl nicht  los,  daß  hier  und  jetzt wieder  etwas  beginnt,  dessen  ganze Tragweite wir nicht einmal zu erahnen vermögen.« »Nach Order‐7 ein neuer Anschlag?« »Möglich.  Wir  wissen  eben  nichts,  aber  zumindest  über  eines 

werden wir gleich Klarheit haben. Komm,  ich  bringe dich  zu den Wartenden und lasse ein Bild von Sternfeuer ausdrucken.« Atlan  hielt den Kommandanten  fest,  als  er die Klause  verlassen 

wollte. »Die  Sternkarten,  Breck.  Du  willst  Flatterfeld  verlassen? 

WyltʹRong  und  die Molaaten waren  vorhin  schon wieder  bei mir und fragten, wann wir endlich aufbrechen würden.« »Wenn  es  nach  mir  ginge  und  uns  diese  Spukgeschichte  nicht 

dazwischengekommen wäre, liefen jetzt die Vorbereitungen für den Start«,  sagte Hayes  grimmig.  »Ich wollte  dich  unterrichten,  bevor die ersten Meldungen eingingen.« »Und ihr habt auch schon ein Ziel?« »Kein  zwingendes,  Atlan.  Roxha  kann  überall  liegen.  Die 

nächstgelegene Galaxis vielleicht, aber  fort von hier, wo wir nichts mehr verloren haben.« »Und fort von der Parallel‐SOL, oder? Du hoffst doch darauf, daß 

sie uns nicht folgen würde.« »Was  ich  hoffe,  steht  nicht  zur  Debatte«,  versetzte  Hayes 

ungewöhnlich schroff. »Komm jetzt.« 

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Sie begaben sich in einen Vorraum der Zentrale, wo zehn Solaner und zwei Buhrlos ungeduldig darauf warteten, daß man  ihnen die Fragen stellte, wegen deren sie hierherbestellt worden waren. Hayes hielt  sie  hin,  bis  ihm  die  Computerfolie  mit  Sternfeuers  Abbild gebracht wurde. Drei Männer versicherten, daß nur diese Frau  auf der Folie  jene 

Menschengestalt  gewesen  sein  konnte,  die  ihnen  erschienen war. Die anderen gaben sich unschlüssig, stritten die Möglichkeit  jedoch nicht ab. Einige behaupteten, einen Baumstumpf gesehen zu haben, etwa zwei Meter groß. Atlan fragte mit gerunzelter Stirn: »Ihr  konntet  keine  Beschreibung  geben,  nicht  einmal  eine 

ungefähre. Weshalb also jetzt diese Sicherheit?« »Das ist wie … ein Traum, ja«, sagte einer der drei. »Du weißt, daß 

du etwas geträumt hast, aber  je mehr du versuchst, dich daran zu erinnern, desto verschwommener wird das Ganze. Am Ende weißt du  überhaupt  nichts.  Aber  dann  plötzlich  siehst  oder  hörst  du etwas, und der ganze Traum ist wieder da.« »Auch  ein  Vergleich«,  seufzte  Hayes.  »Aber  nicht  der 

schlechteste.« »Wir  sollten  Insider  in  die Hauptzentrale  rufen«, meinte Atlan, 

nachdem  er  und  der  High  Sideryt  die  Solaner  und  Buhrlos verabschiedet hatten. »Die Suche nach Carch muß sich auf die SZ‐1 konzentrieren. Bjo konnte keine genauen Angaben machen, aber er hatte ihn schon einmal dort lokalisiert, in den Außenbezirken.« Hayesʹ Blicke verrieten, was er von einer solchen Suche hielt. Aber 

er  widersprach  nicht.  Atlan  spielte  bereits  mit  dem  Gedanken, SENECA  über  alle  Transmitterbenutzungen  der  letzten  Stunde innerhalb der SOL zu befragen, als sie die Zentrale wieder betraten und Curie van Herling, die Ex‐Magnidin und nun Chefin des Funk‐ und Ortungspersonals, mit  einer Nachricht  auf  sie  zukam, die die Situation schlagartig änderte. »Einer  der  Funker  hat  einen  Interkomanruf  aus  der  SZ‐1 

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entgegengenommen«, verkündete sie. »Es geht um diesen Extra mit dem unaussprechlichen Namen.« »Er hat sich gemeldet?« fragte Hayes schnell. »Er nicht, aber einer deiner Freunde, Atlan.« »Wer?« wollte der Arkonide wissen. »Aus SOL‐City?« »Ich  sagte doch, aus der SZ‐1. Es war dieser Malcish. Er gehörte 

doch zu den Basiskämpfern, oder?« Atlan  nickte.  Malcish  war  öfter  als  jeder  andere  mit  Carch 

zusammengewesen. »Malcish  sagte, daß  er Carch wieder  gesehen  hätte,  nachdem  er 

ihn aus einer Robotanlage  retten konnte. Er will  ihm auf der Spur bleiben.« »Carch auf der Spur bleiben? Das ist ein Witz, oder?« Curie van Herling zuckte die Schultern. »Das mußt du ihn schon selbst fragen. Er will sich wieder melden, 

sobald  er  Carch  gefunden  hat.  Wie  er  sagte,  entkommt  er  ihm diesmal  nicht.  Er  hat  sich  einen  Paralysator  besorgt  und  ist entschlossen, Carch  zu  lähmen. Atlan, dieser Kerl  sprach  ziemlich viel  wirres  Zeug.  Anscheinend  sah  auch  er  wiederholt  die Erscheinung.« »Wo ist er?« »Wo er jetzt steckt, wissen wir nicht. Ich kann dir sagen, woher der 

Anruf kam.« Sie gab ihm die Information. Hayes grinste schwach. »Womit  der Rundruf wohl  überflüssig  geworden wäre. Wie  ich 

dich kenne, Atlan, wirst du selbst …« »Worauf  du  dich  verlassen  kannst«,  versicherte  der  Arkonide, 

schon  auf  dem  Weg  zum  Ausgang.  »Wir  halten  Verbindung miteinander.  Versucht  inzwischen,  aus  Insider  etwas herauszubekommen.  Zeigt  ihm  Sternfeuers  Bild,  wenn  die Erwähnung ihres Namens nicht genügt.« »Atlan!«  rief  Hayes  ihm  hinterher.  »Seid  vorsichtig.  Was  mit 

Sternfeuer geschah, muß kein Einzelfall bleiben!« 

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*  Malcish war  es  absolut  ernst damit gewesen, Carch Carch  sein zu lassen  und unter Menschen  zurückzukehren. Er  hatte das Gefühl, einen  längeren Schlaf zu brauchen. Vielleicht stellte sich nach dem Aufwachen das alles als ein einziger, verrückter Traum heraus. Carch ließ ihm nicht einmal diese Hoffnung. Als Malcish mißmutig  auf  einem Laufband  stand  und  sich  zum 

nächsten Antigravschacht  transportieren  ließ, sah er  ihn wieder. Er wollte nicht hinsehen, ihn einfach ignorieren. Doch dann erkannte er bestürzt, in welch miserablem Zustand sich der Extra befand. CptʹCarch  stand mit  zitternden  Beinen  vor  der  Schachtöffnung. 

Mit  einem der kleinen Händchen hielt  er  sich  an  einer Leiste  fest. Dabei  schwankte  sein Bananenkörper, als müßte  er  jeden Moment auf die Seite kippen und hinschlagen. Er  zeigte  durch  nichts,  daß  er Malcishs  Annäherung  bemerkte. 

Seine  sonst  so  kräftig  gelb  schillernde  Haut  war  noch  spröder geworden. Malcish  glaubte  Risse  darin  zu  erkennen.  An  einigen Stellen  hatten  sich  dicke  gallertartige  Klumpen  gebildet,  die aussahen wie Geschwüre. Der Solaner wurde vom Mitleid gepackt. Er sprang vom Band, als 

er noch etwa zwanzig Meter von Carch entfernt war. Carch reagierte nicht. Malcish war entschlossen, kurzen Prozeß zu 

machen und  ihn einfach zu packen und anschließend  in ein Medo‐Center zu bringen. Und  fast  hatte  es  den Anschein,  als  sollte  es  ihm  diesmal  auch 

gelingen. Er schlich sich so leise wie möglich an und war schon bis auf fünf Meter herangekommen, als der Extra einen schrillen Schrei ausstieß.  Er  hatte Malcish  den Rücken  zugedreht  und  konnte  ihn unmöglich  sehen.  Der  Solaner  blieb  erschreckt  stehen,  als  ein heftiger Ruck durch den Bananenkörper ging. 

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Als ob  ihm ein Unsichtbarer einen Stoß versetzt hätte! durchfuhr es dem Meisterdieb. Carch schrie wieder, drehte sich um die eigene Achse und erhielt 

einen weiteren Stoß, der ihn in den Antigravschacht beförderte. Das war für Malcish so unheimlich, daß er erst nachsetzte, als der Extra schon längst nach unten verschwunden war. Er  zögerte,  sich  selbst  dem  Schacht  anzuvertrauen,  spähte 

vorsichtig  hinab  und  sah  gerade  noch,  wie  Carch  die  Röhre  auf einem  tiefergelegenen  Deck  verließ.  Das  schien  ihn  unglaubliche Mühen zu kosten. Malcish wich zurück und  sah  sich unschlüssig um. Er hatte  sich 

das Deck  gemerkt,  aber  keine  große  Lust, mit  dem Unsichtbaren Bekanntschaft  zu  machen.  Er  wußte  selbst  nicht,  warum,  aber irgendwie  war  er  davon  überzeugt,  daß  Carch  weder  vor  ihm geflohen noch von der Spukgestalt gestoßen worden war. Der Zufall wollte es, daß in diesem Augenblick eine junge Frau in 

den Korridor  einbog,  die  in  der Hand  einen  Paralysator  trug.  Sie kam langsam auf Malcish zu. »Was  willst  du  mit  dem  Ding?«  fragte  der  ehemalige 

Basiskämpfer. »Was  schon?  Überall  auf  der  SOL  spukt  es.  Ich  bin  nicht 

abergläubisch,  aber wenn mir  diese  angebliche  Spukgestalt  in  die Quere kommt, dann weiß ich, was ich zu tun habe.« »Du meinst, du kannst ein Gespenst mit dem Strahler …?« »Ach was!«  Sie winkte  heftig  ab.  »Ich  sage  dir, was  ich  davon 

halte.  Alle,  von  denen  ich  bisher  hörte,  daß  sie  diesem  Spuk begegneten, waren Frauen, verstehst du?« Malcish schüttelte den Kopf und wollte darauf hinweisen, daß er 

ja selbst eines der Opfer war – und beileibe keine Frau. Sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Frauen. Und es gibt genug Kerle an Bord, die sich einen Deflektor 

besorgen können, um damit unsichtbar hinter uns herzuschleichen. Wie  sie  es  fertigbringen,  daß  die  Betroffenen  sie  in  ihrem 

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Bewußtsein zu spüren oder zu sehen glauben, weiß  ich nicht. Aber wenn der Kerl erst einmal vor mir liegt, erfahren wirʹs sehr schnell.« »Oha!« machte Malcish. Jetzt begriff er. Was diese offenbar sexuell 

ziemlich  gehemmte  Person  da  von  sich  gab, war  blanker Unsinn. Aber sie hatte den Paralysator, der ihn interessierte. Zum Schein ging er auf ihre fixe Idee ein. »Steck die Waffe weg. Es macht mich nervös, wenn du mir damit 

vor der Nase herumfuchtelst. Du glaubst also, daß ein Sittenstrolch hinter den Spukgeschichten steckt?« Tatsächlich  steckte  sie den Paralysator  in  ihren Gürtel. Sie nickte 

ernst. »Wer  sonst?  Aber  wir  kriegen  ihn.  Außer  mir  sind  noch  vier 

Betroffene unterwegs.« »Weiß Hayes davon?« »Ach der. Er ist ein netter Kerl und sicher ein guter Kommandant. 

Aber er hat eben zuviel zu  tun. Weißt du? Da müssen wir Frauen uns selbst helfen.« Armes  frustriertes  Ding,  dachte Malcish.  Er  begann,  sie  in  ein 

Gespräch über die Lasterhaftigkeit gewisser männlicher Solaner zu verwickeln,  und  als  sie  glaubte,  ihn  von  der Notwendigkeit  einer generellen  geistigen  Säuberung  der  männlichen  Besatzung überzeugt zu haben, fehlte ihr der Strahler im Gürtel. Malcish winkte ihr damit zu, als er sich in den Schacht schwang. »Du bekommst  ihn zurück, wenn  ich den Unhold gefunden und 

gestellt habe, Schwester!« Ihre Beschimpfungen begleiteten  ihn, bis  er das Deck betrat,  auf 

dem  er  Carch  vermutete.  An  einer Wand  klebte  etwas  von  der gallertartigen Masse,  die  er  auf  dem  Körper  des  Extras  gesehen hatte. Er  legte die  Finger  auf den Auslöser der Waffe. Obwohl  er natürlich wußte,  daß  er  damit  gegen  den  Spuk  nichts  ausrichten würde, gab sie  ihm doch ein Gefühl der Sicherheit. Und außerdem ersparte sie ihm eine eventuelle weitere Verfolgungsjagd. Dennoch  hatte  er  jetzt  das  Bedürfnis,  sich  abzusichern.  Er  sah 

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einen  Interkomanschluß und nahm Kontakt  zur Hauptzentrale  im Mittelteil  auf,  berichtete  kurz  und  verkündete,  daß  er  auf Carchs Spur war. Malcish  wartete  keine  Antwort  ab,  sondern  lief  in  den  langen 

Korridor  hinein,  der  kaum  Abzweigungen  hatte  und  keine angrenzenden Räume,  in denen Carch sich verstecken konnte. Hin und wieder  fand  er weitere  Gallertklumpen  und  vereinzelt  auch gelbe Tropfen am Boden. Er  mochte  eine  halbe  Stunde  gelaufen  sein,  als  er  den  Extra 

erblickte. CptʹCarch lag auf dem Rücken, die dünnen Beine von sich gestreckt, die sich leicht zuckend bewegten. Diesmal  ging  Malcish  kein  Risiko  mehr  ein.  Er  richtete  den 

Paralysator auf Carch und löste ihn aus. Das war im gleichen Augenblick, in dem hinter ihm das Summen 

eines  kleinen  offenen  Fahrzeugs  zu  hören war  und  eine  bekannte Stimme schrie: »Laß das sein! Weg mit der Waffe, du Narr!« Malcish fuhr herum und sah Atlan, Joscan Hellmut und Federspiel 

aus dem Wagen springen. Der Arkonide war mit wenigen Schritten bei Carch und beugte sich über ihn. »Ich … ich …«, stammelte Malcish. »Du mußt verrückt geworden sein!«  fuhr Atlan  ihn an. »Wie soll 

er uns jetzt etwas sagen? Konntest du nicht warten?« Warten worauf? Malcish  schnitt  eine  Grimasse  und  schleuderte 

Atlan den Strahler vor die Füße. »Das  ist  deine  Dankbarkeit!  Ohne  mich  hättet  ihr  ihn  niemals 

gefunden!  Und  außerdem  konnte  ich  doch  nicht wissen,  daß  ihr hierher unterwegs wart!« Hellmut legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. »Schon  gut,  Malcish.  Er  meint  es  nicht  so.  Wo  hast  du  ihn 

gefunden?« »Carch?« Malcish sagte es ihm, während Federspiel sich nun ebenfalls über 

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den  Gelähmten  beugte  und  anscheinend  versuchte,  dessen Gedanken zu lesen. »Viel zu schwach«, sagte er leise. Malcish erschauerte beim Klang 

seiner Stimme. Was war hier eigentlich los? »Wir bringen ihn nach SOL‐City«, entschied Atlan. »Dort kann Bjo 

sein Glück  versuchen. Malcish,  du  kommst  ebenfalls mit  uns.  Ich benachrichtige  Breckcrown.  Dieser  ganze  Bezirk  muß  abgeriegelt und Winkel für Winkel untersucht werden. Irgendwo hier muß sich Sternfeuer befinden.« Malcish verstand nun gar nichts mehr. Seufzend ergab er sich  in 

sein  Schicksal  und  hoffte,  in  SOL‐City  etwas  mehr  zu  erfahren. Offenbar  war  er  hier  in  etwas  hineingeraten,  das  alle  seine Erwartungen noch weit übertraf. Dabei  war  er  selbst  jetzt  noch  weit  davon  entfernt,  das  ganze 

Ausmaß des Geschehens auch nur annähernd zu erfassen. »Eines steht fest«, sagte Hage Nockemann, nachdem er den Extra 

gründlich  untersucht  hatte.  »Es  ist  ein  Wunder,  daß  er  sich überhaupt  noch  bewegen  konnte.  Er  muß  Unvorstellbares durchgemacht haben. Leider wissen wir viel zuwenig über ihn, aber er  hat  soviel  Körperflüssigkeit  abgegeben,  daß  er  stirbt, wenn  er keinen Ersatz  findet.  In der Robotanlage,  von der Malcish  sprach, wurde  die  klebrige  Substanz,  die  ihn  davor  schützt,  einfach auszutrocknen,  durch  die  Laugen  zersetzt.  Offenbar  ist  er  in  der Lage,  sich  selbst  zu  regenerieren  und  diese  Schicht  wieder  zu erzeugen.  Aber  dazu  braucht  er  Stoffe,  die  er  durch  die  Haut aufnimmt. Welche das sind, wissen wir nicht. Wir können ihn nicht einfach in ein Wasserbad legen.« »Niemand  hat  ihn  je  essen  oder  trinken  gesehen«,  bemerkte 

Malcish. »Wie auch? Er hat ja keinen Mund.« Atlan  verschränkte  die  Arme  vor  der  Brust  und  schüttelte 

ungeduldig den Kopf. »Natürlich will niemand, daß er  stirbt, Hage. Aber was konntest 

du sonst noch feststellen? Was brachte ihn in diesen Zustand?« 

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»Du meinst  seine Panik?« Der Genetiker  fuhr  sich mit einer Hand durch das lange graue Haar und zwirbelte nachdenklich an seinem Schnauzbart.  »Sternfeuers  Geist  wäre  eine  Erklärung,  aber  die befriedigt  mich  nicht.  Von  allen,  denen  sie  erschien,  wurde übereinstimmend  ausgesagt,  daß  sie  nicht  das  Gefühl  einer wirklichen  Bedrohung  hatten,  sondern  nur  Angst  vor  dem Unbegreifbaren. Was  ihn so  in Panik versetzte, muß etwas anderes gewesen sein.« Malcish  nickte  bekräftigend,  um  sogleich  Atlan  einen  scheuen 

Blick zuzuwerfen. »Ich mußte ihn paralysieren, sonst wäre er wieder entwischt.« »Er hätte nicht mehr die Kraft dazu gehabt. Daß er überhaupt so 

lange auf der Flucht war, muß mit Kraftreserven zu tun haben, die in Stößen in ihm freiwerden. Aber auch die waren verbraucht.« Atlan sah zu Bjo Breiskoll hinüber, auf dem nun alle Hoffnungen 

ruhten. Die Lähmung würde noch  für Stunden anhalten,  jedenfalls wenn man von einem Menschen ausging. Bei Carch war auch dies nicht genau zu sagen. Geschah aber nichts zu seiner Rettung, würde er unweigerlich sterben, bevor er aufwachte und sagen konnte, was er brauchte. Und  bevor  er  den  entscheidenden  Hinweis  auf  den  Ort  geben 

konnte,  an  dem  er  Sternfeuer  gefunden  hatte.  Hayes  hatte Suchtrupps  ausgeschickt,  von  denen  noch  keine  Erfolgsmeldung gekommen war. »Er denkt,  aber  auf  einem viel  zu niedrigen Niveau,  als daß  ich 

etwas Klares herauslesen könnte«,  sagte der Katzer. »Er kann  sich nicht bewegen,  aber  er muß uns hören.  Sprecht  zu  ihm und  stellt ihm  gezielte  Fragen,  zuerst  nach  der  Hilfe,  die  wir  ihm  geben können.« Carch  lag  auf  einer Antigravscheibe, die  etwa  einen Meter hoch 

über  dem  Boden  schwebte.  Atlan  hockte  sich  vor  ihn  hin  und begann, eindringlich auf ihn einzureden, wobei er immer wieder zu Bjo hinüberblickte. 

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Die  anderen  hielten  sich  schweigend  zurück.  Nur  Hellmut berichtete leise der Zentrale, wo inzwischen Insider eingetroffen war und nach einem Blick auf Sternfeuers Bild zugegeben hatte, daß dies das Gesicht des »Geistes« sei, der ihm wiederholt erschienen war. Keine  Reaktion!  bedeutete  Bjo  nach  zehn  Minuten  mit  einem 

Kopfschütteln. Atlan gab die Hoffnung nicht auf und sprach weiter, bis ihn Hage Nockemann sanft an den Schultern zurückzog. »Ich habe die Körperzellen untersucht, die  ich Carch unmittelbar 

nach eurer Ankunft entnahm. Es ist ein Risiko, aber ich glaube, aus dem Ergebnis  ersehen zu können, was  er braucht. Er muß  in  eine Lösung  gelegt werden,  die  ich  in  spätestens  einer  halben  Stunde zusammengemischt  haben  kann,  wenn  ich  schnell  die  nötigen Mineralien bekomme.« »Was bleibt uns anderes übrig?« fragte der Arkonide resignierend 

und  ließ  sich  in  einen  Sessel  fallen.  »Joscan,  bitte  Breck,  alles Notwendige beschaffen zu lassen.« Nockemann war schon bei Hellmut und sprach mit der Zentrale. 

Doch noch bevor er geendet hatte, sprang Bjo Breiskoll auf. »Ich empfange etwas!« rief er erregt aus. »Carch denkt intensiv an 

…« »Was?« fragte Atlan schnell. »Es  hat  nichts mit  ihm  selbst  zu  tun,  auch  nicht mit  Sternfeuer. 

Wenn es sich nicht zu verrückt anhören würde, könnte man meinen, daß  da  jemand  anderer  für  ihn  denkt.«  Bjo  zuckte  wie  zur Entschuldigung mit den  Schultern.  »Es  ist  aber  so. Er denkt  ganz intensiv an etwas, ohne irgendwie daran Anteil zu nehmen. Er weiß gar nicht, was er denkt!« »Was?« wiederholte Atlan ungeduldig. »Bjo, was ist es?« »Nur  Gedankenfetzen.  Sie  haben  mit  einem  Schalter  zu  tun.« 

Breiskoll schloß die Augen. Seine Lippen bewegten sich, als spräche ein  anderer  durch  sie:  »Pers‐Mohandot …  Schalter …  Vereinigung! Und … die Zeit ist reif … Gefahren des Bösen … Vasterstat …«Bjo legte seine gespreizten Finger an die Schläfen. »Der Erwachende!« 

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Der Katzer taumelte zurück. Atlan war bei ihm und führte ihn zu seinem Sitz. Breiskoll  schlug die Augen auf und  schien der  realen Welt  entrückt.  Erst  als  der Arkonide  ihm  zwei‐,  dreimal mit  der flachen Hand auf die Wangen schlug, kam er zu sich. »Das  war  es«,  flüsterte  er.  »Aber  es  kam mit  solcher mentaler 

Gewalt,  daß  …«  Er  drehte  die  Handflächen  nach  oben,  um anzuzeigen, daß er vollkommen ratlos war. Atlan  schwieg  betreten.  Er  sah  die  Blicke  der  anderen  auf  sich 

gerichtet, fühlte sich im Mittelpunkt von tausend Fragen, auf die er doch  keine Antwort wußte. Alles wurde  immer  verworrener  und geheimnisvoller. Er dachte an Hayesʹ Worte: Etwas beginnt! »Welcher Schalter?«  fragte Malcish  in die Stille hinein. »Und was 

für  eine  Stadt?  Das  sind  doch  Produkte  seiner  Phantasie.  Sicher erinnert sich Carch jetzt in der Erwartung des Todes an Begriffe aus seiner Vergangenheit, über die er angeblich nie etwas wußte.« »Nein«,  wehrte  Nockemann  ab.  »Wie  käme  er  dann  auf  Pers‐

Mohandot? Fällt euch nicht auf, daß dies wortverwandt ist mit All‐Mohandot, wie  die  raumfahrenden  Zivilisationen  Flatterfelds  ihre eigene Galaxis nennen?« »Es sind Wortfetzen«, sagte Bjo, der sich schnell wieder gefangen 

hatte. »Besser gesagt, Gedankenfetzen. Aber sie müssen einen Sinn ergeben.  Ich  bleibe  dabei,  daß  sie  nicht  aus  Carch  selbst herauskommen. Aber  er  hat  sie  empfangen  und  zuletzt mit  einer Erregung  weitergegeben,  die  mich  fast  aus  dem  Gleichgewicht brachte. Das heißt, daß er zumindest unterbewußt wußte oder weiß, wie bedeutend sie für uns sind. Er will, daß wir davon erfahren!« »Also eine Botschaft«, überlegte Atlan. »Und zwar eine, die für ihn 

wichtiger  ist  als  sein  eigenes  Leben.  Vielleicht  mußte  er  sie  uns übermitteln, bevor  er  an  sich  selbst denken konnte. All‐Mohandot und  Pers‐Mohandot. Dann wäre  also  Pers‐Mohandot  eine  andere Galaxis.« »Und wenn wir diesen Faden weiterspinnen«, sagte Bjo, »jene, aus 

der der oder das kommt, das von seinem Geist Besitz ergriffen hat 

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und  höchstwahrscheinlich  auch  für  Sternfeuers  Schicksal verantwortlich ist – der wirkliche Spuk.« Pers‐Mohandot … Schalter … Vereinigung. Die Zeit ist reif … Wofür? Und wer war mit dem Erwachenden gemeint? Wer oder 

was war Vasterstat? Atlan  wollte  Bjo  bitten,  sich  noch  einmal  in  Carch 

hineinzuversenken, als dessen entrückter Blick ihm anzeigte, daß er bereits dabei war. »Jetzt denkt er an sich«, flüsterte der Katzer. »Er denkt an das, was 

er zum Überleben braucht. Hage …« Nockemann war  schon  bei  ihm,  in  den Händen  eine  Folie  und 

einen  Schreibstift. Hastig notierte  er  sich das, was  ihm  von Carch durch Bjo genannt wurde. »Weiter!« drängte Atlan, als der Galakto‐Genetiker zum Interkom 

eilte.  »Bjo, wenn  er  einmal dabei  ist, muß  er uns mitteilen, wo  er Sternfeuer gesehen hat!« »Er denkt nicht mehr«,  lautete die  ernüchternde Antwort. »Eben 

noch  empfing  ich  alles  zwar  bruchstückhaft,  aber  dennoch  völlig klar.  Jetzt  ist da nichts mehr, nur dieses Fremde. Es  ist wie ein …« Bjo lachte trocken. »Ein vielleicht unpassender Vergleich, aber es ist wie ein psionisches Hintergrundrauschen.« »Angenommen,  es  gibt  tatsächlich  einen  Fremden,  der  ihn 

beeinflußt und Sternfeuers Geist von ihrem Körper trennte – könnte er sich an Bord der SOL befinden?« »Du meinst, ob  ich  ihn dann nicht espern müßte?« Bjo schüttelte 

entschieden  den  Kopf.  »Nichts,  Atlan.  Entweder  schirmt  der Unbekannte sich ab, oder er wirkt von außerhalb der SOL auf Carch ein.« »Und versetzt ihn in Panik. Ich gehe in die Zentrale, Bjo. Bleibe du 

bei  ihm  und  unterrichte mich  sofort, wenn  er wieder  zu  denken beginnt.  Ich  will  wissen,  ob  er  Angst  davor  hat,  daß  auch  sein Bewußtsein vom Körper gelöst wird.« 

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»Hayes  läßt mir  alles  bringen, was wir  für  das  Bad  brauchen«, verkündete Nockemann. »Wenn wir Glück haben, wird er sich bald erholen und aus der Paralyse erwachen.« Atlan nickte und warf  Federspiel  einen prüfenden Blick  zu. Der 

Zwilling schlug die Augen nieder. »Wenn dieser oder dieses Fremde die Macht hat, das Bewußtsein 

eines  Menschen  von  seinem  Körper  zu  trennen,  wird  er  diesen Vorgang  auch  wieder  rückgängig  machen  können«,  sagte  der Arkonide zu ihm. »Wer  so etwas  tut«,  flüsterte Federspiel, »für den  ist ein Mensch 

nur ein Werkzeug, ein Spielzeug.«   

*  »Ich  kann mit  diesen  Begriffen  nichts  anfangen«,  knurrte  Hayes. »Natürlich  fällt  die Wortverwandtschaft  zwischen  All‐  und  Pers‐Mohandot auf, aber das  ist auch schon alles. Was sollen wir damit, Atlan? Will dieser Fremde, dessen Existenz  ja nur eine Vermutung ist,  uns  dort  haben?  Es  gibt  ein  Dutzend  Galaxien  in  näherem Umkreis,  die  damit  gemeint  sein  könnten.  Immerhin  scheine  ich recht zu behalten, obwohl ich alles andere als glücklich darüber bin. Irgend  jemand  oder  irgend  etwas  versucht,  auf  uns  Einfluß  zu gewinnen. Wozu und mit welchen tieferen Absichten?« »Die Suchkommandos hatten immer noch keinen Erfolg?« Hayes schüttelte den Kopf. »Nichts. Dafür  redet  die  Besatzung  jetzt  nicht mehr  von  einem 

Spuk,  sondern  nur  noch  von  Sternfeuers  Geist.  Die  Unruhe  ist dadurch nur noch größer geworden. Es  ließ  sich nicht verhindern, daß die Befragten, denen wir Sternfeuers Bild zeigten, die Nachricht überall  in  Umlauf  brachten.  Schon  deswegen  müssen  wir  das Mädchen so schnell wie möglich finden.« Atlan  sah  sich  um.  Etwa  die Hälfte  derjenigen,  die  sich  in  der 

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Hauptzentrale aufhielten, gaben  sich mehr oder weniger  sinnlosen Beschäftigungen  hin.  Es  war  offensichtlich,  daß  sie  sich  davor scheuten, zu etwas Stellung zu nehmen, das sie nicht begriffen. Nur  die  Piloten  und Gallatan Herts  drängten  vehement  darauf, 

mit  der  SOL  Flatterfeld  zu  verlassen. Wohin  der  Flug  –  oder  die Flucht – gehen sollte, schien ihnen dabei völlig gleichgültig zu sein. Niemand sprach dabei von der Suche nach Roxha oder Varnhagher‐Ghynnst. »Ich möchte, daß du mit einer Entscheidung noch wartest, Breck«, 

sagte Atlan. »Zumindest so lange, bis Carch uns vielleicht genauere Auskünfte  geben  kann.  Falls  Sternfeuer  tatsächlich  nur  in  einer todesähnlichen Starre  liegt und darauf wartet, daß  ihr Bewußtsein zurückkehrt, müssen wir alles tun, um sie zu retten.« »Du  rechnest  mit  einem  weiteren  Kontaktversuch  dieses 

Phantoms?« »Es  wäre  sinnlos  gewesen,  uns  durch  Carch  eine  Botschaft 

zukommen  zu  lassen,  die wir  nicht  verstehen«, wich Atlan  einer direkten Antwort  aus.  »Jetzt möchte  ich mit  Insider  reden. Wo  ist er?« »Wir  haben  ihn  in  einer  der  angeschlossenen  Kabinen 

untergebracht. Bit ist bei ihm. Ich bringe dich hin.« Es war eine der Kabinen, die der Arkonide und seine Freunde für 

eine.  Weile  bewohnt  hatten,  nachdem  die  SOL  das  Mausefalle‐System verlassen hatte.  Insider hockte schweigend auf einer Liege. Lyta Kunduran zuckte die Schultern, als sie die fragenden Blicke der beiden Eingetretenen bemerkte. »Nichts Neues. Er ist sich dessen sicher, daß es Sternfeuer war, die 

ihn berührte. An mehr erinnert er sich nicht.« »Laßt mich bitte allein mit ihm«, sagte Atlan. Die Ex‐Magnidin und Hayes zogen sich zurück. Als die Tür sich 

schloß, setzte Atlan sich zu dem grünhäutigen Extra. »Du hast es  ja gehört«, sagte Insider. »Sie haben mich schon alles 

gefragt – patsch‐uuh!« 

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Für Insider hieß das, daß er es als sinnlos empfand, weiter über die Erscheinungen  zu  reden.  »Patsch‐uuh«  war  eines  seiner  beiden Lieblingsworte  und  bezeichnete  eine  vollkommen  ausweglose Situation.  »Klatsch‐hurra« dagegen  stand  für  alles Gelungene und Positive. Ansonsten sprach und verhielt er sich vollkommen normal und  trotz seiner Fremdartigkeit menschlich, was dazu beitrug, daß er  von  jedem  Solaner  als  Gleichartiger  behandelt  und  anerkannt wurde. »Ich weiß,  Insider«, antwortete Atlan gedehnt. »Aber  inzwischen 

hat sich etwas ergeben, von dem Bit noch nichts ahnte. Hör zu,  ich möchte, daß du noch  einmal ganz genau  zurückdenkst, und  zwar unter  dem Gesichtspunkt,  ob  es  vielleicht  zwei Gesichter  gewesen sein könnten, die dich berührten.« »Ich verstehe nicht«, gab der Extra irritiert zu. »Ob  es  nicht  nur  Sternfeuer  war.  Nachdem  du  ihr  Bild  sahst, 

wußtest  du,  daß  sie  mit  der  Erscheinung  identisch  war  – beziehungsweise ihr Bewußtsein. Du glaubst, sie gesehen zu haben. Aber  kann  es  nicht  so  gewesen  sein,  daß  du  noch  eine  zweite Komponente  spürtest?  Eine  Wesenheit,  die  dir  eine  Botschaft zukommen lassen wollte?« Insider war anzusehen, daß er immer noch nichts begriff. Dennoch 

schien  er  in  sich  zu  gehen,  schloß  für  Sekunden  die  Augen,  um schließlich verzweifelt den Kopf zu schütteln. »Da war nichts außer ihr«, versicherte er. »Niemand drängt dich. Versuche es noch einmal. Du hast Zeit und 

Ruhe.« »Es  ist  sinnlos.  Aber  vielleicht  könntest  du  mir  einen  Hinweis 

geben. Wonach fragst du eigentlich wirklich?« Atlan hatte bereits die Begriffe auf der Zunge, die Bjo von Carch 

aufgefangen hatte. Vielleicht, so hoffte er,  löste eines der Worte die verschüttete oder unbewußt verdrängte Erinnerung in Insider aus. Bevor er aber auch nur eines von  ihnen nennen konnte, hob der 

Grünhäutige abrupt eine seiner vier Hände. 

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»Warte!« Wieder schloß er die Augen.  Irgend etwas schien von  ihm Besitz 

ergriffen zu haben. Seine Lippen bewegten sich zuckend. Die Hand zitterte. Ohne die Augen wieder zu öffnen, flüsterte er: »Die Berührung …« Es  folgten  Worte  in  einer  fremden  Sprache.  Atlan  nahm  die 

ausgestreckte  Hand  und  drückte  sie  gerade  so,  als  fürchtete  er, Insider müßte sich im nächsten Moment in Luft auflösen. Der Extra riß sich los, sprang auf und stieß bebend hervor: »Vasterstat!« Atlan  kam  ebenfalls  in  die Höhe.  Er  starrte  sein Gegenüber  an. 

Allmählich  nur  gewann  Insider  die  Kontrolle  über  sich  zurück. Irritiert sah er sich um. »Wiederhole es!« forderte Atlan ihn auf. »Sag es noch einmal!« »Was?« fragte der Extra. »Was habe ich denn gesagt?« »Vasterstat!« »Nein!«  Insider  wich  zurück.  Sein  Gesicht  verriet  Angst  und 

Verständnislosigkeit. »Ich habe dieses Wort noch nie gehört!« »Aber Carch dachte es auch! Was ist Vasterstat – oder wer ist es?« »Ich weiß es doch nicht! Warum quälst du mich!« Insider krümmte sich wie unter Schmerzen. Atlan stützte ihn. »Es  ist schon gut«, versuchte er  ihn zu beruhigen. »Bit wird sich 

wieder um dich kümmern. Niemand will dich quälen, aber sollte dir doch etwas einfallen, dann komm in die Zentrale. Es ist wichtig, jede Einzelheit.« »Es geht um  Sternfeuer, nicht wahr?«  flüsterte der Grünhäutige. 

»Und um Carch.« »Vielleicht  um  die  ganze  SOL  und  alle,  die  in  ihr  leben«,  sagte 

Atlan düster. Er brachte Insider zur Liege zurück und wollte ihn mit sich allein lassen. Der Extra hielt ihn am Arm fest. »Warte. Warte noch. Du sagtest Vasterstat?« »Ja.« »Ich habe es wirklich noch nie gehört. Aber es ergibt einen Sinn.« »Welchen?« 

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»Es  sind Laute, die zu  einer Sprache gehören, keine willkürliche Aneinanderreihung von Vokalen und Konsonanten. Vasterstat – das bedeutet wohl …« Atlan  hielt  den Atem  an.  Insider  schien mit  sich  zu  kämpfen  – 

oder gegen etwas. Atlan erinnerte sich wieder an seine unglaubliche Fähigkeit, absolut  fremde Sprachen zu verstehen. Er wußte  schon, bevor er die Bedeutung des geheimnisvollen Wortes erfuhr, daß er keine Veranlassung hatte, an Insiders Übersetzung zu zweifeln. »Die schlafende Welt«, preßte der Extra hervor, um gleich darauf 

völlig kraftlos auf die Liege zu sinken. Atlan sah ein, daß er sich mit dieser Auskunft vorerst zu begnügen hatte. Die schlafende Welt … Irgendwo in einer Galaxis, die Pers‐Mohandot hieß? Der Arkonide verließ die Kabine.  In der Hauptzentrale wurde er 

bereits erwartet. Lyta Kunduran begab sich mit einem Medo‐Robot zu Insider. »Wir  sollten  endlich machen,  daß wir  von  hier  verschwinden!« 

forderte Herts abermals. »Was geht uns eine schlafende Welt an!« Breckcrown Hayes blickte ihn nachsichtig an. »Und wohin, Galatan? Wer sagt uns, daß nicht auch SENECA von 

diesem  Fremden  schon  beeinflußt  ist  und  uns  genau  dorthin bringen würde, wo  es uns  haben will?  Ich  kann mir  nicht  helfen, aber wir stecken schon mitten  in etwas drin, das von  langer Hand vorbereitet worden zu sein scheint.« Atlan sagte nichts dazu. Das Mißtrauen SENECA gegenüber war 

längst noch nicht völlig abgebaut, was sich in solchen Bemerkungen immer wieder aufs neue dokumentierte. Zu lange hatten die Solaner mit den Launen der Hyperinpotronik leben müssen. Hayes erhielt Unterstützung aus den beiden SOL‐Zellen. Sowohl 

Wajsto Kölsch als auch Brooklyn sprachen sich für ein Warten aus. Atlan blieb in der Zentrale, bis an den Funk‐ und Ortungsgeräten 

die Ablösung  erfolgte. Denjenigen, deren Dienst  jetzt begann, war anzusehen, wie sehr sie  jene beneideten, die  für sie Platz machten. 

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Ein  Gedanke  beherrschte  anscheinend  sie  alle:  Wann  taucht  die Geister‐SOL wieder auf? Zurück  in SOL‐City, erwartete den Arkoniden die Nachricht, daß 

CptʹCarch  aus  der  Paralyse  erwacht  und  auf  dem  Weg  der Genesung sei.   

*  Hage  Nockemann  und  seine  Helfer  hatten  nicht  viele  Umstände gemacht.  Carch  lag  in  einer  Plastikwanne,  die  bis  zum Überschwappen mit  einer  gelblichen  Flüssigkeit  gefüllt war. Nur sein Kopf schaute daraus hervor. Die Fühler richteten sich auf Atlan und Federspiel, kaum daß die beiden Männer den abgedunkelten, kleinen Raum betreten hatten. Atlans Hand fuhr zu seiner Nase. »Bei  allen  Planeten, Hage!  Das  riecht wie  nach  einem  Dutzend 

nicht stubenreiner Katzen.« »Aber es hilft, und mit der Zeit gewöhnt man sich daran«, grinste 

der Genetiker. »Hinterher weißt du die gute Luft an Bord der SOL überhaupt  erst  wieder  zu  schätzen.  Der  Flüssigkeitspegel  ist während der beiden Stunden, die Carch darin schwimmt, um zwei Zentimeter gesunken. Das bedeutet bei der Größe der Wanne eine Flüssigkeitsaufnahme von  fast zwanzig Litern – bei diesem Zwerg! Carch  fühlt  sich  nach  eigenem  Bekunden  schon  wieder  wie neugeboren und wird …« »Das habe ich nicht so gesagt!« zirpte es aus der Brühe. Der Extra 

mußte den Rücken mit der Sprechmembrane daraus heben, um sich verständlich  zu  machen.  »Nicht  wie  geboren! Wie  das  ist,  weiß niemand von euch!« »Aber du?« »Nein, aber fast …« »Fast?« Atlan  hockte  sich  neben  die Wanne.  »Fast  hättest  du  es 

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gewußt, weil etwas dich drängte, dich zu verändern?« Carch  stieß einen nie gehörten Laut aus – zweifellos ein Zeichen 

großer Überraschung. »Woher weißt  du  davon? Aber  so war  es. Da waren  Sternfeuer 

und dieses andere, das mich dazu zwingen wollte, wie sie meinen Körper aufzugeben.« Carch bewegte sich heftig  in der Wanne. Die gelbe  Brühe  schwappte  über  den  Rand  und  bespritzte  Atlans Kombination. »Und es ist immer noch da! Es wird zurückkommen! Dann helft mir!« Atlan  kämpfte  gegen  das  Würgen  an,  sprang  zurück  und 

beobachtete  aus  sicherer  Entfernung,  wie  die  Fühler  des  Extras immer heftiger zu zittern begannen. »Du hast Angst vor diesem Fremden«,  stellte er  fest, »obwohl er 

zu dir sprach.« Nebenbei registrierte er, daß dies wohl das allererste Mal war, daß 

Carch jemanden um Hilfe bat. »Gesprochen? Niemand hat zu mir gesprochen. Da war nur dieses 

furchtbare Drängen und …« »Du willst  sagen,  daß  du  dich  an  nichts  erinnerst?«  unterbrach 

Nockemann  ihn.  Dann  nannte  er  die Worte,  die  Bjo  aus  seinen Gedanken herausgelesen hatte. Für  Atlan  war  es  nach  Insiders  Reaktion  keine  Überraschung 

mehr,  daß  auch  Carch  sich  an  keines  von  ihnen  zu  erinnern vermochte. Er stritt sogar heftig ab, sie gedacht zu haben. »Atlan!« drängte Federspiel flehend, »fragt ihn doch endlich nach 

Sternfeuer!« »An sie erinnerst du dich?« wandte der Arkonide sich wieder an 

den CptʹCarch.  »Eben  sprachst du  von  ihr und davon, daß dieser Fremde dein Bewußtsein vom Körper loslösen wollte, wie es bei ihr geschah.  Bjo  fing  einige  Gedankenfetzen  von  dir  auf,  als  du  sie fandst. Wo war das, Carch? Du mußt es uns ganz genau sagen.« Federspiel  trat ganz nahe an die Wanne heran. Carch drehte sich 

etwas darin. 

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»Eine Halle«, zirpte es aus der Membrane. »Sie lag in einer Halle. Zuerst  glaubte  ich,  sie  sei  tot,  aber  ihr Körper war wie  der  einer Schlafenden.  Ich  war  auf  der  Flucht  und  habe  kaum  auf  die Umgebung geachtet.« »Aber  du  würdest  diese Halle  und  die  umliegenden  Korridore 

doch wiedererkennen, wenn du  sie  jetzt  sähst?«  Federspiel  rückte noch ein Stück näher. Seine Stimme war ein einziges Flehen. »Vielleicht«, gab Carch zu. »Ja, ich denke schon. Aber ich bin noch 

zu schwach, um euch dorthin zu führen.« »Du  könntest  von  hier  aus  suchen!  Ich  bringe  dich  in  den 

Konferenzraum. Wir haben Suchtrupps  in den Außenbezirken der SZ‐1, wo  Bjo  dich  esperte  und wir  dich  fanden. Die Männer  und Frauen werden mit Handkameras die Gänge  entlanggehen und  in jeden  Raum  hineinsehen.  Du  verfolgst  das  alles  über  die Bildschirme und dirigierst sie weiter, sobald du einen Anhaltspunkt zu sehen glaubst!« »Ich weiß nicht recht …«, zögerte Carch. »Aber ich!« Bevor ihn jemand daran hindern konnte, war der Zwilling bei ihm 

und  griff  mit  beiden  Armen  tief  in  die  stinkende  Brühe.  Carch drehte und wand  sich, ohne  sich aus Federspiels Griff befreien zu können, als dieser ihn heraushob und das tropfende Etwas aus dem Raum trug. Atlan  und  Nockemann  waren  zurückgewichen,  um  nicht  auch 

noch  ihren Teil abzubekommen. Erst als Carchs Geschrei auf dem Korridor verklang, fanden sie ihre Sprache wieder. »Zum Teufel!«  fluchte der grauhaarige Genetiker. »Ist Federspiel 

jetzt  von  allen  guten  Geistern  verlassen?  Will  er  SOL‐City  auf Wochen hinaus unbewohnbar machen?« Atlan  hatte  die  gleiche  Befürchtung,  die  zusätzliche  Nahrung 

erhielt, als die Molaaten kreischend aus ihren Quartieren nahe dem Konferenzraum flohen. »Und  Carch  muß  noch  in  seiner  Tunke  bleiben!«  schimpfte 

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Nockemann  weiter.  »Außerdem  schadet  ihm  Licht!  Seine  Augen sind  angegriffen und müssen …« Er  ballte die  Fäuste und  schnitt eine Grimasse.  »Was  rege  ich mich  auf!  Ich  an  Federspiels  Stelle hätte  wahrscheinlich  schon  viel  eher  die  Geduld  verloren.  Aber Carch muß  so  schnell wie möglich wieder  in  die Wanne  –  schon allein  aus  dem  Grund,  daß  ich  der  Flüssigkeit  ein  starkes Beruhigungsmittel beigemischt habe, das glücklicherweise auch auf ein Wesen wie ihn wirkt.« »Wozu das?« fragte Atlan überrascht. Nockemann lachte meckernd. »Wozu das! Du hättest  ihn erleben sollen, als er aus der Paralyse 

erwachte! Angst ist gar kein Ausdruck!« »Dann hoffen wir, daß wir schnell Erfolg haben werden. Hat wohl 

nicht viel Sinn, mich vorher umzuziehen, oder?« »Kaum,  aber  zum Glück  haben wir  genügend Atemmasken  für 

uns alle hier.«   

6.  Über die ständige Verbindung verfolgten der neue High Sideryt und die  übrige  Zentralebesatzung  die  Suche  nach  Sternfeuers  Körper mit.  In SOL‐City herrschten  fast chaotische Zustände. Oserfan und die anderen Molaaten außer Sanny hatten  in der Zentrale Zuflucht vor  dem  bestialischen Gestank  gesucht  und warnten  jeden  davor, sich ins »verseuchte Gebiet« vorzuwagen. Zumindest Hayes hatte das auch gar nicht vor. Seit nunmehr einer 

Viertelstunde gab es keine Meldung über Geistererscheinungen an Bord des Schiffes mehr. Dies hätte ihn beruhigen sollen. Es bewirkte das Gegenteil. Inzwischen  war  Insider  zurückgekehrt  und  hatte  von  seinem 

Gespräch  mit  Atlan  berichtet.  Eine  von  Lyta  Kunduran vorgenommene Befragung  SENECAs hatte  keinen Aufschluß über 

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die  Bedeutung  des  Begriffs  »Schlafende Welt«  erbringen  können. SENECA blieb dabei, weder etwas über den Spuk an Bord zu wissen noch einen fremden Einfluß auf sich zu registrieren. Eine  halbe  Stunde  verging.  Immer  weitere  Korridore,  Schächte 

und Räume erschienen auf den Monitoren, ohne daß CptʹCarch eine positive Reaktion zeigte. Es kamen keine Meldungen aufgeschreckter Solaner mehr. »Der  Spuk  ist  vorbei«,  sagte Galatan Herts.  »Aber mir  ist  nicht 

wohl dabei. Es kommt mir vor wie die Ruhe vor dem Sturm.« Diesmal  mußte  Hayes  ihm  vollkommen  recht  geben.  Und  es 

dauerte keine  zehn Minuten, bis Hertsʹ düstere Prophezeiung  sich auf sehr handfeste Weise zu bewahrheiten schien. »Ich habe eine Ortung!« rief eine Frau von den Kontrollen herüber. 

»Ein Raumschiff! Es ist in einer Entfernung von nur etwa eintausend Kilometern materialisiert und nähert sich uns!« Hayes  vergaß  die  Suche  nach  Sternfeuer. Mit wenigen  Schritten 

war  er  bei  den  Ortern,  um  die  sich  schnell  eine  Traube  von Menschen scharte. »Weder  die  Ysteronen  noch  die  Pluuh  besitzen  solche  Schiffe«, 

kam es von Vorlan. »Außer ihnen aber gibt es keine nennenswerten raumfahrenden Völker  in Flatterfeld. Das Schiff kann also nur aus dem intergalaktischen Raum kommen. Was will es?« Hayes glaubte,  jemanden etwas von Pers‐Mohandot murmeln zu 

hören.  Sonst  sprach  in  diesen  Sekunden  niemand.  Unter  den Schirmen  erschienen  Zahlen‐  und  Buchstabenreihen,  mit  denen jedoch keiner viel anzufangen wußte. Das  Ende  des Geisterspuks!  dachte Hayes. Und  fast  gleichzeitig 

damit das Auftauchen dieses Raumers! Der  Zusammenhang  war  offensichtlich.  Hayes  kniff  die  Augen 

zusammen, als das Schiff auf den Schirmen der optischen Erfassung größer  und  größer  wurde,  bis  ganz  deutlich  die  Form  eines Doppeldiskus  zu  erkennen  war.  Die  obere  Scheibe  war  etwa zweimal so groß wie die darunterliegende und mit langen Antennen 

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oder Projektoren bestückt. Schweigend und drohend schob sich das fremde Objekt mit abnehmender Geschwindigkeit näher. »Im Vergleich  zur  SOL  ein  Zwerg«,  flüsterte  Bit.  »Durchmesser 

oben  etwa  220 Meter.«  Sie  las weitere  einlaufende Werte  ab,  bis Herts sie barsch unterbrach. »Entfernung nur noch einhundertzwanzig Kilometer!« rief er aus. 

»Breck, wie lange willst du dir das noch ansehen! Ihr steht alle hier herum, als käme eines unserer Beiboote von einem Flug zurück!« Etwas anderes lähmt uns! dachte Hayes. Er machte  sich  von  der  unerklärlichen  Faszination  los,  die  das 

fremde Schiff auf ihn ausübte, schickte die Besatzung auf ihre Plätze und gab seine Befehle: »Curie, ihr versucht, den Fremden anzufunken! Er soll seine Fahrt 

stoppen! Bit, er mag  im Vergleich zu uns ein Zwerg  sein, aber  ich will kein Risiko eingehen. Fahrt die Schutzschirme hoch! Er soll sich identifizieren und sagen, was er von uns will! Alarm für das ganze Schiff!  Ich  spreche  selbst  zu  den  Solanern,  um  sie  zu  informieren und zu beruhigen.« Augenblicklich schrillten die Sirenen in allen Teilen der SOL. Erst 

jetzt  fiel Hayes wieder  ein,  daß Atlan  und  Federspiel  auf  Carchs Erinnerungsvermögen  hofften.  Auch  darauf  konnte  er  keine Rücksicht mehr nehmen. Er  legte sich schon die Worte zurecht, die er den  Solanern, Buhrlos, Bordmutanten  und Extras  sagen wollte, als sein Blick auf Insider fiel.   

*  Für  Atlan  und  diejenigen,  die  sich  –  ohne  Atemmasken  –  im Konferenzraum  von  SOL‐City  aufhielten,  kam  der  Alarm  völlig überraschend. Die Sirenen heulten nur wenige Sekunden nach der Entdeckung  auf,  die  Federspiel  endgültig  an  den  Rand  des Zusammenbruchs brachte. 

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Eines  der  Suchkommandos  hatte  den  Raum  gefunden,  in  dem CptʹCarch  Sternfeuer  entdeckt  hatte.  Carch  ließ  keinen  Zweifel daran,  daß  er  sich  dessen  vollkommen  sicher  war.  Er  beschrieb Nebenräume,  in die  er  sich  auf der  Flucht  vor dem Unbekannten begeben hatte, die gleich darauf prompt auf den Schirmen zu sehen waren. Nur Sternfeuer war nicht da. Die  Halle  war  leer.  Dort  lag  kein  erstarrter  Körper.  Die 

Scheinwerfer des Suchtrupps leuchteten jeden Winkel aus. »Aber  ich  habe  sie  gesehen!«  beharrte  Carch.  »Jemand muß  sie 

entdeckt  und  weggeschafft  haben,  ohne  davon  Meldung  zu machen!« Atlan  rief  die  Zentrale  an.  Es  dauerte  eine Weile,  bis  sich  dort 

jemand  meldete.  Hayesʹ  Appell  an  alle  Solaner,  die  Ruhe  zu bewahren  und  sich  unter  keinen  Umständen  zu  unüberlegten Handlungen hinreißen zu lassen, kam aus allen Lautsprechern. Die Mitglieder  des  Teams  sahen  sich  betroffen  an,  als  sie  von  dem urplötzlich aufgetauchten fremden Raumschiff hörten. Eine  junge  Frau  blickte  vom Bildschirm des  Interkoms,  offenbar 

über alle Maßen irritiert und mit den Gedanken ganz woanders. »Kannst  du  das  Bild  des  Raumers  herüberschalten?«  fragte  der 

Arkonide  schnell.  Im  Hintergrund  der  Zentrale  hörte  er  Hayes Anweisungen  geben  und  heftig  mit  jemandem  debattieren.  Die Solanerin  nickte  nur.  Ihr  Gesicht  verschwand  und machte  einem anderen Bild Platz. Atlan  ließ es  lange auf sich wirken, bevor er  in die beklemmende 

Stille hinein fragte: »Hat  vielleicht  einer  von  euch  ein  solches  Schiff  schon  einmal 

gesehen?« »Niemals«,  sagte  Bjo  Breiskoll.  Joscan  Hellmut  schüttelte  den 

Kopf.  Nockemann  zwirbelte  an  seinem  Schnauzbart.  Federspiel wandte den Kopf ab. Der Ton aus der Zentrale war weiterhin zugeschaltet. Atlan hörte 

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Curie von Herling sagen, daß der Raumer weiter verzögerte, ohne auf Funkanrufe zu reagieren. Er füllte die Videofläche nun vollkommen aus – ein Doppeldiskus 

mit  dunkelblau  schimmernder  Oberfläche.  Die  ins  Bild eingespiegelten Meßwerte gaben einen Durchmesser von 220 Meter für die obere und 132 Meter  für die untere Scheibe an, die aussah wie eine dünne, von einem Zylinder abgeschnittene Scheibe. Beide Teile  waren  durch  ein  45  Meter  durchmessendes  Mittelstück verbunden. Die Gesamthöhe der Konstruktion betrug ebenfalls 132 Meter. »… werden  könnte!« war Hayesʹ  Stimme  jetzt wieder  zu  hören. 

»Ich wiederhole: Wir unternehmen nichts, das uns als Feindseligkeit ausgelegt werden könnte!« »Keine Fahrt mehr!« meldete Curie van Herling. »Der Raumer hat 

in exakt fünf Kilometern Abstand von der SOL gestoppt!« »Kommunikationsversuche  mit  allen  zur  Verfügung  stehenden 

Mitteln fortsetzen!« befahl Hayes. Sekunden später verschwand das Bild des Doppeldiskus vom Schirm. Der High Sideryt blickte den im Konferenzraum Versammelten entgegen. »Ihr habt es gesehen und Curie gehört«, sagte er tonlos. »Atlan, ich 

wäre dir dankbar, wenn du in die Zentrale kommen könntest.« »Sofort, Breck. Ich  fürchte, wir können die Suche nach Sternfeuer 

abbrechen.  Carch  hat  den  Raum  wiedergefunden,  in  dem  er  sie entdeckte. Sie ist verschwunden.« »Aber bestimmt nicht von Bord der SOL. Wir haben jetzt ein neues 

Problem, das womöglich mit dem Spuk zusammenhängt. Vielleicht bekommen  wir  von  den  Unbekannten  einen  Hinweis  auf  ihr Schicksal. Es muß eine Verbindung bestehen, denn Insider befindet sich  in  Trance.  Er  ist  nicht  ansprechbar  und  murmelt unverständliche Worte.« »Das tat er auch schon, bevor er von Vasterstat sprach.« Hayes nickte heftig. »Und  noch  etwas:  Seit  einer  dreiviertel  Stunde  bekommen  wir 

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keine Meldungen mehr über Geistererscheinungen. Wir unterhalten uns hier in der Zentrale weiter.« Er schaltete sich aus. Nockemann lachte humorlos. »Ein wenig weit hergeholt, das alles, oder?« »Vielleicht  nur  auf den  ersten Blick, Hage. Wenn wir  ehrlich  zu 

uns  selbst  sind,  so  haben  wir  doch  alle  auf  etwas  Derartiges gewartet.« Atlan  blickte  zu Carch  hinüber,  dessen  Bananenkörper auf den dünnen Beinen schwang. »Beobachtet ihn. Er muß zurück in sein Bad, aber  laßt  ihn mir nicht aus den Augen und meldet euch sofort, wenn er sich merkwürdig verhält.« »Er hat sich noch nie normal benommen«, kommentierte Hellmut. Atlan schmunzelte und machte sich auf den Weg zum Ausgang. Er  hatte  die  Tür  noch  nicht  ganz  erreicht,  als  sie  sich  vor  ihm 

öffnete. Das Lächeln gefror  ihm auf den Lippen, als er die Gestalt sah, die in den Rahmen trat. Für einen Moment glaubte er,  jetzt selbst eine Geistererscheinung 

zu haben. Doch das war kein Spuk. »Hallo«,  sagte  Sternfeuer müde  und  offenbar  ziemlich  verlegen. 

»Da bin ich wieder …«   

*  Selten hatte der Arkonide jemanden so schnell aufspringen gesehen wie in diesem Augenblick Federspiel. Federspiel war als erster bei der Zwillingsschwester und  fing  sie 

auf, als ihre Beine nachgaben. Zusammen mit Atlan brachte er sie zu einem Sessel und setzte sie so behutsam ab, als müßte jeder zu harte Griff ihr die Knochen brechen. Das  fremde  Raumschiff  und  Hayes  waren  für  einen  Moment 

vergessen. Carch  lief so schnell aus dem Raum, daß die Blicke der Menschen  ihm  kaum  folgen  konnten.  Gleich  darauf  war  ein Platschen zu hören. 

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»Ich  kümmere mich  um  ihn«,  sagte  Nockemann  und  eilte  ihm auch schon nach. »Vermutlich sieht er wieder den Geist  in  ihr und ist vor  lauter Angst  in seine Brühe getaucht. Würde mich übrigens nicht  wundern,  wenn  Sternfeuer  allein  von  dem  Gestank  hier zusammengebrochen wäre.« »Was?« entfuhr es Federspiel. »Du bleibst hier und kümmerst dich 

gefälligst um sie! Sieh sie dir an und …« »Ich  sehe  sie«,  fuhr  ihm der Genetiker  ins Wort. »Und wenn  ihr 

die Augen  aufmacht, werdet  ihr wie  ich  erkennen, daß  ihr  nichts fehlt außer einigen Stunden Schlaf. Ich bin bald zurück.« Atlan war  einigermaßen  verblüfft  über Nockemanns  Forschheit. 

Er wollte  ihn  zurückrufen,  doch  Bjo  legte  ihm  eine Hand  auf  die Schulter. »Er  hat  recht, Atlan.  Carch  braucht  ihn  im Augenblick  nötiger. 

Sternfeuer sieht wirklich so aus, als wäre sie nur völlig erschöpft.« »Was wollt  ihr  eigentlich  alle?«  fragte  die  Telepathin mit  leiser 

Stimme. Sie saß zurückgelehnt und schloß die Augen. »Zugegeben, ich hätte früher zurück sein sollen und weiß auch nicht, wo ich war, aber das ist noch lange kein Grund, um …« »Du weißt es nicht?« fragte Federspiel entgeistert. »Du weißt nicht, 

was mit dir geschehen ist?« »Nein, was denn?  Ich war geistig weggetreten, oder? Bruder,  tut 

mir einen Gefallen und laßt mich schlafen. Ich …« Ihre Arme fielen schlaff von den Lehnen. Ihr Kopf kippte herunter. »Sie  ist bewußtlos!«  rief Federspiel  entsetzt  aus.  »Es  fängt  schon 

wieder an! Weiß der Himmel, was das alles zu bedeuten hat, aber sie ist schon wieder erstarrt.« »Nein.« Atlan  blickte  Bjo  Breiskoll  überrascht  an. Der Katzer  zuckte  die 

Schultern. »Sie schläft sehr tief. Am besten bringen wir sie in ihre Kabine und 

warten, bis sie von selbst wieder aufwacht. Mehr können wir nicht tun.  Ihr Bewußtsein  ist nicht vom Körper  losgelöst. Wenn du dich 

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beruhigen und  auf  sie konzentrieren würdest, Federspiel, müßtest du es ebenso spüren wie ich.« Der Zwilling ballte die Fäuste. Seine Schultern sanken herab. »Du hast recht«, gab er zu. »Ich spüre sie wieder.« »Was  du  vermutlich  schon  seit  einer  Dreiviertelstunde  getan 

hättest, wenn die  Sorge dich  nicht  verrückt  gemacht  hätte«,  sagte Atlan.  »Nämlich  seit  dem  Augenblick,  in  dem  die Geistererscheinungen an Bord aufhörten.« »Ihre  Todesahnungen  hingen  damit  zusammen«,  flüsterte 

Federspiel.  »Sie  hat  seit Wochen  gewußt,  was  geschehen  würde, oder?« »Etwas geahnt«, stimmte Atlan ihm nur halbwegs zu. »Bjo?« »Nichts da«,  erklärte der Katzer. »Sie  träumt nicht einmal. Auch 

vorher waren ihre Gedanken vollkommen unzugänglich. Uns bleibt nichts  anderes übrig,  als wieder  zu warten. Du kannst nichts  tun, Atlan – hier nicht.« Es  fiel  dem  Arkoniden  schwer,  SOL‐City  jetzt  zu  verlassen.  Er 

mußte sich einen Ruck geben. »Ihr wißt ja, wo ich bin«, sagte er halblaut. Auf dem Korridor kam ihm Nockemann entgegen, der versicherte, 

er  werde  jetzt  Sternfeuer  untersuchen,  nachdem  er  eine  weitere Dosis des Beruhigungsmittels in CptʹCarchs Bad gegeben hatte und dieser ruhiger geworden war. »Ich  bin  aber  schon  jetzt  davon  überzeugt,  daß  sie  vollkommen 

normal  und  gesund  ist,  Atlan«,  erklärte  der  Genetiker.  »Sag  das auch Hayes, wenn  der  glaubt,  daß  der  Grund  für  die  Loslösung ihres Bewußtseins in dem fremden Schiff zu suchen sei. Wer immer es bewirkte, sorgte dafür, daß sie davon unversehrt blieb.« Vollkommen sicher war der Arkonide sich dessen nicht, als er die 

Zentrale betrat, wo die Hektik sich einigermaßen gelegt hatte. Der Doppeldiskus stand unverändert in fünf Kilometern Abstand 

zur SOL  im Raum. Alle Kommunikationsversuche brachten keinen Erfolg. 

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Insider saß festgeschnallt  in einem Sitz und befand sich nach wie vor  in Trance. Allerdings gab er nun nichts mehr von sich. Was er geredet hatte, hatte nicht ausgereicht, um einen Translator mit der erforderlichen Mindestmenge der fremden Worte zu speisen. Atlan berichtete knapp von Sternfeuers Wiederauftauchen. Hayes 

hörte nur mit halbem Ohr zu, ohne den Blick von den Schirmen zu nehmen.  In Gedanken war er dort drüben, auf dem Fremdraumer, und so überraschte seine Ankündigung nicht mehr, als er erklärte: »Ich  werde  ein  Erkundungskommando  hinüberschicken,  wenn 

wir  auch  in  einer  Stunde noch keine positive Reaktion  auf unsere Bemühungen haben. Ich werde selbst an Bord sein.« »Du wirst auf der SOL gebraucht, Breck«, widersprach Atlan. »Laß 

mich und Bjo gehen. Möglicherweise können wir nur durch  einen Telepathen Kontakt aufnehmen. Außerdem möchte  ich Sanny und Argan U dabeihaben. Beide können auf  ihre Art nützlicher sein als ein Dutzend Solaner.« Nach  kurzem Zögern  stimmte  der High  Sideryt  zu. Der  Protest 

einiger  Stabsspezialisten  um  Gallatan  Herts  blieb  erfolglos,  als Atlans  Vorhaben  auch  aus  den  Zentralen  der  beiden  SOL‐Zellen befürwortet wurde. Die Frist verstrich ohne Ergebnis. Atlan benachrichtigte Breiskoll, 

den Puschyden und die Molaatin in SOL‐City, wo Nockemann ihm bestätigen  konnte,  daß  Sternfeuers  Zustand  den  Umständen entsprechend tatsächlich zufriedenstellend sei. Mit  Hayesʹ  Segen  und  in  frischen  Kombinationen  und  leichten 

Raumanzügen  begaben  sich  die  vier  in  einen  von  der  Zentrale angewiesenen  Hangar,  wo  schon  eine  Space‐Jet  einsatzbereit gemacht worden war. »Ich frage mich«, sagte Bjo, als das Beiboot sanft in den Weltraum 

gehoben wurde, »ob dort drüben überhaupt  jemand  lebt. Vielleicht ist es ein Totenschiff oder ein Robotraumer. Leben spüre ich nämlich nicht.« Die lichtübersäte Hantel der SOL stand wie eine glitzernde Wand 

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hinter der Space‐Jet, als sich diese dem Doppeldiskus bereits bis auf etwa die Hälfte der Distanz genähert hatte. Die Situation hatte etwas Unwirkliches. Das Schiff stand schräg zur Längsachse der SOL, die von  einem  Pol  zum  anderen  selbst  schon  sechseinhalb  Kilometer maß.  So wirkten  die  beiden Raumer,  zwischen  denen  die  Jet  sich bewegte,  als  hätten  sie  sich  zu  einem  Rendezvousmanöver eingefunden. »Wir  hätten  besser  in  Raumanzügen  hinüberfliegen  können«, 

bemerkte  Argan  U.  »Die  Leute  in  der  Zentrale  müssen  wirklich starke  Nerven  haben.  Für  sie  muß  die  Annäherung  dieses Doppeldeckers  ja  ausgesehen  haben,  als  wollte  er  sie zerschmettern.« »Doppeldecker?« fragte Bjo irritiert. »Das  ist wieder einer von den dummen Ausdrücken, den er den 

Solanern abgehört hat«, tadelte Sanny. Atlan  konzentrierte  sich  auf  den  Flug.  Es  fiel  selbst  ihm  nicht 

leicht,  sich  von  den  Größenverhältnissen  nicht  beeindrucken  zu lassen. »Immerhin  fünf Kilometer«,  sagte  er, »von denen wir noch zwei 

zurückzulegen haben.« »Wann willst du stoppen?« erkundigte sich Bjo. Er wußte es selbst nicht. Breiskoll versuchte unablässig, doch noch 

einen Funkkontakt herzustellen. Das gleiche geschah von der SOL aus,  wo man  darauf  zu  hoffen  schien,  daß  die  Annäherung  des Beiboots den oder die Unbekannten  an Bord des Doppeldiskusses doch noch aus der Reserve lockte. Nichts  geschah. Atlan wäre  bereit  gewesen,  selbst  an  ein Toten‐ 

oder Robotschiff zu glauben, wenn er nicht die unzähligen Lichter in der blauen Hülle vor sich schimmern gesehen hätte. Weiter  glitt  die  Jet  im  Schutz  ihrer  Abwehrschirme  auf  den 

Fremdraumer zu. Wenn Bjo nicht auf allen Frequenzen funkte, hielt er  den  Kontakt  zum  Mutterschiff.  Hayes  konnte  keine  neuen Beobachtungen  melden.  Falls  sich  lebende  Wesen  an  Bord  des 

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Raumers befanden, so warteten sie. Aber warum? Der  Abstand  verringerte  sich  zusehends.  Atlan  drosselte  die 

Geschwindigkeit. Trotz seiner  im Vergleich zur SOL  fast  lächerlich geringen Größe wirkte der Doppeldiskus, der nun schräg über der Space‐Jet  stand,  drohend  und  mächtig.  Durch  die  transparente Kuppel waren jetzt unzählige Einzelheiten zu erkennen. »Noch achthundert Meter«, sagte Sanny. »Willst du auf einer der 

Plattformen landen, Atlan?« »Bjo?« »Nichts. Keine  Reaktion  und  keine Gedankenimpulse, wenn  du 

das  meinst.  Aber  das  hat  nicht  viel  zu  besagen.  Sternfeuers Gedanken  konnte  ich  ja  auch  nicht  empfangen,  als  sie  als  bloßes Bewußtsein durch die SOL irrte.« »Oha!« machte Argan U. »Was, oha?« »Der Vergleich. Du hast dich  soeben verraten, mein Freund. Du 

denkst, daß an Bord des Doppeldeckers bloße Bewußtseine leben.« »Ach, Unsinn!« wehrte der Katzer ab – etwas zu heftig. »Wir  nähern  uns  bis  auf  dreihundert  Meter«,  entschied  Atlan. 

»Wenn  auch  dann  keine  Reaktion  erfolgt  ist,  umkreisen  wir  das Schiff und vermessen es. Geschieht auch dann nichts, versuchen wir anzudocken.« Hayes mahnte zur Vorsicht. Die Unterseite des unteren, kleineren 

Diskus zog wie eine stählerne Landschaft mit vielen unterschiedlich großen und geformten Erhebungen über den vieren dahin. Als  der  Abstand  von  dreihundert  Metern  erreicht  war,  nickte 

Atlan grimmig. »Also wollen sie es nicht anders. Wir sehen uns zuerst die untere 

Scheibe an, dann die obere.« »Ich weiß nicht …«, murmelte Bjo. Er brauchte nichts weiter zu  sagen. Plötzlich  spürten  sie alle die 

Eiseskälte, die  ihnen von dem blauen Metall entgegenschlug. Atlan versuchte  ruhig  zu  bleiben.  Nichts  deutete  auf  einen 

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bevorstehenden Angriff hin. Es war unlogisch, einen solchen gerade jetzt  zu  erwarten  –  in unmittelbarer Nähe des Raumers, wo  er  im Fall  einer  Explosion  der  Jet  selbst  gefährdet  war.  Die  Fremden hätten  viel  früher  zuschlagen  können,  wäre  dies  in  ihrem  Sinn gewesen. Doch das Gefühl der Bedrohung blieb und verstärkte  sich noch. 

Atlan preßte die Zähne aufeinander und zog die Jet in die Höhe, als sie  unter  der  kleineren  Plattform  vorkam. Die Aufzeichner  liefen. Alle möglichen Werte wurden  gespeichert,  Bilder  direkt  zur  SOL gefunkt.  Wie  auch  bisher,  war  keinerlei  nennenswerte Energieentfaltung mehr zu orten, seitdem das Schiff zum Stillstand gekommen war. Um  so  alarmierter  reagierten  die  Erkunder,  als  die  Instrumente 

urplötzlich wild  auszuschlagen  begannen.  Für den Bruchteil  einer Sekunde wurden schier unglaubliche Werte angezeigt. Bjo Breiskoll stieß Atlan mit dem Ellbogen an – und erstarrte vor Entsetzen. Der Arkonide hing schlaff in den Gurten. Seine weit aufgerissenen 

Augen waren wie die eines Toten. Sanny bemerkte die Veränderung als letzte. Sie hatte den Kopf in 

den Nacken gelegt und deutete hinauf zur oberen Scheibe. »Eine dieser Antennen hat sich auf uns gerichtet! Seht doch! Bjo, 

Atlan!« »Er sieht nichts mehr«, brachte der Katzer heiser hervor. »Und das 

da oben ist keine Antenne, sondern eine Waffe.« Das Bewußtsein sah, hörte und  fühlte ohne die Sinnesorgane des 

Körpers, der unter ihm zurückblieb. Es sah den Körper, aus dem es gerissen worden war, sah die entsetzten Gesichter der Freunde, sah die  Space‐Jet  immer  kleiner werden  und  scheinbar  in  die  endlose Tiefe des Weltalls stürzen. Atlan hatte  insgeheim die ganze Zeit über mit  etwas Ähnlichem 

gerechnet. Jetzt jedoch, als er vom Sog aus dem Nichts immer weiter fort von allem Vertrauten gerissen wurde, spielten diese nüchternen Erwartungen  und Überlegungen  keine  Rolle mehr. Nackte Angst 

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würgte ihn. Er wollte zurück, sträubte sich voller Grauen gegen das Schicksal, 

das  ihm  widerfuhr.  Eine  endgültige  Trennung,  Abschied  vom Leben, wie  er  es mehr  als  zwölftausend  Jahre  lang  gekannt  hatte. Dieser  eine  Gedanke  beherrschte  ihn,  löschte  alle  rationalen Überlegungen  aus.  Atlan wollte  sich  festklammern,  aber  er  hatte keine Hände mehr, und um ihn herum war nur die Kälte. Er wollte schreien, doch keine Lungen preßten das Entsetzen  aus der Kehle des Körpers, den er nun schon nicht mehr als solchen zu erkennen vermochte. Weiter riß es ihn fort, in schwindelnde Höhen, weit über das Boot, 

den Doppeldiskus und die mächtige Hantel der SOL. Die drei Schiffe glänzten wie Juwelen vor dem Funkeln der fernen 

Sterne  und  Galaxien.  Bilder,  Gedankenfetzen  und  Erinnerungen wirbelten um den Schmerz und die Angst. Bilder von Menschen, die den Tod überlistet und davon berichtet 

hatten,  wie  ihr  Bewußtsein,  ihre  Seele  sich  löste  und  in  ein wundervolles, überweltliches Licht hineintrieb. Gedanken, die, zusammenhanglos und wirr zwar,  immer wieder 

zu  einem  Punkt  zusammenfanden:  die  Vorstellung,  die  auch  ein Unsterblicher  sich  vom  Augenblick  des  Todes  und  dem  Danach gemacht  hatte.  Ein  Name:  Ernst  Ellert.  Die  Erinnerung  an  die Begegnungen mit dem Reisenden durch die Ewigkeiten und dessen Berichte. Aber  um  Atlan  herum  war  kein  solches  Licht,  kein  Meer  der 

Freude und der Erfüllung, kein  leuchtender Punkt  am Ende  eines langen, dunklen Tunnels. Da war nur Chaos, das im Zentrum seines Seins entstand. Und er war nicht Ellert, dem es gegeben schien, als bloßes Bewußtsein durch das Universum zu  reisen. Sein Platz war an Bord der SOL, in seinem Körper, unter den Menschen! Helft mir doch!  schrie  es  in  ihm. Bjo,  Sanny, Argan  – holt mich 

doch zurück! Er hatte kein Zeitgefühl mehr, keinen  Sinn  für Entfernungen. Er 

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wußte  nicht, wie  lange  er  sich  so  dagegen  sträubte,  eine  Realität anzuerkennen, die nicht von ihm geschaffen worden war und gegen die er nichts auszurichten vermochte. Plötzlich  war  Stille  in  ihm.  Eine  Ruhe,  so  tief  wie  vorher  das 

Entsetzen,  ergriff  von  ihm Besitz, und  er  sah, daß  er  noch  immer über den Schiffen war – und nicht länger allein. Er  »sah«  den  anderen  nicht.  Es  war  ein  Spüren,  ein  Wissen 

selbstverständlicher als jede normalsinnliche Wahrnehmung. Der  andere näherte  sich, umschwebte  ihn und drang  in  ihn  ein. 

Atlan gewann die Klarheit des Denkens zurück und wußte, daß sein Bewußtsein im Augenblick der größten Annäherung an das fremde Raumschiff vom Körper getrennt worden war – ebenso wie es mit Sternfeuers  Geist  geschehen  war.  Nun  empfand  er  es  als  etwas Selbstverständliches. Ohne  jede  Erregung  konstatierte  er  den  Zusammenhang. Allein 

die  Tatsache,  daß  nur  er  betroffen war  und  nicht  auch  seine  drei Begleiter, verwirrte ihn. Wir hatten recht! dachte er, an den anderen gewandt. Wir wagten 

nicht wirklich daran zu glauben, aber wir wußten es alle! Du hast es bewirkt, mit deinem Raumschiff – aber über welche Entfernung! Etwas  regte  sich  in  ihm,  etwas,  das  nicht  aus  ihm  selbst 

herauskam. Atlan empfand die Enttäuschung dennoch genauso, als wäre sie seine eigene. Es war ein Fehler! wisperte es lautlos in ihm. Was? Er versuchte, den anderen zu erfassen. Obwohl näher, als sich dies 

zwei  Körperliche  jemals  sein  könnten,  waren  sie  durch  eine unsichtbare  Barriere  voneinander  getrennt.  Atlan  hatte  den Eindruck, daß der andere alles von  ihm wußte, sich selbst aber mit einem Mantel der Unantastbarkeit umgab. Nur  eines  fühlte Atlan instinktiv:  dieser  andere  war  wie  er  materielos,  doch  nicht  nur vorübergehend. In eurer Space‐Jet sind die  falschen Wesen, empfing er. Nicht  jene, die 

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ich erwartete! Wozu?  dachte  das  Bewußtsein.  Unwillkürlich  entstanden  die 

Gedankenbilder von Sternfeuer und  Insider  in  ihm. Hatte es Sinn, dies vor dem anderen zu verbergen? War es überhaupt möglich? Als er keine Antwort erhielt, dachte Atlan noch  intensiver an sie. 

Doch auch das blieb ohne Erfolg. Nur  wenn  die  Richtigen  zu  mir  kommen,  vernahm  er,  kann  die Vereinigung stattfinden und der Schalter unschädlich gemacht werden! Schalter! Ein Impuls, eine Frage mit ungestümer Wucht. Die  Erinnerung  an  das,  was  Bjo  aus  Carchs  Gedanken 

herausgelesen  hatte.  Vereinigung!  Du  hast  uns  die  Botschaft übermittelt!  Was  erwartest  du?  Was  ist  der  Schalter,  was  ist Vasterstat? Wer  soll  sich mit  wem  vereinigen?  Sage  es!  Sage  es, wenn du gekommen bist, um uns zu helfen oder Hilfe von uns zu verlangen! Die Antwort war  Schweigen. Atlans Bewußtsein  spürte, wie der 

andere  sich von  ihm zu  lösen begann. Es wollte nach  ihm greifen, ihn zurückhalten, ihn zwingen, die Antworten auf all die ungelösten Fragen zu geben. Was sind die Gefahren des Bösen? Es war sinnlos. Der andere trieb davon. Bringe  die  Richtigen!  hallte  es  in  ihm.  Nur  dann  können  wir gemeinsam gegen … Der Rest war bereits unverständlich – oder nicht mehr  für Atlan 

bestimmt,  dessen  quälende  Fragen  den  Materielosen  nicht  mehr einholten. Stille umgab das Bewußtsein – nie gekannt und doch mit so vielen 

Fragen angefüllt. Ein Kreis  schien  sich zu  schließen und doch erst auf zutun. Was hatte an Bord der SOL seinen Anfang genommen? Was begann hier? Das Bewußtsein trieb über den Lichtern der Schiffe. Sinne, die kein 

Körperlicher  jemals zu aktivieren vermochte, tasteten in die Weiten des Alls, richteten sich auf den fremden Raumer, ohne den anderen 

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wiederfinden  zu  können.  Und  doch war  er  da,  verborgen  hinter unsichtbaren und unbegreiflichen Barrieren. Verzweifelt versuchte Atlan, seine Existenz als bloßes Bewußtsein 

zu ergründen, eine Möglichkeit zu finden, sich aus eigener Kraft zu bewegen,  auf den Doppeldiskus  zu. Es war von vorneherein  zum Scheitern verurteilt. Jähe  Hoffnung  keimte  noch  einmal  in  ihm  auf,  als  er  wieder 

glaubte, nicht allein zu sein. Jemand – oder etwas – beobachtete ihn. Doch  bevor  er  sich  auf  diese  Quelle  konzentrieren  vermochte, 

waren die Kräfte wieder da, die ihn mit sich rissen – diesmal jedoch nicht weiter von den drei Schiffen fort, sondern genau auf eines von ihnen  zu,  auf  das  kleinste.  Atlan  stürzte  darauf  zu,  sah  seinen Körper und …   

*  »Atlan!« Die Stimme kam wie aus weiter Ferne. Er kannte sie. Sie gehörte 

… »Atlan!« Jemand  rüttelte  ihn  an  den  Schultern.  Er  schnappte  nach  Luft, 

schlug die Augen auf und sah Bjo Breiskoll über sich gebeugt, der sich von seinem Sitz losgeschnallt hatte. »Er lebt!« rief jemand aus dem Hintergrund. »Sanny, er lebt!« Das war … Argan U. Die  Benommenheit  wich  von  ihm.  Atlans  Arme  kamen  ganz 

langsam hoch,  legten sich auf die Lehnen und schoben den  trägen Körper an der Rückenlehne in die Höhe. »Ich muß mich wohl erst wieder an ihn gewöhnen«, hörte er sich 

sagen und erschrak fast vor dem Klang der eigenen Stimme. Eigentlich war es lächerlich. Er konnte nur für ganz kurze Zeit von 

seinem Körper getrennt gewesen  sein  – und dennoch kam  es  ihm 

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wie eine halbe Ewigkeit vor. Er bewegte die Finger, die Füße. »Ich hatte eine Begegnung«, erklärte er. »Wo?« fragte Bjo bestürzt. »Um Himmels willen, wo?« »Was weiß ich! Irgendwo dort oben über den Schiffen, falls es für 

ein bloßes Bewußtsein eine räumliche Dimension gibt. Ein ebenfalls Materieloser  drang  in mein Denken  ein  und  verschwand wieder, nachdem er enttäuscht feststellte, daß wir nicht die Richtigen seien – nicht die, die er erwartet hatte.« Atlan  berichtete  so  knapp  wie  möglich  über  den  kurzen 

Gedankenwechsel. »Und diese Richtigen befinden  sich  an Bord der  SOL«,  stellte  er 

abschließend  fest.  »Sternfeuer  gehörte  zu  ihnen.  Und  sie  war  es auch, von der ich mich beobachtet fühlte, nachdem der Materielose in sein Schiff zurückgekehrt war.« »Du bist dir da ganz sicher?« fragte Sanny, die sich als erste fing. 

»Daß es aus dem Doppeldiskus kam?« »Nenne mir eine andere Möglichkeit, Sanny.  Ich sehe keine. Und 

was Sternfeuer betrifft, so werden wir bald wissen, ob ich mich nur beobachtet fühlte, oder ob sie tatsächlich da war.« »Wir kehren zur SOL zurück?« fragte Bjo. »Das wird Breck freuen. 

Du hättest  ihn  toben hören  sollen, als du wie  ein Toter  in deinem Sitz hingst. Ich habe die Verbindung schließlich unterbrochen.« »Dann  stelle  sie wieder her und  sage  ihm, daß wir kommen. Er 

soll  Hage  fragen,  ob  Sternfeuer  ebenfalls  wieder  in  diese  Starre verfallen  ist  oder  war.  Außerdem  will  ich,  daß  sie  und  Insider zusammengebracht werden, sobald wir an Bord sind.« »Da  ist noch etwas, das du wissen solltest«, sagte der Katzer. »In 

dem  Augenblick,  in  dem  dein  Körper  erstarrte,  war  einer  dieser riesigen  Projektoren  an  dem  oberen  Diskus  auf  uns  gerichtet. Gleichzeitig schlugen die Energieorter aus. Wir haben keine Werte, mit denen wir viel anfangen können. Aber  für mich steht  fest, daß dieser Projektor die Loslösung deines Bewußtseins bewirkte.« »Was dafür  spricht, daß der Materielose von diesem Schiff kam. 

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Die  Energieentfaltung muß  auch  in  der  SOL  angemessen worden sein. Vielleicht wissen Breck und die anderen schon mehr.«   

*  Breckcrown  Hayes  warf  Bjo  Breiskoll  einen  nicht  gerade  sehr freundlichen Blick zu, als die vier Rückkehrer die Zentrale betraten. Dann musterte er Atlan mit einem Stirnrunzeln. »Ich  bin  nicht  recht  schlau  aus  dem  geworden,  was  ihr  bisher 

berichtet habt«,  sagte  er.  »Dein Bewußtsein  ist  also  auch  aus dem Körper gelöst worden?« Atlan mußte noch einmal erzählen und seine Eindrücke während 

der Körperlosigkeit genau schildern. »Was ist mit Sternfeuer?« fragte er schließlich. »Das,  was  du  erwartet  hat.  Sie  befand  sich  wieder  in  diesem 

Zustand des Scheintods. Jetzt ist sie wach und reagiert völlig normal auf  ihre Umwelt, wie Nockemann versichert. Ich habe Insider nach SOL‐City  bringen  lassen,  aber  die  beiden  noch  nicht zusammengeführt.« »Danke,  Breck.  Ich  habe  noch  einen  vergessen,  der  dazugehört. 

Sanny  mußte  mich  erst  daran  erinnern,  als  sie  eine  ihrer unmöglichen Logikberechnungen anstellte.« »Carch?« vermutete Hayes. »Genau der. Der Einfluß, vor dem er sich fürchtete, kann nur auf 

den Materielosen zurückzuführen sein. Außerdem nannte er uns, ja, ohne es zu wissen, diese Begriffe. Insider sprach von Vasterstat, und der Materielose wartet darauf, daß die Richtigen zu  ihm kommen, um eine Vereinigung herbeizuführen und diesen ominösen Schalter unschädlich  zu  machen.  Sanny  ist  übrigens  aufgrund  ihrer Berechnungen jetzt fest davon überzeugt, daß der Doppeldiskus nur von  einem  einzigen Wesen  gesteuert wird  –  nämlich  von  diesem Materielosen.« 

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»Das hast du selbst schon vermutet.« »Schon«,  gab  der Arkonide  zu.  »Aber  völlig  sicher war  ich mir 

dessen  nicht,  zumal  der  Fremde  auf  meine  entsprechenden Gedanken  nicht  reagierte.  Niemand  von  uns  begreift  Sannys Fähigkeiten,  aber  sie  hat  uns  noch  nie  etwas  Falsches  errechnet, oder?« Hayes  schwieg und drehte  sich zu den Schirmen um, auf denen 

der Doppeldiskus zu sehen war. »Das  ist mir  alles  zu phantastisch!« begehrte Gallatan Herts  auf. 

»Wir sollten uns nicht darauf einlassen.« »Worauf?« erkundigte sich Bjo. »Na,  diese  drei  zu  dem Unbekannten  zu  bringen. Das  habt  ihr 

doch vor, oder warum wollt ihr sie zusammenführen?« »Weil  ich mir davon Antworten erhoffe«, sagte Atlan. »Vielleicht 

löst die Gegenüberstellung etwas in ihnen aus.« Herts lachte rauh und winkte ab. »Bevor  du  zu  ihnen  gehst,  solltest  du  dir  anhören,  was  wir 

inzwischen feststellen konnten«, sagte Hayes. »Ganz untätig waren wir  auch  nicht. Wir  haben mit  SENECAs Hilfe den Doppeldiskus exakt vermessen und auch die Energieemissionen während der Zeit analysiert,  die  du  als  losgelöstes  Bewußtsein  außerhalb  deines Körpers verbrachtest. Dieser Zustand dauerte übrigens genau sieben Minuten und fünfzehn Sekunden an.« »Moment«, unterbrach Bjö  ihn. »Die Emission dauerte nur  einen 

Sekundenbruchteil!« Hayes  lächelte schwach und  ließ sich von einem Mann eine Folie 

reichen. Er hielt sie so, daß Atlan, Breiskoll, Sanny und Argan U die darauf verzeichneten Kurven sehen konnten. »Der  Primärstoß  dauerte  einen  Sekundenbruchteil,  Bjo.  Genauer 

gesagt,  zwölf  Nanosekunden.  Mit  diesem  Stoß  wurde  dein Bewußtsein aus dem Körper gelöst, Atlan. Während der gesamten Zeit, die verging, bis du  in deinen Körper zurückkehrtest, bestand aber  ein  viel  schwächerer  Energiefluß  fort,  den  nur  die 

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empfindlichen  Instrumente  der  SOL  registrieren  konnten.  Er  kam übrigens nicht aus dem großen Fokussierungsarm, den ihr auf euch gerichtet  saht,  sondern  von  einem  der  kleineren  Projektoren,  den wir ›Dislozierungsprojektor‹ genannt haben.« »Dislozierungsprojektor?« Hayes nickte bekräftigend. »Eine Waffe,  die  für  die Dauer  des  Einsatzes Körper  und Geist 

eines  Wesens,  auf  das  sie  gerichtet  ist,  voneinander  trennt.  Die Vereinigung  erfolgt  erst  nach  Abschalten,  was  die  zeitliche Übereinstimmung  zwischen  dem  Ende  des  Energieflusses  und deinem  Erwachen  im  eigenen  Körper  beweist,  Atlan.  Nach  der Rückkehr des Bewußtseins treten keine geistigen oder körperlichen Schäden  auf. Der Körper des Betroffenen wirkt  tot oder  scheintot, zerfällt  oder  verwest  jedoch  auch  bei  längerer  Trennung  offenbar nicht.« »Und dieser Fokussierungsarm?« fragte Sanny. »Vermutlich  ein  Thermogeschütz.  Seid  froh,  daß  unser 

Unbekannter  keine  Veranlassung  sah,  von  ihm  Gebrauch  zu machen.« »Wer Waffen besitzt, gebraucht sie auch«, knurrte Herts. Atlan  nahm  die  Folie  und  studierte  sie,  bevor  er  sie  an  Sanny 

weitergab. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn und seufzte. »Das  ist alles ein bißchen viel auf  einmal, Breck. Wir ziehen uns 

jetzt  nach  SOL‐City  zurück, wo  ich  Sternfeuer,  Insider  und Carch zusammenbringe.  Sternfeuer  spukte  während  ihrer  Starre  nicht wieder in der SOL herum?« »Nein. Es gibt keine Geistererscheinungen an Bord mehr.« »Und die Solaner?« »Sie sind unruhig und fordern den sofortigen Aufbruch. Willst du 

es ihnen verdenken? Lange kann ich sie nicht mehr hinhalten.« Atlan gab seinen Begleitern ein Zeichen. Schon im Ausgang, blieb 

er noch einmal stehen und drehte sich um. 

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»Habt  ihr  eine  Vorstellung  von  der  Reichweite  dieses Dislozierungsprojektors,  Breck?  Er  wirkte  auf  Sternfeuer,  als  der Doppeldiskus  vielleicht  noch  tausend  Lichtjahre  von  uns  entfernt war …«   

*  Sternfeuer befand sich  im Konferenzraum, den Roboter  inzwischen vom  penetranten  Gestank  der  gelben  Flüssigkeit  befreit  hatten. Insider  und  Carch,  der  sein  Bad  verlassen  hatte  und  nach Nockemanns Versicherung wieder »völlig der Alte« war, warteten in getrennten Kabinen. Atlan gönnte sich eine kurze Ruhepause und tastete sich an einem 

Getränkeautomaten  einen  starken Kaffee.  Es  erschien  ihm  ratsam, sich  zunächst  einmal  mit  der  Telepathin  zu  unterhalten,  was dadurch erschwert wurde, daß Federspiel nun mit Argusaugen über sie  wachte  und  sich  vehement  dagegen  sträubte,  daß  ihr  Leben wegen eines Experiments aufs Spiel gesetzt würde. Sie  saß dem Arkoniden gegenüber,  als  erwartete  sie ungeduldig 

seine  Fragen. Gleichzeitig  jedoch war  ein  gewisser  Trotz  in  ihren Augen zu sehen. »Ich erinnere mich auch  jetzt an nichts«, begann sie von sich aus. 

»Man hat mir  ja vieles erzählt, und ich kann nur sagen, ich halte es für Unsinn! Etwas geschieht mit mir, das streite  ich nicht ab. Aber daß  ich Carch und so vielen anderen als Geist erschienen sein soll, noch  dazu  als  einer,  der  Carch  lockte,  kann  und  will  ich  nicht glauben. Du warst von deinem Körper getrennt, Atlan. Du erinnerst dich  an  alles,  was  dein  Bewußtsein  während  dieser  Zeit  erlebte. Aber dann müßte ich es ja auch können!« »Die  Betroffenen  haben  dich  einwandfrei  als  den  Spuk 

wiedererkannt, der ihnen erschien«, stellte Atlan nüchtern fest. »Das sind die Tatsachen.« 

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»Massenhysterie! Sie glauben, mich gesehen zu haben. Sie waren verunsichert  und  griffen  nach  dem  Strohhalm,  den  Breck  und  du ihnen  reichtest.  Ihr  hättet  ihnen  ein  Bild  von  einem  beliebigen anderen  zeigen  sollen,  und  sie  hätten  beschworen,  daß  er  ihnen erschien.« »Und deine Todesahnungen?« »Die  stehen auf einem anderen Blatt.  Ich  sagte  ja, daß etwas mit 

mir  geschieht.  Aber  darum  muß  ich  noch  nicht  in  der  SOL herumspuken.« Sie wußte  es  besser. Vor den Erkenntnissen der  letzten  Stunden 

konnte auch sie sich nicht verschließen. Warum also sträubte sie sich so  sehr  gegen  die  Einsicht?  »Du  quälst  sie!«  fuhr  Federspiel  auf. »Siehst du das nicht?« Atlan geriet  ins Schwanken. Konnte er es wirklich verantworten, 

die Telepathin zu Carch und Insider zu bringen? Sie nahm ihm die Entscheidung ab. »Bring  uns  drei  zusammen,  und  du wirst  selbst  sehen,  daß  ihr 

euch  alle  etwas  vormacht.  Trink  deinen  Kaffee  aus  und  laß  uns gehen. Je eher diese lächerliche Geschichte vorbei ist, desto besser.« »Aber …!« rief Federspiel. »Es muß sein!« Sie  stand  auf  und  ging  zum  Ausgang.  Atlan  folgte  ihr  mit 

gemischten Gefühlen. Hage  Nockemann,  Joscan  Hellmut,  Bjo  Breiskoll  und  Sanny 

warteten  in dem Raum, der  für die Gegenüberstellung vorgesehen worden war. Sternfeuer  lehnte  sich  trotzig mit dem Rücken gegen eine Wand und tat so, als ginge sie das alles nichts an. Das änderte sich schlagartig, als Argan U mit CptʹCarch erschien. 

Der Extra sah sie und schrak zurück. U schloß die Tür, um  ihn am Herauslaufen zu hindern. »Sag ihnen, daß es Unsinn ist, Carch!« forderte Sternfeuer ihn auf. »Du … lebst!« zirpte es schrill aus Carchs Rückenmembrane. »Ja, warum denn nicht! Carch, wenn du jetzt auch noch …« 

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Sie verstummte,  als nun  auch  Insider  erschien. Der Grünhäutige wirkte abgespannt, müde. Atlan beobachtete  ihn, als er sich setzte. Aus den Augenwinkeln  heraus  registrierte  er dabei  verblüfft, wie Sternfeuer und Carch ruhiger wurden. Die drei vermieden es, sich gegenseitig anzusehen. Niemand sagte 

mehr etwas. Atlan brach das Schweigen, als er  sich anschickte,  sie mit den Fakten, so wie sie sich bisher darstellten, zu konfrontieren. Er  brachte  den  ersten  Satz  nicht  zu  Ende.  Federspiel  schrie 

gepeinigt auf, als Sternfeuers Körper erschlaffte und zu Boden sank. Im  gleichen  Moment  knickten  auch  Carchs  Beine  ein.  Der Bananenkörper  rutschte  ein Stück über den glatten Belag und  zog dabei  eine  gelbe  Spur  hinter  sich  her,  bis  er  vollkommen  reglos liegenblieb. Sofort war Hage Nockemann bei ihm. Federspiel stand breitbeinig 

vor  der Zwillingsschwester  und  schien  dazu  bereit  zu  sein,  jeden mit  seinen  Fäusten  aufzuhalten,  der  es  wagen  sollte,  sich  ihr  zu nähern. Doch weder  ihm noch Sternfeuer, weder Carch noch Nockemann 

galt  in diesen Sekunden Atlans Verblüffung. Der Arkonide  starrte aus weit aufgerissenen Augen Insider an, der sich erhoben hatte und wie einem Jungbrunnen entstiegen wirkte. Da war nichts mehr von der Erschöpfung und Müdigkeit, die er eben noch gezeigt hatte. Der Extra  stand kerzengerade  in der Mitte des Raumes, und  in  seinen Augen war  ein  Feuer,  das Atlan  einen  kalten  Schauder  über  den Rücken jagte. Atlan machte unwillkürlich einen Schritt zurück. »Will uns vielleicht  endlich  jemand  sagen, was das  zu bedeuten 

hat?« rief Joscan Hellmut aus. Insider  drehte  sich  langsam  zu  ihm  um.  Ein  geheimnisvolles 

Lächeln umflog seine Lippen. »Wißt  ihr  es denn nicht?«  fragte  er  ruhig.  »Es  ist begonnen.« Er 

deutete auf die beiden reglosen Körper am Boden. »Sie sind in mir. Ich bin nun drei Wesen in einem. Die Hülle, die ihr vor euch seht, ist 

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jedoch  nur  das  Transportmittel.  Bringt mich  nun  in  den Hort  des Erwachten – in Oggars HORT!«   

8.  Hinter Atlans Stirn  jagten  sich die Gedanken. Zu vieles galt  es zu verarbeiten  und  in  einen  Sinnzusammenhang  zu  bringen.  Zu phantastisch waren die Perspektiven, die sich hier und  jetzt für ihn auftaten. So klammerte  sein Bewußtsein zunächst  einmal alles das aus, was unbegreifbar erschien – und hielt sich an das, was klar und deutlich zu erkennen war. Sternfeuer und Carch als Bewußtseine in Insider! Der Hort des Erwachten – das war ein weiteres Stück in dem Puzzle, 

dessen Teile von Carch hingeworfen worden waren. Der Erwachte – wer  anderer  konnte  nun  noch  damit  gemeint  sein  als  der geheimnisvolle Beherrscher des fremden Schiffes, der Materielose! Insider  hatte  ihm  einen Namen  gegeben: Oggar. Das  Schiff war 

Oggars HORT. Die Vereinigung hatte stattgefunden – oder bedurfte es noch einer weiteren, einer vierten Komponente? »Nein!«  schrie  Federspiel.  Wie  von  Sinnen  wollte  er  sich  auf 

Insider stürzen. Bjo Breiskoll konnte ihn gerade noch zurückreißen. »Nein!  Du  gibst meine  Schwester  frei,  oder  ich  schwöre  dir,  ich bringe dich um! Du wirst mit ihr nirgendwohin gehen!« Bjo  schlug  ihm drei‐,  viermal mit der  flachen Hand  ins Gesicht. 

Federspiel wand sich unter seinem Griff. Die Augen traten ihm aus den  Höhlen.  Ein  Ruck  ging  durch  seinen  Körper.  Dann  lag  er besinnungslos in Breiskolls Armen. »Es  ist wahr«, sagte Bjo. »Ich kann dumpf  fühlen, daß Sternfeuer 

und Carch  in Insider sind, aber nicht nur sie. Da  ist noch  jemand – oder etwas.« »Oggar«,  hörte  Atlan  sich  flüstern.  »Der  Materielose  aus  dem 

Schiff. Er muß in ihnen präsent sein wie vorhin in mir.« 

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»Bringt mich  zum HORT!« wiederholte  Insider  seine Forderung. Erst  jetzt wurde  dem  Arkoniden  bewußt,  daß  die  Ruhe,  die  der Grünhäutige  ausstrahlte,  die  Emotionslosigkeit  eines Wesens war, das  nicht mehr wirklich  der Herr  seines Willens war  –  die  Ruhe eines Gelenkten. »Du  wirst  doch  nicht  darauf  eingehen?«  fragte  Hellmut.  »Du 

kannst sie doch nicht ins Ungewisse schicken!« »Wer  sagt  uns,  daß  wir  diese Wahl  noch  haben?«  lautete  Bjos 

Gegenfrage.  »Daß  das,  was  Insider  kontrolliert,  nicht  längst  alle Weichen  gestellt  hat?  Ist  es  der Materielose  aus  dem  Schiff,  dann haben  wir  genau  das  getan,  was  er  von  uns  wollte  –  die  drei zusammengebracht.« War  es meine  eigene  Entscheidung?  fragte Atlan  sich  betroffen. 

Oder die des anderen – OGGARS? »Wir  müssen  sie  eben  wieder  voneinander  trennen«,  beharrte 

Hellmut.  »Der  Fremde  mag  vieles  können,  aber  kaum  Insiders Körper  entmaterialisieren  lassen.  Insider  sagte  ja  selbst,  er  sei nur ein Transportmittel. Wenn wir ihn also einsperren, kann sein Oggar auf ihn warten, bis er schwarz wird!« »Ich  habe  nicht  die Absicht,  ihn  ziehen  zu  lassen«,  sagte Atlan. 

»Nicht,  solange  uns  nichts  über  den  Sinn  und  den  Zweck  dieser undurchsichtigen  Geschichte  bekannt  ist.  Wir  wissen  nicht,  wer dieser Oggar  ist, warum  er  in diesem Raumsektor  auftauchte und was er von uns und der SOL will. Ich hatte bei dem viel zu kurzen Kontakt  mit  ihm  zwar  nicht  den  Eindruck,  daß  er  negative Absichten verfolgt oder uns gegenüber feindlich eingestellt ist, aber das reicht lange nicht aus, um mir ein Bild zu machen. Falls er von Hidden‐X  geschickt  wurde,  wird  er  sein  wahres  Gesicht  erst  viel später zeigen.« Bjo zog eine zweite Möglichkeit  in Betracht: »Immerhin warteten 

wir  insgeheim  ja  die  ganze  Zeit  über  auf  eine  Reaktion  auf  die Vertreibung von Hidden‐X.« »Du wirst uns nicht aufhalten können, Atlan«, sagte Insider ruhig. 

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»Glaube  es uns und  erspare dir  eine unnötige bittere Erfahrung. Ich fordere dich zum letztenmal auf, uns zum HORT zu bringen.« Atlan musterte  ihn  schweigend.  Insider hielt  seinem Blick  stand. 

Es war ein seltsames Gefühl zu wissen, von drei – oder vier – Wesen in  einem Körper  angesehen  zu werden. Unwillkürlich mußte  der Arkonide an die Konzepte von ES denken. »Wenn  du  auch Oggar  bist«,  sagte  er  schließlich,  »dann  erkläre 

uns, was du von uns willst. Was ist der Schalter, was Vasterstat?« »Es  tut  mir  leid«,  antwortete  Insider.  Seine  Miene  drückte 

tatsächlich  Bedauern  aus,  aber  auch  Entschlossenheit  und Kompromißlosigkeit. »Ich bin nicht Oggar. Vielleicht noch nicht.« Atlan begriff die Warnung einen Augenblick zu spät. Und selbst 

falls  er  sofort  reagiert  hätte, wäre  der  Grünhäutige mit  den  drei Bewußtseinen nicht mehr zu halten gewesen. Die Tür stand offen. Insider warf sich aus dem Stand herum und 

rannte so schnell aus dem Raum, daß keiner der Nachsetzenden die geringste Chance hatte. Atlan war mit drei, vier Sätzen im Korridor, sah das Mischwesen auf dessen Ende zulaufen und gab Alarm. Zwei  Solaner  tauchten  vor  dem  auffahrenden  Schott  auf,  hinter 

dem die Transmitterstation  lag, und wurden  regelrecht überrannt. Paralysatorschüsse fauchten, doch als der Arkonide außer Atem die Station erreichte, konnte er nur noch feststellen, daß Insider bereits abgestrahlt worden war. »Hinterher!«  rief  Bjo  Breiskoll.  Er  rief  die  Koordinaten  der 

Gegenstation ab. Atlan fluchte. »Es hat keinen Sinn«, hörte er Nockemann sagen. »Oder habt  ihr 

etwa nicht bemerkt, daß  Insider mit den Bewußtseinen der beiden anderen  auch deren Kräfte und Fähigkeiten  in  sich  aufgenommen hat?« Er nickte bekräftigend, als er die ungläubigen Blicke auf sich gerichtet  sah.  »Ohne  Carchs  Schnelligkeit  wäre  er  uns  niemals davongelaufen, und er floh vermutlich genau in dem Augenblick, in dem du daran dachtest, ihn festzuhalten, Atlan.« Der Arkonide nickte betroffen. 

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»Ja, Hage.  In dem Moment,  in dem  ich begriff, was  seine Worte bedeuteten.« »Dann werden wir uns von jetzt an darauf einzustellen haben, daß 

er  nicht  nur  seine  eigenen  Stärken  besitzt,  sondern  auch  Carchs Schnelligkeit und Reaktionsvermögen und Sternfeuers telepathische Fähigkeiten.« »Dann stellen wir uns eben darauf ein! Ohne ein Beiboot kommen 

sie nicht von Bord der SOL. Ich unterrichte jetzt Breck, und der wird mit uns zusammen schon dafür sorgen, daß sie nicht ins Verderben rennen!« Nockemann  sagte  nichts  mehr  darauf.  Das  taten  seine  Blicke 

besser als alle Worte.   

*  Vielleicht  hätte  es  eine  Möglichkeit  gegeben,  Insider  noch aufzuhalten, wenn Hayes  sofort nach der  alarmierenden Meldung reagiert hätte. Kaum aber, daß Atlan in der Zentrale erschienen war und  gesagt  hatte,  was  mit  dem  Extra,  Sternfeuer  und  Carch geschehen  war,  löste  sich  die  ganze  Anspannung  der  letzten Stunden  in  einem  heftigen  Streit  unter  den  Stabsspezialisten. Diejenigen,  zu  deren  Sprecher  sich Gallatan Herts  gemacht  hatte, forderten  mit  noch  mehr  Nachdruck  als  bisher,  Flatterfeld  zu verlassen  und  eine  Galaxis  anzufliegen,  die  für  sie  schon  als  ihr nächstes Ziel feststand. Dabei wurde ihre Position dadurch gestärkt, daß sie die Mehrheit der Solaner inzwischen auf ihrer Seite wußten. Sie verlangten offen, Insider, Carch und Feuerspiel  ihrem Schicksal zu überlassen. Breckcrown  Hayes  widersprach  nur  noch  mit  halbem  Herzen. 

Schließlich wandte er sich mit einem Schulterzucken an Atlan. »Du  hörst  es  selbst,  und  so  ist  die  Stimmung  im  ganzen  Schiff. 

Eine weitere  Suchaktion würde  das  Faß  zum Überlaufen  bringen. 

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Ich  bin  verantwortlich  für  die  SOL  und  ihre  vielen  tausend Bewohner, Atlan  –  nicht  nur  für  drei  von  ihnen. Du  kennst mich lange genug und weißt, daß  ich mir eine Entscheidung nicht  leicht mache, aber …« »Du läßt sie nicht suchen?« schnitt der Arkonide ihm das Wort ab. 

»Du läßt die Hangarschotte nicht blockieren?« »Dazu  ist es ohnehin  schon zu  spät«,  rief Curie van Herling aus 

dem Hintergrund. Sie nahm eine Schaltung vor. Eine Space‐Jet war zu  sehen,  die  sich  schnell  von  der  SOL  auf  den Doppeldiskus  zu entfernte. »Sie sind schon draußen.« »Danke!«  preßte  Atlan  voller  Verbitterung  hervor.  »Ich  wußte 

nicht, wie bald ich mich wieder an Chart Deccon erinnern würde!« Er  fuhr  auf dem Absatz  herum  und  verließ die Zentrale. Hayes 

rief: »Was soll das heißen? Was hast du jetzt vor?« »Sie zurückholen!« »Aber das ist Wahnsinn! Wir haben die Startvorbereitungen schon 

…« »Dann verschwindet doch!« schrie Atlan ihn an. Der Zorn und die 

Enttäuschung übermannten  ihn endgültig. Ohne ein weiteres Wort stampfte er aus dem Ausgang, und nur zehn Minuten später jagte er eine  Space‐Jet  in  den  Weltraum  hinaus,  nur  begleitet  von  Bjo Breiskoll. »Sie  werden  es  nicht  wagen,  ohne  uns  abzufliegen«,  sagte  der 

Katzer erregt. »Das nicht!« »Wenn du wüßtest, wie egal mir das im Augenblick ist!« Bjo  sah  ein,  daß  es  keinen  Sinn  hatte, Atlan  in  dessen  Zustand 

anzusprechen.  Er  schwieg  und  umklammerte  die  Lehnen  seines Sitzes, als der Arkonide die Jet mit unverantwortlichen Werten noch weiter beschleunigte. Der  Doppeldiskus  wuchs  vor  ihnen  beängstigend  schnell  nach 

allen  Seiten  hin,  und  dicht  über  der  unteren  Plattform  gewann Insiders  Beiboot  allmählich  an  Leuchtkraft.  Doch  es  hätte  schon 

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eines Teleporters bedurft, um den Extra  jetzt noch zurückzuholen. Als Atlan den Antrieb der eigenen Jet beim Bremsmanöver kurz vor dem Diskus  fast  ruinierte,  hatte  Insider  das  Boot  schon  gelandet, kam aus der Bodenluke und  rannte  im Schutz  seines Raumanzugs auf  ein  offenes  Schott  in der Oberseite der Plattform  zu,  aus dem helles, weißes Licht drang. »Dann  bleibt  uns  nur  noch  eines!«  knurrte  der Arkonide.  »Wir 

paralysieren ihn!« »Atlan, komm zu dir!« rief Bjo erschreckt. »Erstens rammst du das 

Schiff, wenn du auf diesem Kurs bleibst, und zweitens scheinst du zu vergessen, was dir schon einmal …« »Wir holen ihn zurück!« »So  habe  ich  dich  noch  nie  erlebt!  Atlan,  ich  kann  nicht 

verantworten, daß …« Er brachte keinen Laut mehr hervor, als die untere Plattform des 

Diskusses  rasend  schnell  näherzukommen  schien.  Atlan  riß  die Space‐Jet  im  allerletzten  Moment  herum.  Für  Sekunden  wurden Andruckskräfte wirksam, die Bjo fest in den Sitz drückten und ihm die Luft nahmen. Atlan schien das nicht einmal zu bemerken. Seine Finger huschten 

über die Kontrollen. Die Space‐Jet schoß an der Plattform vorbei, in einer Entfernung von weniger als hundert Metern. Insider war ganz deutlich zu  sehen, wie er kurz vor dem offenen Schott stehenblieb und herübersah. Und  als  Atlans  Hand  schon  über  dem  Auslöser  des  justierten 

Paralysegeschützes  war,  ging  ein  Beben  durch  seinen  Leib.  Die Energieorter schlugen an. Der Körper des Arkoniden wurde schlaff und sank in den Sitz zurück. Bjo griff in die Kontrollen und riß die Space‐Jet herum. Durch die 

transparente  Kuppel  sah  er,  wie  Insider  in  dem  grellen  Licht verschwand  und  die Öffnung  sich  schloß.  Erst  in  einem Abstand von fünfhundert Metern zum Diskus fing er die Beschleunigung ab, drehte die Jet und brachte sie zum Stillstand. 

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»Du Narr!« schrie er den leblosen Körper neben ihm an. »Das hast du nun davon!« Es  war  wie  beim  erstenmal.  Das  Bewußtsein  wurde  aus  dem 

Körper gerissen und  fand sich hoch über den Schiffen wieder. Nur die Angst blieb aus. Statt ihrer wurde das Bewußtsein von hilflosem Zorn beherrscht. Und dieser ganze Zorn  schlug dem  anderen  entgegen,  als Atlan 

nun wieder fühlte, wie dieser sich näherte und schließlich in seinen Geist eindrang. Gib sie zurück! dachte der Arkonide. Du hattest kein Recht, sie zu 

dir zu holen! Gib sie uns zurück! Etwas Seltsames geschah mit ihm. Obwohl materielos, hatte er das 

Gefühl  zu  schrumpfen.  Er  schwebte  neben  sich  selbst,  sah  in  ein Meer  von  grellen,  disharmonischen  Farben  und  Blitzen  und erkannte, wie  töricht  es von  ihm gewesen war,  sich von Gefühlen hinreißen zu lassen. Vergeblich suchte er, den anderen  in diesen Farben zu erkennen, 

in einer Blase aus sich beruhigenden Strömen, in die er nun wieder hineinglitt. Er  schwebte  in  absoluter Ruhe,  in  einem Medium,  für das es keinen Namen gab. Und der andere war bei ihm. Du  kennst nun meinen Namen,  entstanden die Worte  in  ihm,  doch deine Seele ist voller Mißtrauen und Verbitterung. Später einmal wirst du verstehen, warum dies alles zu geschehen hatte. Es ist noch nicht zu spät. Ich  kann  kein  Vertrauen  erwarten,  doch  wir  werden  uns  wiedertreffen, wenn du dem Schalter begegnest. Der Anfang ist gemacht, denn nun sind die beiden Richtigen an Bord. Die beiden Richtigen! Die beiden! Aber du  hast  drei Bewußtseine  zu dir  geholt! Wieso  sprichst du 

von zweien, Oggar? Wir werden uns wiederbegegnen – bei dem Schalter! Das war das letzte, das Atlans Bewußtsein von Oggar vernahm. In 

jäh  aufkeimender  Verzweiflung  wollte  es  den  Materielosen festhalten, ihm folgen, als er sich entfernte, um zu einem Nichts zu 

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werden. Es war sinnlos. Und schon wieder griff der Sog nach ihm, der es in 

seinen  Körper  zurückstürzen  ließ.  Atlan  war  diesmal  darauf vorbereitet und hatte kaum noch Anpassungsschwierigkeiten, als er durch  seine Augen  sah, wie Bjo neben  ihm  zusammenschrak und ihn gleich darauf mit Vorwürfen überschüttete. »Hör auf, Bjo!« sagte er heftig. »Ich weiß, daß ich mich gehen ließ. 

Aber vielleicht war es nicht ganz umsonst.« »Was soll das heißen?« Atlan übernahm wieder die Steuerung der Space‐Jet und brachte 

sie auf Kurs zur SOL. »Ich  hatte  wieder  Kontakt  mit  Oggar,  und  er  sprach  von  zwei 

richtigen Personen. Außerdem schien er sich absolut sicher zu sein, daß wir uns an diesem mysteriösen Schalter wiederbegegnen.« »Wieso zwei? Es waren doch …« Der Katzer schrak zusammen, als 

er sich umdrehte. »Sieh nur! Das Schiff nimmt Fahrt auf!« Atlan  programmierte  den Autopiloten, wodurch  gleichzeitig  ein 

Signal  an  die  SOL  ging,  die  Space‐Jet  per  Fernsteuerung  in  ihren Hangar zu holen. Er drehte sich um und sah, wie der Doppeldiskus sich mit zunehmender Beschleunigung entfernte,  scheinbar kleiner wurde und  schließlich als  schwach  schimmernder Punkt zwischen den Milliarden von Sternen verblaßte. »Warum halten sie  ihn nicht auf?« fragte Bjo erregt. »Wir können 

ihn  nicht  einfach mit  Sternfeuer,  Carch  und  Insider  davonziehen lassen!« »Wir würden  ihn nicht  finden«, sagte Atlan. »Nicht bevor wir an 

diesem Schalter sind. Bjo, ich weiß, es klingt verrückt, aber auch ich bin mir jetzt sicher, daß wir ihm dort wiederbegegnen werden.« »Das ist wirklich verrückt! Oder weißt du etwa, wo dieser Schalter 

liegt?« Atlan  lehnte  sich  zurück  und  verschränkte  die  Arme  über  der 

Brust. Die Space‐Jet glitt auf die hell erleuchtete rechteckige Öffnung des Hangars zu. 

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»Ich weiß nicht, wo.  Ich weiß nicht  einmal, was  er  ist. Aber wir finden  ihn,  Bjo.  Oggar  hätte  uns  weitere  Informationen  darüber gegeben, wenn  er  geglaubt  hätte,  daß wir  sie  brauchen. Die  SOL wird  Flatterfeld  in wenigen  Stunden  verlassen. Doch  ganz  gleich, wohin sie auch aufbricht – irgendwo wartet etwas auf uns, das von ungeheurer Wichtigkeit sein muß. Etwas, das es auszuschalten gilt. Der Weg der SOL ist vorgezeichnet.« »Ja«,  knurrte Katzer.  »Ihr Weg  ins Verderben! Atlan,  ich werde 

nicht mehr schlau aus dir. Du hattest einmal den Ruf eines Mahners. Und  jetzt  zeigst  du  einen  Leichtsinn wie  ein …  ein  gutgläubiger Tölpel!« »Vielleicht  hast  du  recht,  Bjo.  Aber  ich  weiß,  daß  genau  das 

geschehen wird, was mir von Oggar vorausgesagt wurde. Ich habe noch  nie  jemanden  erlebt,  der  sich  seiner  Sache  so  vollkommen sicher war. Je eher wir das akzeptieren, desto besser werden wir am Ende auf das vorbereitet sein, was uns erwartet. Ich stelle Tatsachen fest, Bjo. Das  ist keine Kapitulation. Oder glaubst du  im Ernst,  ich wäre bereit, Sternfeuer, Carch und Insider im Stich zu lassen?« »Und wer von ihnen sind diese beiden Richtigen?«   

*  In der Hauptzentrale schlug dem Arkoniden eine frostige Stimmung entgegen.  Die  meisten  Besatzungsmitglieder  bereiteten  den Aufbruch vor. Hayes besprach  sich mit den beiden Piloten. Als er Atlans  Eintreten  bemerkte,  drehte  er  sich  nur  halb  um  und  rief zynisch: »Gratuliere zu deinem Erfolg! Wo hast du die Jet gelassen, mit der 

Insider floh – und wo ihn selbst?« »Es  tut mir  leid, daß  ich vorhin  so heftig war, Breck«, versuchte 

der  Arkonide  einzulenken.  »Aber  ich  mußte  versuchen,  ihn zurückzuhalten.  Ich  verstehe  und  akzeptiere,  daß  du  die 

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Verantwortung  für die  SOL  trägst. Verstehe du, daß  ich mich  für meine Leute verantwortlich fühle.« Hayes lächelte schwach, kam auf ihn zu und reichte ihm die Hand. 

Atlan ergriff sie. »Schon  in Ordnung«, sagte der High Sideryt. »Wir haben keinen 

Versuch  gemacht,  Oggars  HORT  aufzuhalten,  nachdem  wir feststellten, daß er den Dislozierungsprojektor wieder einsetzte. Eine ganze SOL voller umherspukender Bewußtseine …« Er winkte ab. »Dies nur, damit du nicht glaubst, wir hätten Insider und die in ihm wohnenden  Bewußtseine  leichtfertig  ziehen  lassen.  Nockemann teilte  mir  mit,  daß  Sternfeuers  und  CptʹCarchs  Körper  in  einen Spezialraum in SOL‐City gebracht wurden. Ich nehme an, du willst sie dir ansehen. Wir starten  in genau einer Stunde und … siebzehn Minuten. Unser Ziel  ist diese Kugelgalaxis, die  etwa 2,2 Millionen Lichtjahre  von  Flatterfeld  entfernt  ist.«  Hayes  deutete  auf  den Bildschirm, der die betreffende Sterneninsel zeigte. »Wir haben uns auf sie geeinigt, weil sie von allen umgebenden Galaxien die nächste ist. Einen Namen haben wir auch schon für sie: Ploohnei.« »Ploohnei«, dehnte Atlan. Oder Pers‐Mohandot? »Vielleicht finden wir dort den Schalter«, murmelte Atlan. »Wie?« Der  Arkonide  unterrichtete  von  seiner  zweiten  Begegnung  mit 

Oggar  und  gab  nochmals  seiner Überzeugung Ausdruck,  daß  die SOL  so  oder  so  eines  vielleicht  nicht  fernen  Tages  den  Schalter anfliegen würde – und dort wieder auf Oggar und Insider treffen. »Humbug!« wehrte Herts energisch ab. »Nichts als Humbug. Der 

Spuk ist endgültig vorbei.« »Du hast dich nicht verändert!« warf Atlan ihm vor. Herts schüttelte den Kopf. »Ich nehme an, du mußt diesen Eindruck haben. Atlan, es hat sich 

alles  verändert,  alles!  Ich  bin  mir  der  Verantwortung  bewußt geworden,  die mir mit meiner  Position  auferlegt  ist. Wenn  schon 

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von gegenseitigem Verstehen die Rede  ist, dann begreife auch das. Ich  bin wie wir  alle  den  Solanern  verpflichtet  und  darf  an  nichts anderes denken als an  ihre Sicherheit, die auch eure Sicherheit  ist. Manchmal müssen Opfer gebracht werden, um  sie zu erhalten. Es tut mir  leid um Sternfeuer und die beiden anderen, aber die vielen tausend Bewohner der SOL gehen vor.« »Schluß jetzt«, sagte Hayes. »Atlan, wir haben Funksprüche an die 

Ysteronen  und  an  die  Pluuh  gesendet  und  ihnen  erklärt,  daß wir ihre Galaxis verlassen werden. Wir haben hier mehr erreicht, als wir jemals  erhoffen  konnten.  Flatterfeld  ist  zu  einer  Friedenszelle geworden. Und auch ohne das, was sich in den letzten beiden Tagen an  neuen  Rätseln  aufgetan  hat,  haben  wir  Probleme  genug,  die angegangen  werden  müssen.  Wir  haben  versprochen,  Roxha  zu finden und das Schicksal der verschwundenen Molaaten zu klären. Du  willst  nach  Varnhagher‐Ghynnst.  Dies  sollten  unsere vorrangigen Ziele sein und bleiben.« Noch  vor  Stunden  wäre  dem  auch  von  Atlan  nichts  mehr 

hinzuzufügen  gewesen.  Es  hatte  aber  den Anschein,  als wäre  der Weg  nach  Varnhagher‐Ghynnst mit mehr  Steinen  gepflastert,  als jemals angenommen. »Ich verfolge den Aufbruch von SOL‐City aus«, verkündete Atlan 

und wandte sich zum Gehen. Er erstarrte mitten in der Bewegung. Ein Schott war aufgefahren, und in dem ovalen Rund stand … »Insider!« riefen Atlan und Hayes gleichzeitig fassungslos aus. »Das  ist  unmöglich!«  stöhnte  Bjo.  »Ich  habe  doch  mit  meinen 

eigenen Augen gesehen, wie er in der unteren Plattform des HORTs verschwand!« Der Grünhäutige betrat die Zentrale und sah sich  irritiert um, als 

verstünde er die ganze Aufregung nicht. »Wer  soll  verschwunden  sein?  Ich?  Bjo,  das  hast  du  nur 

geträumt.« »Nein!«  Hayes  winkte  heftig  ab.  »Wir  haben  es  alle  auf  den 

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Bildschirmen beobachtet. Du bist  in der Space‐Jet geflohen und auf dem Diskus gelandet!« Insider  kam  noch  ein  Stück  näher  heran  und  streckte  alle  vier 

Arme von sich. »Aber ich bin hier! Ich verstehe nichts von dem, was ihr da redet. 

Wenn  ihr vielleicht glaubt,  ich  sei ein Spuk, dann kommt her und faßt mich an.« Atlan  tat  es.  Seine Finger berührten die Kombination des Extras 

und drückten sich in sein Fleisch. »Ich war die ganze Zeit über  an Bord«, versicherte  Insider.  »Ich 

habe die SOL nicht verlassen, nachdem mir Sternfeuers Geist zum letztenmal begegnete.« »Er sagt die Wahrheit«, flüsterte Bjo Atlan zu. »Er denkt das, was 

er sagt, und ich kann keine Fremdbeeinflussung feststellen.«   

ENDE   Seit dem »Spuk in der SOL« sind einige Tage vergangen – und die SOL strebt durch den Linearraum auf die ferne Galaxis Ploohnei zu. Doch der Flug wird notgedrungen unterbrochen, als man eine gefährliche Entdeckung macht.  Mehr darüber berichtet Hans Kneifel im Atlan‐Band der nächsten Woche. Der Roman erscheint unter dem Titel: DER SPIEGELPLANET