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Sr. M. Johanna Lauterbach »Gefühle mit der Autorität unbedingten Ernstes« VERLAG KARL ALBER A

Sr. M. Johanna Lauterbach »Gefühle mit der Autorität ... · 1.1.3 Rudolf Otto: Das Numinose als unsichtbare Präsenz, ... 1.2.3.4.2.2 Metakritik der Kritik an James und Otto 260

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Sr. M. Johanna Lauterbach

»Gefühle mit der Autorität unbedingten Ernstes«

VERLAG KARL ALBER A

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Wie können wir als religiöse Menschen interessierten Agnostikern insäkularen Begriffen erklären, was für eine Art von Erfahrung religiöseErfahrung ist? Dieser Frage stellt sich Sr. M. Johanna Lauterbach, in-dem sie eine Aktualisierung der klassischen Religionsphänomenologieunternimmt. Dabei setzt sie sich – inspiriert durch die von Jürgen Ha-bermas angeregten Dialoge zwischen Religion und Philosophie – mitder gegenwärtigen humanwissenschaftlichen Debatte über den Begriffder religiösen Erfahrung auseinander. Habermas’ Ansätze eines me-thodischen Atheismus und einer kooperativen, interdisziplinärenWahrheitssuche werden ebenso diskutiert wie die säkularistischenDogmen funktionalistischer Religionstheorien.

Diese Diskurse setzt die Autorin mit einem religionsphänomeno-logischen Zugang in Beziehung, indem sie Phänomene des Religiösenüberhaupt und im Besonderen den ontologischen Eigensinn religiöserInnenperspektiven in den Blick nimmt. Als philosophisch-systemati-scher Dreh- und Angelpunkt bietet sich der Begriff der »Gefühle mitder Autorität unbedingten Ernstes« an, durch den Hermann Schmitz,der Begründer der Neuen Phänomenologie, das affektive Betroffenwer-den vom Göttlichen oder Heiligen bestimmt. So wird ein neues Ver-ständnis von religiöser Erfahrung beschreibbar, das für ein nachmeta-physisches philosophisches Selbstverständnis des Christentums undanderer Religionen von großem Interesse ist.

Die Autorin:

Sr. Maria Johanna Lauterbach, geb. 1961, lebt als Zisterzienserin imdeutsch-bolivianischen Monasterio Cisterciense Ave María in La Paz/Bolivien. Sie arbeitet als Philosophielehrerin in der klostereigenenSchule, dem Colegio Ave María. In den 80er Jahren studierte sie ander Münchner Hochschule für Philosophie der Jesuiten. Vor ihremKlostereintritt war sie zuletzt an der Technischen Universität Münchenals Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Sie promovierte am Pontifi-cio Ateneo Sant’Anselmo der Benediktiner in Rom.

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»Gefühle mitder Autoritätunbedingten Ernstes«Eine Studie zurreligiösen Erfahrungin Auseinandersetzungmit Jürgen Habermasund Hermann Schmitz

Verlag Karl Alber Freiburg/München

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Der Druck dieses Buches wurde von der StiftungNeue Phänomenologie (Hamburg) gefördert.

Originalausgabe

© VERLAG KARL ALBERin der Verlag Herder GmbH, Freiburg / München 2014Alle Rechte vorbehaltenwww.verlag-alber.de

Satz: SatzWeise GmbH, TrierHerstellung: AZ Druck und Datentechnik, Kempten

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier (säurefrei)Printed on acid-free paperPrinted in Germany

ISBN 978-3-495-48696-2

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Sr. M. Christine Gruber O.Cist.,Priorin des Zisterzienserinnen-Klosters Ave María

in La Paz/Bolivien,

und Dom Maur Esteva i Alsina O.Cist.,Generalabt em. des Zisterzienser-Ordens und

Abt em. der Zisterzienser-Abtei Santa Maria de Pobletin Katalonien/Spanien,

in Dankbarkeit zugeeignet.

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Inhalt

Vorwort von Hans-Jochen Jaschke . . . . . . . . . . . . . . . 19

0 Einleitung: Situierung, Ziele und Methoden der Untersuchung 230.1 Habermas’ Motive für einen Dialog zwischen Philosophie

und Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240.2 Herausforderungen einer komplexen Gesprächssituation . 280.3 Die Matrix, die dieser Untersuchung zugrundeliegt . . . . 35

1 »Religiöse Erfahrung«: Religionsphänomenologische Tradi-tion und interdisziplinäre Debatte heute . . . . . . . . . . 43

1.1 Die klassische religionsphänomenologische Tradition, in derdiese Untersuchung und die neophänomenologische Reli-gionstheorie stehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441.1.1 Friedrich Schleiermacher: Religionstheorie aus der

Perspektive der ersten Person . . . . . . . . . . . . 491.1.1.1 Psychosoziale Voraussetzungen religiöser Empfäng-

lichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511.1.1.2 Transsubjektiver Referent und affektiver Modus

religiöser Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . 531.1.1.3 Die innere Einheit einer Religion und der herme-

neutische Primat der Innenperspektive . . . . . . . 551.1.1.4 Die Suche nach dem universalen religiösen Gefühl . 561.1.2 William James: Religion im Spiegel alltagssprach-

licher Zeugnisse über religiöse Erfahrungen . . . . 581.1.2.1 Anti-Naturalismus, Perspektive der ersten Person

und interdisziplinäre Dialogorientierung . . . . . . 59

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1.1.2.2 Eine Arbeitsdefinition von Religion und eineBestimmung des »Gott-ähnlichen« in säkularenBegriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

1.1.2.3 Das Problem des Wertes einer Religion . . . . . . 631.1.2.4 Religion als Reaktion mit holistischem und existen-

ziellem Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . 651.1.2.5 Es gibt keine spezifischen, nur typische religiöse

Gefühle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681.1.2.6 Ein gemeinsamer intellektueller Gehalt aller Reli-

gionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701.1.2.7 Ontological commitment und die Wahrheits-

ansprüche mystischerErfahrungen . . . . . . . . . 711.1.3 Rudolf Otto: Das Numinose als unsichtbare Präsenz,

die affektiv ergreift . . . . . . . . . . . . . . . . . 751.1.3.1 Das Rationale und das Irrationale in der Religion . 761.1.3.2 Der Religionstheoretiker als Mystagoge und der

Vergleich zwischen Religion und Musik . . . . . . 771.1.3.3 Kritik am späten Schleiermacher: Das Numinose

erschöpft sich nicht in einem Selbstgefühl . . . . . 791.1.3.4 Elemente des Numinosen I: »mysterium tremen-

dum«, »mirum« und »majestas« . . . . . . . . . . 811.1.3.5 Elemente des Numinosen II: energicum, fascinans,

augustum und deinós, das Ungeheure . . . . . . . 851.1.4 Ein Profil der klassischen Religionsphänomenologie

in sieben Thesen und Maximen . . . . . . . . . . . 911.1.4.1 Priorität der Perspektive der ersten Person religiöser

Individuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 911.1.4.2 Interreligiöse Religionstheorie im Dialog mit den

Wissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 911.1.4.3 Größtmögliche Universalität und Verständlichkeit

des analytischen Begriffsinstrumentariums . . . . 921.1.4.4 Empirische Basis und exemplarisches Quellen-

studium unter besonderer Berücksichtigung reli-giöser Virtuosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

1.1.4.5 Psychosoziale und kognitive Voraussetzungen reli-giöser Empfänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . 93

1.1.4.6 Anti-Psychologismus: religiöse Erfahrung als sub-jektive Reaktion auf eine transsubjektive Realität . 94

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1.1.4.7 Analytische Trennung der affektiven Modus- vonder intellektuellen Inhaltskomponente . . . . . . . 94

1.2 Die klassische religionsphänomenologische Tradition imKreuzfeuer gegenwärtiger Debatten über die Begriffe»Religion« und »religiöse Erfahrung« . . . . . . . . . . . 971.2.1 Philosophische und politische Grundsatzkritik an

einem allgemeinen Religionsbegriff . . . . . . . . . 981.2.1.1 Postmoderne und postkoloniale De(kon)struktionen

eines allgemeinen Religionsbegriffs . . . . . . . . 1001.2.1.1.1 Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . 1001.2.1.1.2 Metakritik . . . . . . . . . . . . . . . 103

1.2.1.2 Martin Riesebrodt: Religion dekonstruktivismus-resistent und kultus-zentriert definieren, verstehenund erklären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1091.2.1.2.1 Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . 1091.2.1.2.2 Eine erste Kritik aus religionsphänome-

nologischer Sicht . . . . . . . . . . . . 1151.2.1.3 Wittgensteinischer Theorieverzicht und multidi-

mensionale Religionsbegriffe . . . . . . . . . . . 1181.2.1.3.1 Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . 1181.2.1.3.2 Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

1.2.2 Martin Riesebrodts religionssoziologische Kritik amreligionsphänomenologischen »Subjektivismus« . . 125

1.2.2.1 Der Streit um die Bedeutung der (A-)Religiosität derReligionstheoretiker für die Wissenschaftlichkeitund hermeneutische Leistungsfähigkeit der Reli-gionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1281.2.2.1.1 Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . 1281.2.2.1.2 Metakritik . . . . . . . . . . . . . . . 131

EXKURS: Das religiöse Zeugnis von Etty Hillesum – eineareligiös-soziologische (Ulrich Beck) und eine interreligiös-phänomenologische Deutung . . . . . . . . . . . . . . . 1361.2.2.2 Kritik der Kontextvergessenheit, des Ethnozentris-

mus und des Elitismus der Religionsphänomenologie 1541.2.2.2.1 Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . 1541.2.2.2.2 Metakritik . . . . . . . . . . . . . . . 155

1.2.2.3 Methodenkritik an der Religionsphänomenologie . 1571.2.2.3.1 Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . 157

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1.2.2.3.2 Metakritik . . . . . . . . . . . . . . . 1611.2.2.3.2.1 Ähnliche Art der Begriffskonstruktion,

aber verschiedene Abstraktionsbasen . . 1621.2.2.3.2.2 Religiöse Erfahrung: empirisch oder nur

empiristisch unzugänglich? . . . . . . 1671.2.2.3.2.3 Typenbegriffe und Virtuosen-Zeugnisse. 174

1.2.2.4 Die empirische Unhaltbarkeit der anthropologischenThese vom »religiösen Apriori« . . . . . . . . . . 1791.2.2.4.1 Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . 1791.2.2.4.2 Revision: Religion als universell ver-

breitete menschliche Möglichkeit . . . . 1801.2.2.5 Kritik und Würdigung: Riesebrodts soziologische

Religionstheorie aus einer religionsphänomenologi-schen Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1861.2.2.5.1 Der Religionssoziologe als Theaterkriti-

ker? Eine reductio ad absurdum . . . . . 1881.2.2.5.2 Inkompatibilität mit der Selbstdeutung

religiöser Praktiker . . . . . . . . . . . 1891.2.2.5.3 Anachronismuskritik I im Lichte von

Robert Bellahs Theorie der religiösenEvolution . . . . . . . . . . . . . . . . 193

1.2.2.5.4 Anachronismuskritik II im Lichte vonPaul Tillichs Problematisierung der Fragenach Gottes »Existenz« . . . . . . . . . 202

1.2.2.5.5 Riesebrodts sozio-psychologischerFunktionalismus . . . . . . . . . . . . 204

1.2.2.5.6 Was kann die Religionsphänomenologievon Riesebrodt lernen? . . . . . . . . . 207

1.2.3 Kulturalistische und interpretationistische Infrage-stellungen des Begriffs der religiösen Erfahrung imGefolge des linguistic turn . . . . . . . . . . . . . 207

1.2.3.1 Linguistic turn und Religionstheorie . . . . . . . . 2101.2.3.2 Die einflussreiche kulturalistische Religionsdefini-

tion des Ethnologen Clifford Geertz . . . . . . . . 2181.2.3.3 Kritik und Würdigung von Geertz’ zeichentheoreti-

schem Funktionalismus . . . . . . . . . . . . . . 2321.2.3.3.1 Unvereinbarkeit zwischen ontological

commitment und dem Anspruch aufwissenschaftliche Neutralität . . . . . . 233

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1.2.3.3.2 Die These vom primär rituellen Ursprungreligiöser Autorität bleibt unbegründet . 235

1.2.3.3.3 Eine Zeichentheorie auf der Grundlagefalscher Analogien . . . . . . . . . . . 238

1.2.3.3.4 Phänomenologische Züge bei Geertz . . 2451.2.3.3.5 Probleme, welche sich aus dem Symbol-

system-Charakter der Religion für eineTheorie religiöser Erfahrung ergeben . . 247

1.2.3.4 Religiöse Erfahrung als religiöse Interpretation vonErfahrung in der gegenwärtigen Religionspsycho-logie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2481.2.3.4.1 Jacob van Belzens Darstellung des reli-

gionspsychologischen Interpretationis-mus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

1.2.3.4.1.1 Methodendualismus in der Psychologie . 2511.2.3.4.1.2 Kritik an der Dekontextualisierung und

Naturalisierung religiöser Erfahrung . . 2521.2.3.4.1.3 Religiöse Interpretation durch Aktivie-

rung einer religiösen Wahrnehmungs-disposition . . . . . . . . . . . . . . . 254

1.2.3.4.1.4 Die Attributionstheorie: kognitive undphysiologische Determinanten . . . . . 255

1.2.3.4.1.5 Simultane Prozesse und existenziellerVollzug . . . . . . . . . . . . . . . . 256

1.2.3.4.1.6 Der Streit zwischen Konstruktivistenund Dekontextualisten . . . . . . . . . 258

1.2.3.4.2 Würdigung und Kritik . . . . . . . . . 2581.2.3.4.2.1 Übereinstimmungen auf phänomeno-

logischer Ebene . . . . . . . . . . . . 2591.2.3.4.2.2 Metakritik der Kritik an James und Otto 2601.2.3.4.2.3 »Interpretation« – aus der Perspektive

der ersten Person eine phänomenwidrigeBezeichnung . . . . . . . . . . . . . . 262

1.2.3.4.2.4 Kulturalistische und naturalistischeEliminierung des emotiven Vokabulars . 266

1.2.3.5 Hans Joas’ religionssoziologische Auffassungreligiöser Erfahrungen als religiös interpretierter»Erfahrungen der Selbsttranszendenz« . . . . . . 2691.2.3.5.1 Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . 269

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1.2.3.5.2 Übereinstimmungen mit Joas . . . . . . 2721.2.3.5.3 Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2731.2.3.5.3.1 Selbsttranszendenz auf der Basis einer

modernen oder einer postmodernen Ich-Identität? . . . . . . . . . . . . . . . 273

1.2.3.5.3.2 Ohne Religionsbegriff keine Unter-scheidung zwischen säkularen und reli-giösen Interpretationen . . . . . . . . 276

1.2.3.5.3.3 Religiöse Interpretation von Erfahrungoder Artikulation religiöser Erfahrung? . 277

1.2.4 »Religiöse Erfahrung« als contradictio in adiecto imBlick auf die Transzendenz Gottes? Zu einer inner-christlichen Kontroverse . . . . . . . . . . . . . . 279

1.2.4.1 Darstellung der These von Reiner Wimmer . . . . 2791.2.4.2 Eine Erwiderung mit Berufung auf die Bibel . . . . 2821.2.5 Der systematische Ertrag des ersten Hauptteils . . . 288

2 Im Dialog mit Habermas’ philosophischer Einstellung zurReligion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

2.1 Das Fadenkreuz von Habermas’ Systematik: eine formal-pragmatisch fundierte Rationalitätstheorie als Fluchtpunkteiner Theorie der Moderne . . . . . . . . . . . . . . . . 2982.1.1 Biographische Hintergründe . . . . . . . . . . . . 2982.1.2 Einführung in Habermas’ Rationalitätstheorie . . . 304

2.2 Religion im Spiegel einer Theorie der Weltbildentwicklung 3112.2.1 Was versteht Habermas unter »Religion«? . . . . . 3112.2.2 Strukturprinzipien der Weltbildentwicklung:

Lernniveaus und Dezentrierung . . . . . . . . . . 3132.2.3 Die Lebenswelt als Komplementärbegriff zum

kommunikativen Handeln . . . . . . . . . . . . . 3142.2.4 Stufen der Weltbildentwicklung . . . . . . . . . . 3162.2.4.1 Mythische Weltbilder . . . . . . . . . . . . . . . 3172.2.4.2 Religiös-metaphysische Weltbilder . . . . . . . . 3182.2.4.3 Das moderne Weltbild . . . . . . . . . . . . . . . 3222.2.4.4 Regressiv-entdifferenzierende Weltbilder auf dem

Niveau der Moderne . . . . . . . . . . . . . . . 324

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2.3 Dimensionen und Problematik einer Theorie der Ver-sprachlichung des Sakralen . . . . . . . . . . . . . . . . 3282.3.1 Die entzaubernde kommunikative Versprachlichung

der normativen und expressiven Dimensionen desSakralen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329

2.3.2 Eine neophänomenologische Kritik am Wirk-mechanismus der Versprachlichung des Sakralen . . 335

2.3.3 Versprachlichung des Sakralen als ursprünglicheVerzauberung und ein neuer religionstheoretischerFunktionalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

2.4 Habermas’ Plädoyer für ein komplementaristisches Selbst-verständnis der modernen Vernunft und der gegenwärtigenReligion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3482.4.1 Das Pathos der modernen Vernunft und der norma-

tive Gehalt der Moderne . . . . . . . . . . . . . . 3492.4.2 Habermas’ Zeitdiagnose: entgleisende Modernisie-

rung und das gefährdete Humanum . . . . . . . . 3532.4.2.1 Destruktive Entfesselung ökonomischer Imperative

und gesellschaftliche Entsolidarisierung . . . . . . 3542.4.2.2 Naturalisierung oder Moralisierung des gattungse-

thischen Selbstverständnisses? . . . . . . . . . . . 3572.4.2.3 Artikulationsgrenzen der säkularen Vernunft . . . 3592.4.2.4 Die Unentbehrlichkeit von Transzendenz . . . . . 3612.4.3 Die komplementaristisch auf die Religion bezogene,

postsäkulare Moderne . . . . . . . . . . . . . . . 3642.4.3.1 Das Projekt der »rettenden Übersetzungen« . . . . 3672.4.3.2 Die postsäkulare Gesellschaft . . . . . . . . . . . 3692.4.3.3 Die Genealogie der säkularen Vernunft . . . . . . 3732.4.3.4 Dialoge zwischen Religion und Philosophie statt

Religionsphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . 3752.5 Was unterscheidet die nachmetaphysische von der theolo-

gischen und der humanwissenschaftlichen Zuwendung zumPhänomen Religion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3762.5.1 Die Abgrenzung von theologischen und verwandten

Zugängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376

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2.5.2 Die Abgrenzung von der humanwissenschaftlichenThematisierung von Religion . . . . . . . . . . . . 382

2.5.2.1 Der Objektbereich der Philosophie: das Ganze derWirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382

2.5.2.2 Das erkenntnisleitende Interesse: die Selbstverstän-digung der menschlichen Gattung . . . . . . . . . 384

2.5.2.3 Die anarchistische Freiheit der philosophischenSprache und Methodik . . . . . . . . . . . . . . 385

2.5.2.4 Die Objektivität der philosophischen Beteiligten-perspektive im Unterschied zur humanwissen-schaftlichen Objektivierung . . . . . . . . . . . . 387

2.5.2.5 Humanwissenschaftliche Beobachterperspektive vs.Habermas’ dialogisches Verhältnis zur Religion . . 390

2.6 Ziele und Schwierigkeiten eines Religionsgesprächs überreligiöse Erfahrung: ein kritischer Rück- und Vorblick . . 3932.6.1 Eine säkulare Rekonstruktion und ein methodischer

Atheismus, die nicht eliminieren . . . . . . . . . . 3942.6.2 Habermas’ Rückkehr zum religionstheoretischen

Funktionalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3992.6.3 Logozentrismus in den Theorien der Lebenswelt und

der Subjektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4032.6.4 Subjektivität, objektive Welt und komplementäre

Lernprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407

3 »Gefühle mit der Autorität unbedingten Ernstes« –eine neophänomenologische Theorie religiöser Erfahrung . . 415

3.1 Vom vernünftigen Umgang mit schwierigen Erbschaften:eine Einführung in die Neue Phänomenologie von Her-mann Schmitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4163.1.1 Biographisch-zeitgeschichtlicher Hintergrund . . . 4163.1.2 Rettende Rekonstruktion archaischer Dimensionen

menschlichen Erlebens . . . . . . . . . . . . . . . 4203.1.2.1 Göttern und Dämonen preisgegeben: die un-

zentrierte Leiblichkeit der Ilias-Helden . . . . . . 4203.1.2.2 Eckpfeiler der Neuen Phänomenologie . . . . . . . 427

3.1.2.2.1 Metaphilosophie und Methode . . . . . 4273.1.2.2.2 Phänomenbegriff, epistemische Letzt-

instanz und Sachverhaltsbegriff . . . . . 432

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3.1.2.2.3 Aufgabe und intersubjektiver Geltungs-anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . 442

3.1.2.2.4 Das Prinzip der Neuen Phänomenologie:die bipolare Gegenwart . . . . . . . . . 450

3.1.2.3 Wogegen Schmitz antritt: die vier Verfehlungen desabendländischen Geistes . . . . . . . . . . . . . . 4613.1.2.3.1 Die psychologistisch-reduktionistisch-

introjektionistische Verfehlung . . . . . 4623.1.2.3.2 Die dynamistische Verfehlung: Schmitz’

Kritik am Christentum . . . . . . . . . 4673.1.2.3.3 Die autistische Verfehlung und der

Situationsbegriff . . . . . . . . . . . . 4713.1.2.3.4 Die ironistische Verfehlung und die

Entdeckung der subjektiven Tatsachen . 4783.1.2.4 Der Leib als universaler Resonanzboden mensch-

lichen Betroffenseins . . . . . . . . . . . . . . . 4833.1.2.4.1 Leib und Körper . . . . . . . . . . . . 4843.1.2.4.2 Statik, Dynamik und Räumlichkeit des

gespürten Leibes . . . . . . . . . . . . 4853.1.2.4.3 Leibliche Kommunikation: Ausleibung,

Einleibung und Halbdinge . . . . . . . 4883.1.2.4.4 Leibverwandtschaften in der Wahrneh-

mung: Gestaltverläufe und synästheti-sche Charaktere . . . . . . . . . . . . 494

3.1.2.5 Stufen der Räumlichkeit und die Räumlichkeit derGefühle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4973.1.2.5.1 Der Grundgegensatz zwischen flächen-

haltigen und flächenlosen Räumen . . . 4983.1.2.5.2 Weiteraum und Richtungsraum . . . . . 5033.1.2.5.3 Gefühle sind Atmosphären, die leiblich

ergreifen . . . . . . . . . . . . . . . . 5073.2 Dem Agnostiker religiöse Erfahrung verständlicher machen

– ein überwiegend neophänomenologischer Ansatz . . . . 5163.2.1 Eine neue religionsphänomenologische Definition

religiöser Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . 5163.2.2 Von der klassischen Religionsphänomenologie zur

Neuen Phänomenologie: Kontinuität und Innovation 518

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3.2.2.1 Vom Anti-Psychologismus des »Gefühls einerobjektiven Gegenwart« zu den göttlichen Atmo-sphären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5183.2.2.1.1 Der heilige Geist als göttliche Atmo-

sphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . 5203.2.2.1.2 Göttliche Atmosphären in anderen Reli-

gionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5273.2.2.1.3 Philosophischer Fortschritt durch Rekon-

struktion des Göttlichen als Atmosphäreund Halbding . . . . . . . . . . . . . . 528

3.2.2.2 Von der affektiven Moduskomponente religiöserErfahrung zum affektiven Betroffensein von gött-lichen Atmosphären . . . . . . . . . . . . . . . . 5343.2.2.2.1 Leiblich spürbare Wirkungen religiöser

Gefühle . . . . . . . . . . . . . . . . 5353.2.2.2.2 Die epistemische Funktion des Betrof-

fenseins von göttlichen Atmosphären . . 5363.2.2.3 Von der Autorität mystischer Zustände zu Gefühlen

mit der Autorität unbedingten Ernstes für jemanden 5413.2.2.3.1 Das Göttliche als perspektivische, einer

rationalen Infragestellung überlegeneAutorität . . . . . . . . . . . . . . . . 544

3.2.2.3.2 Der Ernst und die Normativität desGöttlichen . . . . . . . . . . . . . . . 551

3.2.2.3.3 Gefühle mit der Autorität unbedingtenErnstes für Habermas . . . . . . . . . . 560

3.2.2.4 Vom intellektuellen Gehalt religiöser Erfahrung zurPlakatierung der von göttlichen Atmosphärenerfüllten Situationen . . . . . . . . . . . . . . . 5653.2.2.4.1 Plakatierung als ein Verhältnis zwischen

segmentierten und impressiven Situa-tionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 568

3.2.2.4.2 Götter, Göttinnen und Gott als Plakate . 5743.2.2.5 Eine zugleich theozentrische und anthropozen-

trische Theorie des Göttlichen . . . . . . . . . . . 5843.2.3 Konsequenzen für die interdisziplinäre Diskussion

um einen allgemeinen analytischen Religionsbegriff. 5873.2.3.1 Die Bedeutung des affektiv-leiblichen Betroffenseins

vom Göttlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589

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Inhalt

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3.2.3.2 Die Bedeutung von Ritus und Ritualgemeinschaft . 5953.2.3.3 Ausblick auf eine neophänomenologische Theorie

des Ritus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6013.2.4 Religion und Wahrheit . . . . . . . . . . . . . . . 610

Epilog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619

Sigelverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621

Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680

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Vorwort

Hans-Jochen Jaschke

Die Friedenspreisrede von Jürgen Habermas war das Signal, dem dreiJahre später der öffentliche Dialog mit Joseph Ratzinger über Glaubeund Wissen folgte. Ein führender Intellektueller bewegt sich aus sei-nem Raum heraus auf das Feld der Religion zu. EinMann des Glaubensund Vertreter der Kirche hebt das Recht der Vernunft und ihren An-spruch, das Recht des Wissens der Religion gegenüber und in ihr her-vor. Religion als eine Gestalt des Geistes hilft, gutes und notwendigesMenschheitswissen, Einstellungen und Praktiken zu bewahren. DieVernunft tut der Religion als Moment der Aufklärung gut. Sie kannsie vor pathologischen Phänomenen schützen. Religion weist sich vorder Vernunft aus, die Vernunft lässt sich durch die Religion vor Abso-lutheitsansprüchen warnen.

Johanna Lauterbach ist bewegt von dem Anliegen, einen Vorraumdes Glaubens zu erkunden, in dem religiöse Phänomene auszuweisensind. Im Blick auf ihn kann und muss auch das Feld des Religiösen fürLernerfahrungen geweitet und mit menschlichen Grundgegebenheitenbestellt werden. Mit diesen Vorgaben bringt die Autorin HermannSchmitz als Vertreter der Vernunft und kritischen Deuter des abend-ländischen Geistes mit Jürgen Habermas ins Gespräch. Dabei ist Her-mann Schmitz’ Verständnis von religiöser Erfahrung als Betroffenwer-den von Göttlichem und Heiligem mit einer Autorität unbedingtenErnstes ebenso ein Leitmotiv wie der von Jürgen Habermas geäußerteRespekt vor dem Religiösen, dessen Undurchsichtigkeit für ihn be-stehen bleibt.

Nach der geistigen und moralischen Katastrophe, die durch denZweiten Weltkrieg mit seinen Kontexten und Folgen markiert wird,standen die Rothacker-Schüler Jürgen Habermas und HermannSchmitz am Anfang ihrer denkerischen Entwicklung. Sie sind eigeneWege gegangen, Habermas als weithin anerkannter Anwalt der intel-lektuellen Vergewisserung und des Diskurses in unserer Gesellschaft,

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Hermann Schmitz als unbeirrbarer Arbeiter am System der Philoso-phie und als eindrucksvoller Begründer und Kopf der Neuen Phänome-nologie. Schmitz findet bis heute über seine Kreise hinaus keine grö-ßere öffentliche Aufmerksamkeit. Sein immenses Werk wird imwissenschaftlichen Diskurs nur wenig wahrgenommen. Schmitz undHabermas stehen selber offenkundig nicht im Gespräch miteinander.So spielt Johanna Lauterbach gewissermaßen über die Bande. In allerSorgfalt analysiert sie die Ansätze von Habermas, die eine Komple-mentarität von Vernunft und Religion bei bleibender Undurchsichtig-keit des religiösen Phänomens möglich machen. Demgegenüber eröff-nen die religionsphänomenologischen Ansätze von Hermann SchmitzZugangsweisen, mit denen religiöse Erfahrungen einsichtig gemachtwerden können.

Der auf diesem Feld auf hohem Niveau von Johanna Lauterbachgeführte Dialog von Glaube und Wissen führt ins Wesentliche. Der»Glaube« ist vernunftsfähig. Er muss immer neu lernen, Rechenschaftüber sich zu geben. Er muss von den Erfahrungen der Menschen ler-nen, sich den Blick weiten lassen für das unergründliche Phänomen derWirklichkeit, insbesondere des Menschen. Er muss lernen, ideologi-sche Verengungen zu überwinden. Habermas und Schmitz fordernihn heraus. Insbesondere Schmitz eröffnet viele Aspekte, unter denender Glaube aufscheinen kann. Was der »Vernunft« in einem solchenDialog aufgehen kann? Sie muss immer neu ihre Methodik und ihreFragestellungen überprüfen. Sie widersteht ihrerseits ideologischenVersuchungen, »alles« sein zu wollen. Sie öffnet sich Feldern, auf de-nen starke und bedeutende Möglichkeiten des Menschen wachsen undsich weiter entwickeln können. Sie führt uns zu einem Instrumentari-um – kommunikabel für den Diskurs, rational und einleuchtend –, dasden unerschöpflichen Phänomenen gerecht wird.

Johanna Lauterbach gelingt es, das Werk und die Gedankenweltvon Hermann Schmitz für die Theologie zu erschließen und fruchtbarzu machen. Die Einladung von Schmitz zu einem ursprünglichen Be-zug zurWirklichkeit, zum Heraustreten aus privaten Seelenzuständen,zum Entdecken der subjektiven Tatsachen, zu Erfahrungen mit der er-greifenden Atmosphäre der Gefühle tun der Theologie gut und bringensie zu den Menschen. Schmitz hat harte Kritik am Christentum beson-ders in seiner westlichen Gestalt mit seiner theologischen Begrifflich-keit und den Objektivierungen des Glaubens geübt. Hier werden Theo-logen immer auch widersprechen und differenzieren. Sie werden an die

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Vorwort

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biblischen Grunderfahrungen erinnern und komplementär zum vonSchmitz hervorgehobenen Bemächtigungsdenken im Namen Gottesdie biblisch christliche Grundgewissheit von Gottes Ohnmacht und sei-nem Mitleiden herausstellen. Christen werden daran erinnern, welchehumanen Heimaten – implantierende Situationen – der Glaube in derGemeinschaft der Kirche schenkt. So können sie sich, auch wenn sieSchmitz nicht in allem zustimmen werden, durchaus zu ergänzenden,neuen Sichtweisen provozieren lassen.

Die katholische Theologie hat Hermann Schmitz bislang kaumentdeckt. Aus Anlass dieses Vorwortes hat der Verfasser den Austauschmit Karl Kardinal Lehmann, dem unbestrittenenMeister der deutschenSystematiker, aufgenommen. Dieser hat sich in hohem Maße anerken-nend über die Arbeit von Johanna Lauterbach geäußert und unterstütztdas Anliegen, die Sichten der Neuen Phänomenologie für die katho-lische Theologie zu erschließen.

Ich wünsche Johanna Lauterbach mit ihrer Publikation, die sich inein Umfeld wichtiger religionsphilosophischer Werke im Alber-Verlageinfügt, eine vielstimmige Resonanz. Ihre Arbeit stellt ein intellektuellanspruchsvolles und höchst aktuelles Unternehmen dar, das der An-fang für einen fruchtbaren theologischen Dialog werden könnte.Kommt dieser in Gang, so wird es in ihm auch darum gehen, dem An-spruch der Religion in der modernen Welt gerecht zu werden.

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Vorwort

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0 Einleitung: Situierung, Ziele und Methodender Untersuchung

Die folgende Studie zu einer Phänomenologie religiöser Erfahrung ver-steht sich als ein konkreter religionsphilosophischer Vermittlungs- undVerständigungsversuch im Rahmen der durch Jürgen Habermas’»Friedenspreis-Rede«1 im Jahr 2001 ausgelösten Debatte über das Ver-hältnis von Glauben und Wissen, Religion und Philosophie. Diese so-wohl akademisch wie in der breiteren Öffentlichkeit ausgetragene Dis-kussion ist bis heute – wir schreiben das Jahr 2013 – nicht abgerissen,wozu Habermas selbst wahrscheinlich ammeisten beigetragen hat. Seit2001 verstrich kaum ein Jahr, in dem er nicht durch Vorträge, Artikel,Repliken, Interviews oder Bücher zu verschiedenen Facetten diesesThemas Stellung genommen und dabei seine eigenen Positionen zurReligion weiterentwickelt hätte. In der Einleitung möchte ich zunächstdiesen neuen Gedankenzusammenhang skizzieren. Dann erläutere ich,was ich auf Habermas’ These vom »undurchsichtigen Kern«2 religiöserErfahrung aus einer religionsphänomenologischen Sicht mit HermannSchmitz antworten will und wie die Methode und die Gewichtungendes Argumentationsgangs, in dem ich meine These entfalten und ver-teidigen möchte, durch das Ziel eines Dialogs mit Habermas determi-

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1 J. Habermas: Glauben und Wissen. Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2001,Sonderdruck, Frankfurt a.M. 2001 (Sigel: GW)2 J. Habermas: Die Grenze zwischen Glauben und Wissen. Zur Wirkungsgeschichteund aktuellen Bedeutung von Kants Religionsphilosophie, in: Ders.: Zwischen Natura-lismus und Religion. Philosophische Aufsätze, Frankfurt a.M. 2005, 216–257, S. 251(Sigel: JH/Kant); J. Habermas: Replik auf Einwände, Reaktion auf Anregungen, in: Ru-dolf Langthaler/Herta Nagl-Docekal (Hg.): Glauben und Wissen. Ein Symposion mitJürgen Habermas, Wien 2007, 366–414, S. 394 (Sigel: Replik 2007); J. Habermas: EinBewußtsein von dem, was fehlt, in: Michael Reder/Josef Schmidt (Hg.): Ein Bewußtseinvon dem, was fehlt. Eine Diskussion mit Jürgen Habermas, Frankfurt a.M. 2008, 26–36,S. 29 (Sigel: BF); J. Habermas: Philosophische Texte, Studienausgabe in 5 Bdn., Bd. 5:Kritik der Vernunft, Frankfurt a.M. 2009, Einleitung S. 31. (Sigel: PhT, I–V).

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niert wird. Außerdem möchte ich kurz auf die Matrix eingehen, dermein Gesprächsbeitrag entspringt.

0.1 Habermas’ Motive für einen Dialog zwischenPhilosophie und Religion

Der neue produktive Schwung, der Habermas’ Alterswerk beflügelt,speist sich aus einer theoretisch fruchtbaren Irritation und aus einerpolitischen Sorge. Dem Agnostiker und Anwalt der Aufklärungstradi-tion, der einen sprachphilosophisch reformulierten, kommunikativenVernunftbegriff3 vertritt, gibt die Tatsache zu denken, dass die Säkula-risierung der modernen Staatsgewalt keine Säkularisierung der Zivil-gesellschaft nach sich gezogen hat. Stattdessen behaupten sich die Re-ligionen als »zeitgenössische Gestalten des Geistes«4 in der High-Tech-Weltgesellschaft. Habermas begreift diese Tatsache als eine Herausfor-derung für das Selbstverständnis seines modernen, nachmetaphysi-schen Denkens, für das die zwischen Augustinus und Thomas vonAquin gestiftete Synthese von biblischem Glauben und griechischerMetaphysik irreversibel zerbrochen ist5. Der spätscholastische Nomi-nalismus, der den Naturwissenschaften den Weg bereitete, Kantstranszendentale Wende und der Historismus haben die philosophi-schen Grundlagen des Christentums, all die überzeitlichen und kon-text-insensitiven (übrigens auch patriarchalsymbolisierenden und wer-tenden) Aussagen über das Sein und das Wesen von Gott und der Weltfragwürdig werden lassen. Aus der Art und Weise, wie das religiös-metaphysische Weltbild des Okzidents entzaubert und kommunikativverflüssigt worden ist, sind Glauben und Wissen als nunmehr artver-schiedene Modi des Für-wahr-Haltens hervorgegangen6.

Das »nachmetaphysische Denken«7, das weder über Heilsgewiss-heiten, noch über ein absolutes Wissen, noch über die Möglichkeit,

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Einleitung: Situierung, Ziele und Methoden der Untersuchung

3 J. Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns, 2 Bde., Frankfurt a.M. 1981(Sigel: TkH I und II)4 PhT, V, 27, 31; GW 13f.5 BF 35.6 J. Habermas: Die Revitalisierung der Weltreligionen – Herausforderung für ein säku-lares Selbstverständnis der Moderne?, in: PhT, V, 387–407, S. 406.7 J. Habermas: Nachmetaphysisches Denken, Frankfurt a.M. 1992 (Sigel: NMD).

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Trost zu spenden, verfügt8, ist nach Habermas auf das Reich des Wis-sens beschränkt und als eine fallible Erkenntnistätigkeit in Kooperationmit den Wissenschaften unumkehrbar säkular9. Als »Hüterin der Ra-tionalität«10 untersucht und kritisiert die nachmetaphysische Philoso-phie die Verständigungsverhältnisse und tritt mit dem Anspruch auf,dass die universalistischen Prinzipien von Moral und Recht in der Mo-derne allein aus Vernunft begründet werden können11. Dabei macht sieallerdings die Erfahrung, dass ihre guten Gründe profane Gemüter nurschwach motivieren12 – zu schwach, so Habermas’ politische Sorge, umein Gegengewicht zur weltweit »entgleisenden« Modernisierung derGesellschaft zu schaffen. Damit meint er die schwindende normativeSensibilität und die abbröckelnde bzw. unterentwickelte staats- undweltbürgerliche Solidarität angesichts der politisch ungezähmten, de-struktiven Dynamik der entfesseltenWeltmärkte13. Angesichts der De-batte um Embryonenforschung und gentechnische Eingriffe in diemenschliche Keimbahn gewinnt zudem die Frage an Bedeutung, wiewir uns als Gattungswesen verstehen wollen14.

Angesichts der irritierenden Unverwüstlichkeit der Religion auchin hochtechnisierten, verwissenschaftlichten Gesellschaften fragt Ha-bermas nun: Muss die Philosophie nicht der Überlegung Raum geben,ob die in ihrem Kern für den Agnostiker opake Religion möglicherwei-se nicht zufällig, sondern aus internen oder vernünftigen Gründen inder globalisierten Welt fortbesteht? Muss die Moderne nicht ihr ein-seitig säkulares Selbstverständnis in Frage stellen und heute von einer»postsäkularen Gesellschaft«15 sprechen? Hat die Vernunft vielleicht

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Habermas’ Motive für einen Dialog zwischen Philosophie und Religion

8 J. Habermas: Noch einmal: Zum Verhältnis zwischen Theorie und Praxis, in: PhT, V,100–116, S. 108, 110, 112.9 JH/Kant 248; Vgl. auch die programmatische Einleitung zu PhT, V, S. 27.10 J. Habermas: Philosophie als Platzhalter und Interpret, in: PhT, V, 59–80, S. 80.11 J. Habermas: Zu Horkheimers Satz: »Einen unbedingten Sinn zu retten ohne Gott isteitel«, in: Ders.: Texte und Kontexte, Frankfurt a.M. 1991, 110–126, S. 119f. (Sigel: JH/Hork)12 BF 30; J. Habermas: Exkurs: Transzendenz von innen, Transzendenz ins Diesseits(Sigel: JH/Transzendenz), in: PhT, V, 417–450, S. 437; vgl. J. Habermas: VorpolitischeGrundlagen des demokratischen Rechtsstaats? (Sigel: VG) in: J. Habermas/Joseph Rat-zinger: Dialektik der Säkularisierung. Über Vernunft und Religion, hrsg. v. FlorianSchuller, Freiburg i.Br. 2005, 15–37, S. 26.13 VG 26; JH/Kant 247f., 250.14 GW 29ff.; Replik 2007, 371.15 GW 12f.; VG 33.

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ihrer eigenen Genealogie bisher zu wenig Aufmerksamkeit ge-schenkt?16 Wäre es nicht angemessen, Glauben und Wissen aufgrundihres gemeinsamen Ursprungs aus dem kognitiven Schub der Achsen-zeit als »komplementäre Gestalten des Geistes«17 zu begreifen und»Säkularisierung als einen »komplementären Lernprozess«18, der ite-rierend weltliche wie religiöse Einstellungen erfasst und reflexiv trans-formiert?

Habermas, der sich offenbar als »religiös unmusikalisch«19 ver-steht, hat nie einen eigenen Religionsbegriff entwickelt oder sich demeines anderen Autors angeschlossen. De facto meinte er, wenn er von»der Religion« oder »den Religionen« sprach, bis vor kurzem fastimmer ausschließlich die Weltreligionen20, insbesondere die jüdisch-christliche Tradition. Was religionsgeschichtlich davor lag, themati-sierte er in erster Linie unter dem Titel »magisch-mythischer Welt-bilder«21. Was nach den Weltreligionen kam – z.B. die Idee einer Ver-söhnung mit der Natur bei den jüdischen Denkern der KritischenTheorie22, das der Gegenkultur entsprungene Neuheidentum oder an-dere Neue Religiöse Bewegungen des 20. Jahrhunderts – firmierte beiihm meistens als »überschwängliche« Rückfälle hinter das monotheis-tische Lernniveau23 und die kognitiven Errungenschaften der Moder-ne24. Habermas spricht hier von einem »Kranz surrealistischer Erschei-nungen«25, von »Pathologien der Moderne«26 und »entgleisender

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Einleitung: Situierung, Ziele und Methoden der Untersuchung

16 BF 31.17 BF 29.18 BF 33; VG 33.19 GW 30; VG 35.20 BF 100.21 J. Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns (TkH I), Bd. 1: Handlungsra-tionalität und gesellschaftliche Rationalisierung, Frankfurt a.M. 1981, S. 76–79; Ders.:Theorie des kommunikativen Handelns (TkH II) Bd. 2: Zur Kritik der funktionalisti-schen Vernunft, Frankfurt a.M. 1981, S. 127 f.; J. Habermas: Von den Weltbildern zurLebenswelt, in: PhT, V, 203–270, S. 214 ff.22 TkH I, 512–519.23 J. Habermas: Replik auf Einwände (1980), in: Vorstufen und Ergänzungen zur Theo-rie des kommunikativen Handelns, Frankfurt a.M. 1984, 475–570, S. 511, 514.24 BF 101.25 J. Habermas: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Frankfurt a.M. 1973,S. 113.26 BF 101.

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Säkularisierung«27 und steht der »regressiven Entdifferenzierung«28,die er hier diagnostiziert, höchst ambivalent gegenüber. Er sieht seinesäkular aufgeklärte Philosophie in Frontstellung zu den Neuen Reli-giösen Bewegungen als die »wahre Erbin des utopischen Gehalts derjüdisch-christlichen Überlieferung«. Sie soll »einen egalitären Indivi-dualismus gegen eine Aushöhlung des moralischen Bewußtseins auf-bieten«29, welcher von jener Seite drohe. Andererseits jedoch gesteht erden Neuen Religiösen Bewegungen zu, »Suchbewegungen« zu verkör-pern und ein Innovationspotential in sich zu bergen30.

In den Aufsätzen seines jüngst erschienenen Buches Nachmeta-physisches Denken II (2012) beschäftigt sich Habermas unter einer ver-nunftgenealogischen Fragestellung mit dem »sakralen Komplex«31,d.h. mit dem Zusammenspiel von mythologischer Weltdeutung undritueller Gemeindepraxis. Er revidiert in diesem Zusammenhang seineThese von der »Versprachlichung des Sakralen«32 aus der Theorie deskommunikativen Handelns (1981). Bereits vor einigen Jahren hatteHabermas darauf aufmerksam gemacht, dass der Ritus das Alleinstel-lungsmerkmal und zugleich die spezifische Sperre sei, welches die Re-ligion von allen säkularen Gestalten des Geistes unterscheide. Die »Be-wußtseinsformation« des Ritus sei ähnlich wie der Kern der religiösenErfahrung »uns Söhnen und Töchtern der Moderne unzugänglich ge-worden«33. Seine neue Hypothese über den evolutionären Ursprungder »Bindungsenergien« der starken Normativität sozialen Handelnsaus der rituellen Kommunikation mit Mächten des Heils und des Un-heils hat die überraschende Pointe, dass der Ritus nunmehr auch zurGenealogie der Vernunft gehört34.

Für Habermas’ selbstkritisches Vernunftverständnis generieren

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Habermas’ Motive für einen Dialog zwischen Philosophie und Religion

27 PhT, V, Einleitung S. 15 f.28 PhT, V, 57.29 Ebd.30 J. Habermas (Hg.): Stichworte zur »Geistigen Situation der Zeit«, 2 Bde., Frankfurta.M. 1979, Bd. 1, Einleitung von J. H., S. 35; PhT, V, 57.31 J. Habermas: Nachmetaphysisches Denken II, Berlin 2012, Einleitung S. 15 (Sigel:NMD II).32 NMD II, 15, 78 ff.33 PhT, V, Einleitung S. 32.34 J. Habermas: Die Lebenswelt als Raum symbolisch verkörperter Gründe, in: NMD II,54–76 und Ders.: Eine Hypothese zum gattungsgeschichtlichen Sinn des Ritus, in:NMD II, 77–95, S. 14 u. 69; außerdem die Einleitung Versprachlichung des Sakralenzu NMD II, 7–18.

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die skizzierten Überlegungen viele Gründe, weshalb die säkulare, nach-metaphysische Philosophie sich der religiösen Seite gegenüber dialog-und lernbereit35 verhalten sollte. Es wäre verfehlt, den jahrtausende-langen Prozess der »Versprachlichung des Sakralen« durch die Arbeitam Mythos, an der Religion und an der Metaphysik verfrüht als er-schöpft und abgeschlossen zu betrachten36. Habermas wirbt als Staats-bürger bei seinen »religiös unmusikalischen« Mitbürgern dafür, sicheinen Sinn für die »Artikulationskraft«37 religiöser Sprachen zu be-wahren und religiös begründete Äußerungen in öffentlichen Debattenfür legitim und »nicht für schlechthin irrational zu halten«38. Als Phi-losoph setzt er sich dafür ein, die noch »unabgegoltenen« semantischenPotentiale der religiösen Überlieferung39 zu bergen. Er möchte siedurch neutralisierende Übersetzungen in eine »allgemein« oder »öf-fentlich« zugängliche Sprache40, die auch jenseits partikularer religiö-ser Gemeinschaften verständlich ist, als Ressource für das diskursiveSpiel öffentlicher Gründe erschließen41. Diese Begründung verweistdeutlich auf das primär politische Motiv von Habermas’ Interesse ander Religion.

0.2 Herausforderungen einer komplexen Gesprächssituation

Im Kontext von Habermas’ Auseinandersetzung mit der Religion hateine kurze Bemerkung meine Aufmerksamkeit erregt, die in Ver-öffentlichungen der Jahre 2005 bis 2009 leicht variiert mehrfach vor-kommt. Habermas konstatiert, dass, unbenommen der Möglichkeit,»rettende Übersetzungen« für kognitive Inhalte der religiösen Überlie-ferung zu finden, der »Kern« der religiösen Erfahrung (und des religiö-sen Glaubensmodus) für den Agnostiker »undurchsichtig«42 bleibt. Er»entziehe sich dem säkularisierenden Zugriff der philosophischen Ana-lyse auf ähnliche Weise, wie auch die ästhetische Erfahrung dem ratio-

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Einleitung: Situierung, Ziele und Methoden der Untersuchung

35 GW 15; VG 30, 33; BF 29, 33.36 NMD II, 17.37 GW 22; VG 31.38 VG 35; BF 34.39 BF 29; JH/Transzendenz 427.40 VG 32; JH/Kant 255; Replik (2007) 381, 389; JH/Transzendenz 426–429.41 NMD II, 17.42 PhT, V, 31; vgl. BF 29, JH/Kant 251 und Replik (2007) 394.