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Stand und Perspektiven des Energiepflanzenanbaus in Hessen Bedeutung, Anbauverfahren, Nachhaltigkeit Eine Information der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Stand und Perspektiven des Energiepflanzenanbaus in Hessen...Redaktion: Thomas Raussen, Klaus Wagner, Björn Staub, Jana Wagner, Karsten Funda Satz/Layout: Witzenhausen-Institut für

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Page 1: Stand und Perspektiven des Energiepflanzenanbaus in Hessen...Redaktion: Thomas Raussen, Klaus Wagner, Björn Staub, Jana Wagner, Karsten Funda Satz/Layout: Witzenhausen-Institut für

Stand und Perspektiven desEnergiepflanzenanbaus in Hessen

Bedeutung, Anbauverfahren, Nachhaltigkeit

Eine Information der

Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

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Stand und Perspektiven des

Energiepflanzenanbaus in Hessen

Herausgeber: Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH)

Kölnische Straße 48-50

34117 Kassel

In Zusammenarbeit mit: Projektgruppe „Bioenergie-Hessen“

c/o Witzenhausen-Institut GmbH

sowie der Uni Kassel im Rahmen des Projektes „Standortangepasste Anbausysteme

für Energiepflanzen (EVA)“: Konzepte Zweikulturnutzung und Energetische

Dauergrünlandnutzung

Redaktion: Thomas Raussen, Klaus Wagner, Björn Staub, Jana Wagner, Karsten Funda

Satz/Layout: Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH

Werner-Eisenberg-Weg 1, 37213 Witzenhausen

Bildnachweise: Titelfoto: Witzenhausen-Institut

Druck: Druckhaus Göttingen

Erscheinungsdatum: Juli 2012

Erscheint in der Reihe: Fachinformation des LLH

ISSN 1610-6911

lfd. Nr. 01/2012

mit Unterstützung von:

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1Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

INHALT

Vorwort .................................................................................................................3

Einführung ins Thema..........................................................................................4

Was kann Bioenergie in Hessen leisten? ..............................................................6

Umfang des Energiepflanzenanbaus in der hessischen Landwirtschaft ..........10

Wirtschaftliche Aspekte des Energiepflanzenanbaus für Biogasanlagen ........13

Ölpflanzenanbau für die Biodiesel- und Pflanzenöl-Produktion......................17

Getreide- und Zuckerrübenanbau für die Bioethanolerzeugung .....................17

Einjährige Energiepflanzen................................................................................18

Steckbrief Raps (Brassica napus)................................................................18

Steckbrief Zuckerrübe (Beta vulgaris subsp. vulgaris var. altissima) ..........19

Steckbrief Silomais (Zea mays) ..................................................................20

Steckbrief Grünroggen (Secale cereale)......................................................21

Steckbrief Getreide-Ganzpflanzensilage (GPS) ..........................................22

Steckbrief Sudangras (Sorghum sudanense) ...............................................23

Steckbrief Zuckerhirse (Sorghum bicolor)..................................................24

Mehrjährige Energiepflanzen ............................................................................25

Steckbrief Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum) ........................25

Steckbrief Pappel .......................................................................................26

Steckbrief Weide........................................................................................27

Steckbrief Miscanthus (Miscanthus x giganteus) ........................................28

Konzepte..............................................................................................................29

Energetische Dauergrünlandnutzung .........................................................29

Zweikulturnutzung (2cult) .........................................................................30

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2Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Aspekte der Nachhaltigkeit im Energiepflanzenanbau.....................................31

Konfliktfelder im Energiepflanzenanbau ..........................................................32

Konfliktfeld: Energiepflanzenanbau und Pachtpreise .................................32

Konfliktfeld: Verkehrsbelastung durch Biogasanlagen ...............................34

Konfliktfeld: Energiepflanzenanbau und Wildschäden ...............................35

Autorenverzeichnis .............................................................................................37

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3Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Vorwort

Im Rahmen der weiteren Steigerung der Nutzung

von erneuerbaren Energien, wie etwa der Solar-

energie, der Erdwärme, der Wasser- und Wind-

kraft, fällt dem Ausbau der Biomassenutzung in

Hessen eine entscheidende Rolle zu. Biomasse ist

gegenwärtig als einziger erneuerbarer Energieträger

in der Lage, einen nachhaltigen Beitrag zur Bereit-

stellung von Strom, Wärme und Kraftstoffen zu

sichern.

Biomasse ist unter den Erneuerbaren praktisch ein

Tausendsassa, denn sie steht rund um die Uhr zur

Verfügung und kann damit bedarfsgerecht einge-

setzt werden. Außerdem ist sie speicherbar und

universell einsetzbar. Aus ihr lassen sich Wärme,

Strom und Kraftstoffe gewinnen. In den kommen-

den Jahren wollen wir die Biomassenutzung weiter

ausbauen und die Effizienz der entsprechenden

Energieerzeugungsanlagen weiter steigern. Der

Hessische Energiegipfel hat das Potenzial der Bio-

energie mit 13,4 Terawatt pro Jahr beschrieben.

Bei der Bioenergie besteht Nutzungskonkurrenz

hinsichtlich Lebensmittelproduktion und Rohstof-

fen zur stofflichen Nutzung, daher ist eine effizien-

te Biomassenutzung von besonderer Bedeutung.

Die Hessische Landesregierung verfügt bereits seit

2005 über Grunddaten zur Biomassenutzung und

entsprechende Potenzialmodelle. Im Frühjahr 2010

wurde diese wichtige Grundlage zum zielgerichte-

ten Ausbau der Biomassenutzung und der unter-

stützenden Landesförderung in einer aktualisierten

Studie („Biomassepotenzialstudie Hessen: Stand

und Perspektiven der energetischen Biomassenut-

zung in Hessen“, 2008) veröffentlicht. Damit ist

eine wichtige Arbeitsgrundlage gegeben, um den

weiteren Ausbau der energetischen Biomassenut-

zung zielgerichtet zu planen. Um die Biomassenut-

zung nachhaltigen und effizient weiterzuentwickeln

und welche konkreten Maßnahmen dazu beitragen,

ist im „Biomasseaktionsplan Hessen 2020“ be-

schrieben.

Wenngleich die Öffentlichkeit der Bioenergie

grundsätzlich positiv gegenüber steht, lassen die

allseits diskutierten Aus-

bauszenarien erwarten,

dass der dafür notwendige

erweiterte Energiepflan-

zenanbau sowie die Um-

setzung eines breiten

Spektrums aus Kleinanla-

gen, aber auch einigen

Großanlagen, sowie wei-

tere Aspekte des Ausbaus

der Bioenergie eine sachgerechte Information und

Akzeptanzschaffung in der Öffentlichkeit erfor-

dern. Die Darstellung und Verbreitung der Ergeb-

nisse der Biomassepotenzialstudie, sowohl in ihrer

Gesamtbedeutung als auch hinsichtlich regionaler

Besonderheiten, leistet daher einen wesentlichen

Beitrag zu sachgerechten Diskussionen und zielge-

richteten Umsetzungsplanungen.

Im Rahmen des Biomasseaktionsplans Hessen

wurde als ein zukünftiges Handlungsfeld im Rah-

men des zukünftigen Ausbaus der Bioenergie eine

sachgerechte Information und Akzeptanzschaffung

in der Öffentlichkeit genannt. Ein weiteres Akti-

onsfeld ist die Nutzung „neuer Biomassen“. Neben

Mais als der Hauptenergiepflanze finden vermehrt

auch andere Energiepflanzen wie Miscanthus,

durchwachsende Silphie oder auch spezielle Ener-

gie-Wildpflanzenmischungen Beachtung.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Kritik am

Energiepflanzenanbau ist es wichtig über die Situa-

tion in Hessen zu informieren. Damit soll diese

Broschüre einen weiteren Beitrag zur sachgerech-

ten Information und Akzeptanzschaffung in der

aktuellen Diskussion zum Ausbau der Bioenergie

in Hessen leisten.

Lucia Puttrich

Hessische Ministerin für Umwelt, Energie,

Landwirtschaft und Verbraucherschutz

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4Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Einführung ins Thema

Energiepflanzenanbau in Hessen

Der Anbau nachwachsender Rohstoffe für die stoff-

liche, insbesondere aber auch für die energetische

Nutzung hat in den letzten Jahren kontinuierlich

zugenommen. Nach den aktuellen Zahlen der

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.

(FNR) werden bundesweit auf ca. 2,3 Mio. ha

landwirtschaftlichen Flächen nachwachsende Roh-

stoffe angebaut. Dies sind 19 % der Ackerflächen.

Der weitaus überwiegende Anteil der Pflanzen

(87 %) wird dabei anschließend zur Energieerzeu-

gung (in Form von Strom, Wärme und Kraftstof-

fen) genutzt. Damit stellt der Energiepflanzenanbau

ein wichtiges Standbein im Ackerbau und in der

Landwirtschaft insgesamt dar. Er schafft neue Ab-

satzwege, entlastet ehemals überfüllte Märkte ande-

rer Produkte vom Acker und trägt auch in deren

Märkten zur Preisstabilisierung bei. Letztlich wird

zusätzliche Wertschöpfung in unseren landwirt-

schaftlichen Betrieben und im ländlichen Raum

generiert. Dies ist uneingeschränkt zu begrüßen

und schlägt sich auch in den Wirtschaftsergebnis-

sen der Unternehmen nieder, die auf das zusätzli-

che Standbein Bioenergie gesetzt haben.

Dennoch darf man die zunehmende Kritik am

Energiepflanzenanbau nicht ignorieren, die gerade

in den letzten beiden Jahren verstärkt aufkommt.

Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduk-

tion, Intensivst-Landbewirtschaftung mit Tendenz

zur Monokultur Mais und nicht nachhaltige Boden-

bewirtschaftung sowie Pachtpreistreiberei sind die

wichtigsten Schlagworte, die in diesem Zusam-

menhang oft genannt werden. Wir nehmen diese

Einwände sehr ernst, sind doch in einigen Regionen

(Nord-)Deutschlands in der Tat Verhältnisse ent-

standen, wo der Silomais 50 % und vereinzelt sogar

noch höhere Anteile an der Fruchtfolge hat, weil

der neue Betriebszweig Biogaserzeugung ohne

Rücksicht bedingungslos

vorangetrieben wurde.

Ich möchte aber auch

klarstellen, dass wir in

Hessen solche Konkur-

renzverhältnisse – bedingt

durch die Bioenergie –

nicht haben. Hier wurden

Biogasinvestitionen stets mit Augenmaß verfolgt

und von vornherein auf gute Gesamtenergienut-

zungskonzepte geachtet. Unsere ca. 170 Biogasan-

lagen, die am Ende des Jahres 2011 in Betrieb wa-

ren, werden weitestgehend in bäuerlicher Hand

betrieben. Die zur Vergärung eingesetzten Wirt-

schaftsdünger und Energiepflanzen kommen aus

dem direkten Umfeld der Anlage, um die Zahl der

notwendigen Transporte so gering wie möglich zu

halten. Mit einem Anteil von gut 13 % Energie-

pflanzenanbau an der Ackerfläche, davon 3 %

Energiemais für Biogasanlagen, liegen wir in Hes-

sen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt und

sehen durchaus noch weitere Ausbaupotenziale.

Zum Vergleich: 1950, vor über 60 Jahren, wurden

bereits 18 % der Ackerflächen mit Energiepflanzen

– Hafer und Getreidegemenge für Ackerpferde und

Zugochsen – bestellt.

Dabei wird es auch zukünftig entscheidend darauf

ankommen, den weiteren Ausbau der energetischen

Biomassenutzung in regionalen Trägerschaften und

unter Investitionsbeteiligung der landwirtschaftli-

chen Betriebe zu forcieren, dann wird ein Abwägen

mit weiteren landwirtschaftlichen Interessenlagen

immer gewährleistet sein und die Synergieeffekte

werden bei Weitem überwiegen.

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5Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Diese Broschüre beschreibt den aktuellen Stand des

Energiepflanzenanbaus in Hessen, gibt in Pflan-

zenbau-Steckbriefen wichtige Anbauhinweise zu

den einzelnen Kulturen und beleuchtet abschlie-

ßend wirtschaftliche Aspekte zum Energiepflan-

zenanbau sowie die Auswirkungen auf den hessi-

schen Pachtmarkt.

Sie ist unter dem Dach der von der FNR geförder-

ten Regionalen Bioenergieberatung Hessen ent-

standen und ich danke den Autoren der einzelnen

beteiligten Institutionen herzlich für ihre engagierte

Mitwirkung. Möge die Broschüre auch dazu beitra-

gen, mitunter hitzig geführte Diskussionen zu ob-

jektivieren.

Andreas Sandhäger

Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

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6Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Was kann Bioenergie in Hessen leisten?

Thomas Raussen

Bioenergie ist kein „Auslaufmodell” für unsere

langfristige Energieversorgung. Eine zunehmend

regenerative Erzeugung von Strom, Wärme und

Kraftstoff wird auf einem ausgewogenen Mix der

verschiedenen erneuerbaren Energieträger beruhen,

bei der jeder seine Vorzüge einbringt. Dies ist bei

der Bioenergie insbesondere ihre Speicherfähigkeit

und damit ihr strategischer Einsatz im Energiemix.

Unter anderem deshalb spielt Bioenergie in den

Zukunftsszenarien des Bundesumweltministeriums

eine wichtige Rolle.

Hessische Perspektiven

Konkrete Ziele bestimmen die Planungen Hessens

für die Entwicklung regenerativer Energieerzeu-

gung. Durch effizientere Energienutzung und zu-

nehmende Erzeugung regenerativer Energien sollen

bis 2050 100 % des hessischen Energieverbrauchs

regenerativ erzeugt werden. Als Transitland und

Standort des Großverbrauchers Flughafen Frankfurt

ist in dieser Zielbeschreibung der Verkehrssektor

nicht berücksichtigt.

Bioenergie ist für die Erreichung des Ziels ein we-

sentlicher Faktor. 2009 machte sie mit 7 TWh pro

Jahr, das entspricht dem Energiegehalt von

700 Mio. Litern Heizöl, etwa 80 % des regenerati-

ven Energiemixes in Hessen aus. Zum Ende des

Jahrzehnts wird die Bioenergieproduktion voraus-

sichtlich bei 9 TWh/Jahr liegen, was dann bei ei-

nem zügigen Ausbau aller erneuerbaren Energie-

träger knapp die Hälfte der erneuerbaren Energie-

erzeugung ausmachen könnte.

Wie wird derzeit Bioenergie in Hessen erzeugt und

vor allem welche Ressourcen würden für den be-

schriebenen Ausbau benötigt? Diese Fragen wer-

den nachfolgend beantwortet. Grundlage ist eine

Studie, die das hessische Umweltministerium 2009

erstellen ließ (www.biomasse-hessen.de).

Abbildung: Endenergiebeitrag (Strom, Wärme, Kraftstoffe) der EE nach Energiequellenim Szenario 2011 A (Daten bis 2010 aus [AGEE-Stat 2011]; Stand Juli 2011)

Quelle:DLR/FrauhoferIWES/IfnE (2012):Langfristszenarienund Strategien fürden Ausbau dererneuerbaren Ener-gien in Deutschlandbei Berücksichtigungder Entwicklung inEuropa und global

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7Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Aktuelle Erzeugung hessischer Bioenergie

Heizen mit Holz ist die „klassische“ Bioenergie-

nutzung, die in Hessen weit verbreitet ist. Die pri-

vate Scheitholznutzung macht etwa 40 % der hessi-

schen Bioenergieerzeugung aus. Daneben wird

Holz in Form von Hackschnitzel und Pellets im

privaten und gewerblichen Bereich eingesetzt. Im

Kraftwerksbereich kommen auch Althölzer zum

Einsatz. Die organischen Anteile des Restmülls

werden bei dessen Nutzung in Heizkraftwerken

ebenfalls der regenerativen Energieerzeugung zu-

geschrieben. Stroh, Chinaschilf (Miscanthus) und

ähnliche Stoffe, die unter bestimmten Bedingungen

auch als Festbrennstoffe eingesetzt werden können,

spielen bisher nur eine untergeordnete Rolle. Dass

Festbrennstoffe den Hauptanteil der Bioenergie

Hessens liefern, zeigt die nachfolgende Abbildung.

Biogene Gase entstehen in landwirtschaftlichen

Biogasanlagen, bei der Vergärung biogener Abfäl-

le, in vielen Kläranlagen und auch bei der Entga-

sung der Abfalldeponien. Meist wird dieses Biogas

über Blockheizkraftwerke in Strom und Wärme

umgewandelt. Einige Anlagen bereiten das Biogas

auch auf Erdgasqualität auf und speisen in das Erd-

gasnetz ein. Zwischen 2004 und 2008 hat sich die

Erzeugung von Biogas in Hessen mehr als verdop-

pelt und zwischen 2008 und 2011 nochmals.

0

4.000

8.000

12.000

16.000

20.000

24.000

28.000

1 2 3 4 5 6

En

den

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/a)

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en

Bioenergie Windkraft Wasserkraft P-voltaik S-thermie Geothermie* ohne Verkehrssektor

Stand Endenergieverbrauch*

2005: 128.000 GWhAnteil regenerativer

Energien: 4,5%

Stand Endenergieverbrauch*

2008: 130.000 GWhAnteil regenerativer

Energien: 6,1%

Prognose Endenergieverbrauch*

2020: 105.000 GWhAnteil regenerativer

Energien: 20%

*ohne Verkehr

0

1

2

3

4

5

6

7

8

biogene Festbrennstoffe biogene Gase Biokraftstoffe Gesamt

TW

h/a

2004 2008

Bezugsjahr

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8Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Dennoch bleibt ein deutlicher Abstand zum Beitrag

der Festbrennstoffe, insbesondere der Holznutzung

im privaten Heizungsbereich.

Während Biokraftstoffe Mitte des vergangenen

Jahrzehnts einen Boom erlebten, stagniert die in-

ländische Produktion derzeit. Hessen verfügt über

Produktionsstätten für Biodiesel und Pflan-

zenölkraftstoff. Darüber hinaus werden Rohstoffe

(Rapssaat und in geringem Umfang Zuckerrüben)

auch außerhalb Hessens genutzt. Die Beiträge hes-

sischer Rohstoffe für die Biokraftstofferzeugung

haben sich zwischen 2004 und 2008 um knapp

50 % auf eine Größenordnung von über 60 Mio.

Litern Diesel erhöht. Raps ist auch die bei weitem

wichtigste Energiepflanze in Hessen, die etwa 9 %

der hessischen Ackerfläche nutzt. Zum Vergleich:

Silomais für Biogasanlagen wird lediglich auf etwa

3 % der hessischen Ackerfläche angebaut.

Zusammenfassend zeigt sich, dass im waldreichen

Bundesland aktuell mehr als drei Viertel der Bio-

energie aus Festbrennstoffen erzeugt werden und

sich das verbleibende Viertel relativ gleichmäßig in

biogene Gase und Biokraftstoffe aufteilt. Hinsicht-

lich der Herkünfte der eingesetzten Rohstoffe

stammen jeweils gut 40 % aus der Forst- und der

Reststoffwirtschaft und knapp 20 % aus der Land-

wirtschaft.

Potenziale zur Erzeugung von Bioenergie inHessen

Zur Abschätzung der hessischen Biomassepoten-

ziale wurden intensive Untersuchungen und Ab-

stimmungen durchgeführt. In den hessischen Land-

kreisen wurden die regionalspezifischen Aspekte

mit den Fachleuten vor Ort diskutiert. Auf dieser

Basis wurde das sogenannte technisch-ökologische

Potenzial für die einzelnen Bioenergieträger ermit-

telt, also der Anteil des theoretischen Biomassepo-

tenzials, der unter Abwägung technischer und öko-

logischer Bedingungen sowie anderer konkurrie-

render Nutzungen für eine energetische Nutzung

eingesetzt werden könnte. Insgesamt ist die vorge-

legte Potenzialermittlung als realitätsnah einzu-

schätzen. Nicht betrachtet wird bei dieser Ermitt-

lung, unter welchen ökonomischen Rahmenbedin-

gungen eine wirtschaftlich erfolgreiche Umsetzung

der ermittelten Potenziale erfolgen kann.

Unter Beachtung dieser Vorgaben und der regiona-

len Einschätzung hinsichtlich der verfügbaren An-

bauflächen, Reststoffe usw. zeigt die Potenzialer-

hebung grob gesagt, dass die bisherige Bioenergie-

nutzung etwas über die Hälfte der ermittelten Po-

tenziale von insgesamt 13,4 TW/a ausschöpft.

0

2.000

4.000

6.000

8.000

10.000

12.000

14.000

16.000

biogeneFestbrennstoffe

biogeneGase

biogeneTreibstoffe

Biomassegesamt

GW

h/a

Verbleibendes Potenzial: 6.400 GWh/aDerzeitige Nutzung: 6.950 GWh/a

Potenzialoption:

BioLiq auf Basis von

Festbrennstoffen / Stroh

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9Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Im Bereich der Biokraftstoffe wird in Hessen mit

seiner eher kleinräumigen Struktur kein wesentli-

ches Ausbaupotenzial gesehen. In Abhängigkeit

von den technischen Entwicklungen könnten Vor-

produkte für synthetische Biokraftstoffe in Hessen

erzeugt werden.

Bei den Festbrennstoffen ist zum einen noch ein

gewisses Waldrestholzpotenzial zu nennen und

zum anderen der Anbau schnellwachsender Bäume

und Pflanzen auf landwirtschaftlichen Flächen so-

wie die technisch nicht ganz einfache energetische

Nutzung gewisser Strohmengen.

Bei den biogenen Gasen spielen die Nutzung vor-

handener Reststoffe und die Ausweitung ihrer Er-

fassung sowie auch ein vertretbarer Ausbau der

Energiepflanzen und eine verstärkte Nutzung des

Grünlands eine Rolle.

Für die Abschätzung der Potenziale des Ackerlan-

des wurden Flächen für Sonderkulturen und Futter-

bau überhaupt nicht betrachtet und für die verblei-

benden Ackerflächen nur die jeweils in den Land-

kreisen für verfügbar erachteten. Somit wurde das

Potenzial auf knapp 110.000 ha in Hessen abge-

schätzt, gut 20 % der Ackerfläche (zum Vergleich:

aktuelle Energiepflanzenfläche 60.000 ha). Die

Nutzung dieser Flächen wird regional unterschied-

lich ausfallen. Hessenweit ist für das Jahr 2020 ein

Mix wie in der nachfolgenden Grafik vorstellbar.

Fazit

Die Ziele für den Ausbau der Bioenergie in Hessen

sind ohne wesentliche Einschränkungen für andere

Nutzungsformen erreichbar, bei gleichzeitig zu

verbessernder Energieeffizienz.

Die vorhandenen Potenziale begrenzen diesen

Ausbau zunächst nicht, allerdings werden zuneh-

mend auch schwieriger zu nutzende Rohstoffe und

ggf. auch Standorte zu entwickeln sein. Dazu wer-

den entsprechende angewandte Forschungsarbeiten

durchgeführt bzw. sind noch zu initiieren.

3%

2%

5%

10%30%

30%

20%

Mais

einjährigeEnergiepflanzen

zur Biogaserzeugung

Energieraps

Kurzumtriebsplantagen

Getreide-Ganzpflanzensilage

Miscanthus

zur energetischenNutzung

zur stofflichenNutzung

sonstige NawaRo zurstofflichen Nutzung

Verfügbare Anbauflächefür NawaRo:109.300 ha

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10Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Umfang des Energiepflanzenanbaus in der hessischen Landwirtschaft

Klaus Wagner, Björn Staub

Die starke Zunahme der Biogasanlagen im Jahr

2011 sowie die Kontroversen über den Kraftstoff

E 10 hat sie wieder neu entfacht: die Diskussion

um den Anbau von Energiepflanzen. Monokultu-

ren, „Teller-Tank“ und „Vermaisung der Land-

schaft“ sind hier die verbreiteten Schlagworte.

Unzweifelhaft ist es richtig, die Entwicklungen im

Bereich der Bioenergie kritisch zu begleiten. Die

nachfolgenden Informationen sollen verdeutlichen,

dass die Situation in Hessen vergleichsweise ent-

spannt ist. Auf Basis der aktuell verfügbaren Daten

2011 werden derzeit in Hessen 809.000 ha land-

wirtschaftliche Fläche bewirtschaftet. Diese unter-

gliedert sich in:

490.000 ha Ackerland

(inkl. Dauerkulturen) = 61 %

295.000 ha Dauergrünland = 36 %

24.000 ha sonstige Flächen

(Hausgärten, Blühstreifen etc.) = 3 %

Die Nutzung der hessischen Ackerfläche wird im

Wesentlichen durch den Getreideanbau auf knapp

zwei Dritteln der Ackerfläche dominiert.

Biogas

Im Oktober 2011 waren in Hessen 150 Biogasanla-

gen am Netz, von denen etwa 90 % ihre Energie

vorwiegend aus Energiepflanzen produzierten.

10 % der Biogasanlagen nutzen Rest- und Abfall-

stoffe für die Biogasproduktion. Zusammen produ-

zierten die Anlagen den Strom für etwa 100.000

hessische Haushalte. Wie groß ist die Energie-

pflanzenfläche, die dafür erforderlich ist?

Anhand der wichtigsten Energiepflanze Mais zeigt

sich, dass die oft geäußerte Meinung, der Silo-

maisanbau nehme überhand, bei einer Gesamtbe-

trachtung nicht bestätigt wird. Die Silomaisanbau-

fläche erreichte mit 40.575 ha in 2011 allmählich

wieder das Niveau von Anfang der 1980er Jahre.

Damit werden in Hessen auf 8,3 % des Ackerlands

Silomais angebaut. Addiert man Körner- und Zu-

ckermais sowie CornCobMix (CCM)-Flächen hin-

zu, so beträgt die Maisanbaufläche in Hessen ins-

gesamt 46.200 ha (9,4 % der Ackerfläche).

.

(Quelle: Auswertung LLH unter Verwendung von Daten des Hessischen StatistischenLandesamts, ab 2007 Antragsdaten EU-Agraranträge)

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11Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Im Vergleich ist dieser Anteil gering. So liegen die

Anteile der Maisanbaufläche im Bundesgebiet bei

ca. 19 % und in Niedersachsen bereits bei 30 %.

Von der gesamten hessischen Maisfläche sind

14.100 ha Energiemais, was knapp 3 % der hessi-

schen Ackerfläche entspricht

Orientiert man sich an den Inputmengen der im

hessischen Arbeitskreis organisierten Biogasanla-

genbetreiber – genauere statistische Daten über die

energetische Verwendung der NawaRo liegen nicht

vor – so wird ca. 62 % des produzierten Biogases

aus Silomais erzeugt. Mit Stand Oktober 2011 wa-

ren in Hessen 150 Biogasanlagen in Betrieb mit

einer gesamten installierten Leistung von ca.

57 MWel.

Demzufolge wird etwa 35 MWel der installierten

Biogasleistung aus Silomais abgedeckt, was bei

einem Flächenbedarf von 0,4 ha je kWel (bei einem

durchschnittlichen Frischmasseertrag von 50 t/ha)

einen Gesamtflächenbedarf an Energiemais von ca.

14.100 ha ergibt. Damit sind etwa 35 % der aktuel-

len Silomaisfläche in Hessen dem Energiemaisan-

bau für Biogasanlagen zuzurechnen.

Aus den Aufzeichnungen der Einsatzstoff-

Tagebücher der im Arbeitskreis organisierten Bio-

gasanlagenbetreiber ist ferner ersichtlich, dass ca.

11 % der erzeugten Energie aus dem Einsatz von

Getreidekorn und Getreide-Ganzpflanzensilage

gewonnen wird. Rechnet man auch dies auf die

Anbaufläche hoch, so ergibt sich aus einem spezifi-

schen Flächenbedarf von 0,6 ha Getreide je kWel

(bei 35 t FM Getreide-GPS/ha) ein Anbauumfang

von Getreide für die Vergärung in Biogasanlagen

von ca. 3.800 ha in Hessen.

Eine gezielte Grünlandnutzung für energetische

Zwecke findet allenfalls im näheren Umfeld von

Biogasanlagen statt, wenn überschüssige 3. und 4.

Schnitte mitvergoren werden. Der erste und zweite

Grünlandschnitt, die den Hauptertrag liefern, wer-

den jedoch für die Rindvieh- und Milchviehfütte-

rung verwendet. Insofern ist eine Zuordnung von

Grünlandflächen zur energetischen (Haupt-)Nut-

zung nicht gerechtfertigt. Zunehmende Beachtung

wird der Verwertung von Zuckerrüben in Bio-

gasanlagen geschenkt, die in Norddeutschland be-

reits in größerem Umfang praktiziert wird. Zucker-

rüben haben ein hohes Flächenertragspotenzial und

ihr hoher Kohlenhydrat- und Zuckergehalt ist in

Biogasanlagen sehr leicht und schnell vergärbar.

Kostenintensiv und technisch aufwändig ist noch

die notwendige Reinigung und Lagerung, doch hier

werden ständig neue Verfahren getestet. Auch erste

hessische Biogasanlagenbetreiber setzen Zuckerrü-

ben bereits als Rohstoff ein.

Ethanol

In Hessen ist keine Ethanolproduktionstätte ansäs-

sig. Dennoch werden ca. 800 ha oder 5 % der ge-

samten Zuckerrübenanbaufläche (15.500 ha) in

Hessen im Rahmen von Industrierüben-Anbau-

verträgen für die Bioethanolherstellung angebaut.

Über den Anbau von Getreide (Weizen, Triticale)

für die Bioethanolherstellung liegen keine Daten

vor, die eventuell gehandelten Mengen übersteigen

aber nicht 4.000 t/a.

Biodiesel / Pflanzenöl

Den größten Flächenanteil der Energiepflanzen in

Hessen nimmt Raps ein. Etwa 70 % des erzeugten

Rapsöls gehen in die Produktion von Pflanzenöl-

und Biodieselkraftstoff. Das entspricht einer jährli-

chen Menge von 70 Millionen Litern (ausreichend

für 1 Mrd. PKW-Kilometern oder 50.000 PKW mit

je 20.000 km Jahresleistung). Für diese Produktion

werden ca. 45.000 ha mit Raps bestellt, was 9 %

der hessischen Ackerfläche entspricht.

Energiehölzer / Energiegras

Auf 224 ha Ackerfläche werden 2011 schnellwach-

sende Energiehölzer angebaut. Dabei handelt es

sich überwiegend um Anbauflächen des Heiztech-

nikherstellers Viessmann im Raum Allendorf

(Eder), der sich verstärkt mit der thermischen Ver-

wertung von sogenannten Kurzumtriebsplantagen

(KUP) beschäftigt. Darüber hinaus sind von Hes-

senforst seit 1987 auf über 30 ha Testflächen mit

Energieholzanbau auf forstfiskalischen Flächen

angelegt worden.

Schließlich steht in Hessen auf 184 ha das Energie-

gras Miscanthus, welches ebenfalls überwiegend –

aber nicht gänzlich – für die thermische Verwer-

tung als Brennstoff angebaut wird.

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12Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Fazit

Der Energiepflanzenanbau in Hessen lässt sich in

nachstehender Tabelle zusammenfassen.

Damit liegt der Energiepflanzenanbau in Hessen

merklich unter dem Bundesdurchschnitt, der von

der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe für

2011 mit ca. 16,5 % des Ackerlandes ausgewiesen

wird.

Auf ca. 18.000 ha werden Energiepflanzen für Bio-

gasanlagen angebaut. Das sind 3,6 % des Acker-

landes oder 2,2 % der landwirtschaftlich genutzten

Fläche.

An diesen Zahlen wird deutlich, dass in Hessen bei

Weitem nicht die Flächenkonkurrenz durch ver-

stärkten Energiepflanzenanbau zu anderen Nut-

zungsrichtungen wie der Nahrungs- und Futtermit-

telproduktion besteht und weitere Ausbaupotenzia-

le realistisch erschließbar erscheinen.

Tabelle: Energiepflanzenanbau in Hessen im Jahr 2011

Kultur, Nutzungsrichtung Anbauumfang

Raps zur Pflanzenöl- und Biodieselherstellung 45.000 ha

Silomais für Biogasanlagen 14.100 ha

Getreide für Biogasanlagen 3.800 ha

Getreide für Bioethanol-Herstellung 500 ha

Zuckerrüben für Biogasanlagen 200 ha

Zuckerrüben für Bioethanol-Herstellung 800 ha

Energieholz-Plantagen 224 ha

Miscanthus-Energiegras 184 ha

Summe 64.808 ha

… in Prozent der Ackerfläche 13,2 %

… in Prozent der LF 8,0 %

(Quelle: EU-Agrarantragsdaten 2011, Daten und Schätzungen der ErzeugergemeinschaftNawaRo Hessen, eigene Berechnungen)

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13Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Wirtschaftliche Aspekte des Energiepflanzenanbaus für Biogasanlagen

Björn Staub, Klaus Wagner

Der Anbau von Energiepflanzen hat in den letzten

Jahren stark zugenommen. Der Bau von landwirt-

schaftlichen Biogasanlagen, die neben Wirtschafts-

düngern, wie Gülle und Festmist, Energiepflanzen

vergären, aber auch die Erweiterung bestehender

Anlagen mit sogenannten Satelliten-BHKW führen

zu einer verstärkten Nachfrage nach Biomasse.

Silomais stellt hierbei unter den Energiepflanzen

das am häufigsten eingesetzte Substrat dar. Durch

hohe Flächenerträge und eine durchschnittliche

Gasausbeute von etwa 650 Nm³/t TM ist im Ver-

gleich zu anderen nachwachsenden Rohstoffen ein

vergleichsweise hoher Biogasertrag pro Hektar

kostengünstig zu erzielen.

Biogasanlagenbetreiber setzen hierbei überwiegend

Biomasse von eigenen Acker- und Grünlandflächen

ein. In vielen Fällen werden darüber hinaus aber

auch Substrate von anderen landwirtschaftlichen

Betrieben zugekauft.

Die Basis für den Substratzukauf bilden Substrat-

lieferverträge, die zwischen Produzent und Anla-

genbetreiber abgeschlossen werden. Neben der an-

zubauenden Substratart und der vorgesehenen

Menge sind Anbau- und Qualitätsparameter zu re-

geln. Eine für beide Parteien faire Vertragsgestal-

tung ist die Basis für eine langfristige Zusammen-

arbeit. Zentrales Thema bei der Vertragsgestaltung

ist, abhängig von der Laufzeit der Verträge, die

sachgerechte Preisgestaltung für die zu vergärende

Biomasse.

Zu unterscheiden sind hierbei zwei verschiedene

Betrachtungsweisen:

Abb. 1: Betrachtungsweisen von Substratanbauer und Anlagenbetreiber

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14Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Um den Mindestpreis, den ein Anbauer von Ener-

giepflanzen für die produzierte Biomasse (z. B.

Silomais, Ganzpflanzensilage oder Zuckerrüben)

erhalten sollte, festlegen zu können, wird die di-

rektkostenfreie Leistung beim Anbau einer Refe-

renzfrucht (z. B. Druschweizen) kalkuliert. Nach-

folgendes Beispiel in Tabelle A zeigt, dass beim

Anbau von Getreidekorn bei einem Ernteertrag von

8 t/ha und einem Erlös von 180,- €/t nach Abzug

der Kosten für Saatgut, Pflanzenschutz, Düngung

und Arbeitserledigung eine direktkostenfreie Leis-

tung von 237,- €/ha erzielbar ist. Dies ist Grundlage

für die weiterführende Berechnung. Es ist darüber

hinaus auch möglich, nicht eine einzelne Kultur als

Basis zu verwenden, sondern den Durchschnitt

über eine Fruchtfolge (Winterweizen – Wintergers-

te – Winterraps) als Referenz anzusetzen.

Unterstellt der Anbauer nun die beim Druschwei-

zen zu erzielende direktkostenfreie Leistung von

237,- €/ha auch für die Biogassubstrate, so ist für

Silomais bei einem Ertragsniveau von 50 t Frisch-

masse (FM)/ha unter Berücksichtigung der an-

teiligen Rücklieferung von Gärresten ein Preis von

21,20 €/t FM für den Verkauf ab Feld notwendig.

Ernte-, Transport- und Silierkosten gehen hierbei

zu Lasten des Anlagenbetreibers. Wird Getreide-

Ganzpflanzensilage vermarktet, so wäre bei einem

Ertrag von 35 t FM/ha ein Mindestpreis von

28,50 €/t FM notwendig, um die direktkostenfreie

Leistung von Druschweizen zu erzielen.

Diese Betrachtungsweise kann analog für andere

Ackerkulturen durchgeführt werden und kommt bei

der Zuckerrübe, die insbesondere zukünftig bei der

bedarfsgerechten Bereitstellung von Strom eine

wesentlich größere Rolle spielen wird, bei einem

Hektarertrag von 65 t FM auf einen notwendigen

Preis von 19,70 €/t FM ab Feld.

Der Biogas-Anlagenbetreiber hat vorrangiges Inte-

resse daran, Substrate zu erhalten, die einen hohen

organischen Trockenmassegehalt haben, über ein

möglichst hohes Methanbildungspotenzial verfü-

gen, sich gut in der Biogasanlage vergären lassen

und auf nahe zum Anlagenstandort gelegenen Flä-

chen angebaut werden. Nur so kann gewährleistet

werden, dass möglichst niedrige Rohstoffkosten (in

der Praxis werden diese in ct/kWh angegeben)

verursacht werden.

Um die Gesamtkosten für den Anlagenbetreiber zu

ermitteln, müssen beim Kauf ab Feld neben den

eigentlichen Rohstoffkosten noch die Aufwendun-

gen für Ernte, Transport, (Aufbereitung) und Lage-

rung in die Betrachtung einfließen. Nach Abzug

von Ernte- und Lagerverlusten kann unter Berück-

sichtigung des Biogasbildungspotenzials und des

entsprechenden Methangehaltes der Gesamtener-

gieertrag bestimmt werden. Setzt man diesen Wert

in Verhältnis zu den entstandenen Gesamtkosten,

so können die Rohstoffkosten je Energieeinheit für

jedes Substrat ermittelt werden. Die Gegenüberstel-

lung unterschiedlicher Substrate zeigt, dass Silo-

mais hierbei aus Sicht des Anlagenbetreibers die

niedrigsten Substratkosten verursacht (siehe Tabel-

le B).

In der Vertragspraxis wird oft ein Preiskorridor

vereinbart, in dem die Preise für den Handel von

Energiepflanzen in Abhängigkeit von der Preisent-

wicklung für alternative Marktfrüchte auf Acker-

flächen von Jahr zu Jahr angepasst werden. Dabei

ist klar, dass der Energiepflanzenanbau ökono-

misch nicht mit Spitzenpreisen im Getreideanbau

von beispielsweise über 250 €/t mithalten kann.

Das können Biogasanlagen wirtschaftlich nicht

verkraften und es lohnt sich dann eher, diese still-

zulegen. Andererseits bietet der Energiepflan-

zenanbau aber auch eine Preisabsicherung nach

unten und gewährleistet nachhaltig über mehrere

Jahre eine angemessene Entlohnung aller einge-

setzten Produktionsverfahren. Insofern kann der

Energiepflanzenanbau aus Sicht des Ackerbauers

ein durchaus willkommener Produktionszweig zur

Diversifizierung und Risikoabsicherung des Ge-

samtbetriebes sein.

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15Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Tab. A: Vergleich der direktkostenfreien Leistung aus Sicht des Substratanbauers

Weizen Weizen-GPS Silomais Ackergras

Position Einheit (Drusch) (BGA) (BGA) (BGA)

Ertrag t FM/ha 8,0 35,0 50,0 36,0

TM-Gehalt TM (%) 87 35 33 35

t TM/ha 7,0 12,3 16,5 12,6

Preis €/t FM 180,00 28,50 21,20 24,94

€/t TM 81,43 64,25 71,26

Energiepflanzenprämie €/ha 0 0 0

Erlös €/ha 1.440 998 1.060 898

Saatgutkosten €/ha 81 81 180 160

Düngerkosten €/ha 362 50 70 126

Pflanzenschutzmittel €/ha 185 130 70 0

Arbeitserledigungskosten €/ha 575 499 503 375

Direktkosten €/ha 1.203 760 823 661

DK-freie Leistung €/ha 237 237 237 237

Energierübe Zuckerhirse Dauergrün- Wildpflanzen

Position Einheit (BGA) (BGA) land (BGA)

Ertrag t FM/ha 65,0 58,0 28,0 25,0

TM-Gehalt TM (%) 23 28 35 28

t TM/ha 15,0 16,0 9,8 7,0

Preis €/t FM 19,71 17,59 25,94 24,90

€/t TM 85,69 62,81 74,10 88,93

Energiepflanzenprämie €/ha 0 0 0 0

Erlös €/ha 1.281 1.020 726 623

Saatgutkosten €/ha 225 140 40 100

Düngerkosten €/ha 60 70 100 50

Pflanzenschutzmittel €/ha 229 70 0

Arbeitserledigungskosten €/ha 529 503 349 235

Direktkosten €/ha 1.044 783 489 385

DK-freie Leistung €/ha 237 237 237 237

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16Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Tab. B: Vergleich der Substratkosten aus Sicht des Anlagenbetreibers

Weizen Weizen-GPS Silomais Ackergras

Position Einheit (Drusch) (BGA) (BGA) (BGA)

Ertrag t FM/ha 8,0 35,0 50,0 36,0

TM-Gehalt TM (%) 87 35 33 35

Ertrag t TM/ha 7,0 12,3 16,5 12,6

Preis €/t FM 180,00 28,50 21,20 24,94

Substratpreis €/ha 1.440 998 1.060 898

Erntekosten €/ha 262 315 552

Lager-/ Aufbereitungskosten €/ha 111 106 151 109

Siloabdeckung €/ha 14 20 14

Gesamtkosten €/ha 1.551 1.379 1.546 1.573

Silier-/ Lagerverluste % 2 10 10 10

Korn- / Siloertrag t TM/ha 6,8 11,0 14,9 11,3

Gehalt org. Trockensubstanz oTS % 97 95 95 90

Biogasertrag l/kg oTS 730 620 650 580

Methangehalt % 52 53 52 55

Energieertrag (Methan) kWh/ha 25.060 34.340 47.840 32.450Substratkosten je

Energieeinheit (Methan)ct./kWh 6,19 4,02 3,23 4,85

Substrat-Vollkosten €/t FM 193,90 39,40 30,92 43,69

Energierübe Zuckerhirse Dauergrün- Wildpflanzen

Position Einheit (BGA) (BGA) land (BGA)

Ertrag t FM/ha 65,0 58,0 28,0 25,0

TM-Gehalt TM (%) 23 28 35 28

Ertrag t TM/ha 15,0 16,0 9,8 7,0

Preis €/t FM 19,71 17,59 25,94 24,90

Substratpreis €/ha 1.281 1.020 726 623

Erntekosten €/ha 480 315 335 250

Lager-/ Aufbereitungskosten €/ha 326 175 84 75

Siloabdeckung €/ha 26 23 11 10

Gesamtkosten €/ha 2.113 1.533 1.157 958

Silier-/ Lagerverluste % 10 10 10 15

Korn- / Siloertrag t TM/ha 13,5 14,4 8,8 6,0

Gehalt org. Trockensubstanz oTS % 90 90 90 90

Biogasertrag l/kg oTS 700 610 600 500

Methangehalt % 53 52 53 53

Energieertrag (Methan) kWh/ha 45.100 41.130 25.180 14.310

Substratkosten je

Energieeinheit (Methan)ct./kWh 4,69 3,73 4,59 6,69

Substrat-Vollkosten €/t FM 32,51 26,43 41,32 38,32

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17Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Ölpflanzenanbau für die Biodiesel- und Pflanzenöl-Produktion

Georg Dierschke

In Hessen ist Winterraps mit einer Anbaufläche zur

Ernte 2011 von 65.300 ha (Quelle: www.statistik-

hessen.de) und einer Produktionsmenge von

218.000 t Rapssaat die wichtigste Ölpflanze. In

sehr geringem Umfang werden Sonnenblumen,

Öllein und Sojabohnen angebaut.

Die Rapssaat wird zum überwiegenden Teil über-

regional (in den großen Ölmühlen in Mannheim,

Mainz, Hamm und Neuss) und in geringen Mengen

von ca. zehn Kleinölmühlen in Kaltpressverfahren

verarbeitet. Es entstehen aus den 218.000 t

Rapssaat ca. 87.000 t Rapsöl als Energie- und Le-

bensmittel und als Nebenprodukt der Ölherstellung

122.000 t Rapsschrot als Viehfutter. Dieses Raps-

schrot ist durch seine ca. 30 % Rohprotein (Eiweiß)

sehr wertvoll. Rapsschrot wird über den Tierma-

gen veredelt und landet dann als Milch, Ei und

Fleisch auf unseren Tellern. Die Verwendung des

Rapsöls kann nur anhand von bundesweiten Ver-

brauchszahlen (Quelle: Ufop) hochgerechnet wer-

den. Danach wird Rapsöl zu 70 % im energetischen

Bereich, bevorzugt als Treibstoff (Biodiesel und

Rapsöl) und zu 30 % als Lebensmittel verwendet.

In Hessen produzieren zwei Hersteller Biodiesel

aus Rapsöl: Cargill in Frankfurt (200.000 t) und

KFS-Biodiesel in Kaufungen (50.000 t). Es wird in

Hessen also mehr Rapsöl im Energiebereich ge-

nutzt als aus hessischer Produktion erzeugt werden

kann. Über 85 % des Rapsöls (Quelle:

www.ufop.de) zur energetischen Verwendung die-

nen über die Beimischung zum Mineraldiesel

(7 Vol.-%) der Mobilität. Aufgrund der Besteue-

rung der reinen Biokraftstoffe (18,6 Cent/l Energie-

steuer) ist der Einsatz von reinem Biodiesel und

Rapsöl sehr stark zurückgegangen und macht nur

noch wenige Prozent der gesamten Biokraftstoff-

menge aus.

Ein weiteres Einsatzfeld für Rapsöl im Energiebe-

reich ist der Einsatz als Heizstoff bzw. Zündöl in

Motoren von Blockheizkraftwerken, die Strom und

Wärme erzeugen.

Getreide- und Zuckerrübenanbau für die Bioethanolerzeugung

Georg Dierschke

Getreide in Form von Weizen, Roggen und Mais

sind mit gesamt 298.900 ha die flächenstärksten

Kulturen auf Hessens Äckern. Zuckerrüben wach-

sen auf 14.900 ha.

In Hessen wird Ethanol zur Beimischung (5 bis

10 Vol.-%) ins Benzin nicht hergestellt. Es werden

lediglich vertraglich ca. 800 ha Zuckerrüben für die

Ethanolfabrik in Zeitz (Sachsen-Anhalt) angebaut.

Da der Transport nach Zeitz aber nicht lohnend

wäre, werden die Zuckerrüben in Hessen (Wabern)

zu Zucker verarbeitet und im Lebensmittelbereich

vermarktet und im Gegenzug aus dem Gebiet rund

um Zeitz Zuckerrüben zu Ethanol verarbeitet, die

vertraglich eigentlich als Lebensmittel vorgesehen

waren. Mit Getreide läuft es ähnlich, sodass auch

hier Hessens Bauern nur virtuell auf dem Papier

Ethanolgetreide anbauen.

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18Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Einjährige Energiepflanzen

Steckbrief Raps (Brassica napus)

Kurzbeschreibung Raps ist eine einjährige Kulturpflanzeaus der Familie der Kreuzblütenge-wächse, die bis zu 2 m hoch wird. Anden gelben, in lockeren Trauben ste-henden Blüten bilden sich 5–20 cmlange Schoten mit mehreren kugeligenblauschwarzen bis blaubraunen Samen.

Energetische Nutzung Pflanzenöl: Einsatz als Reinkraftstoffin umgerüsteten Motoren (hauptsäch-lich im Bereich Land- und Forstwirt-schaft) oder Einsatz in BHKW zurStrom- und Wärmeerzeugung

Biodiesel: Einsatz als Reinkraftstoffbzw. als Beimischung zu Dieselkraft-stoff

Verbreitung in Hessen In Hessen wurde 2011 auf rund 65.000 ha, das sind ca. 14 % der Ackerfläche,Raps angebaut. Die geerntete Rapssaat wird i. d. R. zu Rapsöl weiterverarbei-tet. Ungefähr 70 % der Rapsernte werden für die Kraftstoffproduktion genutzt.Davon dürften etwa 15 % in die Pflanzenölproduktion gehen, die restlichen85 % werden zur Herstellung von Biodiesel verwendet. Regional können sichdiese Menge auch anders aufteilen.Bei einem Ölgehalt von 40 % werden in Hessen rund 4.800 t Pflanzenölkraft-stoff und 65.000 t Biodiesel auf der Basis von Raps erzeugt. Die Nebenproduk-te, wie Rapsextraktionsschrot und Rapspresskuchen, werden in der Tierfütte-rung eingesetzt.

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Bezüglich des Standorts ist der Winterraps relativ anspruchslos, es solltenlediglich ausreichend Niederschläge (mind. 600 mm) für gute Erträge vorhan-den sein. Der Anbau von Raps ist etabliert, die benötigte Aussaat-, Pflege- undErntetechnik ist üblicherweise vorhanden.

Ertrag Je nach Sorte, Standort und Wachstumsbedingungen werden Kornerträge zwi-schen 3 und 5 t/ha erzielt. Der hessische Durchschnittsertrag liegt zwischen 3,2und 3,9 t/ha. Bei einem Ölgehalt von 40 % können rund 1,3 t Rapsöl je Hektarerzeugt werden, woraus wiederum rund 1,2 t Biodiesel hergestellt werdenkönnen.

Lagerung Einlagerung der Körner in Hoch- und Flachlagersilos

Heizöläquivalent (brutto) Raps-Pflanzenöl: 1.300 l/haBiodiesel: 1.200 l/ha

CO2-Einsparung (brutto) bei Nutzung des Raps-Pflanzenöls als Kraftstoff:2,3 t CO2/ha

bei Nutzung des Biodiesels aus Rapsöl als Kraftstoff:1,8 t CO2/ha

bei Nutzung des Raps-Pflanzenöls über ein BHKW:Strom: 3,2 t CO2/ha; Wärme: 1,5 t CO2/ha

Quelle: Witzenhausen-Institut

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19Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Steckbrief Zuckerrübe (Beta vulgaris subsp. vulgaris var. altissima)

Kurzbeschreibung Einjährige Kulturpflanze mit großenfleischigen Blättern und einem keil-förmigen Rübenkörper

Energetische Nutzung Substrat in Biogasanlagen undEinsatz zur Bioethanolherstellung

Verbreitung in Hessen Insgesamt wurden 2011 in Hessen aufrund 3,1 % der Ackerflächen(14.900 ha) Zuckerrüben angebaut.Die regionalen Schwerpunkte desZuckerrübenanbaus liegen in Nord-hessen im Einzugsbereich der Zucker-fabrik Wabern sowie in Südhessen.Für die Erzeugung von Bio-Ethanolwerden in Hessen ca. 800 ha Zuckerrüben angebaut. Diese werden jedochnicht direkt zu Bioethanol verarbeitet, sondern nach buchhalterischen Grund-lagen mit Rüben verrechnet, die in einem Werk in Sachsen-Anhalt zu Bio-ethanol verarbeitet werden. Wie hoch der Anteil der Rüben ist, welche zurBiogaserzeugung eingesetzt werden, kann lediglich abgeschätzt werden (ca.200 ha). Es wird allerdings davon ausgegangen, dass diese zunehmend inBiogasanlagen eingesetzt werden.

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Die Zuckerrübe stellt hohe Anforderungen an den Boden: Es wird ein gutdurchwurzelbarer Boden ohne Schadverdichtungen (besonders eignen sichLehm- und Lössböden) mit guter Nährstoff- und einer sicheren Wasserversor-gung (mind. 500 mm Niederschlag) benötigt. Die Keimung erfolgt erst beiMindesttemperaturen von 4 °C; warme Temperaturen fördern die Entwick-lung; warme Tage und kühle Nächte im September/Oktober führen zu einemansteigendem Zuckergehalt. Hinsichtlich der Sortenwahl und Produktions-technik auf dem Acker unterscheidet sich der Anbau von Zuckerrüben zurEnergieproduktion nicht vom Anbau der Zuckerrüben zur Nahrungsmittelpro-duktion. Sowohl Anbau- als auch Ernteverfahren und -technik sind etabliert.

Ertrag Je nach Sorte, Standort und Wachstumsbedingungen werden Erträge von40 bis zu 70 t FM je Hektar erzielt.Der Biogasertrag liegt bei ca. 150 m³ je t Frischmasse (Methangehalt: 52 Vol.-%). Somit können bei einem mittleren Ertragsniveau (55 t FM) ungefähr4.300 m³ Methan/Hektar erzielt werden.Der Ethanolertrag liegt bei über 100 l/t FM. Somit können bei einem mittlerenErtragsniveau rund 5.800 l pro Hektar erzeugt werden.

Lagerung: bei Biogaserzeugung: Reinigung (insbesondere bei sandigen Böden); Zerklei-nerung und Einsilierung; Überlagerung auf dem Feldbei Bioethanolherstellung: keine Lagerung notwendig

Heizöläquivalent (brutto) bei Biogaserzeugung: 4.300 l/habei Bioethanolherstellung: 3.400 l/ha

CO2-Einsparung (brutto) bei Nutzung des erzeugten Biogases über BHKW:Strom: 10,8 t CO2/ha; Wärme: 3,1 t CO2/ha

bei Erzeugung von Bioethanol:5,8 t CO2/ha

Quelle: FNR

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20Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Steckbrief Silomais (Zea mays)

Kurzbeschreibung Mais ist eine ursprünglich aus Me-xiko stammende einjährige Pflan-zenart aus der Familie der Süßgrä-ser.Je nach Verwendung des Erntegutesspricht man von Körner- oder Silo-mais. Als C4-Pflanze mit einengeringen Wasserbedarf und nurmäßigen Ansprüchen an den Bodenist Mais in Deutschland eine verbrei-tete Kulturpflanze und gilt zurzeitals „wichtigste Biogaspflanze“.

Energetische Nutzung Substrat in Biogasanlagen

Des Weiteren kann auch CCM (Corn-Cob-Mix) zur Biogaserzeugung einge-setzt werden sowie Maiskörner zur Bio-Ethanolherstellung. Beide Produkti-onsverfahren sind in Hessen jedoch nicht relevant.

Verbreitung in Hessen In Hessen wurden 2011 auf rund 40.500 ha, das entspricht rund 8,3 % dergesamten Ackerfläche Hessens, Silomais angebaut. Darin enthalten sindetwa 14.100 ha Silomais-Anbaufläche für energetische Nutzung.

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Mais wird Mitte bis Ende April in Reihensaat mit speziellen Einzelkornsä-geräten gelegt. Für die Keimung sind Bodentemperaturen von 8 bis 10 °Cerforderlich. Für die Kornentwicklung ist besonders in der Zeit vom Rispen-schieben bis zu zwei Wochen nach der Blüte eine gute Wasserverfügbarkeitwichtig. Auf Standorten mit einem ausreichendem Wasserangebot kannMais auch als Zweitfrucht, z. B. nach Grünroggen, angebaut werden, wobeider letztmögliche Saattermin in günstigen Lagen Anfang Juni sein sollte.Für die Biogaserzeugung werden gegebenenfalls Sorten mit einem höherenBiomassebildungsvermögen eingesetzt.Grundsätzlich unterscheidet sich der Anbau von Silomais für Futterzweckenicht von dem Anbau für die Biogaserzeugung, sodass etablierte Anbau-und Ernteverfahren sowie ein gutes Know-how der Betriebsleiter zur Verfü-gung stehen.

Ertragserwartung (brutto) Je nach Sorte, Standort und Wachstumsbedingungen werden Erträge von 40bis zu 60 t Frischmasse je Hektar erzielt. Der Biogasertrag liegt bei ca.200 m³ je t Frischmasse (Methangehalt: 52 Vol.-%). Somit können bei ei-nem mittleren Ertragsniveau (44 t FM) ungefähr 4.600 m³ Methan/Hektarerzielt werden.

Lagerung unter Luftabschluss in Flachsilos

Heizöläquivalent (brutto) 4.600 l/ha

CO2-Einsparung (brutto) bei Nutzung des erzeugten Biogases über BHKW:Strom: 11,5 t CO2/ha; Wärme: 3,3 t CO2/ha

Quelle: Witzenhausen-Institut

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21Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Steckbrief Grünroggen (Secale cereale)

Kurzbeschreibung Roggen ist eine in den gemäßigtenBreiten verbreitete Getreideart ausder Familie der Süßgräser. In Europawird vor allem Winterroggen ange-baut, während Sommerroggen eineuntergeordnete Bedeutung hat.Als Grünroggen wird Roggen be-zeichnet, der zur Zeit des Ähren-schiebens Anfang bis Mitte Mai alsGanzpflanze zur Silageerzeugunggeerntet wird.

Energetische Nutzung Substrat in Biogasanlagen

Verbreitung in Hessen In Hessen wurde 2011 auf rund 13.900 ha (das entspricht ca. 3 % der Acker-fläche) Roggen angebaut. Schwerpunkte des Roggenanbaus sind die Land-kreise Fulda und Marburg-Biedenkopf. Der Anteil des Roggens, der alsGrünroggen zur Biogasgewinnung eingesetzt wird, kann allerdings nichtgenau quantifiziert werden. Nach einer Auswertung der Einsatzstoff-Tagebücher der im Arbeitskreis Biogas organisierten Anlagenbetreiber wirdauf mindestens 700 ha Grünroggen angebaut.

Standortansprüche,Anbau, Ernte

Die Standortansprüche von Roggen sind im Vergleich zu anderen Getreide-arten, z. B. Weizen, meist geringer. Die Aussaat von Roggen zur Herstel-lung von Grünroggensilage erfolgt im September. Die ausgewählten Sortenweisen ein früher einsetzendes Massenwachstum und eine größere Wuchs-länge auf als Sorten, die zur Kornerzeugung eingesetzt werden. Die Ernteerfolgt üblicherweise Anfang bis Mitte Mai des darauf folgenden Jahres beieinem TM-Gehalt von ca. 20 % mit einem Feldhäcksler. Wegen des frühenErntezeitpunkts können nach der Grünroggenernte noch ertragreiche Zweit-früchte, wie z. B. Silomais oder Zuckerhirse, angebaut werden. Allerdingsmuss dann am Standort eine gute Wasserversorgung (Niederschlag, Wasser-speicherkapazität des Bodens) sichergestellt sein.

Ertrag Je nach Sorte, Standort und Wachstumsbedingungen werden Erträge von 18bis zu 44 t Frischmasse je Hektar erzielt. Der Biogasertrag liegt bei ca.135 m³ je t Frischmasse (Methangehalt: 53 Vol.-%). Somit können bei ei-nem mittleren Ertragsniveau (22 t FM) ungefähr 1.600 m³ Methan/Hektarerzielt werden.

Lagerung unter Luftabschluss in Flachsilos

Heizöläquivalent (brutto) 1.600 l/ha

CO2-Einsparung (brutto) bei Nutzung des erzeugten Biogases über BHKW:Strom: 4 t CO2/ha; Wärme: 1,1 t CO2/ha

Quelle: Witzenhausen-Institut

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22Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Steckbrief Getreide-Ganzpflanzensilage (GPS)

Kurzbeschreibung GPS wird aus den gesamten oberir-dischen Teilen (Halm und Ähre) derGetreidepflanze hergestellt. Grund-sätzlich können alle Wintergetreide-arten zur GPS-Herstellung eingesetztwerden.

Energetische Nutzung Substrat in Biogasanlagen

Neben Silomais ist GPS das amhäufigsten eingesetzte und etablier-teste NawaRo-Substrat zum Einsatzin Biogasanlagen.

Verbreitung in Hessen In Hessen wurde 2011 auf über 62 % der Ackerflächen (298.900 ha) Getrei-de angebaut, wovon wiederum auf ca. 57 % der Flächen Weizen stand. DerAnteil des Getreides, das zur Biogasgewinnung eingesetzt wird, kann aller-dings nicht genau quantifiziert werden. Nach einer Auswertung der Einsatz-stoff-Tagebücher der im Arbeitskreis Biogas organisierten Anlagenbetreiberwird auf etwa 3.800 ha (1,3 % der Getreideanbaufläche) Getreide zur Erzeu-gung von Ganzpflanzen-Silage angebaut. Die tatsächliche Anbaufläche liegtaber vermutlich höher.

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Die Standortansprüche der verschiedenen Getreidearten sind sehr unter-schiedlich. Während Weizen hohe Ansprüche an den Boden, insbesonderean die Verfügbarkeit von Nährstoffen und Wasser stellt, kann Roggen aufleichteren und kühleren Standorten gesät werden. Aussaat und Anbau unter-scheiden sich kaum hinsichtlich der Nutzung als Lebens- oder Futtermittelbzw. zur Herstellung von GPS für die Biogas-Erzeugung. Allerdings kanndie Krankheits- und Schädlingsbekämpfung bei Energie-Getreide in redu-zierter Form durchgeführt werden; eine Unkraut- und -grasbekämpfung istim Regelfall nicht notwendig, da die Unkräuter/-gräser aufgrund des frühenErntetermins nicht zum Aussamen kommen (die Konkurrenzwirkung istdennoch zu beachten). Geerntet wird die Ganzpflanze im Stadium der Teig-reife (je nach Standort ist das Stadium etwa vier Wochen vor der eigentli-chen Druschreife erreicht) mit einem Feldhäcksler. Die spätreiferen ArtenWeizen und Triticale haben höhere Biomasseerträge.

Ertrag (Ganzpflanze) Je nach Art oder Sorte, Standort und Wachstumsbedingungen werden Erträ-ge von 26 bis zu 44 t Frischmasse je Hektar erzielt. Der Biogasertrag liegtbei ca. 190 m³ je t Frischmasse (Methangehalt: 53 Vol.-%). Somit könnenbei einem mittleren Ertragsniveau (35 t FM) ungefähr 3.500 m³ Methan/Hektar erzielt werden.

Lagerung unter Luftabschluss in Flachsilos

Heizöläquivalent (brutto) 3.500 l/ha

CO2-Einsparung (brutto) bei Nutzung des erzeugten Biogases über BHKW:Strom: 8,8 t CO2/ha; Wärme: 2,5 t CO2/ha

Quelle: Witzenhausen-Institut

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23Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Steckbrief Sudangras (Sorghum sudanense)

Kurzbeschreibung Sudangras ist ein einjähriges Süßgras,das zur Gattung der Sorghumhirsengehört, und zählt zu den C4-Pflanzen.Auf guten Standorten kann eineWuchshöhe von bis zu 2,5 m erreichtwerden. Im Herbst bildet sich eineBlütenrispe (siehe Bild).

Energetische Nutzung Substrat in Biogasanlagen

Verbreitung in Hessen Über die Verbreitung von Sudangrasin Hessen können keine genauen Aus-sagen getroffen werden, da diese nichtüber die statistische Agrardaten-Erhe-bung separat erfasst wird. Da der Anbau von Sudangras in Deutschland derzeitnoch nicht als etabliert bezeichnet werden kann, ist davon auszugehen, dassdie Anbaufläche in Hessen eher gering ist. Aufgrund der nachfolgend be-schriebenen Standortansprüche ist davon auszugehen, dass Sudangras eher inSüdhessen (z. B. hessisches Ried) angebaut wird als in mittel- oder nordhessi-schen Mittelgebirgslagen, in denen sicherlich nur auf Einzelstandorten, wiez. B. Flussauen, diese Ansprüche erfüllt werden können.

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Die Standortansprüche sowie Anbau- und Ernte von Sudangras sind mit Zu-ckerhirse vergleichbar. Beide benötigen rasch und leicht erwärmbare Böden,da diese Pflanzen einerseits wärmebedürftig sind und andererseits bereits abTemperaturen von 4 °C Kälteschäden auftreten. Ansonsten werden keinebesonderen Ansprüche an die Bodenqualität gestellt. Gegenüber Trockenheitist Sudangras wesentlich toleranter als beispielsweise Mais. Bei einer ausrei-chenden Wasserversorgung ist auch der Anbau als Zweitfrucht, z. B. nachGrünroggen, möglich.

Ertrag Je nach Sorte, Standort und Wachstumsbedingungen werden Erträge von 33bis zu 65 t Frischmasse je Hektar erzielt. Der Biogasertrag liegt bei ca. 115 m³je t Frischmasse (Methangehalt: 54 Vol.-%). Somit können bei einem mittle-ren Ertragsniveau (49 t FM) ungefähr 3.100 m³ Methan/Hektar erzielt werden.

Lagerung unter Luftabschluss in Flachsilos

Heizöläquivalent (brutto) 4.300 l/ha

CO2-Einsparung (brutto) bei Nutzung des erzeugten Biogases über BHKW:Strom: 10,8 t CO2/ha; Wärme: 3,1 t CO2/ha

Quelle: Witzenhausen-Institut

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24Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Steckbrief Zuckerhirse (Sorghum bicolor)

Kurzbeschreibung Zuckerhirse ist, wie Sudangras, eineSorghum-Art. Ihren Namen trägt siewegen des ausgeprägt hohen Zucker-gehaltes im Stängel. Zuckerhirse zähltwie Mais zu den einjährigen C4-Pflanzen mit einem guten Wurzelsys-tem. Bei Zuckerhirse kann zwischenKörner-Typen (vorne im Bild) undBiomasse-Typen (hinten im Bild) un-terschieden werden. Die Biomasse-Typen erreichen Wuchshöhen von 3 bis4,5 Metern und sind im Biomasse-Ertrag mit Silomais vergleichbar.

Energetische Nutzung Substrat in Biogasanlagen

Verbreitung in Hessen Über die Verbreitung der Zuckerhirse in Hessen kann keine genaue Aussagegetroffen werden, da diese nicht über die statistische Agrardaten-Erhebungseparat erfasst wird. Da der Anbau von Zuckerhirse in Deutschland derzeitnoch nicht als etabliert bezeichnet werden kann, ist davon auszugehen, dassdie Anbaufläche in Hessen eher gering ist. Aufgrund der beschriebenenStandortansprüche (s. nächster Punkt) ist davon auszugehen, dass Zuckerhirseeher in Südhessen (z. B. hessisches Ried) angebaut wird als in mittel- odernordhessischen Mittelgebirgslagen, in denen sicherlich nur auf Einzelstandor-ten, wie z. B. Flussauen, diese Ansprüche erfüllt werden können.

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Da die Zuckerhirse eine hohe Keimtemperatur (mind. 12 °C) benötigt und dieFrostempfindlichkeit sehr hoch ist (bereits ab 4 °C treten Frostschäden auf),erfolgt die Aussaat, je nach Region, Mitte Mai bis Mitte Juni. Daher bietetsich auf Standorten mit einer guten Wasserverfügbarkeit ein Anbau nach derErnte von Ganzpflanzensilagen-Getreide oder Grünroggen an. Obwohl dieZuckerhirse relativ trockenheitstolerant ist, muss jedoch während des Auflau-fens eine ausreichende Wasserversorgung sichergestellt sein.Zuckerhirse ist selbstverträglich, sodass sie auch mehrere Jahre hintereinan-der am gleichen Standort angebaut werden kann.

Ertrag Je nach Sorte, Standort und Wachstumsbedingungen werden Erträge von 44bis zu 76 t Frischmasse je Hektar erzielt. Der Biogasertrag liegt bei ca.150 m³ je t Frischmasse (Methangehalt: 52 Vol.-%). Somit können bei einemErtragsniveau (44 t FM) ungefähr 4.700 m³ Methan/Hektar erzielt werden.

Lagerung unter Luftabschluss in Flachsilos

Heizöläquivalent (brutto) 4.700 l/ha

CO2-Einsparung (brutto) bei Nutzung des erzeugten Biogases über BHKW:Strom: 11,8 t CO2/ha; Wärme: 3,4 t CO2/ha

Quelle: Witzenhausen-Institut

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25Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Mehrjährige Energiepflanzen

Steckbrief Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum)

Kurzbeschreibung Die Durchwachsene Silphie wird auchKompass- oder Becherpflanze genanntund stammt ursprünglich aus Nord-amerika. Als ausdauernde mehrjährigePflanze aus der Familie der Korbblüt-ler mit einer Wuchshöhe von ca. 2 mtreibt sie in den Folgejahren immerwieder aus. Sie wird als potenzielleEnergiepflanze angesehen und ist vorallem aufgrund ihrer Anpassung antrockene Standorte sowie eines hohenBiomasseertrags und guter Biogasaus-beute interessant.

Energetische Nutzung Substrat in Biogasanlagen

Verbreitung in Hessen Die Durchwachsene Silphie wird als Nutzpflanze bislang lediglich zu For-schungs- und Demonstrationszwecken angebaut. So waren 2010 ca. 50 ha inDeutschland angelegt. Nach aktuellem Kenntnisstand der Standortansprücheeignen sich alle Regionen in Hessen für den Anbau der DurchwachsenenSilphie.

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Die Durchwachsene Silphie stellt keine besonderen Ansprüche an Boden undKlima. Sie kommt auch mit Niederschlagsmengen von 350–400 mm aus undist daher auch für Trockenlagen geeignet. Staunasse Böden sind hingegennicht geeignet. Die Durchwachsene Silphie mag sonnige Lagen und ist abso-lut frosthart. Die Anlage der Bestände kann entweder durch Anpflanzungenoder durch Aussaat erfolgen, wobei es nach ersten Praxiserfahrungen bei derAussaat zu Auflaufverzögerungen kommen kann. Die Nutzung erfolgt abdem 2. Standjahr und die Kultur lässt sich mindestens zehn Jahre lang beern-ten. Im Pflanzjahr sind die Kosten für die Anlage der Kultur hoch, doch inden Folgejahren ist mit entsprechend niedrigeren Kosten zu rechnen.

Ertrag Aufgrund des aktuell geringen Anbauumfangs und der noch fehlenden An-bauerfahrungen liegen für die Durchwachsene Silphie bisher nur wenigeDaten vor.In Versuchen der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft wurden 2008auf verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen Herkünften TM-Erträgezwischen 8 und 21 t je Hektar erzielt; der mittlere Ertrag lag bei 16 t TM/ha.Daraus ergaben sich Methanerträge zwischen 2.800 m³/ha und 6.900 m³/ha;der mittlere Methanertrag lag bei 5.100 m³/ha.

Lagerung unter Luftabschluss in Flachsilos

Heizöläquivalent (brutto) 5.100 l/ha*a (Mittelwert der TLL)

CO2-Einsparung (brutto) bei Nutzung des erzeugten Biogases über BHKW:Strom: 12,8 t CO2/ha*a; Wärme: 3,6 t CO2/ha*a

Quelle: Witzenhausen-Institut

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26Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Steckbrief Pappel

Kurzbeschreibung Die schnellwachsenden Pappelarten(Gattung Populus) gehören zur Familieder Weidengewächse. Im Jugendaltersind sie raschwüchsig und besitzen dieFähigkeit, nach der Ernte vom Stockerneut auszuschlagen.Für die Plantagenwirtschaft eignen sichvornehmlich Schwarzpappeln (P. nig-ra, P. deltoides), Balsampappeln (P.trichocarpa, P. maximowiczii) undAspen (P. tremula).

Energetische Nutzung Festbrennstoff, Hackschnitzel

Verbreitung in Hessen Neben der natürlichen Verbreitung von Pappeln in Hessen gibt es feldartigeAnpflanzungen mit schnell wachsenden Arten dieser Gattung (Kurzum-triebsplantagen), die in den letzten Jahren auf einer Fläche von über 200 haangelegt wurden.

Erste Versuchsflächen mit verschiedenen Pappelklonen (ca. 33 ha) existierenseit 1987..

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Wichtige Standortvoraussetzungen sind eine gute Durchwurzelbarkeit derBöden und die Wasserversorgung, die über ausreichende Niederschläge(möglichst über 500 mm/Jahr, über 300 mm in der Vegetationsperiode) oderüber eine gute Grundwasserversorgung abgesichert sein muss. StaunasseBöden sind ungeeignet.

Der Anbau erfolgt als Dauerkultur mit einer etwa 20-jährigen Nutzungsdauer.Die Bewirtschaftung geschieht im Kurzumtrieb, d. h. in forstwirtschaftlichkurzen Ernteintervallen (Umtriebszeiten) von 2 bis 10, maximal 20 Jahren.

Im ersten Jahr erfolgt eine Pflanzung (Steckholz, -rute oder Setzstange) mit ● 10.000–20.000 Pflanzen je Hektar (Umtriebszeit 3 bis 5 Jahre), ● 3.000–4.000 Pflanzen je Hektar (Umtriebszeit 6 bis 9 Jahre), ● < 1.500 Pflanzen je Hektar (Umtriebszeit 10 bis < 20 Jahre).

Die Pflegemaßnahmen (Unkrautbekämpfung und ggf. Schutz vor Wildver-biss) beschränken sich im Wesentlichen auf das erste und zweite Jahr.

Geerntet werden Stamm und Zweige während der Vegetationsruhe in der Zeitvon Dezember bis März. Die Ernte kann bei kleineren Beständen mit derMotorsäge erfolgen. Darüber hinaus existieren Anbauerntegeräte für Trakto-ren und selbstfahrende Erntemaschinen mit speziellen Aggregaten für dieHolzernte.

Ertrag Im Allgemeinen werden mit Pappeln höhere Erträge erzielt als mit Weiden.Abhängig von der Wasserversorgung liegen die Erträge zwischen 3 bis 8 tTM/ha*a (auf Standorten mit geringer Wasserversorgung) und 12 bis 16 tTM/ha*a (hohe Wasserversorgung). Generell sind steigende Erträge ab derersten Ernte zu erwarten.

Heizöläquivalent (brutto) 4.000–6.000 l/ha*a

CO2-Einsparung (brutto) 15–22 t CO2/ha*a

Quelle: Witzenhausen-Institut

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27Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Steckbrief Weide

Kurzbeschreibung Weidenarten zählen zu den schnell-wachsenden Baumarten Mitteleuropasund gehören zur Familie der Weiden-gewächse. Sie zeichnen sich durchRaschwüchsigkeit in der Jugend ausund besitzen die Fähigkeit, nach derErnte erneut vom Stock auszuschlagen.Zur Biomasseproduktion werden meistSorten und Hybriden von Korb-Weide(Salix viminalis) und Filzast-Weide(Salix dascylados) verwendet.

Energetische Nutzung Festbrennstoff, Hackschnitzel

Verbreitung in Hessen Neben der natürlichen Verbreitung von Weidenarten in Hessen gibt es Kurz-umtriebsplantagen mit Weiden, die in den letzten Jahren auf einer Fläche vonca. 10 ha angepflanzt wurden.

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Wichtige Standortvoraussetzungen sind eine gute Durchwurzelbarkeit derBöden und die Wasserversorgung, die über ausreichende Niederschläge(möglichst über 500 mm/Jahr, über 300 mm in der Vegetationsperiode) oderüber eine gute Grundwasserversorgung abgesichert sein muss. StaunasseBöden sind ungeeignet.

Der Anbau erfolgt als Dauerkultur mit einer etwa 20-jährigen Nutzungsdau-er. Die Bewirtschaftung geschieht im Kurzumtrieb, d. h. in forstwirtschaft-lich kurzen Ernteintervallen (Umtriebszeiten) von 2 bis 10, maximal 20 Jah-ren.

Im ersten Jahr erfolgt eine Pflanzung (Steckholz, Steckrute) mit ungefähr13.000–20.000 Pflanzen je Hektar (Ernte alle 3–4 Jahre), bei längerer Um-triebszeit sinkt der Pflanzgutbedarf. Die Pflegemaßnahmen (Unkrautbekämp-fung und ggf. Schutz vor Wildverbiss) beschränken sich im Wesentlichen aufdas erste und zweite Jahr.

Geerntet werden Stamm und Zweige während der Vegetationsruhe in derZeit von Dezember bis März. Die Ernte kann bei kleineren Beständen mit derMotorsäge erfolgen. Darüber hinaus existieren Anbauerntegeräte für Trakto-ren und selbstfahrende Erntemaschinen mit speziellen Aggregaten für dieHolzernte.

Ertrag Im Allgemeinen werden mit Weiden geringere Erträge erzielt als mit Pap-peln. Abhängig von der Wasserversorgung liegen die Erträge zwischen 2 bis5 t TM/ha*a (geringe Wasserversorgung) und 9 bis 14 t TM/ha*a (hohe Was-serversorgung). Generell sind steigende Erträge nach der ersten Ernte zuerwarten.

Heizöläquivalent (brutto) 2.500–4.500 l/ha*a

CO2-Einsparung (brutto) 9–17 t CO2/ha*a

Quelle: Witzenhausen-Institut

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28Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Steckbrief Miscanthus (Miscanthus x giganteus)

Kurzbeschreibung Miscanthus gehört zu den ausdauerndenSüßgräsern und stammt ursprünglichaus Südostasien. Die Gräser werdenzwei bis vier Meter hoch und bildenunterirdische Rhizome als Überwinte-rungsorgane.Miscanthus gehört wie auch Mais zuden sogenannten C4-Pflanzen, die einleistungsfähiger CO2-Stoffwechsel undeine damit verbundene hohe Biomasse-produktion charakterisiert.

Energetische Nutzung Erzeugung von Festbrennstoffen: Häckselgut, Pellets(noch nicht als Regelbrennstoff zugelassen). Daneben kommt Miscanthusauch in der stofflichen Nutzung, z. B. als Dämmmaterial, zum Einsatz.

Verbreitung in Hessen Im Jahr 2011 wurden in Hessen auf ca. 180 ha Miscanthus angebaut. DieseAngaben sind den Anträgen für die EU-Betriebsprämien entnommen.

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Die Standortansprüche von Miscanthus sind mit den Ansprüchen von Kör-nermais vergleichbar, d. h. es wird ein gut durchlüfteter Boden mit guterWasserversorgung (Jahresniederschlag > 500 mm) benötigt. Standorte mitStaunässe, Tonböden oder Spätfrostgefahr eignen sind nicht für den Anbau.

Der Anbau erfolgt als Dauerkultur mit einer etwa 20-jährigen Nutzungsdauer.Im Frühjahr erfolgt eine Pflanzung mittels vorgezogener Pflanzen oder Rhi-zomstücke mit dem Ziel, einen Pflanzenbestand von ca. 10.000 Pflanzen jeHektar zu etablieren. Der Pflegebedarf ist im ersten Jahr relativ hoch; in denFolgejahren kann die Pflege der Flächen extensiviert werden.

Die Ernte erfolgt ab dem zweiten Bestandsjahr einmal jährlich. Es werden dietrockenen Pflanzenbestandteile (siehe Foto) im Winter (Januar bis März)geerntet. Die Ernte erfolgt entweder einstufig mit einem Feldhäcksler mit demProdukt Häckselgut oder zweistufig mit Mähen und anschließender Ballen-pressung.

Ertragserwartung ab den zweitem Bestandsjahr:10 t TM/ha auf sandigen, trockenen Standorten25 t TM/ha auf warmen Standorten mit guter Wasserversorgung

Heizöläquivalent (brutto) 4.600–9.500 l/ha*a (bei Aufbereitung zu Häckselgut)

CO2-Einsparung (brutto) bei Einsatz als Festbrennstoff (Häcksel) in Privathaushalten:160 kg CO2/m³ Häckselgut

Quelle: Witzenhausen-Institut

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29Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Konzepte

Energetische Dauergrünlandnutzung

Kurzbeschreibung Im Gegensatz zu ackerbaulichen Energie-pflanzen zeigt Biomasse von Dauergrün-landflächen eine hohe Variabilität hinsicht-lich der Qualität und des Ertrags in Ab-hängigkeit der geologischen und klimati-schen Bedingungen sowie der Bewirt-schaftungsintensität. Man unterscheidet imWesentlichen zwischen absolutem Grün-land auf ertragsarmen Standorten, dashäufig mit naturschutzfachlichen Auflagenbewirtschaftet wird, sowie fakultativemGrünland, das in der Regel auf ackerfähi-gen Flächen vorkommt und intensiv be-wirtschaftet wird.

Energetische Nutzung Grünlandbiomasse aus intensiver Bewirtschaftung (drei bis vier Schnitte)eignet sich für die Nutzung in Biogasanlagen.

Aufwüchse von extensiv genutzten Flächen verfügen aufgrund des spätenSchnitttermins über erhöhte Fasergehalte und sind aufgrund der geringerenVerdaulichkeit für die Vergärung zu Biogas wenig geeignet. Die thermi-sche Nutzung verspricht hier eine effizientere Verwertung. Probleme hin-sichtlich der hohen Mineralstoffgehalte, wie Korrosion und Verschlackungin den Verbrennungsöfen, können reduziert werden, wenn die Biomassevor der Verbrennung gemaischt und abgepresst wird.

Verbreitung in Hessen In Hessen umfasste 2010 die gesamte Grünlandfläche knapp 295.000 ha,das entspricht rund 36 % der gesamten landwirtschaftlich genutzten Flächein Hessen.

Standortansprüche,

Anbau und Ernte

Pflege, Düngung, Häufigkeit der Schnittnutzung und Ernte des Grünlandserfolgt in gleicher Weise wie in der Tierfutterproduktion. Die Bewirtschaf-tung des extensiven Grünlands erlaubt in der Regel keine Nährstoffzufuhrsowie keine Nutzung vor dem 15. Juni.

Ertragserwartung (brutto) Die Ertragsleistung des Dauergrünlands variiert in einem weiten Bereichvon 2 bis 12 t Trockenmasse pro Hektar und Jahr. Die Methausbeute liegtbei ca. 300 Liter Methan je kg organischer Trockenmasse bei intensiv be-wirtschaftetem Grünland und bei 100 bis 200 Liter Methan je kg oTM beiextensivem Grünland.

Lagerung Silo

Heizöläquivalent (brutto) 830–4.980 l/ha*a

CO2-Einsparung (brutto) Nutzung durch Biogasanlage (50 % Abwärmenutzung): 1,4 t CO2/Jahr

Nutzung durch thermische Verwertung: 3,0 t CO2/Jahr

(Annahme: Biomasseertrag (brutto) von 4 t TM/Jahr)

Foto: Lutz Bühle

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30Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Zweikulturnutzung (2cult)

Kurzbeschreibung Die Zweikulturnutzung knüpft an das früher übliche Anbausystem Mais (Zweit-kultur) nach Futterroggen (Erstkultur) an, in dem mit einer Winterzwischenfrucht,meist Futterroggen, bis zur Maisaussaat Raufutter zur Frischfütterung gewonnenwurde. Zudem wurden hierdurch ein geringes Jugendwachstum und Pflanzenver-luste während der Eisheiligen beim Mais vermieden. Aufbauend auf die Flexibili-tät im Erntetermin der Erstkultur/Saat der Zweitkultur wird im Vergleich zu die-sem Konzept bei der Zweikulturnutzung die Erstkultur später (BBCH 75-83) mithöheren Erträgen und mehr als 28 % TS im Erntegut direkt aus dem Stand zurSilierung geerntet. Vorzug ist weiterhin, dass eine Vielzahl von Pflanzenarten alsErst- und Zweitkulturen zur Auflockerung der Fruchtfolge eingesetzt werden kön-nen, Nachteil ist noch der zu geringe TS-Gehalt des Erntegutes der Zweitkulturen(Forschungsbedarf!).

EnergetischeNutzung

Substrate in gleicher Weise wie die aus dem Hauptfruchtanbau in Biogasanlagennutzbar

Verbreitung inHessen

Früher häufiger in Form des Futterroggen/Mais-Systems, insbesondere in Spät-frostlagen; als Zweikulturnutzung noch gering, aufgrund ständig steigendem Bio-massebedarf, Minderung des Risikos bei Witterungsextremen und Reduktion vonArbeitsspitzen verbunden mit einer Kostenminderung zunehmend, da Zeiten fürBestellung, Düngung und Ernte anders als im Hauptfruchtanbau.

Standortansprüche,Anbau und Ernte

Außer auf extremen Trockenstandorten gleiche Standortansprüche wie beimHauptfruchtanbau, ebenso gibt es nahezu keine Unterschiede in Anbau und Erntezwischen den beiden Anbausystemen. Um Nachbauprobleme zu vermeiden, da beiErst- und Zweitkultur kürzere Wuchsperioden, keine Bodenherbizide einsetzen.

Ertrag Ableitung aus dem Verbundvorhaben EVA I und II mit mehrjährigen Versuchenan bis zu sieben Standorten im Bundesgebiet mit Mais, Sonnenblumen undSorghum: Folgen Mais, Sonnenblumen oder Sorghum als Zweitkultur auf eineWinterzwischenfrucht (Erstkultur z. B. Winterroggen), ist gegenüber dem Haupt-fruchtanbau von Mais, Sonnenblumen oder Sorghum nach einer abfrierendenSommerzwischenfrucht (z. B. Senf) eine Steigerung des Jahresertrags (Erstkultur+ Zweitkultur bzw. Hauptfrucht + Zwischenfrucht) um durchschnittlich 15 % zuverzeichnen. Die Ertragszunahme ist mit den Zweitkulturen Sonnenblumen undSorghum deutlicher als mit Mais. In Folgeuntersuchungen innerhalb des Verbun-des EVA sollen Sortenprüfungen zur weiteren Verbesserung der Ertragsleistungmit der Zweikulturnutzung durchgeführt werden.

Lagerung Silierung und Lagerung im Silo in gleicher Weise wie die Biomassen aus demHauptfruchtanbau; der Bedarf an Lagerraum für Silage und Gärrest ist geringer, dadurch zwei Ernten und eine über die Vegetationsperiode verteilte Ausbringungvon Gärrest Lagerraum teilweise zweifach innerhalb eines Jahres genutzt werdenkann.

Heizöläquivalent(brutto)

Das Mehr an Heizöläquivalenten entspricht dem Mehr an Ertrag, da in allen Fällendas gesamte Erntegut zur Biogaserzeugung mit gleicher pflanzenspezifischer Gas-ausbeute wie beim Anbau als Hauptfrucht genutzt werden kann.

CO2-Einsparung(brutto)

Bei Nutzung des erzeugten Biogases in einem BHKW entspricht die vermehrteCO2-Einsparung im Vergleich zum Hauptfruchtanbau nicht ganz der jeweiligenSteigerung im Jahresertrag, da mit dem Mehr an Ertrag auch ein etwas höhererAufwand für die Ernte sowie den Transport von Erntegut und Gärrest verbunden ist.

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31Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Aspekte der Nachhaltigkeit im Energiepflanzenanbau

Georg Dierschke

Biomasse in Form von nachwachsenden Rohstof-

fen zählt zu den erneuerbaren Energien. Die geern-

tete Biomasse ist gespeicherte Sonnenenergie und

kann dann genutzt werden, wenn Bedarf besteht.

Damit Energiepflanzen auch künftigen Generatio-

nen dauerhaft zur Verfügung stehen, muss der An-

bau nachhaltig erfolgen. Nachhaltige Produktion ist

sowohl für die Forstwirtschaft seit über 200 Jahren

als auch für die Landwirtschaft spätestens seit

Justus von Liebig vor über 100 Jahren selbstver-

ständlich und in der Praxis umgesetzt. Für den

Ackerbaubetrieb, der Energiepflanzen anbaut, ist

die Grundlage einer nachhaltigen Produktion der

Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. Der Begriff Boden-

fruchtbarkeit umfasst die Bodenstruktur (keine

Verdichtungen), das Bodenleben, den Nährstoff-

gehalt, den Humusgehalt und den Erhalt der Krume

durch Vermeidung von Erosion.

Die EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien

2009/28/EG wird in Deutschland über die Biokraft-

stoff- und die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsver-

ordnung umgesetzt. In diesen Verordnungen wird

die Nachhaltigkeit für den Energiepflanzenanbau

noch umfassender definiert. Folgende Vorgaben

werden gemacht:

Keine Umweltzerstörung durch den Anbau vonEnergiepflanzen: Keine Rodung von Wald,keine Trockenlegung von Mooren, keine Kul-tivierung von artenreichen Biotopen, gutefachliche Praxis beim Anbau wird eingehalten.

Mindestvorgaben zur Treibhausgaseinsparung:das Treibhausgasminderungspotenzial mussgegenüber der fossilen Vergleichsbasis (Mine-raldiesel, Benzin) mindestens 35 % betragen.

So wird sichergestellt, dass die Nutzung von Ener-

giepflanzen unterm Strich positive Umwelt- und

Klimaeffekte hat.

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32Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Konfliktfelder im Energiepflanzenanbau

Konfliktfeld: Energiepflanzenanbau und Pachtpreise

Klaus Wagner

In den letzten zwei bis drei Jahren wird verstärkt

von Seiten des landwirtschaftlichen Berufsstandes

der Vorwurf erhoben, der rasante Ausbau der Bio-

gasanlagen wirke sich stark preistreibend auf den

Pachtmarkt aus, da die Biogasanlagen aufgrund

ihrer staatlichen Förderung über das EEG bessere

Pachtpreise zahlen könnten als beispielsweise die

Milchvieh- oder Ackerbaubetriebe.

Es ist gemeinhin schwierig, das aktuelle Pacht-

preisniveau objektiv zu ermitteln, da schon längst

nicht mehr alle neuen Pachtverträge bei den Land-

wirtschaftsbehörden nach dem Landpachtgesetz

angezeigt werden. So sind die statistischen Landes-

ämter in ihren regelmäßig stattfindenden Agrar-

strukturerhebungen dazu übergangen, auch die

Pachtpreise mit abzufragen. Ebenso führen etliche

Universitäten im Rahmen von Forschungsprojek-

ten, Master- und Dissertationsarbeiten empirische

Untersuchungen u. a. zu diesem Aspekt durch.

Auf Basis der letzten Agrarstrukturerhebung 2010

ermittelte das Statistische Landesamt Hessen einen

durchschnittlichen Pachtpreis für landwirtschaftlich

genutzte Fläche in Hessen von 148 €/ha.

Dieser gliedert sich auf in einen Preis von 182 € je

ha Ackerfläche und 86 € je ha Grünland. Im lang-

jährigen Vergleich ist der durchschnittliche Pacht-

preis seit 2001 um 13 € je ha LF bzw. 22 € je ha

AF eher moderat gestiegen. Allerdings beinhaltet

dieser Durchschnittspreis auch Altpachten, die

langjährig im Pachtpreis unverändert blieben. Der

Anteil der Pachtfläche in den Betrieben steigt mit

dem Wachstum der Betriebe ständig und beträgt

mittlerweile 63 %.

In einer weiteren Abfrage hat das statistische Lan-

desamt auch die Preise für Neuverpachtungen er-

mittelt. Diese zeigt die nachstehende Grafik.

Diese liegen erwartungsgemäß höher als die

Durchschnittspreise insgesamt, sind aber mit 181 €

je ha LF bzw. 229 € je ha AF im Jahr 2010 in Hes-

sen immer noch moderat.

Wenn man den Blick über die hessischen Landes-

grenzen hinaus richtet, wird deutlich, dass in Hes-

sen gegenüber beispielsweise anderen Bundeslän-

dern mit intensiver Veredlungswirtschaft ein ent-

sprechend geringeres Pachtpreisniveau besteht. In

einer Untersuchung der Universität Kiel aus dem

Pachtpreisentwicklung in Hessen –durchschnittliche Gesamtpachtpreise

125

130

135

140

145

150

1999 2001 2003 2005 2007 2010

133135

137 138

140

148

€ pro ha LF

Pachtpreisentwicklung in Hessen –Pachtpreise für Neupachten

0

50

100

150

200

250

2003 2005 2007 2010

151 164 170181178

211 207229

7689

7392

€ pro ha LF

€ pro ha AF

€ pro ha Gl

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33Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Jahr 2010i ermitteln die Autoren für Deutschland

West auf Basis der Agrarstrukturerhebungsdaten

bereits im Jahr 2007 einen durchschnittlichen

Ackerland-Pachtpreis von 271 €/ha und 297 €/ha

bei Neuverpachtverträgen.

Besonderes Interesse findet die Fragestellung, wel-

chen Einfluss die Biogasproduktion auf die Ent-

wicklung der Pachtpreise hat?

Dieser Fragestellung ist Florian Lißmann, Kassel,

in seiner Masterarbeit an der Universität Gießen für

Hessen nachgegangenii. Für jede der seinerzeit im

Betrieb befindlichen 73 NawaRo-Biogasanlagen in

Hessen hat er in einem Umkreis von 4 km die zur

Verfügung stehende Ackerfläche, die Viehdichte

und die Entwicklung der Pachtpreise untersucht.

Bei lediglich 5 % der Biogasanlagen wurden dabei

mehr als 20 % der Ackerfläche für den Substratan-

bau benötigt. Im Durchschnitt waren es 10 % der

AF im 4 km-Umkreis der jeweiligen Biogasanlage.

Bezieht man den Flächenbedarf für die Biogasanla-

gen auf die gesamte Ackerfläche in Hessen, so

wurden 2 % für den NawaRo-Substratanbau benö-

tigt. Dieser Wert ist aktuell mit Stand Ende 2011

auf ca. 3 % gestiegen. In einem weiteren Aspekt

wurde der spezielle Einfluss des zusätzlichen Flä-

chenbedarfes der Biogasanlagenbetreiber auf die

viehhaltenden Betriebe analysiert. Durch das Ab-

ziehen des Flächenbedarfes für die Biogasanlagen

stieg die rechnerische Viehdichte im Durchschnitt

aller Anlagenbezirke lediglich um 0,15 GV/ha AF.

Aus dieser geringen Steigerung ist kein erhöhter

Konkurrenzdruck abzuleiten, ist doch die Viehdich-

te in Hessen ohnehin deutlich geringer als in ande-

ren Bundesländern. So werden in Hessen lediglich

102 VE/100 ha LF gehalten, in Niedersachsen da-

gegen 208 VE/100 ha LF und in Nordrhein-

Westfalen sogar 248 VE/100 ha LFiii. Abschließend

kommt der Autor in seiner Untersuchung zu der

Aussage, dass in den untersuchten Anlagebezirken

der hessischen NawaRo-Biogasanlagen „kein signi-

fikanter Zusammenhang zwischen der Inbetrieb-

nahme einer auf Basis von NawaRo betriebenen

Biogasanlage und einem steigenden Pachtpreisni-

veau nachzuweisen ist“.

In einer Untersuchung der Universität Göttingen

zum Einfluss der Biogasproduktion auf den Land-

pachtmarkt in Niedersachsen aus dem Jahr 2010iv

zeichnet sich ein etwas differenzierteres Bild, wenn

eine regionale, gemeindespezifische Pachtpreisana-

lyse vorgenommen wird. Danach waren die größten

Pachtpreissteigerungen dort zu verzeichnen, wo

hohe Viehdichten mit einer entsprechenden Zu-

nahme der Biogasanlagendichte zusammentrafen,

wobei die Viehdichte den signifikanteren Einfluss

hatte. Es ist also genau diese Kombination von

ohnehin schon vorhandener intensiver Veredlungs-

produktion mit einem entsprechenden Biogasanla-

genzubau, die zu einer Überhitzung des Pachtmark-

tes führen kann. Dies gilt besonders dann, wenn die

Biogasanlagenkonzepte wesentlich auch auf dem

NawaRo-Einsatz fußen. Durch die Entkopplung des

Gülle- vom NawaRo-Bonus im neuen EEG 2012

wird diese Konstellation aber nicht weiter geför-

dert. Der Zubau von Biogasanlagen in Veredlungs-

regionen wird sich zukünftig vor allem auf solche

Anlagetypen beschränken, die weitestgehend nur

anfallende Wirtschaftsdünger und andere Abfall-

stoffe aus der Tierproduktion verwerten.

In Hessen ist diese Konkurrenzsituation bisher

ohnehin kaum spürbar. Zum einen findet in keinem

einzigen hessischen Landkreis eine so intensive

Veredlungsproduktion statt wie in manchen Regio-

nen Nord-West-Deutschlands. Zum anderen wurde

der weitere Ausbau von Biogasanlagen bisher stets

mit Augenmaß und besonderem Fokus auch auf

schlüssige Wärmenutzungskonzepte vorangetrie-

ben.

i Gunnar Breustedt, Hendrick Neumann, Universität Kiel:„Einflüsse der Biogaserzeugung auf landwirtschaftlichePachtpreise in Deutschland“ – Vortrag anlässlich der 50.GEWISOLA-Jahrestagung am 29.09.–1.10.2010 in Braun-schweig

ii Florian Lißmann: „Verfahrenstechnische, ökonomische undregionale Konsequenzen aus der Strukturanalyse der Flä-chenpachtpreise in Hessen“, Institut für Landtechnik, Uni-versität Gießen

iii Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH): „Landwirt-schaft in Hessen – Zahlen und Fakten 2011“ – Kennzahlen-vergleich der HE-Testbetriebe in ausgewählten Bundeslän-dern

iv Prof. Theuvsen, Dipl.-Ing.agr. Plumeyer, M.Sc.agr. Em-mann, Universität Göttingen: Endbericht zum Projekt „Ein-fluss der Biogasproduktion auf den Landpachtmarkt in Nie-dersachsen“

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34Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Konfliktfeld: Verkehrsbelastung durch Biogasanlagen

Jana Wagner

Der Betrieb von Biogasanlagen erfordert logisti-

sche Bewegungen, um die erforderlichen Einsatz-

stoffe zu den Anlagen zu bringen und die erzeugten

Gärprodukte als Dünger wieder auf den Flächen

auszubringen.

Dabei ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen

regelmäßig wiederkehrenden Fahrten im Laufe des

Jahres und Fahrzeugbewegungen, die an bestimmte

Zeiträume (Erntezeit) gebunden sind.

Regelmäßige Fahrten zur Anlage finden vor allem

dann statt, wenn im Prozess die Mitvergärung von

Gülle erfolgt, die extern bezogen wird. Die Anlie-

ferung der Energiepflanzen und die Ausbringung

der Gärreste beschränkt sich in der Regel auf be-

stimmte Zeitfenster, wie Frühjahr und Spätsommer,

in denen dann aber intensive Transportbewegungen

stattfinden.

Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass auf Energie-

pflanzenflächen ohne die Existenz einer Biogasan-

lage auch Feldfrüchte kultiviert würden. Auch dann

treten zu Erntezeiten Transporte zu den Höfen, zum

Vermarkter oder zum Weiterverarbeiter auf. Aller-

dings wird für die Bioenergieerzeugung meist die

ganze Pflanze und nicht nur das Korn geerntet und

transportiert, wodurch sich die Fahrzeugbewegun-

gen bei der Ernte vervielfachen können.

Am Beispiel der Biogasanlage Homberg (Efze),

eine der größten Biogasanlagen Nordhessens, wer-

den die Logistikströme, die für den Betrieb der

Anlage notwendig sind, betrachtet.

Haupteinsatz der Biogasanlage ist Maissilage, da-

neben werden auch Gülle aus der Nutztierhaltung,

Grassilage und Getreide-GPS eingesetzt. Während

der Einsatzstoff Gülle kontinuierlich im ganzen

Jahr anfällt und somit auch die Anlieferung in re-

gelmäßigen Abständen erfolgt, stellt sich dies bei

den eingesetzten pflanzlichen Substraten anders

dar. Hier erfolgt die Ernte in einem relativ kleinen

Zeitfenster, sobald die Pflanzen den entsprechen-

den Reifezustand erreicht haben.

Da Maissilage den größten Anteil des Einsatzes

ausmacht, sollen hier kurz die erforderlichen logis-

tischen Bewegungen dargestellt werden. Es werden

jährlich ungefähr 20.000 t (entsprechend knapp

400 ha Anbaufläche) Maissilage in der Biogasanla-

ge eingesetzt. Die Silomaisernte erfolgt, abhängig

von der Witterungslage und dem Reifezustand der

Pflanzen, von Ende September bis Mitte Oktober.

Die Pflanzen werden auf dem Feld gehäckselt,

dann zur Biogasanlage in Homberg gefahren und

dort einsiliert.

Organisation der Ernte-, Transport- und Einlage-

rungslogistik werden im Regelfall durch Lohnun-

ternehmen durchgeführt. Hier werden sogenannte

„Ernteketten“ gebildet, was bedeutet, dass auf dem

zu erntenden Feld ein Maishäcksler eingesetzt

wird. Den Transport vom Feld zu der Anlage über-

nehmen mehrere Transportgespanne, üblicherweise

mit Lade- oder Abschiebewagen bzw. Kippern. Auf

der Anlage selbst werden wiederum Fahrzeuge für

die Verteilung des gehäckselten Mais und dessen

fachgerechte Einsilierung eingesetzt. Während

Maishäcksler und die Fahrzeuge auf der Anlage

selbst kaum auf den öffentlichen Straßen unterwegs

sind, stellt sich dies bei den Transportfahrzeugen

natürlich anders dar, da diese ständig zwischen

Feld und Anlage pendeln, sodass nur diese für die

Verkehrsbelastung betrachtet werden müssen.

Mit einem modernen Schlepper-Ladewagen-Ge-

spann können im Schnitt 40 m³ Volumen abgefah-

ren werden, was ungefähr 14 t Häckselgut pro

Fahrt entspricht. Bei einem Erntezeitraum von un-

gefähr zwei Wochen (15 Tage) führt dies zu einer

täglichen Fahrzeugbelastung von 95 Fahrzeugen,

was bei einem zwölfstündigen Anlieferungszeit-

raum ungefähr acht Fahrzeugen pro Stunde ent-

spricht.

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35Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Konfliktfeld: Energiepflanzenanbau und Wildschäden

Hubertus Hofmann

In den letzten Jahren hat der Anteil ackerbaulich

genutzter Flächen für den Energiepflanzenanbau

(Mais, Raps, Getreide, Miscanthus etc.) in Hessen

stetig zugenommen.

Regional einen hohen Stellenwert hat der Anbau

von Mais, der in Vergärungsanlagen als sogenann-

ter Energiemais eingesetzt wird. Demzufolge wer-

den für diesen Verwendungszweck in Regionen mit

mehreren Biogasanlagen viele, in anderen wiede-

rum relativ wenige Ackerflächen für den Anbau

genutzt. Hessenweit wird Mais für die energetische

Verwertung auf knapp 3 % der gesamten Ackerflä-

che angebaut.

Der Mais übt als Kulturpflanze im Gegensatz zu

den anderen vorgenannten Arten eine nahezu „ma-

gische“ Anziehungskraft auf Schwarzwild (Wild-

schweine) aus. Bereits nach dem Legen der Saat

können erste Wildschäden auftreten, wenn das

Wild die gelegten Maiskörner als Nahrung wieder

aufnimmt. Nach der Keimung der Saat und der

Entwicklung der jungen Maispflanzen steigt die

Gefahr für Wildschäden erst wieder an, wenn die

Maiskörner im Monat August zur Milchreife ge-

langen. Ohne Schutzvorkehrungen entlang der

Maisschläge werden die reifenden Kolben genüss-

lich von Wildschweinen verzehrt.

Die Kenntnis über diese Art von Wildschäden gibt

es allerdings nicht erst seit dem Anbau von „Ener-

giemais“, sondern seit Mais zur Erzeugung von

Körnermais oder als siliertes Gut zur Viehfütterung

verwendet wird. Ein anderer Gesichtspunkt ist die

Veränderung der Wildbestände: Seit den 1990er

Jahren sind in vielen Gegenden die Schwarzwild-

populationen rasant angestiegen. Die Ursachen sind

vielfältig: mildere Winter in den letzten Dekaden,

häufigere Fruktifikation bei Waldbäumen (Buchen,

Eichen) und zunehmender Maisanbau in manchen

Regionen. Trotz intensiver Bejagung ist es vielen

Jagdpächtern mit ihren Jagdausübungsberechtigten

heute oft nicht mehr möglich, der Vermehrung des

Schwarzwildes Einhalt zu gebieten, um die Wild-

schäden in der Feldflur zu minimieren.

Im Bundesjagdgesetz ist die Regulierung von

Wildschäden, die durch Schalenwild (Schwarzwild,

Rehwild, Rotwild u. a.), Wildkaninchen oder Fasa-

ne entstanden sind, geregelt: Sie obliegt grundsätz-

lich dem Verpächter eines Jagdbezirks bzw. den

Jagdgenossen. Durch Regelungen im Jagdpachtver-

trag wird die Schadensersatzpflicht jedoch häufig

auf den Jagdpächter übertragen. Entweder ist der

entstandene Schaden auf dem Naturalweg auszu-

gleichen oder eine Schadensersatzzahlung zu leis-

ten.

Um Wildschäden möglichst gering zu halten, wer-

den die Maisfelder in der Regel mit Elektrozäunen

umgeben. Sowohl Kauf, Errichtung als auch Unter-

haltung der Zaunanlagen obliegen meist dem Jagd-

pächter. Mit zunehmender Zahl der Maisfelder

steigen somit nicht nur die Investitionskosten für

den Kauf der Zaunanlagen, sondern auch der Ar-

beitseinsatz für Errichtung und Unterhaltung. Für

viele Jagdpächter ist die Grenze der Belastbarkeit

sowohl finanziell als auch arbeitsmäßig bereits

überschritten. Treten Wildschäden in gehäuftem

Maße auf, sind oftmals Schäden in Höhe von mehr

als 1.000 Euro pro Hektar auszugleichen. Reviere,

in denen sich eine Vielzahl von Maisfeldern befin-

den, können zum Teil nur noch unter erschwerten

Bedingungen von den jeweiligen Jagdgenossen-

schaften verpachtet werden.

Diese besonderen Umstände führen häufig zu ei-

nem angespannten Verhältnis zwischen Landwirten

Foto: Heiner Schlie, Kreisjägerschaft Eutin

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36Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

und Jagdpächtern. In vielen Fällen müssen bestellte

Gutachter die Schadenshöhe abschätzen, z. T. wird

auch der Rechtsweg in Anspruch genommen.

Wildschäden im Energiemais

Da der Energiemais als Rohstoff in Biogasanlagen

zur Energiegewinnung eingesetzt wird, könnte er

hinsichtlich seines Verwendungszwecks als ein

hochwertiges Handelsgewächs eingestuft werden.

In diesem Fall hätte der Landwirt die Verpflich-

tung, eine Schutzeinrichtung zu errichten und zu

unterhalten. Tatsächlich stufen nur in Fällen, in

denen Hybridmais zu Zuchtzwecken angebaut

wird, die Gerichte den Anbau als hochwertig ein.

Somit sind Wildschäden im Energiemais schadens-

ersatzpflichtig. Verschiedene Lösungsansätze gibt

es dazu bereits. Eine sog. Wildschadensausgleich-

kasse, in die Jagdpächter und Jagdgenossen gleich-

ermaßen hektarbezogene Einzahlungen leisten,

kann für Schadensfälle genutzt, darüber hinausge-

hende Schadensbeträge durch zusätzliche Zahlun-

gen der Jagdpächter abgedeckt werden. Ebenso

kann die Höhe einer Entschädigungszahlung be-

grenzt werden (Deckelung). Häufig sind allerdings

solche Lösungen nicht mit laufenden Jagdpachtver-

trägen konform, sodass in diesen Fällen zusätzliche

Klauseln bzw. Nachbesserungen in die Verträge

eingepflegt werden müssen. Ebenfalls praktikabel

ist die vertragliche Aufnahme eines Sonderkündi-

gungsrechts, das bei einer starken Ausweitung des

Maisanbaus im Jagdrevier greifen würde. Eine

andere Lösungsmöglichkeit mit dem Ziel der Wild-

schadensverhütung lässt sich durch getrennte Ver-

antwortlichkeiten für Kauf (z. B. Jagdpächter),

Errichtung (z. B. Jagdpächter, Landwirte) und Un-

terhaltung (z. B. Landwirte) von Schutzzäunen

erreichen.

Zusätzlich helfen auch freiwillige Maßnahmen,

Wildschäden zu verringern und die Bejagungsmög-

lichkeiten zu verbessern: Dazu gehören der Ver-

zicht auf Anlage von Maisschlägen in unmittelbarer

Waldrandnähe, das Freilassen von ausreichend

großen Schneisen zur Bejagung sowie der verstärk-

te Informationsaustausch über Wildbewegungen

(z. B. Einwechseln von Schwarzwild in Anbauflä-

chen). Wie Erfahrungen der Vergangenheit zeigen,

können auf schlechteren Standorten angelegte klei-

ne Maisschläge als Ablenkungsmaßnahmen fungie-

ren, in denen Wildschäden dann geduldet werden,

sofern große Maisschläge ausreichend geschützt

sind.

Verbiss- oder Schälschäden an Kurzum-triebsplantagen

Bisher sind die Erfahrungen mit Verbiss- oder

Schälschäden an Kurzumtriebsplantagen noch nicht

weitreichend. Es gibt jedoch Hinweise, dass in

Gebieten mit hohen Wildbeständen besonders Ver-

bissschäden gehäuft auftreten können. Ob Kurzum-

triebsplantagen als rein landwirtschaftliche Kultu-

ren oder Sonderkulturen (Handelsgewächse) einzu-

ordnen sind, ist rechtlich derzeit noch nicht geklärt.

In jedem Fall ist es notwendig, dass Verfahrensmo-

delle zwischen Grundeigentümern, Bewirtschaftern

und Jägern geschaffen werden, um einvernehmli-

che Lösungswege beschreiten und damit den Ener-

giepflanzenanbau möglichst konfliktfrei betreiben

zu können. Eine verstärkte Zusammenarbeit und

intensive Kontakte zwischen den Beteiligten sind

dabei Grundvoraussetzungen.

Foto: Heiner Schlie, Kreisjägerschaft Eutin

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37Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Autorenverzeichnis

Georg Dierschke

Wetterauer Agrar Service GmbH

Hessische EZG für nachwachsende Rohstoffe w. V.

Hess. NAWARO Kapital GmbH

Kompostierung Wetterau GmbH

Kölner Str.10

61200 Wölfersheim

[email protected]

Hubertus Hofmann, Dr.

Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH

Werner-Eisenberg-Weg 1

37213 Witzenhausen

[email protected]

Thomas Raussen

Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH

Werner-Eisenberg-Weg 1

37213 Witzenhausen

[email protected]

Björn Staub

Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Landwirtschaftszentrum Eichhof Bad Hersfeld

Schloss Eichhof

36251 Bad Hersfeld

[email protected]

Reinhold Stülpnagel, Dr./Michael Wachendorf, Prof.

Fachgebiet Grünlandwissenschaft und Nachwachsende Rohstoffe

Universität Kassel

Fachbereich 11, Ökologische Agrarwissenschaften

Steinstr.19

37213 Witzenhausen

Jana Wagner

Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH

Werner-Eisenberg-Weg 1

37213 Witzenhausen

[email protected]

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38Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

Klaus Wagner

Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Landwirtschaftszentrum Eichhof Bad Hersfeld

Schloss Eichhof

36251 Bad Hersfeld

[email protected]

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in der hessischen Landwirtschaft

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40Energiepflanzenanbau

in der hessischen Landwirtschaft

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Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH)

Kölnische Straße 48-50

34117 Kassel

www.llh-hessen.de