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Forschungsbericht 2017

Startseite - Forschungsbericht 2017...• nicht zuletzt ein neuer Markt geöffnet und damit wohlstandsfördernd oder zumindest -sichernd gewirkt werden. Auf Bundesebene werden diese

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Forschungsbericht2017

die thematisch breiteAusrichtung unsererHochschule begünstigteinen stark interdiszi-

plinär geprägten Forschungsfokus. Interdisziplinarität ist die Grundvoraussetzung für Innovationen, da gerade an den Schnittstellen der verschiedenen Wissenschafts -felder das höchste Innovationspotenzial liegt.

Ein schönes Beispiel gelungener interdisziplinärer Koope-ration ist der Bereich Gesundheit, der in diesem For-schungsbericht nicht zuletzt auch durch den Leitartikelvon Herrn Kollegen Prof. Dr. Karsten Weber in den Fokusrückt.

So werden die medizintechnischen und medizininfor -matischen Aspekte von unserem „Regensburg Center ofBiomedical Engineering“ beleuchtet, an dem auch dieUniversität Regensburg mit ihrer medizinischen Kompe-tenz vertreten ist. Vor dem Hintergrund der steigendenNachfrage nach hochqualifizierten Dienstleistungen inden Bereichen Gesundheit, Pflege und Betreuung hatzudem unsere Fakultät für Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften ihre Forschungs- und Lehr-aktivitäten um den Bereich Medizin und Gesundheit erweitert. Unser Institut für Sozialforschung und Tech-nikfolgenabschätzung beschäftigt sich mit ethischenFragestellungen ebenso wie mit medizintechnischen In-novationen und deren Auswirkung und Akzeptanz in derGesellschaft.

All diese Aktivitäten werden nun in unserem „RegensburgCenter of Health Sciences and Technology“ gebündelt. So können wir effektiv auf aktuelle gesellschaftlicheAufgaben stellungen wie die demografische Entwicklung,den medizinisch-technischen Fortschritt sowie daswachsende Gesundheitsbewusstsein reagieren. Ziel istes, den technischen Fortschritt zu nutzen und zugleichdie menschlichen Faktoren in der Gesundheitsversorgungnicht aus den Augen zu verlieren.

Der vorliegende Forschungsbericht zeigt zudem ein-drucksvoll, wie wir unsere fachliche Breite nutzen, um dieHerausforderungen der Zukunft in ihrer ganzen Fülle zubearbeiten – von der Digitalisierung über die Themen -bereiche Energie und Mobilität, Information und Kommunikation, Lebenswissenschaften und Ethik, Pro-duktion und Systeme, Gebäude und Infrastruktur bis hinzur Sensorik.

Ich freue mich sehr, dass so viele Kolleginnen und Kolle-gen mit ihren Forschungsaktivitäten zu diesen erfolg -reichen Ergebnissen beitragen. Dafür bedanke ich michsehr herzlich!

Liebe Leserinnen und Leser,

V O R W O R T | 3

Ihr

Prof. Dr. Wolfgang BaierPräsident der OTH Regensburg

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Dr.-Ing. Jan-Philipp Weberpals, Entwickler Fügetechnologien im Leichtbauzentrum

bei Audi. Sein Maßstab ist Präzision. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat er sich dazu

entschieden, innovative Laserstrahlprozesse bei Audi zu etablieren. Nur ein Beispiel von

vielen, wie Vorsprung entstehen kann, wenn Arbeiten sich nicht wie Arbeit anfühlt.

Weitere faszinierende Jobs unter vorsprung-bei-audi.de

Aus Visionen Vorsprung machen.

„Some call it work.I call it: magic.“

210x297_Image_Weberpals_28289_39L.indd 1 22.05.17 16:33

Gesundheit und Pflege als gesellschaftliche Herausforderung ............................................................... 8

Zahlen und Fakten .......................................................................................................................... 10

Lebenswissenschaften und Ethik 19

PsyBio: Virtuelle Menschmodelle zur Bestimmung des Einflusses von Stress auf den Bewegungsapparat ...... 20

Stent-Delivery-Systeme zur Behandlung koronarer Gefäßverengungen.................................................... 22

Klassifikation von Auto-Fahrtypen .................................................................................................... 24

Studie: Pflegerische Fachberatung und Onlineberatung für MS-Erkrankte ............................................... 26

Information und Kommunikation 29

Statistische Korrektur gerundeter Angaben in Stichprobenerhebungen ................................................... 30

Lean IT: Lean Management in IT-Organisationen ................................................................................. 32

Universelle Energieversorgung für Funkknoten im Internet of Things ....................................................... 34

Messung der nichtlinearen Brechzahl von Glasfasern ........................................................................... 36

NoSQL Schema-Evolution in quelloffenen Software-Projekten ............................................................... 38

ATPs: Anomalieerkennung zum Detektieren von Advanced Persistent Threats........................................... 40

Unerkannte Angriffe oder die Nadel im Heuhaufen ............................................................................. 42

Digitalisierung 45

Japter: Eine Demonstrationsplattform für Mixed-Criticality-Echtzeitsysteme mit Linux ............................ 46

Trainingsspiel für Handchirurgie ....................................................................................................... 48

An Experimental Card Game for Software Testing ............................................................................... 50

Produktion und Systeme 53

AutoRüst: Werkzeugmaschinen effizienter rüsten durch bedarfgerechte Informationsbereitstellung ........... 54

Forschungsschwerpunkte im Labor Lasermaterialbearbeitung ............................................................... 56

Behaviour of Wire Ropes and Rope Wires under Ultra Deep Temperature Conditions ................................. 58

Der Mittelspannungseinfluss bei zugschwellbeanspruchten Seildrähten .................................................. 60

I N H A L T | 5

Kompetenz für die industrielle Vielfalt

� Industries ist Ihr zuverlässiger Partner für

intelligente, prozess- und kundenorientierte Zellen

und Lösungen. Wir bieten innovative Füge- und

Bearbeitungstechnologien, Laser- und Sonder-

schweißverfahren sowie alle Prozessschritte

im Gießereibereich und in der Photovoltaik- und

Batterie-Produktion bis zum After-Sales-Service an.

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A N Z E I G E N

Produktion und SystemeDampSIM: Lebensdauerüberwachung von faserverstärkten Kunststoffen auf Basis der strukurdynamischen Werkstoffdämpfung ........................................................................ 62

Man Machine Interface im industriellen Umfeld: Entwicklung und Integration einer Gestensteuerung für die Mensch Roboter Kooperation .................................................................. 64

Entwicklung eines autonomen, RTK-GPS-gestützten Systems zur zentimetergenauen Bodenmarkierung ..... 66

Sensorik 69

SPR-Imaging zur Zustandsüberwachung von Leistungstransformatoren ................................................. 70

Ringförmige Silizium-Kantenemitter mit DLC-Beschichtung für Anwendungen in Feldemissionselektronenquellen .................................................................................................... 72

Forschungsvorhaben „CDNI“: Abwässer aus der Wäsche von Binnenschiffen ............................................ 74

Gebäude und Infrastruktur 77

Semi: Numerische Simulation der Wechselwirkungen Straßenbahn – Feste Fahrbahn im innerstädtischen Nahverkehr ....................................................................................................... 78

Digitale 3D-Analyse mittelalterlicher Gewölbe- und Maßwerkspolien aus Münster .................................... 80

Licht, Luft, Sonne: Das Haus Schminke von Hans Scharoun ................................................................... 82

SVBA: Selbstverdichtender Beton mit zeitnaher Aussteuerung der Mischungszusammensetzung im Betonmischer.............................................................................. 84

Energie und Mobilität 87

SyNErgie: Stromnetzplanung als Schlüsselbaustein der Energiewende ..................................................... 88

Future Applications in Model Based Engineering ................................................................................. 90

Klimaschutz: Weltweit Null-Emissionen bis 2050 – machbar! ................................................................. 92

HIS: Entwicklung hybrider Hochleistungsaufbauten von faserverstärkten Kunststoffen zur Erhöhung des Schutzes vor Schäden durch transversale Impactbelastung .......................................... 94

Metastudie: Dekarbonisierung für eine nachhaltige Energiewirtschaft .................................................... 96

Impressum .................................................................................................................................... 98

I N H A L T | 7

Betrachtet man einige Kennzahlen, so wird schnell deut-lich, dass der Gesundheitsbereich einer der größten Wirt-schaftsbereiche in Deutschland ist: 2015 betrugen dieGesundheitsausgaben in Deutschland 344 Mrd. Euro; dassind fast 40 Mrd. Euro mehr als der gesamte Bundes-haushalt für 2015 umfasste. Zum Vergleich: Die deutscheAutomobilindustrie erzielte 2015 einen Gesamtumsatz(Inland und Ausland) von etwas mehr als 404 Mrd. Euro– bzgl. der finanziellen Seite der wirtschaftlichen Bedeu-tung kann die Gesundheitswirtschaft durchaus mit gro-ßen Industriezweigen mithalten. Noch prägnanter zeigtsich dies an den Beschäftigtenzahlen: Für 2015 weist dasStatistische Bundesamt 370.000 Ärztinnen und Ärzte aus,die Pflegestatistik zählt für die ambulante Pflege über355.000 und für stationäre Einrichtungen über 730.000Personen (Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte) – das sindzusammen fast 1,5 Mio. Beschäftigte; während die Zahlder Beschäftigten 2015 in der Automobilindustrie ledig-lich ca. 808.000 betrug.

Doch Gesundheit und Pflege stellen nicht nur einen wichtigen und volkswirtschaftlich bedeutenden Wirt-schaftszweig dar, sondern sie sichern unmittelbar dasWohlergehen und die Gesundheit von Menschen. Ziehtman erneut 2015 als Referenzjahr heran, waren 2,9 Mio.Menschen pflegebedürftig, von denen 692.000 ambulantund 783.000 vollstationär versorgt wurden. Über 19 Mio.Patientinnen und Patienten mussten in einem Kranken-haus behandelt werden, wobei die durchschnittliche Ver-weildauer bei über sieben Tage lag. Kurzum: Gesundheitund Pflege sind schon heute als Wirtschaftszweig Garantfür Beschäftigung und Wachstum; gleichzeitig sind da-durch große Teile der Bevölkerung als pflegebedürftigePersonen oder Patientinnen und Patienten direkt be -troffen.

Für die Zukunft zeigen die Prognosen, dass diese Bedeu-tung noch weiter steigen wird: Die Zahl der Pflegebedürf-tigen wird bis 2050 voraussichtlich auf über 4,5 Mio.ansteigen (vgl. Abbildung 1), die Zahl der demenziell Er-krankten in der Altersgruppe der 65-Jährigen und Älterenkönnte bis auf über 2,5 Mio. anwachsen. Gleichzeitig ver-zeichnet die Bundesagentur für Arbeit im Bereich der Altenpflege in allen Bundesländern, im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege in fast allen Bundes -ländern und im Fall der Humanmedizin bei der überwie-genden Zahl der Bundesländer schon heute einenFachkräftemangel. Bedenkt man gleichzeitig, dass dieZahl der erwerbsfähigen Personen (20 bis 65-Jährige, vgl. Abbildung 2) in Deutschland in Zukunft deutlichschrumpfen wird, ist unschwer zu erkennen, warum Ge-sundheit (und hier ist Pflege immer mitgemeint) einenMegatrend bzw. eine entscheidende gesellschaftlicheHerausforderung für die Zukunft darstellt. Denn erstensbedeutet diese Schrumpfung, dass sich der schon heutebestehende Arbeitskräftemangel im Pflege- und Ge-sundheitsbereich in Zukunft noch erheblich verschärfenwird, zweitens aber, dass die Zahl derer, die durch ihre

Gesundheit und Pflege als gesellschaftliche Herausforderung

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Mit dem demografischen Wandel in Deutschland sind mehrere Phänomene verbunden: Die Lebens-erwartung steigt, die Zahl der Alten und Hochbetagten wächst, der Anteil der Jüngeren an derBevölkerung schrumpft. Der Gesundheitsbereich, der schon heute zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige gehört, wird sich durch den demografischen Wandel in Zukunft erheblichengesellschaftlichen Herausforderungen ausgesetzt sehen, denen auch durch den massiven Einsatzvon Technik begegnet werden soll. Hochschulen wie die OTH Regensburg spielen hierbei eine entscheidende Rolle in Lehre und angewandter Forschung für die Strukturen und Perspektiven dieser Zukunftsbranche und sind schon jetzt Impulsgeber für morgen.

Abbildung 1: Entwicklung der Pflegebedürftigen in Deutschland** auf 1.000 gerundet. Annahmen ab 2030: konstante alters- und geschlechtsspezifischePflegequoten des Jahres 2015; Bevölkerungsentwicklung gemäß Variante 2 der 13. koor-dinierten Bevölkerungsvorausberechnung. Datenquelle: Statistisches Bundesamt; Berech-nungen BiB – © BiB 2017 demografie-portal.de

Arbeit die Kosten der Pflege- und Gesundheitsversorgungaufbringen, geringer wird. Die Konsequenz daraus ist soeinfach wie bedenklich: Pro Kopf werden mehr Lasten zuschultern sein (vgl. Abbildung 3 am Beispiel der gesetz -lichen Rente).

Um die skizzierten negativen gesellschaftlichen Auswir-kungen des demografischen Wandels auf die Beschäf-tigten ebenso wie auf die Klienten des Gesundheits- undPflegewesens abzuwenden, werden seit längerem ver-schiedene Vorschläge diskutiert. Manche davon setzenauf eine langfristige positive Veränderung der Geburten-raten, andere auf massive Zuwanderung, damit der Bevölkerungsrückgang abgebremst oder gar gestopptwerden kann und so die angedeuteten negativen Kon -sequenzen vermieden werden können. Beides bedeutettiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen, die zumeinen hochumstritten sind und zum anderen allenfallsauf langen Zeitskalen wirksam wären. Deutlich wenigerkontrovers scheint die Idee, Entwicklungen, die bereits inanderen Wirtschaftszweigen vollzogen wurden, auch imGesundheits- und Pflegebereich umzusetzen: Rationa -lisierung und Automatisierung durch massiven Technik-einsatz.

Dadurch soll

• zur Kostendämpfung im Gesundheits- und Pflege -system beigetragen werden;

• dem Arbeitskräftemangel abgeholfen werden;

• den Beschäftigten bei der Verrichtung belastender körperlicher Tätigkeiten geholfen oder diese gar voll-ständig übernommen werden, (um nicht selbst zumPflegefall zu werden);

• die Versorgung mit Gesundheits- und Pflegedienst -leistungen auch in dünn besiedelten Regionen sicher-gestellt werden, da dort bereits heute die notwendigeInfrastruktur ausgedünnt ist;

• hochbetagten pflege- und hilfsbedürftigen Menschenermöglicht werden, solange wie möglich ein selbst -bestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden zu füh-ren und sie gleichzeitig am sozialen Leben teilhaben zulassen;

• nicht zuletzt ein neuer Markt geöffnet und damit wohlstandsfördernd oder zumindest -sichernd gewirktwerden.

Auf Bundesebene werden diese Ziele bereits seit 2008bspw. durch Fördermaßnahmen des Bundesministeriumsfür Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt; ebensogibt es zahlreiche Länderinitiativen in diesem Bereich.Regionale Aktivitäten betreffen insbesondere den Aufbauneuer oder die Erweiterung bestehender Studienmöglich-keiten an Hochschulen für angewandte Wissenschaften,um den zukünftigen Herausforderungen durch den demo-grafischen Wandel bei den Pflege- und Therapieberufenzu begegnen. Dem wird durch die Entwicklung von Stu-

diengängen und die Akademisierung eines Teils der Be-schäftigten in diesen Berufszweigen Rechnung getragen.Diese Berufssparten werden so attraktiver und differen-zierter ausgebaut, wodurch neue Zielgruppen für dieseBerufe angesprochen werden.

Die OTH Regensburg hat den Stellenwert sowie das Potenzial der Schlüsselressource Gesundheit erkannt undauf die Zeichen der Zeit – alternde Bevölkerung – Fach-kräftemangel – Medizintechnik – bei diesem Megatrendreagiert. Durch eigene entsprechende Maßnahmen über-nimmt sie für die Fachkräftesicherung im Bereich dermedizinischen und gesundheitsorientierten Berufe Ver-antwortung. In drei Bachelorstudiengängen – BiomedicalEngineering, Medizinische Informatik, Pflege dual – sowieeinem Masterstudiengang Medizintechnik sind mittler-weile rund 530 Studierende immatrikuliert. Im Oktober2015 starteten zwei weitere Bachelorstudiengänge (Phy-siotherapie und Pflegemanagement), zudem kann seitdem Wintersemester 2015/2016 im MasterstudiengangInformatik der neue Schwerpunkt Medizinische Informa-tik gewählt werden.

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1) einschl. Personen, die zum jew. Zeitpunkt Anrechnungszeiten zurücklegten (z.B. wg.Krankheit oder Arbeitslosigkeit) 2) frühreres Bundesgebiet; Datenquelle: Deutsche Ren-tenversicherung Bund; Berechnungen BiB – © BiB 2017 demografie-portal.de

Abbildung 2: Vergleich der Altersstrukturen in Deutschland* Ergebnis der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung(Variante 2). Datenquelle:Statistisches Bundesamt – © BiB 2017 demografie-portal.de

Bezieher einer Altersrente Beitragszahler1

Abbildung 3: Verhältnis Beitragszahler zu Rentenbezieher

Doch nicht nur in der Lehre ist die OTH Regensburg aktiv,denn mit der Gründung des Regensburg Center of HealthSciences and Technology (RCHST) im März 2017 wurde dieGrundlage für exzellente inter- und transdisziplinäre Wissenschaft, Forschung und Entwicklung im Bereich derMedizintechnik, der Pflege- und Gesundheitswissen-schaften sowie der dafür notwendigen ELSA-Begleit -forschung, Technikfolgenabschätzung und Akzeptanz-forschung geschaffen. Dieses vernetzte Forschungs- undHochschulangebot sowie die branchenübergreifendenKooperationen vor Ort bergen ein erhebliches wissen-schaftliches und wirtschaftliches Potenzial.

Für den Erfolg all dieser Maßnahmen sind die gute Aus-lastung der Studiengänge und die erheblichen Summen,die bereits aus öffentlicher Förderung und durch Auf-träge aus der Industrie eingeworben werden konnten,gute Indikatoren, die deutlich machen, dass die OTH Re-gensburg bei dem Megatrend Gesundheit schon heuteein gewichtiger Impulsgeber ist und eine sehr aktive Rollespielt.

Prof. Dr. Karsten Weber ■

Ko-Leiter des Instituts für Sozialforschung und Technikfolgenabschätzung (IST)

OTH Regensburg

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Zahlen und Fakten

Öffentlich-geförderte Forschungsprojekte

2016 konnte die OTH Regensburg im Bereich von For-schungs- und Entwicklungsprojekten an das Niveau derVorjahre anknüpfen bzw. diesen Bereich teils weiter aus-bauen. Insgesamt waren über 80 Professorinnen und

Bewilligtes Fördervolumen nach Herkunft in Tsd € (2013–2016)

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4.000

2.000

02013 2014 2015 2016

Professoren regelmäßig zusätzlich zur Lehrtätigkeit inForschungsprojekten aktiv; dies entspricht zirka einemDrittel aller an der OTH Regensburg beschäftigten Pro-fessorinnen und Professoren.

29 Anträge mit einem Fördervolumen in Höhe von 7,9 Mil-lionen EUR aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln sowieStiftungsgeldern für die OTH Regensburg wurden 2016bewilligt. Im Vergleich zu den Vorjahren ist damit eine

Steigerung zu verzeichnen. Besonders erfreulich ist, dassauf EU-Ebene mehrere Projekte eingeworben werdenkonnten.

Land Bund EU Stiftungen

TheCoS: Thermoplastische FaserverbundstrukturenErforschung und Bereitstellung einer zuverlässigen Pro-zesskette für tragende Faserverbundstrukturen mit ther-moplastischer Matrix.Fördersumme: 600 TEuroProjektleiter: Prof. Dr. Ingo Ehrlich | Prof. Dr. Stefan Hierl

Virtuelle Menschmodelle für die Prävention, Therapieund Rehabilitation von SchultererkrankungenEntwicklung neuer Methoden für die Analyse von Schul-terpathologien, um die Möglichkeiten der Prävention,Therapie und Rehabilitation von Schulterverletzungenund -degenerationen zu erweitern. Fördersumme: 290 TEuroProjektleiter: Prof. Dr. Sebastian Dendorfer

CrossEnergy: Grenzüberschreitende Energieinfrastruk-tur – Zukunftsvisionen für eine Region im WandelBeitrag zur gemeinsamen, grenzüberschreitenden Ener-gieinfrastruktur in der Donau-Moldau-Region, durch Ent-wicklung von innovativen Planungs- und Betriebstoolsvon elektrischen Netzwerken. Fördersumme: 270 TEuroProjektleiter: Prof. Dr. Oliver Brückl

Unternehmerische Kompetenzen auf dem tschechisch– bayerischen ArbeitsmarktEntwicklung innovativer Ausbildungskonzepte zur Ver-mittlung grundlegender unternehmerischer Kompetenzen.Fördersumme: 346 TEuroProjektleiter: Prof. Dr. Sean Patrick Saßmannshausen

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EU-ProjekteAn der OTH Regensburg laufen derzeit fünf Projekte, die von der Europäischen Union gefördert werden.

Rahmenprogramm Interreg V A-ProgrammIm Programm zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit „Ziel ETZ 2014-2020 (Interreg V)“ fördert die EuropäischeUnion grenzübergreifende Projekte zwischen dem Freistaat Bayern und der Tschechischen Republik.

CANVAS – Constructing an Alliance for Value-driven CybersecurityDas Projekt ist eine Coordination and Support Action, zum Aufbau eines Netzwerks von Technologieexperten undRechts,- Ethik- und Sozialwissenschaftlern, das sich mit der Vereinbarkeit von Cybersicherheit mit europäischen Werten und grundsätzlichen Rechten beschäftigt. Fördersumme: 104 TEuroProjektleiter: Prof. Dr. Karsten Weber

Rahmenprogramm HORIZON 2020

Horizon 2020 (Laufzeit 2014-2020) ist das Hauptinstrument der Europäischen Union zur Förderung von Wissenschaft,technologischer Entwicklung und Innovation. Es deckt ein breites thematisches Spektrum von der Grundlagen -forschung bis zu marktnahen Innovationsmaßnahmen ab. Dies vor allem für Forschung in biomedizinischen, natur-wissenschaftlich-technischen, industriellen oder sozioökonomischen Schlüsselbereichen.

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Promotionen

An der OTH Regensburg besteht die Möglichkeit einerPromotion in Zusammenarbeit mit einer Universität alskooperative Promotion. Hierbei ist neben einer Univer -

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Laufende und abgeschlossene Promotionen (2014–2016) laufend abgeschlossen

sitätsprofessorin bzw. einem Universitätsprofessor aucheine Professorin bzw. ein Professor der OTH Regensburgam Promotionsverfahren beteiligt.

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Ihre Chance bei SWR und REWAG

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A N Z E I G E

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Promovend/in Titel Betreuer/in KooperierendeOTH Regensburg Universität

■ Martin Alfranseder Efficient and Robust Scheduling and Prof. Dr. TU Clausthal-Synchronization in Practical Embedded Jürgen Mottok ZellerfeldMultiprocessor Real-Time Systems

■ Christoph Böhm Stochastik und Numerik konformer Prof. Dr. Universität Abbildungen Wolfgang Lauf Würzburg

■ Lena Ebner Kugelschüttungen als Filter und Wärme- Prof. Dr. Ruhr-Universität speicher – Numerische Simulationen und Michael Elsner Bochumexperimentelle Untersuchungen

■ Stefan Krämer Development and Simulation of Prof. Dr. Universität Fault-Tolerant Multicore Real-Time Jürgen Mottok PilsenScheduling - Covering Transient Faults

■ Josef Merk Die Psychometrische Güte des Motivation Prof. Dr. Universität Value Systems Questionaire Thomas Falter Regensburg

■ Stephan Mingels Elektronenspektroskopische Untersuchungen Prof. Dr. Universität an kalten Kathoden unter hohen elektrischen Rupert Schreiner WuppertalFeldern und durchstimmbarer Laserbeleuchtung

■ Mathias Obergrießer Entwicklung von digitalen Werkzeugen Prof. Dr. TU Münchenund Methoden zur integrierten Planung von Thomas EuringerInfrastrukturprojekten am Beispiel des Schienen- und Straßenbaus

■ Andrey Orekhov Electron Microscopy Study of Structural Prof. Dr. University ofPeculiarities of Carbon Materials Rupert Schreiner Eastern Finland

■ Marco Romano Charakterisierung von gewebeverstärkten Einzel- Prof. Dr. Universität lagen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff Ingo Ehrlich der Bundeswehr (CFK) mit Hilfe einer mesomechanischen Kine- Münchenmatik sowie strukturdynamischen Versuchen

■ Tobias Trost Erneuerbare Mobilität Prof. Dr. Universitätim motorisierten Individualverkehr Michael Sterner Kassel

■ Bastiaan van Entwicklung und Charakterisierung von CO2- Prof. Dr. Universitätder Weerd Sensoren für die Bestimmung der CO2-Eliminierung Rudolf Bierl Regensburg

während extrakorporaler Membranoxygenierung

Alle laufenden Promotionen: 77

Nach Fakultäten:

Abgeschlossene Promotionen 2016

Stand: Dezember 2016

■ Architektur■ Allgemeinwissenschaften und Mikrosystemtechnik■ Bauingenieurwesen■ Betriebswirtschaft■ Elektro- und Informationstechnik■ Informatik und Mathematik■ Maschinenbau■ Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften

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Konferenz/Workshop „Rheologische Messungen an Baustoffen“ an der OTH Regensburg am 21./22. Februar 2017. Foto: Oliver Teubert (Schleibinger Geräte Teubert und Greim GmbH)

IraSME PArtnering Event, Aachen, 31. Januar 2017 – Susanne Deisböckbeim Kooperationspartner-Netzwerken. Foto: Irina Bester, CORNET (cc.)

3. Regensburger Energiekongress an der OTH Regensburg am 8./9. März 2017. Foto: OTH Regensburg

Forschungsaktivitäten auf Konferenzen, Workshops und beim NetzwerkenNeben zahlreichen Konferenzen an der OTH Regensburg sind Workshops und Vernetzungstätigkeiten wichtige Kontakt-und Plattformen, um sich einerseits wissenschaftlich auszutauschen und andererseits einen aktiven Beitrag am wissenschaftlichen Diskurs zu erbringen.

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Fachtagung „Gesundheit im 21. Jahrhundert“ am 17./18. März 2017 – Neugründung des Regensburg Center of Health Sciences and Technology (RCHST). Foto: OTH Regensburg

Besuch von Wissenschaftsstaatssekretär Bernd Sibler am 28. April 2017 / Labor Biomechanik. Foto: OTH Regensburg

Forschung an der OTH Regensburg: Einblicke und Impressionen

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Lebens-wissenschaftenund EthikLebenswissenschaften und Ethik umfassen die Forschung an gesellschaft-lich relevanten technischen und sozialwissenschaftlichen Themen. MitPartnern aus Kliniken, Gesellschaft, Industrie und Unternehmen werdenProzesse und Produktideen entwickelt, die den zukünftigen Herausforder-ungen unserer Gesellschaft Rechnung tragen. Dabei spielt die Vernetzungunserer medizintechnischen und medizininformatischen Expertise mit unseren Kompetenzen im Gesundheitsbereich eine entscheidende Rolle.Ebenso sind Sozialforschung und Technologiefolgenabschätzung, Akzep-tanzforschung, Ethik, Personalarbeit sowie Nachhaltigkeit weitere zentraleAspekte des Forschungs-Leitthemas.

Bis zu 80 Prozent aller Menschen sind im Laufe ihres Lebens von Rückenschmerzen betroffen. Dies lässt Pro-bleme im Bereich der Wirbelsäule zu einer der Haupt -ursachen für Arbeitsausfall und einer vermindertenLebensqualität werden (Raspe 2012). Neben rein ortho-pädisch-biomechanischen Auslösern werden seit mehre-ren Jahren auch psychische Belastungssituationen alspotentiell initiierende oder zumindest verstärkende Fak-toren diskutiert. Viele Studien haben gezeigt, dass eineStresssituation mit einer Erhöhung der Muskelanspan-nung einhergehen kann (SBU Yellow Report no 227 2014).In einigen wenigen Studien wurde auch gezeigt, dass fürbestimmte Arbeitsplatzsituationen unter Stress eine Er-höhung der Kräfte in der Lendenwirbelsäule entsteht(Davis et al. 2002). Bisher ist allerdings nur wenig über

die Änderung der Belastungen in der Hals- und Lenden-wirbelsäule für verschiedene Stressoren (Stressfaktoren),die im modernen Berufsalltag auftreten, bekannt. Zieldieser aktuellen Studie ist die Erforschung des Einflussesvon emotionalen und kognitiven Stress auf die Muskel-ansteuerung und somit der Belastungen der Hals- undLendenwirbelsäule. Hierfür sind die Fachbereiche Bio -mechanik, Sportwissenschaften und Psychologie be -teiligt.

Mit Hilfe von experimentellen Studien wird die Reaktiondes Körpers durch Probandenversuche auf Stresssitua -tionen bei verschiedenen Bewegungen gemessen. Die Erfassung der Körperdaten beinhaltet neben biomecha-nischen Größen wie Bewegung, Muskelaktivität (Abbil-

PsyBio: Virtuelle Menschmodelle zur Bestimmung des Einflusses von Stress auf den Bewegungsapparat

Rückenschmerzen sind ein Volksleiden. Neben den rein anatomisch/physiologischen Parameternspielt die psychische Belastung eine Hauptrolle in der Entwicklung von Rückenleiden. Mit Hilfevon experimentellen Studien sowie virtuellen Menschmodellen werden in diesem Projekt die Disziplinen Biomechanik, Psychologie und Physiologie für einen neuartigen, ganzheitlichen Ansatzfür ein besseres Verständnis der Entstehung von muskulokelettalen Problemen verwoben. Hieraussollen Methoden entwickelt werden, die ein frühzeitiges Eingreifen sowie eine verbesserte Rehabilitation bei Rückenschmerzen ermöglichen.

20 | L E B E N S W I S S E N S C H A F T E N U N D E T H I K

Abbildung 1: Messung der Muskelaktivität unter Stress.

dung 1) und externen Kräften auch die Analyse von Bio-signalen wie Herzrate, Hautleitwert und Körpertempe-ratur zur quantitativen Beurteilung der Stressreaktion.Die anthropometrischen Daten der Probanden werden inKombination mit den biomechanischen Kenngrößen zurErstellung von probandenspezifischen, virtuellen Men-schmodellen verwendet. Mit Hilfe dieser Modelle könnendie Kräfte im Körperinneren wie Bandscheibenbelastungoder Muskelkräfte berechnet werden.

Die individuelle Stressantwort der Muskulatur wird in dieModelle implementiert und somit kann die Änderung derBelastungen berechnet werden. In Abbildung 2 ist dieVeränderung der Bandscheibenkräfte exemplarisch füreinen Fall dargestellt. Die Kräfte entstehen nur durch denStressor bei keiner Bewegungsänderung. Im Rahmen derStudien werden gesunde Probanden und bereits vorge-schädigte Patienten untersucht.

Mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse werden in Folge-studien Algorithmen entwickelt, welche eine virtuelle Simulation von kombiniert biomechanisch-psychischerBeanspruchung zulassen. Die Anwendungsfelder fürdiese Modelle sind beispielsweise die Arbeitsplatzergo -nomie oder die Unterstützung der Diagnose bei orthopä -dischen Fragestellungen.

Sebastian Dendorfera,b ■

Franz Süßa ■

Simone Kubowitscha,c ■

a) Labor für Biomechanik, OTH Regensburgb) Regensburg Center for Biomedical Engineering,

Universität und OTH Regensburgc) Institut für Sportwissenschaften,

Universität Regensburg

L E B E N S W I S S E N S C H A F T E N U N D E T H I K | 21

ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Sebastian DendorferLabor für Biomechanik, OTH [email protected]

Homepagewww.lbm.rcbe.de

Abbildung 2: Beispiel für die Änderung der Belastung der Hals- und Lendenwirbelsäule unter Stress.

Davis, Kermit G.; Marras, William S.; Heaney, Catherine A.; Waters,Thomas R.; Gupta, Purnendu (2002): The impact of mental proces-sing and pacing on spine loading: 2002 Volvo award in biomechanics.In: Spine 27 (23), S. 2645–2653.

Raspe, H. (2012): Rückenschmerzen. In: Gesundheitsberichterstat-tung des Bundes. 53.SBU Yellow Report no 227 (2014): Occupational exposures and backdisorders. Online verfügbar unter http://www.sbu.se/en.

LITERATUR

In Industriestaaten stellen Herzkrankheiten die häufigsteTodesursache dar. Allein in Deutschland machten dieseim Jahr 2015 rund 25% aller Todesfälle aus1. Durch eineungesunde Lebensweise (z. B. Rauchen, Fettleibigkeit,Stress) und die erblich bedingte Vorbelastung könnensich bei einer KHK in den Herzkranzgefäßen Verengun-gen, sogenannte Stenosen, bilden. Diese behindern denBlutfluss, was zu einer Unterversorgung des Herzmuskelsführen kann. Gelangt nun ein Thrombus in die Veren-gung, wird das Gefäß verschlossen und es droht der Herz-infarkt, der in ca. 50 % der Fälle zum Tode führt.Um dieser lebensbedrohenden Situation entgegenzu -wirken, kann ein Stent, d. h. eine zylindrische Gefäß-wandstütze aus Metall, in diese Verengung implantiertwerden. Dabei wird ein Stent mit Hilfe eines Ballon -katheters (Stent-Delivery-System, SDS) von der Leisteüber die Aorta in die Engstelle der Koronararterie geführt.Dort wird die Verengung und der Stent durch den Ballondes Katheters aufgeweitet. Anschließend wird der Ballonwieder verkleinert, der Stent verbleibt expandiert in derVerengung, stützt diese ab und der Blutstrom ist wieder-hergestellt.Während einer Stentimplantation kann es jedoch zu einerVerletzung des Gefäßes kommen, was die Gefahr einererneuten Gefäßverengung durch überschießende Wund-heilung, der Restenose, erhöht. Die Schwere dieser Ver-letzung ist abhängig vom Design des Stents und vondessen Expansionsverhalten2. Im Rahmen des OptiStent

Projektes soll ein neuartige SDS entwickelt werden, daseine geringere Gefäßverletzung hervorruft wie marktüb-liche Produkte und somit die Möglichkeit bietet, den Be-handlungserfolg einer KHK zu erhöhen. Die Optimierungeines Stents bzw. des SDS kann aber nur gewährleistetwerden, wenn der gesamte Herstellungsprozess einesSDS kritisch betrachtet wird.

Ziel des ProjektesZiel des beschriebenen Projektes ist es, die Prozessketteder Fertigung koronarer SDS beginnend mit dem Laser-schneiden der Stents, über das elektrochemische Nach-bearbeiten bis hin zum Befestigen auf dem Ballon-katheter aufzubauen und für weitere Forschungsaktivi-täten zu etablieren.

Material und MethodenSchneiden der StentsZum Schneiden der Stents aus Rohröhrchen wird eine Laserschneidanlage vom Typ SCS IV (Optiray GmbH,München) eingesetzt. Sie besteht aus einem 2-Achs-Po-sitioniersystem, sowie einem gepulsten 100 W Faserlasermit einem Laserschneidkopf. Die gerätespezifische CAM-Software wurde durch Cagila-2D (CAM-Service GmbH,Hannover) ergänzt, womit nun Funktionen wie Kurven-optimierung, CNC-Simulation und -Programmanalysemöglich sind.

Beizen und Elektropolieren der StentsBeim Beizen im Ultraschallbad werden Schlackereste undMetalloxide entfernt, die beim Laserschneiden entstehen.Als Beize wird Polinox-B Badbeize (Poligrat GmbH, Mün-chen) verwendet. Diese beseitigt Zunder, Anlauffarbenund Fremdrost auf Oberflächen von austenitischen CrNi- und CrNiMo-Stählen sowie hochnickelhaltigenWerkstoffen. Für die Elektropolitur der lasergeschnittenen Stentswurde eine Vorrichtung entwickelt, die es ermöglicht 20

Stent-Delivery-Systeme zur Behandlung koronarer Gefäßverengungen

Die Koronare Herzkrankheit (KHK) stellt in allen hoch entwickelten Industrieländern eine der häufigsten Todesursachen dar. Bei einer KHK kommt es zu Koronargefäßverengungen, entstandendurch Arteriosklerose, die eine unzureichende Blut- und somit Sauerstoff- und Nährstoff ver-sorgung des Herzmuskels nach sich ziehen und im weiteren Verlauf zu einem akuten Herzinfarktführen können. Im Rahmen des OptiStent Projektes werden im Labor für Medizinprodukte neu -artige koronare Stent-Delivery-Systeme zur Behandlung einer KHK entwickelt und die hierfür benötigten, teils neuartigen, Herstellungsprozesse etabliert.

22 | L E B E N S W I S S E N S C H A F T E N U N D E T H I K

Abbildung 1: Crimpvorrichtung für koronare Stents; a) Übersichtsauf-nahme der einzelnen Bestandteile: Crimpkopf (orange), Stent auf Bal-lonkatheter (weiß), Positioniereinheit (blau und rot), Pumpe fürDruckvariation im Katheter (lila); b) Detailaufnahme der Crimpiris(mit eingelegtem Kalibrierstift, d = 1mm)

a)

b)

Stents gleichzeitig reproduzierbar zu polieren. Die Elek-tropolitur erfolgt im Elektrolyt Poligrat E268A (PoligratGmbH, München) durch Schalten des Stents als Anode ineiner 3-Elektroden-Zelle und unter Beaufschlagung mitGleichstrom. Während der Bearbeitung wird der Stentständig rotiert, damit die Kontaktstelle Stent-Titan-Draht wechselt und mögliche Inhomogenität des elektri-schen Feldes ausgeglichen werden. Aus dem gleichenGrund werden mit jedem Stent zwei Polierdurchgängevollzogen, wobei diese umgedreht werden.

Crimpen der StentsFür das Befestigen der Stents auf dem Ballonkatheter(Crimpen) wurde eine spezielle Vorrichtung entwickelt,die es ermöglicht neuartige Stent-Designs mit Steg -dicken und -breiten kleiner 80 μm zu crimpen. ZwölfCrimpbacken realisieren eine durchmesserverstellbareIris. Die über einen Hebel eingebrachte Rotation führtdazu, dass jede Backe die gleiche Rotation vollführt undsomit der Irisdurchmesser verändert wird. Durch einespezielle Anordnung und Lagerung der Crimpbacken hatjede nur einen maximalen Spalt zur benachbarten Backezwischen 20-25 μm. Dieser Spalt ist klein genug, um sichnicht mit den Stent-Stegen zu verhaken, aber dennochausreichend um keine Selbsthemmung durch Form-schluss der Crimpbacken hervorzurufen (Abbildung 1).

Um die Qualität der Herstellungsschritte und somit dergefertigten Stents zu überprüfen wurden diese mitmarktüblichen Produkten verglichen. So wurde z. B. derenOberflächenrauigkeit untersucht und Biokompatibili-tätstests gemäß ISO 10993-1 durchgeführt.

ErgebnisseIn Abbildung 2 sind die Ergebnisse der einzelnen Herstel-lungsschritte eines Stents exemplarisch dargestellt. Die Oberflächenanalysen der elektropolierten Stents er-gaben eine gemittelte Rauheit von Rq = 0,017 μm im Ver-gleich zu den untersuchten marktüblichen Produkten miteinem Rq = 0,038 μm. Ebenfalls sehr gute Ergebnissezeigten die durchgeführten Zytotoxizitätsuntersuchun-gen gemäß ISO 10993-1. Die in dieser Arbeit elektropo-lierten Stents haben keinen negativen Einfluss auf die Vitalität der verwendeten Mausfibroblasten und sinddamit vergleichbar mit marktüblichen Produkten.

AusblickParallel zur Entwicklung und Aufbau der Herstellungs -prozesse koronarer SDS wurden neuartige Stent-Designsentwickelt. Als nächste Schritte sollen diese mit denetablierten Herstellprozessen gefertigt und anschließendderen mechanische und biologische Eigenschaften un-tersucht werden.

Labor für Medizinprodukte ■Fakultät Maschinenbau ■

Regensburg Center of Biomedical Engineering ■alle OTH Regensburg

L E B E N S W I S S E N S C H A F T E N U N D E T H I K | 23

ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Thomas SchratzenstallerLabor für Medizinprodukte – Medical DevicesFakultät MaschinenbauRegensburg Center of Biomedical Engineering, OTH [email protected]

Projektmitarbeiter/in Markus Geith (M.Sc.), Thomas Hölscher (M.Sc.), Matthias Laub (B.Sc.), Michael Mayer (M.Sc.), Lisa Obermaier (B.Sc.), Simon Schildbach (B.Sc.)

Laborhomepagewww.md.rcbe.de

Gefördert durchBayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (Projekt OptiStent)

Abbildung 2: Fertigungskette eines Stents am Beispiel der jeweiligenProduktstadien: a) lasergeschnitten, b) gebeizt, c) elektropoliert, d)gecrimpt auf Ballonkatheter

a)

b)

c)

d)

1. Statistisches Bundesamt, Die 10 häufigsten Todesursachen in Deutsch-land 2015, https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Gesellschaft-Staat/Gesundheit/Todesursachen/Tabellen/HaeufigsteTodesursachen.html;jsessionid=9995371BA6F8A340075B982866B9D359.cae1

2. Schwartz R., Huber K., et al.: Restenosis and the proportional neo-intimal response to coronary artery injury: Results in a porcine model.Journal of the American College of Cardiology, 19(2), S. 267–74, 1992

LITERATUR

Einleitung

Die Charakterisierung von Fahrereigenschaften ist wesentlicher Bestandteil bei der Verbesserung derMensch-Technik-Interaktion im Automobil. Im Rahmeneiner interdisziplinären Projektkooperation wurde eineneue Form des Human-Centered Engineering bzw. dermenschzentrierten Technikgestaltung genutzt1. Bei derTeilautomatisierung als Schritt zum vollautomatisiertenFahren sollen Fahrstile analysiert und das Fahrassistenz-system an das Fahrverhalten angepasst werden (adap-tives Fahrassistenzsystem). Hierbei sollen Nutzer*innenin den (Weiter-)Entwicklungsprozess einbezogen werden.Damit verfolgt die Studie die Grundidee Technik so zu gestalten, dass die Bedürfnisse aller vom Einsatz einerTechnik betroffenen Stakeholder stärker beim Gestal-tungsprozess berücksichtigt werden.

Methode

Ziel der induktiven Studie ist es, das Fahrverhalten unter-schiedlicher Personengruppen zu erheben und Typen zubilden (Klassifikation). Die 18 Proband*innen wurdennach einer Merkmalskombination aus Alter, Geschlechtund Fahrpraxis ausgewählt. Alle Testpersonen fuhren mitdem mit computergestützten Messvorrichtungen ausge-statteten Testfahrzeug eine Strecke von 55 km (Stadtver-kehr, Landstraße, Autobahn). Um diverse Perspektivenerfassen zu können, orientiert sich das Forschungsdesignam Ansatz der Triangulation mit Methoden-Mix: 1.) Derschriftliche Fragebogen vor der Testfahrt beinhaltete Fra-gen zu persönlichen soziodemographischen Angabenund zur Fahrpraxis (Selbsteinschätzung mit 5-stufigenSkalen2. 2.) Während der Fahrt wurden Signalmessungen

Klassifikation von Auto-Fahrtypen

In der Studie wurden Fahrtypen als Vorstufe der Entwicklung eines adaptiven Fahrassistenz -systems im Automobil identifiziert und analysiert. Methodische Grundlage der Studie ist der Ansatz der menschzentrierten Technikentwicklung. Im Rahmen von Testfahrten mit Beobachtungsowie qualitativer und quantitativer sozialwissenschaftlicher Befragung wurde das Fahrverhaltenvon Proband*innen untersucht und nach den Kriterien Verkehrssicherheit, Sportlichkeit und Effizienz mit einer Clusteranalyse in drei Fahrtypen klassifiziert. Unterschiede zwischen Selbst-und Fremdwahrnehmung wurden untersucht und diskutiert.

24 | L E B E N S W I S S E N S C H A F T E N U N D E T H I K

Abbildung 1: Vergleich der Einschätzungen zu Sicherheit (oben) und Sportlichkeit (unten), Skala: 1 = minimal, 5 = maximal

Fremdeinschätzung Selbsteinschätzung

4

2

Sicherheit

Ausgeglichen Sicher & Effizient Sportlich

4

2

Sportlichkeit

Ausgeglichen Sicher & Effizient Sportlich

Abbildung 2: Vergleich der Einschätzungen zu Effizienz (oben) und der Abweichungen der Einschätzungen (unten)

Ausgeglichen Sicher & Effizient Sportlich

4

2

Effizienz

Ausgeglichen Sicher & Effizient Sportlich

2

1

0

Abweichung in den Gruppen

AbweichungSicherheit

AbweichungSportlichkeit

AbweichungEffizienz

und Kameraaufnahmen (Fahrzeuginnenraum, Fahr-bahn) automatisiert vorgenommen. 3.) Außerdem fandwährend der Fahrt eine offene teilnehmende Beobach-tung durch zwei anwesende Beobachter*innen (For-scher-Triangulation3 statt (Beobachtungsprotokoll).Nachträglich wurden Kameraaufzeichnungen der Fahr-ten durch eine*n dritte*n Beobachter*in gesichtet undausgewertet. Auf Basis eines Ratingverfahrens4 erfolgtejeweils durch die drei Beobachter*innen eine Bewertungder Fahrleistung (Fremdeinschätzung). 4.) Am Endewurde ein Reflexionsgespräch mit den Testpersonen kurznach der Fahrt (mündliche teilstrukturierte und leit -fadengestützte Befragung) durchgeführt3.

ErgebnisDie statistische Auswertung (Clusteranalyse)5 ergab dreiFahrtypen: Ausgeglichen, Sicher und Effizient, Sportlich.Die Gruppenunterschiede sind signifikant. FahrtypusAusgeglichen: 10 von 18 Testpersonen (56 %). Die Mittel-werte für Sicherheit, Sportlichkeit und Effizienz sind annähernd gleich hoch. Sicher und Effizient: 5 Proband*-innen (28 %). Einen im Vergleich niedrigeren Wert fürSportlichkeit weist die Gruppe Sicher und Effizient auf.Fahrtypus Sportlich: 3 Testpersonen (17 %). Einen im Ver-gleich höheren Mittelwert für Sportlichkeit hingegenweist der Fahrtypus Sportlich auf. Der Vergleich der Mittelwerte der Selbst- und Fremd-wahrnehmung bezüglich der Sicherheit ergibt, dass sichalle drei Fahrtypen überschätzen, wobei der FahrtypusSicher und Effizient sich nur gering überschätzt (MS=4.00, SDS= 1.00, MF= 3.84, SDF= .49), der Fahrtypus Aus-geglichen etwas mehr (MS= 3.83, SDS= 1.17, MF= 3.47,SDF= .19) und die Sportlichen sich am meisten über-schätzen (MS= 3.67, SDS= .58, MF= 2.51, SDF= .16) (Abb.1,oben).Bezüglich der Einschätzung zur Sportlichkeit hat der Ver-gleich mit den Bewertungen der Beobachter*innen erge-ben, dass sich der Fahrtypus Ausgeglichen sehr guteinschätzt (MS= 3.47, SDS= 1.17, MF= 3.58, SDF= .42), derFahrtypus Sicher und Effizient hingegen überschätzt(MS= 2.94, SDS= 1.12, MF= 2.3, SDF= .46) und die Sport -lichen ihre Fahrleistung hinsichtlich Sportlichkeit sehr unterschätzen (MS= 2.73, SDS= .93, MF= 3.97, SDF= .38)(Abb. 1, unten).Der Intergruppenvergleich der Selbst- und Fremdwahr-nehmung zur Effizienz hat ergeben, dass die FahrtypenAusgeglichen (MS= 3.50, SDS= .99, MF= 2.98, SDF= .31)und Sportlich (MS= 3.47, SDS= .68, MF= 2.10, SDF= .27)

sich überschätzen und der Fahrtypus Sicher und Effizientsich unterschätzt (MS= 3.60, SDS= .92, MF= 3.92, SDF= .36)(Abb. 2, oben).Alle Fahrtypen weichen bei der Selbstwahrnehmung vonder Fremdeinschätzung ab, am meisten der FahrtypusSportlich (Abb. 2, unten). Es konnte kein Zusammenhangzwischen Selbst- und Fremdeinschätzung oder zwischenAlter, Geschlecht und Fahrpraxis mit einem Fahrtypusfestgestellt werden.

Ausblick

Die Ergebnisse bieten Erkenntnisse über die differenzier-ten Verhaltensweisen der unterschiedlichen Fahrtypenund unterstreichen die Bedeutung einer benutzerorien-tierten Technikentwicklung. In Folgestudien mit einer wesentlich größeren Stichprobe müsste die Reliabilitätder Ergebnisse nochmals geprüft und die Akzeptanzeines adaptiven Fahrassistenzsystems evaluiert werden.

Sonja Haug, OTH Regensburg ■Karsten Weber, OTH Regensburg ■

Institut für Sozialforschung und Technikfolgenabschätzung (IST)

L E B E N S W I S S E N S C H A F T E N U N D E T H I K | 25

Projektleiter/inProf. Dr. Sonja Haug | [email protected]. Dr. Karsten Weber | [email protected]

Wissenschaftliche MitarbeiterinnenAlena Wackerbarth (M.A.), Ulrike Scorna (M.A.)

Studentische HilfskräfteJulia Hoffmann, Anna Koch

GeldgeberBertrandt Ingenieursbüro GmbH, Standort Regensburg (Ansprechpartner: Ulrich Haböck, Andreas Redepenning)

ProjektlaufzeitSeptember 2015 bis März 2016 (7 Monate)

Homepage: www.oth-regensburg.de/isthttps://www.oth-regensburg.de/fakultaeten/angewandte-sozial-und-gesundheitswissenschaften/forschung-projekte/institut-fuer-sozialforschung-und-technikfolgenabschaetzung/projekte/projekte-im-bereich-mensch-technik-interaktion/identifikation-von-fahrtypen.html

1. Haböck, U., Redepenning, A., Schwenninger, J., Buchner, C.: DerMensch im Mittelpunkt - Human Centred Engineering als Zukunft derTechnologieindustrie, Automobiltechnische Zeitschrift (ATZ), 119 (4),48-53 (2017)2. Schnell, R., Hill, P. B., Esser, E.: Methoden der empirischen Sozial-forschung, Oldenburg, München (2013)

3. Flick, U.: Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung, Rowohlt,Hamburg (2016)4. Pauli, C.: Ratingverfahren, Journal für LehrerInnenbildung, (1) 56-59 (2014)5. Backhaus, K., B. Erichson, Weiber, R.: Multivariate Analysemetho-den. Eine anwendungsorientierte Einführung, Springer, Berlin, Hei-delberg (2015)

LITERATUR

Im Forschungsprojekt wurde das Aktiv-mit-MS-Patien-tenbetreuungsprogramms (AMSP) des Pharmaunter-nehmens TEVA evaluiert, um der Forschungsfrage nach-zugehen, inwieweit sich pflegerische Fachberatung undAustausch in Online-Foren auf die Krankheitsbewäl -tigung und in Folge auf die Therapietreue in der Behand-lung Multipler Sklerose mit dem Medikament COPAXONE®

auswirkt. Die Studie basiert auf einem Methoden-Mix (Abb.1), wo-durch sich die Validität der Messergebnisse erhöht (Me-thoden-Triangulation)6. Die qualitative Datenanalyse derVorstudie mit 21 Expert_inneninterviews erfolgte nachdem Verfahren des thematischen Kodierens4. In derLängsschnittstudie liegt die errechnete Rücklaufquotevon knapp 40 Prozent etwas unterhalb des üblichen Rah-mens, die Panelmortalität ist mit 43 Prozent nicht auffäl-lig hoch8. An der Befragung beteiligten sich 86 ProzentFrauen und 14 Prozent Männer. Das durchschnittlicheAlter der MS-P beträgt 38 Jahre (SD=11,2; Min=21,Max=81). Zum Zeitpunkt der Erhebung wurde zusätzlichzu COPAXONE® 20mg/ml (tägliche Spritzengabe) COPA-XONE® 40mg/ml (Spritzengabe drei Mal wöchentlich)eingeführt. Im Laufe der Befragung spritzten sich in W_3

nur noch 17 Prozent täglich die 20mg/ml Dosierung. Die87 online befragten MS-F sind im Durchschnitt zehnJahre tätig (SD=4.80) und betreuen durchschnittlich 30MS-P.

ErgebnisseIm Längsschnitt wurde die Spritzengabe durchschnittlichnie bis 3,6 Mal ausgelassen. Bca-KI-95Prozent-W_1[-.02,.53], - W_2 [-.33, 2.21] und -W_3 [-.04, 3.61]. DiesesErgebnis deutet auf eine sehr hohe Therapietreue hin. DieAbbruchsquote von 10 Prozent liegt im unteren Bereichder in den ersten sechs Monaten zu erwartenden Ab-bruchsquote von 10-20 Prozent2. Die Dosis hat hierbei kei-nen signifikanten Einfluss auf die Therapie(un)treue imChi2-Test. Die MS-P schätzen es, dass ihnen jederzeit und zu jedemabgefragten Anlass Fachberatungsangebote zur Ver -fügung stehen. Die MS-F werden sowohl in Bezug auf psy-chosoziale Belange als auch in Bezug auf medizinischeFragen und praktische Hilfen am besten bewertet. Nurbei MS-Problemen wünschen sich die MS-P Kontakt zuFachärzten (Abb.2). Alle MS-F haben eine pflegerischebzw. medizinische Ausbildung und sind seit 10–16 Jahrentätig. Diese Rolle hat sich in den letzten Jahren ausge-hend von der Aufgabe der Spritzenschulung hin zu einemkomplexeren und umfangreicheren Aufgabenspektrumgewandelt, das Krankheitsaufklärung, Wissensvermitt-lung und psychosoziale Unterstützung beinhaltet. DieBetreuungsintensität hängt mitunter von den MS-P ab.Insgesamt gehen die MS-P allerdings seltener auf dieMS-F zu als umgekehrt und die Kontaktintensität erhöhtsich durch die aktive Kontaktierung durch die MS-F[τ(62)=.364, KI-95Prozent [.175, .560], p<.001]. Dem Ab-lauf des Betreuungsprogramms entsprechend ist derKontakt mit den MS-F in den ersten sechs Monaten häu-figer als der zum Serviceteam und nach Ablauf der Be-treuungsphase durch die MS-F steigt die Bedeutung desServiceteams an. Die Angaben bezüglich des Terminbe-darfs der MS-P weisen darauf hin, dass die Besuche fle-xibel stattfinden. MS-P mit einem höherem Beratung-und Hilfebedürfnis bekommen die Unterstützung, die sie

Studie: Pflegerische Fachberatung und Onlineberatung für MS-Erkrankte

Mit qualitativer und quantitativer sozialwissenschaftlicher Befragung wird der Einfluss eines Patientenbetreuungsprogramms auf Therapietreue und Krankheitsbewältigung bei MS-Patient_innen (MS-P) untersucht. Die persönliche Vor-Ort-Beratung durch die MS-Fachberater_innen (MS-F) wird als höchst wichtig eingeschätzt und im Vergleich mit Hausärzt_innen und Fachärzt_innendurchweg höher bewertet. Bei der telefonischen Beratung wird die unmittelbare Erreichbarkeitbesonders geschätzt. Das Angebot der Peer-to-Peer-Beratung im Online-Forum ist zumeist be-kannt, aber den Einträgen wird weniger vertraut.

26 | L E B E N S W I S S E N S C H A F T E N U N D E T H I K

Abbildung 1: Design und Methoden-Mix der Evaluationsstudie

brauchen. Bei der Einnahme von COPAXONE® 40 mg/mlist eine Abnahme der Kontakte zum MS-Servicetelefon zubeobachten [X²(3)=11.344, p=.011], wobei 84,1 Prozentaus der Dosisgruppe 40mg/ml nie bis selten anrufen. Bezüglich der Nutzung des Online-Forums ergeben sichmittlere bis tendenziell schlechte Bewertungen, wasmöglicherweise einer Verzerrung durch geringere Teil-nahme internetaffiner Nutzer_innen beim Befragungs-format Papierfragebogenstudie geschuldet ist. Demüberwiegenden Anteil ist das Online-Forum bekannt, eswird aber als weniger wichtig eingeschätzt und genießtgeringeres Vertrauen als die MS-F und das Serviceteam.Statt subjektiver Inhalte im Online-Forum wird die evi-denzbasierte Beratung durch die MS-F bevorzugt.

SchlussfolgerungenDie Evaluationsstudie1 zeigt, die pflegerische Fachbera-tung eignet sich zum Erhalt der Therapietreue von MS-Pund zur Verhinderung von Therapieabbrüchen in den ers-ten sechs Monaten. MS-P schätzen das Fachberatungs-angebot und die pflegerische Beziehung durch die MS-Fund das Serviceteam. Mit Blick auf die Zukunft äußernsich die Befragten zuversichtlich, das Leben mit derKrankheit bewältigen zu können. Die positive Auswirkung

von Krankheitsbewältigungsstrategien auf Therapietreuezeigt eine Reihe weiterer Studien5 10 11. Ein Mix verschiede-ner Informationsanbieter und Medien kann die individu-ellen Bedürfnisse der Betroffenen bedienen, jedoch solltedie Bedeutung sachlicher Informationen nicht über-schätzt werden9. Zu viele können zu Überlastung führen3.Für die Therapietreue kann die psychosoziale Unterstüt-zung, die sich positiv auf die emotionale Grundstimmungauswirkt, weitaus wichtiger sein als sachliche Informa-tionen7.

Christa Mohr, OTH Regensburg1 ■

Sonja Haug, OTH Regensburg2 ■

Karsten Weber, OTH Regensburg2 ■

1) Fakultät Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften

2) Institut für Sozialforschung und Technikfolgenabschätzung (IST)

L E B E N S W I S S E N S C H A F T E N U N D E T H I K | 27

Projektleiter/inProf. Dr. Christa Mohr (Pflegewissenschaft)[email protected]. Dr. Sonja Haug (Empirische Sozialforschung)[email protected]. Dr. Karsten Weber (Internetberatung)[email protected]

Wissenschaftliche MitarbeiterinnenAmelie Altenbuchner (M.A.), Ulrike Scorna (M.A.)

Geldgeber: TEVA GmbH, Standort Berlin

Projektlaufzeit: August 2014 bis Juli 2016 (24 Monate)

Fördersumme: 117 TEuro

Homepagehttps://www.oth-regensburg.de/fakultaeten/angewandte-sozial-und-gesundheitswissenschaften/forschung-projekte/institut-fuer-sozialforschung-und-technikfolgenabschaetzung/projekte/projekte-im-bereich-gesundheit/ms-studie.html

1. Altenbuchner, A., Haug, S., Mohr, C., Scorna, U. und K. Weber, DerEinfluss von pflegerischer Fachberatung und Onlineberatung auf dieTherapietreue (Compliance) bei der Behandlung von Multipler Sklerose(MS) – eine Längsschnittuntersuchung, Forschungsbericht, Regens-burg, Institut f. Sozialforschung u. Technikfolgenabschätzung (IST), 2016.2. COPAKTIV Schwestern-Service, Handbuch für MS-Fachberaterinnen& MS-Fachberater für COPAXONE®. Leitfaden zur Betreuung von COPAXONE® Patienten, Berlin, Teva Pharma GmbH, 2008.3. Fava, G. A. and J. Guidi, Information overload. The patient and theclinician, Psychotherapy and Psychosomatics, 76, 2007: 1-3.4. Helfferich, C., Leitfaden- und Experteninterviews, S. 559-574 inHandbuch der Methoden der empirischen Sozialforschung, Hrsg.Baur, N. und J. Blasius, J., Wiesbaden: Springer Fachmedien, 2014.5. Köhler W., Apel-Neu A., Faiss J. H., Hoffmann F. und Klauer T., Psy-choedukatives Training für Patienten mit Multipler Sklerose, Der Ner-venarzt, 80, 2009: 16-17.

6. Mayer, H. Pflegeforschung anwenden. Elemente und Basiswissenfür das Studium, 4. Auflage. Facultas, Wien, 2015.7. Radin, P., To me, it’s my life. Medical communication, trust, andactivism in cyberspace, Social Science & Medicine, 62, 2006: 591–601.8. Schnell, R. Survey-Interviews. Methoden standardisierter Befragun-gen, VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2012.9. Simon, H. A., Models of Man, New York, Wiley & Sons, 1957.10. Simpson, S. H., D. T. Eurich, S. R. Majumdar, R. S. Padwal, R.T.Tsuyuki and J. Varney, A meta-analysis of the association betweenadherence to drug therapy and mortality, British Medical Journal(BMJ, Clinical research ed.), 333 (7557), 2006: 15.11. Twork, S., K. H. Schwermer und J. Kugler, Krankheitsbewältigungs-training bei Multipler Sklerose. Sicht niedergelassener NeurologInnenund NervenärztInnen, Der Nervenarzt, 78 (4), 2007: 429-436.

LITERATUR

Abbildung 2: Ranking Bewertung und Wichtigkeit der Kontaktpersonenund -stellen (1–5 „überhaupt nicht wichtig“ bis „sehr wichtig“ und„überhaupt nicht zufrieden“ bis „sehr zufrieden“)

54,5

43,5

32,5

21,5

10,5

0

| 29

Information undKommunikationIm Fokus von Information und Kommunikation steht die gesamte Band-breite der Kommunikation von Mensch zu Mensch ebenso wie die Mensch-Maschine-Interaktion oder auch diejenige innerhalb rein technischerSysteme. Dabei ist eine ganzheitliche Betrachtung der Ressourcen und Prozesse notwendig, um IT-Sicherheitsstrukturen auf- und auszubauen.Neben Themen der Sicherheit in Systemen und Netzen stehen verschie-denste Konzepte und Anwendungen zur Datenverarbeitung beispielsweisefür Logistik oder Robotik im Zentrum unserer Forschungsaktivitäten.

Problemstellung

Umfragedaten sind in vielen Bereichen unverzichtbar, leiden aber oft unter Qualitätsmängeln; manche der Befragten beantworten nicht alle Fragen (Nonresponse)oder sagen bewusst oder unbewusst die Unwahrheit.Werden diese Mängel bei der Auswertung vernachlässigt,sind Schätzungen meist verzerrt, liefern de facto falscheErgebnisse. In der Literatur sind Techniken zur Korrekturvon Nonresponse beschrieben. Weitgehend unbeachtetblieb aber bisher das Phänomen, dass Befragungsdatenoft ausgeprägte Spitzen bei glatten, etwa durch 100 oder1000 teilbaren Werten aufweisen (Abb. 1 zeigt beispiel-haft Angaben aus einer Befragung zum monatlichenHaushaltseinkommen). Offenbar runden die Befragtendie wahren Werte, allerdings gibt es keine Informationenüber die Stärke der Rundung. Werden die gerundeten als exakte Angaben bei Auswertungen verwendet, sindSchätzungen verzerrt. Ziel des Projekts ist ein Imputati-onsverfahren zur statistischen Korrektur der gerundetenWerte.

Anwendung

Als inhaltliche Fragestellung wird die Armutsgefähr-dungsquote untersucht. Sie ist definiert als Anteil derPersonen, deren Äquivalenzeinkommen weniger als 60 %des Medians beträgt. Das Äquivalenzeinkommen einerPerson ist das Haushaltsnettoeinkommen geteilt durchdie Summe der Gewichte aller Haushaltsmitglieder. DerHaushaltsvorstand hat das Gewicht 1, weitere Personenab 14 Jahren haben das Gewicht 0,5, Kinder unter 14 Jah-ren das Gewicht 0,3.

Imputationsverfahren im ÜberblickDer neuartige Ansatz besteht darin, die Zielvariable(Haushaltseinkommen) und das Rundungsverhalten derBefragten gemeinsam zu modellieren. Beides hängt vonunbekannten Parametern ab, die mit dem Maximum- Likelihood-Ansatz geschätzt werden. Mit dem spezifizier-ten Modell wird für jeden Befragten ein Rundungs-intervall vorhergesagt und schließlich ein aus diesemRundungsintervall zufällig gezogener Wert imputiert. DieAuswertungen erfolgen anhand der imputierten Datenund nicht mit den tatsächlichen Angaben der Befragten.

ModellierungDas Einkommen Y modellieren wir durch eine Lognormal-verteilung (bedingt auf Kovariablen X wie z. B. Haus-haltsgröße):

Das Rundungsverhalten wird als Ordered-Probit-Modelldargestellt. Dabei bestimmt eine latente normalverteilteVariable R den Grad der Rundung (z. B. Rundung aufdurch 10 teilbare Werte, durch 100 teilbare Werte usw.),wobei wir annehmen, dass mit zunehmender Höhe desEinkommens (und anderer Kovariablen Z) die Wahr-scheinlichkeit einer gröberen Rundung steigt:

Statistische Korrektur gerundeter Angaben in Stichprobenerhebungen

Bei vielen Datenerhebungen ist man auf Selbstauskünfte angewiesen, etwa bei der Untersuchungder Einkommensverteilung oder medizinischen Surveys (z.B. zum Nikotinkonsum). Oft zeigen sichin den erfassten Daten künstliche Spitzen bei „glatten“ Werten (z. B. durch 100 teilbare Beträge),die durch nicht dokumentierte Rundung auf Seiten der Befragten entstehen und statistischeSchätzungen verzerren. Für die Schätzung von Armutsquoten wurde ein Imputationsverfahrenentwickelt, um die beobachteten Daten zu „entrunden“. Der Algorithmus dieses Verfahrens istauf beliebige Erhebungen anwendbar.

30 | I N F O R M A T I O N U N D K O M M U N I K A T I O N

250

200

150

100

50

0

0 2.000 4.000 6.000 8.000

monatliches Haushaltseinkommen

abso

lute

Häu

figke

iten

Abbildung 1: Selbstauskünfte zum Haushaltseinkommen (Quelle: PASS Welle 6, Teilstichprobe)

ln(Y )|X ∼ N(X′β, σ2) (1)

R| ln(Y ),Z ∼ N(γ0 + γ1 ln(Y ) + Z′γ2, τ2) (2)

Als Likelihood für den Vektor θ aller Modellparameter(u. a. β, γ σ2, τ2) ergibt sich mit den beobachteten ge-rundeten Werten w folgende Form:

Dabei ist n die Größe der Stichprobe, j läuft über alle Run-dungsgrade und Aij ist ein rechteckiger Bereich, der alleWerte des Rundungsindikators R und des logarithmiertenEinkommens ln(Y) umfasst, die mit dem beobachtetenEinkommenswert wi und dem Rundungsgrad j kompati-bel sind, f ist die Dichtefunktion einer bivariaten Normal-verteilung, deren Parameter sich aus θ bestimmenlassen.

Diese recht komplizierte Likelihood lässt sich numerisch(z. B. mit dem EM-Algorithmus) maximieren; daraus ge-winnt man schließlich Schätzungen θ* für alle im Modellauftretenden Parameter.

ImputationsschrittZuerst wird die A-Posteriori-Verteilung der Parameter θdurch eine multivariate Normalverteilung angenähert(mit den geschätzten Parametern θ* als Mittelwertsvek-tor und der inversen Fisher-Information der geschätztenParameter als Kovarianzmatrix), dann wird aus dieser A-Posteriori-Verteilung ein Parametervektor θ** gezogen.Schließlich werden aus den Modellen (1) und (2) (mit Parametern θ**) für jeden Beobachtungswert ein hypo-thetisches Einkommen y* und ein Rundungsindikator gezogen; sind diese Werte mit dem beobachteten Ein-kommen kompatibel, wird y* als „entrundetes“ Einkom-men imputiert (andernfalls wird erneut gezogen). Umspäter korrekte Varianzschätzungen zu erhalten, erfolgtdie Imputation mehrfach („multiple Imputation“). Mit Hilfe umfangreicher Simulationen bei Unterstellungvon plausiblem Rundungsverhalten konnte nachge -wiesen werden, dass dieses Vorgehen „entrundete“ Ein-kommenswerte liefert, mit denen Schätzungen erheblichweniger verzerrt ausfallen als mit den gerundeten Be -fragungsdaten.

Auswirkungen auf die Armutsgefährdungsquote

Die folgende Tabelle enthält Schätzungen für die Armuts-gefährdungsquote (Datenbasis: Panel Arbeitsmarkt undsoziale Sicherung PASS) in Deutschland von 2010 bis 2012mit den Originaldaten und den „entrundeten“ Daten. DieDifferenz der Schätzungen ist durchaus beachtlich.

Jahr Armutsgefährdungsquote [in %] ohne Korrektur mit Korrektur

2010 14,89 14,59

2011 16,34 15,77

2012 15,95 16,21

AusblickDie Anwendung bestand in der korrigierten Schätzungvon Armutsgefährdungsquoten. Der Ansatz ist auf alleDaten übertragbar, bei denen die Befragten offensicht-lich auf glatte Werte runden, etwa bei Selbstauskünftenzu Alkohol- oder Zigarettenkonsum oder bei Angabenzum Workload in studentischen Evaluationen.

Hans Kiesl, OTH Regensburg ■Jörg Drechsler, Institut für Arbeitsmarkt-

und Berufsforschung, Nürnberg ■

I N F O R M A T I O N U N D K O M M U N I K A T I O N | 31

ProjektleiterProf. Dr. Hans KieslFakultät Informatik und [email protected]

GeldgeberDeutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Schwerpunktprogramm 1646 „Education as a lifelong process“

KooperationspartnerPD Dr. Jörg DrechslerInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nü[email protected]

Drechsler, Jörg; Kiesl, Hans (2016). Beat the heap: An imputationstrategy for valid inferences from rounded income data. Journal ofSurvey Statistics and Methodology, Vol. 4, No. 1, S. 22-42.

Drechsler, Jörg; Kiesl, Hans; Speidel, Matthias (2015). MI double fea-ture: Multiple imputation to address nonresponse and rounding errorsin income questions. Austrian Journal of Statistics, Vol. 44, No. 2, S. 59-71.

LITERATUR

L(θ|w,x, z) =n∏

i=1

∑j

∫∫

Aij

f(r, ln(y)|xi, zi,θ) d ln(y)dr

Seit Jahren stehen die für IT-verantwortlichen Funktions-bereiche von Unternehmen (IT-Organisationen) unterDruck, ihre Dienstleistungen flexibel, effizient und zuver-lässig zu erbringen. Es deutet wenig darauf hin, dass sichdies in naher Zukunft verändern wird. Aus diesem Grundist es wichtig, dass auch IT-Organisationen vom Erfah-rungsschatz anderer Unternehmensbereiche profitieren.Lean IT versucht die Erfahrungen von Lean Managementaus der Produktion auf die IT zu übertragen und nutzbarzu machen.

Lean Management basiert auf den Grundzügen desToyota Produktion Systems (auch bekannt als TPS), wel-ches seit Mitte des 20. Jahrhunderts bei Toyota eingesetztund seitdem kontinuierlich weiterentwickelt wurde. LeanManagement kann heute als ein De-Facto-Standard inder Produktion angesehen werden.Neben der Anwendung von Lean Management in der Pro-duktion, besteht ebenfalls Interesse, Lean Managementauch bei der Erbringung von Dienstleistungen zu nutzen.An dieser Stelle setzt Lean IT an, indem es Philosophie,Prinzipien und Werkzeuge von Lean Management auf dieErbringung von Dienstleistungen der IT-Organisationüberträgt.Lean IT ist als übergreifender Managementansatz defi-niert, der auf eine kontinuierliche Eliminierung von Ver-schwendungen, kontinuierliche Eliminierung von Variabi-lität, Erhöhung des Kundennutzens und Erhöhung deroperationellen Flexibilität in allen Bereichen einer IT-Or-ganisation hinwirkt.

Lean IT: Lean Management in IT-Organisationen

Lean IT beschreibt die Anwendung von Lean Management auf IT-Organisationen. Lean IT stelltein junges Forschungsfeld dar. Im vorliegenden Forschungsvorhaben wurde das Themengebietstrukturiert und der Begriff wissenschaftlich konzeptualisiert. Darauf aufbauend wurden im Rah-men von empirischen Studien Erfolgsfaktoren für die Einführung von Lean IT sowie Handlungs-empfehlungen und ein Einführungsmodell entwickelt.

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Abbildung 1: Phasen einer einzelnen Einführungswelle im Rahmen einer Lean-IT-Einführung

Lean-IT-Welle

Vorbereitung Analyse Gestaltung Implementierung Nachhaltigkeit

Unsere Forschung zum Thema Lean IT zielte auf eine an-wendungsorientierte Übertragung von Lean Philosophie,Prinzipien und Werkzeugen vom Produktionskontext zumIT-Kontext ab und beschäftigte sich insbesondere mitden Einführungsmodalitäten von Lean Management inIT-Organisationen. Das Forschungsvorhaben unterstütztden Fokus von IT-Organisationen im Bereich der IT-Indus-trialisierung und schafft damit die notwendigen Voraus-setzungen für die Entwicklung hin zur digital ausge-richteten IT-Organisation.

Inhaltlich beschäftigt sich das Forschungsvorhaben mitdrei Kernfragen:1. Was umfasst der Begriff Lean IT im Sinne

einer Konzeptualisierung genau?2. Welche Faktoren sind bei der Einführung

von Lean IT zu berücksichtigen?3. Wie kann das Management die Chancen für

eine erfolgreiche Einführung von Lean IT erhöhen?

Aufgrund des Mangels empirisch fundierter Literaturzum Themengebiet wurde der Fokus bei der Methoden-auswahl auf empirisch-qualitative Methoden (DelphiStudie, Fallstudienforschung, Grounded Theory) zur ex-plorativen Eröffnung des Forschungsraumes gelegt. Einmethodischer Fokus lag außerdem auf der Weiterent-wicklung der Ranking-Type Delphi Methode durch „Best-Worst Scaling“, einer Methode aus der Marketing-forschung, die bisher nur geringe Beachtung im For-schungsfeld fand.

~ 1 Woche ~ 2–3 Wochen ~ 2–3 Wochen ~ 6–8 Wochen

In Bezug auf Forschungsfrage 1 wurde die eingangs indiesem Bericht erwähnte Definition von Lean IT ent -wickelt und anhand von zwei existierenden Modellen ent-lang der Dimensionen „why“, „where“, „what“ und„how“ konzeptualisiert.

In Bezug auf Forschungsfrage 2 wurden Erfolgsfaktorenfür die Einführung von Lean IT im Rahmen einer Delphi-Studie (systematisches, mehrstufiges Befragungsver -fahren zu einem komplexen Phänomen) unter Indus-trieexperten erhoben. Diese Erfolgsfaktoren wurden gerankt und dann anhand zweier Tiefenfallstudien weitergehend empirisch untersucht. Die Erfolgsfaktorenumfassen unter anderem: aktive Unterstützung durchdas Management, klare Vision und langfristige Ausrich-tung, stringentes Leistungsmanagement, Wissensaufbauund Training, Veränderungskultur und Arbeitsethik sowieaktive Einbindung der Mitarbeitenden.

In Bezug auf Forschungsfrage 3 wurde ein Einführungs-modell für Lean IT mit verschiedenen Einführungswellenentwickelt. Dieses verknüpft fünf Rollen (Sponsor, Pro-grammleiter, Navigator, Linienführungskraft und Linien-experte) mit vier Phasen jeder Welle (Vorbereitung,Analyse, Gestaltung und Implementierung; siehe Abbil-dung 1). Darüber hinaus wird auf die besondere Rolle derLinienführungskräfte, die bei einer Lean IT Einführung be-sonders stark eingebunden sind, eingegangen. Neben

einer klaren Vision für die Organisationseinheit und demVerständnis, an welcher Stelle Lean IT die Organisations-einheit konkret unterstützen kann, benötigen diese Offenheit, Veränderungswillen und die Bereitschaft, Ver-antwortung an Mitarbeitenden zu delegieren. Außerdemsollten sie über ein ausreichendes Zeitbudget für die Ein-führung verfügen, um ihrer gestaltenden und qualitäts-sichernden Funktion nachkommen zu können.

Die erreichten Forschungsergebnisse erscheinen vielver-sprechend, um den Forschungsstrang weiterzuverfolgen.Sie bilden aus Praktikersicht eine Grundlage für einensystematisch-fundierten Einführungsprozess für Lean ITin Unternehmen.

Markus Westner, OTH Regensburg ■Jörn Kobus, OTH Regensburg ■

I N F O R M A T I O N U N D K O M M U N I K A T I O N | 33

ProjektleiterProf. Dr. Markus [email protected]

KooperationspartnerTU Dresden

Kobus, J., Westner, M., Strahringer, S.: Change management lessonslearned for Lean IT implementations. International Journal of Infor-mation Systems and Project Management 5, 47–60 (2017)Kobus, J., Westner, M., Strahringer, S.: Einführung von Lean Manage-ment in IT-Organisationen. HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 53,879–893 (2016)Kobus, J., Westner, M., Strahringer, S.: Lean Management of IT Or-ganizations. A Perspective of IT Slack Theory. In: ICIS 2016 Proceedings.Dublin (2016)Kobus, J., Westner, M.: Ranking-type delphi studies in IS research.Step-by-step guide and analytical extension. In: Nunes, M.B., Isaías,P., Powell, P. (eds.) Proceedings of the 9th IADIS International Con-ference Information Systems, pp. 28–38. Vilamoura (2016)

Kobus, J.: Demystifying Lean IT. Conceptualization and Definition. In:Nissen, V., Stelzer, D., Straßburger, S., Danie, F. (eds.) MultikonferenzWirtschaftsinformatik (MKWI) 2016. Technische Universität Ilmenau09. - 11. März 2016, pp. 1429–1440. TU Ilmenau Universitätsbibliothek,Ilmenau, Thür (2016)Kobus, J., Westner, M.: Lean Management of IT Organizations. Imple-mentation Success Factors and Theoretical Foundation. In: AMCIS2015 Proceedings. Puerto Rico (2015)Kobus, J., Westner, M.: Lean Management of IT Organizations. A Literature Review. In: PACIS 2015 Proceedings, Paper 172 (2015)

LITERATUR

Im IoT kommunizieren Dinge miteinander ohne direktemenschliche Beteiligung. Häufig werden Sensordatenübertragen und vielfach lösen sie eine Aktion aus. Sokann beispielsweise die Erdfeuchte eines Feldes oder dieTemperatur in einem Raum konstant gehalten werden.Da ein Internetzugang relativ teuer ist findet viel Kom-munikation zwischen Dingen wie Sensoren und Aktorenauf tieferen Ebenen statt, sogenannten Subnetzwerken,die zunehmend als Funknetzwerke ausgelegt sind. Dieskann vielfältige Grunde haben, wie das Überqueren einer

Straße oder eines fremden Grundstücks mit dem Signal.Es kann sich aber auch um allgemein abgeschiedene Bereiche handeln, wie landwirtschaftlich genutzte Flä-che, ein kleines Dorf oder zivilisationsarme Gebiete wieWüsten.In diesem Sinne laufen Entwicklungen in verschiedenenBranchen. So wurden neben der ständig fortschreitendenUltra-Low-Power Hardware und Batterietechnik eben-falls neue Funkprotokolle wie Bluetooth5 oder LoRa ge-schaffen, wobei letzteres Distanzen von bis zu 50 kmüberbrücken kann. In Zusammenarbeit mit der CrossWide Service GmbH (XWS) sollen IoT-Knoten angebotenwerden, die in vielfältigen Funknetzwerken mit verschie-denen Protokollen verknüpft werden können.Eine der größten Schwierigkeiten des in Abb. 1 gezeigtenGesamtkonzepts des Funkknotens gestaltet sich in derEnergieversorgung. Jenseits von Infrastruktur heißt eben-falls jenseits zentraler Stromversorgung. Während derDraht als Übermittler von Daten über weite Streckendurch Funknetze ersetzt werden kann ist dies bei Ener-gieübertragung deutlich schwieriger. Stattdessen kannfür die sparsame Hardware Energie, die am Knoten vor-handen ist, geerntet werden. Das wiederum bedeutet,dass lokale Energiequellen für die Funkknoten im Vorder-grund stehen – hauptsächlich regenerative.

EnergieversorgungHier setzt das Projektteam im Elektronik-Labor der OTHRegensburg unter Leitung von Prof. Dr. Schubert an umeine möglichst flexible Energieversorgung zu bauen, diemit jeder Gleichspannungsquelle im sehr weiten Span-nungsbereich von UIN = 3 … 60V am Eingang arbeitenkann. Spannungen > 60V wurden rechtliche Komplikatio-nen mit sich bringen. Besonders schwierig gestaltet sichder effiziente Umgang mit kleinen Spannungen in die-sem Eingangsbereich, der effektiv insgesamt einen Fak-tor von bis zu NStepDown = 60V = 24 skalieren kann (sieheAbb. 2). Ebenfalls besitzt die Versorgung eine Schutz -abschaltung bis zu UMax = ± 120V, so dass auch unregel-mäßige Spannungsquellen mit Spannungsspitzen an

Universelle Energieversorgung für Funkknoten im Internet of Things

Im ständig wachsenden Internet of Things (IoT) benötigen alle Funkknoten eine lokale Energie-versorgung. Diese kann aus verschiedensten Quellen bezogen werden, wie beispielsweise einemklassischen Steckernetzteil, einer Autobatterie oder auch aus regenerativen Quellen wie Wind,Wasser, Sonne, Wärmedifferenz, etc. Parallel zur Entwicklung eines Communication Boards(ComBo) der Regensburger Firma XWS entwickelt das Elektronik-Labor der OTH Regensburg eineintelligente Energieversorgung, die Spannungsquellen im Spannungsbereich von 3−60V ernten,Spannungen von ±120V unbeschadet überstehen und Energie in einem weiten Temperaturbereichspeichern kann.

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Abbildung 1: IoT-Knoten in typischer Anwendung

Abbildung 2: Energieversorgung, Blockschaltbild mit Spannungs niveaus

2.5V

diese Energieversorgung angeschlossen und verwendetwerden können. Viele regenerativen Quellen können solokal geerntet – und ihre Energie auch gespeichert – werden um eine autonome Operation des versorgten Systems zu ermöglichen.

BatteriepufferNeben dem Eingangs-Modul besteht die Energieversor-gung zudem aus einem Batteriepuffer (Abb. 2), der einenEingangsspannungsbereich von UIN/BAT = 2.6 … 6V ab -decken kann, wenn das Eingangs-Modul nicht benötigtwird. Umgekehrt funktioniert auch das Eingangs-Modulohne Batterie-Modul, wenn eine stabile Spannungsver-sorgung gegeben ist.Energie aus nur sporadisch verfügbaren Quellen wie derSonne muss gepuffert werden. Nach Abwägung vonEnergiedichte, Leistungsdichte, sowie der Sicherheits-aspekte wurden Li-Ion Akkus mit Lithiumeisenphosphat(LiFePO4) Kathodenchemie gewählt. Diese Zellen deckenohne Beschaltung den relevanten Spannungsbereich von2.6V < UBUS < 3.6V ab und rufen bei Erhitzung oder me-chanischem Stress keine exotherme Reaktion über dasEntladen hinaus hervor. Ferner deckt der mögliche Tem-peraturbereich von bis zu -40°C<TLiFePO4

<+70°C den Groß-teil der Witterungen im Außenbereich ab.

Intelligentes DoppelakkusystemDas Batteriemanagement wird über einen Mikrocontrol-ler gesteuert und somit durch Software definiert. Diesumfasst das Schaltverhalten im Normalbetrieb sowie zurSicherheit (Akkuschutz) und eine Abschätzung des Ladezustands. Außerdem werden vom Controller dieSpannungs- sowie Stromkurven gespeichert, die schließ-lich über eine serielle Schnittstelle ausgelesen und so zum Beispiel über das IoT zugänglich gemacht werdenkönnen.Die Hardware ist für den Umgang mit zwei einzelnen Ak-kuzellen geeignet. Bei einem neuen Akku muss erst eingesamter Lade/Entlade-Zyklus durchlaufen werden, umdie Gesamtkapazität und letztlich den Ladezustand zuermitteln. Das intelligente Doppelakkusystem kann hier-für eine Entladung der Batterie beschleunigen ohne Ener-gie zu verlieren, indem Ladung in die zweite Batterieumgeladen wird. Durch den hierfür benötigten DC/DCBoost-Konverter können ebenfalls beide Batterien mitnur sehr niedriger externer Spannung auf die volle Kapa-zität geladen werden.

LeistungsfähigkeitDurch die minimale Baugröße und Low-Power Optimie-rung ergibt sich ein maximaler Strom von IInput ≤ 3A, deram Eingang verarbeitet werden kann. Allerdings bewegtsich der Strom bei LowPower-Applikationen im Milliam-pere-Bereich mit eventuellen Stromspitzen, die wenigerals 3A betragen.

AusblickEs lässt sich vermuten, dass eine so universelle Energie-versorgung in weit gefächerten AnwendungsgebietenVerwendung finden wird. Nicht nur in Kombination mitder Ernte von regenerativen Energien wie einer Photo -voltaik-Zelle, einem Piezo- oder Peltier-Element (Wärme-differenz), Batterien (CR2032 Knopfzellen oder Blei-Auto-batterie) oder einem Windrad – sondern auch in Verbin-dung mit zum Beispiel einem 5V-Netzteil, wenn eine An-bindung an das 230V-Netz verfügbar ist.

Martin Schubert, OTH Regensburg ■Stefan Zenger, OTH Regensburg ■

Alexander Pietsch, OTH Regensburg ■Josef Weiß, OTH Regensburg ■

Sebastian Hinterseer, OTH Regensburg ■

I N F O R M A T I O N U N D K O M M U N I K A T I O N | 35

ProjektleiterProf. Dr. Martin [email protected]

ProjektmitarbeiterAlexander Pietsch (B.Eng.)[email protected] Weiß (B.Eng.), [email protected] Zenger (M.Eng.), [email protected]

Studentische HilfskräfteSebastian [email protected] Yu, [email protected]

KooperationspartnerXWS Cross Wide Service GmbH, Regensburg

GeldgeberZentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) –Kooperationen, Projektform: Kooperationsprojekt (ZF)

Projektlaufzeit: 16 Monate

Fördersumme: 173 TEuro

Georgiou, O., Raza, U.: Low Power Wide Area Network Analysis: CanLoRa scale? IEEE Wireless Communications Letters 6(2), 162-165 (2017)Jossen, A., Weydanz, W.: Moderne Akkumulatoren Richtig Einsetzen:36 Tabellen. Ubooks, Neusäß, 1. Aufl. Edn. (2006)Ke, M.Y., Chiu, Y.H., Wu, C.Y.: Battery Modelling And SoC Estimationof a LIFEPO4 Battery. In: 2016International Symposium on Computer, Consumer and Control(IS3C). pp. 208{211. IEEE (2016)

Schubert, M.: System Contemplationsfor Precision Irrigation in AgricultureTaffner, F.: Circuit Development for LIFEPO4 Battery Charging From a SolarPanel that Runs at the MaximumPower

LITERATUR

Die nichtlineare Brechzahl

Bei hohen Lichtintensitäten reagieren Dielektrika zu -nehmend nichtlinear, d. h. die dielektrische Polarisationbekommt zusätzlich zu einem linear vom elektrischenFeld abhängigen Anteil Teile, die proportional zu höherenPotenzen des elektrischen Feldes sind2. Im Glas mit seinerzentralsymmetrischen Struktur dominiert eine kubischeNichtlinearität. Als Auswirkung dieser kubischen Polari-sation auf die Wellenausbreitung beobachtet man zweiGruppen von Effekten: Frequenzmischprozesse und in-tensitätsabhängige Lichtausbreitung. Letztere kann mansich vorstellen als Folge einer Intensitätsabhängigkeit deroptischen Brechzahl, d. h. die Lichtverteilung modifiziertihr eigenes Ausbreitungsmedium. Zum Beispiel kann sichein Lichtstrahl seinen eigenen Wellenleiter schreiben, miteinem „Spatial Soliton“ als selbstgeführtem Wellenfeld.Oder ein Puls in einem Wellenleiter kann über die nicht-lineare Brechzahl seine eigene Phase modifizieren,Selbstphasenmodulation (SPM) genannt1. Damit kann ineinem „Temporal Soliton” die Dispersion kompensiertwerden und eine Pulsveränderung entlang der Ausbrei-tung wird vermieden. Diese Selbstbeeinflussung desLichts basiert auf einer Brechzahl n = n0 + n2 · I, der zumlinearen Anteil n0 ein von der sogenannten nichtlinearenBrechzahl n2 bestimmter, von der Intensität I abhängigerTerm n2 · I zuaddiert wird.

Meßprinzip

Auf Basis der nun nichtlinear werdenden Wellenglei-chung ist die intensitätsabhängige Lichtausbreitungtheoretisch zu beschreiben. Messungen von kubisch nicht-linearen Effekten können genutzt werden, um im Ver-gleich mit der Theorie den Materialparameter n2 zubestimmen. Wir haben uns für SPM entschieden, da unskeine sorgfältig dokumentierten SPM-Messungen aufBasis direkter Pulscharakterisierung bekannt sind, unduns eine erstmalige, anschauliche Darstellung des Ein-flusses der SPM auf Pulsverlauf und Pulsphase interes-sant erschien. Die zwei Charakteristika für SPM sind in Abb. 1 darge-stellt. Der Puls behält seine Anfangsform während derAusbreitung bei und ändert dabei nur seine Phase. DiesePhasenänderung ist proportional zur momentanen Puls-

Messung der nichtlinearen Brechzahl von Glasfasern

Da eine Licht-Licht-Wechselwirkung mit Reaktionszeiten kleiner als Pikosekunden extrem schnellsein kann und um die Anzahl von Datenumwandlungen zwischen elektronischem und optischemBereich zu verringern, wird seit Jahren die Tauglichkeit nichtlinear-optischer Prozesse zur Daten-verarbeitung untersucht. Um die diese Wechselwirkung bestimmenden nichtlinearen Material -koeffizienten zu vermessen, kann die Selbstphasenmodulation in Wellenleitern genutzt werden.In Zusammenarbeit mit der Australian National University haben wir dort mit Studenten der OTHeinen entsprechenden Meßplatz aufgebaut. Um die Genauigkeit der Apparatur zu bestätigen,wurde der Nichtlinearitätskoeffizient von Standard-Singlemode-Glasfasern bestimmt, zu dessenWert seit 40 Jahren immer wieder Veröffentlichungen erscheinen, deren Ergebnisse allerdingsziemlich streuen1. Der sich neu ergebende Wert der hier vorgestellten Glasfasermessung liegt amunteren Rand des Bereiches der publizierten Werte. Eine detaillierte Fehleranalyse zeigt, dass unsere Meßapparatur mit einem Fehler um 5 % die bisher genauesten Ergebnisse liefert.

36 | I N F O R M A T I O N U N D K O M M U N I K A T I O N

Abbildung 1: Vergleich der zeitlichen Verläufe von Eingangs- (schwarz)und Ausgangspuls (rot) in einer Glasfaser mit der nichtlinearen Phasenverschiebung des Pulses (grün).

1.0

0.5

0.0

0.5

0.0Puls

leis

tung

(a.

u.)

Non

linea

r Pha

se S

hift

(ra

d)

InputOutput

Phase Shift

Time (ps)-5 0 5

leistung, deren Verlauf sich ja als Pulsform während derAusbreitung nicht ändert. Die drei Kurven sind praktischgleich.

MeßaufbauFür eine direkte Untersuchung der SPM werden Eingangs-und Ausgangspulse im Wellenleiter nach Betrag undPhase gemessen. Pulse mit der Telekommunikations -wellenlänge 1550 nm und mit einer Dauer von 0,5 bis 6 psaus einem Faserlaser werden vor und nach der Messfasermit einem Frequency Resolved Gating (FROG) Verfahrenabgetastet3. Aus dem dabei entstehenden Spektro-gramm werden Pulsform und Phase rechnerisch zurück-gewonnen. Die momentane, nichtlineare Phasenver-schiebung des Ausgangspulses über der momentanenPulsleistung gezeichnet, ergibt eine Gerade, deren Stei-gung den gewünschten Wert für die nichtlineare Brech-zahl liefert.

Ergebnis der Messungen an GlasfasernEs wurden verschiedene Standard Singlemode-Glasfasernaus Quarzglas (SiO2) mit Germanium-dotiertem Kern -bereich mit Faserlängen von 0,2 bis 5 m vermessen. Fürdie verschiedenen, genutzten Pulslängen wurden keineNichtlinearitätsunterschiede gefunden. Auch liefern

verschiedene Fasern nach Berücksichtigung der Ger -manium-Konzentrationsabhängigkeit der nichtlinearenBrechzahl die in Abb. 2 gezeigte nichtlineare Brechzahlfür das Fasermaterial SiO2. Eine detaillierte Fehleranalyseergibt den in Abb. 2 grau hinterlegten Toleranzbereich, indem die gemessenen Werte alle liegen. Der Messfehlersinkt für größere Pulsleistungen und Faserlängen.

ZusammenfassungDer elektronische und gitterdynamische Anteil der nicht-linearen Brechzahl für ps-lange Pulse im Bereich der Telekom-Wellenlänge wurde zu n2 = 2,2 · 10-16 gemes-sen. Die Nichtlinearitätswerte für Pnorm > 1,5 mW · m habeneine Standardabweichung kleiner als 2,6 %, zu der einsystematischer Fehler der Meßapparatur von maximal2,8 % hinzukommt. Der Wert korrigiert die bisher ange-nommenen Werte um etwa 10 bis 20 % nach unten. DieSPM, in den Lehrbüchern das klassische Beispiel für einenkubisch nichtlinearen Effekt, wurde erstmals mittels ge-nauer Pulsanalyse experimentell dokumentiert und ver-anschaulicht. Mit dem gemessenen n2 lassen sich alleMessungen detailgetreu simulieren. Die Arbeit stellte besondere Anforderungen an die Meßtechnik, um alleMeßungenauigkeiten zu quantifizieren. Das betraf be-sonders die Leistungsmessung mit Kalibrierung an derPhysikalisch Technischen Bundesanstalt und die Moden-feldmessung der Wellenleiter, an der weiter gearbeitetwird.

Roland Schiek, OTH Regensburg ■

I N F O R M A T I O N U N D K O M M U N I K A T I O N | 37

ProjektleiterProf. Dr. Roland SchiekLabor Optische Ü[email protected]

GeldgeberBundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)Bayerische Forschungsallianz CUDOS (australisches Forschungsprogramm)

KooperationspartnerFriedrich-Schiller-Universität JenaAustralian National University, Canberra

Abbildung 2: Die nichtlineare Brechzahl des Glasfasermaterials SiO2aufgetragen über dem Produkt aus Faserlänge und Leistung. Der Mittelwert ist rot gezeichnet.

3.5

3.0

2.5

2.0

1.5

1.0

0.5

0

n 2in

10-1

6cm

2 /W

1 2 3 4 5Pnorm in mW*m

1. Agrawal, G.P.: Nonlinear Fiber Optics, Academic Press, Oxford(2013).2. Stegeman, G.I., Stegeman, R.A.: Nonlinear Optics: Phenomena, Materials and Devices, Wiley, Hoboken (2012).

3. Trebino, R.: Frequency-Resolved Optical Gating: The Measurementof Ultrashort Laser Pulses, Kluwer, Boston (2000).

LITERATUR

cm2

W

Für die Entwicklung von Anwendungen, die auf NoSQL-Datenbanken aufbauen, werden mittlerweile dedizierteObjekt-NoSQL-Mapper angeboten. NoSQL-Datenbank-systeme haben (noch) keine standardisierte Zugriffs-schnittstelle. Zwar sind in allen NoSQL-Datenbank-managementsystemen grundlegende Operationen zumLesen und Verändern der Daten verfügbar, jedoch unter-scheiden sie sich erheblich in Syntax und Funktions -umfang. Hier können Objekt-NoSQL-Mapper die system-unabhängige Anwendungsentwicklung unterstützenbzw. überhaupt erst ermöglichen.

Abbildung 1 zeigt die Handhabung an einem konkretenBeispiel. Die Java-Klasse Player in Abbildung 1 a legt dieAttribute von Spieler-Objekten in einem webbasiertenRollenspiel fest. So hat jeder Player eine Identifikations-nummer (id), einen Nach- und Vornamen, sowie eine Ini-tiale des zweiten Vornamens. Die Annotation @Entitybestimmt, dass Player-Objekte durch die Mapper Biblio-thek in der Datenbank persistiert werden können, wie inAbbildung 1 c im JSON-Format dargestellt. Die Annota-tion @Id kennzeichnet dabei das eindeutige Schlüssel -attribut für Objekte dieser Klasse.

Abbildung 1 b zeigt eine refaktorisierte Player-Klasse, dieaus der Fortentwicklung der Anwendungssoftware hervorgegangen ist: Das Attribut lastName wurde in sur-name umbenannt. Die Annotation @AlsoLoad signali-siert dem Mapper, dass diese Umbenennung zur Laufzeit,beim Laden eines Player-Objektes aus der Datenbank,geschehen soll: Indem das Attribut middleInitial aus derKlassendeklaration entfernt wurde, wird sein Wert auchbeim Laden eines Player-Objektes aus der Datenbankignoriert. Das Attribut nickname hingegen wird erst beimLaden eines veralteten Player-Objekts hinzugefügt undinitialisiert. Abbildung 1 d zeigt das migrierte Player- Objekt, das entsteht, wenn das Player-Objekt aus Ab -bildung 1c mit der refaktorisierten Klassendeklarationgeladen und dann wieder in die Datenbank zurückge-schrieben wird.

NoSQL Schema-Evolution in quelloffenen Software-Projekten

NoSQL-Datenbanksysteme sind in der agilen Anwendungsentwicklung sehr populär geworden.Eine attraktive Eigenschaft vieler Systeme ist ihre Schema-Flexibilität, d. h. es muss kein festesSchema vorab deklariert werden, um Objekte in der Datenbank persistieren zu können. Nichts-destotrotz legt meist der Anwendungscode ein Schema für die gespeicherten Daten fest. Um dieständige Weiterentwicklung dieses impliziten Schemas umzusetzen, werden in der Literatur Objekt-NoSQL-Mapper Bibliotheken propagiert. Diese Software-Bibliotheken unterstützen ein-fache Schema-Evolutionsänderungen.In diesem Beitrag berichten wir von unserer Analyse 900 quelloffener Softwareprojekte auf Git-Hub, einem webbasierten Dienst zur Verwaltung von Software-Entwicklungsprojekten. Bei denuntersuchten Softwareprojekten handelt es sich um Java-Anwendungen, welche die Mapper Bibliotheken Objectify oder Morphia verwenden. Unsere empirische Studie zeigt, dass sich in derPraxis tatsächlich der Nachweis für kontinuierliche Schema-Evolution finden lässt. Allerdingskonnten wir auch beobachten, dass Objekt-NoSQL-Mapper nicht in erster Linie zum Einsatz kommen, um die Schema-Evolution voranzutreiben, sondern um davon unabhängige Aufgabendes Datenmanagements wahrzunehmen.

38 | I N F O R M A T I O N U N D K O M M U N I K A T I O N

Abbildung 1: (a, b) Java Klassen mit Objekt-NoSQL Mapper Annotationen und zugehörige persistierte Objekte (c, d). Quelle: [1]

Objekt-NoSQL Mapper Bibliotheken wie Morphia (für diepopuläre NoSQL-Datenbank MongoDB) und Objectify(für die Datenbank Google Cloud Datastore) unterstüt-zen die Deklaration von Schema-Evolutionsannotationenwie @AlsoLoad. In unserer empirischen Analyse von 900quelloffenen Software-Projekten auf der Plattform Git-Hub gehen wir der Forschungsfrage nach, inwiefern dieseSchema-Evolutionsannotationen in der Praxis eingesetztwerden. Dabei betrachten wir nur Projekte mit mindes-tens 20 Code-Änderungen (zu Englisch Commits), diezum 04.12.2015 zugänglich waren.

Abbildung 2 zeigt ein Histogramm über die Anzahl derÄnderungen, die Klassendeklarationen mit Mapper-An-notationen aus 648 Objectify-basierten Projekten imLaufe ihrer Entwicklungszeit erfahren haben. Zwar blei-ben viele Klassendeklarationen unverändert (1 Commit),doch wird im Schnitt eine Klassendeklaration drei Mal re-faktorisiert. Die Änderungen betreffen dabei überwie-gend die Struktur persistierter Objekte. Einzelne Klassenerfahren sogar bis zu 60 Änderungen. Damit können wirnachweisen, dass sich das Schema im Laufe der Zeit tat-sächlich evolutionären Änderungen unterliegt.

Eine genauere Inspektion der Projekthistorie zeigt jedochÜberraschendes: In nur 5,6% der Projekte, die dedizierteEvolutions-Annotationen verwenden, werden diese auchfür Zwecke der Schema-Evolution eingesetzt. Konkretkonnten wir etwa feststellen, dass von den 648 unter-suchten Objectify-basierten Projekten nur vier Projektedie Annotation @AlsoLoad zur Umbenennung von Attri-buten verwenden. Das ist insofern überraschend, als dassdiese Annotation in der Dokumentation sehr gut moti-

I N F O R M A T I O N U N D K O M M U N I K A T I O N | 39

Projektleiterin Prof. Dr. Stefanie ScherzingerFakultät Informatik und [email protected]

Abbildung 2: Histogramm über die Anzahl der Änderungen an Schema-relevanten Klassendeklarationen. Quelle: [1]

900

800

700

600

500

400

300

200

100

050 10 15 20 25 30

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viert und durchgängig anhand verständlicher Beispieleillustriert wird. Hier lässt sich die Vermutung anstellen,dass das Umbenennen von Attributen letztlich keinehäufige Schema-Evolutionsänderung ist. Das entsprichtden Ergebnissen von verwandten Studien zur Schema-Evolution in der Anwendungsentwicklung gegen relatio-nale Datenbanken. An dieser Stelle sind weiterführende,qualitative Untersuchungen nötig, wie etwa die gezielteBefragung der Entwicklungsteams.

Die am häufigsten eingesetzten Evolutions-Annotationendienen dazu, Methoden der Java-Klasse beim Laden bzw.Speichern eines Objekts aufzurufen (z.B. @OnLoad bzw.@OnSave). Sie werden unserer Beobachtung nach vorallem eingesetzt, um Unterstützung bei der Serialisierungund Deserialisierung von Objekten zu leisten, nicht je-doch für Zwecke der Schema-Evolution. Auch werdendiese Annotationen dazu genutzt, um Zeitstempel oderVersionsnummern in den persistierten Objekten zu pfle-gen. In unseren Augen ist dies eine Indikation dafür, dassSoftware-Entwickler für diese Aufgaben noch zu wenigUnterstützung durch die Mapper Bibliotheken erfahren.

Es wär an dieser Stelle interessant, die Untersuchung zumjetzigen Zeitpunkt zu wiederholen, um zu erfahren, obsich seit Erhebung der Daten Ende 2015 Änderungen imVerhalten der Entwickler ergeben haben. Immerhinkonnten die Anwendungsentwickler in der Zwischenzeitihre Erfahrungen mit NoSQL-Technologien vertiefen.

Wir sind der Ansicht, dass Studien dieser Art wertvolleEinsichten dazu liefern, mit welchen Problemen Anwen-dungsentwickler in der Praxis konfrontiert sind. Das hilftder angewandten Forschung, zielgerichtet vorzugehen,um relevante Probleme angehen und lösen zu können.

Stefanie Scherzinger, OTH Regensburg ■Meike Klettke, Uni Rostock ■

Andreas Ringlstetter, OTH Regensburg ■Uta Störl, HS Darmstadt ■

Tegawendé F. Bissyandé, Universität Luxemburg ■

1. Data Model Evolution using Object-NoSQL Mappers: Folklore orState-of-the-Art? Andreas Ringlstetter, Stefanie Scherzinger, Tega-wendé F. Bissyandé. In Proc. BIGDSE 2016.2. Kurz erklärt: Objekt-NoSQL Mapping. Uta Störl, Meike Klettke, Stefanie Scherzinger. Datenbankspektrum, March 2016, Volume 16,Issue 1, pp 83-87.

3. Carlo Curino, Hyun Jin Moon, Letizia Tanca, Carlo Zaniolo. SchemaEvolution in Wikipedia – Toward a Web Information System Bench-mark. In Proc. ICEIS’08, 2008.

LITERATUR

EinleitungWirtschaftsspionage stellt gegenwärtig eine ernstzu -nehmende Bedrohung für Unternehmen und Staaten dar.Experten zufolge zielt ein wesentlicher Anteil von Cyber-attacken auf den Diebstahl von Geschäftsgeheimnissenoder geschützten Informationen ab.1

Je länger ein System unerkannt von einer „fortgeschrit-tenen, andauernden Bedrohung“ (APT) infiziert ist, destohöher ist der Schaden des Datendiebstahls. Nach eineraktuellen (2017) Studie von FireEye wird davon ausge -gangen, dass APTs im Durchschnitt 99 Tage unentdecktbleiben.2 Demnach ist der Schaden für Unternehmen immens.Ziel des Projektes PA-SIEM ist es, die Zeit bis zur Erken-nung eines APTs so weit wie möglich zu reduzieren. In die-sem Bericht werden wir hierzu auf die Verfahren derKorrelation und der SVMs eingehen.

AnomalieerkennungHerkömmliche Methoden der IT Sicherheit bieten keinenausreichenden Schutz vor APTs.

Wir nehmen an, dass Schadsoftware oder manuelle sicherheitskritische Aktivität Spuren in Log-Datenhinterlässt, die von normalen Daten abweichen.Aus diesem Grund verwendet PA-SIEM das Verfah-

ren der Anomalieerkennung zur Erkennung. So sollEvidenz für eine Infizierung des Systems geliefert

werden.Sobald das System eine Anomalie erkannt hat, könnenAdministratoren informiert und entsprechende Maßnah-men zur Systembereinigung eingeleitet werden. Nachfol-gende Schäden sollen so nachhaltig verhindert oderverringert werden.

ATPs: Anomalieerkennung zum Detektieren von Advanced Persistent Threats

Durch eine intelligente Auswertung von Anomalien in Event-Logs ist es möglich sicherheits -kritische Aktivitäten zu erkennen, die durch herkömmliche Methoden der IT-Security nur mit extrem hohem Aufwand gefunden werden können. Im Rahmen des Forschungsprojekts PA-SIEMwurde daher ein System entwickelt, das über ein SIEM-System Log-Daten bezieht und in diesenAnomalien erkennt. Diese Erkennung erfolgt mittels statistischer Methoden sowie künstlicher Intelligenz. Hierbei werden Netzwerkdaten korreliert, um sie miteinander vergleichbar zu machen,die anschließend mittels SVMs klassifiziert werden.

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Abbildung 1: Graphische Darstellung eines Spearphishing-Angriffs, der in PA-SIEM simuliert und detektiert werden kann.3

Korrelationen

Die Korrelation zweier Daten(-sätze), beispielsweiseMerkmale, Ereignisse oder Zustände, beschreibt den Zu-sammenhang zwischen diesen. Dadurch ist es möglich,Abhängigkeiten zwischen diesen festzustellen.Für PA-SIEM werden Daten, die eine zeitliche Ordnung be-sitzen, in Zeitreihen zusammengefasst und anschließendkorreliert. Das macht es möglich, basierend auf Musternin den korrelierten Daten, Aussagen über das Verhaltendes einzelnen Benutzers, Rechners oder Dienstes zu treffen.Einerseits ist dies als Vorverarbeitungsmethode für andere Erkennungsmethoden essenziell, andererseitskönnen die Korrelationen selbst untersucht werden, umkontextuelle Anomalien zu erkennen. Dies bedeutet, dassein System von seinem üblichen Verhalten abweicht, wasin dem Kontext als Anomalie bewertet werden sollte,auch wenn die beobachteten Daten ohne den Kontextnicht auffällig sind. Weicht beispielsweise das Netzwerk-verhalten eines Rechners im Netzwerk stark von seinemregulären Verhalten ab, ändern sich die betrachtetenKorrelationen, was als Anomalie erkannt werden kann.

SVMSupport Vektor Maschinen (SVMs) sind eine gängige Methode des Maschinellen Lernens.Nach einer Trainingsphase, in welcher eine SVM mittelsbekannter Daten trainiert wird, fungiert sie als Klassifi-kator für nachfolgende Daten. Das bedeutet, dass dieSVM, nachdem sie Wissen über die zu erwartenden Datenbesitzt, neue Daten mit den bekannten abgleicht und dieneuen Daten logisch einer Klasse zuordnet. In PA-SIEMwerden die Daten in „normal“ oder „anormal“ klassifi-ziert. Um die Güte der Klassifikation zu beschreiben, wer-den Klassifikatoren in „stark“ und „schwach“ unterteilt.In komplexen Systemen, wie Firmennetzwerken, ist es un-verhältnismäßig schwierig eine künstliche Intelligenz (KI)so zu trainieren, dass sie in der Lage ist, Daten auch nurnahezu fehlerfrei zu klassifizieren. Somit ist es unrealis-tisch ein System zur Anomalieerkennung ausschließlichaus starken Klassifikatoren aufzubauen. Stattdessenwerden viele schwache Klassifikatoren, also beispiels-weise die Ergebnisse unterschiedlicher SVMs verwendetund akkumuliert, um eine aussagekräftige Klassifizie-rung zu erhalten.In PA-SIEM wird derzeit an einer Lösung dieses Problemsmittels Hidden Markov Model (HMM) geforscht. Dasheißt, mehrere schwache Klassifikatoren werden als Indizien für die Existenz eines „verborgenen“ starken

Klassifikators herangezogen, der aber selbst nicht aus-reichend effizient detektiert werden kann. Dieses Prinzipeignet sich besonders, um ein mehrstufiges Analysefra-mework aufzubauen, das den zusätzlichen Vorteil bringt,die Methode der Datenklassifizierung intelligent an dieDaten anzupassen.

SchlussMit der Implementierung dieser Verfahren in einen De-monstrator ist es in einer Laborumgebung gelungen,Anomalien in Log-Daten zu erkennen, die durch simu-lierte Angriffe erzeugt wurden. Dies zeigt, dass die Ano-malieerkennung in PA-SIEM genutzt werden kann, um dieSystemsicherheit wie gewünscht zu erhöhen.Hierbei sorgt die Nutzung von Künstlicher Intelligenzdafür, dass das System in der Lage ist, sich an Netzwerkeanzupassen und Bedrohungen zu finden, die bis dato unbekannt waren.Weiterhin eröffnen die Ergebnisse spannende neue Fragestellungen, beispielsweise wie nach der Erkennungeines sicherheitsrelevanten Ereignisses Evidenz gefun-den wird, das gezielt auf sein Bedrohungspotenzial ana-lysiert werden kann.

Achim Seeburger, OTH Regensburg ■

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ProjektleiterProf. Dr. Christoph SkorniaLabor für [email protected]

ProjektmitarbeiterAchim Seeburger, [email protected] Schindler, [email protected]

GeldgeberBundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

KooperationspartnerNetzwerk Software GmbH, IsmaningFrauenhofer FKIE, Bonn-Bad Godesberg

Projektlaufzeit01.10.2015 – 30.09.2017

Gesamtfördersumme3,6 Mio. Euro

1. Verizonenterprise. abgerufen am 15. 05. 2017 von http://www.veri-zonenterprise.com/resources/reports/rp_DBIR_2016_Report_en_xg.pdf.2. M-TRENS 2017 A View From the Front Lines. FireEye (M-TRENDS).

3. Schindler , Timo ; Graml , Tobias ; Pfaller , Sebastian ; Skornia ,Christoph ; Uetz , Rafael: Forensic Analysis of Real World Log Datawith Graph Databases. – unpublished 2017

LITERATUR

Insbesondere in den letzten zehn Jahren gab es einen sig-nifikanten Anstieg von Advanced Persistent Threats(APTs), komplexe und zielgerichtete Angriffe, die auf be-stimmte Unternehmen bzw. Person ausgerichtet sind.Aktuelle Angriffe wie auf ThyssenKrupp machen deutlich,dass eine erfolgreiche Detektion der Angriffe innerhalbvon 45 Tagen dem Angreifer viel Zeit gibt, um im Netz-werk interne Daten zu exfiltrieren. Dabei gelten 45 Tageals relativ schnelle Angriffserkennung, 2015 blieben APTsim Durchschnitt sogar an die 146 Tage unentdeckt.

Zur Reduzierung dieses Zeitfensters werden umfang -reiche Log-Events zur Analyse verwendet, um Anomalieninnerhalb der Logdaten und damit mögliche Angriffe zuerkennen. Diese Logdaten werden in der Regel bereits automatisch und umfangreich in einem Unternehmenerstellt. Innerhalb der Logdaten werden verschieden -artige Angriffe mithilfe einer angepassten Kill-Chaincharakterisiert und identifiziert.

Die Anomalieerkennung erfolgt unter anderem durch dieAnalyse mit Graphdatenbanken und Support Vektor Maschinen (SVM) als Verfahren zum maschinellen Ler-nen. Im Projekt PA-SIEM werden die Event-Log-Datendurch das Security Information and Event Management(SIEM) System Prolog (IT@Work ProLog, Netzwerk Soft-ware GmbH) aus aktuell zwei Event-Log-Qellen gesam-melt: Das Security Labor (SecLab) mit 13 Arbeitsplätzen,Domaincontroller und Firewall und das Simulations -framework BREACH, das ein mittleres Unternehmen simuliert. Aus beiden Quellen werden Firwall-, Syslog-und Client-Events extrahiert und aufbereitet. Alle erfass-ten Daten werden gemäß Bundesdatenschutzgesetz voll-ständig pseudonymisiert bzw. im Forschungsbereichanonymisiert. Zusätzlich können im BREACH Frameworkverschiedene APT-Angriffe simuliert werden.

Zur Charakterisierung der Angriffe innerhalb der Logda-ten wird die in Abb. 1 angepasste Kill-Chain verwendet.Die Kill-Chain bricht die Komplexität eines APT in singu-läre Schritte auf, die selbst wiederum verschiedenartigablaufen können. Jeder Eintrag bzw. Unterpunkt inner-halb der Kill-Chain bildet einen spezifischen APT ab.

Unerkannte Angriffe oder die Nadel im Heuhaufen

Sogenannte Advanced Persistent Threads (APT) sind in modernen Netzwerken eine ständige Bedrohung. 146 Tage blieb im Schnitt 2015 das erfolgreiche Eindringen in Firmennetzwerke unent-deckt. Im Projekt PA-SIEM wird die strukturierte Beschreibung von Angriffen durch eine Kill-Chainals Mechanismus zur Erkennung von Angriffen in Logdaten adaptiert, um mit Hilfe von Graph -datenbanken eine automatische Analyse der Daten zu ermöglichen. Durch eine Profilerstellungkönnen Anomalien, die bei APTs auftreten, schnell und sicher erkannt und dadurch die Zeit biszur Identifizierung typischer Angriffe deutlich reduziert werden.

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Abbildung 2: Kill-Chain Mapping innerhalb einer Graph Datenbank

Abbildung 1: Implementation einer angepassten Kill-Chain mit verschiedenen Angriffsvektoren

Bei der Graph Analyse wird jedes Element innerhalb derGraph-Datenbank Neo4j als Knoten umgesetzt (sieheAbb. 2). Einzelne Elemente der Kill-Chain können nichtdirekt auf einzelne Event-Log-Einträge zurückgeführtwerden. Zwischen den Event-Knoten und den Kill-Chain-Elementen werden daher mehrere Zwischenschichten,sog. Event-Sequenzen, eingeführt, die weitere nötigeGrade der Freiheit hinzufügen. So können z. B. auch wie-derkehrende Events abgebildet werden, wie die mehr -fache Exfiltration von Dateien. Dadurch ist es auchmöglich, neue Logquellen zu integrieren und auf leichtabweichende Variationen von Ereignismeldungen zu reagieren. Nur durch die Kombination von Einzeleventszu Event-Sequences können außerdem komplexe Log-Meldungen überhaupt abgebildet werden. In ersten Untersuchungen konnten mit dieser Implementation imBREACH-Framework simulierte Angriffe der Art „Exfil -tration aller .jpg-Dateien durch Infektion mittels bös -artigem pdf per Email“ erfolgreich und vollständigidentifiziert werden. Weitere Angriffsvektoren werden imLaufe des Projektes implementiert und simuliert. Es istabzusehen, dass die grundsätzliche Proof-of-ConceptMethode auch diese Angriffe erfolgreich identifiziert, dadie Verwendung von Event-Sequences es möglich macht,individuell auf verschiedene Angriffstypen und betroffeneSysteme zu reagieren.

Neben der Prozessierung der Daten innerhalb der GraphDatenbank werden Anomalien mit Support-Vektor-Ma-schinen untersucht. Dabei beziehen sich die aktuellenUntersuchungen vor allem auf das User-Surfverhalten,Firewall GET- und POST-Einträgen und die Analyse vonDateioperationen. Als Datenbank für alle Untersuchun-gen kommt die Zeitreihen-Datenbank InfluxDB zum Ein-satz. Die SVMs lernen dabei das normale Verhalten vonBenutzern anhand der Analyse von Event-Log-Daten underkennen anomales Verhalten, das z. B. durch die Infi -zierung durch einen Trojaner erzeugt wurde. Die For-schungsergebnisse von PA-SIEM zeigen, dass Anomalien

an der Firewall und in den Dateioperationen zu 80–85Prozent erfolgreich identifiziert werden. Zwar produzie-ren beide Logquellen bereits sehr viele Event-Log-Daten,dennoch werden vor allem im Hinblick auf Untersuchun-gen mit Verfahren des maschinellen Lernens weit größereDatenmengen benötigt.

Im Projekt PA-SIEM konnte gezeigt werden, dass APT An-griffe mittels Graph-Datenbanken und SVMs erfolgreichdetektiert und somit die Exfiltration weiterer Daten bzw.die Ausbreitung der Angreifer im Netzwerk verhindertwerden. Im weiteren Verlauf werden die gewonnen Er-kenntnisse zu einem flexiblen Framework zusammenge-fasst, das in der Lage ist, mit verschiedenen Verfahrendie Event-Log-Daten aufzubereiten bzw. zu analysieren.

Timo Schindler, OTH Regensburg ■

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ProjektleiterProf. Dr. Christoph SkorniaLabor für [email protected]

Projektmitarbeiter/inTimo Schindler, [email protected] Seeburger, [email protected]

GeldgeberBundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

KooperationspartnerNetzwerk Software GmbH, IsmaningFrauenhofer FKIE, Bonn-Bad Godesberg

Projektlaufzeit01.10.2015 – 30.09.2017

Fördersumme3,6 Mio. Euro

FireEye Inc., 2016. M-trends security report 2016. URL: https://www.fireeye.com/current-threats/annual-threat-report/mtrends.htmlHutchins u.a., 2015. Intelligence-Driven Computer Network DefenseInformed by Analysis of Adversary Campaigns and Intrusion Kill-ChainsSchindler u.a., 2017. Forensic Analysis of Real World Log Data with

Graph Databases, Digital Forensics Research Conference Europe(Poster), 2017Berke J., 2016. Warum Unternehmen eine eigene Cyberabwehr brau-chen, WirtschaftswocheUetz u.a., 2017. A framework for the simulation of cyber attacks oncompany networks, Digital Forensics Research Conference Europe(Poster), 2017

LITERATUR

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DigitalisierungDigitalisierung ergänzt als weitere Querschnittstechnologie programm-übergreifend alle unsere Forschungs-Leitthemen. Mit ihrem besonderen Innovationspotenzial treibt sie unaufhaltsam Prozesse voran, die in Unter-nehmen sowie im gesellschaftlichen wie privaten Bereich Veränderungenhervorrufen und Strukturen revolutionieren. Big Data, Machine Learning,Cybersicherheit und Automatisierung sind Kernbereiche unserer Forschungs-ansätze für digitale Lösungen, um Prozesse, Menschen, Produkte und Maschinen miteinander zu vernetzen.

Mehrkernprozessoren werden heutzutage omnipräsent inalltäglichen Geräten wie Smartwatches oder Mobil -telefonen genutzt, finden sich aber auch immer stärkerin industriellen Anwendungen. Im Gegensatz zu einemSmartphone muss ein industrielles Steuersystem mit garantiertem, definiertem Verhalten auf externe Ereig-nisse reagieren (Echtzeitpflicht). Da dies umso schwieri-ger umzusetzen ist, je mehr Kerne beteiligt sind, bleibenin vielen industriellen Anwendungen Teile des Prozessorsungenutzt (vgl. Abb. 1 mit einer Drohne, die Objekte er-kennt). Bestehende industrielle Software kann ebenfallsoft nicht ohne größeren Aufwand von Ein- auf Mehrkern-prozessoren portiert werden und lässt deshalb Rechen-kerne ungenutzt.Es liegt nahe, brachliegende Ressourcen zur Implemen-tierung anderer Systemkomponenten und -funktionen zunutzen, beispielsweise für Benutzerschnittstellen. Diese

Komponenten dürfen sicherheitsrelevante Funktionennatürlich unter keinen Umständen stören: Als Mixed- Criticality-Systeme bezeichnet man Systeme, die Kom-ponenten mit unterschiedlicher Kritikalität (gemessen ander Schwere der Konsequenzen, wenn Fehler auftreten)auf eine Hardwareeinheit konsolidieren. Wir stellen indiesem Artikel ein in Software nachgebildetes „Gefäng-nis“ – das Jaihouse-System – vor, das Systemteile unter-schiedlicher Kritikalität auf einem Mehrkernsystemvoneinander abtrennt und garantiert, dass diese sichnicht unkontrolliert beeinflussen können.

Das GefängnisDie Lösung wird als quelloffene Software in einer inter-nationalen Kollaboration entwickelt, zu der das Labor fürDigitalisierung gemeinsam mit Industriepartnern maß-geblich beiträgt. Anschaulich ist Jailhouse ein Gefäng-niswärter, der ungewollte Interaktionen von Gefangenen(Systeme unterschiedlicher Kritikalität) unterbindet. Austechnischer Sicht nutzt Jailhouse, ähnlich wie die be-kannten Tools VirtualBox oder VMware, verschiedene Virtualisierungstechnologien moderner Prozessoren – allerdings nicht, um wie in der Cloud möglichst viele Systeme dynamisch auf einem einzigen Server laufen zulassen, sondern um ein eingebettetes System mit Hard-wareunterstützung in verschiedene fixe, statische Parti-tionen aufzuteilen.Jailhouse ist eng mit dem weit verbreitetem Allzweck -betriebssystem Linux verknüpft und benötigt Linux, umden ersten Systemstart durchzuführen. Anschließendwerden weitere Betriebssysteme in Jailhouse-Zellen ge-startet, beispielsweise bestehende industrielle Echtzeit-betriebssysteme (RTOS).

Japter: Eine Demonstrationsplattform für Mixed-Criticality-Echtzeitsysteme mit Linux

Industrielle Anwendungen verwenden immer mehr Software, die anspruchsvolle Anforderungenerfüllen muss: Zeitkritische Aufgaben, die auf keinen Fall fehlschlagen dürfen, um beispielsweisePersonenschäden zu vermeiden, müssen mit rechenintensiven Komfortfunktionen kombiniertwerden. Ressourcen-, Kosten- oder sogar Gewichtsgründe, aber auch die Minimierung von Wartungs- und Entwicklungskosten erfordern die Konsolidierung der Komponenten auf ein einziges System. Wir beschreiben, wie der Open Source-Hypervisor Jailhouse das bestehende funktionsreiche Allzweckbetriebssystem Linux mit architektonisch abgeriegelten kritischen Komponenten kombiniert, um die Vorteile beider Welten zu nutzen. Im Gegensatz zu bestehendenAnsätzen wird die Abtrennung messbar verstärkt. Ein fliegendes Drohnen-System (Japter, derJailhouse-Multikopter) demonstriert die Realitätstauglichkeit des Konzepts. Es zeigt, wie schnellProbleme auf realer Hardware die theoretischen Annahmen verschiedener akademischer Konzept-ansätze zerstören können – und wie die Probleme in Software, aber auch durch Ände rungen anden Chips selbst gelöst werden können.

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Abbildung 1: Die Aufteilung eines Systems in mehrere unabhängigeHardware-Komponenten ist ein bislang gängiger Ansatz, um Aufga-ben unterschiedlicher Kritikalität zu kombinieren, wie die Abbildungam Beispiel einer Drohne zeigt.

Diese Vorgehensweise kombiniert die Einfachheit fruga-ler industrieller Systeme mit dem umfangreichen Soft-wareökosystem von Linux, mit dem komplexe Aufgabenkostengünstig und mit wenig Aufwand gelöst werden.

Das Gefängnis hebt abUm die industrielle Tauglichkeit unseres Ansatzes unterBeweis zu stellen, wurde eine Drohnenplattform entwi-ckelt, da diese ähnliche Anforderungen wie typische in-dustrielle Systeme stellen: Echtzeitfähigkeit, Robustheit,Wartbarkeit und Zuverlässigkeit. Die Flugregelung ist derkritische Teil des Systems, da sie innerhalb weniger Milli-sekunden zuverlässig auf Bewegungen des Systems rea-gieren muss. Beeinträchtigungen oder gar Abstürze derRegelung führen zum Absturz des Fluggeräts. Gleich -zeitig sind viele nicht-kritische rechenintensive Aufgabenzu erledigen, beispielsweise Bilderkennung, Netzwerk -datenübertragungen, Datenauswertung etc. Wie Ab -bildung 2 zeigt, werden diese Aufgaben durch einStandard-Linux-System erledigt, das hermetisch abge-schottet neben dem kritischen Systemteil ausgeführtwird. Trotz der hochkomplexen Software, die im nicht-kritischen Teil des Systems läuft, zeigen Messungen, dassder kritische Systemteil unabhängig vom unkritischenSystemteil mit einer sehr geringen Verzögerung reagiert,die aus praktischer Sicht vernachlässigbar ist.

EchtzeittestsUm die Systemarchitektur präzise statistisch zu charak-terisieren, wurde das im Avionikbereich weit verbreiteteEchtzeitbetriebssystem RTEMS im Rahmen einer Bache-

lorarbeit in eine Jailhouse-Zelle portiert, um anschlie-ßend Langzeitmessungen verschiedener Lastprofiledurchzuführen. Die Messdaten wurden sowohl ohne alsauch mit Beteiligung von Jailhouse aufgenommen, umRückschlüsse auf die Zeitverzögerungen ziehen zu können, die durch die zusätzliche Softwareschicht ent-stehen. Im schlechtesten Fall beträgt die beobachteteLatenz 9μs, um auf externe Ereignisse zu reagieren, wassehr gering ist, aber mit der Leistung roher, dedizierterSteuerungshardware mit optimierten Programmcode miteiner Latenz von 0.5μs schwer gleichzustellen ist.

Enge Vernetzung mit den CommunitiesUnsere Arbeiten an Jailhouse haben die Software um essentielle neue Funktionen erweitert, wodurch dasLabor für Digitalisierung noch vor anderen namhaften ander Software beteiligten Unternehmen wie Huawei, Toshiba oder ARM als zweitgrößter Entwickler hervortritt.Dadurch konnte das Labor auch Einfluss auf zukünftigeRechnerarchitekturen nehmen, um Chips besser auf dieBedürfnisse von Jailhouse zuzuschneiden. Die Ergebnissesind nicht nur relevant für aktuelle industrielle Frage -stellungen, sondern beinhalten auch umfangreiche wissenschaftliche Grundlagenarbeit, die regelmäßig aufhochrangigen internationalen Konferenzen präsentiertwerden.

Ralf Ramsauer, OTH Regensburg ■Jan Kiszka, Siemens AG, Corporate Research ■

Andreas Kölbl, OTH Regensburg ■Daniel Lohmann, Universität Hannover ■

Wolfgang Mauerer, OTH Regensburg ■

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ProjektleiterProf. Dr. Wolfgang Mauerer, Labor für [email protected]

ProjektmitarbeiterRalf Ramsauer, [email protected] Kölbl, [email protected]

Geldgeber: Siemens AG / Corporate Research, München

KooperationspartnerProf. Dr. Daniel Lohmann, Universität Hannover

Projektlaufzeit: 36 Monate

Labor für Digitalisierung: https://github.com/lfdWeiteres unter: https://hps.oth-regensburg.de/maw39987/

Ralf Ramsauer, Jan Kiszka, und Wolfgang Mauerer – A Novel SoftwareArchitecture for Mixed Criticality Systems. In Proceedings of the Em-bedded World Conference, Nürnberg, Deutschland, 2017.Ralf Ramsauer, Jan Kiszka, und Wolfgang Mauerer – Building MixedCriticality Linux Systems with the Jailhouse Hypervisor. In EmbeddedLinux conference North America, Portland, USA, 2017.

Ralf Ramsauer, Jan Kiszka, Daniel Lohmann, und Wolfgang Mauerer.Look Mum, No VM Exits! (Almost). ArXiv:1705.06932, 2017 (Erscheintin Proceedings of the 13th Workshop on Operating Systems Platformsfor Embedded Real-Time Applications, Dubrovnik, Kroatien, 2017).Wolfgang Mauerer, Ralf Ramsauer, und Andreas Kölbl – The Many Approaches To Real-Time and Safety Critical Linux Systems. In OpenSource Summit Japan, Tokyo, Japan, 2017.

LITERATUR

Abbildung 2: Der im Rahmen des Projekts implementierte Demonstra-tor kombiniert mehrere Teilsysteme unterschiedlicher Kritikalität aufeiner Hardware, ohne dass das Gesamtsystem Abstriche in puncto Zuverlässigkeit machen muss. Leistungsfähige Allzwecksoftware kannkostengünstig neben spezialisierten Softwaresystemen verwendetwerden.

Bei hochkomplexen chirurgischen Eingriffen an knöcher-nem Gewebe ist es äußerst wichtig, Verletzungen von Risikostrukturen wie Nerven, Gefäße etc. zu vermeiden.Um solche Eingriffe sicher und vor allem fehlerfrei durch-zuführen, sind langjährige Erfahrung sowie umfang -reiche theoretische und praktische Ausbildung für Chi-rurgen notwendig. Derzeit werden Bohrungen im Handbereich mit Hilfe von synthetischen und echtenTierkadaverknochen trainiert. Allerdings bietet diese konventionelle Trainingsmöglichkeit eine begrenzte Rea-lität und eine unzureichende Nachbildung menschlicherAnatomie1. Zusätzliches Praxis-Training findet nach wievor im OP-Saal statt, was zum einen aber sehr zeitauf-wändig ist (Zeit im OP-Saal, Zeit des Ausbilders) und zumanderen für die Patienten aufgrund mangelnder Erfah-rung und Praxis ein erhöhtes Risiko bedeuten kann.Es gibt bereits bestehende klinische Simulatoren wie densogenannten „VOXELMAN“ in der Zahnchirurgie. Dieser

beschäftigt sich jedoch ausschließlich mit dem Fräsenam Knochen2. Im Gegensatz zu diesem Trainingssystemkonzentrieren wir uns zum ersten Mal auf Bohrungendurch den Knochen, die sich stark von der Haptik zumFräsen unterscheidet. Der Gesamtaufbau unseres ‚HaptiVisT‘-Trainingssystemsmit seinen technischen Geräten (Haptik-Arm, Haptik-Phantom, 3D-Monitor und Tracking-Kamera) ist in Gra -fik 1 dargestellt.

Das haptische und visuell unterstützende Bohrmodell‚HaptiVisT‘ basiert auf dem experimentell verifiziertenKräftemodell von Lee et al.3, in dem die Schneidlippeneines Bohrers in mehrere kleine Schneidelemente mit fes-tem Abstand zum Mittelpunkt unterteilt sind. Die Schub-und Schneidkraft sowie die seitliche Kraftkomponentekönnen in eine axiale Schubkraft und ein Drehmomentumgewandelt und anschließend auf den Haptik-Arm als

Trainingsspiel für Handchirurgie

Die Hand ist in ihrer Anatomie eine sehr komplexe Gliedmaße, bei der schon kleine Schäden gra-vierende Funktionsstörungen nach sich ziehen können. Umso wichtiger, dass angehende und aucherfahrene Chirurgen ihre Fähigkeiten vor einer Operation spielerisch verbessern. Das innovativehaptisch und visuell unterstützende Trainingsmodell ‚HaptiVisT‘ für minimal-invasive Hand -chirurgie ermöglicht OP-Situationen an der Hand realitätsnah durchzuführen.

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Grafik 1: Exemplarischer Aufbau des Trainingssystems. Rechts: Der haptische Arm für haptische Kraftrückmeldung und Bahnverfolgung des Bohrers. Links: Die stereoskopische Kamera für das Tracking des Haptik-Phantoms. Im Vordergrund das haptische Phantom für die bimanualeHaptik und im Hintergrund der autostereoskopische 3D-Monitor.

Kraftfeedback übertragen werden4. Die tatsächlicheKraft, die bei einem Bohrprozess am Knochen wirkt, wirdzusätzlich experimentell durch eine Kraftmessdose be-stimmt, so dass die berechnete Kraft zuerst skaliert undanschließend mit Hilfe von erfahrenen Chirurgen an dieRealität angepasst werden kann. Durch eine essentielleKollisionsdetektion zwischen Gewebe- und Bohrmodellwird festgestellt, zu welchem Zeitpunkt eine Kraft aufden Haptik-Arm übertragen wird und wann nicht. BeiKollisionen mit dem Gewebe muss das Bohrmodell durcheine gewebeabhängige Kraftkomponente und eine Vibration des Bohrers erweitert werden, um eine voll-ständige Bohrsimulation zu erhalten. Die 3D-haptische Visualisierung mit Oberflächen und Vo-lumenrendering basiert auf dem Framework Chai3d,einer Open Source C++ Bibliothek für Computerhaptik[www.chai3d.org]. Mit klinischen Volumendaten aus der Computertomografie (CT) und Magnetresonanz -tomografie (MRT) werden Knochen, Weichgewebe undRisikostrukturen durch halbautomatische Segmentie-rung und digitale Bildverarbeitung für ausgewählte chi-rurgische Eingriffe in einem 3D-Arbeitsbereich darge-stellt. Die Visualisierung wird auf einen Single-User autostereoskopischen 3D-Monitor übertragen: Dieser 3D-Display ermöglicht die plastische Wahrnehmung dreidi-mensionaler Objekte ohne betrachterseitige Hilfsmittelwie einer Brille (Autostereoskopie)5. Für die virtuelle Positionierung der Volumendaten und des haptischenArmes in einem gemeinsamen globalen Weltkoordi -natensystem muss eine geeignete Umwandlung in ein lokales Koordinatensystem mittels linearer Algebra (Rotationsmatrizen und Quaternionrotation) erfolgen.Neben der 3D-Visualisierung wird ein Hand-Phantom miteinem 3D-Drucker erstellt. Dies ist notwendig, um einebimanuale Haptik für den Chirurgen zu gewährleisten,der dadurch wichtige Markerpunkte der Hand ertastenkann. Um ein Phantom realistisch gestalten und druckenzu können, muss das Hart- und Weichteilgewebe aus klinischen CT-Daten mit einem Computeralgorithmusmodelliert werden. Das 3D-Hand-Phantom wird zusätz-lich von einer stereoskopischen Kamera in Echtzeit ge-trackt, damit sich die 3D-Visualisierung am Monitor mitder Ausrichtung des Haptik-Phantoms simultan mitbe-wegt und rotiert. Abschließend wird eine umfassende Bewertung der Immersionsgrade sowie eine Bewertung ethischer, recht -licher und sozialer Aspekte des HaptiVisT-Konzeptsdurchgeführt, um die Benutzerakzeptanz des Systems zuerhöhen.

Die Entwicklung eines solchen Kraftfeedback-unter-stützten Trainings-Simulators für die minimal-invasiveHandchirurgie ergänzt bestehende medizinische Übungs-anwendungen und schließt die Lücke zu Praxiszweckendurch eine haptische und visuelle Lerner fahrung. NachBeendigung der Trainingseinheit wird das Ausmaß derverbesserten Fähigkeit der Chirurginnen oder der Chirur-gen sorgfältig ausgewertet. Diese daraus gewonnenenLernerfahrungen können nun am Patienten angewendetwerden. Im Idealfall folgt hieraus eine fehlerfreie Opera-tion ohne Komplikationen.

Johannes Maier, OTH Regensburg1 ■

Sonja Haug, OTH Regensburg2 ■

Ulrike Scorna, OTH Regensburg2 ■

Karsten Weber, OTH Regensburg2 ■

Christoph Palm, OTH Regensburg1 ■

1) Regensburg Medical Image Computing (ReMIC)2) Institut für Sozialforschung und

Technikfolgenabschätzung (IST)

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ProjektleiterProf. Dr. rer. nat. Christoph PalmRegensburg Medical Image Computing (ReMIC)Fakultät Informatik und Mathematik Regensburg Center of Biomedical Engineering (RCBE)[email protected]

ProjektmitarbeiterJohannes Maier (M.Sc.) Regensburg Medical Image Computing (ReMIC)[email protected]

GeldgeberBundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

KooperationspartnerSzenaris GmbH (Bremen), SeeFront GmbH (Hamburg),Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS (Erlangen), Universitätsklinikum Leipzig AöR (Leipzig), Universitätsklinikum Regensburg (Regensburg)

Projektlaufzeit: 3 Jahre, Juni 2016 – Mai 2019

FördersummeGesamtprojekt: ca. 1,26 Mio. EuroTeilprojekt der OTH Regensburg: ca. 357 TEuro

Homepage: http://re-mic.de

1. Tsai M., Hsieh M., Tsai C.: Bone drilling haptic interaction for ortho-pedic surgical simulator, In: Computers in Biology and Medicine, 37(12), pp. 1709 1718 (2007) 2. Pohlenz P., et al.: Virtual dental surgery as a new educational toolin dental school, In: J. of Cranio Maxillofacial Surgery, 38 (8), pp. 560 -564 (2010) 3. Lee J., Gozen B. A., Ozdoganlar O. B.: Modeling and experimenta-

tion of bone drilling forces, In: J. of Biomechanics, 45 (6), pp. 1076 -1083 (2012) 4. Perret J., Vance J. M., Dumont G.: Interactive assembly simulationwith haptic feedback, In: Assembly Automation, 33 (3), pp. 214 220(2013)5. Grossmann C. M.: A new AS display as part of the MIRO lightweightrobot for surgical applications,In: Proc. SPIE 7524, Stereoscopic Dis-plays and Applications XXI, 752403 (2010)

LITERATUR

IntroductionThe claim of furthering lifelong and personal learning inhigher education is a more and more compulsive task forlecturers. Implementing customized learning processesand creating a learning culture that consists of collabo-rative elements on the one hand but individual successon the other hand is often felt as difficult and deman-ding.1 Especially designing learning for Software Enginee-ring related topics is a sophisticated challenge thatrequires the conjunction of theoretical and practical ele-ments of highly abstract and volatile content. Thus, thedeployment of successful learning is a major hurdle aswell as its preparation and implementation by the lectu-rer for the purpose of high quality in software enginee-

ring education. According to constructivism, the lecturerfacilitates the learning process by designing effectivelearning environments within which the student is ableto construct knowledge.2 Therefore, the research projectEVELIN (Experimental Improvement of Learning in Soft-ware Engineering) investigates innovative and suitablelearning arrangements that meet the current learningrequirements.

Games for LearningGames for learning offer attractive opportunities bycombining playful elements with learning content. Byusing game mechanics, thinking and technique, the gameful delivery of learning embeds theoretical contentinto a fun and engaging environment that addresses theintrinsic motivation of the learner.3 Furthermore, gamesgive the learner space to discover, improvise, and chal-lenge. Research in the literature shows that this learningmethod is crucial to social, emotional, cognitive and evenphysical development when given enriching surroundingsand supportive guidance. The learner gets engaged intothe context-specific environment and has feelings of engagement, discovery and fun while gaining knowledgeabout the subject matter.3-4 Thus, an appropriate gamedesign is crucial for effective learning. Especially for higher education of software engineering, learninggames must encourage collaborative exchange and anactive transfer of theoretical content to practical appli-cations. To promote the implementation of games, wedeveloped tailorable game components that assist thelecturer and reduces the time required for designing anappropriate game.

An Experimental Card Game for Software Testing

Teaching software testing is a challenging task. Especially if you want to impart more in-depthand practical knowledge to the students. Therefore, most lecturers still teach in a classic lectureformat despite the fact that this way of instruction is in any case the optimal way of instructionfor today’s requirements anymore. In this contribution we present our implementation of an active learning method to deepen the knowledge in academic software testing education. We describe a card game for advanced learning that promotes students’ collaboration andknowledge exchange in a playful and competitive manner. The design of the game is based onconstructive and cooperative theories.

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Figure 1 (left)*: Exemplary Creature Card, is played to attack anotherplayer. The attack can only be defended, when the other player usesa suitable card. Figure 2 (right)*: Exemplary Spell Card for instant sorcery, can be playedsolely or in combination with complementary cards for additional effects.

Card Game for Learning Software TestingIn our current research, we focus on the design of colla-borative card games for software testing to encouragelearners in diminishing learning deficits. The game buildsupon fundamental principles of constructivism andclaims the learner to actively collaborate with the otherplayers to self-correct own mistakes. Thus, the main lear-ning goal is to understand basic principles of softwaretesting, in particular static testing, by using previouslyconducted practical exercises. Based on the analyses anddetermination of individual deficits, the card game rulesand goals adapt to the needs of the learner. The game isturn-based and can be accomplished either collaborativeor solely. The players respectively learner can choose,which cards they play immediately and decides if thecard task is played solely, with another player or with thewhole team. In traditional games, luck and strategicalskills are an important part, whereas in learning gamesoften knowledge is the key criteria to advance. Thus saidin single player games this is affordable, especially formulti-player games, it is highly important to create a balanced gameplay between beginners and advancedlearners. Thus, we integrated collaborative elements thatsupport joint activities to accomplish game goals. There-by, beginners are able to learn from advanced learns byjoint playing. In addition, various game strategies can beconducted, e.g. players with a lack of knowledge cankeep pace with others by playing certain cards. Figure 1and 2 illustrate sample cards of our developed deck forlearning static testing for the programming language C.

ConclusionFirst observations and discussions with learners supportthe effectiveness of our approach.5 Nevertheless, furtherevaluation is needed, especially to examine the effec -tiveness of the card game onto new knowledge acquisi-tion. Currently we develop a formalism for lecturers indesigning card games for academic learning and espe-cially for a systematic integration of learning content.We want to develop a generic framework that adopts thelearning content for software engineering as well as forother learning subjects, and helps the designer in a lear-ning content oriented systematic approach for designinggames for their specific needs.

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ProjektleiterProf. Dr. Jürgen MottokLaS³ – Laboratory for Safe and Secure [email protected]

Projektmitarbeiter/inAlexander Soska (M.Sc.)[email protected]

Geldgeber Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)DLR Projektträger

KooperationspartnerHochschule Coburg, Hochschule Kempten,Hochschule Aschaffenburg, Hochschule Neu-Ulm

Projektlaufzeit48 Monate

Fördersumme1,72 Mio. Euro

Homepagehttp://www.evelinprojekt.de/

1. Krug, P.: Der Stellenwert von selbstgesteuertem Lernen im Konzeptdes lebenslangen Lernens. In: Selbstgesteuertes lebenslanges Lernen.Behrmann D., Schwarz B., pp. 47–61. Bertelsmann, Bielefeld (2003). 2. Mottok, J., Hagel G., Utesch M., F. Waldherr F.: KonstruktivistischeDidaktik- ein Rezept für eine bessere Software Engineering Ausbil-dung?. In: Proceedings of Embedded Software Engineering Congress(ESE 2009). Sindelfingen (2009). 3. McGonigal, J.: Reality is broken. Why games make us better andhow they can change the world. Pinguin Press, New York (2011).

4. Blunt, R.: Do Serious Games Work? Results from Three Studies. In:Proceedings of eLearn, vol. 2009, no. 12. AACE (2009).5. Soska, A., Mottok, J., Wolff, C.: An experimental card game for soft-ware testing: Development, design and evaluation of a physical cardgame to deepen the knowledge of students in academic softwaretesting education. In Proceedings of 2016 IEEE Global EngineeringEducation Conference (EDUCON), , Abu Dhabi, UAE, pp 576-584. IEEE,Piscataway, New Jersey (2016).*

LITERATUR

AcknowledgmentThis work is supported by the Federal Republic of Ger-many, Federal Ministry of Education and Research, BMBFgrant EVELIN „Experimentelle Verbesserung des Lernensvon Software Engineering”, grant identity 01PL12022F,project sponsor DLR. The network project EVELIN is partof the „Bund-Länder-Programm für bessere Studien -bedingungen und mehr Qualität in der Lehre“. The Uni-versities of Applied Sciences Aschaffenburg, Coburg,Kempten, Neu-Ulm and Regensburg are the networkpartners. More information under http://www.evelinpro-jekt.de/ or http://www.qualitäts pakt-lehre.de. Solelythe authors are responsible for the content of this publi-cation.

Alexander Soska, OTH Regensburg ■Jürgen Mottok, OTH Regensburg ■

A N Z E I G E N

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Produktion und SystemeDie Forschung im Bereich Produktion und Systeme behandelt die metho -dische Gestaltung, simulationsgestützte Verbesserung und effiziente Realisierung komplexer Produktionssysteme durch quantitative Methoden,Informationssysteme, Automatisierung, Regelungstechnik und (teil-)auto-matisierte Anlagen. Neue Werkstoffe und Fragen der Material- und Verfah-renstechnik sind dabei Herausforderungen beim Design und der Herstellungneuer energie- und ressourceneffizienter Produkte.

Digitale FertigungFür eine effiziente und schlanke Fertigungsplanung rücken rechnerintegrierte, vernetzte Prozesse immer weiter in den Vordergrund. In der CNC-Fertigung führtdies zum vermehrten Einsatz von CAD/CAM-Systemen inder Arbeitsvorbereitung. Hiermit wird unter Verwendungder 3D-Modelle von Roh- und Fertigteil, Werkzeugen undSpannmitteln sowie der Bearbeitungsmaschine dieSpannsituation und jeder Fertigungsschritt detailliert ge-plant und programmiert (siehe Abb. 1). Durch Kollisions-analyse und Materialabtragssimulation soll sichergestelltwerden, dass im nachgelagerten Fertigungsprozess keineKomplikationen auftreten. Dies erfordert jedoch einemöglichst exakte Umsetzung der virtuell geplantenSpannsituation in die Realität (siehe Abb. 1). Abweichun-gen können zu kostenintensiven Kollisionen und somitBeschädigungen des Werkstücks, Werkzeugs und der Maschine selbst führen. Zur Vermeidung von Stillstands-zeiten soll der Rüstprozess zudem möglichst schnell von-stattengehen.

Die geplante Aufspannung muss mit allen relevantenDaten dokumentiert und von der Arbeitsvorbereitung indie Fertigung kommuniziert werden. Hierfür werden inder Praxis die im CAD/CAM-System vorhanden Spann-baugruppen auf technische Zeichnungen oder Screen-shots heruntergebrochen, ggf. mit Maßen und Notizenversehen und in Papierform übermittelt. Neben dem manuellen Erzeugungsaufwand entsteht bei der Redu-zierung der Informationen von 3D auf 2D in der Regelauch ein Informationsverlust.

Zentrale RüstdatenverwaltungAls Kernstück des Projekts und zur zentralen Verwaltungund Speicherung aller relevanten Daten wurde eine rela-tionale Datenbank entworfen und implementiert. Diesermöglicht die Verwaltung von Spannmitteln und belie-big verschachtelten Spannbaugruppen mit Stammdaten,detaillierter Typisierung sowie Zuordnung typspezifischerSachmerkmale. Zudem werden alle weiteren für denRüstprozess relevanten Daten wie z. B. Rüstdokumentehier verwaltet. Der Zugriff auf Datenbankinhalte erfolgtdurch beliebige SQL-fähige Programme wie MS Accessoder direkt vom CAM-System aus. Dateien wie Rüst -dokumente und 3D-Modelle werden im Dateisystemstrukturiert abgelegt. Der komfortable und schnelle Auf-bau von Spannbaugruppen erfolgt in einer dafür ent -wickelten Oberfläche. Der Fokus liegt hierbei nicht, wiein der Baugruppenkonstruktion, auf dem vollständigenAnbringen von Zwangsbedingungen, sondern auf einerschnellen und flexiblen Konfiguration der Aufspannung.Die abgebildete Spannpratze wird beispielsweise durchdas Anklicken der Einschraubposition und Angabe vonSpannhöhe, Winkel und Auskraglänge vollständig posi-tioniert.

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AutoRüst: Werkzeugmaschinen effizienter rüsten durchbedarfgerechte Informationsbereitstellung

Durch bedarfsgerechte und automatisierte Informationsbereitstellung soll das Rüsten von Werk-zeugmaschinen effizienter und sicherer gestaltet werden. Dies ist das Ziel des Projekts „AutoRüst“des Labors Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (LFW) der OTH Regensburg in Kooperationmit der OPUS Entwicklungs- und Vertriebs- GmbH aus Kirchheim unter Teck. Interaktive 3D-Rüst-dokumente sollen hierbei die Kommunikation zwischen Arbeitsvorbereitung und Fertigung erleichtern. Das Rüsten von Spannmitteln soll zudem durch ein Assistenzsystem visuell unterstütztund anschließend durch einen 3D-Scanner überprüft werden.

Abbildung 1: Digitale Aufspannsituation im CAD/CAM-System (linksoben), reale Aufspannsituation auf der Bearbeitungsmaschine (rechtsoben); Beispieldaten aus der Spannmitteldatenbank (unten)

Interaktive 3D-RüstdokumenteZur Visualisierung und Kommunikation der Rüstinforma-tionen werden digitale, interaktive Rüstdokumente au-tomatisiert erzeugt. Diese beinhalten das eingebettete3D-Modell der Aufspannung, die Einzelteile sowie dieStückliste, Montagehinweise und Stammdaten. Als Dateiformat kommen hierfür HTML und PDF zur Anwen-dung. Da es sich um Standardformate handelt, sind dieBetrachtungsmöglichkeiten weitgehend unabhängig vonEndgerät und Betriebssystem. Zudem bestehen weitereInteraktionsmöglichkeiten mit dem Rüstdokument wiebeispielsweise Zoomen und Drehen des 3D-Modells, Messen von Positionen sowie Ausblenden und Hervor -heben einzelner Bauteile. Der Mitarbeitende am Rüst-platz erhält somit detaillierte Informationen über die zumontierende Spannsituation.

Visualisierung und Validierung der AufspannungVor allem bei komplexeren Aufbauten mit frei positionier-baren Einzelteilen ist ein Rüstdokument oft nicht ausrei-chend, um eine schnelle und zuverlässige Montage zugewährleisten. Es besteht das Risiko, dass einzelneSpannmittel ungenau platziert werden und somit zu Kollisionen führen. Aus diesem Grund wurde im Projektein Softwaretool entwickelt, das die Anzeige der Spann-mittelkonturen durch einen Laserprojektor am Rüst -arbeitsplatz ermöglicht (siehe Abb. 2). Bauteile könnendamit ohne weiteres Messen präzise und schnell posi -tioniert werden. Die benötigten Daten werden vom Soft-waretool automatisiert aus der Spannbaugruppe extra-hiert, in ein neutrales Dateiformat exportiert und in derSpannmitteldatenbank abgelegt. Die Software ermitteltzudem automatisch eine Montagereihenfolge und er-kennt und gruppiert gleiche Spannmittel zu einem Mon-tageschritt. Die typische Positioniergenauigkeit lag inersten Tests bei ca. 0,5 mm.

Zur Validierung der montierten Aufspannung dient ein visueller Vergleich von Ist- (reale Aufspannung) und Soll-zustand (3D-Modell der Aufspannung). Dies wird durchein 3D-Scan-System ermöglicht, das reale Oberflächenin Form von Punktewolken digitalisiert. Das System ver-gleicht das 3D-Modell der Aufspannung mit diesen Datenund zeigt Abweichungen sofort farbig an (siehe Abb. 2).

Aktueller Stand und AusblickDie beschriebenen Teilsysteme wurden zum Teil vollstän-dig umgesetzt und kommen bereits an einem Demons-trator im LFW zum Einsatz. Die zentralisierte Rüst-datenverwaltung in einer Datenbank bildet die Basis desgesamten Pakets und eröffnet die Möglichkeit zur An-knüpfung weiterer Assistenz- oder Informationssysteme.Beispielsweise könnten die 3D-Daten für eine Rüstunter-stützung durch Augmented-Reality-Anwendungen ver-wendet werden.

Andreas Ellermeier, OTH Regensburg ■Daniel Vögele, OTH Regensburg ■

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ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Andreas EllermeierLabor Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (LFW)Fakultät [email protected]

ProjektmitarbeiterDaniel Vögele (M.Sc.)Labor Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (LFW)Fakultät [email protected]

GeldgeberBayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBKWK)

KooperationspartnerOPUS Entwicklungs und Vertriebs GmbH,Kirchheim unter Teck

Projektlaufzeit36 Monate

Fördersumme242 TEuro

Homepagehttps://www.oth-regensburg.de/fakultaeten/maschinenbau/labore/fertigungstechnik-und-werkzeugmaschinen.html

Abbildung 2: 3D-Modell der Spannpratze mit Projektionskontur für dieLaserprojektion (links oben); Positionierung der Spannpratze mit Hilfevon Laserprojektion (rechts oben); 3D-Scan-System zur Validierungder Aufspannung (links unten); Grafische Darstellung des 3D-Scansbei fehlerhafter Montage (rechts unten)

Forschungsaktivitäten und -kompetenzen im LaborDas Hauptaugenmerk liegt derzeit auf der Prozessent-wicklung des Laser-Durchstrahlschweißens für Kunst-stoffe. Die hierfür notwendigen Laserschweißanlagenwerden eigenständig sowohl konzeptioniert und konstru-iert als auch in Betrieb genommen. Laserscansystemeund Spannvorrichtungen sind dabei die Hauptkompo-nenten. Neben der Auslegung der Bauteile und Konstruk-tion mittels CAD wird die Ausbreitung des Laserstrahlsmit Simulationsprogrammen berechnet. Ein scanner- integriertes Pyrometer ermöglicht die Prozessüber -wachung und -regelung. Die Temperatur in der Wech-selwirkungszone des Laserstrahls wird so bereits währenddes laufenden Schweißprozesses aufgezeichnet. Nebender Elimination von Störgrößen müssen große Mess -datensätze aufgezeichnet, aufbereitet und anschließendin Bezug auf den Schweißprozess interpretiert werden. Parallel dazu werden thermo-mechanisch gekoppelteFEM-Prozesssimulationen durchgeführt. ZielführendeProzessparametersätze können hierbei anhand des Tem-peraturfeldes ermittelt werden. Nebenbei ist der zeitlicheVerlauf des Temperaturfeldes für die Interpretation desTemperatur-Messsignals sehr hilfreich. Abbildung 1 zeigtdas Temperaturfeld einer Quasi-Simultanschweißung zu ausgewählten Strahlumläufen, berechnet in einerthermo-mechanischen Prozesssimulation.

Forschungskooperationen mit Partnern innerhalb und außerhalbBayerns

Neben öffentlich geförderten Forschungsprojekten mitmehreren Jahren Laufzeit werden auch kurzfristig ange-legte Forschungsaufträge von Industriepartnern bear -

beitet. Sowohl mit kleinen und mittelständischen Unter-nehmen (KMUs) als auch mit Großunternehmen wird ko-operiert. Die Auftragsvergabe fußt bei KMUs oftmals aufderen eingeschränkten Möglichkeiten zur Forschung undEntwicklung. Bei Großunternehmen sind es vorwiegendMachbarkeitsstudien, Prozessqualifizierungen und Scha-densanalysen, die oftmals sehr kurzfristig abgearbeitetwerden müssen. Demgegenüber werden in öffentlich ge-förderten Forschungsprojekten langfristige Ziele verfolgt.Aufbauend auf das Forschungsprojekt „3D-Schweißen“,gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Bil-dung und Kultus, Wissenschaft und Kultur, das mit denKooperationspartnern ARGES GmbH, blz GmbH und INO-TECH GmbH bearbeitet wurde, sind zwei neue For-schungsprojekte vor Kurzem genehmigt worden:

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Forschungsschwerpunkte im Labor Lasermaterialbearbeitung

Durch das Laserkunststoffschweißen können sowohl filigrane Nähte in der Mikrotechnik als auchtragfähige Verbindungen für Strukturbauteile hergestellt werden. In der Automotiv- oder der Medizintechnik-Industrie ist diese Fügetechnologie mittlerweile etabliert, jedoch sind die Anwen-dungsmöglichkeiten bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. In kürzlich gestarteten Forschungs-projekten mit regionalen Industrieunternehmen und internationalen Forschungspartnern werdenim Labor Lasermaterialbearbeitung weitere Potenziale gehoben.

Abbildung 1: Temperaturfeld einer quasi-simultanen Laser-Durch-strahlschweißung von Polyethylene zu ausgewählten Strahlumläufen

THECOS – Thermoplastic Composite Structures (09/2016 – 08/2019)Langfaserverstärkte Kunststoffe mit thermoplastischerMatrix stehen im Zentrum des Forschungsprojektes THECOS. Ziel ist die Erforschung eines Halbzeug-Herstel-lungsprozesses und des Laser-Durchstrahlschweißensvon langfaserverstärkten Kunststoffen. Während bei Laserschweißverbindungen bislang die Dichtigkeit undnicht die Festigkeit im Vordergrund gestanden ist, wer-den in diesem Projekt langfaserverstärkte Kunststoffemit Blick auf den Einsatz als tragende Strukturbauteilegeschweißt. Im Labor Lasermaterialbearbeitung wirdhierzu eine pyrometrische und scanner-integrierte Tem-peraturmesstechnik aufgebaut, um den Schweißprozessüberwachen und ggf. regeln zu können. Das Forschungs-projekt wird gemeinsam mit dem Labor für Faser -verbundtechnik an der OTH Regensburg und dem NewTechnologies Research Centre der University of West Bohemia bearbeitet (siehe Abb. 2). Für das im Rahmendes INTERREG IV-Programms beantragte Forschungs -projekt erhält die OTH Regensburg als Leadpartner600.000 Euro.

3D-LASPYRINT-SCANNER (11/2016 – 11/2019)Im Forschungsprojekt 3D-LASPYRINT-Scanner wird mitBlick auf Schweißapplikationen in der Medizintechnikeine Lasersystemtechnik mit integrierter Temperatur-messung für das Schweißen von transparenten Kunst-stoffen erforscht. Das Projekt wird gemeinsam mit demBayerischen Laserzentrum und den vier Industriepart-nern Gerresheimer Regensburg GmbH, Nexlase GmbH,

LPKF WeldingQuipment GmbH und Micro Epsilon Mess-technik GmbH & Co. KG im Rahmen einer Förderungdurch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaftund Medien, Energie und Technologie bearbeitet (sieheAbb. 2). Von dem Gesamtfördervolumen von 760.000 Euroerhält die OTH Regensburg als Leadpartner 232.800 Euro.

Erweiterung der Forschungs-aktivitäten hin zur additiven Fertigung

An der Fakultät Maschinenbau werden bereits Lehrver-anstaltungen zur Additiven Fertigung angeboten. Mit derAnschaffung des FDM-Druckers STRATASYS Fortus 380mcwerden gegenwärtig auch erste Erfahrungen in der Pro-zess- und Anlagentechnik gewonnen. Die Expertise aufdem Gebiet der Laserbearbeitung, der Temperaturmess-technik und der Prozesssimulation können hierauf direktübertragen werden, sodass Forschungsaktivitäten auchin dieser Fertigungstechnologie geplant sind.

Stefan Hierl, OTH Regensburg ■

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Prof. Dr.-Ing. Stefan HierlFakultät MaschinenbauWissenschaftlicher Leiter Labor [email protected]

Abbildung 2: Projektpartner in aktuell laufenden, öffentlich geförderten Forschungsprojekten

Introduction

Very little is published about deep temperature beha-viour of wire ropes. Gräbner und Gwenetadse (1990) re-port about bending tests in a cold chamber. They detecta slight decrease of number of achieved bending cycles.But this is mainly caused by the behavior of the used ropelubricant. In order to analyze the behavior of the ropematerial itself tests on ropes as well as on rope wires willbe carried out. In the following results of static tensiletests on wire ropes as well as single bending tests, rotarybending tests and tensile-tensile tests on rope wires willbe reported which were carried out in conditions of downto -95˚C as well as at room temperature.

Tensile tests with wire ropesBefore tensile tests half of the test samples were submer-ged in liquid nitrogen and cooled down to about -190°C.By help of temperature probes it was possible to measurethe temperature in that ropes during the tests. Close tothe broken rope sections the measured temperatureswere approximately -60°C in all that tests. In both tem-perature settings -60°C as well as room temperature 26tests in total were carried out. All cooled down rope sam-ples tested on average 2.6% higher than the referencesamples tested at room temperature.

Single wire bending tests

Single wire bending tests are a mandatory quality assu-rance procedure for all rope wires before they are madeinto a rope. In essence, the individual wire is bend over aprescribed mandrel and has to meet certain number ofbends up to wire failure. Test procedure and requirednumber of bends are given in a standard [DIN EN 10264-2 (2012)].The wire samples tested to much higher actual numberof bends at room temperatures as required by the DINEN standard (up to 3 times as high). In three tempera-ture settings -50° C to -60° C as well as -95° C and roomtemperature 134 tests in total were carried out. The results for the deep temperature tests (-50˚C to -60˚C)were on average between 3% and 30% higher than theactuals at room temperature. As a surprise it can benoted that the results for the ultra deep temperaturetests (-95˚C) were on average at the same and someeven above the levels of the deep temperature results.

Rotary bending testsFor measuring the number of rotary bending cycles a testmachine of so called type „IFT-Stuttgart“ was built. Theprincipal of this type of test machine is described by Wolf (1987). The deep temperature of -80°C was arran-ged with liquid nitrogen. It was blown onto the expectedarea of wire breakage. A control unit guaranteed a con-stant temperature of plus minus one Kelvin. The most voluminous investigation of rotary bending tests was reported by Briem (2000). With the assistance of a regression calculation an equation was found to describethe expected number of cycles which will be used for theevaluation of the actual test results too.

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Behaviour of Wire Ropes and Rope Wires under Ultra Deep Temperature Conditions

Mobile cranes are regularly operated in regions which experience ultra deep operating tempera-tures of down to -60˚C. In safety regulated work environments crane operations will be suspendedsimply because the lowest wire rope working temperature stated in the applicable standards is -40˚C. In order to analyze the behaviour under ultra deep temperature conditions tests on wireropes as well as on rope wires will be carried out. In the following static tensile and bending testswith ropes and rope wires results will be reported which were carried out in conditions of downto -95˚C as well as at room temperature. The results of these tests can be adopted to crane wireropes as well.

In both temperature settings -80°C as well as room tem-perature 119 tests in total in seven individual amplitudestresses were carried out. The achieved number of rotarybending cycles were evaluated. The test results are shownin Figure 1. At -80°C the wire samples achieve approx.19% higher numbers of rotary bending cycles than atroom temperature.

Tension-tension tests

Tension-tension tests were carried out with a tension-tension test machine at the laboratory for materials testing at OTH Regensburg. In the test machine the wiresamples were wrapped two times around wide sheavesand then clamped. The test samples for rotary bendingtests as well as tension-tension tests were taken from thesame wires.In both temperature settings -80°C as well as room tem-perature 33 tests in total in six individual stress configu-rations were carried out. The achieved numbers oftension-tension cycles are evaluated commonly. The testresults of the galvanized wires are shown in Figure 2. At -80°C the wire samples achieve approx. 17% highernumbers of tension-tension cycles than at room tempe-rature.

P R O D U K T I O N U N D S Y S T E M E | 59

ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Ulrich [email protected]

Briem, U.: Umlaufbiegewechselzahlen von Seildrähten. DRAHT 51(2000)3, S 73-77DIN EN 10264-2: Stahldraht für Seile. Teil 2: Kaltgezogener Draht ausunlegiertem Stahl für Seile für allgemeine Anforderungen. Juni 2012Gottstein, G.: Physikalische Grundlagen der Materialkunde. Springer-Verlag Berlin Heidelberg NewYork 2001, DOI 10.1007/978-3-662-22296-6

Gräbner, P.; Gwenetadse, M.: Neue Forschungsergebnisse zur Schmie-rung von Drahtseilen. Forschungsbericht 1990 der Hochschule für Ver-kehrswesen „Friedrich List“, DresdenWolf, E.: Seilbedingte Einflüsse auf die Lebensdauer laufender Draht-seile. Diss. Universität Stuttgart 1987

LITERATUR

Figure 1: Achieved number of rotary bending cycles Figure 2: Achieved number of tension-tension cycles

Hypothesis

For the increase of achieved number of load cycles at -80°C the following hypothesis will be phrased: With thedecrease of the temperature the wire material will behardened. For strain controlled tests it implies that theelastic part of the total elongation decreases and theductile part increases. Therefore the resistance againstelongation increases and lower dislocation movementsoccur. That behaviour is investigated and published forsome other materials with comparable crystal structuresas rope wires, Gottstein (2001). The critical shearingstrain increases with decreasing temperature. In deeptemperature surroundings the ratio between the adjus-ted test stress level and the critical shearing strain is alittle smaller for the test sample. This leads to a highernumber of achievable cycles.

Ulrich Briem, OTH Regensburg ■

Knut Buschmann, Unirope Limited, Mississauga, ON, Kanada ■

EinleitungDas Materialermüdungsverhalten von Seildrähten kanndurch zwei verschiedene Versuche bestimmt werden, denUmlaufbiege- und den Zugschwellversuch. Sie werden in den nächsten beiden Abschnitten beschrieben. DieDrahtanordnung in den Versuchen, die Zonen maximalerBelastung im Drahtquerschnitt sowie die Amplituden-und Mittelspannungen sind in Abbildung 1 angegeben.Beim Umlaufbiegeversuch tritt die höchste Belastung ander Drahtoberfläche auf, wogegen beim Zugschwellver-such der gesamte Drahtquerschnitt gleich belastet ist.

Die Theorie der Stützwirkung besagt, dass die wenigerbelasteten Querschnittsbereiche die höher belastetenstützen. Daraus folgt, dass die Dauerfestigkeit im Um-laufbiegeversuch wesentlich höher sein muss als im Zug-schwellversuch. Dies ist aber nicht der Fall. Unterberg(1967) stellte daher fest, dass bei Seildrähten keine Stützwirkung auftritt. Daraus folgt, dass die Ergebnissebeider Versuche zusammenfassend ausgewertet werdenkönnen.

UmlaufbiegeversuchBeim Umlaufbiegeversuch wird der Draht ungefähr halb-kreisförmig in die Prüfmaschine eingespannt und umseine Achse tordiert. Dadurch entsteht eine wechselndeBiegebeanspruchung. Die Mittelspannung ist Null. Briem(2000) hat das Lebensdauerverhalten der Drähte im Um-laufbiegeversuch umfangreich untersucht und durchGleichung (1) beschrieben.

Darin heißen σb Biegespannung, δ Drahtdurchmesserund R0 Drahtnennfestigkeit.

ZugschwellversuchBeim Zugschwellversuch wird der Draht durch eineschwellende Zugspannung belastet. Eine Lebensdauer-gleichung für zugschwellbelastete Drähte existiert bishernicht. Mit dem im Folgenden ermitteltem Mittelspan-nungseinfluss wird es möglich sein, die zu erwartendeSchwingspielzahl in Abhängigkeit von den Belastungs -parametern Amplituden- und Mittelspannung abzu-schätzen.

MittelspannungseinflussEs existiert eine ganze Reihe von Modellen zur Beschrei-bung des Mittelspannungseinflusses bei Metallen. Allediese Modelle ersetzen die Amplitudenspannung σa undMittelspannung σm durch eine äquivalente Amplituden-spannung σq und eine Mittelspannung σm gleich Null. σqbei σm gleich Null führt zur gleichen ertragbaren Last-wechselzahl wie die Kombination aus den ersetztenSpannungen σa und σm. Im Folgenden werden drei Modelle vorgestellt, ein parabolischer Ansatz von Gerber(1874), ein linearer Ansatz von Goodman (1930) und einexponentieller Ansatz von Kwofie (2001):

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Der Mittelspannungseinfluss bei zugschwellbeanspruchten Seildrähten

Bei Zugschwellversuchen kann sowohl die Amplituden- als auch die Mittelspannung frei eingestelltwerden. Für eine zusammenfassende Auswertung müssen Amplituden- und Mittelspannungendurch eine einzige sogenannte äquivalente Spannung ersetzt werden. Die Bestimmung dieser äquivalenten Spannung setzt die Kenntnis des sogenannten Mittelspannungseinflusses voraus.Im Folgenden werden geeignete Modelle vorgestellt, die eine zusammenfassende Auswertung vonZugschwellversuchen mit Seildrähten und damit eine allgemeine Beschreibung ihres Material -ermüdungsverhaltens erlauben.

Abbildung 1: Drahtanordnung in den Ermüdungsversuchen, Bereichemaximaler Belastungsamplitude im Drahtquerschnitt sowie Amplitu-den- und Mittelspannung.

(1)

Gerber:

Goodman:

Kwofie:

Darin heißt Rm Bruchfestigkeit des Drahtes.

AuswertemethodeAufgrund der Tatsache, dass die Mittelspannung beimUmlaufbiegeversuch Null ist, kann für eine erreichteLastwechselzahl die Biegespannung σb im Umlaufbiege-versuch als äquivalente Amplitudenspannung σq im Zug-schwellversuch interpretiert und nach Gleichung (1)berechnet werden. Zugschwellversuche werden damitauf Umlaufbiegeversuche zurückgeführt. Daher ist fürdie Zugschwellversuche aber auch nur ein begrenzter Bereich von Mittelspannungen möglich. Dieser Bereichist in Abbildung 2 durch Begrenzungslinien eingezeich-net.Die Ergebnisse der Umlaufbiegeversuche (Mittelspan-nung gleich Null) und der Zugschwellversuche (Mittel-spannung innerhalb der Begrenzungslinien) sind eben-falls in Abbildung 2 eingezeichnet. Die ebenfalls einge-zeichnete Gerber-Parabel und Goodman-Gerade zeigen,dass die Versuchsergebnisse offensichtlich durch einenmit Gerber und Goodman vergleichbaren Ansatz be-schrieben werden können, wobei der Exponent der bruch-festigkeitsbezogenen Mittelspannung zwischen 1 und 2liegen muss. Durch Ausgleichsrechnung wurde der Expo-nent zu 1,58 berechnet. Bei angenommener Normalver-teilung des Exponenten kann die Goodman-Gerade alsstatistische 0,01%-Kurve und die Gerber- Parabel als sta-tistische 99,6%-Kurve interpretiert werden. Bei Nutzungdes Kwofie-An satzes wurde der Parameter α zu 0,85 be-rechnet.

Autor:

Kwofie:

Beide Ausgleichskurven sind ebenfalls in Abbildung 2 eingezeichnet.

P R O D U K T I O N U N D S Y S T E M E | 61

ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Ulrich [email protected]

Briem, U.: Umlaufbiegewechselzahl von Seildrähten. DRAHT 21 (2000)3, pp. 73-76Gerber, W.: Bestimmung der zulässigen Spannungen in Eisenkon-struktionen. Z. Bayer Arch. Ing Ver. 6 (1874), pp. 101-110Goodman, J.: Mechanics Applied to Engineering, Vol. 1, 9th edition.Longmans Green and Co., London 1930

Kwofie, S.: An exponential stress function for prediction fatiguestrength and life due to mean stresses. Intern. Journal of Fatigue 23(2001), pp. 829-836Unterberg, H.-W.: Die Dauerfestigkeit von Seildrähten bei Biegungund Zug. Diss. TH Karlsruhe, 1967

LITERATUR

Abbildung 2: Bereich der gewählten Mittelspannungen, Versuchs -ergebnisse und die Ausgleichskurven des Autors und von Gerber, Goodman und Kwofie.

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

Zusammenfassung

Zur Beschreibung des Mittelspannungseinflusses bei Seil-drähten wurden zwei Ansätze untersucht, ein mit Gerberund Goodman vergleichbarer Ansatz und der Ansatz vonKwofie. Mit beiden Ansätzen lassen sich die Versuchser-gebnisse sehr gut beschreiben. Mit Hilfe der gewonnenenAnsätze und der Lebensdauergleichung für Umlauf -biegeversuche können die ertragbaren Lastwechsel -zahlen bei Zugschwellversuchen erstmals zuverlässigabgeschätzt werden.

Ulrich Briem, OTH Regensburg ■

EinleitungDer Einsatz von faserverstärkten Kunststoffen (FVK) bie-tet besonders im Bereich hochbelasteter Leichtbau -strukturen oft einen entscheidenden Gesamtvorteil.FVK-Werkstoffe zeichnen sich durch hohe Steifigkeitenund Festigkeiten bei geringen Dichten aus und besitzendarüber hinaus weitere vorteilhafte Eigenschaften. ImGegenzug zu genannten Nutzen unterliegt der Einsatzvon FVKs auch Einschränkungen und Unsicherheiten. Besonders die Empfindlichkeit auf Schlag- oder Impact-belastungen stellen eine besondere Herausforderung dar,da diese häufig einen kaum sichtbaren bis gänzlich un-sichtbaren Schaden im Bauteilinneren zurücklassen.Diese Schäden prägen sich zumeist als Delaminationen

aus und vermindern die Druck- und Dauerfestigkeit derStruktur signifikant.1 Ziel des Forschungsvorhaben DampSIM ist die Erkennung solcher Barely Visible Impact Damages (BVID). Hierfür wird eine vibrationsbasierte,zerstörungsfreie Messmethode genutzt und im Besonde-ren die vorliegende Werkstoffdämpfung betrachtet. Diegrundlegenden Materialuntersuchungen im Forschungs-vorhaben liefern die Basis für die Ausarbeitung einesStrukturüberwachungssystems, das in impactgefähr -deten Bauteilen zum Einsatz kommen kann.

ForschungsvorgehenUm die Eignung der Materialdämpfung als Zustands -indikator zu untersuchen, wurden verschiedene Probe-körpertypen untersucht, deren geometrische Form überdie Projektlaufzeit an Komplexität zunimmt. Um dieGrundprinzipien zu erarbeiten, wurden stabförmige Probekörper mittels verschiedener Fertigungsverfahren präpariert. Um das vibrationsbasierte Verhalten einerStruktur zu charakterisieren, werden typischerweise diemodalen Parameter genutzt. Im vorliegenden Fall wur-den die Eigenfrequenzen, die zugehörigen modalenDämpfungen und wenn möglich die Eigenformen ex -perimentell bestimmt (Abb.1). Um das Schwingverhaltenvon Leichtbaustrukturen zu erfassen, bieten sich laser-basierte Messsysteme an. Außerdem wurden Erstver -suche mit einem kleinen Sensorsystem gestartet, daspotentiell in die Struktur integriert werden kann. Diedurch die Messung erhaltenen Signaldaten werden durchMatlab- und Python-basierte Programmskripte aufbe-reitet und die modalen Parameter berechnet. Die Aus-wertung der Werkstoffdämpfung stützt sich auf dieMethode der Halbwertsbreite, die eine Dämpfungsbe-rechnung im Frequenzspektrum erlaubt.2 Nach diesenMessungen wird in die Probekörper eine reproduzierbareund definierte Impactbelastung durch den Einsatz einesSchlagpendels eingebracht und die modalen Parameter

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DampSIM: Lebensdauerüberwachung von faserverstärkten Kunststoffen auf Basis der strukurdynamischen Werkstoffdämpfung

Im Fokus der Untersuchungen steht die Strukturintegrität von Bauteilen aus faserverstärktenKunststoffen. Im realen Anwendungsfall können diese Strukturen Schlag- oder Impactbelastungenunterliegen, die häufig kaum sichtbare oder unsichtbare Schäden im Inneren des Bauteils ver -ursachen. Diese Schäden stellen deshalb ein besonderes Sicherheitsrisiko dar. Ziel des Forschungs-projekts ist die effiziente Detektion solcher Schäden. Als Indikator des Materialzustands wird einvibrationsbasierter Ansatz angewendet, der zusätzlich zu den Eigenfrequenzen die struktur -dynamische Werkstoffdämpfung einbindet.

Abbildung 1: Darstellung der grundlegenden Zusammenhänge im For-schungsvorhaben DampSIM. Impactbelastungen verursachen Delami-nationen im Bauteilinneren der FVK-Strukturen und der Einfluss dieserSchäden auf die modalen Parameter wird empirisch analysiert.

erneut erfasst (Abb.2). Aus einem Vergleich des Schwing-verhaltens vor und nach der Schädigung kann nun er -mittelt werden, welche modalen Parameter für eineZustandsüberwachung der Struktur geeignet sind. Diesezentralen Untersuchungen werden durch qualitäts -sichernde Analysen wie Ultraschalluntersuchungen,Schliffbildmikroskopie und Faservolumengehaltsbestim-mungen begleitet. Da FVKs eine Vielfalt an Material- undWerkstoffkombinationen bieten und somit die Eigen-schaften veränderlich sind, wurden Probekörper aus ver-schiedenen Lagenaufbauten, Fasertypen, Geweben undHalbzeugen untersucht. Nach Abschluss der Unter -suchungen an stabförmigen Strukturen wurde die Probe-körpergeometrie gewechselt und plattenförmige sowieabschließend rohrförmige Strukturen analysiert und je-weils neue hinzugekommene Aspekte betrachtet.

Vibrationsbasierte ZustandsmessungFür den Einsatz eines vibrationsbasierten Zustands -systems kann gezeigt werden, dass sich die Werkstoff-dämpfung als Zustandsindikator anbietet.3-4 Aufgrundder Impactbelastung entstehen Delaminationsflächen,die als neue Reibflächen schneller zum Abklingen einerSchwingung führen und so die vorliegende Dämpfungansteigen lassen. Im Vergleich zu den bisher häufig ein-gesetzten Systemen auf Basis der Eigenfrequenzen eig-net sich die Werkstoffdämpfung bei den untersuchtenStrukturen oft besser, bietet mindestens jedoch einen

nützlichen Mehrwert, da sich schädigungsbedingte Fre-quenzänderungen oft im Bereich der Frequenzauflösungder Messsysteme abspielen. Als Einschränkung muss ge-nannt werden, dass es sich bei der Werkstoffdämpfungum einen der sensibelsten modalen Parameter handeltund diese somit auch verschiedensten Quereinflüssenunterliegt. Werden solche Quereinflüsse minimiert oderfür reale Anwendungen erkannt und kompensiert, stelltdiese hohe Sensibilität jedoch auch den Grund für denbesonders vorteilhaften Einsatz als Zustandsindikatordar. Aufgrund der Kombinationsvielfalt bei FVKs könnenkeine allgemeingültigen Modelle oder Referenzen aufge-baut werden, für einige ausgewählte Varianten wurdenjedoch Referenzdatenbanken erstellt. Für einen anwen-dungsnahen Einsatz kann der Vergleich mit solchen Datenbanken und dadurch eine Zustandsaussage jedochnicht immer erfolgen, da auch kleinere Unterschiede imFertigungsprozess das Schwingverhalten der Strukturverändern. Hier ist eine bauteilspezifische Überwachungim Rahmen einer Fingerprinting-Methode oder eineskontinuierlichen Lifetime-Monitorings denkbar.

Ingo Ehrlich, OTH Regensburg ■

Labor für FaserverbundtechnikChristian Pongratz, OTH Regensburg ■

Labor für Faserverbundtechnik

P R O D U K T I O N U N D S Y S T E M E | 63

ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Ingo EhrlichLabor für [email protected]

ProjektmitarbeiterChristian [email protected]

Geldgeber: Bayerische Forschungsstiftung (BFS)

KooperationspartnerKooperatives Forschungsprojekt zwischen dem Labor für Faserverbundtechnik und dem Sensorik-Applikations-Zentrum der OTH Regensburg sowie der Reinhausen Power Compo sites GmbH und der Maschinenfabrik Reinhausen GmbH

Projektlaufzeit: 36 Monate

Fördersumme: 444 TEuro

Homepage: https://www.oth-regensburg.de/lft

1. Wahab, M.A.; Jabbour, T.; El-Dahabi, F.: Analysis of the dynamicbehavior of composite plates subjected to impact. Mechanics & In-dustry, Vol. 14, No. 4 (2016)2. Dresig, H.; Holzweißig, F.: Maschinendynamik. 9. neu bearbeiteteAuflage, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg (2009)3. Pongratz, C., Ehrlich, I.: Structural Dynamic Analysis of Thin Com-

posite Plates Using Noncontact Measurement and Excitation. AppliedResearch Conference 2016, pp. 351-358 (2016)4. Pongratz, C.; Schlamp, M.; Jungbauer, B.; Ehrlich, I.: Detection ofDelamination Damages in Thin Composite Plates using NoncontactMeasurement of Structural Dynamic Behavior. Athens Journal ofTechnology & Engineering, Vol. 3, No. 4, pp. 315-331 (2016)

LITERATUR

Abbildung 2: Versuchsaufbau zur experimentellen Messung der moda-len Parameter mithilfe eines Laser-Scanning-Vibrometers (links) unddem Aufbau zur definierten und reproduzierbaren Impactschädigungder Probekörperstrukturen mithilfe eines Schlagpendels (rechts).

KonzeptfindungIm Forschungsprojekt wurde zunächst eine Umfrage zurAuffindung möglicher Paarungen von Geste und entspre-chenden Prozesssteuerungsbefehl durchgeführt, sodasseine möglichst intuitive Eingabe gewährleistet werdenkann. Den 52 befragten Personen wurde bei den einzel-nen Fragen die entsprechende Situation erklärt und welcher Prozessschritt eingeführt werden soll. Aus denUmfrageergebnissen ergibt sich zum Beispiel zum weite-ren Vor- und Zurückspringen in den einzelnen Prozess-schritten ein zeigender statischer Daumen nach linksbzw. nach rechts. Als Sensor für die bildbasierende Gestensteuerung wird eine günstige Tiefenkamera, dieMicrosoft Kinect, benutzt, die auf einer Infrarot-Technikbasiert.3 Die Blickausrichtung und Anbringung am Arbeitsplatz war so zu wählen, dass der Arbeitsplatz weiterhin sehr individuell gestaltet werden kann. Da einedirekte Ausrichtung auf den Menschen im Rahmen derDigitalisierung und Vernetzung evtl. unangenehm er-scheint, wurde dies ebenfalls in der Umfrage geprüft.2

42 % der Befragten lehnen eine direkte Kameraausrich-tung auf die eigene Person ab. Deshalb ist die Szene ähn-lich wie im Kraftfahrzeug von oben zu betrachten, sodassder Mensch nicht durch sein Gesicht identifizierbar istund der Akzeptanzwert des Systems steigt.

GestenerkennungDie meisten bildbasierenden Gestensteuerungen basie-ren auf dem Vorgehen mit den drei Hauptprozessschrit-ten in Abbildung 1.1 Im ersten Schritt ist die menschlicheHand aus der betrachteten Aufnahme (siehe Abbildung2) zu segmentieren. Durch die Verwendung einer Tiefen-kamera ist es möglich, eine imaginäre Box im Raum fest-zulegen. Objekte die sich in diesem Quader befinden,werden als Hand angenommen. Anschließend werdenbestimmte Keypoints, wie zum Beispiel der Handmittel-punkt, Fingerspitzen oder der Verlauf von Fingerspitze zurHandfläche, ermittelt. Mithilfe dieser Koordinaten wer-den in der Feature Extraction gewisse Eigenschaften derHand ermittelt, um diese anschließend für die statischeund dynamische Gestenerkennung zu verwenden. Imletzten Prozessschritt der Klassifikation wird abschlie-ßend versucht, anhand der aktuell ermittelten Eigen-schaften und Machine Learning Algorithmen eine ge-zeigte Geste zu erkennen. Als Klassifikatoren wurde einNeuronales Netzwerk und eine Support Vektor Machine(SVM) für die statische Gestenerkennung benutzt. Diedynamischen Gesten werden mittels Hidden Markov Modellen und dem zeitlichen Bewegungsverlauf desHandmittelpunktes klassifiziert.

64 | P R O D U K T I O N U N D S Y S T E M E

Man Machine Interface im industriellen Umfeld: Entwicklung und Integration einer Gesten-steuerung für die Mensch Roboter Kooperation

Die direkte Zusammenarbeit von Mensch und Roboter soll zukünftig die Stärken beider Inter -aktionspartner vereinen. Bereits in aktuellen Fahrzeugen (BMW 5er und BMW 7er) integriert istdie bildbasierende Gestensteuerung eine Möglichkeit, Eingabebefehle an das maschinelle Systemzu übermitteln. Größter Vorteil ist bei diesem Man Machine Interface (MMI) die kontakt- undlautlose Eingabe im freien Raum.1 Aufgrund dessen könnte sich ein solches System gut in das industrielle Umfeld einfügen und zudem eine ergonomische Steuerung ermöglichen. Ziel des Projektes war, einen geeigneten Hardwareaufbau an einem bestehenden Arbeitsplatz für die kollaborative Robotik zu finden, geeignete Gesten für die Prozesssteuerung auszuwählen, eineGestenerkennungssoftware für dieses Umfeld zu entwickeln und das Gesamtsystem anhand einerEvaluierung zu beurteilen.

Abbildung 1: Die wesentlichen Schritte in der bildbasierenden Gestenerkennung.

EvaluierungAbschließend wurde im Forschungsprojekt das Systemmit zehn Personen getestet. Im ersten Schritt wurde einTrainingsdatensatz mit fünf Teilnehmenden für die Klas-sifikatoren erstellt, ein Zeigen der Gesten mit und ohne

visuellem Feedback durchgeführt sowie eine abschlie-ßende Beurteilung des Systems eingeholt. Das grund-sätzliche Konzept wurde sehr positiv bewertet und dasvisuelle Feedback hat den Probanden beim Zeigen derGeste eine gute Hilfestellung zur Selbsteinschätzung ge-geben. Im zweiten Schritt wurden die Klassifikatoren miteiner zufälligen Reihe von 180 Gesten getestet. Die durch-schnittliche Genauigkeitsrate ist beim Neuronalen Netzmit 90,6% höher als bei der SVM mit 88,5 %. Die Treffer-quote liegt im Mittel bei 97 % und bei der SVM bei 91%.Das Verfahren zur Klassifikation von dynamischen Ges-ten zeigt unzureichende Ergebnisse, da die durchschnitt-liche Genauigkeitsrate bei 62,0% liegt, wobei hier eineVerbesserung des Handmittelpunktsverfahrens ebenfallsbessere Werte ermöglichen könnte.

AusblickDer Grundstein für weitere Untersuchungen wie dem Ver-gleich zu anderen Steuerungsmöglichkeiten wie einerSpracheingabe ist hiermit erstellt. Der Mehrwert einer in-tuitiven Gestensteuerung in der kollaborativen Robotikliegt in der Erweiterung der Prozessfähigkeit durch diemenschliche Entscheidungsmöglichkeit, weshalb diesesMMI für technische Montageprozesse mit dem Roboterweiterentwickelt werden sollte.

Benjamin Pielmeier, OTH Regensburg ■

Quirin Tyroller, Vorentwicklung Produktion, BMW Group ■

Gareth Monkman, OTH Regensburg ■

P R O D U K T I O N U N D S Y S T E M E | 65

ProjektbetreuungQuirin Tyroller, Vorentwicklung Produktion, BMW Group, München Prof. Dr. Gareth Monkman, OTH Regensburg

ProjektmitarbeiterBenjamin Pielmeier, OTH Regensburg

Projektlaufzeit: 6 Monate

1. Kraiss, Karl Friedrich (Herausgeber): Advanced Man-Machine In-teraction: Fundamentals and Implementation. Signals and Com-munication Technology. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, Berlin,Heidelberg, 2006, ISBN 3-540-30618-8.2. Tanriverdi, Hakan: Warum überkleben so viele Menschen ihre Web-

cam?, http://www.sueddeutsche.de/digital/die-antwort-warum-ueberkleben-so-viele-menschen-ihre-webcam-1.3132608, besuchtam 14.01.2017.3. Premaratne, Prashan: Human Computer Interaction Using HandGestures. Springer Singapore, Singapore, 2014, ISBN 978-981-4585-68-2.

LITERATUR

Abbildung 2: Die Tiefeninformationen als Grauwertbild (oben) und die daraus segmentierte menschliche Hand (unten).

Viele Anwendungen mobiler Robotik im Außenbereichbenötigen eine genaue Positionierung des Systems. Häu-fig ist eine Genauigkeit im Zentimeterbereich gefordert.Möglich wird dies durch RTK-GNSS (Realtime Kinematic– Global Navigation Satellite System), auch RTK-GPS genannt. Durch diese Technik lässt sich unter guten Bedingungen sowie mit einem entsprechenden Empfän-gersystem eine millimetergenaue Positionsbestimmungerreichen. Herkömmliche GPS-Systeme erreichen hin -gegen nur eine Genauigkeit im Meterbereich.

Durch diese Voraussetzung ist es nun theoretisch mög-lich, mobile Robotersysteme im Außenbereich präzise zupositionieren. Damit erschließen sich neue Einsatzge-biete für solche Robotersysteme beispielsweise in derLandwirtschaft für die Entnahme von Bodenproben (Bo-denbeprobung) oder im Baugewerbe für die Bodenmar-kierung von Straßen oder Plätzen.

66 | P R O D U K T I O N U N D S Y S T E M E

Entwicklung eines autonomen, RTK-GPS-gestütztenSystems zur zentimetergenauen Bodenmarkierung

Für viele Anwendungen von Automatisierung im Außenbereich ist eine exakte Positionierung desFahrzeuges erforderlich. Mögliche Einsatzbereiche sind unter anderem Bodenmarkierungen oderBodenprobeentnahmen. In dieser Bachelorarbeit wurde ein System auf einer mobilen, outdoor-tauglichen Roboterplattform der Firma Innok Robotics GmbH entworfen und umgesetzt. Ziel wares, anhand dieses Aufbaus im Praxistest zu überprüfen, ob eine zentimetergenaue Aufbringungvon Bodenmarkierungen auf Teer oder Rasen möglich ist. Ferner wurden weitere mögliche Ein-satzzwecke sowie deren Herausforderungen betrachtet.

Abbildung 1: Alexander Boos, Innok Robotics – Mittelkreis Fussballfeld

UmsetzungUm zu überprüfen, ob solch eine Methode die von der Industrie geforderte Genauigkeit von bis zu einen Zenti-meter oder weniger erreichen kann, wurde ein Testsystemaufgebaut. Dazu wurde von Innok Robotics GmbH ausRegensburg das Fahrzeug „Innok Heros“ ausgewählt. DasFahrzeug, eine eigens für den Außenbereich entwickelteForschungs- und Entwicklungsplattform, ist äußerst robust sowie ausreichend dimensioniert, um auchschwere Aufbauten durch das Gelände navigieren zukönnen und sich dennoch präzise steuern zu lassen.

Auf dem Fahrzeug wurde neben einem RTK-GPS-Empfän-ger eine Markiereinrichtung verbaut. Das Herzstück bil-det die im Rahmen der Abschlussarbeit entwickelteAuswerte- und Ansteuereinheit. Hier werden anhand deraktuellen Positionsdaten sowie der vorgegebenen Routedie Fahrbefehle für die Roboterplattform generiert undüber den CAN-Bus übertragen.

Um die Genauigkeit des Systems zu testen, wurden mög-liche Einsatzfelder analysiert, die eine präzise Navigationverlangen. Dazu gehören hauptsächlich die Landwirt-schaft mit Aufgaben wie Entnahme von Bodenprobenoder der Bausektor mit Markierung von Straßen, Plätzenoder Flughäfen. Darauf aufbauend wurden Testszenarienentworfen, die mögliche Manöver für solche Aufgabenbeinhalteten. Diese sind unter anderem das Abfahrenlanger gerader Linien oder Kreisbahnen sowie die Wie-derholgenauigkeit-Tests. Anhand der Testergebnissewurde das System mehrfach optimiert. Die abschließen-den Tests ergaben eine Positionier- und Wiederhol -genauigkeit von knapp unter einem Zentimeter bei einerFahrgeschwindigkeit von 0,8 m/s.

Je nach zukünftigem Einsatzzweck ist es möglich undsinnvoll, die Steuerung um weitere Sensoren wie Laser-scanner oder Kamerasysteme zu erweitern. Dadurchkann die Steuerung noch präziser werden oder spontanenHindernissen ausweichen.

Demoanwendungen

Zur Demonstration der Fähigkeiten des Systems wurdeeine Beispielanwendung implementiert. Dabei kann dasSystem an jedem beliebigen Ort die Linien eines Fußball-felds auf den Boden aufbringen (Abb. 1).

Das Fahrzeug muss dazu nur so ausgerichtet aufgestelltwerden, dass genügend Platz in Längs- und Querrich-tung ist. Auf Tastendruck wird ein Jugend-Spielfeld innerhalb von 15 Minuten auf dem Rasen oder Teer auf-gebracht. Falls durch Regen oder heftige Spielweise dieMarkierung erneuert werden muss, kann dies auf erneu-ten Tastendruck hin erfolgen.

Außerdem ist es möglich, eine beliebige Strecke hand -gesteuert vorzugeben, zu speichern und nachfolgend be-liebig oft erneut automatisch abzufahren.

Das UnternehmenInnok Robotics entwickelt eigene Produkte im BereichServicerobotik und steht seinen Kunden als Lieferantsowie als Dienstleister für Forschungs- und Entwick-lungsprojekte zur Verfügung. Durch die langjährige Erfahrung kann auf umfangreiches Know-how zurück-gegriffen werden, dessen breitgefächerte Grundlage imUnternehmen die Ingenieurkompetenzen Elektrotechnik,Informatik und Maschinenbau bilden.

Franz Gut, OTH Regensburg ■

P R O D U K T I O N U N D S Y S T E M E | 67

BetreuerProf. Dr. Gareth Monkman, MRU, OTH RegensburgDipl-Ing. Alwin Heerklotz, Innok Robotics

Innok Robotics GmbHBodenhüllweg 10 | 93164 Münchsried [email protected]

Eintauchen in die faszinierende Welt der

Mikro- und Leistungs-elektronik

Wir suchen Techniker, Bachelor und Master (m/w) in den Bereichen Elektro- und Informationstechnik, Informatik, Mikrotechnologie, Physik und Wirtschaftsingenieurwesen für unsere Entwicklung und das Projekt- und Prozess management.

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ANGEWANDT FORSCHEN AN DER OTH REGENSBURG

Institut für Angewandte Forschung und Wirtschaftskooperationen (IAFW)

ANGEWANDT FORSCHEN AN DER OTH REGENSBURG

Institut für Angewandte Forschung und Wirtschaftskooperationen (IAFW)

www.oth-regensburg.de

A N Z E I G E N

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SensorikSensorik ist für nahezu alle Branchen eine wichtige Schlüsseltechnologie,deren Bedeutung permanent wächst. Als Querschnittstechnologie durch-dringt Sensorik alle unsere Leitthemen. In der Energiewirtschaft und derGebäudeautomatisierung kommt sie ebenso zum Einsatz wie in der Pro-duktionstechnik oder der Medizintechnik. Die Entwicklung von (miniaturi-sierten) Sensorsystemen liefert neuartige Anwendungskonzepte, die in fastallen Bereichen unseres Alltags zunehmend an Bedeutung gewinnen, da sieunabhängig von menschlichen Eingriffen Steuerungs- und Regelungsfunk-tionen übernehmen können.

Einleitung

Die permanente Überwachung von ölisolierten Leis-tungstransformatoren wird immer wichtiger. Durch denstetigen Ausbau der regenerativen Energien wird dieStromversorgung durch die damit verbundenen Last-schwankungen und extremen Spannungsspitzen enormbelastet. Dadurch altern das Isolieröl und die Transfor-matoren wesentlich schneller. Bisher erfolgt die Über -prüfung der Transformatoren in einem zeitbasiertenWartungsmodell. Tritt zwischen den Wartungsintervallenein Fehler auf, wird dieser eventuell nicht rechtzeitig er-kannt. Dies führt im schlimmsten Fall zur vollständigenZerstörung des Transformators.

MessprinzipBei der SPR-Spektroskopie wird eine wenige Nanometerdicke Goldschicht über ein Glasprisma mit monochroma-tischem, p-polarisiertem Licht bestrahlt und das reflek-tierte Licht von einem Photodetektor aufgenommen(Abbildung 1). Direkt auf der Goldschicht wird eine Fluss-zelle angebracht, durch die sich das zu untersuchende

Medium über die Goldoberfläche bewegt. Unter einembestimmten Einstrahlwinkel ist ein Minimum des reflektierten Lichtes zu erkennen. Der Grund dafür ist dieAnregung von Oberflächenplasmonen, weshalb dieserWinkel auch SPR-Winkel genannt wird. Dieser ist unteranderem abhängig vom Brechungsindex des Analyten1.Somit können mit der SPR-Spektroskopie Brechungs -indexänderungen eines Mediums von bis zu 10-6 RIU (Refractive Index Unit) detektiert werden.Das SPR-Imaging bietet gegenüber der konventionellenSPR-Spektroskopie den Vorteil, mehrere einzelne Messun-gen parallel durchführen zu können2. Durch die flächen-aufgelöste Detektion des reflektierten Lichtes könnensomit viele verschiedene Stoffe eines Analytmediumsgleichzeitig erkannt werden.

MessungenAuf die Goldschicht wird eine Matrix mit mehreren Referenz- und Rezeptorspots aufgebracht. Da die SPR-Spektroskopie extrem temperaturabhängig ist (eine Änderung der Temperatur um 1 K bewirkt eine Änderungdes Brechungsindexes von ca. 10-3 RIU), wird bei einer Signalmessung jedem Rezeptorspot mindestens ein be-

nachbarter Referenzspot zugewiesen. DieRezeptorspots sind in der Lage einzelneStoffe des Analyten in der Flusszelle spe-zifisch zu binden. Mit Hilfe einer leistungs-fähigen, monochromatischen Boardlevel-kamera wird die Abbildung der Gold-schicht direkt an einen Rechner übertra-gen und dort verarbeitet. Brechungs-indexänderungen zeigen sich dann als

Änderung der Intensitätswerte des aufgenommenen Kamerabildes.Mit Hilfe eines Klimaschranks wurde für verschiedene Kameras der Dunkelstrom nach dem EMVA1288 Standardbestimmt. Dafür wurde bei 15 verschiedenen Umge-bungstemperaturen im Bereich von - 20 °C bis + 50 °C undjeweils 200 äquidistanten Belichtungszeiten das Dunkel-

70 | S E N S O R I K

SPR-Imaging zur Zustandsüberwachung von Leistungstransformatoren

Die Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie (SPR) ist eine hochempfindliche Messmethode,die es erlaubt, Gase und Flüssigkeiten zerstörungs- und markierungsfrei in Echtzeit zu analysieren.Bisher vornehmlich im Labormaßstab in der Bioanalytik und dem Wirkstoffscreening eingesetzt,soll diese Technologie nun miniaturisiert und für weitere Anwendungsgebiete zugänglich gemachtwerden. Dazu wird ein kompakter Micro-Opto-Electro-Mechanical Systems Sensor (MOEMS) ent-wickelt, der mit Hilfe des SPR-Imaging Änderungen der chemischen Zusammensetzung verschie-dener Flüssigkeiten inline messen kann.

Abbildung 1: SPR-Sensor; links: Das an der Goldschicht reflektierteLicht wird von einem Bildsensor erfasst. rechts: SPR-Kurven für zweiStoffe mit verschiedenen Brechungsindizes.

signal ermittelt. Somit kann für jede Kamera eine Aus-sage darüber getroffen werden, bis zu welcher Tempera-tur das Verhältnis von Dunkelsignal und Messsignal inOrdnung ist.Um die Goldoberflächen spezifizieren zu können, wird jeweils eine sogenannte SPR-Kurve mit Hilfe eines Refe-renzmessplatzes aufgenommen. Dazu wird die Intensitätdes reflektierten Lichtes bei verschiedenen Einfalls -winkeln des Lichtes ermittelt und gegeneinander auf -getragen (Abbildung 1). Damit kann der jeweilige SPR-Winkel und Messwinkel ermittelt werden.Bei Konzentrationsmessungen bleibt der Einstrahlwinkeldes Lichtes konstant. Das zu untersuchende Medium be-wegt sich durch die Flusszelle und die Intensitätswerteder aufgenommenen Bilder werden in einem Diagrammdargestellt. Dazu werden die ausgewählten Referenz-und Messbereiche (Regions of Interest, ROIs) miteinan-der verrechnet. Durch diese Verrechnung werden Inten-sitätsänderungen aufgrund von Temperaturschwankun-gen eliminiert. Die Intensitätsänderungen eines Mess -feldes sind dann nur noch von den Änderungen desBrechungs indexes in diesem Bereich abhängig.

BildverarbeitungBei der Aufnahme einer SPR-Kurve entstehen durch dieverschiedenen Einstrahlwinkel des Lichtes horizontaleoder vertikale Stauchungen und Streckungen der abge-

bildeten Goldschicht. Um die Bilder miteinander verglei-chen zu können, insbesondere die gewählten Messbe-reiche, müssen sie mit Hilfe von Bildverarbeitungs -algorithmen verbessert werden. Dazu werden die Kantender abgebildeten Flusszelle mit Hilfe von Filteroperatio-nen und Schwellwertverfahren3 ermittelt (Abbildung 2).Dadurch kann für die Flusszellengröße das Verhältnis zueinem Referenzbild ermittelt und die ROIs entsprechendskaliert werden.Für die Konzentrationsmessung wird mit statistischenBerechnungen die Güte jeder ROI bestimmt. Dadurchkönnen in den gewählten Referenz- oder Messbereichenmögliche Störungen (z. B. Luftblasen in der Flusszelle,Verunreinigung der Goldschicht) erkannt werden. Dieentsprechenden Pixel in den Bereichen werden danachbei den folgenden Messungen nicht mehr betrachtet.

Carina Roth, OTH Regensburg ■

Peter Hausler, OTH Regensburg ■

Rudolf Bierl, OTH Regensburg ■

S E N S O R I K | 71

ProjektleitungProf. Dr. Rudolf BierlSensorik-ApplikationsZentrum (SappZ)

Projektmitarbeiter/inPeter HauslerCarina Roth

GeldgeberBMWi

KooperationspartnerUniversität RegensburgMaschinenfabrik Reinhausen GmbHStarkstrom-Gerätebau GmbH, RegensburgOelcheck GmbH, Brannenburg

Projektlaufzeit: 42 Monate

Fördersumme: 618 TEuro

Homepage: www.sappz.de

1. R. B.M. Schasfoort, A. J. Tudos; Handbook of Surface Plasmon Re-sonance; First Edition, RSC Publishing, Cambridge, 2008.2. G. Steiner; Surface plasmon resonance imaging; Analytical & Bio -analytical Chemistry; vol. 379; pp. 328-331, 2004.

3. W. Burger, M. J. Burge; Digitale Bildverarbeitung; Third Edition,Springer Vieweg, Heidelberg, 2010.

LITERATUR

Abbildung 2: SPR-Messung für zwei verschiedene Einstrahlwinkel desLichtes; Ausschnitt des aufgenommenen Bildes (a, b); Betrag der Gra-dienten entlang der mittleren horizontalen Zeile des Bildes (c, d) undnach der Anwendung eines kantenerhaltenden Glättungsfilters (e, f)

Elektronenquellen mit Feldemissionskathoden besitzenvielfältige Einsatzmöglichkeiten, unter anderem für Ioni-sationsvakuumsensoren1 und miniaturisierte Röntgen-quellen2. Die Emissionseigenschaften dieser Kathodenwerden durch die Materialeigenschaften sowie durch die Oberflächenbeschaffenheit bestimmt. Die moderneHalbleitertechnologie ermöglicht die Auswahl eines brei-ten Spektrums von Materialien mit unterschiedlichenBandlücken, Elektronenaffinitäten und Dotierprofilen.Die Homogenität und Stabilität des Emissionsstroms dermeisten Kathoden ist jedoch durch Herstellungsschwie-rigkeiten begrenzt. Eine ausgezeichnete Möglichkeit fürdie Herstellung von fortschrittlichen Mikro- und Nano-strukturen bietet die etablierte Si-Technologie3. Die Realisierung von reproduzierbaren und homogenen Emit-tergeometrien ist mit diesem Halbleiter möglich undzudem kann die Leitfähigkeit durch die Dotierung verän-dert werden. Für eine p-Dotierung (Dotierstoff Bor) kannab einer bestimmten Extraktionsspannung ein Sätti-gungsbereich und ein dadurch resultierender stabilerEmissionsstrom beobachtet werden4. Die Ursachen fürdiese Veränderung in der Strom-Spannungskennlinie isteine begrenzte Zufuhr von Ladungsträgern in das Lei-tungsband sowie das Eindringen des elektrischen Feldesin die Oberfläche des Emitters5. Als Kathode wurde an derOTH Regensburg ein ringförmiger p-dotierter Si-Kan -tenemitter mit einem optimierten Herstellungsprozessrealisiert. Zusätzlich ist es möglich hochstabile und re-produzierbare Dünnfilme verschiedener Materialien wieMetalle, Diamant oder Kohlenstoff auf die Kathoden auf-zubringen. Diese Schichten können eingesetzt werden,um die Halbleiteroberflächen zu schützen oder zu modi-fizieren und auf diese Weise das Emissionsverhalten zuverbessern. Auf die hergestellte Emitterstruktur wurdeaus diesem Grund eine dünne diamantartige Beschich-tung (DLC) abgeschieden6.

Herstellung der FeldemissionskathodenAuf einen p-dotierten Si-Wafer mit einer thermischenOxidschicht wurde mittels Photolithographie die lateralePosition der ringförmigen Kantenemitter übertragen. DerDurchmesser des Ringes wurde mit 40 μm und einer Linienbreite von 3 μm definiert. Die SiO2-Schicht wurdemit einem anisotropen reaktiven Ionenätzverfahren (RIE)strukturiert. Die vorläufige Emitterform wurde mit einerisotropen Ätzung durch RIE realisiert. Die Tiefenätzungwurde mit RIE und einem induktiv gekoppelten Plasma(ICP) Prozessschritt hergestellt. Die Höhe der Kantewurde durch die Anzahl der alternierenden Passivierungs-schritte und Ätzzyklen eingestellt. Ein kleiner Verrun-dungsradius konnte anschließend mit einer thermischenOxidation des Si erreicht werden. Nach dem Entfernender Oxidschicht zeigten Aufnahmen mit dem Rasterelek-tronenmikroskop eine Emitterhöhe von 15 μm und einenVerrundungsradius von 20 nm (Abb.1). Schließlich wurdeauf die Kathode eine DLC-Schicht mit einer Schichtdickevon 5 nm mittels Lichtbogenverdampfen abgeschieden.

72 | S E N S O R I K

Ringförmige Silizium-Kantenemitter mit DLC-Beschichtung für Anwendungen in Feldemissionselektronenquellen

Für den Einsatz in Elektronenquellen auf Grundlage der Feldemission (FE) wurden an der OTH Re-gensburg ringförmige Silizium (Si)-Kantenemitter realisiert. Auf die hergestellte Emitterstrukturwurde zusätzlich eine dünne diamantartige Beschichtung (diamond-like carbon, DLC) mit einerSchichtdicke von 5 nm abgeschieden. Für die Bestimmung der FE-Eigenschaften der ringförmigenKantenemitter wurden sowohl unbeschichtete als auch DLC-beschichtete Emitter im Ultrahoch-vakuum untersucht. Bei der DLC-beschichteten Probe konnte ein um eine Größenordnung höhererEmissionsstrom von 0,25 μA als bei einer unbeschichteten Probe ermittelt werden. Über einenZeitraum von einer Stunde wurde keine Degradation im Emissionsstrom beobachtet.

Abbildung 1: Aufnahme mit dem Rasterelektronenmikroskop eines her-gestellten ringförmigen Si-Kantenemitters mit DLC-Beschichtung.

Charakterisierung der FeldemissionseigenschaftenDie Charakterisierung der Strukturen wurde im Ultra-hochvakuum bei einem Druck von 10-9 mbar durchge-führt. Der komplette Aufbau der FE-Elektronenquellebesteht zusätzlich zur Kathode aus einem Abstandshalteraus Glimmer (Dicke 50 μm) und einer Gitterelektrode dieals Anode verwendet wurde. Die Gitterelektrode bestehtaus einem metallisierten feinmaschigen Nitridgitter aufeinem weitmaschigen Si-Stützgitter7. Um den Einflussder Beschichtung zu überprüfen, wurde sowohl an eineunbeschichtete als auch an eine DLC-beschichtete Probeeine Spannung von 0 bis 1 kV angelegt und der Emissi-onsstrom gemessen (Abb. 2a). Bei einer Spannung von1 kV konnte ein Emissionsstrom von 25 nA bei der unbe-schichteten Kathode erreicht werden. Im Vergleich dazuwurde bei der DLC-beschichteten Kathode ein um eineGrößenordnung höherer Emissionsstrom von 0,25 μA er-zielt. Bei beiden Kathoden konnte ab ca. 500 V eine er-wartende Sättigung des Emissionsstroms beobachtetwerden. Die Emissionsmessungen über einen Zeitraumvon einer Stunde wurden bei einer konstanten Kathoden-spannung von 1 kV durchgeführt und die Stromschwan-kungen wurden auf Basis des 90%-Bands angegeben,d. h. die oberen und unteren 5% wurden vernachlässigt2.

Bei der unbeschichteten Probe wurde ein Mittelwert von20 nA und Fluktuationen im Emissionsstrom von ±11% er-mittelt. Bei der DLC-beschichteten Probe konnte ein we-sentlich höherer Strom von 0,5 μA mit Schwankungen imEmissionsstrom von ±14% gemessen werden (Abb. 2b).Bei den Messungen wurde keine Degradation des Emis-sionsstroms beobachtet. Abschließend kann festgestelltwerden, dass die hergestellten Si-Kantenemitter vielver-sprechende Kathoden für den Einsatz in FE-Elektronen-quellen sind. Mit einer zusätzlichen DLC-Beschichtungkonnte der Emissionsstrom der Kathoden signifikant er-höht werden.

Christian Prommesberger ■

Robert Ławrowski ■

Christoph Langer ■

Rupert Schreiner ■

Forschungscluster LEOS (Elektronenoptische und Optoelektronische Systeme), OTH Regensburg

Yifeng Huang ■

Juncong She ■

State Key Laboratory of Optoelectronic Materials andTechnologies, Guangdong Province Key Laboratory of

Display Material and Technology, School of Electronicsand Information Technology, Sun Yat-sen University,

Guangzhou 510275, People’s Republic of China

S E N S O R I K | 73

ProjektleiterProf. Dr. Rupert Schreiner, Forschungscluster [email protected]

ProjektmitarbeiterChristian Prommesberger, Robert Ławrowski, Christoph Langer

Geldgeber:Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF: ZIM)

KooperationspartnerKetek GmbH (Deutschland)Sun Yat-sen Universität Guangzhou (China)

Projektlaufzeit: 36 Monate

Fördersumme: 174 TEuro

Homepage: https://www.oth-regensburg.de/forschung/forschungsprofil/forschungscluster/leos.html

1. Langer, C., Prommesberger, C., Ławrowski, R., Schreiner, R., Huang,Y., She, J.: Gated p-Si field emission cathode applied in an ionizationvacuum gauge. In: Technical Digest of 29th International VacuumNanoelectronics Conference (IVNC), IEEE, 145–146 (2016).2. Bachmann, M., Dams, F., Düsberg, F., Hofmann, M., Pahlke, A.,Langer, C., Ławrowski, R., Prommesberger, C., Schreiner, R.: Stabilityinvestigation of high aspect ratio n-type silicon field emitter arrays.In: Technical Digest of 28th International Vacuum NanoelectronicsConference (IVNC), IEEE, 204–205 (2015).3. Dams, F., Navitski, A., Prommesberger, C., Serbun, P., Langer, C.,Müller, G., Schreiner, R.: Homogeneous field emission cathodes withprecisely adjustable geometry fabricated by silicon technolgy. IEEETrans. Electron Devices 59, 2832 (2012).4. Langer, C., Ławrowski, R., Prommesberger, C., Dams, F., Serbun,

P., Bachmann, M., Müller, G., Schreiner, R.: High aspect ratio silicontip cathodes for application in field emission electron sources. In:Technical Digest of 27th International Vacuum Nanoelectronics Con-ference (IVNC), IEEE, 222–223 (2014).5. Kanemaru, S., Hirano, T., Tanoue, H., Itoh, J.: Control of emissioncurrents from silicon field emitter arrays using a built-in MOSFET.Appl. Surf. Sci. 111, 218 (1997).6. She, J., Hao, H., Xu, N. S., Deng, S. Z., Chen, J.: Arrays of vacuummicrodiodes using uniform diamondlike-carbon tip apexes. Appl.Phys. Lett., Vol. 89, no. 23, p. 233518 (2006).7. Prommesberger, C., Langer, C., Ławrowski, R., Schreiner, R.: Inves-tigations on the long-term performance of gated p-type silicon tiparrays with reproducible and stable field emission behavior. J. Vac.Sci. Technol. B 35, 012201 (2017).

LITERATUR

Abbildung 2: Emissionsstrom in Abhängigkeit der Kathodenspannungeiner unbeschichteten und einer DLC-beschichteten Probe (a) undEmissionsstrom bei einer konstanten Kathodenspannung von 1 kV übereinen Zeitraum von 60 Minuten (b).

a)

b)

Emiss

ions

stro

m I

(A)

Stro

m I

(A)

Messdauer t (min)

Kathodenspannung U (V)

Nach dem Löschen der Ladung werden bei einem Fracht-gutwechsel in der Regel die Laderäume von Binnen -schiffen gewaschen. Das zwischen Deutschland, denBenelux-Staaten, Frankreich und der Schweiz geschlos-sene Übereinkommen über die Sammlung, Abgabe undAnnahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschiff-fahrt (CDNI) regelt wie die bei der Reinigung anfallendenWaschwässer entsorgt werden müssen. Das Überein -kommen soll sicherstellen, dass Abwässer nicht –wie frü-her üblich – in die Binnengewässer eingebracht werden,sondern bei Annahmestellen an Land abgegeben undumweltschonend entsorgt werden. Das Forschungspro-jekt „CDNI“, in dem Professoren und Mitarbeitende der Fakultäten Bauingenieurwesen und Allgemeinwissen-

schaften & Mikrosystemtechnik interdisziplinär zusam-menarbeiten, beschäftigt sich mit Abwässern, die beimUmschlag der in Bayern wichtigsten Güterart – minera-lische Mehrnährstoffdünger – anfallen.

Aktuell werden nach Beendigung des Löschvorgangs inden Laderäumen verbliebene Düngemittelrückstände perHand gekehrt (Abb.1). Da durch das Kehren nicht alleRückstände beseitigt werden können, müssen die Lade-räume zusätzlich gewaschen werden, um eine Verunrei-nigung der nachfolgenden Ladung zu verhindern(Abb.2). Für die Entsorgung der dabei anfallendenWaschwässer sieht das CDNI-Übereinkommen eine Ein-leitung in die Kanalisation vor. Diese Waschwässer sind

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Forschungsvorhaben „CDNI“: Abwässer aus der Wäsche von Binnenschiffen

Wie kann Abwasser, das bei der Reinigung der Frachträume von Binnenschiffen anfällt, umwelt-gerecht entsorgt werden? Ein Ende 2014 in Kraft getretenes Übereinkommen der Rheinanlieger-staaten (CDNI) verbietet die direkte Einleitung mancher Waschwässer in die Gewässer. Statt-dessen sollen sie in die Kanalisation und damit in eine öffentliche Kläranlage abgegeben werden.Dies ist jedoch aufgrund der Inhaltsstoffe nicht immer problemlos möglich. Im Zuge des fakul-tätsübergreifenden Projekts wird das anfallende Waschwasser analysiert und nach Ansätzen füreine optimierte Entsorgungsstrategie gesucht.

Abbildung 1: Löschen und Kehren eines Binnenschiffes

jedoch in der Regel mit Stickstoff- und Phosphorkonzen-trationen belastet, welche die in häuslichen Abwässernüblichen Konzentrationen um ein Vielfaches übersteigen.Da die öffentlichen Kläranlagen vorwiegend auf die Rei-nigung von häuslichem Abwasser bzw. dem häuslichemSchmutzwasser vergleichbaren Abwässern ausgelegtsind, fordern einige betroffene bayerische Kläranlagen-betreiber vor der Einleitung der Waschwässer aufwändigeUntersuchungen oder verweigern deren Annahme. Diesführt sowohl auf Seiten der Schiffsführer, als auch aufSeiten der Umschlagsbetreiber zu großen Unsicherheiten,Verzögerungen und nicht kalkulierbaren Kosten.

Zielsetzung des Forschungsvorhabens ist die Erarbeitungeiner allgemein anwendbaren Handlungsanleitung fürdie Reinigung der Düngemittelschiffe in Bayern. In Wis-senschaft und Forschung wurde diese Thematik bishernicht untersucht. Um eine Datengrundlage zu schaffen,erfolgt daher im ersten Abschnitt des Projekts eine Bestandsaufnahme der aktuell angewandten Schiffs -reinigungsmethoden. Die dabei anfallenden Schadstoff-konzentrationen und -frachten werden analysiert. Da-rauf aufbauend untersucht das Team im weiteren Pro-jektverlauf Methoden zur Optimierung des Reinigungs-prozesses. In Praxistests werden unter Einsatz ver-schiedener Reinigungsgeräte verbesserte Reinigungs-

abläufe erprobt. Die Firmen Kärcher Center Cotraco, Ten-nant, Ruwac, Schmid Baumaschinen mit Bobcat undWilo unterstützen das Projekt, indem sie verschiedeneReinigungsgeräte für die Praxistests zur Verfügung stel-len. In erster Linie soll eine Optimierung der Trocken -reinigung erzielt werden, um die in den Waschwässernenthaltenen Schadstofffrachten auf eine für die betrof-fenen Kläranlagen unbedenkliche Menge abzusenken. Sokönnte künftig gewährleistet werden, dass die im Zugeder Reinigung anfallenden Waschwässer ohne vorherigekostspielige Einzel-Untersuchungen in die öffentliche Kanalisation eingeleitet werden dürfen.

Andreas Ottl ■

Walter Rieger ■

Agnes Kraml ■

Thomas Poxleitner ■

Simon Hofer ■

alle OTH Regensburg

S E N S O R I K | 75

ProjektleiterProf. Dipl.-Ing. Andreas OttlFakultät BauingenieurwesenLabor für Siedlungswasser- und Wassergü[email protected]

Prof. Dr. rer. nat. Walter RiegerFakultät Allgemeinwissenschaften & Mikrosystemtechnik(Bereiche Analytische Chemie)Umweltanalytik und Instrumentelle [email protected]

Projektmitarbeiter/inAgnes Kraml (M.Eng.)Thomas Poxleitner(B.Eng.)Simon Hofer(B.Sc.)

Geldgeber: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

KooperationspartnerBavaria Schiffahrts- und Speditions-AG, AschaffenburgBayernhafen GmbH & Co. KG, Regensburg

Projektlaufzeit: 12 Monate

Fördersumme: 156 TEuro

Abbildung 2: Waschen eines Binnenschiffes

Sekretariat des CDNI: Zentralkommission für die Rheinschifffahrt:CDNI. Übereinkommen über die Sammlung, Abgabe und Annahme

von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt. Straßburg, 2014.http://www.cdni-iwt.org/de/prasentation-cdni/text/

LITERATUR

www.klebl.de

Klebl GmbH · Gößweinstraße 2 · 92318 Neumarkt i.d.OPf. · Telefon (09181) 900-0 · [email protected]

A N Z E I G E N

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Gebäude und InfrastrukturDer Bereich Gebäude und Infrastruktur beschäftigt sich mit der Betrach-tung von Siedlungsstrukturen und Gebäuden im baulichen, sozialen und gesellschaftlichen Kontext und untersucht deren (infra-)strukturelle Zukunftsfähigkeit und baukulturelle Relevanz. Eine entscheidende Rollespielt hierbei auch die interdisziplinäre Vernetzung der Forschenden, umverschiedenste Aspekte von althergebrachten wie neuartigen Lebens -formen und -ansätzen im Lebenszyklus von Gebäuden miteinander zu vereinen.

Dynamische Einwirkung und Abbildung der FahrbahnkomponentenBei der Bemessung der Fahrbahnkomponenten hinsicht-lich Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit wird in derPraxis vereinfachend von einem unendlich langen, elas-tisch gebetteten Träger ausgegangen, auf den eine statische Ersatzlast einwirkt. Diese wird zur Berücksich-tigung von dynamischen Einflüssen mit Erhöhungsfak -toren für die Radkraftverlagerung im Bogen sowie fürden Oberbauzustand und die Fahrgeschwindigkeit beaufschlagt. In der Realität wirkt auf den Gleiskörper,Unterbau und Untergrund eine zeitabhängige Belastung,die aus der Achsfolge der Fahrzeuge sowie der Abständevon Unebenheiten des Rades und des Fahrweges unterBerücksichtigung der Fahrgeschwindigkeit resultiert.(Klaus Lieberenz, 2009) In diesem Zusammenhang wirdoftmals von den sogenannten quasistatischen oder nie-derfrequenten Einwirkungen, den zeitabhängigen, ausder Achsfolge sich ergebenden Belastungen gesprochen.Die niederfrequenten Einwirkungen einer Straßenbahn-überfahrt können vereinfacht an einem kontinuierlichelastisch gebetteten Balken mit Feder- und Dämpfer -elementen nach Fryba (Fryba, 1999) ermittelt werden.Betrachtet wird dabei die Beanspruchung durch diehalbe Achslast bzw. Radkraft, die auf dem Ersatzbalken,bestehend aus einer Schiene und einer halben Tragplattemit der Länge im Abstand zweier Schienenbefestigun-gen/Schwellen mit der Massebelegung verteilt wird.Querschnitts- und Festigkeitsverhalten werden anhandder Schienengeometrie und Materialität ermittelt. DerHauptanteil der Spannungen wird durch die unmittelbarin nächster Nähe wirkenden Achs- bzw. Radlast der Stra-ßenbahn zum Betrachtungspunkt erzeugt. Der Einfluss

benachbarter Achsen für die Berechnung der Einsenkungund der Flächenpressung p(x,t) wird mit Hilfe der Einfluss-zahl η erfasst. Diese Einflusszahl ist abhängig vom Ab-stand x und der elastischen Länge L.(Lieberenz, 2013)

(1.1)

Fryba erweiterte diese Betrachtung über die Einführungdynamischer Zusatz- und Dämpfungsfaktoren D1-4, sodass sich die Flächenpressung wie nachfolgend berech-net:

(1.2)

(1.3)

Abbildung der hochfrequenten ErregungsmechanismenDie durch die Unebenheit des Rads bzw. Fahrweges her-vorgerufenen Lasten werden als zusätzliche dynamischeoder hochfrequente Einwirkungen bezeichnet. Die He-rangehensweise zur Lösung des Problems, die hochfre-quent abhängigen Zusatzbelastungen vereinfacht undausreichend genau darzustellen, orientiert sich an der inder Planungshilfe der Deutschen Bahn – RechnerischesVerfahren zur Untersuchung der dynamischen Stabilitätdes Eisenbahnfahrwegs bei Zugüberfahrten (Neidhart,et al., 2013) aufgezeigten Gangart. Die Berechnung er-folgt mit zwei voneinander weitestgehend unabhängigen

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Semi: Numerische Simulation der WechselwirkungenStraßenbahn – Feste Fahrbahn im innerstädtischenNahverkehr

Eine fortschreitende Entwicklung der computergestützten Berechnungsmethoden erlaubt eineeffektive Simulation von dynamischen Probleme im Bauwesen. Diese dynamischen Beanspruchun-gen sind im Bereich des innerstädtischen Schienenverkehrswesens die Ursache von Lärm und Erschütterungen. Die Reduktion von Luft- und Körperschall ist daher für den Nahverkehr eine der zentralen Herausforderungen. Als Ansatz einer rechnerischen Prognose der dynamischenWechselwirkungen werden vorhandene analytische und numerische Berechnungssysteme aus demBereich der Schnellzugforschung überarbeitet, um mittels Substrukturmethode Straßenbahn-überfahrten zu simulieren.

Modellen für den Oberbaubereich und den Unterbau -bereich. Der Oberbaubereich umfasst Straßenbahn,Gleis, Schienenbefestigung und die Trageplatte der fes-ten Fahrbahn. Der Unterbaubereich setzt sich aus einerDämmmatte, hydraulisch gebundenen Schicht und einerSchottertragschicht zusammen. Die Schnittstelle bildetdie Unterkante der Fahrbahnplatte bzw. Oberkante derdarunter befindlichen elastischen Dämmschicht bzw. dieOberfläche des Bodenersatzkörpers.

Ermittlung der bodendynamischen KennwerteFür die Ableitung von dynamischen Berechnungspara -metern im anstehenden und vorhandenen Boden werdenzur numerischen Betrachtung Angaben über Scherfestig-keits- und Steifigkeitsparameter sowie Dichten und Wassergehalte aller vorkommenden Bodenschichten be-nötigt. Probenentnahme und Versuchsdurchführung inSitu und im Labor zur Ermittlung dieser Parameter sindhierfür unabdingbar. Dynamische Kennwerte zur weite-ren numerischen und Finite-Elementberechnung könneningenieurmäßig bewertet und oftmals der einschlägigenLiteratur, wie beispielsweise aus den Empfehlungen desArbeitskreises „Baugrunddynamik“ (DGGT, 2002) oderdem Fachbeitrag zur „Abschätzung der Untergrundver-hältnisse am Bahnkörper anhand des Bettungsmoduls“(Ullrich Martin, 2016) entnommen werden. Die dabeimaßgebenden Parameter sind die Feuchtdichte des Materials, das zugehörige Schub-, E- bzw. Bettungs -modul sowie die Querdehnzahl und die Scherwellen -geschwindigkeit.

Resümee und AusblickDie niederfrequenten Anteile werden mit Hilfe der Mo-dellierung von Fryba (Fryba, 1996) abgebildet. Zur Dar-stellung der hochfrequenten Anteile wird das Modell derdynamischen Nachgiebigkeit nach Knothe (Knothe,2001) herangezogen. Dabei wurde die Tragplatte der fes-ten Fahrbahn mittels Balken modelliert. Als Schnittstelle

zur FE-Berechnung wird die Unterkante des Oberbaus derfesten Fahrbahn definiert. Charakteristische Parameterzur Modellierung des Untergrundes für die Ermittlungder dynamischen Nachgiebigkeiten können iterativ be-stimmt oder mit Hilfe von Kennwerten angesetzt werden.Diese Verfahren haben sich in der Vergangenheit fürSchnell- und Güterzüge der Deutschen Bahn bewährtund können als praktisch erprobt angesehen werden.Übertragen auf die Rahmenbedingungen für Straßen-bahnen stellt man fest, dass im innerstädtischen Schie-nennahverkehr die Erregung im hochfrequenten Bereichnur abgeschwächt vorhanden ist. Diese Antwortspektrenresultieren aus den langsameren Geschwindigkeiten derStraßenbahnen (< 50 km/h) sowie den verhältnismäßiggeringen Achslasten. Eine Verifizierung der Modelierungs-und Simulationssysteme findet derzeit im Rahmen vonGroßversuchen statt.

Benjamin Heisterkamp, OTH Regensburg ■

Maximilian Lerch, OTH Regensburg ■

G E B Ä U D E U N D I N F R A S T R U K T U R | 79

ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Detleff SchermerLabor Konstruktiver [email protected]

ProjektmitarbeiterBenjamin Heisterkamp (M.Eng.)[email protected] Lerch (M.Eng.)[email protected]

GeldgeberFreistaat Bayern

KooperationspartnerNAUE GMBH & CO. KG., Espelkamp-Fiestel

Projektlaufzeit: 36 Monate

Fördersumme: 250 TEuro

Fryba, L., 1996. Dynamics of railway bridges. London: Thomas Telford.Klaus Lieberenz, D. W., 2009. Abtragung der Lasten im System Ober-bau, Unterbau und Untergrund. Dresden: gepro-dresden.org.Lieberenz, K., 2013. Handbuch Erdbauwerke der Bahnen. Hamburg:DVV Media Group GmbH Eurailpress.Neidhart, Vogel, Lieberenz & Wegener, 2013. Planungshilfe – Rechne-risches Verfahren zur Untersuchung der dynamischen Stabilität desEisenbahnfahrwegs bei Zugüberfahrten. Regensburg: DB Netze.

Ullrich Martin, S. R. D. C. A. C. M. J. L. P. B. P., 2016. Abschätzung derUntergrundverhältnisse am Bahnkörper anhand des Bettungs -moduls. s.l.:ETR – Eisenbahntechnische Rundschau.DGGT, 2002. Empfehlungen des Arbeitskreises „Baugrunddynamik“.1 Hrsg. Berlin: DGGT.Knothe, K., 2001. Gleisdynamik. Berlin: Ernst & Sohn.Lerch, M., 2015. Modellierung der dynamischen Wechselwirkung vonStraßenbahnanlagen mittels Masse – Feder – Dämpfer – Systeme. Re-gensburg: Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg.

LITERATUR

MethodikSystematisch wurden zunächst alle Bauteile nummeriert,kurz beschrieben und fotografisch dokumentiert. Nacheiner Feinsortierung hinsichtlich Werkstücken, die ur-sprünglich aus Gewölben oder Maßwerkfenstern stam-men, stellten sich rund 400 Teile als für die in den beidenMasterarbeiten zu untersuchenden Themenfelder rele-vant heraus (Abb. 1). Neben der allgemeinen Dokumen-tation wurde für diese Bauteile zusätzlich ein Bau-teilkatalog erstellt, in dem zunächst die Form und Profilierung, anschließend alle Seiten des Bauteiles genaubeschrieben sowie die Gesamtmaße und Maße der ver-schiedenen Profil-Bestandteile aufgeführt wurden. UmUntersuchungen an den Objekten jenseits des Lagerortesvornehmen zu können, erfolgte im nächsten Schritt derEinsatz der digitalen Photogrammetrie, bei der Objektemit Hilfe von Licht vermessen werden, um sie später alsdigitales 3D-Modell in spezieller Software wie Cinema4Dbenutzen zu können.

Eine Auswahl an Spolien wurde zudem nach den üblichenMethoden der händischen Bauteilaufnahme gezeichnet.Aus mit Schnüren und Winkeln erzeugten Lotsystemenheraus gemessene Punkte wurden dabei im Maßstab 1:5auf Zeichenpapier übertragen und anschließend zu ver-formungsgerechten Abbildungen verdichtet. Neben derdetaillierten Auseinandersetzung mit dem Bauteil undden dadurch identifizierten Merkmalen wie Dübel -löchern, Risslinien und Farbresten lag der größte Erkennt-nisgewinn zum einen in der Feststellung der verschie-denen Typen und deren Unterschiede, zum anderen imwachsenden Gespür für Proportionen und Radien, Dimensionen und Krümmungen. Um regionale Bautra -ditionen zu ergründen und damit Anhaltspunkte für dieRekonstruktionen zu erhalten, wurden schließlich die Gewölbe und Maßwerke mehrerer gotischer Kirchen inund um Münster in ihren formalen Ausprägungen analy-siert.

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Digitale 3D-Analyse mittelalterlicher Gewölbe- und Maßwerkspolien aus Münster

1015 zum Teil stark gebrochene Spolien* wurden von der Stadtarchäologie Münster bei einer Routine-Ausgrabung im Innenstadtgebiet Münsters in den Fundamenten einer abgetragenen Gebäudereihe entdeckt. Großes Interesse bestand in der Dokumentation der Werkstücke und inder Frage nach dem daraus einst zusammengesetzten Sakralbau. So ergaben sich zwei Ziel -setzungen für die Forschung an den Bauteilen: Die umfassende Dokumentation aller Werkstückesowie die zeitliche und bauliche Einordnung der Gewölbe- und Maßwerkteile im Besonderen. Die Bearbeitung erfolgte als Masterarbeitsprojekt im Master Historische Bauforschung an der Fakultät Architektur der OTH Regensburg.

Abbildung 1: Die in einer Lagerhalle ausgelegten Bauteile während der Sortierungs- und Dokumentationsarbeiten, Foto: O. Golde / N. Sammer

ErgebnisDie geborgenen Gewölbespolien weisen überwiegendgängige Formen der gotischen Baukunst wie den Birn-stab und den Kehlstab auf. Bei den meisten dieser Ge-wölbeteile handelt es sich um Bogensteine. Diese warenBestandteil von Kreuzrippen oder von Bögen, die das Gewölbefeld begrenzten. Als besondere Stücke gelten einSchlussstein sowie ein Kreuzungsstein. Der Schlusssteinbesitzt vier Anschlussflächen für Rippen mit dem Kehl-stabprofil und gehört zu einem Kreuzrippengewölbe. DerKreuzungsstein dagegen, welcher vier orthogonal zu -einander angelegte Anschlussflächen mit einem Birn-stabprofil besitzt, lässt sich einem figurierten Gewölbezuordnen. Die Forschungsuntersuchungen und der Ver-gleich mit noch bestehenden gotischen Kirchenbautenlassen Rückschlüsse auf ein sogenanntes Parallelrippen-gewölbe in Kombination mit einer Scheitelrippe in Längs-richtung zu. Der ursprüngliche Bau besaß also mindes-tens zwei verschiedene Wölbarten.

Die Maßwerkspolien konnten zunächst anhand ihrer „Rücken“ – der Begriff Rücken bezeichnet hierbei den Teildes Werkstücks, welcher mit den Gewändesteinen in Verbindung steht – in mindestens vier unterschiedlicheTypen und damit differierende Maßwerkstrukturen un-terteilt werden. Durch die Analyse und den Vergleich derzuvor im Bauteilkatalog festgestellten Maße verschiede-ner struktureller Abschnitte des Bauteils und dem visu-ellen Abgleich anhand der in ArchiCAD importiertenOrthofotos der aussagekräftigsten „Schauseiten“ konn-ten die Binnenstücke den entsprechenden Gewände -bauteilen zugeordnet und zu drei unterschiedlichenMaßwerken angeordnet werden. Die daraus resultieren-den Rekonstruktionen lassen sich in verschiedene Bau-phasen einordnen. Neben einem Maßwerkgefüge aus dersogenannten doktrinären Gotik am Ende des 14. Jahr-hunderts gibt es ein weiteres, welches die typischenspätgotischen Merkmale der Westfälischen Kirchen -baukunst widerspiegelt und somit in die Zeit um 1450 ein-zuordnen ist (Abb. 2). Eine weitere Rekonstruktion stellteinen schlichten Okulus mit Vierpass dar.

HerkunftsortDie Erforschung der Bauteile und die daraus resultieren-den Rekonstruktionen lassen auf eine mehrschiffige Hal-lenkirche mit verschiedenen Bauphasen schließen. DieVerknüpfung dieser Untersuchungen mit der anschlie-ßenden Literaturrecherche weist auf die zwischen dem12. und dem 15. Jahrhundert errichtete und im 19. Jahr-hundert wegen Einsturzgefahr abgetragene ehemaligeAegidiikirche in Münster als Herkunftsort der Fund -stücke.

Nike Sammer, OTH Regensburg ■

Olivia Golde, OTH Regensburg ■

G E B Ä U D E U N D I N F R A S T R U K T U R | 81

Projektbetreuung an der OTH Regensburg Prof. Dr. Peter [email protected]. Dr.-Ing. Dietmar [email protected]

ProjektmitarbeiterinnenNike Sammer (M.A.) Olivia Golde (M.A.)

KooperationspartnerStadtarchäologie Münster

* „ein bauliches oder bildliches Artefakt, das aus seinem ursprüng-lichen baulichen, bildlichen oder inhaltlichen Zusammenhang gelöstwurde und in einen neuen baulichen, bildlichen oder inhaltlichen Zusammenhang gebracht ist.“ nach: P. Morsbach, Geraubt, ver-schleppt, verbaut – was ist eine Spolie?, in: Stadt Regensburg, Amt fürArchiv- und Denkmalpflege (Hrsg.), Spolien – steinerne Zitate der Geschichte. Von Römersteinen, Judensteinen und falschen Gräbern.

Beiträge des 30. Regensburger Herbstsymposions für Kunst, Ge-schichte und Denkmalpflege vom 20. bis 22. November 2015 (Regens-burg 2016) 9-17.A. Pohlmann, Ein Bauopfer und tausend Spolien. Die Baubefunde ander Zwölfmännergasse, in: Archäologie in Westfalen-Lippe 2016 (inVorbereitung).

LITERATUR

Abbildung 2: Rekonstruiertes Maßwerkfenster der Zeit um 1450 mit vir-tuell eingesetzten Spolien (farbig), Grafik: N. Sammer

Viele Architekturen der Moderne sind konzeptionell undtechnisch Prototypen unseres zeitgenössischen Bauens.Daher gilt es, Bauten der Moderne als historische Zeug-nisse zu erhalten und eine kritische Auseinandersetzungmit den Konzepten und Konstruktionen dieser Epoche zuführen.

Das von 1930 bis 1933 für den Nudelfabrikanten Schminkeerbaute „Haus Schminke“ von Hans Scharoun (dt. Archi-tekt 1893-1972) ist ein Juwel internationaler Baukunst.Das flexible und intelligente Raumkonzept, eine atmo-sphärische Lichtplanung und zahlreiche, auf die Bedürf-nisse der Familie zugeschnittene Details machten esbereits kurz nach Fertigstellung berühmt.1

Nachdem die Bauherrenfamilie zwölf Jahre lang darinwohnte, wurde es ab 1946 als Kinderheim, ab 1953 als Jugendclub und bald darauf als „Haus der Pioniere“ ge-

nutzt. All diese Nutzungen erfolgten ohne größere Um-bauten – ein Umstand, der die Instandsetzung 1999/2000erleichterte.2

Seit 2009 ist das Haus im Eigentum und Sitz der kommu-nalen „Stiftung Haus Schminke“. Ziel der Stiftung ist es,neben der Bestandserhaltung das Haus als Museum und Veranstaltungsort der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Da in den letzten 15 Jahren diverse Schäden an Dach -flächen, Fassaden, Terrassen und Außentreppen wiederoder neu entstanden sind, muss das Gebäude erneut saniert werden. Die Stiftung Haus Schminke kooperierthierzu mit der Fakultät Architektur der OTH Regensburg.

Vor Erarbeitung einer Vorgehensweise und eines Maß-nahmenpakets zur Instandsetzung sind die Schadens -ursachen präzise zu klären. Dazu ist es notwendig, dasHaus, sein planerisches Konzept, seine Konstruktion, dasNutzungsprofil und das bauklimatische Verhalten derHüllbauteile in Abhängigkeit des Außenklimas zu analy-sieren und zu verstehen. Im Hinblick auf Nutzung undnachhaltige Bewirtschaftbarkeit ist auch zu prüfen, wieEnergieverbrauch und thermische Behaglichkeit bei Sicherung der historischen Bausubstanz optimiert wer-den können. Seit Februar 2016 sind im Haus 20 Datenlogger zur Messung und Aufzeichnung von Raumlufttemperaturund -feuchte sowie von Oberflächentemperaturen in Betrieb. Die Datenauswertung ermöglicht Aussagen über das Verhalten der Bausubstanz und die Aufenthalts-qualität der Räume: Schadenspotentiale wie Schimmeloder Taufeuchte auf den Bauteiloberflächen oder Be -haglichkeitsdefizite wie Unter- oder Übertemperaturenin den Wohnräumen werden sichtbar.Nach den bisherigen Untersuchungen sind die Wohn-räume auch heute noch als behaglich einzustufen (Abb.2). Eine Ausnahme bildet der Wintergarten, der aufgrundder großen Glasflächen, geringer Verschattungsmöglich-keiten und unzureichender Belüftung sehr schnell über-hitzt; gleichzeitig aber im Winter und in der Nacht wegender Einfachverglasung sehr schnell auskühlt. Daher istdieser im Sinne eines wirtschaflichen Gebäudebetriebesnicht als permanenter Wohnraum anzusehen.

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Licht, Luft, Sonne: Das Haus Schminke von Hans Scharoun

Das „Haus Schminke“ (1930-1933) in Löbau/Sachsen zählt weltweit zu den bedeutendsten Wohn-häusern der Moderne und steht seit 1978 unter Denkmalschutz. Seit der letzten Instandsetzung1999/2000 sind erneut Schäden am Gebäude aufgetreten, die saniert werden müssen. Der Forschungscluster nachhaltiges Bauen und historische Bauforschung (NBHB) der OTH Regensburgbegleitet das Vorhaben als wissenschaftlicher Partner der Stiftung Haus Schminke.

Abbildung 1: Gartenansicht Haus Schminke© Katharina Sauer, OTH Regensburg

Bezüglich der Feuchtigkeit erbrachte die Monitoring-Aus-wertung folgende Erkenntnisse: An den bauzeitlichen,bemerkenswerten Fensterkonstruktionen aus lackiertenFlach- oder Winkelstahlprofilen mit Einfachverglasungund Glashalteleisten aus dauerhaftem Eichenkernholzentsteht regelmäßig Feuchtigkeit. Diese kann jedoch jederzeit abtrocknen oder tropft in Tauwasserrinnen undkann direkt aufgewischt werden. So haben die Fensterkaum Schaden aus den nachgewiesenen raumluftbe-dingten Feuchtebelastungen genommen. An den unter-suchten Deckenstellen wird dagegen zum Teil regelmäßigeine relative Luftfeuchte von 80 Prozent erreicht. DieserWert ist bei längerer Überschreitung kritisch für dasWachstum von Schimmelpilzen.3 Um größeren Schädenentgegen zu wirken, sind diese genauestens zu beob -achten.Parallel zum Monitoring wird das Nutzungsprofil auf -gezeichnet, um mögliche Zusammenhänge zwischenFeuchteaufkommen und Nutzung zu erschließen. Im Oktober 2016 fand zudem ein Workshop mit Studieren-den der Fakultät Architektur zur Bestandsaufnahme derKonstruktion, Hüllbauteile und Schadensbilder statt. Imweiteren Projektverlauf wird ein mittels der Messergeb-nisse kalibriertes, thermisches Simulationsmodell desHauses erstellt, um bauklimatische Auswirkungen mög-licher Sanierungslösungen realitätsnah zu überprüfen.Damit können Aussagen zur Bauteilsicherheit, Energie-bedarf und Behaglichkeit getroffen werden.

Die ersten Projekterkenntnisse zeigen, dass Bauteilver-halten, Raumklima und Nutzungsprofile systembedingteng miteinander im Zusammenhang stehen. Instand -

setzungsziele wie Behebung baulicher Verringerung vonTransmissions- und Lüftungswärmeverlusten sowie Ver-besserung der thermischen Behaglichkeit sind mit demDenkmalschutz in Einklang zu bringen. Mit dem Monito-ring und den geplanten thermischen Simulationen kön-nen die komplexen Zusammenhänge von Energiebedarf,thermischer Behaglichkeit und Bautenschutz für dieBaukonstruktion und die technischen Anlagen darge-stellt und bauklimatisch realitätsnah bewertet werden.Auswirkungen von Instandsetzungslösungen auf die Bausubstanz und das Bauklima können so bereits im Vor-feld überprüft und optimiert werden, um eine in Kostenund Nutzung optimierte Sanierung für das denkmalge-schützte Gebäude zu entwickeln.

Felix Wellnitz, OTH Regensburg ■

Sandra Schmid, OTH Regensburg ■

Claudia Muntschick ■

Stiftung Haus Schminke, Löbau

G E B Ä U D E U N D I N F R A S T R U K T U R | 83

ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Felix Wellnitz, Fakultät Architektur, Fachgebiet Gebäudesanierung und [email protected]

ProjektmitarbeiterinSandra Schmid (B.Eng.)[email protected]

GeldgeberTechnologie- und Wissenschaftsnetzwerk Oberpfalz (TWO)Regensburg Center of Energy and Resources (RCER)

KooperationspartnerinStiftung Haus Schminke, vertreten durch Dipl.-Ing. M.Sc. Claudia Muntschick, gefördert von Bund, dem Land Sachsen und der Deutschen Stifung Denkmalschutz mit insgesamt 220 TEuro

Projektlaufzeit: 20 Monate

Fördersumme: 67 TEuro vom TWO/RCER

Homepage: https://www.oth-regensburg.de/professoren-profilseiten/professoren-a/prof-dr-felix-wellnitz/forschung.html

1. Ulrich Rosner: HausSchminke – ein Kulturdenkmal zwischen Monu-ment und Dokument. In: Burkhardt, Berthold (Hrsg.): Scharoun HausSchminke Die Geschichte einer Instandsetzung. Karl Krämer Verlag.Stuttgart, 20022. Pitz und Hoh Werkstatt für Architektur und Denkmalpflege GmbH(Hrsg.): Sanierungsdokumentation Haus Schminke, Band 1, Berlin2000, S.1 und S.8.3. DIN EN ISO 13788:2013-05 Wärme- und feuchtetechnisches Ver -

halten von Bauteilen und Bauelementen – Raumseitige Oberflächen-temperatur zur Vermeidung kritischer Oberflächenfeuchte und Tau-wasserbildung im Bauteilinneren – BerechnungsverfahrenSchmid S., Muntschik C., Wellnitz F.: Licht, Luft und Sonne- das HausSchminke von Hans Scharoun. Die nachhaltige und denkmalgerechteErtüchtigung einer Ikone der Moderne in Zeiten von Klimawandel undRessourcenknappheit. In: Bausubstanz. Jahrgang 8, Heft 1 (März)2017. Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart.

LITERATUR

Abbildung 2: Behaglichkeitsfeld nach Leusden-Freymark für Essplatz© Sandra Schmid, Felix Wellnitz, OTH Regensburg

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Die Dauerhaftigkeit von Stahlbeton ist stark von derDichtigkeit der Oberflächenschicht abhängig. Diese wirdbei richtiger Zusammensetzung und Nachbehandlunghauptsächlich von der Verdichtung beeinflusst. Die Ver-meidung schlechter Verdichtungsarbeit hat zur Entwick-lung von SVB geführt1. In der Bauindustrie besteht einenormer Bedarf an einem solchen Hochleistungs beton,sofern er mit vernünftigem produktionstechnischen undfinanziellen Aufwand herstellbar ist.

Durch Schwankungen in den Ausgangsstoffen und wech-selnden Herstell- und Umgebungsbedingungen, ist es inder Praxis des Betonmischwerkes jedoch oft schwierig,gleichbleibende rheologische Eigenschaften bei auf -einanderfolgenden SVB-Mischungen gleicher Rezeptur zuerzielen.Die Konsistenz von SVB reagiert sehr sensibel auf Mischungsabweichungen. Die Betonmischanlagen mitihren aktuellen automatischen Steuermechanismen sindnicht in der Lage diese geringen Schwankungen zu er -fassen und in den Herstellungsprozess zu integrieren.

Die Beurteilung der Frischbetonqualität ist derzeit nurdurch Sichtprüfung eines erfahrenen Laboranten odererst nach aufwändigen Laborversuchen (z.B. Setzfließ-maß, Trichterauslaufzeit) möglich. Dabei müssen die Er-gebnisse zum Zeitpunkt des Einbaus in einem vorher eng definierten Verarbeitungsfenster liegen (Abb. 1).

Die Verarbeitbarkeit gilt bei der Qualitätskontrolle für dieBetonherstellung daher als wichtiger Parameter. Sie istbei selbstverdichtendem Beton von wesentlich größererBedeutung als bei herkömmlichen Rüttelbeton, da dieQualität von SVB-Stahlbetontragwerken im großenMaße von den passenden rheologischen Eigenschaftenabhängt3.Im Forschungsprojekt wird ein Kugel-Rheometer im Be-tonmischer integriert, das in einer kurzen Mischpause dieVerarbeitungseigenschaften des SVBs beurteilt. Die auftretenden Schwankungen in den Ausgangsstoffen erfordern u. U. eine Nachdosierung einzelner Komponen-ten, um die optimale Konsistenz für den Einbauzeitpunkteinzustellen4.

84 | G E B Ä U D E U N D I N F R A S T R U K T U R

SVBA: Selbstverdichtender Beton mit zeitnaher Aussteuerung der Mischungszusammensetzung im Betonmischer

Selbstverdichtender Beton (SVB; englisch: SCC: self compacting concrete) ist ein Beton, der ohneEinwirkung von Verdichtungsenergie allein durch den Einfluss der Schwerkraft in die Schalungfließt, entlüftet und selbst komplizierte Geometrien bzw. Bewehrungszwischenräume vollständigin Sichtbetonqualität ausfüllt1. Aufgrund dieser besonderen Frischbetoneigenschaften versprichtder Einsatz von selbstverdichtendem Beton u. a. kürzere Betonierzeiten, eine reduzierte Anfällig-keit für Verdichtungsfehler und eine höhere Dauerhaftigkeit von Stahlbetonbauteilen. Im For-schungsprojekt soll die zielsichere Herstellung des SVBs optimiert werden.

Abbildung 1: Verarbeitungsfenster für einen SVB bei normgerechterFrischbetonprüfung2.

Abbildung 2: Schema der Aussteuerung mit sofortiger Nachdosierung.

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Setzfließmaß sm in cm

Zur automatisierten Aussteuerung einer Beton-Rezepturgibt es derzeit keine Ansätze. In anderen Industriebe -reichen werden mit Expertensystemen ähnliche Frage-stellungen gelöst.Im vorliegenden Forschungsprojekt soll daher ein Exper-tensystem entwickelt werden, das anhand der gemesse-nen rheologischen Eigenschaften eine gezielte Nach-steuerung einleitet (siehe Abb. 2).

Dazu gilt es vorerst alle Einflussparameter zu isolieren.Dann müssen die Wissensbasis 1 durch Versuche mit gezielten Abweichungen in der Betonrezeptur und ver-schiedene Nachsteuerungsmaßnahmen und die Wis-sensbasis 2 durch Versuche bei unterschiedlichen Tempe-raturen und Verarbeitungszeiten erstellt werden. DieseVersuche sind für unterschiedliche Mischungskonzeptedurchzuführen. Als Nachsteuerungsmaßnahmen kom-men nur Flüssigkeiten wie Wasser, Fließmittel und Stabi-lisatoren in Frage.

Unter Einbeziehung der unterschiedlichen Szenarien sol-len allgemein gültige Gesetzmäßigkeiten abgeleitet undmathematisch formuliert werden. Algorithmen sind zuerstellen und programmtechnisch umzusetzen. In Pilot-einsätzen muss dann die Funktion des Expertensystems,das einen qualifizierten Laboranten ersetzen kann, be-stätigt werden.Letztendlich soll das System optisch perfekte Bauteileaus SVB ermöglichen (Abb. 3).

Wolfgang Kusterle, OTH Regensburg ■

Ivan Paric, OTH Regensburg ■

G E B Ä U D E U N D I N F R A S T R U K T U R | 85

ProjektleiterForschungscluster ERB (Energieeffiziente und Ressourcen schonende Baustoffe und Bauverfahren), Fakultät Bauingenieurwesen, Labor für Baustoffe und Betontechnologie

Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. habil. Wolfgang [email protected]

ProjektmitarbeiterPaul Benkert (B.Eng.), [email protected] Paric (M.Eng.), [email protected]

ProjektpartnerProf. Dr.-Ing. Ralph SchneiderFakultät Maschinenbau, Labor für [email protected]

GeldgeberBayerische Forschungsstiftung (BFS)

Projektpartner– Schleibinger Geräte Teubert und Greim GmbH, Buchbach– Südbayerisches Portlandzementwerk Gebr. Wiesböck & Co.

GmbH (ROHRDORFER ZEMENT, SPZ), Rohrdorf– BETOSERV GmbH, Rohrdorf– GODELMANN GmbH & Co. KG, Fensterbach– Hemmerlein Ingenieurbau GmbH, Bodenwöhr

Projektlaufzeit: 36 Monate

Fördersumme: 233 TEuro

Homepagehttps://www.oth-regensburg.de/fakultaeten/bauingenieurwesen.html

1. Europäische Richtlinien für SCC, Festlegung, Produktion und An-wendung. Mai 2005, Deutsche Übersetzung, BIBM, CEMBUREAU,ERMCO, EFCA, EFNARC August 2006.2. Siebel, E.; Breit, W.: Herstellung und Verarbeitung von selbstver-dichtendem Beton (SVB) als Transportbeton der Festigkeitsklassen C25/30 und C 30/37 unter Praxisbedingungen. (AiF-Vorhaben Nr. 13925N). Abgerufen am 14. Mai 2014.

3. Khrapko, M.: Aufrechterhaltung der erforderlichen Verarbeitbarkeitvon SVB. BetonWerk International, Heft 2/2012.4. Ivan Paric, Florian Fleischmann, Markus Greim, Wolfgang Kusterle:The Determination of Rheological Properties of „High Slump Con-crete” and SCC –the Advantages of a Modified Online Ball MeasuringSystem, Rheologische Messungen an Baustoffen 2016, Tagungsbandzum 25. Workshop und Kolloquium, 2. und 3. März an der OTH Regens-burg, tredition GmbH, Hamburg, 2016.

LITERATUR

Abbildung 3: Kapelle Maria-Magdalena aus weißem SVB.Foto: Wolfgang Kusterle

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Energie und Mobilität sind für unsere Gesellschaft sowie Wirtschaft vonhöchster Bedeutung. Zudem stellen sie uns stets vor neue Herausforderun-gen: von erneuerbaren Energien bis zum intelligenten Energiemanagementund von intelligenter Fahrerassistenz bis zu neuartigen sicheren Mobilitäts-konzepten. Ein ressourcenschonender und effizienter Umgang ist hierfürunerlässlich. Unsere Forschungsansätze zielen darauf ab, Energie effizienterzu nutzen und zu speichern sowie Mobilitätsstrukturen sicherer zu gestalten.

Energie und Mobilität

Im Zuge der Energiewende stehen Verteilnetzbetreibervor neuen Aufgaben und Herausforderungen hinsichtlichder Systemdienstleistungen. Systemdienstleistungen sindFunktionen, die ein Stromnetz benötigen, um stabil be-trieben werden zu können. Ein Aspekt ist dabei die Blind-leistungsbereitstellung. Blindleistung entsteht über-wiegend beim Auf- und Abbau magnetischer Felder, z. B.in elektrischen Motoren. Blindleistung kann am Verbrau-cher nicht in Nutz-/Wirkenergie wie Licht oder Wärmeumgesetzt werden, weshalb sie den Zusatz „Blind“ trägt.Sie pendelt vielmehr zwischen Quelle und Verbraucher,ist aber dennoch für den Betrieb der Stromnetze not -wendig. Die Blindleistungsflüsse im Stromnetz beein -flussen die Spannungshaltung und die Netzstabilität.Derzeit gleichen diese „unerwünschten Blind-Ströme“vorrangig konventionelle Kraftwerke aus. Aufgrund dessukzessiven Wegfalls der großen Atom- und Kohlemeilerbenötigt das Stromnetz alternative Lösungen.

Ziel des Vorhabens SyNErgie (Systemoptimierendes Netz-und Energiemanagement für die Verteilungsnetze derZukunft) ist das Auffinden und Überführen solcher Lösungsansätze in für Netzbetreiber anwendbare Pla-nungs- und Betriebskonzepte (kurz Blindleistungsmana-gement) für Mittelspannungsnetze (siehe Abbildung 1).

Damit sollen neue Möglichkeiten geschaffen werden, denBlindleistungsbedarf von Verteilungsnetzen zu optimie-ren. Im Fokus stehen u. a. betriebliche Kompensations-anlagen (kompensieren Blindleistung im Netz von großenFirmen) und dezentralen Erzeugungsanlagen (z.B. PV-und Wind-Anlagen), die in der Mittelspannungsebene(20.000 V) angeschlossen sind. Über die Auswertung vonMessdaten (mit Auflösungen bis in den Sekundenbe-reich) wird im ersten Schritt das theoretische Potenzialausgewählter realer Anlagen erfasst. Über Hochrechnun-gen und Simulationen wird dann ein für das Stromnetz

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SyNErgie: Stromnetzplanung als Schlüsselbaustein der Energiewende

Die Energiewende stellt Netzbetreiber vor neue Herausforderungen. Ein Aspekt ist dabei die Blindleistungsbereitstellung. Blindleistungsflüsse im Stromnetz beeinflussen zum einen die Spannungshaltung und zum anderen die Netzstabilität. Derzeit gleichen diese unerwünschtenStröme vorrangig konventionelle Kraftwerke aus. Aufgrund des Wegfalls der großen Atom- undKohlemeiler benötigt das System neue Lösungen. Ziel des Vorhabens SyNErgie ist die Beschreibungvon Netzplanungs- und Netzführungsstrategien, mit Augenmerk auf der Integration eines Blindleistungsmanagements, hinsichtlich Regelungs- und Planungsstrategien.

selbstgeführter Master-Q-Regler

Slave-Q-Regler

EZA-Q-Regler

HS: HochspannungUW: UmspannwerkMS: Mittelspannung

Abbildung 1: Schematische Darstellung eines Mittelspannungsnetzes mit dezentraler Einbindung von Blindleistung (Q) über die Verbraucher undErzeuger sowie betrieblichen Kompensationsanlagen und dezentrale Erzeugungsanlagen. Bild: OTH Regensburg – FENES

nutzbares Potenzial abgeleitet, das die Basis für die Aus-legung von Versuchsreihen im realen Betrieb „Feldver-such“ bildet. Im geplanten Feldversuch kommen Blind-leistungsregler zum Einsatz, die einerseits autark (d.h.ohne Informationen von außen) oder andererseits mitexterner Vorgabe arbeiten. Die geplanten zwei Feldver-suche sind Kernstück des Projektes und finden im RaumNürnberg und Würzburg statt und sollen die entwickeltenAnsätze aus dem Projekt SyNErgie unter realistischen Be-dingungen evaluieren. Das heißt: Industriebetriebe undErzeugungsanlagen sollen aktiv Blindleistung für dasStromnetz bereitstellen. So soll der Nachweis erbrachtwerden, dass eine signifikante Optimierung hinsichtlichdes Blindleistungsmanagements möglich ist. Durch dieErschließung dieses vorhandenen Potenzials in Verbin-dung mit einem netzdienlichen Einsatz erwarten die Pro-jektteilnehmer eine signifikante Optimierung des Netz-betriebs und somit einen wichtigen Beitrag für die Ener-giewende. Zum aktuellen Zeitpunkt finden die finalenAbstimmungen zwischen den ausgewählten Betriebenund dem Projektverbund aus SyNErgie statt, bevor esEnde des 2. Quartals 2017 in die praktische Erprobunggeht.Neben der direkten Regelung von Erzeugungsanlagenund betrieblichen Kompensationsanlagen umfassen dieProjektziele von SyNErgie auch die Verbesserung von

Modellierungsgrundlagen für Lastflusssimulationen unddie Regelung von Umspannwerkstransformatoren. Wiegut die Simulation die Realität wiedergibt, zeigt Abbil-dung 2. Die sogenannten Wirk-Blindleistungswolken zeigen das Verhalten eines Mittelspannungsnetzes miteiner Fläche von rund 450 km2 über ein Jahr. Simulationund Messung sind dabei fast deckungsgleich.

Der Projektverbund setzt sich aus den beiden Verteil -netzbetreibern Main-Donau Netzgesellschaft mbH undMainfranken Netze GmbH, den beiden Kompensations-anlagenherstellern FRAKO Kondensatoren- und Anlagen-bau GmbH und KBR GmbH sowie der OTH Regensburgzusammen.

Oliver Brück, OTH Regensburgl ■

Matthias Haslbeck, OTH Regensburg ■

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ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Oliver BrücklForschungsstelle für Energienetze und Energiespeicher(FENES)[email protected]

ProjektmitarbeiterMatthias Haslbeck (M.Sc.)Reinhard Kreuzer (B.Eng.)Christian AdeltChristopher Mühlbauer (B.Eng.)Sebastian Kick (M.Sc.)Thomas Sippenauer (M.Sc.)Tobias Sator (B.Eng.)Andreas Berling (B.Eng.)Johannes Rauch (B.Eng.)Maksym Klitsman (M.Eng.)Philipp Schulz (B.Eng.)

ZuwendungsgeberBundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)

Förderzeitraum: 01.03.2015 – 31.05.2018

Bewilligte Summe: 758 TEuro

Homepagewww.forschung-stromnetze.info/projekte/ neues-blindleistungsmanagement-fuer-verteilnetze/

Abbildung 2: Vergleich einer Messung eines realen Mittelspannungs-netzes (schwarze Punkte im Hintergrund) mit dem über Simulationennachgestellten Verhalten (blaue Punkte im Vordergrund). Die Messungzeigt dabei das Wirk-Blindleistungs-Verhalten eines Mittelspannungs-netzes mit rd. 450 km2, d. h. das aufsummierte Verhalten von rd. 185Niederspannungsnetzen und zahlreichen Wind-, PV- und Biomasse-anlagen(in Summe 55.000 kW installierte Leistung). Bild: OTH Regens-burg – FENES

Projektinformationen

SyNErgie – Systemoptimierendes Netz- und Energie-management für die Verteilungsnetze der Zukunft

Ausführende Stelle: Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg – Forschungsstelle für Energiespeicher und Energienetze (FENES), Regensburg, Bayern

Tabelle 1: Projektsteckbrief

Q in

MVA

r

P in MW

Aufgrund der vielen Funktionalitäten moderner PKWswird es zunehmend schwieriger, diese im Zuge des Ent-wicklungsprozesses sorgfältig in einem allumfassendenRahmen zu testen. Gleichzeitig werden die Entwicklungs-zeiten fortwährend immer kürzer, was den Druck auf Automobilbauer und Zulieferer zusätzlich erhöht.

Eine effiziente, virtuelle Entwicklungsumgebung wirddaher in Zukunft von zunehmend größerer Bedeutungsein. Fahrzeuge können innerhalb dieser frühzeitig imEntwicklungsprozess auf rein virtueller Basis getestetwerden, wodurch eine späte Fehlerdetektion, die mithohen Kosten verbunden ist, vermieden werden kann.

Die virtuelle Beschreibung des Verhaltens von komplexverzweigten Systemen stellt in der Praxis eine enormeHerausforderung dar. Zum einen stehen für eine Vielzahl

an Systemkomponenten meist bereits sehr detailliertephysikalische Simulationsmodelle zur Verfügung, zumanderen lassen sich diese aufgrund der Spezialisierungauf einen bestimmten Fachbereich nur in einem geringenUmfang in anderen Bereichen einsetzen. Dies führt ge-zwungenermaßen dazu, dass Simulationsmodelle viel-fach mit oft unterschiedlichsten Detaillierungsgradenaufgebaut werden, weil kein interdisziplinärer Informa-tionsfluss stattfindet und damit weitere Entwicklungs-ressourcen beansprucht werden.

Für zukünftige Simulationsmodelle bedeutet dies: Zumeinen müssen die Modelle interdisziplinär nutzbar ge-macht werden, damit diese nicht redundant aufgebautwerden, zum anderen sollen sich diese zu einem größe-ren, umfassenderen Modell1 vereinen lassen. Eine manu-elle Verknüpfung vieler Beschreibungsmodelle aus teils

unterschiedlichen Sofware-tools stellt trotz bereits bestehender Standardisie-rungen2 aufgrund des enor-men Anpassungsaufwandesschnell keine Option mehrdar. Folglich ist es in Zu-kunft unumgänglich, hier-für künstlich intelligenteSysteme zu nutzen, dieunter Verwendung derenormen Menge an beste-henden Daten, Muster er-kennen und Kompatibi-litäten zwischen den Model-len sichtbar machen. Ab -

bildung 1 zeigt hierzu, mit welchen Schlüsselpunkten dasLabor Verbrennungsmotoren und Abgasnachbehand-lung diese Herausforderungen bewerkstelligen will.

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Future Applications in Model Based Engineering

Die Mobilität der Zukunft ist durch ein hohes Maß an Flexibilität im Bereich des Antriebsstrangsgekennzeichnet. Hybridsysteme und Elektromotoren stellen dabei nur einen ersten Schritt dar.Diesbezüglich steigt die Nachfrage an mehr Funktionalität und Vernetzung der verschiedenenSysteme, was wiederum mit steigenden Entwicklungskosten verbunden ist. Um zukünftige Antriebsstränge effizient weiter entwickeln zu können, ist der Einsatz neuer Methoden in Verbin-dung mit simulativen Ansätzen unumgänglich. Auf Basis von neuronalen Netzen und dem ToolMatlab/Simulink wird am Beispiel „Gesamtfahrzeug“ im Labor für Verbrennungsmotoren und Abgasnachbehandlung (ceec) an der Erstellung eines Baukastenprinzip gearbeitet, das es ermög-licht, schnell auf jegliche Veränderung am System zu reagieren.

Abbildung 1: Geplante Schlüsselpunkte für das Projekt

Ein weiterer Vorteil solcher datengetriebener Systeme ist,dass die Herkunft und Beschaffenheit der Daten keineRolle spielt. So lassen sich neben den Daten aus Simula-tionsmodellen oder den Simulationsmodellen selbst auchexperimentell ermittelte Daten einbinden und um -fassend nutzen. Gerade hier zeigt sich auch in der Praxis,dass experimentelle Untersuchungen – teils zur Validie-rung von Simulationsmodellen – oft mehrmals unab -hängig voneinander durchgeführt werden, obwohl diesegenauso aus einer Vielzahl bereits bestehender Daten extrahiert werden könnten, jedoch interdisziplinär unzu-gänglich oder schlicht nicht interpretierbar sind.

Im Sinne dieser Problemstellungen arbeitet das Labor fürVerbrennungsmotoren und Abgasnachbehandlung derOTH Regensburg aktuell an einem grundlegenden Kon-zept zur Bewältigung dieser Aufgaben vgl. Abbildung 2.Hierbei gilt es allen voran zu ermitteln, an welcher Stelle

die größten Schwierigkeiten liegen, bestehende Simula-tionsmodelle und Messdaten in eine neue Entwicklungs-umgebung einzubinden. Ebenso muss gezeigt werden,welche Kenngrößen und Merkmale sich zur Identifizie-rung eines Simulationsmodells eignen und wie diese Informationen aus den Rohdaten extrahiert werden kön-nen, um damit „Maschinelles Lernen“ zu betreiben. Dieserfordert in erster Instanz ein sehr hohes Maß an System-verständnis, im Weiteren aber auch umfassende Kompe-tenzen im Bereich Informatik und Programmierung. Eineder größten Herausforderungen wird es daher sein, dieBereiche Maschinenbau und Informatik im Rahmen dieses Forschungsprojektes zu vereinen.

Ottfried Schmidt, OTH Regensburg ■

Peter Schwanzer, OTH Regensburg ■

Hans-Peter Rabl, Fakultät Maschinenbau, Labor Verbrennungsmotoren und Abgasnachbehandlung ■

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ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Hans-Peter RablLeiter Labor Verbrennungsmotoren und Abgasnachbehandlung (ceec) [email protected]

ProjektmitarbeiterPeter Schwanzer (M.Sc.)

GeldgeberLaborinternes Projekt

Homepagehttp://www.ceec-regensburg.de

1. Schaffnit, J. et al.: Fahrzeugmodelle effizient und nachhaltig managen. ATZ Volume 119 Issue 4 , S 42-47 (2017)

2. http://fmi-standard.org

LITERATUR

Abbildung 2: Ansatz für die Umsetzung des Vorhabens

Um den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter2°C zu begrenzen, dürfen die kumulierten CO2-Emissio-nen von 2010 bis 2050 nicht über 660 Gt (Gigatonnen)steigen. Ein Narrativszenario zur globalen Energiever -sorgung in den Sektoren Strom, Wärme und Verkehrsowie dem nichtenergetischen Verbrauch fossiler Roh-stoffe wurde hierfür erstellt.

Neben dem vorgegebenen Emissionsbudget von 660 Gtwurden weitere Leitplanken für das Jahr 2050 festge-setzt, die als Grundannahmen in das Szenario eingingen:

• 0 Prozent CO2-Emissionen • Früher globaler Kohleausstieg

• 0 Prozent Anbaubiomasse (Ausnahme: Abfallbiomasse)

• 0 Prozent fossile und nukleare Energieträger• 0 Prozent Verbrennungsmotoren im Verkehr• Elektrifizierung des nichtenergetischen Verbrauchs• Kein Geoengineering und CCS

(Carbon Dioxide Capture and Storage / CO2-Abscheidung und -Speicherung)

Für das Szenario wurde ein Modell erstellt, in dem dieStruktur des Endenergiebedarfs bis zum Jahr 2050 unterden vorgegebenen Randbedingungen simuliert wurde.Daraus wurde anhand von Wirkungsgraden und CO2-Emissionsfaktoren der Bedarf an Primärenergie (in den

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Klimaschutz: Weltweit Null-Emissionen bis 2050 – machbar!

Seit 1992 berät der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen(WBGU) die Bundesregierung in der Klimapolitik und wird mit der Erstellung von Sondergutachtenund Stellungnahmen beauftragt. Im Rahmen des WBGU-Sondergutachtens „Entwicklung undGerechtigkeit durch Transformation: Die vier großen I“ wurde ein Narrativszenario zur Energie-versorgung bis 2050 als globaler Transformationspfad entworfen. Ziel der Expertise war die Erstellung, Simulation und Auswertung eines Narrativszenarios. Dieses wurde so gestaltet, dassdie Klimaziele von Paris (COP21) ohne Geoengineering und negativen Emissionen eingehalten werden. Dies bedeutet, eine globale Erderwärmung von 1,5–1,7°C nicht zu überschreiten und somitein maximales Emissionsbudget von 660 Gt CO2 bis 2050 einzuhalten. Es zeigte sich, dass diesesZiel unter ambitionierten Bedingungen erreicht werden kann.

Abbildung 1: CO2-Emissionen nach Sektoren von 2010 bis 2050.

Nichtenergetischer VerbrauchTransportWärmeStrom

CO2-

Emis

sion

en in

GT

35

30

25

20

15

10

5

02010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050

Energieträgern wie Kohle, Gas oder Biomasse gespei-cherte Energie) bzw. die CO2-Emissionen berechnet.

Als Indikatoren für den Zu- oder Rückbau der Energie -träger dienen deren Kosten, der spezifische CO2-Ausstoßsowie der Wirkungsgrad. Diese Faktoren bestimmen dieZu- und Abbaugradienten in der Simulation. Limitieren-der Faktor für den Ausbau der erneuerbaren Energien istdas globale technische Potenzial.

Abb. 1 zeigt die CO2-Emissionen auf. Anfangs bleibendiese aufgrund noch vorhandener fossiler Subventionennahezu konstant. Es folgt ein steiler Abfall bis 2031, dahier ein enormer Rückbau der Kohlekraft, die sehr hoheCO2-Emissionen aufweist, stattfindet (s. Abb. 2). Dierestlichen fossilen Kraftwerke, vor allem auf Basis vonErdgas, werden wegen der niedrigeren CO2-Emissions-faktoren wesentlich langsamer vom Netz genommen.Der Großteil der Emissionen entstammt aus dem Strom-sektor. Mit dem Ausstieg aus der Kohlekraft sinken dieEmissionen im Stromsektor erheblich. Die CO2-Emissio-nen aus dem Wärmesektor sind ab 2025 am dominantes-ten, da hier noch ein relativ hoher Anteil an Erdgas undErdöl vorhanden ist.

Abb.2 zeigt den globalen Primärenergiebedarf bis 2050und dessen Deckung. Die fossilen Energieträger sowie dieKernkraft werden rapide rückgebaut. Erdgas verbleibtlänger im Energiemix vertreten. Gegenläufig dazu ver-halten sich die erneuerbaren Energien. Dabei werden die

Abfallbiomasse, Wasserkraft und Meeresenergie bis zuihrem maximalen Potenzial ausgebaut. Die tragendenSäulen der Energieversorgung sind Wind- und Solar -energie. Die Grundlast wird zukünftig aus Energiespei-chern, Geothermie, Wasserkraft und biogenen Abfällengedeckt. Strom wird zudem zur Primärenergie für alleSektoren.

Mit dem Szenario konnte gezeigt werden, dass aus Sichtdes Klimaschutzes ein harter Phase-out fossiler Energie-träger sowie eine massive Sektorkopplung notwendigsind.

Michael Sterner, FENES, OTH Regensburg ■

Franz Bauer, FENES, OTH Regensburg ■

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ProjektleiterProf. Dr. Michael Sterner, [email protected]

ProjektmitarbeiterFranz Bauer (M.Eng.), [email protected]

KooperationspartnerWBGU, Berlin

Projektlaufzeit: 3 Monate

WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen: Entwicklung und Gerechtigkeit durch Transformation:Die vier großen I. Sondergutachten. Berlin (2016)

LITERATUR

Abbildung 2: Globaler Primärenergiebedarf und dessen Deckung von 2005 bis 2050.

Biokraftstoffefossile KraftstoffeGeothermieAnbaubiomass + AbfallSolarWindWasser + MeerErdgasErdölKohleKernenergie

600

500

400

300

200

100

0

20102005 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050

Prim

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EJ

Aufgrund der guten spezifischen Eigenschaften von faserverstärkten Kunststoffen (FVK) werden diese zu-meist im Sinne eines Strukturwerkstoffes verwendet. DieResistenz einer Struktur gegen transversale Schlag -beanspruchung wird in diesem Zusammenhang häufigvernachlässigt. Ziel des Forschungsvorhabens ist dieQualifizierung von FVK dahin, dass diese neben Struktur-aufgaben auch eine Schutzfunktion gegen transversaleImpactbelastung ermöglichen. Der Lösungsansatz ist dieVerwendung von hybriden Lagenaufbauten aus verschie-denen Fasermaterialien. Dabei werden die unterschied-lichen Vorzüge von relevanten Faserarten, hohe spezi-fische Festigkeit und Steifigkeit bei Kohlenstoff- bzw.Bruchdehnungen bei Glasfasern, so kombiniert, dassentweder eine hohe Energiedissipation (Durchdringungs-schutz) oder eine geringe Schädigung (Strukturschutz)entsteht.

Das Leichtbaupotenzial von FVKs wird derzeit sowohl inder Luft- und Raumfahrt als auch in der Automobil -industrie und anderen Anwendungen genutzt. Dabei ste-hen Eigenschaften wie die hohe spezifische Steifigkeitund Festigkeit von kohlenstofffaserverstärktem Kunst-stoff (CFK) im Fokus. In diesem Forschungsvorhaben sollen die jeweiligen Vorteile verschiedener Faserartenkombiniert werden.

Die Durchführung erfolgt durch definierte Impact -belastungen auf monolithische und hybride Material-kombinationen, welche durch unterschiedliche Impact-geschwindigkeiten im Low-, Mid- sowie High-Velocity-Bereich realisiert werden. Dabei werden die dissipierteEnergie sowie die resultierende, projizierte Delaminati-onsfläche identifiziert und in Relation zu den Impact -

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HIS: Entwicklung hybrider Hochleistungsaufbauten von faserverstärkten Kunststoffen zur Erhöhung des Schutzes vor Schäden durch transversale Impact-belastungZiel des Forschungsvorhabens ist die Qualifizierung von faserverstärkten Kunststoffen dahin, dassdiese neben Strukturaufgaben auch eine Schutzfunktion gegen transversale Impactbelastung er-möglichen. Der Lösungsansatz ist die Verwendung von hybriden Lagenaufbauten aus verschied-enen Fasermaterialien. Dabei werden die unterschiedlichen Vorzüge von relevanten Faserarten,hohe spezifische Fest- und Steifigkeit bei Kohlenstoff- bzw. Bruchdehnungen bei Glasfasern, sokombiniert, dass entweder eine hohe Energiedissipation (Durchdringungsschutz) oder eine geringeSchädigung (Strukturschutz) entsteht.

Abbildung 1: links: Beschussuntersuchung eines gekrümmten glasfaserverstärkten Kunststoffs [0/90]s mit 420 m/s. rechts: Aufbau der Versuchs-durchführung für High-Velocity-Impact-Untersuchungen.

parametern und dem Lagenaufbau betrachtet. Dadurchkönnen in Abhängigkeit der verwendeten Materialien undder verwendeten Lagenorientierungen Schutzstrukturenidentifiziert werden, welche für die beiden Anwendungs-fälle „höchste Energieabsorption“ oder „geringste Scha-densausbreitung“ die besten Eigenschaften darstellen.Durch die Ergebnisse kann der Personenschutz bei fahr-zeugspezifischen Anwendungen erhöht und der Insas-senschutz weiter verbessert werden.

Der Versuchsaufbau des High-Velocity-Impacts ist in Abbildung 1 dargestellt. Zusätzlich wird der hochdyna -mische Vorgang eines Impacts mittels numerischer Simulation nachgestellt, um Vorhersagen über die Ener-giedissipationsfähigkeit von variierenden Lagenauf -bauten treffen und diese mit den experimentellenUntersuchungen abgleichen zu können. Des Weiterenwerden quasi-statische Belastungssimulationen und Ver-suche durchgeführt, um die Steifigkeiten der Lagenauf-bauten zu ermitteln

Das Forschungsprojekt wird an der OTH Regensburg vomLabor für Faserverbundtechnik (LFT) der Fakultät Ma-schinenbau durchgeführt. Als Projektpartner wirken dieUniversität der Bundeswehr München (UniBwM) und dasUnternehmen Wethje Carbon Composites GmbH mit.

Ingo Ehrlich, OTH Regensburg ■Sven Steinmann, OTH Regensburg ■

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ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Ingo EhrlichLabor für [email protected]

ProjektmitarbeiterSven [email protected]

GeldgeberBayerische Forschungsstiftung (BFS)

KooperationspartnerKooperatives Forschungsprojekt zwischen dem Labor für Faserverbundtechnik und der Wethje Carbon Composites GmbH, Hengersberg

Projektlaufzeit36 Monate

Fördersumme426 TEuro

Homepagehttps://www.oth-regensburg.de/?id=1171

Abrate, S.: Impact on laminated composite materials. In: Applied Mechanics Review, Vol. 44, No. 4, 1991Ehrlich, I.: Impactverhalten schwach gekrümmter Strukturen aus faserverstärkten Kunststoffen. Dissertation, Universität der Bundes-wehr München, Fakultät für Bauingenieur- und Vermessungswesen,Neubiberg, 2004

Steinmann S., Ehrlich I.: Investigation of Transverse Impact Stress inFiber Reinforced Plastics Under High-Velocity Impact and Determi-nation of the Experimental Procedure, Applied Research Conference2016

LITERATUR

In der Metastudie wurden die 27 Studien im Umfeld derSektorkopplung hinsichtlich 1) Betrachtung der Dekarbo-nisierung, 2) Einbeziehung der Infrastruktur, 3) Beschrei-bung von Transformationspfaden und 4) Abbildung derSektorkopplung analysiert. Erweitert wurden diese Aspekte um eine Kostenbetrachtung. Das energiepoli -tische Zieldreieck aus Versorgungsicherheit, Umwelt -verträglichkeit und Wirtschaftlichkeit wurde durchAkzeptanz (soziale Verträglichkeit) ergänzt und ebenfallsuntersucht.

Die Dekarbonisierung der Sektoren Strom, Wärme undVerkehr wird bereits bei allen 27 Studien umfassend abgebildet. Weitgehend unbehandelt ist dagegen die Dekarbonisierung des nichtenergetischen Verbrauchs(NEV), v.a. in der chemischen Industrie. Die Studien kom-men alle zu dem Schluss, dass die klimapolitischen Zielebeim Fortschreiben des Status Quo nicht erreicht werden.

Die Energieinfrastruktur wird zum Großteil nur für dieStromversorgung betrachtet, während die nötige Infra-struktur für die Sektoren Wärme, Verkehr und nichtener-getischer Verbrauch kaum bis gar nicht abgebildet wird. Gravierend ist bei allen Studien die nahezu pauschale Annahme eines idealen Stromnetzausbaus, was aber ausSicht der Sozialverträglichkeit keine realistische An-nahme ist. Entsprechend wenig brauchbar und ziel -führend sind die darauf basierenden Ableitungen vonpolitischen Handlungsempfehlungen. EntsprechendeKostenbetrachtungen eines realen Netzes fehlen gänz-lich. Auch werden die Zusammenhänge zwischen eingesetz-ten Technologien in den Transformationspfaden und demAusbaubedarf der spezifischen Netze nur in begrenztemUmfang gesehen. Die Betrachtung der Versorgungs -sicherheit erfolgt ohne reale Infrastrukturbetrachtung.Eine Untersuchung all dieser Thematiken im gesamtheit-

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Metastudie: Dekarbonisierung für eine nachhaltige Energiewirtschaft

In dieser Metastudie „Analyse sektorenübergreifender Studien zur Dekarbonisierung des deutschenEnergiesystems“ im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur wurden insgesamt 27 Studien im Hinblick auf ihre Strategien zur Dekarbonisierung des Stromsektors verglichen, wobei vier davondetaillierter ausgewertet wurden. Ziel der Studie ist es, die unterschiedlichen Vorstellungen überden aus Gründen des Klimaschutzes notwendigen Wandlungsprozess des Stromsystems zu analysieren und vor allem Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede zu identifizieren, um darausHandlungsempfehlungen abzuleiten.

Abbildung 1: Ausgewählte Studien im energiepolitischen Viereck

© FENES / OTH Regensburg 2016

lichen Kontext konnte in den betrachteten Studien nichtgefunden werden.Ein beschleunigter Kohleausstieg sowie ambitionierte Sanierungsraten werden ebenso wie starke Ausbaupfadefür erneuerbare Energien und Energieeffizienz studien-übergreifend als fast unumgänglich eingestuft. Erneuer-barer Strom wird als Primärenergie betrachtet undsektorkoppelnd über Elektromobilität, Wärmepumpenund Power-to-X eingesetzt. Die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird ambivalent bewertet.Es fehlen aber Transformationspfade für den nichtener-getischen Verbrauch insbesondere der Sektorkopplungvon Strom und NEV sowie alternative Szenarien zu einemvollumfänglichen Stromnetzausbau. Gerade im Zusam-menhang mit der Sozialverträglichkeit ist eine genauereBetrachtung für die ganzheitliche Bewertung der Ener-giewende und die Aufstellung robuster Transformations-pfade aber unabdingbar.Die Sektorkopplung ist für die beiden Varianten Strom-Wärme und Strom-Verkehr bereits gut abgebildet und er-forscht. Allen Studien gemeinsam ist die Ausweisungeines deutlich höheren Strombedarfs durch die Sektor-kopplung bei steigender Primärenergieeffizienz. Die Wechselwirkungen zwischen mehreren Sektoren sindaber nur unzureichend abgebildet. Die Aus- und Rück-wirkungen auf den Stromsektor als zentraler Nukleus derEnergiewende sind ebenfalls bisher zu wenig erforscht. Nach abgeschlossener Transformation sind die Kostennicht höher als in einem Vergleichsszenario, das die heu-tige fossile Energiewirtschaft weiterführt. Im Gegenteil:Die Energiewende kann unter bestimmten Bedingungen/Einhaltung bestimmter Vorgehensweisen kostengünsti-ger als eine Weiterführung des heutigen Energiesystemssein.Die Erzeugungskosten der Sektoren Strom, Wärme, Ver-kehr werden durchgehend betrachtet. Die Untersuchun-gen sind in allen Fällen auf eine 80 % Treibhausgas-Minderung optimiert, jedoch werden auch eine Dekarbo-nisierung um 95 % bzw. 100 % kostenseitig betrachtet.Die Betrachtung der Kosten erfolgt ohne Einbeziehungder notwendigen Infrastruktur. Die Synergien und dieMehraufwände einer sektorenübergreifenden Infrastruk-turnutzung werden demgegenüber im Detail mit hoherzeitlicher Auflösung betrachtet – eine umfassende Be-wertung aller Sektorenkopplungen ist jedoch nicht vor-handen.Die Kosten für Speicher und Lastmanagement sind nureingeschränkt analysiert. Es werden zwar alle betrach-teten Teilaspekte untersucht, deren Detailgrad und Be-

trachtungsumfang sind aber noch ausbaufähig. Unter-suchungsbedarf herrscht demnach bei der Rück wirkungauf die Volkswirtschaft im Kontext der Energiewende -kosten durch die Kopplung aller Sektoren. Die Untersuchungsergebnisse der Studien werden in einenergiepolitisches Zieldreieck überführt. Das Zieldreiecksetzt sich aus den für das zukünftige Energiesystem not-wendigen Aspekten Versorgungsicherheit, Umweltver-träglichkeit und Wirtschaftlichkeit zusammen und wirddurch die Sozialverträglichkeit (Akzeptanz) zu einemenergiewirtschaftlichen Viereck ergänzt (Abb. 1).Während Umwelt- und Kostenverträglichkeit hinreichendabgedeckt sind, bleiben in der Bewertung der Versor-gungssicherheit teilweise zentrale Themen (v. a. Netz -stabilität – technische Versorgungssicherheit) außen vor.Ebenso wird die Dimension der Sozialverträglichkeitkaum bis gar nicht betrachtet. Hier gibt es entsprechen-den Handlungs- und Forschungsbedarf.Aus Sicht der Autoren ist die zukünftige Betrachtung desnichtenergetischen Verbrauchs (v.a. Chemiesektor) samtRück- und Wechselwirkung mit dem Stromsektor wichtig.Ebenso sollten neben den üblichen Szenarien mit idealemNetzausbau („Kupferplatte“) auch Szenarien mit regio-nalen Märkten und eingeschränktem Netzausbau be-trachtet werden.

Michael Sterner, OTH Regensburg ■Franz Bauer, OTH Regensburg ■

Fabian Eckert, OTH Regensburg ■Andreas Hofrichter, OTH Regensburg ■

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ProjektleiterProf. Dr.-Ing. Michael SternerForschungsstelle Energienetze und Energiespeicher (FENES)Fakultät für Elektro- und [email protected]

ProjektmitarbeiterFranz Bauer (M.Eng.)Fabian Eckert (M.Sc.)Andreas Hofrichter (M.Sc.)

AuftraggeberDeutsche Energie-Agentur GmbH

Projektlaufzeit: ca. 2,5 Monate

Homepage: www.dena.de

Norman Gerhardt, et al.: “Interaktion EE-Strom, Wärme und Verkehr:Analyse der Interaktion zwischen den Sektoren Strom, Wärme/Kälteund Verkehr in Deutschland in Hinblick auf steigende Anteile fluk -tuierender Erneuerbarer Energien im Strombereich unter Berück -sichtigung der europäischen Entwicklung,” Fraunhofer IWES, Kassel,2015.J. Nitsch, et al.: “Langfristszenarien und Strategien für den Ausbauder erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung derEntwicklung in Europa und global: Schlussbericht BMU – FKZ 03MAP

146,” Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt; Fraunhofer-Insti-tut für Windenergie und Energiesystemtechnik; Ingenieurbüro fürneue Energien, Berlin, 2012H.-M. Henning; A. Palzer: „Was kostet die Energiewende?: Sektor- undEnergieträgerübergreifende, modellbasierte Untersuchung zur Sys-tem- und Kostenentwicklung einer klimaschutzkompatiblen Trans-formation des deutschen Energiesystems bis 2050”, 2015. Öko-Institut e.V., „Klimaschutzszenario 2050”, Ökoinstitut e.V.; Fraun-hofer ISI, Berlin, 2015

LITERATUR

Impressum

HerausgeberOstbayerische Technische Hochschule Regensburg Prof. Dr. Wolfgang Baier, PräsidentPrüfeninger Straße 58 | 93049 RegensburgTel. 0941 943-02www.oth-regensburg.de

RedaktionsleitungChristine WirthMitarbeitSusanne Deisböck, Sarah Doll, Eva Eichenseer

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TitelbildOTH Regensburg/ Florian Hammerich

Anzeigenverwaltung VMK Verlag für Marketing & Kommunikation GmbH & Co. KGNorbert BruderFaberstraße 17 | 67590 MonsheimTel. 06243 909-0www.vmk-druckerei.de

DruckVMK Druckerei GmbHFaberstraße 17 | 67590 MonsheimTel. 06243 909-110www.vmk-druckerei.de

Text | BildnachweisDie Verantwortung für Inhalt und Bildmaterial der Beiträge liegt bei den jeweiligen Autorinnen und Autoren.

Stand Juni 2017

Auflage3.000 Exemplare

ISBN-Nr: 978-3-9818209-3-5

DanksagungDie OTH Regensburg dankt allen Autorinnen und Autoren für die zahlreichen Forschungsbeiträge.

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