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Statistische Analyse biologischer Elementarreaktionen. (Ubersicht.) Von P. Jordan, Rostock. w 1. Einleitung. Lawinenprozesse. Die vorliegende Ubersicht bezieht sich auf denselben Problemkreis, der schon in einem vorangegangenen Bericht ,,Die Stellung der Quantenphysilc zu den aktuellen Problemen der Biologie" in dieser Zeitschrift besprochen ~vorden war. Die damaligen Ausffihrungen (ira folgenden Ms I zitiert), sollen nach verschiedenen Richtungen hin erg~nzt und erweitert werden. Da Wiederholungen selbstverst~ndlich vermieden wcrden mfissen, ist eine vorherige oder erg~nzende Lektfire des frtiheren Berichtes I empfehlenswert. Jedoch ist auch der vorliegende Bericht in sich abgeschlossen und selbst~ndig. Trotz der au•erordentlichen GrS~e, welche bereits eine einzelne Zelle im Vergleich mit Mol~kiilen und Atomen besitzt, zeigt ein ausgedehntes Erfahrungsmaterial, da~ ein Prozel3, der sich zuni~chst nur an einem einzigen Molekiil abspielt -- bewirk~ durch ein einzelnes Elektron oder ein einzelnes Lichtquant--, unter Umsti~nden zu einer Folg~wirkung AnlM3 geben kann, die eine ganze Zelle oder sogar einen mehrzelligen Organismus eingreifend veri~ndert. Diese Abhs der Gesamt- reaktionen eines Organismus yon gewissen ,,mikrophysikMischen" Fein- reaktionen stellt, wie wit angesichts des in I besprochenen Erfahrungs- materials behaupten k5nnen, eine so Mlgemeine, fiberall anzutreffende Eigenschaft der lebenden Organismen dar, dal3 es berechtigt erseheint, sie geradezu in die naturwissensehaftliehe De/inition des Begriffes ,,Leben" aufzunehmen. Entsprechend dem Mlgemeinen Charakter mikrophysikMischer Gesetz- mS~i~igkeiten sind atomphysikalische Einzelprozesse zu studieren dureh eine statistische Analyse der Bedingungen und HS~ufigkeiten ihres Ein- tretens : wS~hrend ,,makrophysikalische" Vorg~tnge in einer der klassischen Kausaliti~tsidee entsprechenden Weise so verlaufen, dab aus gleichen Bedingungen stets gleiehe Wirkungen hervorgehen, ist es kennzeichnend fiir mikrophysikMische Einzelreaktionen, dM] aus gleichen Bedingungen ungleiche Wirkungen entstehen, derart, dal~ bei zahlreichen Wieder- Archly f. Virusforschung Bd. I~ I-I. 2. 12

Statistische Analyse biologischer Elementarreaktionen

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Statistische Analyse biologischer Elementarreaktionen. (Ubersicht.)

V o n

P. Jordan, Rostock.

w 1. Einleitung. Lawinenprozesse. Die vorliegende Ubersicht bezieht sich auf denselben Problemkreis, der schon in einem vorangegangenen Bericht ,,Die Stellung der Quantenphysilc zu den aktuellen Problemen der Biologie" in dieser Zeitschrift besprochen ~vorden war. Die damaligen Ausffihrungen (ira folgenden Ms I zitiert), sollen nach verschiedenen Richtungen hin erg~nzt und erweitert werden. Da Wiederholungen selbstverst~ndlich vermieden wcrden mfissen, ist eine vorherige oder erg~nzende Lektfire des frtiheren Berichtes I empfehlenswert. Jedoch ist auch der vorliegende Bericht in sich abgeschlossen und selbst~ndig.

Trotz der au•erordentlichen GrS~e, welche bereits eine einzelne Zelle im Vergleich mit Mol~kiilen und Atomen besitzt, zeigt ein ausgedehntes Erfahrungsmaterial, da~ ein Prozel3, der sich zuni~chst nur an einem einzigen Molekiil abspielt - - bewirk~ durch ein einzelnes Elektron oder ein einzelnes L i c h t q u a n t - - , unter Umsti~nden zu einer Folg~wirkung AnlM3 geben kann, die eine ganze Zelle oder sogar einen mehrzelligen

�9 Organismus eingreifend veri~ndert. Diese Abhs der Gesamt- reaktionen eines Organismus yon gewissen ,,mikrophysikMischen" Fein- reaktionen stellt, wie wit angesichts des in I besprochenen Erfahrungs- materials behaupten k5nnen, eine so Mlgemeine, fiberall anzutreffende Eigenschaft der lebenden Organismen dar, dal3 es berechtigt erseheint, sie geradezu in die naturwissensehaftliehe De/inition des Begriffes ,,Leben" aufzunehmen.

Entsprechend dem Mlgemeinen Charakter mikrophysikMischer Gesetz- mS~i~igkeiten sind atomphysikalische Einzelprozesse zu studieren dureh eine statistische Analyse der Bedingungen und HS~ufigkeiten ihres Ein- tretens : wS~hrend ,,makrophysikalische" Vorg~tnge in einer der klassischen Kausaliti~tsidee entsprechenden Weise so verlaufen, dab aus gleichen Bedingungen stets gleiehe Wirkungen hervorgehen, ist es kennzeichnend fiir mikrophysikMische Einzelreaktionen, dM] aus gleichen Bedingungen ungleiche Wirkungen entstehen, derart, dal~ bei zahlreichen Wieder-

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holungen desselben Experiments jeweils eine ganz bestimmte statistisehe tt/~ufigkeit ffir jede der m6gliehen Reaktionen zustande kommt, a~ Eine biologisehe Elementarreaktion yon mikrophysikalisehem tJeinheitsgrad ist deshalb als solche daran zu erkennen, dab die yon ihr ausgelSste Makroreaktion unter geeigneten Bedingungen nieht etwa mit Sieherheit eintritt oder mit Sieherheit ausbleibt, sondern vielmehr bei wiederholter Ausffihrung desselben Experiments mit einer gesetzm~gig Iestliegenden Wahrscheinliehkeit eintritt. Die Ermittlung dieser Wahrseheinliehkeit in ihrer Abh/~ngigkeit yon den sie beeinflussenden Bedingungen muB Auf- sehlu$ geben fiber die Art der vorliegendeu biologisehen Elementarreaktion.

Sehon die grunds~tzliehe Tatsaehe, dab AuslSsungen biologiseher Makroreaktionen dureh mikrophysikalisehe Einzelprozesse vorkommen - - das in I in kurzer Ubersieht erls Beweismaterial wird im lolgenden noeh erweitert werden - - , gibt als eine sehr a~Niillige Tatsache wiehtige Aufsehltisse betreffs der physikaliseh-ehemisehen Struktur- und Funktionsverh~ltnisse lebender Organismen. Verst~irkerwirkungen, welche eine Ausl6sung einer makrophysikalisehen Reaktion dutch einen mikrophysikalischen Einzelakt erlauben, sind such in rein physikalisehen Apparaten erzielbar, und derartige Apparaturen siud yon gr6gter Be- deutung Ifir die heutige Atomphysik; der grunds/~tzliche Nachweis der Realit/~t der Atome und die ns Erforsehung ihrer I~eaktionsgesetze beruhen zum wesentliehen Teil auf der Entwieklung und Verwendung derartiger Anordnungen, denen eine kurze Betraehtuug zu widmen vielleieht nicht unniitz ist.

Das gemeinsame Prinzip derartiger Anordnungen - - wie etwa der Wilsonkammer und des Geigerschen Spitzenzs - - ist die Herstelluug eines stark instabilen physikMisehen Zustandes, in welchem ein einzelner atomphysikaliseher ElementarprozeB eine lawinenartig anschwellende Wirkung aus]6sen kann. Im Falle der Wilsonkammer ist der instabile Zustand geschaffen durch Herstelhng eines iiberss Dumpfes, im Falle des Geigerschen Spitzenz~hlers durch Herstellung einer sehr hohen elektrisehen Feldst~rke (innerhalb eines eng begrenzten Raum- gebietes). Die Lawine entwickelt sieh im ersten Fal]e bekanntermaBen derart, dab ein einzelnes Ion Ms Kondensationskern wirkt, an welchem eine Kondensation beginnt; und d~s zuns nur aus wenigen Wasser- molekfilen bestehende Tr6pfchen wirkt weiterhin in demselben Sinne um so sts je gr6Ber es wird. Im Spitzenz/~hler wird ein einzelnes freies Elektron durch die e]ektrisehe Feldst/~rke der~rt besehleunigt, d~g es energiereieh genug wird, um naeh sehr kurzer Zeit ein neues Elektron durch Ionisierung eines Molekiils freizusetzen; die danach vorhandenen zwei Elektronen vollffihren beide erneut dasselbe Spiel, dessen Fortsetzung also zur AuslSsung einer anschwellenden Elelctronen- lawine ffihrt.

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J~hnliche Elektronenlawinen liegen tibrigens jeder elektrisehen Funken- entladung zugrunde; ferner kann z. B. in einer unterkiihlten Flfissigkeit ein einzelner Kristallisationskeim einen lawinenartig fortsehreitenden Kristallisationsvorgang ausl6sen. In chemisch instabilen Systemen kommt die Ausl6sung eines Lawinenvorganges (Explosion) insbesondere in Gestalt einer Kettenrea]ction in Betracht; blol~e Einbringung eines Katalysators dagegen bedingt in einem Falle, der keine Kettenreaktion zul/~13t, offenbar lediglich einen Vorgang, der eher der 0ffnung einer Schleuse, Ms der Einleitung einer Lawine zu vergleichen ist, da ihm das Merkmal der selbstt/~tigen Verst/~rkung w~hrend seines Ablaufes fehlt. In Analogie zu autokataly~ischen chemischen Lawinenprozessen leitet die Einbringung vermehrungs/iihiger Organismen in eine zu ihrer Ernghrung geeignete Umgebung einen biologischen Lawinenvorgang ein.

Stellen wir in einem lebenden Organismus die Verstiirkung einer mikro- physikalischen Elementarreaktion zu einer Makroreaktion fest, so muB hier ein lawinenartiger Vorgang ausgel6st oder umgekehrt ein normaler- weise vorhandener, notwendiger Lawinenvorgang unterbrochen worden sein. Dafiir kommen folgende scharf zu unterscheidende MSgliehkeiten in Betracht:

1. Der Organismus ist vorher kfinstlich in einen hochgradig instabilen Zustand gebraeht worden, z. B. durch Abkfihlung auf die Temperatnr der fliissigen Luft, wie in den Versuchen yon Goetz. - - In derartigen F/~llen ist das Vorkommen ]awinenartiger AuslSsungen naeh dem oben Er- 1/~uterten etwas Se]bstverstg~ndliches.

2. Der ausl6sende Elementarakt besteht darin, dab in den Organismus ein Molektil eingebraeht wird, welches dort entweder selbst eine auto- katalytisehe Vermehrungsfithigkeit entwiekelt oder die Bildung eines anderen zu autokatalytiseher Vermehrung bef/~higten Molekiils ver- anlaBt. Der erste dieser F/tlle liegt vor bei einer Virus-In/elction; der zweite wahrscheinlich bei einer !mmunisierung.

3. Keiner der Fs 1 oder 2 liegt vor. Wenn trotzdem - - und zwar nach Ausweis der Erfahrung keineswegs etwa nur in seltenen Ausnahme- f/~llen - - biologische AuslSsungen dutch atomphysikalische Einzelakte vorkornmen, so mtissen im normalen Organismus selber geeignete Be- dingungen ffir die Erm6glichung derartiger Verst/~rkerwirkungen dauernd vorhanden sein.

Zu diesen Bedingungen geh6rt aber eine in bestimmter l~ichtung hochgradige Instabilitiit; und aus allgemein-biologischen Erws heraus (etwa im Sinne des Selektionsprinzips) wird man fiberzeugt sein dfirfen, dab eine solehe Instabiliti~t - - also eine die Erhaltung des Orga- nismus ge/#ihrdende Eigenschaft - - nur dort auftritt, wo sie als positive Vorbedingung der Lebensfunktionen unentbehrlich ist. Man wird z. B. gewig nieht glauben, dab eine Zelle wesentlich zu schadigen sei dureh

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Zerst6rung (etwa chemisch oder durch Strahlung) eines einzelnen Eiweig- molekfils unter Millionen gleichen. Dagegen ist ohne weiteres ver- stgndlieh, dab die ZerstSrung oder Vergnderung eines einzigen Gens, das in der Zelle nur in einfacher oder zweifacher Ausgabe vorhanden ist, und welches normalerweise bestimmte Funktionen auszuttben hat, die Zelle entscheidend schs kann. Man mug abet bei der Betrachtung dieser Verh~ltnisse folgenden FehlschluB vermeiden: Bekanntlieh k6nnen bei manchen Zellen die Lebensfunktionen aueh naeh operativer Ent- fernnng des Zellkernes fortbestehen; stellen wir nun an einer solchen Zelle (ohne Entfernung des Kernes) die MSglichkeit ihrer AbtStung durch Strahlung fest, so darf nicht gefolgert werden, dab in diesem FMle der Angriffsort der Strahlung aufierhalb des Kernes liegen miisse, well die Zelle auch ohne Kern weiterleben kSnne. Denn Anwesenheit eines patho- logisch ver~nderten Kernes ist night dasselbe, wie bloBe Abwesenheit des Kernes; der abnorme Kern k6nnte etwa toxisch wirkende Substanzen katMysieren.

Die obige Erw~gung rechtfertigt aber die Uberzeugung, dab wir einem beliebigen Eiweigmolekiil des Cytoplasmas nicht die F~thigkeit zuzutrauen haben, im Falle einer abnormen Ver~nderung als ein die gesamten Zellfunktionen sch~tdigender KatMysator zu wirken; wir werden erwarten dfirfen, dab ein abnorm verdindertes Stsukturdement der Zelle ungefiihr ebenso star]~ negativ sehiidigend wir]cen lcann, wie es normaler. weise positiv in den Lebens[unktionen der Zelle mitspielt. Darnaeh wird tier Ursprung abnormer Lawinenwirkungen, dureh welehe aus einem einzelnen atomphysikMischen Elementarakt eine Makroreaktion der Zelle hervorgeht, immer in den ,,Steuerungszentren" zu suehen sein, yon welehen im normalen Leben der Zelle ebenfMls derartige hochgradige Verst~rker- wirkungen ausgehen.

Tats~ehlieh best~tigen viele Experimente diese These, und kein Experiment steht ihr entgegen. Allerdingsist eine ausfiihrliche theoretische D i s k u s s i o n - wie soeben a n g e d e u t e t - erforderlich ftir eine kritische Priifung versehiedener in der Literatur vertretener Sehliisse, die, wenn sie zuverl~ssig w/~ren, das Gesamtbild der strahlenbiologisehen und ver- wandten Erfahrungen v611ig verwirren wiirden.

Zweifellos bietet sigh uns in diesen strahlenbiologischen Erfahrungen eine groBe N~nnigfaltigkeit versehiedener Erseheinungen dar. Um so wichtiger ist die Gewinnung einheitlieher Gesiehtspunkte fiir eine zu- sammenh/~ngende Deutung des Gesamtgebietes. Die in I u n d im folgenden dargelegten Auffassungen sind aus der Betraehtung der experimentellen Ta~sachen abgeteitet, und linden in diesen ihre Reehtfertigung. Jedoeh wird man es Ms wiehtige St/itze betrachgen dtirfen, wenn allgemeine lgegeln, die aus dem Erfahrungsmaterial zu abstrahieren sind, sieh in theoregiseher Durchdenkung als gut verstg, ndlieh erweisen.

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w 2. Formale Trefferstatistik. Die Errnittlung der mikrophysikalischen Elementarreaktionen, die best immten biologischen Reaktionen zugrunde liegen, gliedert sieh in zwei Schritte: Einerseits ist klarzustellen, ob es sich urn einen einzigen Elementarvorgang handelt, oder um mehrere zusammenwirkende: anderseits ist festzustellen, worin der einzelne Elementarvorgang - - der zun~chst mit dem neutralen Wort ,,Tre//er" bezeiehnet sei - - besteht. In den meisten F~llen wird diese zweite Frage erst nach Be~ntwortung der ersten angreifba.r.

In I i s t ausffihrlicher eingegangen worden auf den einfachsten Fall, n~rnlich AuslSsung der untersuchten l~eaktion durch einen einzigen Treffer. Kennzeichnend hierffir ist das Exponentialgesetz, ganz unabh~ngig davon, worin der ,,Treffer" besteht. I)er Treffer kann in der chemischen Ver~nderung eines Molekiils (des Steuerungszentrums) durch Absorption eines ultravioletten Liehtquants oder dureh Eintreten einer Ionisierung oder dureh chemischen Angriff eines einzelnen Molektils oder Ions be- stehen; oder aber darin, dM~ ein Viruse]ement Gelegenheit zum Beginn einer Vermehrung finder; oder in wiederum anderen F/~llen darin, dal~ ein kleines hoehempfindliehes Volumstfick (mit einern I)urchmesser in der Gr61~enordnung eines #) yon einem Proton (dab durch ein schnelles Neutron ausgelSst wurde) durchquert wird. I)ieses Proton vollffihrt innerhalb des fraglichen Volums z. lB. rund 1000 Ionisierungen, deren Gesamteffekt - - vielleicht durch KoHoidreaktionen - - die an diesem Orte konzentrierten Steuerungsfunktionen lahmlegt. Anch derartige F~ille scheinen vorzukommen; es kann also das, was wir zuni~chst ohne SpeziMisierung als ,,Treffer ~ bezeichnen, sehr wohl in manehen Fiillen bereits eine grol3e Anzahl yon einzelnen Quantenakten (Ionisierungen) in sich enthMten, sofern diese nur (praktiseh) gleichzeitig und in enger ri~umlicher Naehbarschaft eintreten.

Fiir das Nichtzustandekommen eines Treffers besteht, wie in I niiher besprochen wurde, eine Wahrscheinlichkeit W, deren negativer Lo- garithmus proportional rnit der Menge der versuehten Schfisse ist; d. h. log W ~ c~ D, wobei D die Dosis des ffir die I~Iervorbringung des Treffers angewandten Agens ist. Bei Bestrahlungsversuchen also ist D die Strahlen- dosis; bei Vergiftungsversuchen ist D die Giftdosis, gegeben durch das Produkt yon Konzentrat ion und Einwirkungsdauer; bei Versuchen betreffs des Angriffs eines ~Bakteriophagen auf eine Bazillenkultur ist D die Menge der der Kultur zugesetzten Phagensubstanz (vgl. die in I gernachten Angaben fiber das Experiment yon IntriaSl), bei analogen Versuchen rnit einem Virus ist D die injizierte Dosis; Parlcer 5~ zeigte fiir das Beispiel des Vaecinevirus, dal3 hier tatsgehlich das obige Exponential- gesetz erffillt ist, dal~ also e~n einzigIe8 Viruselement zur Infektion ausreicht.

Ein dem Parkerschen anMoges Experiment dfirfte mSglich sein auf dem Gebiete der Immunisierung. Bekannt]ich kann die Molekfilzahl eines

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Antik6rpers, dessert Bi ldung durch ein gewisses Ant igen veran lag t wurde, ungeheuer viel gr6ger sein als die Zahl der inj izierten Antigenmolekii le: es liegt deshalb die Vermutung nahe, dab - - analog, wie bei der Virus- infekt ion - - sehon ein einziges Antigenmolekii l im giinstigen Falle die Bi ldung einer makroskopisehen 5Ienge der Ant ik6rpersubs tanz einleiten k6nnte . Die Durehf i ihrung derartiger Exper imente diirfte f/it die Klgrung der Immunis ierungsprobleme wertvoll sein.

Eine andere wichtige Entseheidung, welehe dutch eine Naehpr/ifung, ob das Experimentalgesetz in dem fragliehen Falle gilt, erzielt werden k6nnte, betrifft die Empfindtiehkeitsgrenze des mensehlichen Auges. Naeh v. Kries vermag das dunkel adaptierte mensehliehe Ange noeh feinste Liehtblitze wahrzunehmen, bei denen nut etwa 50--100 Liehtquanten in das Auge ge- langen. Es ergibt sieh die Frage, ob g/instigenfalls sehon ein einziges fm Auge aufgenomrnenes Liehtquant einen Bewul3tseinsvorgang auszul6sen vermag, oder ob ein Zusammenwirken mehrerer (wenn aueh weniger) Liehtquanten erforderlieh ist. Aueh diese Frage wi~re dutch statistisehe Analyse zu ent- seheiden. Ihre Wiehtigkeit bedarf kaum der Betonung; far die genauere Erfassung des Photoehemismus der St/~behen und Z~pfehen im Sinne der Untersuehungen yon Hecht und Mitarbeitern 19 wiirde die Kl~rung dieser :Frage wertvolle Anhaltspunkte ergeben. Grundsgtzlieh verdient die v. Kries- sehe Feststellung besonderes Interesse als Nachweis der M6glichkeit, soga.r im h6ehstorganisierten Vielzeller dutch einen oder wenige Quantenakte l~eal~tionen des Gesamtorganismus, insbesondere psyehisehe Vorg/~nge, auszul6sen. Endlieh diirfte die Tatsaehe, dal3 die Einzelstr~nge des Seh- nerven l~eizimpulse yon mikrophysikaliseher Feinheit aufnehmen und dem Gehirn zuleiten k6nnen, fiir das Verst/indnis der nerv6sen Reizleitung be- sondere Bedeutung haben; die bisherigen Theorien, welehe die geizleitung mit makrophysikMisehen Vorstellungsmitteln zu beschreiben suehen, werden dieser Tatsaehe wohl nieht gereeht.

Naeh Kut~n, Moewus und Jerchel ~7 ist fiir die Bewegliehmaehung der Gameten von Chlamydomonas der Wirkstoff Croein erforderlieh, u. zw. in der Menge yon einem Molelciil pro Zelle. Man kann n~mlieh mit sehr ver- diinnter L6sung des Croeins gerade ungef~hr so viele Gameten beweglich maehen, wie Molekiile in der L6sung vorhanden sind. Diese Feststelltmg gibt eine wiehtige Unterstii tzung ftir die aueh aus anderem ausgedehntem Erfahrungsmaterial zu ziehende Erkenntnis, dal~ ein einzelnes Molekttl eine ganze Zelle entseheidend beeinflussen kann. Jedoeh handelt es sieh hier offenbar um eine Feststellung wesentlieh anderer Art als in den oben betraehteten Beispielen. Bei der T6tung eines Bakteriums dutch ein einzelnes Lfehtquant h v oder ein einzelnes HgCl~-Molekiil ist ja der Verlauf keineswegs der, dal3 jedes verbrauehte hv bzw. tIgCl~ gerade eine Zelle t6tet - - im Gegen- tell geht die erdriiekende Mehrheit der absorbierten hu wirkungslos verloren. tleim Croein besteht abet eine andere Situation, derart, dal~ nieht nu t ein einziges Molekttl die Zelle beweglieh maehen kann, sondern dal3 aul~erdem aueh kein merklieher Verlust entsteht, die bereits mit einem Croeinmolekiil versehene Zelle also kein weiteres Molekiil mehr aufnimmt. Das Exponential- gesetz k6nnte unter dfesen Umst~nden nicht gelten. Es wi~re wohl wiinsehens- wert, diese reeht merkwfirdigen Verh~ltnisse dutch genauere statistisehe Ermitt lmlgen welter zu kl~ren. - - Allgemein diirften statistisehe Ermitt- lungen wesentliehe F6rdermlg ergeben fiir versehiedene Probleme der Wirk-

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stoff-Forsehung, insbesondere beziiglieh solcher Substanzen, bei welehen die MSgliehkeit, dal3 sieh ihre Wirkung tmmittelbar auf den Zellkern richter, in Betraeht zu ziehen is~ (kanzerogene Substanzen; Sexualhormone; Biotin).

Den einfaehen F/illen, die das Exponentialgesetz ohne weiteres als giiltig erkennen lassen, stehen nach versehiedenen Riehtungen hin kom- pliziertere gegeniiber. Mannigfaltige Komplikationen kSnnen sieh daraus ergeben, dag eine bestimmte Einwirkung ein gewisses Objekt nieht nur zu einer, sondern zu verschiedenen und zu sulczessiven Reaktionen ver- anlassen kann. In bestrahlter Substanz mSge ein Molekfil M nieht nut eine Umwandlung in ein Molekiil M', sondern aueh in ein Molekiil M " ausfiihren k6nnen. Is t jede dieser beiden Umwandlungen das Resultat je eines einzigen geeigneten ,,Treffers", so wird wiederum die Zahl der Molekiile M exponentiell mit waehsender Dosis abnehmen, w/~hrend die Anzahlen der Molekfile M ' und M " zueinander ein konstantes Verhi~ltnis innehalten. Geht abet aus M zuns M ' hervor, und aus diesem dutch eine weitere Umwandlung ein M", so erhalten wit bereits ein kom- plizierteres Bild; und dureh weitere sukzessive Umwandlungen k6nnen sieh sehr verwiekelte Verh/~ltnisse ergeben, deren mathematisehe Dar- stellung zwar im Prinzip leicht zu geben ist - - es handelt sieh um dieselben Formeln, die fiir sukzessive radioaktive Umwandlungen gelten (vgl. 59) - - , deren experimentelle Klarstellung in einem konkreten Beispiel jedoch sehr miihsam sein kann. Naeh Stubbe und Kausche ~7 kann man aus Tabakmosaik-Virus dureh RSntgenbestrahlung eine noeh aktivere Form bilden; und da die so aktivierten Viruselemente natiirlich ihrerseits dutch Strahlung aueh inaktiviert werden k6nnen, haben wit hier bereits ein Beispiel sukzessiver Umwandlungen von M (normal) zu M ' (aktiviert) und danaeh zu M " (inaktiviert); daneben l~uft natiirlieh sicherlieh auch eine unmittelbare Inaktivierung. Ein vielleicht analog zu deutender, vielleicht aber aueh noeh komplizierterer Fall liegt vor beim Shope- Papitlom-Virus, bei welehem Ladewig als Ergebnis fortschreitend ge- steigerter g6ntgendosen (yon 1000 r bis 20000 r) zun/~chst partielle In- aktivierung, dann Neuaktivierung, dann abermalige Inaktivierung land 4a.

Natiirlieh kSnnen mehrstufige, sukzessive Umwandlungen z. B. auch bei der Strahleninaktivierung yon Enzymen eintreten; es ist also nicht tibeffliissig, auch hierbei nicht nur einen einzelnen Punkt der ,,In- aktivierungskurve" fes~zustellen, sondern den Verlauf der Inaktivierung als Funktion der angewandten Dosis wirklieh klarzulegen. Positiv fest- gestellt wurde eine einstufige, also dem Exponentialgese~z folgende Ultraviolett-Inaktivierung auBer fiir Urease z. B. ftir Pepsin und Amylase (Thomson-Husseyn). Ferner erwiesen Dreyer und Hanssen das Ex- ponentialgesetz ftir Ultraviolett-Inaktivierung yon drei Enzymen, yon Saponin, Cyklamin, Riein, Abrin u n d B. eoli-Agglutinin (vgl. s, dort S: 345, 367). Ffir Ultraviolett-Inaktivierung yon Alexin haben Brooks

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sowie Lundberg Exponentialgesetz und ferner ~ Temperaturunabhiingigkeit bewiesen (vgl. s dort S. 359).

u Beispiele lassen ferner eine Deu tung nach folgendem Schema zu. Das E in t re ten einer gew~ssen e rkennbaren P~eaktion sei abh~ngig yon einem mehrlach wiederholten Gelingen eines bes t immten Trefferer- e~gnisses. Z. B. mSge sich die fragliche Reakt ion einstellen, sobMd ein zweimaliger Treffer erfolgt ist ; oder auch s ta t t dessen erst nach drei Treffern: m a n bekommt d a n n fiir die Wahrseheinlichkeit W des Nicht- eintretens der fraglichen Reakt ion die Formel

W = ~ - ~ ' 2 ) ( I + ~ x D ) bzw. W = e - ~ D ( I + o c D + (~ (1}

Parker hat in der schon erw~thnten Untersuchung gezeigt, daf3 die Infek- tion dutch Vaccinevirus, die vermittelst der einfachen Exponentialformel gut darstellbar ist, durch eine der Formeln (1) nicht darsteilbar w~ro (bzw. nur Init wesentlich grSi3erer Ungenauigkeit Ms durch die Expo- nentiMformel). Grunds~tzlich ist es offenbar durchaus nicht eine unberechtigte Erwartung, dal~ manche F~lle yon Virusinfektion einer der Formeln (1) entsprechen kbnllten. Sofern n~inlich gegentiber der beginnenden Vermehrung eines eingedrungenen Viruselementes eine Abwehrreaktion des infizierten Organismus einsetzt, w~Lre denkbar, dal3 gegentiber einem einzelnen einge- drungenen Viruselement die Abwehrkr~fte ausreichend w~ren, gegeniiber zwei oder drei Mikroinfektionen dagegen nieht mehr. Es ist also wichtig, daI~ die Parkersche Untersuchung die positive Feststellung der GfiltigkeiV des ExponentiMgesetzes durch ausdriicklichen Nachweis der Nichtanwend- barkeit der Formeln (1) untersttitzt hat.

Man k a n n die Formeln (1) veral lgemeinern derart , dal~ m a n die Wahrscheinl ichkeit des Nichte int re tens einer Reakt ion aufschreiben ka nn , deren Zus tandekommen als abhi~ngig vom Ein t re ten yon mindes tens n Treffern gedaeht wird. Nach der Poissonschen Formel der Wahr- scheinl ichkeitsreehnung ist ns die Wahrscheinlichkeit ffir das Ein-

t re ten yon genau m Treffern gleich e - ~ 9 (aD) m m! , so dal] die Gesamt-

wahrscheinlichkeit fiir das E in t re ten yon weniger als n Treffern gegeben

wird dutch ( (c~'D)2 (cr n-1 )

W = e - ~ ) 1 + ~ D + 2! + " " + ( n - - l ) ! " (2)

F i i r n = 1 erhMten wir hieraus wieder das ExponentiMgesetz; ftir n ~ 2

bzw. n--~ 3 die Formeln (1).

Die Formel (2) wird oft als Blau.Altenburgersche Forlnel bezeichnet (vgl.a); man finder z. ]~, bei P. Curie 6 instruktive Zeichnungen der Kurven, die W als Funkt ion yon D darstellen (,,Uberlebenskurven"; die umgekehrt gezeichneten Kurven, die 1 - W als Funkt ion -con D darstellen, werden gewShnlich ,,Sch~idigungskurven" genannt).

Grundsgtzlich k a n n man in der Formel (2) fiir ,TreHerzahlen" n, die grSi3er a]s 1 sind, verniinftigerweise nur eine mehr oder weniger rohe

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Approximation der wirklichen Verh~.ltnisse sehen; dieser Punkt ist zu betonen, weil er in der Literatur nicht immer richtig beurteilt worden ist (vgl. die n~here ErSrterung in ~7). Das Ideal einer statistischen Analyse bleibt die vollst~tndige AuflSsung der auslSsenden mikrophy- sikMischen Prozesse in einzelne Akte, und die Mehrtreffefformel (2) ist stets nur Ms Hilfsmittel ftir eine mehr summarische Ermittlung anzusehen. Jedoch ist ihre praktische Bedeutung fiir strahlenbiologische und ver- wandte Untersuchungen innerhMb dieser Begrenzung recht groin, da es eine ganze l~eihe wichtiger Beispiele gibt, die gut durch diese Formel darzustellen sind.

5{an kann, wie z. B. bei Glocker 1~ n~her erl~utert ist, die Formel (2) in eine IntegrMformel tiberffihren; und da ftir die dabei auftretende ,,unvoll- st~ndige Gammafunktion" Tabellen existieren (PearsonS~), verursacht die numerische Verwertung der Formel (2) keine Schwierigkeit.

Die Ermittlung der Trefferzahl n und der Konstanten aus einer empirisch ermittelten Schiidigungslcurve ist etwa so vorzunehmen, dM3 man an Hand graphischer Darstellungen ausprobiert, welche der zu ver- schiedenen n gehSrenden Sch~digungskurven bei passender Wahl der Konstanten a zu befriedigend genauer Deckung mit der empirischen Kurve kommt. Jedoch ist ein derartiges Ausprobieren miihsam, und eine direktere Bestimmung der Konstanten n und c~ empfehlenswert.

Hierftir ist wichtig, dM~ nach Glocker 14 und Furch 12 fiir die ,,Halbwerts- dosis" D, / : bei deren Verabreichung gerade 50~o Mler Individuen die fragliche Sch~tdigung erleiden, die Gleichung

1 ~x D~/~ = n 3 , (3)

gilt. Ferner wird man aul~er D~/~ auch die Tangentenrichtung der Sch/~digungskurve im Punkte D ~ D~/~ empirisch gut ermitteln kSnnen. Daraus entnimmt man aber (vg]. 2s) die Trefferzahl n leicht auI Grund der Forme]

d W - - D~A . (~d-D--)I)=I)~/= / (n), (4)

wobei ffir grSl~ere Werte yon n (praktisch schon von n ~ 4 an) einfach

/~ I (n) = 2 ~ (5)

gilt; fiir kleine Werte n ist das zugehSrige /(n) aus folgender Tabelle zu entnehmen :

Tabel le 1.

i 2 p j 4 5 o

�9 ](n) 0,52 i 0,66 1 0,80 0,89 0,98

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Nachdem auf diese Weise n und cr ermittelt sind, kann man sich noch dutch genaueren Vergleieh davon iiberzeugen, ob die empirische SchS~- digungskurve wirklich mit der zu fordernden Genauigkeit in ihrem Gesamtverlauf durch die fragliche Blau-Altenburgersche Trefferkurve darstellbar ist.

Natiirlich mul~ man sich bei Seh~digungskurven yon nicht exponen- tieller Form sorgfitltig versichern, ob die Ungleichm/tl3igkeit des Ab- sterbens bei Verabreiehung gleicher Strahlendosen nicht etwa zum Tell mitbedingt ist durch eine Inhomogenitgt des bestrahlten Zdlraaterials. Vgl. hierzu die Bemerkungen in I u n d die ausfiihrlichere Er6rterung in 27

w 3. Statistik der Zellteilung. Die Voraussetzungen, die der Formel (2) zugrundo liegen, warden verdeutlicht bei Betrachtung des folgenden Problems. Es handle sich jetzt um die TStung einer Gruppe (Kolonie) yon n gleichen Zellen, yon denen jede einzelne durch einen Treffer zu t6ten ist. Eine wechselseitige Beeinflussung der Zellen finde dabei nicht statt . Die Wahrscheinlichkeit, dab nach Verabreichung der Dosis noch immer (mindestens) eine iiberlebende Zelle vorhanden sei, ist nicht etwa dureh die Formel (2) darzustellen, sondern durch die ganz andere Formel

W = 1 - - (1 - - e~D)% (6)

Eine interessante Anwendung dieser Formel (6) ist gemacht worden yon Rahn und Mitarbeitern 5a in statistischen Untersuchungen betreffs der Vermehrung von Einzellern. Wenngleich in diesen Untersuchungen keineswegs eine ~hnliche Exakthei t erreicht werden konnte, wie in den T6tungsexperimenten, so verdienen sie doch ernsteste Beachtung. Bei Ziichtung homogensten Zellmaterials unter ganz gleichm/~Bigen Be- dingungen zeigt sich, dab die Zeitdauer yon der Entstehung einer Zelle bis zu ihrer abermaligen Teilung a) bei komplizierten Einzellern (Ziliaten) hochgradig konstant ist, dagegen b) bei Bakterien (z. B. B. eoli) merk]ichen statistischen Schwankungen unterliegt.

Das Vorhandensein dieser Schwankungen ist im Sinne der Aus- ftihrungen yon Abschnitt 1 ein untriigliches Zeichen dafiir, d~13 der Teilungsvorgang nieht so komp]iziert ist, wie man vielleicht hgtte denken mSgen - - es miissen ffir sein Zustandekommen einzelne Elementarakte in begrenzter Zahl weserttlich maBgebend sein. Rahn nimmt an, dab die Teilung des Zellkernes das Maggebende sei, derart, dab die Zelle sich automatisch teilt, sobald der Kern sich geteilt hat. Dies ise sicherlich eine verntinftige Annahme, zumal man gerade yon B. coli die M6gliehkeit kennt, durch Bestrahlung (unter Anwendung bestimmter Ern~hrungs- bedingungen) eine Teilungsverhinderung ohne W'achstumsverhinderung auszufiihren; die kurzen zylindrischen Kolizellen wachsen dann zu langen F~den (konstant bleibender Dieke) aus. ~6 Die Vermutung, dab es sich hier prim/~r um eine Teilungsverhinderung des Kernes handelt, 27 hat gute

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Statistische Analyse biologischer Elementarreaktionen. 181

Gri inde ; die R a h n s c h e A n n a h m e verd ien t also durchaus Ver t rauen , obwohl man auch andersa r t ige F/~lle kennt , bei denen sie n ieht a n w e n d b a r w~re (Aussetzen der Zetl tei lung t ro tz Kern te i lung , z. B. bei besbrahl ten Chlor- e l la-Algen; s t rah len induz ie r te Tei lung kernfreier F r a g m e n t e yon Arbac ia - Eiern). Auf alle F/~lle is t zu betonen, dab i rgendein mitbest immender

Einflul3 der Zellteile aul3erhalb des Kernes auf das Einse tzen der Teilung die vo rhandenen s ta t i s t i schen Schwankungen n ich t vergrdfiern (oder gar al lein verursachen) , sondern im Gegentei l nur abschw/~chen k6nnte .

R a h n stell te sich wei terhin vor, dal3 die Verdoppe lung eines Gens im Zel lkern ein monomoleku la re r Prozel~ sei, dera r t , dab das zur Zeit t = 0 noch n ich t ve rdoppe l t e Gen eine Wahrsche in l ichke i t e - a t habe, zur Zeit t i m m e r noch n ich t ve rdoppe l t zu sein. N i m m t m a n zun/ichst der Einfach- heir ha lber an, dag ffir alle Gene der Koeff iz ient c~ denselben W e r t habe, so ist, wenn n Gene insgesamt vo rhanden sind, analog zu (6) du tch

W = 1 - - (1 - - e - ~ t ) n (7)

die Wahrsche in l ichke i t daffir angegeben, dag die zur Zei t t = 0 ent- s t andene Zelle zur Zei t t noch nicht geteilt ist.

Empi r i sehe E r m i t t l u n g e n yon n an H a n d der Fo rme l (7) ergeben:

T a b e l l e 2. I

B. coli I B. mega the r ium B. aerogenes tIefe i Zi l ia t Colpoda I

I ' 70 100 140 103--104 i 105 i 1

K r i t i s e h is t zu bemerken, dal3 die Deu tung yon n als Anzah l der Gene du reh eine e twas ver~nder te Deu tung zu ersetzen ist. Wir k o m m e n darauf zur/ iek. Jedenfa l l s is~ aber die Zur/ iekf t ihrung der Kern te i lung auf eine begrenz te Zahl yon E inze lak ten ein wiehtiger Fo r t seh r i t t , betreffs dessen m a n weitere Un te r suehungen wiinsehen m6ehte . Dabe i w~re nat i i r l ieh d ie sehr willkiir l iehe A n n a h m e gleieher Wer t e ~x fiir jeden der n ver- seh iedenen Einzelprozesse zu beseit igen. Das is t durehaus m6glieh: d ie sehr umst/~ndliehen Bereehnungen naeh F o r m e l (7) k6nnen n~mlieh ve! 'einfaeht werden dureh die B e m e r k u n g y dal3 wegen der immer r eeht g rogen W e r t e yon n s t a r t (7) die p rak t i seh g le iehbedeutende Fo rme l

- - l og (1 - - I f ) = n . e - ~ t (8) einzuse tzen ist.

I) iese ~'ormel (8) kann, ohne dal3 ihre leiehte A nw e ndba rke i t beein- t r~eh t ig t wird, auf den Fa l l verschiedener s t a r t i ibe re ins t immender W e r t e o~ ausgedehn t werden; s t a r t ~ . e - ~ t e r h a l t e n wir dann eine Summe yon n S u m m a n d e n der F o r m e -~ t mit teilweise versehiedenen W e r t e n ~.

Die Vorstellung, dal? die Verdoppelung eines Gens ein monomolekularer Vorgang sei, ist sicherlich nieht auf~echtzuerhalten. Sommermeyer und

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Dehlinger s4 haben die Vorstellung n/iher ausgefiihrt, dal3 das Gen in sich noeh eine gr613ere Anzahl gleichartiger Teilstficke (etwa nach Analogie der Kettenmolekii le yon Hoehpolymeren) enthalte. ~ a n kann diese Vorstellung in Einklang bringen mit der experimentellen Tatsaehe, dal3 ein einzelner QuantenM~t das Gen als Ganzes zum Mutieren bringen kann - - man muf~ dann annehmen, dal3 ein Quantensprung eines einzetnen dieser gleiehartigen Teilstficke ein gleichsinniges , ,Umklappen" der iibrigen naeh sictx zieht; Dehlinger hat in Metallkristallen das Vorkommen soleher Umklappvorg~nge festgestellt. Nimmt man die Anzahl gleieher Teilstfieke im Gen als recht grol3 an, so wird ein ann~hernd kontinuierliches Wachstum des Gens mSglieh; die t~ahnsehen statistisehen Schwankungen miissen dann so gedeutet werden, dal3 sie auf eine sprunghafte Teilung der herangewaehsenen Gene zuriiek- gef/ihrt werden. Das wiirde quali tat iv der Rahnsehen Auffassung noeh nahekommen; jedoeh wiirde die Aussicht eines Gens, zur Zeit t noeh ungeteil t zu sein, nicht mehr dureh die Formel e - s t dargestellt. Nattirlieh besteht vorderhand keine Aussieht, die Genauigkeit der Teilungsstatistik so welt zu steigern, dal3 dureh sie eine Entscheidung ffir oder gegen das Dehlinger-Sommer- meyersehe Genmodell zu erzielen w/~re. Jedoeh mSchgen wir - - ohne die Beaehtliehkeit dieses Modells zu bezweifeln - - vorl~ufig eine andere Vor- stellung bevorzugen.

Wi r stellen uns vor, 29 dab die Verdoppelung des Gens erfolgt durch Anlagerung kleinerer , abe t doeh sehon im Durchschn i t t be t r~eht l ich groBer Molekiile, deren jedes einem gewissen Teilst i iek des Gens gleieht , so dab dureh sukzessive Anlagerungen ein dem urspr i ingl iehen Gen gleieh- ar t iges in einem mehrs tuf igen Prozel3 au fgebau t wird. Die Zahl n wtirde dann n ieh t die Anzahl der Gene, sondern vie lmehr die summier te Gesgmt- zahl ihrer Baus te ine bedeuten ; die in Tabel le 2 verzeichneten W e r t e n pgssen reeh t gut zu der Vorstel lung, dab e twa 10 (oder e twas mehr) Bauste ine durehschni t t l ieh fiir einen Genaufbau geb raueh t werden.

Es w~re in teressant , wenn es sieh ermSglichen liege, eine /~hnliehe Tei lungss ta t is t ik , wi t hier f/Jr Zellen, ftir einzelne P las t iden oder Mito- ehondr ien auszufiihren.

w 4. Zellsteuerung. F / i t mehrere wiehtige Beispiele der S t rahlen- biologie is t auf Grund der exper imente l len Befunde kein Zweifel m6glich, dab die in diesen F~llen beobaeh te ten S t rah lenwirkungen p r imgr am Zelllcern angreifen. Es en t s t eh t das Bediirfnis, dureh eine genauere grund- s~ttzliehe Pr i i iung der S i tua t ion Ges ich tspunkte zu gewinnen, die aueh in anderen F~l len - - wo ein ebenso ausft ihrl ieher nnd u n m i t t e l b a r e r Naehweis noeh n ieh t vorl iegt - - eine Beur te i lung mSglieh maehen, ob wir an eine Kernsehgdigung als P r imgrvorgang zu denken haben, ode r an eine andere MSgliehkeit ; das gelegentl iehe Vorkommen aueh anderer F/~lle scheint erwiesen, vor al lem du tch Danneel und Mi ta rbe i te r (vgl. I und 27).

Den Ausgangspunk t dieser Pr i i fung sollen die Uber legungen yon Absehn i t t 1 bilden. Die damal ige Fes ts te l lung, dab biologisehe Vorg~nge deren mikrophys ika l i sehe Ausl6sung fes ts teht , nur du tch Angriff auf das

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Steuerungssystem der Zelle m~glich werden (abgesehen von den in I be- zeiehneten Ausnahmen), schlieBt z. B. die in der Li teratur vielfach ver- tretene Vorstellung aus, dal~ eine diffuse Toxinbildung im Zellplasma der gesuehte Prim/~rvorgang sein kSnne.

W&hrend jedoch eine unmittelbare Erzeugung Inerklieher Mengen toxiseher Substanzen im Zellplasma dureh die Strahlung unseres Er- aehtens bei den in Frage stehenden Dosen nicht in Betraeht kommt, ist anderseits das tats~chliehe Auftreten yon Toxinen als weitere Folge der Bestrahlung sichergestellt.

Aufschlul3reich sind insbesondere die Untersuchungen yon Her~il~ 2~ an tier Epidermis yon Allium cepa. I-Iierbei wurde die intracellulare Diffusion yon ,,Radiotoxinen" deutlich gezeigt. Ferner ergab sich, dab ausgedehntere Epidermisstiieke eine gr61~ere Empfindliehkeit besitzen als kleinere Zell- gruppen; die Deutung ist wohl, wie yon Her~ilc ausgefiihrt, dal~ sich die Sch~digungen durch Diffusion der Radiotoxine ausbreiten, wodurch im Falle gr6t~erer bestrahlter Bereiche erh6hte Aussicht fiir das (sekund~ire) Zustande- kommen letaler Sch~digungen entsteht. Dal~ bei Aufeinanderlegen zweier Epidermisstflcke eine Diffusion aus dem einen in das andere nicht leicht zu erreichen war, spricht offenbar keineswegs gegen die Annahme einer Diffusion innerhalb einer Epidermis. Petrovs 54 land ~hnlich bei tier Alge Zygnema eine erh6hte Empfindlichkeit in dicht zusammenliegenden Biindeln; auch hier handelt es sich wohl um sekund~ire Mitwirkung yon Radiotoxinen - - die allerdings leicht zersetzlich zu sein scheinen, da es unm6glich war, sie naehzuweisen durch i3berimpfung unbestrahlter Zellen auf einen Iq~ihrboden, auf dem zuvor andere Zellen besUrahlt worden waren.

Unseren Erwagungen zufolge haben wir die Bildung dieser Radio- toxine nicht als Primarvorgang der biologischen Strahlenwirkung an- zusehen, sondern als Folgewirkung der in den Steuerungsorganen ein- getretenen Sch~idigungen; diese Toxinbildung geh6rt zu dem Lawinen- vorgang, der dureh Einwirkung auf die Steuerungszentren ausgelSst wurde. Riickwirkend kSnnen die Radiotoxine und die dureh sie im Cytoplasma verursachten weiteren pathologisehen Ver~Lnderungen wiederum den Zellkern beeinflussen. Mikroskopisch sichtbare Sehrumpfungen und ~Lhn- liche Ver~nderungen des Kernes, wie sie von verschiedenen Verfassern beschrieben wurden, sehr instrukt iv z. B. yon Herdik, 5~ gehSren wohl immer diesen sp~Lteren Stadien des Gesamtprozesses an, diirfen also nieht etwa als die yon uns gemeinten Prims aufgefaBt werden. i3brigens mahnen die Ergebnisse betreffs der MSglichkeit intracellulgrer Toxindiffusion zu kritischer Vorsieht in der Bewertung der Ergebnisse yon strahIenbiologischen Untersuchungen an Gewebskulturen.

Ein sehr bemerkenswertes Ergebnis Herdiks ist, dab strahlenge- seh~digte Zellen yon Allium eepa (Alpha-Strahlung) durch rechtzeitiges Auswaschen in Wasser wiederhergestellt werden kSnnen; offenbar war hier der Kern nicht irreversibel gesehs worden, sondern nur vori~ber- gehend in einen pathologisehen Zustand gebraeht; er ist dann wieder

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normal geworden, so da$ keine weitere Toxinproduktion mehr vor sich geht; trotzdem bleibt die Zelle gef/~hrdet, sofern ihr nicht die entstandenen Toxine entzogen werden (vgl. hierzu auch die Bemerkungen in ~7).

W/~hrend diese Feststellung zeigt, dab die physiologischen Auswirkun- gen eines Kernprozesses noch fortbestehen kSnnen, w/~hrend der Kern selber schon wieder in seinen normalen Zustand zuriickgekehrt ist, kann anderseits das erkennbare Hervortreten der dutch einen KernprozeB ausgelSsten Sch/idigungen durch eine l~ngere Zeitspanne getrennt sein von dem Prim/~rprozel3 selbst. So zeigt die Ultraviolett-Bestrahlung yon Euglena eine Nachwirkung yon mehreren Minuten, die Alpha-Bestrahlung yon Allium cepa eine Nachwirkung yon Stunden. An Zygnema beob- achtete Petrovd, dab bestrahlte, aber scheinbar unbeeinfluBte Zellen noch nach einer l~ngeren Reihe yon Zellgenerationen plStzlich entarten und absterben k6nnen.

In diesem Zusammenhange miissen wit auch der vie1 erSrterten und umstrittenen Frage der Abhiingigkeit des Strahlenemp/indlichkeit yore physiologischen Allgemeinzustand der Zelle einige Bemerkungen widmen. Es gibt in dieser Frage - - sowohl in bezug auf Zellt6tung als auch in bezug auf MutationsauslOsung - - eine ausgedehnte Literatur mit vielen sich widersprechenden Angaben. Die Frage, ob es zwischen verschiedenen Stadien der Ze!lentwicklung Unterschiede der Strahlenempfindlichkeit gibt - - etwa z~vischen unreifen und reifen Keimzellen oder zwischen Mitose und Ruhezustand des Kernes - - kann ebenfalls der obigen allgemeineren Frage subsummiert werden; auch hieriiber gibt es viele widerspruchsvolle Behauptungen (vgl. hierzu z. 33. die kritische Berichterstattung yon Reiss56b). Eine Sammlung und Kritik der Literatur zu diesen Fragen kann hier nieht unternommen werden; aueh auf neuere Untersuchungen, die fiir zuverls gehalten werden diirfen (z. B. Stubbe; Timo]deff- Ressovsky) soll deshalb nieht systematisch eingegangen werden. Nut einige Punkte seien hervorgehoben.

Die Abhi~ngigkeit der Strahlenempfindliehkeit-vom Zyklus der Zellteilung wird zweifellos vielfaeh weir fiberseh/itzt; die zuverl/~ssigsten verfiigbaren Feststellungen zeigen keinen oder nut geringeren Einflul3, der nicht fiber die Gr613e (z. B. 50~o) der durch sonstige physiologisehe Beeinflussung er- zielbaren Nnderungen der Strahlenempfindliehkeit hinausgeht (z. B. Timo- JdeJJ-Ressovsky: Drosophila; Knapp-Schreiber: Sph~eroearpus). Fiir das Zustandekommen diesbezfiglicher Fehlschlfisse ist lehrreich die Auffassung yon Love 4~ und ihre Kritik dureh Lea. ~5 Love ersehlol3 eine besonders hohe Strahlenempfindliehkeit soleher Zellen, die kurz vor der Mitose stehen, aus der Tatsaehe, dab gerade bei diesen Zellen eine VerzOgerung der Mitose als Wirkung der Bestrahhng zu erkennen ist, bei den sowieso erst sp/~ter zur Teilung sehreitenden Zellen dagegen nieht. Diese letzteren haben aber, bevor der Effekt Gelegenheit erh/ilt, siehtbar zu werden, Zeit zur Erholung; es besteht also in Wahrheit kein Beweis ffir eine Versehiedenheit der primiiren Strahlenempfindliehkeiten.

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Eine sorgf~ltige Untersuchung yon Erdmann 9 zeigte, daft die Strahlen- empfindlichkeit der He]e abh~ngig ist veto Wassergehalt; bei Verringerung des Wassergehaltes nahm die Empfindlichkeit ab auf etwa die H~lfte. Dies scheint einer allgemeinen Regel zu entsprechen, die insbesondere auch fiir MutationsauslSsung gilt (z. B. nach Stubbe); Demerec hat diesen Punkt be- senders betont, aber zu theoretischen Folgerungen benutzt, die wir ffir mindestens unbewiesen halten. - - Zirkle TM zeigte in einer interessanten Unter- suchung, daft die Strahlenemlofindlichkeit yon Pterislongifolia-Sporen merk- lich beeinfluftbar ist durch CO2, H~S, NH 3. fl~hnliche Feststellungen an I-Iefe wurden wiederum vonde r We/ssehen Schule gemachtJ la

Ergebnisse dieser Art sind haufig als Sttitzen ftir eine der hier ver- tretenen entgegengesetzte Deutung der Primarvorgange der ,,nicht- genetischen" Strahlenwirkung betrachtet worden. Indem man sieh eine mehr oder weniger diffuse Plasmaschadigung als Primarvorgang vor- stellte, suchte man die Beeinflul3barkeit der Strahlenempfindliehkeit dureh den physiologisehen Allgemeinzustand der Zelle so zu deuten, da[~ beispielsweise eine strahlenbedingte Koagulation des Plasmas dureh pH-Anderung bzw. Wasserentzug erschwert oder erleiehtert werden sollte. Es ware abet offcnbar unlogiseh, wenn man eine Empfindliehkeits- beeinflussung, die sich erfahrungsgema[~ fiir die T6tungsexperimente und die Mutationsausl6sung in ziemlich gleichartiger Weise bemerkbar macht, als Argument fiir eine vollstandige Verschiedenheit der Primar- vorgange beider Falle ansehen wollte. Auch la2t gerade in dem yon Zirkle untersuchten Falle die dort vorliegende Situation keinem Zweifel Raum an der Bedingtheit des fragliehen ,,niehtgenetischen" Effekts durch wenige einzelne Ionisierungsakte (vgl. hierzu die erste Ful3note in Absehnitt 7).

Es besteht aber auch keinerlei Schwierigkeit, eine gewisse Abhangig- keit der Strahlenwirkung veto physiologischen Milieu zu vereinbaren mit der l~egel, dal] die auffalligsten Strahtenwirkungen am Kern an- zugreifen pflegen. Mit dem Wassergehalt der Zelle andert sich auch der Quellungszustand des Chromatins ; Anderungen des pH ziehen Anderungen z. B. im Spiralisierungszustand der Chromosomen nach sich (vgl. Dar- lingtonT); die Strahlungsreaktionen der Chromosomen k6nnen also durch derartige Anderungen ebensowohl beeinfluBt werden, wie etwa durch die Anheftung eines Farbsto//es an das Chromatin, die in der Tat ebenfalls die Strahlenempfindlichkeit anscheinend merklich andern kann (vgl. z. B. 5sa).

Ein yon verschiedenen Verfassern zusammengetragenes umfangreiches experimentelles Material, das yon Scott (vgl. I) referiert mid durch eigene Experimente erganzt ist, zeigt, daft Atmung und Glylcolyse der ZeUe weitgehend unabhiingig yon den am ZeUlcern angrei/enden Strahlenwirkungen sind : hohe Prozents~itze der Teilungs- und Wachstumshinderung k6nnen erzeugt werden, ohne daft wesentliche Anderungen an der Atmung oder Glykolyse eintreten. Speziell ftir Here wurde dies yon Wels und Osann (vgl. I) gezeigt; Wels und Mitarbeiter haben in umfassenden Untersuchungen aueh ftir andere Beispiele dasselbe erwiesenY la

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I ndem wir naeh dieser kurzen Ubersicht fiber einige Tatsachen, die Ifir die Beurtei lung der Wechselbeziehungen zwisehen der Gesamtzelle und ihrem Steuerungssystem wesentlich sind, der zu Beginn dieses Ab- schnit tes formulier ten Fr~gestel lung n~her t re ten, maehen wir Gebrauch yon den sehr kl~ren Uberlegungen, die Knapp 3a betreffs ,,genetisch bedeutsamer Zellbestandtei le" vorgetr~gen hat.

Zwisehen den Genen und den auBerhalb des Zellkernes vorhandenen genetiseh bedeutsamen Zellbestandteilen - - m6gen diese nun mikx'oskopiseh rloeh erkennbare Struktureinheiten, wie die Chloroplasten oder auch start dessen molekulardisperse Substanzen sein - - besteht der fundamentMe Unter- schied, dab die ersteren (yon polyploiden Ausnahmef/~llen abgesehen) nur in Einzahl oder Zweizahl in der Zelle vorhanden sind, w~hrend jedes der genetisch wirksamen ,,sekund~ren Steuerungszentren" in einer grd/3eren, u. zw. in einer nieht genau festliegenden Zahl vorhanden ist. W'~hrend dot Meehanismus der Mitosen und 2r fiir strenge Konstanz der Einzahl bzw. Zweizahl der Gene sorgt, gesehieht die Vermehrung der ,,sekund/~ren" genetiseh bedeutsamen Einheiten zwar ebenfalls parallel gehend mit ~raehs- turn und Teilung der Zelle - - das mul3, wie Knapp erl/iutert, zur De]inition der genetiseh bedeutsamen Einheiten gerechnet werden - - , aber doeh so, dal3 nur im statistisehen Durchschnitt Konstanz der Anzahl der verschie- denen Einheiten pro Zelle gewahr't bleibt. Die Vermehrung z. B. der Chloro- plasten geschieht ja dureh Teilungsprozesse, die im einzelnen keinen direkten Zusammenhang mit der Zellteilung besitzen, sondern lediglich in ihrer Gesamt- h/~ufigkeit dem Plasmawaehstum (normalerweise) parallel gehen; bei der Zellteilmlg werden dann die vorhandenen Chloroplasten zufallsm~13ig auf die beiden Toehterzellen verteilt. Darnaeh ist iibrigens, wie Knapp betont, damit zu reehnen, dab aueh die durchschnittliehe Konstanz der Anzahlen der versehiedenen zur Zelle geh6renden sekund~ren genetisehen Einheiten keine absolute ist und aueh nieht nu t yon genotypisehen Faktoren abhfingt, sondern auch dureh ~uBere Einfliisse unter Umsti~nden gest6rt werden karm, bis sieh ein neues Gleiehgewicht mit ver~nderten Anzahlen der Einheiten ausgebildet hat. Dieser Umstand, der einerseits erwarten 1/~13t, dal3 die Mare Trermung von Genotyp und Ph~notyp, die in bezug auf die zellkernbedingte Vererbung m6glieh ist, sieh bei der~ ,,plasmatiseh" bedingten Vererbungs- erseheinungen nieht mehr in gleieher Seh~rfe wird anMogisieren lassen, er6ffnet naeh Knapp anderseits positive Aussiehten fiir eine einheitliehe Auffassung yon plasmatischer Vererbung, Dauermodifikationen, embryonalen Determinationsvorg~ngen und ~hnliehem.

I m Sinne der Be t raeh tungen yon Abschni t t 1 werden wit n u n zu sehliel3en haben, dab eine Zelltdtung, die nach Ausweis der SchCidigungs- kurve durch wenige TreHer bewirkt wird, nur als Angri// au/ den Zellkern gedeutet werden ~ann. Dies ist ohne weiteres klar Ifir diejenigen F/~lle, bei denen as sich n u t u m Inaktivierung eines Steuerungszent rums handel t : eine solche Inak t iv ie rung bleibt unsch/~dlieh, wenn sie ein Steuerungs- zen t rum betrifft, ffir welches ein Ersatz vorhanden ist. So zeigt uns z. B. die Drosophilagenetik, dab ,,kleine" ,deficiencies" gewShnlieh rezessive Letal/aktoren darstel len; im diploiden Organismus kSnnen einige Gene, die norm~lerweise doppelt vorhanden sind, auch bei ein/achem Vorhanden-

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sein noch ihre Funktionen erfiillen; sind aber beide Exemplare eines nur zweifach vorhandenen Steuerungszentrums inaktiviert oder abwesend, so wird die Wirkung letal. Wird nun start eines Gens ein sekund/~res Steuerungszentrum inaktiviert, welches in einer gr6Beren Zahl yon Exemplaren vorhanden ist, so wird auch eine mehrfaehe Wiederholung derartiger Inaktivierung, solange sie noch Ersatz tibrig 1/~Bt, keine T5tung herbeiftihren k6nnen. Allerdings kann, wie es bei der yon Danneel und Mitarbeitern studierten Kaninchenhaarfgrbung der Fall zu sein scheint, eine Veranderung einer gewissen Anzahl yon sekund@ren Steuerungs- zentren eine dieser Anzahl entspreehend abgestufte Ver/~nderung gewisser Zellfunktionen naeh sich ziehen.

Diese Erw~tgungen bediirfen noeh einer Erg@nzung in Riieksicht auf die MSglichkeit (erwiesen durch Zellkern-bedingte Strahlent6tung yon Zellen, die eine operative Entfernung des Kernes zu iiberleben verm6gen) der Ausl6sung einer ,,Toxinlawine" in einem durch Strahlungsinsult pathologiseh ver/tnderten Kern. Wir haben aber in Abschnitt 1 eine Er- wggung ausgefiihrt, nach der wir ein solches Ereignis nicht zu erwarten haben yon einer pathologisehen Vers eines se]cundiiren, in viel- facher Ausgabe vorhandenen Steuerungszentrums; und darnach diirfen wir in der Tat die oben ausgesproehene Sehlul3folgerung ziehen.

Als besonders interessante Anwendung sei das Beispiel des Lebermooses Sphaerocarpus kurz ber/ihrt, welchem Knctpp und Schreiber 34, ~6 ausffihrliche I~Intersuchungen gewidmet haben. Aus jeder (diploiden) Sporenmutterzelle des Mooses gehen bei der l%eifeteilung vier (haploide) Slooren hervor, die zun~tchst noch zusammenhaften. Die Bestr~hlungsversuehe an Sloorenmutter - zellen und an Sporentetraden (R6ntgenstrahlung) ergaben sowohl T6tungen als auch lebensf~ihige Mutationen; fiir letztere scheint die Trefferzahl n = l gUt begriindet (vgl# 6, dort S. 43, Bild 9); fiir die T6tungen wurcle n ~ 2 (genauer wohl: n ~ 1--2) gefunden. ]Die Kleinheit yon n beweist uns das direkte Angreifen der letalen Sch~digungswirkung am Zellkern. Die experi- mentell gefundene enge Parallelit~it yon Mutationsausl6sung und T6tung stimrnt darnit grunds/itzlich gut zusammen; doch erfordern einige Besonder- heiten genauere Pr(ifung. Zun/~chst zeigt das Absterben der vier Zellen einer Tetrade eine gewisse KOplOelung, die das IVIitspielen indirekter T6tungs- wirkungen beweist: diese Tatsaehe kann jedoeh nieht ilberrasehen, wenn die oben ber~hrten Ergebnisse betreffs intraeellular diffundierender l%adiotoxine beriicksichtigt werden. Sehwieriger zu verstehen ist vielleieht die Tatsaehe, dal] die i~berlebenden Zellen partiell get6teter Tetr~den eine deutlieh h6here durchschnittlich~ Mutationsfate zeigen als die Zellen roll iiberlebender Te- traden (vglP 6, S. 44, Bild 10). Hierfiir kommen o~fenbar zwei Erkl~irungs- mbgliehkeiten in Betracht : Entweder sind die Mutationen in den iiberlebenden Zellen partiell get6teter Tetraden teilweise als Folgewirkungen veranlaBt dureh die T6tung. I)as ist unseren Vorstellungen naeh nicht ausgeschlossen, da die diffundierenden Radiotoxine gelegentlieh auch eine chemisehe Muta- tionsausl6sung bewirken k6nnten. Oder es wird angenommen, dab der Kern- prozeI~, der sich in einer fiberlebenden Zelle ~ls I~utation manifestiert, vori~ber- gehend (~thnlich wie bei den naeh Her#il~ auswasehbaren Seh~digungen yon

Archly f. Virusforschung Bd. I, K. 2. 13

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Allium cepa) Toxine katalysierte, die auch dann, wenn sic die eigene Zelle nicht t6ten, zur T6tung einer der Nachbarzellen beitragen k6nnen. Diese letztere Deutung =s scheint uns die plausibelste; eine Entscheidung zwischen den beiden M6gliehkeiten wgre durch weitere statistische Auszghlungen zu erreichen. Die yon Knapp und Schreiber selbst vorgeschlagene Deutung nahm start dessen eine ,,physiologische" Zellsehgdigung unbekannter Art als PrimgrprozeB sowohl der T6tung als aueh der Mutationsausl6sung an, wobei mehrere etwas verschiedene M6gliehkeiten in Betracht gezogen wurden.

Die oben beriihrten Erwggungen Knapps fiber sekundgre genetisehe Einheiten k6nnten noch etwas pr/izisiert werden durch soh/irfere Be- tonung des Umstandes, dab die autokatatytische Selbstvermehrung zu den wesentliehen Eigensehaften dieser Einheiten oder Substanzen zu z/thlen ist - - da Strukturen oder Substanzen, welche nicht allein dutch auto- katalytische Vermehrung, sondern dutch Fremdkatalyse gebfldet werden, infolge ihrer Wiederersetzbarkeit naeh etwaigem Verlust offenbar nicht die Rolle yon Vererbungstrggern spielen k6nnen.

Die autokatalytisehe Selbstvermehrung, die an Genen, Virusformen, Chloroplasten, Mitoohondrien zu beobachten ist, stellt wohl das vom physi- kalischen Standpunkt aus merkwiirdigste und bislang unzuggnglichste Problem innerhalb der mit diesen biologischen Elementargebilden zu- sammenhgngenden Erscheinungen dar. Zwar ist ftir gewisse kleinero Molekiile (z. B. Zellulose) ein autokatalytiseher Aufbauprozeft im Zu- sammenhang mit Polymerisations-Vorggngen bekannt und verstgndlieh. Jedoch macht es bei Genen und girusformen die GrSfie der fraglichen Molekiile schwierig, das Vorhandensein so ausgeprgg ~er and hochspezifisehor Polymerisationstendenzen zu verstehen, wie sic fiir einen Genaufbau im Sinne des in Abschnitt 3 besproehenen Schemas ben6tigt wiirden. Diese Fragen k6nnen in Zusammenhang gebraeht werden mit einer dureh eytologisehe Beobaehtungen wahrscheinlich gemachten (allerdings sehr umstrittenen) 8pezi/ischen Anziehung zwischen gleichartigen Genen. Der ganze Fragenkomplex 29 ist jedooh noch weitgehend ungeklgrt.

Es scheint aber, dal~ die autokatalytisehe Selbstvermehrung eine sehr verbreitete Erscheinung bei den hochkomplizierten ~[olekiilen der organi- sohen Substanz ist; die in Abschnitt 2 schon beriihrten Verhgltnisse betreffs der Imrnuniaierung sprechen dafiir. Es wird deshalb wiinsehens- wert, das Immunisierungsproblem einmal yon diesem Standpunkt ans zu durchdenken; dabei zeigt sieh, dab folgende Vorstellung gut geeignet scheint, die bislang bekannten exp~rimentellen Tatsaehen darzustellen. Es werde - - unter partiellem Zuriickgreifen auf eine alte u - - angenommen, dal~ ein zu einem Antigen A geh6render Antik6rper aus einer mit der Fghigkei~ autol~atalytischer 8elbstvermehrung ausgestatteten Verbindung AB entsteht. I)as in Abschnitt 3 erli~uterte Schema auto- katalytiseher Vermehrung lgl~t dann ohne weiteres verstehen, dab AB geneigt ist, ein weiteres A in einer loekeren Additionsverbindung A - - A B

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anzulagern - - wie es erfahrungsgem~g wirklieh der Fall zu sein seheint~K Bei Beriicksichtigung des Umstandes, dab die Spezifizit/tt der ,,Poly- merisations"-Anziehung und folglieh aueh die Identiti~t der Reduplikation bei serologisehen Prozessen keine so absolute ist, wie bei den Genen, ergibt sieh sl eine Beseitigung der seheinbaren Sehwierigkeiten, die der Annahme einer Struktur A B ftir den Antik6rper entgegenstanden, und die allerdings, solange die autokatMytisehe Vermehrung des Antik6rpers nieht mit in Betraeht genommen wurde, als entseheidende Einw/inde bewertet werden mul3ten (z. B. Fehlen yon Arsen im Antik6rper eines arsenhaltigen Antigens; Phi~nomen der areziproken Reaktionen).

w 5. Zeitfaktor. Wenn eine strahleninduzierte TStung oder Schs mit exponentielIer Seh/~digungskurve verl/~uft, also dureh je einen einzigen Treffer ausgelSst wird, so muB not~wendigerweise der naeh Applizierung einer gewissen Dosis D getStete Prozentsatz unabMingig sein vom zeit- lichen Verlau] der Bestrahlung: wird die Dosis D einmal bei geringer Intensit/~t 4nnerhalb li~ngerer Zeit und anderseits bei groBer Intensit~t in kurzer Zei*, oder drittens aueh unter intermittierender Bestrahlung angewand~, so mug in jedem Fall die Wirkung die gleiehe sein.

In komplizierteren Fallen, wenn die betraehtete Seh/~digung dutch Zusammenwirken mehrerer Treffer erfolgt, kann dieselbe Unabh~ngigkeit yon der zeitliehen Verteilung der Dosis bestehen; in diesem Falle be- zeiehnet man den Vorgang als zeit/aktor/rei. Es kann abet aueh das Zusammenwirken mehrerer Treffer abhi~ngen yon der Sehnelligkeit ihrer Aufeinanderfolge, so dal3 die Wirkung derselben Dosis bei grSBerer oder kleinerer Intensit/~t (oder bei intermittierender Bestrahlung) verschieden ausfgllt; dalm ist ein Zeit/aktor vorhanden. Offenbar setzt die in Ab- sehnitt 2 besproehene Mehrtrefferformel (2) die Abwesenheit eines Zeit- faktors voraus, kann also nicht auf Fglle mit Zeitfaktor angewandt werden.

DaB trotzdem diese Formel (2) in vielen wiehtigen F/~llen brauchbar bleibt, h~ngt damit zusammen, dal3 man in den meisten Fi~llen die im Zeitfaktor zum Ausdruek kommenden Verh~ltnisse folgendermaBen qualitativ erl/tutern kann~

Es ski naeh Eintreten eines Treffers, der allein noch nicht zu tSten vermag, eine Erholung mSglich; vergeht also hinreiehend lange Zeit, bevor der ngchste Treffer kommt, so wird die Wirkung des erst~n sehon ganz versehwunden skin, und kS wiederholt sieh mit dem zweiten Treffer noch einmal derselbe nichtletale Vorgang. Erfolgt dagegen der ns Treffer sehon vor Zustandekommen der Erholung, so karm das Ergebnis letal werden. Na~iir]ieh kann man sich sogMch aueh kompliziertere Fi~lle vorstellen, mit einer grSgeren Zahl n yon Treffern, die erst bei hin- reiehend schneller Aufeinanderfolge letal wirken; jedoch sei zun/~chst nur der einfachste Fall n = 2 betraehtet . Folgt der zweite Treffer schon

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nach sehr kurzer Zeit, so is t noeh keinerlei merkl iche Erho lung eingetreten. Es k o m m t dann die maximale m6gliche W i r k u n g der beiden Treffer zu- s t ande : diese Wi rkung Icann nicht mehr dutch noch ngheres zeitliches Zusammenriiclcen der beiden Tre//er gesteigert werden. Folgl ich werden wir erwarten, dab bei Anwendung hinreichend grofier Intensita:t der Vet- gang p rak t i seh zeit/aktor/rei wird: is t die Intensi t~i t so grog geworden, dab ffir die Erho lung keine Zeit mehr ble ibt , so kann durch weitere In tens i t~ t ss te igerung eine VergrSgerung des Effektes einer bes t immten Dosis D nicht mehr er re icht werden. Dagegen wird man bei kleinen IntensitS, t en infolge der Erholungsvorg~inge eine verringerte W i r k u n g der Dosis D l inden mfissen. Offenbar gel ten diese qua l i t a t iven Sehliisse n ich t nur fiir eine dureh nur n ~ 2 Treffer bed ingte Seh/tdigung, sondern ebenso auch Itir kompl iz ie r te re Fs

Eine Ubers ich t fiber die im Ze i t fak to r zum Ausdruck kommenden Ver- hs erh/~lt m a n e twa dureh Aufzeichnen eines Dosis-Intensitiits.Dia- gramms; K u r v e n kons t an te r SehS~digung (z. ]3. 25~ oder 50% ige Ab- t6 tung) werden e inget ragen in ein Achsenkreuz, dessen Abszisse Intensit~its- wer te und dessen Ordina te zugeh6rige Dosiswerte dars te l l t . Diese K u r v e n kons t an t e r Sehgdigung mfissen also in allen durch die obige Vorste l lung erfaBten F/~llen ein derar t iges Aussehen haben, dab sie ffir grol3e In tens i - tg t en in waagreehte Geraden fibergehen, bei kle inen In t ens i t s dagegen einen for tgese tz ten Anst ieg in der R ich tung abnehmender Intensit~it zeigen. Arbe i t e t man nur mi t solchen Intensit~tten, bei welchem die K u r v e n kons t an t e r SehSAigung im Dos i s - In tens i t / t t s -Diagramm berei ts waagrecht - geradl inig verlaufen, so is t m a n yon al len dureh den Ze i t f ak to r bed ing ten Kompl ika t i onen frei : hier wird dann die lVIehrtrefferformel (2) anwendbar .

Tats~ehlieh entspreehen die meisten bekanntcn Beispiele diesem qualita- riven Schema. Z. B. fanden Sievert und Forssberg, G~ ~iltere Ergebnisse yon Pacl~ard bestiitigend und wesentlieh erweiternd, dal3 bci Drosolohila-Eiern IR6ntgenintensit/~ten zwischen rund 0,1 r/see und 80 r/see eine nur yon der Dosis abh/ingige Wirkung ergeben. Dagegcn zeigt sich ftlr Intensit~tten unter- halb 0,1 r/see eine starke Abnahme des Effektes einer Dosis D; genauere quant i ta t ive Verfolgung ist jedoch wegen der zu sehnellen Entwieklung der Eier schleeht m6glich. Dicse Feststel lungen sind neuerdings auf noeh viel h6here Intensit~tswerte ausgedehnt worden. Kingdon und Tanis 3~ haben eine EntladungsrShre konstruiert , die es ermSglicht, R6ntgendosen yon 3,5 r in der phantast isch kurzen Zeit yon 5 . 10 -~ see zu verabfolgen. An- wendung derartiger StrahlungsstSl?e auf Drosophila-Eier ergab wiederum dieselbe Wirksamkei t einer summierten Dosis D, die aueh fttr normale In- tensitiiten (yon mehr als 0,1 r/set) zu beobaehten ist. Eine unsiehere Fest- stellung yon Sievert und Forssberg, 62 die f~r 140--4A0r/see wieder ver- minderte Dosiswirkung zu zeigen sehien, kann darnach als widerlegt angesehen werden. Gre~1ori 15~ untersuehte des Interval l yon 0 ,1--70r /see; eine noeh zwisehen 0,5 bis 70 r/see festgestellte schwaehe Zunahme der Dosiswirkung mit der Intensit~it beruht sicherlieh auf Ungenauigkeit tier Intensit~itscr- mittlungen. GTegoris hiervon nieht beeinflul~te Feststellungen betreffs

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intermittierender Bestrahlung ergaben n~mlich wiederum Abwesenheit des Zeitfaktors bei einer Intensit/ib yon ungef/ihr 0,5 r/sec.

In Versuchen mit Algen (Scenedesmus, Chlorella, Mesotaenium) wurde von Forssberg n hauptsiichlich der AbfM1 der Wirkung pro Dosiseinheit bei kleinen Intensit i i ten untersucht; die benutzten Intensiti i ten gingen nur bis zu 54 r pro see hinauf und erlaubten bei Scenedesmus und Chlorella gerade noch den IJbergang zu einer intensit~ttsunabh~ngigen I)osiswirkung deutlich zu erreiehen, bei Mesotaenium noch nieht ganz. Eigent/imlieherweise fanden dagegen Langendor//-Langendor//-Reufi 43~ Abwesenheit eines Zeitfaktors bis zu Intensi ta ten yon ungef/~hr 5 r/sec herunter. Der Grund dieser Diskrepanz ist einstweilen nicht zu erkennen. Vielleicht handelt es sich darum, dal3 Mesotaenium ealdariorum hinsichtlich der Erholungsf/ihigkeit starke Va- riationen zeigen kann; jedenfalls fanden die letztgenannten Verfasser er- hebliche Variationen hinsiehtlich der Halbwertsdosis DI/2, die durch die /~ul3eren Kulturbedingungen stark beeinflul3bar war und sieh auch bei mSglichster Konstanz dieser Bedingungen zeitlich ~inderte. Dagegen blieb die Tre]]erzahl n ]constant, und zwar gleieh 3 sowohl fiir R5ntgenstrahlen der Wellenl~ngen 0,56 A und 1,54 A, als auch fiir Ultraviolett (ttg-Lampen- Gesamtspektrum).*

Als weiteres qualitatives Beisloiel sei erw~ihnt die RSntgent6tung und Allohastrahl-TStung yon Hefezellen. Hier hat man nach Holwec]c und Lacassagne eine sehr langsame Erholung (f/ir gewisse Trefferereignisse; daneben gibt es andersartige Trefferereignisse ohne feststellbare Erholung), die gr613enordnungsm~!3ig etwa l0 Stunden in Ansloruch nimmt. Man finder Iceinen Zeitfaktor, wenn man dieselbe I)osis einerseits im Verlaufe yon an- n/~hernd 5 Stunden und anderseits innerhalb einigen Minuten anwendet. Bei Ultraviolett (2540 A) land Schreiber 6~ an Here eine raschere Erholung, die erst bei Bestrahlungsdauern yon weniger als ungef~hr 45 Minuten den Zeitfak~or fortfallen 1/~l~t.

Eine quanti tat ive Theorie des Zeit /aktors k a n n sicherlich nu r in st~rk schem~tisierender Weise gegeben werden. Die in Absehni t t 4 gemachten Bemerkungen haben ja schon gezeigt, da~ der Erholungsvorgang un te r Umst~nden etwas recht Komplizier tes sein kann , bestehend sowohl aus einer Wiederherstel lung des durch die S t rah lung in einen abnormen Zus tand versetzten Zellkernes als auch aus einer Beseitigung der all- gemeinen physiologischen Sch~digungen, die sich in der Zelle sekundar ent- wickelt haben. (Ybrigens haben verschiedene, hier n ich t im einzelnen anzufi ihrende Unte r suchungen gezeigt, dal] die Erholung oft erst im Ver- laufe von Wachs tums- und Teilungsvorgi~ngen zus tande k o m m t (vgl. 60).

Versuche einer quanti tat iven theoretischen Auswertung verschiedener der vorhandenen experimentellen Daten sind ktirzlich yon Lea 45 vorgelegt worden. Eine yon ihm aufgestellte und benutzte diesbeziigliehe Formel war iibrigens schon yon Ra]ewsky und Ddnzer ~6a, 6a abgeleitet worden. Ftir eine aus- fiihrlichere Bertieksiehtigung an dieser Stelle scheint der augenbliekliehe Stand

* Eine erhebliche Versehiedenheit der in beiden Untersuchungen be- nutzten Objekte oder Kulturbedingungen zeigt sieh iibrigens darin, dab der Teilungszyklus bei Forssberg 100, bei den anderen Verfassern 48 Stunden dauerte.

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der Dinge noch zu tmentwiekelt; immerhin besti~tigen die Untersuehungen yon Lea die Brauehbarkeit der Vorstellungen, die oben in qualitativer Form erl/~utert sind.

Es kommt aber aueh vor, dab der Zeitfaktor nicht allein dutch Er- holungsvorgiinge deutbar ist, sondern gerade umgekehrt sieh als erhghte Wirksamkeit einer Dosis D bei geringerer Intensit/~t darstellt. Die yon Gri]]ith und Zimmer ~6 sowie Sehreiber 6~ gegebenen Zusammenstellungen erw/thnen versehiedene Angaben dieser Art; und mindestens in einem Falle seheint ein derartiges Vorkommnis zuverl/~ssig gesiehert, n/~mlieh bei der yon Spear und Grimmett 6~ untersuehten ~-Bestrahlung yon Ge- webekulturen,

Bei hinreiehender Intensit~t verlaufen alle Kurven konstanter Seh/idigung waagreeht-geradlinig. Eine Ausmessung der zu diesen Intensit/~ten ge- h6rigen Seh/idigungskurven ergibt (naeh dem in Absehnitt 2 besehriebenen Verfahren) eine Tre]]erzahl n = 2. Bei -Ubergang zu kleineren Intensit/iten steigen abet die K.urven konstanter Seh/~digung (im Dosis-Intensit/~ts- diagramm) nieht sogleieh an, sondern fallen vorher zu einem Minimum, alas anseheinend fiir alle Dosiswerte bei derselben Intensit~t (etwas mehr als 60 Sievert-Einheiten) liegt.

Versehiedene Verfasser (z. 13. Love 47) haben versueht, die Zeitfaktor- ph/inomene in Zusammenhang zu bringen mit periodischen, dureh den Zellteilungszyklus bedingten ~nderungen der Strahlenempfindliehkeit. DaB eine solehe Deutung undiskutierbar ist, aueh betreffs des nieht dureh einen einfaehen Erholungsvorgang deutbaren Effektes, der soeben erl/~utert wurde, ergibt sieh aus einer einfaehen Uberlegung. Die Gr6gen- ordnung fiir den Zeitabstand, der dutch zwei aufeinanderfolgende Treffer unterschritten werden muB, wenn der Zeitfaktor beseitigt werden soll, ist, wie aus der Formel (3) hervorgeht, ungef/~hr gleieh der Expositions- dauer ftir eine 50% ige AbtStung mit der kleinsten noeh praktiseh zeit- faktorfrei arbeitenden Intensitgt. Diese Zeit ist abet bei Spear und Grimmett gleieh 5,3 Minuten; und da dies viel kleiner ist, als die Zeitdauer des Zellteilungszyklus, so ist es unm6glieh, beides irgendwie miteinander zu verknfipfen.

Es bleibt deshalb niehts anderes iibrig, als aus dem eigenttimlichen Befunde von Spear und Grimmett die Feststellung zu entnehmen, dab in diesem •alle das Zusammenwirken zweier aufeinanderfolgender Treffer zwar dann, wenn ihr zeitlieher Abstand merklieh kleiner als eine Minute ist, vom Betrag dieses zeitliehen Abstandes unabh~tngig ist - - und dab anderseits bei wesentlieh gr6gerem Zeitabstand infolge vollzogener Er- holung kein Zusammem~drken mehr zustande kommt - - , dab abet ein gewisser zeitlieher Abstand yon der ungef/~hren GrSBe einiger Minuten das ZusammenwirkerL der beiden Treffer noeh verh/~ngnisvoller fiir die Zelle maeht, als eine sehnellere Aufeinanderfolge. Bei n/~herer Erw/~gung seheint diese Feststellung durehaus nieht paradox. Es ist leieht, sieh

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Prozesse vorzustellen, die ein derartiges Verhalten erm6gliehen wiirden; doeh waren diesbeztigliehe Spekulationen wohl verfriiht.

Zeit/alctoruntersuchungen sind, wie absehlieBend betont sei, keineswegs nut betreffs der Strahlenwirkung auf lebende Zellen wichtig und wfin- sehenswert. Strahlungs-Inaktivierungen yon Virusarten oder yon Enzymen bieten - - ebenso, wie in den sehon in I erSrterten Punkten (Wellen- langenabh~ngigkeit der t~Sntgeninaktivierung; ,,S/~ttigungseffekt") __ aueh in bezug auf den Zeitfaktor ganz analoge Probleme dar, wie die Zellt6tung. Verlauit eine Inaktivierung exponentiell (die hs hierftir gebrauehte Bezeiehnung ,,monomolekular" ist kaum gliieklieh, da es sieh nieht um eine yon je einem Molekiil, sondern yon je einem Liehtquant oder dutch je eine Ionisierung veranlagte geaktion handelt), so mug Abwesenheit eines Zeit/alctors naehweisbar sein. Es seheint nur wenige diesbeziigliehe Ermittlungen zu geben. Festgestellt wurde Abwesenheit eines Zeitfaktors bei Ultraviolettinaktivierung yon Urease (dureh Tauber; vgl. s, dort S. 1157). Mehrstufige Inaktivierungsvorgange, deren erste Teilsehritte noeh eine spontane Wiederherstellung des urspriing- lichen Zustandes (analog der ,,Erholung") gestatten, miissen dagegen einen Zeit/aktor zeigen, und diesbeziigliehe Ermittlungen k6nnten eine wertvolle Hilfe Iiir die Analyse der sieh abspielenden Vorg~nge sein. Ver- hs dieser Art seheinen' bei der Denaturierung von EiweiB (in w~isseriger LSsung) dureh t~Sntgenstrahlen vorzuliegen; doeh wiirde eine nahere Er6rterung dieser Verhs bier zu viel Raum beanspruehen.

w 6. gltraviolett. Ultraviolette Strahlungen wurden sowohl in bezug auf ?r als aueh vor allem in bezug auf ZelltStung viel- faeh untersueht. Betreffs der ZelltStung liegen zwar - - im Vergleieh zu der iiberaus umfangreiehen Gesamtliteratur (vgl. auger dem folgenden die Angaben in 5, 8, 10, 55, 72) - - nut wenige solehe Untersuehungen vor, die vollsts Sch~idigungskurven ergeben haben; sie beziehen sieh in der I-Iauptsaehe auf B. eoli (Wyeko[]), Here (Holweelc-Laeassagne, Oster-Arnold, Schreiber , W yelco//-Luyet), Mesotaenium ( Langendor//- Reu/3), Euglena (Swann-del Rosario), I~hizopus nigrieans-Sporen (Luyet), Sta- phylococcus aureus (Gates); aul~erdem auf Drosol0hila-Eier (Sommermeyer).

Die grol~e Mehrzahl der Untersuehungen besehr~nkt sieh auf die fiir versehiedene Wellenl~ingen durehgefiihrte Bestimmung der in geeigneter Weise - - z. B. dureh die Halbwertsdosis D, h - - definierten EmpJindlichkeit des Objektes. Dabei wurde entweder ein gewisser ausgefilterter Teil dos Spektrums - - am besten monoehromatisehes Lieht - - fiir sieh allein unter- sueht, oder es wurde eine Gesamtuntersuehung aller Wellenli~ngen eines ausgedehnten Intervalls durehgeftihrt in der Weise, dal3 auf eine mit Zellen gleiehm~l?ig bes/ite Fl~ehe ein Spektrum entworfen wurde, in welehem sieh eine T6tung in kontinuierlieh abgestufter St~rke ergab. Diese Methode ist offenbar die sinngem~il3e f/ir eine Klarstellung, ob ausgepr/~gt selektive Wir- kungen bestimmter Wellenl/ingen vorhanden sind.

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Naturgem~13 ist aber die Benutzung einer ein Linienspektrum ergebenden Lichtquelle (Hg-Lampe) fiir eine sichere Beantwortung dieser Frage nicht giinstig. Rouyer und Servigne 5s wahlten neuerdings eine Wasserstofflampe, die ein kontinuierliches Spektrum liefert; es erweist sieh das Nichtvorhanden- sein ausgepr~gter Selektivit~t, unter Korrektur einiger SehluBfolgerungen, z. B. yon Prudhomme.

0bwohl Untersuchungen , in denen auf Fests te l lung von Sch/idigungs- kurven verzichtet ist, nu r eine recht summarische In fo rmat ion zu ]iefern verm6gen, ergibt das umfangreiche Beobachtungsmater ia l , das yon vielen verschiedenen Verfassern gesammelt worden ist, insofern doch eine widhtige Einsicht , als es fiir eine ganze Reihe verschiedener Ob]e]cte eine weitgehende Ahnl icMcei t des , , T 6 t u n g s s p e k t r u m s " erkennen ]s

Die quanti tat iven Verh~ltnisse werden am deutliehsten gezeigt dutch eine Abbildung (Baet. eoli betreffend) bei Hollaender und Duggar, ~ dort S. 23, oder eine ~hnliehe Abbildung yon Gates I3 (B. coli betreffend), wiedergegeben aueh im Duggarschen Buche, s dort S. 1125. Die Ergebnisse der sonst vor- liegenden Untersuchungen stimmen damit gut iiberein, bzw. zeigen analoge Verhgltnisse ]i~r andere Zellarten. (Bei der erforderlichen kritischen Be- aehtung einiger Details; worauf bier nieht im einzelnen eingegangen werden kann.) Vgl. z. ]3. WyckoN 78 (B. eoli), Rouyer und Servigne 5s (Hefe, B. py- ocyaneus, B. coli und andere Bakterien), Browning mid Russ 2 (S. aureus, B. typhosus, B. eoli), Prudhomme 55 (B. cell, S. aureus), Coblentz und Ful ton 5 (B. coli), S w a r m und del Rosario TM 7o (Euglena), Oster 5~ ~1 (Hefe), Gcttes 13 (S. aureus, B. coli), Weins te in v2 (Pa.ramaecium), E h r i s m a n n u n d Noethl ing 1~ (sechs Bakterienarten und ttefe), L u y e t 47~ (Rhizopus nigrieans), Liechti und .Feistmann 46a (B. prodigiosus) und eine Reihe weiterer Arbeiten.

Die Empfindliehkeit besitzt ein ausgepr/igtes Maximum bei etwa 2650 A; nach der langwelligen Seite f/~llt sie steil ab, um etwa bei 3100 A nahezu zu versehwinden. Nur bei Anwendung sehr grol3er Strahlendosen (lange Expositionen) kann man noeh fiber 3100 A hinaus eine geringfiigige T6tungs- wirkung bis etwa 3700 oder 3800 1 naehweisen; diesbezfigliehe Angaben in der Literatur sind jedoeh zum Teil als unzuverl~ssig zu betraehten, wegen un- geniigender Abfilterung kurzer Wellenliingen. Naeh der kurzwelligen Seite ist der Abfall weniger stark; er geht zu einem Minimum bei etwa 2300 A, wonaeh ein neuer Anstieg beginnt, der naeh Coblentz und Ful ton zu sehr hohen Werten der Empfindliehkeit (h6her als im Maximum bei 2650 i ) ftihrt. Aueh zwisehen 1250 und 1700 i i s t hohe Empfindliehkeit beobaehtet worden (Bovie; vgl.~).

Vergleieht man die oben genann t en Abbi ldungen mi t dem yon Cas-

per~8on (vgl. 4, dort S. 16) gegebenen Bild der Nulc le ins i iureabsorp t ion ,

so ist eine enge Ubere ins t immung unverkennbar . Auf eine l Jbere ins t immung dieser Art wurde aueh yon Gates und yon Oster hingewiesen.

Die Spektren der drei wiehtigsten Nukleins~uren unterseheiden sieh nu t wenig voneinander; bei der ttefenukleins~ure ist das bei 2300 A liegende Minimum besonders ausgepr/~gt. Das fragliehe Absorptionsspektrum ist naeh Caspersson praktiseh allein dureh die Purin- und Pyrimidinanteile der Nukleins~uren bedingt. Im Gebiet zwisehen 2500 und 2700 I i s t die Ab- sorption der Nukleins~ure sehr viel starker, als die hier nu t geringfiigige

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(durch Tyrosin- und Tryptophanantei le bedingte) Absorption der meisten Eiweil3k6rper, deren Absorption zwar auch schon bei 3200 }t feststellbar wird, aber erst fiir Wellenl~ngen unterhalb 2500 A steil ansteigt. (Bei etwa 2800 A liegt fiir die meisten Eiweil3k6rper ein Maximum dieser schwachen Absorption und bei etwa 2500 A ein Minimum.)

Es f ragt sich nun, ob dasselbe, mi t dem Abso rp t i ons spek t rum der Nukle insaure t ibere ins t immende Spek t rum, das bei der T6 tung yon Einzel lern zu erkennen ist, aueh bei Mutationsausl6sung du tch U l t r a v io l e t t wiederkehr t .

Pollenbestrahlungen an Mais (Stadler-Sprague 65) und Anti r rhinum (Stubbe. Noethling4~ 6s) sowie Experimente mit Drosophila (Reuf156c) lassen in der Tat naeh der langwelligen Seite hin (steiler Abfall gegen 3000 bis 3100 A) ganz dieselben Verh~ltnisse erkennen. Die Ergebnisse bei Mais sind ferner in Einklang rnit der Vermutung eines Empfindlichkeitsmaximums bei 2650 A, wenn sie aueh zu dessen genauer Festlegung noch nieht ausreiehen. Stubbe und Noethling sehlossen allerdings, dab bei Ant i r rbinum das Maximum schon dieht bei 3000 A liege; doch reicht die Genauigkeit ihres (sehr miihsam erarbeiteten) Zahlenmaterials wohl nicht aus, dies zu sichern.

Die besprochenen Verh/~ltnisse ]egen den Sch]ul3 nahe, dab h6chst- wahrscheinl ich in e inem hohen Prozen t sa tz Mutationsausl6sung und ZelltStung durch Ultraviolett zwischen 3100 und 2300fil so verliiu/t, daft das wirlcsame h u zuniich~t im 2Vu]cleinsiiuregeriist der Kernbestandteile absorbiert und die absorbierte Energie erst nachtrdglich gegebenen/alls einem Gen zuge/iihrt wird.* DaB aueh bei Bak te r i en nukleins/~urehaltige ke rnar t ige K6rpe rchen ( , ,Minia turkerne") t a t sach l ich vo rhanden sind, wurde in I berei ts besproehen.**

Zu be tonen ist a l lerdings : Es k a n n sieh b e s t i m m t nicht d a r u m handeln , dag jedes yon der Nukleins/~ure absorb ier te u l t r av io le t t e h~ le ta l bzw. mu ta t i onsaus l6 send wirkt . Vie lmehr k a n n eine solehe Absorp t ion nur mi t sehr geringer Wahrsehe in l iehke i t zu le ta lem Ausgang f t ihren; es muB sieh also, wenn t r o t z d e m Absorp t ions- und T6 tungs spe k t rum innerha lb des fragl ichen In tervMls engstens parallelen Gang zeigen, u m ein analoges Phs handeln , wie bei der in I besproehenen Parallelit/~t von Ab- so rp t ionsspek t rum und I n a k t i v i e r u n g s s p e k t r u m der Urease. (Dieselbe Parallelit/~t f indet sieh i ibrigens naeh Gates anseheinend bei Peps in ; vgl. s, S. 1159.) Es wurde in I erws dab diese Para l le l i t s (bei ger inger Wahrsehe in l iehke i t der I n a k t i v i e r u n g naeh einer Absorp t ion) phys ika l i seh

* Anm. bei der Korrektur. Nach ireundlicher pr ivater Mitteilung sind Knapp.Reufi.Schreiber grundsiitzlich zu dem gleiehen Schlul3 gekommen, auf Grund einer sorgf~ltigen Untersuchung der WellenI~ingenabh~ingigkeit der Ultraviolett-Mutationsausl6sung bei Sphaerocarpus.

** Interessant seheint der Fal l des Vakzinevirus, bei welchem einerseits Feulgenreaktion (Haagen 17 ; Robinow und Bland) und anderseits Inaktivierungs- spektrum (Rivers und Gates 57) auf eine gewisse Rolle der Nukleins~ure hin- zudeuten seheinen.

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gedeutet werden kSnne unter Bezugnahme auf eine Energiewanderung (Elektronenwanderung) im Molek/il; dieselbe Deutung kann auf das jetzt betrachtete Ph~nomen an der Nukleins/~ure angewandt werden.

Ob die geringf~gige Empfindlichkeit yon Mikroben zwischen 3100 und 3700 A ebenfalls noch mit der Nukleins~nre zusammenh/ingt, ist zur Zeit noch nicht zu entscheiden. Betreffs der Wirkungsweise der kurzen Wellen jenseits 2300 A kommt aul~er Absorption dm'ch die Nukleins~ure wohl auch direkte Absorption durch die Proteinanteile der Gene in Betracht.

Verstgndlicherweise finden wir ein ganz anderes, dem gewShnlichen Typus der EiweiBabsorptionen entspreehendes Spektrum z. B. bei der Inaktivierung der Urease (Kubowitz-Haas) und des Tabak-Mosaik-Virus (Hollaender-Duggar; vgl. wiederum die erws dortige Abbildung); ferner, bei der Ultraviolettaktivierung unbefruehteter Arbacia-Eier (Hollaender; Harvey-HollaenderlS,~a), fiir welche der Angriffsort der Strahlung nicht im ZelIkern liegt.

Ultraviolettsehs yon Hefe ergeben, da6 das Ab- sorptionsgebiet zwischen 3100 und 2300 A auch qualitativ ausgezeiehnet is~. Einerseits arbeiteten Holweck und Lacassagne ~1,~5 mit Licht des Interva]ls 2800 bis 3800 A, wobei ein ausgepr/~gtes Intensi ts bei 3350 A lag; es handelte sich also im wesentliehen um Wellenl/mgen aufierhalb des genannten Absorptionsgebietes. Ausz/~hlung der Zellen 16 Stunden, dann 24 und dann 48 Stunden nach der Bestrahlung ergab Seh~digungskurven mit zuneh~nender TreNerzahl n; d. h. also, es liegt eine langsame Erholung vor, wobei die Zellen, welche die meisten Treffer erhalten haben, sieh am sp/~testen erholen. Bei 48 Stunden war n ungefs gleich 40.

Schreiber 6~ land anderseits fiir monoehromatisehes Lieht n = 29 (ab- gerundet n = 30) bei 2290 A, also im Absorptionsndnimum; aber in auff/ffligem Gegensatz dazu n = 6 (genauer: n = 5 bis 6) ffir 2540 A. Beide Angaben gelten sowohl fiir die Auszs naeh 24, als auch ftir die naeh 48 Stunden. Man wird vermuten diirfen, da6 das ganze obige Absorptionsgebiet dutch kleinere Werte n ausgezeichnet ist gegeniiber sowohl 1/~ngeren als aueh benaehbarten kiirzeren Wellen. Offenbar ergibt also Absorption eines h~ des fragliehen Intervalls eine besondere Art der Anregung im Nukleinss (bzw. seinen Purin- oder Pyri- midinkomponenten), welehe in speziellem MaBe dazu geeignet ist, ein- greifende St6rungen im Zellkern nach sieh zu ziehen. Ubrigens hat Schreiber dureh eine sorgf/~ltige Analyse weiterhin gezeigt, dag die Wahr- seheinlichkeit der Trefiererzeugung als solehe temperaturunabhiingig ist; die Erholungsvorg~nge dagegen sind (wie nicht anders zu erwarten) temperaturabh~ngig.

Oster und Arnold 51 haben keine ausgepr/igte Abh/~ngigkeit der Treffer- zahlen yon der Wellenl/~nge gefunden, geben aber eine gewisse (bei

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Schreiber nich t e rkennba r gewordene) Abh~ngigke i t yon n yore Sch~di- gungsgrade M D oder M I an. Die W e r t e n var i ieren von 4 bis 6. Die Ergebnisse yon Wycko//-Luyet TSa ffir die Wel lenl~ngen 3132 A; 2900A; 2652 A; 2536 A s ind d a m i t im Einklang.

Bei B. coli land Wycko[] 7S fflr ffinf Wellenl~ngen von 2536 .~ bis 2900 .~ exponentielle T6tmlg n = 1. Kein Zeiffaktor; Temperaturunabh~ngigkeit . Die grunds~tzliehe Bedeutung dieser Befunde ist schon in I gew6rdigt wordGn; sie sind der einfachste und unmit te lbarste Beweis ffir die MSglichkeit der Zellt6tung durch einen einzigen Quantenakt ; in dieser ~ ins ich t noch wiehtiger als die analogen Ergebnisse ffir ionisierende Strahlungen, bei denen erst die Heranziehung weiterer Feststel lungen und UberlGgungGn je eine einzige Ionisierung als tStend zu erweisen vermag. Bei 3132 ~_ - - also wieder am langwelligen Rande der starken Nukleins~ureabsorption - - deuten sigh kompliziertere Verh~ltnisse an; die Sch~digungskurve weight etwas vom exponentiellen Verlaufe ab, im Sinne einer Andeutung yon Mehrtreffer- t6tung.

Coblentz ~md Fulton 5 fanden im Gegensatz zu Wyclco]] einen deutlichen Zeitfaktor, im Sinne der Verminderung der T6tung pro Dosiseinheit bei ver- minderter Intensi tgt . (Dagegen ergab die Teilung der nach Sekunden z~hlenden Bestrahlungsdauer in mehrere durch Pausen getrennte Teilabschnitte keine Xnderung der Wirkung.) Die Deutung dieser Diskrepanz ist ungewfl3. Ge- nauere Untersuehung dieser Verhgltnisse wgre w~inschenswert.

Gates la land bet S. aureus Schgdigungskurven, die ann~ihernd, aber nicht genau, exponentiell verlaufen. Die Real i tgt dieser Abweichungen ist jedoch ungewil~, da das Objekt versuchstechnisch ungfinstige Eigensehaften hat.

Bei Euglena (Swann-del Rosario 6~, T0) wird nach Aufh6ren der Ultraviolet t . bestrahlung ein noch einige Minuten nachdauerndes Absterben beobachtet . Zghlt man die Gesamtzahl der nach Verabreichung der Dosis D friiher oder spgter absterbenden Zellen, so erweist sich die Schgdigungskurve auch hier als exponentiell ; entsprechend dieser Tatsache n = 1 gibt es lceinen Zeitfaktor.

F i i r die yon Luyet 47~ un te r such ten Sporen yon Rhizopus nigr icans haben wir aus seinem Zah lenmate r i a l f i i r ha r t e K a t h o d e n s t r a h l e n (155 KV), R5n tgens t r ah len (1,537 .~) und Ul t r av io l e t t der Wellenl~ngen 3132A; 2900A; 2652 A; 2 5 3 6 A (Ausz~hlungen nach 24 Stunden) folgende Trefferzahlen n e rmi t t e l t : n ~ 1 his 2; 10; 10 (?); 10; 10; 5. I nne rha lb des Ul t r av io le t t s is t die Ausze ichnung der Wellenlgnge 2536 A durch n = 5 u m so auff~lliger, als die Halbwertsdosen auch in diesem Beispiel durchaus , wie schon oben erw~hnt , dem Iqukle ins~urespekt rum folgen,

also fiir 2652 A max ima le Empf ind l i chke i t (mi t e inem gegeniiber 2536 A k

e twa um den F a k t o r g kleineren D~/~ zeigen.

Von Gates ~ is t aueh die Gesamtabsorption der Zellen von B. eoli und. S. aureus b e s t i m m t worden. Das Ergebnis zeigt eine gewisse Ahnl iehkei t m i t dem TS tungs spek t rum (aber aueh deut l iehe Versehiedenhei t ) ; doeh ist dieser Ahnl iehke i t wohl keine besondere Bedeu tung zuzusehreiben. Naeh Ehrismann und Noethling zeigen sieh n~mlieh ffir versehiedene Bak te r i ena r t en sehr verschiedene Gesamtabsorp t ionsspek t ren . W i e d e r u m

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anders sieht das yon Stubbe-Noethling gemessene Absorptionsspektrum des Antirrhinumpol]ens aus. Diese (offenbar ganz nat•rlichen) Ver- sehiedenheiten maehen die enge Ubereinstimmung der TStungsspektren um so auffs

Gr613enordnungsm~13ig stehen in den Experimenten yon Wycko[] der einen t5dlichen hu-Absorption im Durchschnitt mehrere l06 wirkungs- lose gegenfiber. Schs man (mit allem VorbehMt), dal3 vielleicht mindes~ens 1% der Gesamtabsorption der Zelle in der Nukleinss geschieht, so fo]gt, dab eine in der Nukleinss geschehende Absorption mit einer ungefs Wahrseheinlichkeit 10 -2 bis l0 -~ letal wirkt. In diesem Sinne w~re eine yon Wye]~o]/ gegebene (und yore Verfasser in friiheren VerSffentlichungen ~ibernommene) Betraehtung abzu~ndern, welche auf Grund der Annahme, dM~ die Ultraviolettabsorption ann~hernd gleiehm~l]ig im ga,nzen Ze]lkSrper erfolge, eine Wahrscheinliehkeit ~ 10 3 berechnete ffir die letMe Wirkung einer Absorption, die in dem auf Grund der RSntgentStung definierten empfindlichen Volum stattfinden wfirde.

w 7. Konzentrationseffekt. In I wurde bereits hingewiesen auf die experimentelle Tatsache, dal3 gewisse strahlenbiologische AuslSsungen dutch eine einzige Ionisierung nicht (oder nur mit relativ geringer Wahr- scheinlichkeit) zu bewirken sind, wohl aber durch gleichzeitiges Eintreten ~nehrerer Ionisierungen in enger r~umlicher Naehbarschaft (,,Ionen- hau]en"). Dies ist nicht zu verweehseln mit der in Abschnitt 2 behandelten Abh~ngigkeit einer erkennb~ren Reaktion vom Eintreten mehrerer Tre/]er (n ~ 1); vielmehr handelt es sich jetzt darum, dal3 ein einzelnes Trefferereignis bestimmter Art das gleichzeitige Eintreten mehrerer Ionisierungen umfaBt.

Der Verzieht auf eine genauere Betrachtung dieser Verhs wurde in I begrfindet mit dem Hinweis, dal3 es sich hier vielleicht um Dinge handle, die in erster Linie ffir Genetik und ZelltStung wiehtig seien, dal3 dagegen bei der Inaktivierung yon Virusarten der Konzentr~tions- effekt vermutlieh keine ebenso erhebliche Rolle spielt.

Wenn wir t rotzdem jetzt versuchen, das diese Frage betreffende Material in Kfirze zusammenzustellen, so ist der Grund daffir nicht nur der, dal3 diese Vermutung - - im jetzigen noch unentwickelten Stand der Dinge - - sehr ungewi~ ist. Sondern positiv spielen die den Kon- zentrationseffekt betreffenden Fragen vielleicht eine Rolle auch in einem Problem, alas ebenso bedeutend im wissensehaftlichen wie im medizinisch- soziMen Sinne ist und welches seinerseits engste Zus~mmenh~nge mit der Virusforschung besitzt: dem Krebsproblern.

Experimente yon Lawrence, Aebersold und Lawrence 44'~2 haben n~mlich zu dem Schlul3 geffihrt, dal3 die relative Strahlenempfindlichkeit krebsiger Zellen (Ms im Vergleich mit gesunden bei Anwendung yon Neutronenstrahlung gr6/3er sei als bei Anwendung yon RSntgen-

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strahlen. Sicherlich wird man ausfiihrliehere und umfassendere Be- st~tigungen abwarten miissen, bevor dieser Befund zur Grundlage weiter- gehender Schliisse gemacht werden kann. Jedoch wird gerade eine Erw~gung der Folgerungen, die aus diesem Befund, falls er zuverl~ssig ist, zu ziehen w~ren, dazu beitragen k6nnen, fiir die experimentelle Arbeit Hinweise und Anregungen zu geben.

Die friiher erl~u~erten Grunds~tze lassen auch fiir die Strahlen- t6tung krebsiger Zellen keine andere Deutung zu, als die, dab die Strah- lung im Steuerung88ystem der Zelle die letale Wirkung auslSst. I)er Unter- sehied der Neutronenstrahlung gegenfiber der ]~6ntgenstrahlung kann deshalb nur darin liegen, dal] die erstere an einem Steuerungszentrum der Zelle gew6hnlich gleieh eine ganze Anzahl yon Ionisierungen hervor- bringt, w~hrend die l~6ntgenstrahlung in erster Linie (allerdings nicht etwa aussehliel~lieh) dureh Einzelionisierungen auf die Steuerungszentren wirkt. Wenn nun das Experiment zeigt, dal] die hieraus resultierende Versehiedenheit der Wirkung yon Neutronen- und ]~6ntgenstrahlen ihrerseits wieder versehieden bei gesunden und krebsigen Zellen ist, so kommen dafiir zun~ehst zwei DeutungsmSglichkeiten in Betraeht:

1. Die Struktur der Steuerungszentren selbst ist bei krebsigen und gesunden Zellen versehieden.

2. Di6 Steuerungszentren selber zeigen keine Versehiedenheit; aber die verminderte Erholungsf~higkeit, welehe die Krebszelle gegenfiber Seh~den versehiedenster Art zeigt, wirkt sich verschieden aus in bezug auf die dureh Einzelionisierungen und die dutch Ionenhaufchen aus- gel6sten Seh~digungen. Betreffs der dureh Ionenh~ufehen bedingten Sch/iden tritt die verminderte Erholungsf~higkeit der krebsigen Zelle stiirlcer hervor als betreffs der anderen.

Zwar w~re die an zweiter Stelle gegebene Erkl~rung eine ]ogisehe MSgliehkeit; aber plausibler ist wohl, dab die Differenz der Erho- lungsf~higkeit gesunder und krebsiger Zellen im Falle der dureh Ionen- h~ufchen ausgel6sten Sch/iden eher geringer ist als sonst; denn yon diesen Seh~den wird auch ffir die gesunde Zelle kaum eine Erholung mSglich sein. Diese Erw~gung (obwohl natiirlieh nieht beweisend) spricht zu- gunsten der ersten Deutung; und damit sind wir auf die Mutations- theorie des Krebses als die plausibelste gefiihrt.

Obwohl die Virusbedingtheit der ,,/iltrierbaren" Tumoren keinen Zweifel gestattet , scheint anderseits die Mutationstheorie des Krebses immer noeh die natfirlichste Deutung der nichtfiltrierbaren typischen S~ugetiertumoren. Es wiirden wohl kaum Bedenken bestehen, beide Tumorgruppen als wesentlich versehieden voneinander zu trennen, wenn nieht einige eigentfimliehe Tatsachen die Verwandtschaft filtrierbarer und nichtfiltrierbarer Tumoren unterstreichen wfirden; so insbesondere die in einem speziellen Falle (Shope-Papillom) bestehende M6gliehkeit,

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durch 1Jberimpfung des E x t r a k t e s eines f i l t r ie rbaren Papi l loms auf eine andere Kaninchenrasse ein nicht f i l t r ierbares Pap i l lom zu erzeugen; und ferner die serologische Verwand t scha f t dureh kanzerogene Subs tanzen erzeugter n ieh t f i l t r i e rbarer H i ihne r tumoren mi t den gewShnliehen filtrier= baren (Gye; vgl. dazu die Bemerkungen in I) .

Diese Verwandtsehaftsbeziehungen zu deuten durch die radikale Annahme, dal3 auch die niehtfi l tr ierbaren Tumoren virusbedingt seien, scheint jedoch nieht nur gewaltsam, sondern ist auch, wie Lacassagne ausf~ihrt, mit gewissen strahlenbiologisehen Tatsaehen schlecht in Einklang zu bringen. Die MSglieh- keit, nichtfil trierbare Tumoren durch Strahlungen zu erzeugen, miil3te ja yon dieser Annahme aus gedeutet werden entweder durch eine Strahlenaktivierung eines sonst inaktiven Virus oder durch eine Erleiehterung der Virusver- mehrung im bestrahlten Gewebe. Nach Lacassagne 3s, ~9, 40 und anderen Ver- fassern ergibt aber die Bestrahlung des Gewebes im Gegenteil eine Behinderung ffir die Entwicklung sowohl des filtrierbaren Kaninchenpapil loms als aueh des Vakzinevirus. Im Einklang damit war eine StrahlentStung yon Virus- arten (Rous- und Shope.Virus) im Gewebe mit viel geringerer Dosis zu er- reichen als in vitro. Man kann dies vielleicht so verstehen, dab die im Gewebe dureh die Strahhmg gebildeten toxischen S u b s t a n z e n - - i m Sinne der obigen Ausffihrungen - - wesentlicher ft%r die AbtStung des Virus sind als die unmittei- bare Strahlenwirkung.

E in expe r imen tum crucis betreffs der obigen Erws zum Be- funde yon Lawrence-Aebersold-Lawrence ws offenbar die Pr i i fung, ob auch bei den f i l t r ie rbaren Tumoren dieselbe erhShte re la t ive Empf ind l ich- ke i t fiir Neu t ronens t r ah lung besteht . Da die A n n a h m e 1 dies nicht erwar ten 1/~l~t, wiirde ein e twaiger pos i t iver Befund doch zur A n n a h m e 2 n5tigen.

Jedenfal ls aber wird m a n yon wei teren Neu t ronenexpe r imen ten wesentl iche Fo r t s eh r i t t e in der K1/~rung des Krebsp rob l ems erhoffen; doeh werden diesbeztiglJche exper imente l le Ergebnisse ers t dann in ihrer Bedeu tung k la r zu beur te i len sein, wenn der die Versehiedenhei~ der Wirkungen yon Einzel ionis ierungen und Ionenhaufen bet ref fende Fragenkre i s e in igerma$en gekl/s ist. Das Interesse, das dieser F ragen- kreis schon an sieh und im Hinb l i ck auf die Genet ik bie te t , wird ver t i e f t durch diese Beziehungen zum Krebsprob lem.

Grundss sei, bevor wir diese Anmerkungen zum K r e b s p r o b l e m besehliel3en, be tont , dab eine ra t ionel le Erforschung der Pr im~rvorg/ inge der S t rah len tS tung yon Krebszel len nu r mi t derselben Methode be t r ieben werden kann, die aueh sonst fiir die S t r ah len t6 tung yon Zellen die ent- scheidende ist, also durch ausfi ihrl iche Aufs te l lung yon Schiidigungs- kurven, t t i e rzu l iegen anseheinend erst wenige Unte rsuehungen vor, insbes0ndere von Wood. 72~

Als Beispiel des Konzen t ra t ionse f fek tes m6ge zun~chst das Beispiel der Sporen des Farnes Pter i s longifolia dienen (Zirkle76; zur Auswer~ung seiner Schs vgl. 2s). Ki ins t l iehe Ver lagerung des Zel lkernes

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(dureh Zentr i fugieren) ermSgl iehte es n ieh t nur , zu zeigen, dag dieser allein ( innerhalb der Genauigkei t sgrenzen des Exper imentes ) fiir Alpha- s t rah len empf indl ieh ist, sondern e r laub te aueh seine BeschieBung mig A1phatei lchen verschiedener Geschwindig]ceit, welche l~ngs ihrer Bahn in verschiedener Dichte ionisieren. I n j edem Fa]]e wurde (fiir sechs versehiedene, ge t renn t un te r sueh te Geschwindigkei ten) der fiir die Auszghlung zugrunde gelegte Sehgdigungsgrad durch n = 5 Treffer zus tande gebracht . Die Wahrschein l iehkei t , dab ein den K e r n erreichendes Atpha te i l chen dor t einen dieser Treffer hervorbr ingt , is t versehieden je nach seiner Ge- schwindigkei t ; sie war fiir die benu~zten Alpha te i l ehen g]eieh 0,006 bis aufwi~rts zu 0,026 und wuchs p ropor t iona l mi t der 2,5-ten Potenz der Anzah l yon Ionis ierungen, die das Alphate i lchen im Kerne aus ffihrt.*

I)ie yon Zirkle, Aebersold und Dempster ~9 mitgeteil te Sch~digungskurve fiir Neutronenstrahlung lgl?t ebenfalls (nach unserem oben beschriebenen Auswertungsverfahren) die Trefferzahl n = 5 erkennen; die zugehSrige Halb- wertsdosis fiigt sich nach freundlicher Mitteilung von Herrn K. G. Zimmer in der riehtigen Weise ein zwisehen den kleinsten der Werte der cr wertsdosen und die von Zirkle 75 best immte RSntgenhalbwertsdosis - - slier- dings erst darm, wenn die aus den Zimmersehen Untersuchungen zur Neu- tronendosimetrie 74 sieh ergebende Korrekt ion der von den obigen Verfassern angegebenen I)osen beriicksichtigt wird.**

Nehmen wir zun/~ehst an, dag der Sgttigungse/]ekt (vgl. I) bei P ter i s longifolia ]ceine I~olle spielt , so werden wir aus der P ropor t iona l i t~ t mi t der 2,5~en Potenz schliegen, dab ein einzelner der fragl iehen 5 Treffer im gleichzeit igen Z u s t a n d e k o m m e n yon 2 - - 3 Ionis ie rungen an einem hoeh- empf indl ichen S t ruk tu re l emen t der Zelle besteht . (Spie]t dagegen such der S~t t igungseffekt hier eine Rolle, so is t die durchschni t t l iehe Zahl der Ionis ierungen pro Treffer noch gr6[3er als 2,5.)

Die erwi~hnte, yon Zir]cle bes t immte RSntgenha]bwer tsdos is bezieht sich auf r ech t harte R6ntgens t r ah len ; da aber die fiir weichere I~6ntgen- s t rah len ge l tenden W e r t e D1/2 jedenfal ls zwischen die fiir ha r t e R6ntgen- s~rahlen und die fiir Neu t ronen gel tende Halbwer t sdos i s fallen mfissen, und da dieser Zwisehenraum berei ts sehr klein ist, so m u g woht die R5nt- genha]bwertsdosis p rak t i sch wellenl~ingenunanMingig sein. Dies seheint

* I)al3 somi~ die Wahrschein]iehkeit fiir die Erzeugung eines Treffers durch ein den Kern durchquerendes Alphateilehen kleiner als 1 ~o sein kann, zeigt, dal3 es wirklieh unm6glieh wi~re, den Prim~rvorgang tier Strahlenseh~digung in diesem Bei.s.piel als diffuse Plasmasch/~digung aufzufassen. (Vgl. dazu die ~hnlichen Uberlegungen betreffs des Beispiels Euglena in 27, dor~ S. 15.) I)ies sei in Riicksicht auf die Erw/~gungen in Abschni~t 4 hervorgehoben.

** I)ieselbe Korrekt ion der I)osimetrie beseitigt eine friiher yon mir ohne befriedigendes Ergebnis diskutierte 2s scheinbare Schwierigkeit betreffs der TStung von I)rosophila-Eiern dutch Neutronenstrahlung (Zirlcle-Aebersold- Dempster ; Zirkle-LampeS~

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zwei erhebhche Schwierigkeiten zu veranlassen: Einerseits ist diese Wellenlgngenunabhgngigkeit angesiehts der in I besproehenen Ver- sehiedenheit der Ionenverteilung bei R6ntgenstrahlen versehiedener Wellenl/inge scheinbar in Widersprueh mit der aus den Alphastrahl- versuehen ersehlossenen Bedingtheit des Treffers dureh 2--3 Ionisie- rungen. Anderseits mtissen wit, wenn diese Sehwierigkeit sieh beseitigen l/iBt, Bedenken hegen gegen die yon Timo/geN-Delbriic~-Zimmer gegebene Beweisfiihrung dafiir, dag dig einzelne Genmutation durch eine einzige Ionisierung bewirkt werde: denn das wurde ja, wie in I erlgutert, gerade aus der Wellenlgngenunabhgngigkeit der mutationserzeugenden Wirkung einer RSntgendosis ersehlossen.

DiG L6sung der ersten Schwierigkeit ergibt sieh aus folgender Tat- saehe. Die Einzelionisierungen, die ein sehnell dahinfliegendes Elektron lgngs seiner Bahn hinterlgBt (teils als direkt, teils als indirekt veranlal3te Ionisierungen), liegen nieht einfaeh in statistiseh unregelmgBiger Ver- teilung, sondern vielmehr immer in kleinen Gruppen (Haufen) eng zusammen. Die Anzahl der in einem Haufen zusammenliegenden Ionisie- rungen sehwankt unregelmgl3ig zwisehen 1 und Werten bis 5 oder 6. Die durchschnittliche Anzahl ist aber wellenliingenunabhiingig. In einer friiheren Arbeit, in welcher dig Bedeutung dieser Verh~ltnisse hervor- gehoben wurde, 2s habe ieh die fragliehe durehsehnittliche Anzalal theo- retiseh als anns gleich 3 bestimmt. Untersuehungen yon Wilson (vgl. 32~) haben iibrigens auch einen direkt experimentell bestimmten Wert zur Verfiigung gestellt; er ist etwas kleiner, ungefiihr 2,2. Die wellenl/mgenunabh~ngige R6ntgenhalbwertsdosis bei Pteris longifolia wird also daraus verstgndlich, dal3 ein t~Sntgendosis D nieht nur einzelne Ionisierungen, sondern aueh kleine Hau/en yon Iorlisierungen in einer wellenldingenunabhiingigen Menge zur Verfiigung stellt.

Darnach mug nun festgestellt werden, dag tats~ehlieh fiir die Droso- philamutationen dutch die I~Sntgenexperimente noch nieht die Aus- 15sung dureh genau je eine Ionisierung erwiesen ist; es kSnnte sieh eben- sowohl um die Wirkung yon durchschnittlich 2 his 3 Ionisierungen zu- sammen handeln. Wir haben diesen Punkt in I nleht n~her betraehtet, teils, weil er erst im Zusammenhang mit den jetzt behandelten feineren Fragen Bedeutung gewinnt, teils, weil wit es f/ir wahrseheinlich halten, dal~ die Ausl6sbarkeit der Genmutationen durch eine einzige Ionisierung, obwohl noch night ganz vollst/~ndig bewiesen, doeh Tatsaehe ist. Eine definitive K1/~rung mug erwartet werden von Neutronenexperimenten mit Anwendung versehiedener Geschwindig]ceiten. Bislang steht ja jedenfalls eine wesentliehe Verschiedenheit der Drosophilamutationen und der Pteris-longifolia-Treffer insofern lest, als bei Drosophila Neutronen- strahlung in gleicher Dosis weniger wirksam ist als R6ntgenstrahlung (,,Ss vgl. I).

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Dieselbea Bemerkungen sind fiir B. coli anzuwenden; hier w/ire eine K1/irung der noeh offenen Fragen experimentell noeh leiehter zu er- reichen, da man hier gut mit Alphastrahlen arbeiten kann (die bei Droso- phila nicht ftir quanti tat ive Feststellungen in Betraeht kommen). Die sehon vorliegenden Alphaexperimente an B. coli w/iren also dureh weitere, mit anderen Geschwindigkeiten derAlphateilchen, zu erg/inzen, sowie auch dureh Neutronenexperimente. Die Ionenverteilung bei der Ioni- sierung mit Alphateilehen ist gut bekannt, insbesondere durch die wertvolle Arbeit yon Alper; 1 die theoretisehe Auswertung diesbeziiglicher biolo- giseher Experimeate k6nnte daher hohe Zuverl/issigkeit erreichen.

Nehmen wir also an, dab tats/iehlieh ffir Genmutationen und B.-coli- T6tung die Einzelionisierung als Treffer erwiesen sei, so ffihren jetzt die bei Pteris longifolia gefundenen anderartigen Verh/iltnisse auf die Frage, weleher Art der bei Pteris longifolia vorliegende KernprozeB sein k6nnte. Im Strahlenexperiment des Genetikers, z. B. bei Anwendung ionisierender Strahlen auf Drosophila, miissen doeh gewiB aueh solehe Kernprozesse vorkommen, welche dem jetzt betraehteten analog sind. Da die Gen- mutationen, soweit unsere Kenntnis reicht, diese Analogie nicht bieten, werden wir zu genauerer ]~etraehtung der Chromosomenmutationen veranlaBt.

Als Grundtypus der uns in diesem Zusammenhange interessierenden Chromosomenmutationen (Literaturangaben in I) kann der einfache Austausch zwischen zwei Chromosomen A und B betraehtet werden: A wird irgendwo quergeteilt in Stiieke A i und A 2, ebenso B in B Iund B 2 ; A 1 und B 2 einerseits und B Iund A 2 anderseits vereinigen sieh an den dureh die Briiche entstandenen ,,Bruehenden". Als allgemeine Regel ist zu verzeiehnen, dab stets ]edes Bruchende wieder mit eine~n anderen Bruehende verbunden wird. Dem soeben betraehteten Fall - - er sei kurz als ein/acher Austauseh bezeiehnet - - stehen als kompliziertere M6glieh- keiten Austausehfalle h6heren Grades zur Seite. Der ns Fall w/ire der, dab sieh aus drei Chromosomen A, B, C in zyklisehem Aus- tauseh abnorme Chromosomen der Gestalt A1B2, B1Ce, C1A e ergeben. Seltene F/ille eines sechs/achen zyklisehen Austausehes sind gesichert, acht/acher Austauseh ist wahrscheinlich gemacht.

Ferner kann es vorkommen, dab ein Chromosom A durch zwei Briiehe in drei Teile A1, A2, A3 geteilt wird, und dab sieh die Bruchenden derart zusammenschliel3en, dab entweder die Gene yon A ~ hernaeh in umgekehrter l~eihenfolge lieger~ (,,Inversion"), oder ein Chromosom A1A ~ und auBer- dem eia ringf6rmiges A2 entsteht. Indem dieses A 2 bei der n/ichsten Teilung verloren geht, entstehen Zellen mit abnormem Chromosom A1A 3 bei fehlendem A 2.

Es spreehen aber best immte Griinde ftir die Vermutung, dab die sog. ,,deficiencies", bei denen der Ausfall gewisser (insbesondere oft sehr

Arch iv f. Virusforschung Bd. I , ~ . 2. 14

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kleiner) Stiicke eines Chromosoms vorliegt, zum groBen Teil nicht auf diese Weise zustande kommen. Es zeigt sich n/~mlich (Stadler-Sprague6~), dab Ultraviolettbestrahlung yon Pollen (Mais) lceine Austauschmutationen (translocations) ergibt, wohl aber (neben echten Genmutationen) vie]e ,,deficiencies". Also sind diese letzteren auf einen andersartigen Prim/~r- vorgang zurfickzuffihren; und bestimmte Ta~sachcn (StadlerGG; vgl. such Knapp 3~) sprechen dafiir, dab der Prim/~rakt ffir manehe der ,,deficiencies" eine Ina#tivierung eines oder mehrerer Gene ist,, derart, dab die Ver- mehrungsf/~higkeit aufgehoben wird, also bei Teilung der Zelle nur die eine der Tochterzellen ein die betreffenden Gene mitenthaltendes Chromo- sore bekommt; gelegentlich kommt eine I~eaktiv~erung dieser inaktiv gewordenen Gene vor.

Die geschlechtsgebundenen rezessiven Leta]mutationen yon Droso- phila, an denen die Wellenl/~ngenunabh/~ngigkeit ihrer Erzeugung fest- gestellt ist (vgl. I), sind groBenteils nicht echte Genmutationen, sondern ,,kleine" deficiencies; so dab auch bei ionisierenden Strahlungen - - ebenso, wie bei Ultraviolett - - mindestens fiir einen groBen Teil der deficiencies keine Verschiedenheit ihrer Bewirkbarkeit gegenfiber den eehten Gen- mutationen zu erkennen ist. Die siehere Unterscheidung echter Gen- mutationen yon ,,kleinen" deficiencies oder ,,kleinen" Inversionen ist sehr schwierig, und einige Verfasser (Goldschmidt, Muller) sind sogar geneigt, den Begriff der Genmutation ganz aufzugeben zugunsten der ,,kleinen" Chromosomenmutationen - - was wir jedoch, den Auffa~sungen Timoj~eff-Ressovskys folgend, ablehnen m6chten.

Ffir das Zustandekommen der Austauschmutationen gibt es zwei ver- schiedene Theorien, die ffir das einfachste Beispiel, den ein/aehen Aus- tausch erl~utert seien. Diese Theorien beh~t~ten:

a) Die Teilungen (Briiehe) der Chromosomen A und B erfolgen unab- h/tngig voneinander. Die Bruchenden finden sich erst nachtr~glich wieder zusammen.

b) Die Chromosomenbr/iche erfolgen, w/~hrend die beiden Chromo- somen sich mit den beiden fraglichen Stellen zuf~llig berfihren; eine wirkliche Trennung der Brnchenden finder gar nicht start, sondern die ~ufgel6sten ursptinglichen Bindungen werden sogleich durch die neuen ersegzt (ghnlieh wie beim Crossingover).

Die Sehwierigkeiten, welche der Theorie b dutch das Vorkommen mehr/achen (zyklischen) Austausehes bereitet werden, sind durch die ausgedehnten hiertiber gefiihrten Diskussionen als nut seheinbar (oder jedenfalls nieht unfiberwindbar) erwiesen worden. Dagegen scheint es kaum m6glieh, die andere Theorie (die allerdings z. B. yon Muller bevor- zugt wird) yon dem inneren Widerspruch zu befreien, dab ein zufglliges Zusammenfinden der einmal getrennten Bruchenden - - die iiberaus klein im Verh~ltnis zum gesamten Kernvolum sind! - - ein ganz seltenes

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Ereignis sein miigte. Die fundamentale Erfahrung, dal~ im Endeffekt stets alle Bruchenden neu verkniipft erscheinen, kann also wohl nur durch die Theorie b wiedergegeben werden.

Quantitative Bestimmungen der r6ntgeninduzierten Raten yon Chro- mosomenmutationen haben nun gezeigt, dal~ die Hgufigkeit der Austausch- mutat ionen nicht proportional der Dosis geht, sondern stgrker anwgchst; auch wgchst innerhalb der Gesamtzahl der Austauschmutationen mit zunehmender Dosis der Anteil der mehr/achen Austauschmutationen. Die Theorie a wiirde dies zwanglos erklgren, da sie fiir den Primgrvorgang einer Mutation, welehe n Briiohe erfordert, auch n unabhgngige Treffer- ereignisse annimmt. Vom Standpunkt der Theorie b ergibt sich aber derselbe Effekt, wenn angenommen wird, dab bei Beriihrung zweier Chromosomen der Anstausch nicht durch eine Ionisierung zustandege- braeht wird, sondern dureh zwei sukzessive. Also ergibt sich aus den bislang vorhandenen experimentellen Daten noch keine M6gliehkeit der Entscheidung.

Wohl aber mul~ durch weitere Experimente diese Entscheidung erzielbar werden. Man wird nach Theorie b ira Gegens~tz zu a einen recht deutlichen Zeit/al~tor fiir die Erzeugung yon Austausehmutationen (einschlieNich Inversionen) erwarten. Ferner ist nach b im Gegensatz zu a zu erwarten, dab die erforderlichen zwei bzw. mehr Ionisierungen start sukzessive ebenso gut bzw. noch besser gleichzeitig wirken k6nnen, dgB also das gleichzeitige Eintreten mehrerer Ionisierungen am l~erfihrungsort das Zustandekommen des Austausches schon in einem (aber mehrere Ionisierungen umfassenden) Tre//erereignis erm6glichen k6nnte. Wir kommen also yon der Theorie b aus zu der Folgerung, daft bei des Chromo- somenmutationen der Konzentrationse//elct au/treten muff; zugleich mfissen die fiir die Dosisabhgngigkeit der r6ntgeninduzierten Raten yon Ans- t~uschmutationen fes~gestellten Mehrtrefferkurven bei Anwendung yon Neutronenstrahlung in Dosisproportionalitgt (genau oder angenghert) iibergeben. {}brigens konnten Spear, Gray and Read 6aa den interessanten Nachweis fiihren, dal~ in Gewebekulturen, die bei Anwendung yon y-Strahlen nach Canti und Spear eine Mehrtreffert6tung zeigen (Aus- messung der Schgdigungskurve ergibt ungefghr n = 6), durch Neutronen- s~rahlung eine exponentielle T6tung zustande kommt. Vielleicht ist dies mit unseren eben ausgefiihrten {dberlegungen in Zusammenhang zu bringen; jedenfalls diirfte die yon den Verfassern selbst versuchte anders- artige Deutung ihres Befundes unzutreffend sein.

Als Schwierigkeit k6nnte immerhin betraehget werden, dag bei den in Betraeht kommenden Dosen ein zuf~llig wiederholtes, sukzessives Eintreten mehrerer Ionisierungen an einem so engbegrenzten Orte wie der Beriihrungsstelle (Uberkreuzungsstelle) zweier Chromosomenf~den, zu selten vorkommen wfirde. Aber diese Sehwierigkeit erledigt sieh wohl

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auf Grund der in I behandelten MSglichkeiten der Energiewanderung. W. J. Schmidt 59~ zeigte durch Pol~risationsanalyse, dag die submikro- skopisehe Struktur des Nukleinsguregertistes der Chromosomen Fasern bzw. Molekiilketten enth/~lt, die in der Liingsrichtung der Chromosomen- fs ausgerichtet sind (im Gegensatz zu einer Vermutung yon Wrinch). Folglich dtirften geradezu ideale Bedingungen fiir eine Energiewanderung lgngs eines Chro~nosoms bestehen; auf Grund der bei KristMlphosphoren und bei den Wohlschen Assimilationseinheiten bestehenden Verh~ltnisse (vgl. I) mSchte man seh/~tzen, dal~ eine Energiewanderung um eine Strecke yon mindestens etwa 1 # (gemessen am gestreckten, entspirali- sierten Chromosom) sehr wohl m6glieh ws

Der Ausfall der experimentellen Entscheidung zwischen a und b muB abgewartet werden - - augenblicklieh kSnnen nur die entseheidenden Untersehiede in den Folgerungen der Theorien a und b pr/~zisiert werden. JedenfMls aber wiirde die Theorie b, nieht dagegen die Theorie a es m6glieh maehen, die an P~eris longifolia studierten Kernprozesse als Chromosomenmutationen (oder mindestens etwas Xhnliches) zu deuten, und sie somit den aus der Genetik bekannten Vorgangen einzu- ordnen.

Allerdings seheint es, dab nieht etwa ]eder Fall eines in strahlungs- biologischen T6tungs- und Schadigungsexperimenten beobachteten Kon- zentrationseffektes auf Chromosomenmutationen zuriickzufiihren ist; das Beispiel der He/e, betreffs dessen besonders ausfiihrliche Untersuchungen vorliegen, zeigt jedenfalls das Vorhandensein yon Fallen, die yon dem Fall Pteris longifolia wiederum wesentlich versehieden sind.

w 8. tIefe. Die T6tung yon I-Iefe durch I~Sntgen- und Alphastrahlen wurde yon Holweck und Lacassagne 25' 25~' 41' 42 ausfiihrlieh untersueht. Wichtige Erganznngen dazu sind den Arbeiten yon Gloclcer, Langendor[[ und Reu[315 sowie Wyclco/[ und Luyet 7a~ zu verdanken. Wie sehon oben hervor- gehoben wurde, verl~tuft die TStung zeitfaktorfrei, sofern sieh die Be- strahlung nieht langer als h6ehstens 5 Stunden ausdehnt. Ferner ist Tem- peraturunabhiingigkeit der Strahlenempfindliehkeit sowohl gegeniiber I~6ntgen- als aueh gegeniiber Alphastrahlen festgestellt. Jedoeh zeigen die Erholungsprozesse, die sogleich besprochen werden sollen, Tem- peraturabhgngigkeit; im Eissehrank kSnnen sie tagelang unterdriiekt werden.

Holweclr und Lacassayne untersohiedert zwei versehiedene Arten der Sehgdigung.- M I bedeutet, daf~ die fragliche Zelle nieht mehr zur Teilung schreitet, MD bedeutet, dal3 die Zelle sieh noch einmal teil~, wonaeh jedoeh die beiden Tochterzellen ungeteilt bleiben. Es zeigt sieh, daf3 bei dem Prozeg M I keine merkbare Erholung besteht, dal? dageger~ MD eine langsame Erholung gestattet. Auszghlungen 16 Stunden, 24 und 48 Stunden nach der Bestrahlung ergeben eine Zunahme der TrefferzahI n in den entspreehenden Sch/~digungskurven - - i~hnlieh, wie aueh in dem oben besproehenen Fall

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Statistische Analyse biologischer Elementarreaktionen. 207

der Ultraviolett-T6tung der Hefe. Das heil3t also offenbar, dab die Erholung um so spiiter eintritt, je gr613er die Anzahl der in der Zelle erfolglen Treffer ist. Gut im Einklang milb diesen Feststellungen und der anderseits festge- stellten Abwesenheit eines merkbaren Zeitfaktors ffir Bestrahlungszeiten unter 5 Stunden sind Befunde (mit weiehen l~6ntgenstrahlen) yon v. Wasie-

lewslci und Mitarbeitern (naeh freundlieher privater Mitteilung) ; Ausz/~hlungen 6 Stunden naeh der Bestrahlung, mit Gesamtaddition der bis dahin einge- tretenen Vermehrung lassen einen ungef/~hr exponentiellen Sehgdigungs- ver]auf (n = 1) erkennen.

Gloc~er, Langendor/] und Reufi haben naeh 24 Stunden ausgez~hlt, wo- bei die Sehgdigungen M D und ~1//I zusammengeziihlt wurden; wegen des ~berwiegens yon M D diirfen die Resultate mit etwa 5 bis 10~o Fehler auch auf M D allein bezogen werden. Ferner haben diese Verfasser aueh Zghlungen ausgeffihrt, bei denen alle diejenigen Ze]len als , ,get6tet" galten, die nach 24 Stunden h6chstens vier Toehterzellen geliefert ba t ten; es ergaben sich dann naturgemgB kleinere Werte DV2, aber dieselbe Gestalt der Seh~idigungs- kurve (also dasselbe n).

Tabelle 3. I - I e f e g 6 t u n g d u r c h i o n i s i e r e n d e S t r a h l u n g .

MD nach 16 Stunden 24 ,, 48 ,,

MI . . . . . . . . .

0,56

n I /)~/~ i

5 42000

1,54

n I JO,/~

5 28000

1,93

n [ D~/~

2 4 26 300 5

6 1410000

8,32 _&

n ] JO~/2

3 5 16 600 6

6--7 330000

(Po)

n ,,D1/2

3 32 000

/ 6ooool

Kathoden strahlen 155KV

Tabelle 3 gibt eine Ubersicht der Befunde. DaB die Werte n bei 1,93 & nach Holweck-Lacassagne etwas kleiner als bei 8,32 A ausgefallen sind, ist nach Glocker-Langendor]]-Reufi vermutl ich nicht ree]l. Ferner diirften die Werte n fiir M I praktisch in allen F~tllen dieselben sein. I)al3 fiir , ,MD 24- Stunden" bei a- Strahlen n etwas kleiner ist, wurde in beiden Untersuchungen iibereinstimmend gefunden. Man hat den Eindruck, daI3 nach 48 Stunden die Erholung der MD-gesch~idigten Zellen nahezu beendigt ist und dag der dann erreichte Wer~ yon n (nicht abet die Werte DV2 !) dem fiir M I geltenden gleieh ist.

Sehr auffgllig ist nun die WellenliingenabMingigkeit der Halbwerts- dosis DI/2: wit sehen hier den Konzentrationse/]ekt schon bei R6ntgen- strahlung wirksam, im Gegensatz zum Beispiel Pter is longifolia. Beim

Ubergang zur ~-St rah lung (Polonium) wird D1/2 jedoeh wieder grSfier als fiir sehr weiehe l~6ntgenstrahlen; hier fiberwiegt also der S~ittigungs- eMekt den Konzentra t ionseffekt . In der Ta t ha t eine Unte r suehung yon

Zirlcle, 7~ weleher auf die t tefezel len in derselben Weise, wie oben fiir Pter is longifolia erls Alphate i lehen verschiedener Geschwindigkeiten wirken lieI~, zu dem Ergebnis gefiihrt, daB bei der Here ein den Zellkern durehquerendes Alphate i lchen mi t einer konstanten, gesehwindigkeits-

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208 P. Jordan:

unabhSmgigen Wahrsche in l iehke i t einen Treffer zus tande br ingt ; es ist also bier berei ts vollstiindige S/t t t igung erreicht .

W/~hrend wit die an Pter is longifolia gemaehten Befunde deuten konn ten auf Grund der Vors~ellung, dab jeder einzelne der do r t wirk- samen Troffer aus zwei bis drei Einzel ionis ierungen besteht , s ind wir bei tier Here offenbar genStigt , dem einzelnen Treffer noeh etwas mehr Einzel- ionis ierungen zuzusehreiben - - e twa versuehsweise 5 odor 6. Darnach wird d a n a verst~ndlich, dab die d iehteren Ionenfolgen, die yon den du tch die weicheren RSntgens t r ah l ea ausgelSsten E lek t ronen gebi ldet werden, le iehter zum Ziele fiihren. Es ware sehr in teressant , diese Deu tung geprfif t zu sehen dureh E x p e r i m e n t e mi t y -S t r ah l en : bei diesen wiirde man k a u m noeh mi t dem Zus t andekommen derar t iger Ionis ie rungshaufen zu reehnen haben, auger jeweils am Ende der Bahn eines sehnellen Elekt rons . Man wiirde dann entseheiden kSnnen, ob die fragliehen Troffer du tch eine ldeinere Zahl yon Einzel ioinsierungen iiberhaupt nicht zuwege zu br ingen sind, odor ob die Haufenb i ldung der Ionis ierungen lediglieh eine s ta rke Begi~nstigung fiir ihr Zus t andekommen dars~ellt.

Sehr merkwi i rd ig ist nun, dab naeh den in Absehn i t t 6 besproehenen :Befunden ein einzelnea ultraviolettes Lichtquant, dessen Wel lenls in das s ta rke Absorp t ionsgeb ie t der Nukleinss fi~llt, naeh Ausweis der Trefferzahl n anseheinend denselben Kernprozel3 hervorbr ingen kann , der bei ionisierenden S t rah lungen vorwiegend dureh kleine Hau/en yon Ionis ie rungen veranlaBt wird. Zur Verdeut l iehung haben wit die fr i iher sehon kurz berf ihr ten Ul t rav io le t t -Tref fe rzah len ausfi ihr l ieher in Tabel le 4 zusammenges te l l t ; wit haben dabei , yon der Ber i ieksieht igung noeh ums t r i t t ene r Fe inhe i t en einstweilen absehend, n ~---5 fiir die fragl iehen Befunde yon Schreiber, Oster-Arnhold und Wyko//-Luyet eingesetzt . Die Bewi rkba rke i t der dureh Ionis ie rungshaufen erzeugten Treffer, aueh dureh ein einzelnes u l t rav io le t t e s L ieh tquan t , ist eine der vom a tomphys ika l i schen S t a n d p u n k t aus au//iilligsten Tatsachen der Strahlenbiologie . Ih re Deu tung mug vorl/~ufig offen bleiben.

Dasselbe merkwiirdige Ph~nomen zeigt sich Librigens in der sehon im Abschnit t 5 erw~hnten Untersuehung yon Mesotaenium dureh Langendor//- Langendorf/-Reu/3. Tro~z der erw/~hnten Inkonstanz tier t tMbwertsdosen DV~ zeigte sich hier doch ein konstantes Verhiiltnis der Werte yon D% f/it die beiden Wellenl~ngen 0,56 A_ und 1,54 A: dies Verh~Itnis war 1,8. Auch hier haben wit also einen Konzentrationse[]ekt, der dieselben Sehlfisse wie bei t tefe bedingt; und aueh bier ist die Ultraviolet t -Tbtung (]eider nieht mit mono- chromatisehem Liehte untersueht) mi~ derselben Trefferzahl n = 3 dureh- zuf~hron wie die gbntgentbtmlg.

Holweck und Lacassagne haben ~brigens vorgesehlagen 26b, den Untersehied tier Prozesse MD und .~rI bei Hefe derart zu deuten, dal3 MD durch eine Seh~digung des Zellkernes (Chroma~in), M I durch eine Seh~digung des Zentro- sores bedingt sei. Jedoch scheint uns diese Deutung nicht iiberzeugond begriindbar.

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Statistisehe Analyse biologiseher Elementarreaktionen.

Tabelle 4. Trefferzahlenn der I-Iefe-UV-T6tung.

209

"- 'h '~ i i i i i i i i i ! i i i i .4

2290

M D M I

30 30 30 30

2540

M 1 ) M I

5 5 5 5

3350 (2800--3800)

M D M I

3 12 9 35

40 40

In Tabelle 5 ist eine Zusammenstellung der verschiedenen strahlen- induzierten Kernver~nderungen versucht, die zur Zeit einigermaBen genauer zu beurteilen sind. Fiir 1 bis 3 ist nach dem oben Gesagten nicht ganz sicher, dab wirklich je eine einzige Ionisierung, und nicht zwei bis drei, den ProzeB herbeiffihren. Fiir Pteris longifolia fehlen leider U]traviolett- exl0erimente, so dab nicht zu entscheiden ist, ob die Pteris-longifolia-Treffer dutch M6glichkeit bzw. Unm6glichkeit einer Ausl6sung durch ein h r der Gruppe 1, 2, 3 bzw. der Gruppe 4 analog sind. Da die Hefetreffer be- stimmt nicht der Gruppe 4 anzuschlieBen sind, entsteht einige Verlegen- heir betreffs der M6glichkeit, sie nach Analogie der aus der Genetik bekannten Prozesse zu deuten. Vielleicht k6nnte man eine gleichzeitige Inaktivierung einer kleinen Gruppe yon Genen in Betracht ziehen; jeden- falls mtissen weitere Untersuchungen zu diesem interessanten Problem abgewartet werden.

T a b e l l e 5.

1. Genmutationen 2. ,,kleine" deficiencies durch

Inaktivierung 3. ]3. coli-T6tung

4. Chromosomen-Austausoh- mutationen (einsehl. In- versionen und austausch- bedingter deficiencies)

5. Pteris -longifolia -Treffer

6. Hef~reffer (und Mesotaenium)

Ausl6sbarkeit dutch UV-h

positiv

negativ

positiv

Ausl6sender Prozeg bei ionisierter Strahhmg

Einzelionisierung

2 oder mehr Ionisierungen

2--3 Ionisierungen

5--6 (?) Ionisierungen

Bestrebungen, durch die physikalische Analyse strahlenbiologischer Erfahrungen ein genaueres Verst~ndnis der zugrundeliegenden bio]ogi- schen Elementarprozesse zu gewinnen, stoBen Schritt und Tritt auf L/icken und Unvollkommenheiten des experimentellen Materials. Wenn hierdurch einerseits die einstweiligen Grenzen dieser Bestrebungen bezeichnet werden - - zahlreiehe interessante Yragen miissen vorl/~ufig

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offengelassen werden - - , so geht daraus anderseits auch die dringliche Notwendigkeit solcher Bestrebungen hervor; die Au/gabe theoretiseher Durcharbeitung des Gebietes liegt, wo sichere Antworten noeh nicht gegeben werden k6nnen, in der Priizisierung der Fragestellungen, in der Herausarbeitung der Probleme, deren experimentelle Bearbeitung vor- dringlieh ist. Wie wiehtig die Pr~tzisierung der Fragestellungen ist, wenn die weitere experimentelle Arbeit einen mSglichst hohen Grad yon Effektivitgt erreichen soll, geht hervor aus dem unfibersehbar grogen Umfang der in zahlreiehen Zeitsehriften usw. verstreuten strahlen- biologisehen Literatur und der relativ geringen (obwohl absolut genommen auch sehon erhebliehen) Zahl dcrjenigen strahlenbiologischen Arbeiten, welche wirklich Mare, brauchbare Informationen vermitteln.

Vor allem kann kaum genfigend betont werden, dab die systematische Durch/iihrung quantitativer statistischer Erhebungen (Schgdigungskurven) das Entscheidende ist. Ohne derartige statistische Feststellungen in die Prim/irvorg/inge der Strahlenwirkung tiefer eindringen zu wollen, mug Ms ebenso hoffnungslos angesehen werden, als wenn man etwa die der Vererbung zugrunde liegenden Vorgi~nge ohne statistische AuszS~hlungen hi~tte erforschen wollen. Ganz unbrauchbar sind z. 13. quanti tat ive An- gaben in Gestalt yon ,,Schwellenwerten" oder betreffs ,,vo~lstiindiger Abt5tung" aller Zellen einer Kultur. Die treffenden Bemerkungen yon Brooks in einem Bericht fiber Strahleninaktivierung yon Toxinen, Anti- kSrpern u. dgl. (vgl. s, dort S. 341) verdienen ernste Beaehtung: ,,Perhaps the greatest obstacle to progress in this field is the obstinacy with which its workers, mostly ignorant of the basic principles of physical chemistry, cling to worthless criteria such as "complete hemolysis" or, "completely destroyed" as end points, leaving the reader to guess whether the process is, for example, 0,9 or 0,9999 complete."

Statistisehe Feststellungen sind aber nicht nur ftir die Strahlenbiologie yon Bedeutung; sie sind fiberall dor t berufen, uns entscheidende Einsichten zu liefern, wo einzelne Quantenakte und ei~zelne Moleki~le das Getriebe der Lebenserscheinungen steuernd beherrsehen. Ftir die Pharmakologie (,Treffergifte"), Bakteriologie (Teilungsstafistik), Wirkstoffforschung, Serologic und nicht zuletzt ffir die Virusforsehung dfirften deshalb die Methoden zur statistisehen Analyse biologiseher Elementarprozesse eine Bedeutung gewinnen, deren Vielseitigkeit und Tragweite heute erst an- deutungsweise zu fibersehen ist.

Literatnr. Die in I genannten Arbeiten sind (bis auf einige Ausnahmen) nieht erneut

zitiert. Mit * bezeiehnete Arbeiten enthalten ausffihrliehe weitere Literatur- angaben. Mit $ bezeiehnete sind uns nieht im Original zug/inglieh gewesen.

�9 ~ Alper, T.: Uber 3-Strahlen und die Beziehung zwisehen l%eiehweite und Gesehwindigkeit filr langsame Elektronen. Z. Physik 76, 172 (1932). - -

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Sta t i s t i sche Ana lyse b io logischer E l e m e n t a r r e a k t i o n e n . 2 l l

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Stat is t i sche Analyse biologiseher E lemen ta r reak t ionen . 213

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214 P. J o r d a n : S ta t i s t i sche Ana lyse biologischer E l e m e n t a r r e a k t i o n e n .

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