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Herbert Kohlmaier, Obmann der Laieninitiative Statement bei der Pressekonferenz der Reformbewegungen in der Kirche am 14. Dezember 2010 Die hier vertretenen Reformbewegungen haben am 27. November eine wissenschaftliche En- quete abgehalten, deren Ergebnis eindeutig ist: Es ist unzulässig, dass der Papst Diözesanbi- schöfe ohne umfassende Mitwirkung des Klerus und der in der Ortskirche engagierten Laien ernennt. Aus eindeutigen Aussagen früherer Päpste ergibt sich, dass solchen Besetzungen keine Gültigkeit zukommt. Wie sehr sie auch verfehlt und der Kirche höchst schädlich sein können, zeigt die jüngere Kirchengeschichte gerade in unserem Land (von Groer bis Wagner). Die 4 Reformorganisationen haben daher eine Entschließung verabschiedet, die wir der Öf- fentlichkeit heute vorlegen. Sie wird dem Papst mit dem eindringlichen Ersuchen übermittelt werden, dazu Stellung zu nehmen und seine Vorgangsweise zu korrigieren. Nun zeigt die Erfahrung, dass alle solche noch so begründeten und wichtigen Vorhaltungen von der Kirchenleitung ignoriert werden. Damit stehen wir vor der entscheidenden Frage: Was kann unternommen werden, wenn ein autoritäres System, das über keinerlei Korrektur- mechanismen und schon gar nicht über demokratische Elemente verfügt, den Willen einer weitaus überwiegenden Mehrheit der Menschen missachtet? Geht es doch um die Abwendung von schwerem Schaden, der die Kirche in ihrer Existenz bedroht. Der Vergleich mit einem fortschrittsoffenen weltlichen Bereich liegt auf der Hand. Hier kann auf Dauer nichts gegen den Willen der Menschen geschehen, deren Grund- und Menschenrechte zu respektieren sind. Andernfalls bleibt nur die Möglichkeit des Widerstan- des. Für Christen gilt, dass er angemessen, gewaltlos und verantwortungsvoll sein muss. Falls unserem Anliegen vom Vatikan nicht Rechnung getragen wird, wollen wir in aller Form und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln die Ungültigkeit und Unbeachtlichkeit von willkürlichen Bischofsernennungen feststellen. Wir werden die Kirchenmitglieder auffor- dern, sich dem entsprechend zu verhalten. Was bedeutet das? Eingesetzte vatikanische Klerikalkommissare müssen deutlich sehen, hören und spüren, dass sie von selbstbewussten Katholiken nicht mehr als Autorität anerkannt werden. Obrigkeits- denken gegenüber „Kirchenfürsten“ samt Titeln und Insignien passt nicht mehr in unsere Zeit. Widerstand ist vor allem gegen die unerträgliche Behinderung des Kirchenlebens durch ver- fehlte Vorschriften zu leisten, an denen stur festgehalten wird. Das bedeutet insbesondere, für Seelsorge und sakramentales Handeln auch dann zu sorgen, wenn keine geeigneten Priester mehr zur Verfügung stehen. Es gibt heute genug Männer und Frauen, die dazu befähigt sind. Wenn sich ein Großteil des Kirchenvolks von der Hierarchie mit traurigem Unverständnis und Verzweiflung längst losgelöst hat, geschieht dies meist noch in unsicherer Verborgenheit. So kann darauf mit teils ratlosem, teils arrogantem Wegschauen reagiert werden. Emanzipiert sich aber eine Vielzahl engagierter Christen offen von einem System, das sich nur selbst ein- setzt und inszeniert, ist zu hoffen und zu erwarten, dass es zur Umkehr gebracht werden kann. Dann nämlich, wenn es feststellen muss, dass es keinen Boden mehr unter den Füßen hat.

Stellungnahme der Laieninitiative

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Bei einer Pressekonferenz am 13.12.2010 in Wien äußerten sich Vertreter von "Wir sind Kirche", "Priester ohne Amt", "Pfarrerinitiative" und "Laieninitiative" besorgt über aktuelle Modalitäten von Bischofsernennungen und präsentierten Stellungnahmen.

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Page 1: Stellungnahme der Laieninitiative

Herbert Kohlmaier, Obmann der Laieninitiative

Statement bei der Pressekonferenz

der Reformbewegungen in der Kirche

am 14. Dezember 2010

Die hier vertretenen Reformbewegungen haben am 27. November eine wissenschaftliche En-quete abgehalten, deren Ergebnis eindeutig ist: Es ist unzulässig, dass der Papst Diözesanbi-schöfe ohne umfassende Mitwirkung des Klerus und der in der Ortskirche engagierten Laien ernennt. Aus eindeutigen Aussagen früherer Päpste ergibt sich, dass solchen Besetzungen keine Gültigkeit zukommt. Wie sehr sie auch verfehlt und der Kirche höchst schädlich sein können, zeigt die jüngere Kirchengeschichte gerade in unserem Land (von Groer bis Wagner). Die 4 Reformorganisationen haben daher eine Entschließung verabschiedet, die wir der Öf-fentlichkeit heute vorlegen. Sie wird dem Papst mit dem eindringlichen Ersuchen übermittelt werden, dazu Stellung zu nehmen und seine Vorgangsweise zu korrigieren. Nun zeigt die Erfahrung, dass alle solche noch so begründeten und wichtigen Vorhaltungen von der Kirchenleitung ignoriert werden. Damit stehen wir vor der entscheidenden Frage: Was kann unternommen werden, wenn ein autoritäres System, das über keinerlei Korrektur-mechanismen und schon gar nicht über demokratische Elemente verfügt, den Willen einer weitaus überwiegenden Mehrheit der Menschen missachtet? Geht es doch um die Abwendung von schwerem Schaden, der die Kirche in ihrer Existenz bedroht. Der Vergleich mit einem fortschrittsoffenen weltlichen Bereich liegt auf der Hand. Hier kann auf Dauer nichts gegen den Willen der Menschen geschehen, deren Grund- und Menschenrechte zu respektieren sind. Andernfalls bleibt nur die Möglichkeit des Widerstan-des. Für Christen gilt, dass er angemessen, gewaltlos und verantwortungsvoll sein muss. Falls unserem Anliegen vom Vatikan nicht Rechnung getragen wird, wollen wir in aller Form und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln die Ungültigkeit und Unbeachtlichkeit von willkürlichen Bischofsernennungen feststellen. Wir werden die Kirchenmitglieder auffor-dern, sich dem entsprechend zu verhalten. Was bedeutet das? Eingesetzte vatikanische Klerikalkommissare müssen deutlich sehen, hören und spüren, dass sie von selbstbewussten Katholiken nicht mehr als Autorität anerkannt werden. Obrigkeits-denken gegenüber „Kirchenfürsten“ samt Titeln und Insignien passt nicht mehr in unsere Zeit. Widerstand ist vor allem gegen die unerträgliche Behinderung des Kirchenlebens durch ver-fehlte Vorschriften zu leisten, an denen stur festgehalten wird. Das bedeutet insbesondere, für Seelsorge und sakramentales Handeln auch dann zu sorgen, wenn keine geeigneten Priester mehr zur Verfügung stehen. Es gibt heute genug Männer und Frauen, die dazu befähigt sind. Wenn sich ein Großteil des Kirchenvolks von der Hierarchie mit traurigem Unverständnis und Verzweiflung längst losgelöst hat, geschieht dies meist noch in unsicherer Verborgenheit. So kann darauf mit teils ratlosem, teils arrogantem Wegschauen reagiert werden. Emanzipiert sich aber eine Vielzahl engagierter Christen offen von einem System, das sich nur selbst ein-setzt und inszeniert, ist zu hoffen und zu erwarten, dass es zur Umkehr gebracht werden kann. Dann nämlich, wenn es feststellen muss, dass es keinen Boden mehr unter den Füßen hat.