145
Linde sagt, wie’s geht. THEO HIBLER • MARLENE WALENTA Was Sie schon immer über Forderungsfinanzierung wissen wollten Factoring von A bis Z AUSGABE ÖSTERREICH 2., aktualisierte Auflage

ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

  • Upload
    others

  • View
    12

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

Linde sagt, wie’s geht.

Fa

cto

rin

g v

on

A b

is Z

T

HE

O H

IBL

ER

• M

AR

LE

NE

WA

LE

NT

A

Kundenforderungen zu verkaufen anstatt lange auf deren Bezahlung zu warten, setzt sich immer mehr durch. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen greifen zunehmend zur Finanzierungsform Factoring.

Welche Möglichkeiten bietet Factoring mittelständischen Unternehmen? Wo liegen die Vorteile, aber auch die Risiken? Und für welche Unternehmen ist Factoring sinnvoll? Die zweite, überarbeitete Auflage dieses Buches bietet einen praxisorien-tierten Überblick über das Thema, erläutert Voraussetzungen, Kosten-Nutzen-Aspekte sowie den Finanzierungsprozess und gibt mittelständischen Unternehmen eine wertvolle Entscheidungshilfe. Interviews und Marktanalysen gewäh-ren Einblicke in die aktuelle Praxis von Factoring. Darüber hinaus bietet die Lektüre Lesern eine aktuelle Expertise über die Bilanzierung von Factoring in Österreich nach UGB und IFRS sowie einen Beitrag zur Rechtsnatur des Factoring unter besonderer Berücksichtigung der Anfechtungsrisiken.

Factoring von A bis Z

DIE AUTOREN

Theo Hibler ist Vorstandsvorsitzender der Intermarket Bank AG, Präsident des Österreichischen Factoring Verbands und langjähriges Mitglied des Executive Committees der FCI (Factors Chain International).

Marlene Walenta war neun Jahre in der Intermarket Bank AG in diversen Funktionen tätig und betreut nun für die Erste Bank internationale Großkunden.

Fa

cto

rin

g

www.lindeverlag.at

ISBN 978-3-7093-0362-7

THEO HIBLER • MARLENE WALENTA

Was Sie schon immer über Forderungsfinanzierung

wissen wollten

Factoring von A bis Z

AUSGABE

ÖSTERREICH

2., aktualisierte Aufl age

Page 2: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

1

Theo Hibler • Marlene WalentaFactoring von A bis Z

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 1Hibler_Factoring_Umbruch.indd 1 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 3: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

2Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 2Hibler_Factoring_Umbruch.indd 2 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 4: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

3

Theo Hibler • Marlene Walenta

Factoring von A bis Z

Was Sie schon immer über Forderungs-

finanzierung wissen wollten

2., aktualisierte Auflage

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 3Hibler_Factoring_Umbruch.indd 3 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 5: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

4Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio-grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die Rechte der Verbreitung, der Vervielfältigung, der Übersetzung, des Nachdrucks und der Wiedergabe auf fotomecha-nischem oder ähnlichem Wege, durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere elektronische Verfah-ren sowie der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser

Verwertung, dem Verlag vorbehalten.

ISBN 978-3-7093-0362-7

Es wird darauf verwiesen, dass alle Angaben in diesem Werk trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung der Autoren oder des Verlages ausgeschlossen ist.

Umschlag: buero8© LINDE VERLAG WIEN Ges.m.b.H., Wien 2012

1210 Wien, Scheydgasse 24, Tel.: 01/24 630www.lindeverlag.at

Satz: psb, BerlinDruck: Hans Jentzsch u Co. Ges.m.b.H.

1210 Wien, Scheydgasse 312

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 4Hibler_Factoring_Umbruch.indd 4 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 6: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

5 Inh

alt

INHALT

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

I Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

II Unternehmensstruktur österreichischer Betriebe . . . . . . . . . . . . . . . 131. Betriebsgrößenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142. Kapitalausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183. Finanzierung von KMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204. Gründerboom und Unternehmensdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

III Die Geschichte von Factoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251. Die Entstehung von Factoring – ein kurzer historischer Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262. Entwicklung des modernen Factoring in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293. Die Entwicklung von Factoring in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385. Die Geschichte von Factoring im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

IV Factoring: Funktionen, Vorteile und Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411. Was ist Factoring? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422. Funktionen von Factoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423. Factoring-Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504. Factoring in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

V Die Factoring-Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651. Zielgruppe des Factoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662. Die Kenntnisse über und die Zufriedenheit mit Factoring . . . . . 683. Factoring in der Unternehmenssanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694. Weg zur Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 5Hibler_Factoring_Umbruch.indd 5 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 7: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

6Fac

torin

g v

on

A b

is Z

VI Risiken im Factoring-Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 731. Bonitätsrisiko des Factoring-Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 742. Verwässerungsrisiko der Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743. Zahlungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

VII Factoring im Rechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77Bilanzverkürzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

VIII Das rechtliche Umfeld des Factoring-Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . 811. Kaufvertragsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822. Zessionsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 843. Die Einordnung in das österreichische Bankwesengesetz . . . . . . . 85

IX Factoring in Zentral- und Osteuropa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

X Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

Appendix IBilanzierung von Factoring in Österreich nach UGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

1. Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 962. Betrachtung wesentlicher Vorschriften und Aspekte . . . . . . . . . . . . . 973. Darstellung von Factoring im Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1054. Darstellung im Abschluss nach IAS 39 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1115. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Appendix IIZwei Fragen zur Anfechtung beim Factoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122II. Anfechtbarkeit der Einzelzessionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123III. Anfechtung der Unterlassung der Kündigung des Factoring-vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 6Hibler_Factoring_Umbruch.indd 6 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 8: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

7 Inh

alt

Appendix III

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 7Hibler_Factoring_Umbruch.indd 7 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 9: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

8Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 8Hibler_Factoring_Umbruch.indd 8 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 10: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

9 Vo

rwo

rt

VORWORT

Kundenforderungen zu verkaufen, anstatt lange auf die Bezahlung der offenen Forderungen zu warten, setzt sich in Österreich immer mehr durch. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen greifen zunehmend auf die Finanzierungs-form Factoring zurück. Heimische KMU leiden nicht nur unter der Zurück-haltung der Banken bei der Kreditvergabe, sondern zählen selbst zu den größ-ten Kreditgebern des Landes. Bei einer durchschnittlichen Außenstandsdauer von 32 Tagen stellen die Forderungsbeträge nichts anderes als Kredite dar. Die gebundene Liquidität schränkt den Handlungsspielraum der Firmen ein.

Welche Möglichkeiten bietet Factoring mittelständischen Unternehmen? Was sind die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstruments und wo liegen die Risiken? Für welche Unternehmen ist Factoring sinnvoll? Welche Aspekte sind besonders zu beachten?

„Factoring von A bis Z“ bietet Ihnen einen praxisorientierten Überblick zum Thema. Wir stellen die Unternehmensfinanzierung Factoring vor und erläutern Voraussetzungen, Kosten-Nutzen-Aspekte sowie den Finanzierungs-prozess. Ein fundierter Überblick – von der Entstehung von Factoring über die nationale Rechtslage bis hin zu internationalen Vergleichen – gibt mittel-ständischen Unternehmerinnen und Unternehmern eine wertvolle Entschei-dungshilfe an die Hand. Marktanalysen geben Einblicke in die aktuelle Praxis von Factoring.

Dieses Buch wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung von Co-Autoren und Verlag. Daher möchten die Autoren besonders dem Linde Verlag für die Betreuung und Geduld beim Entstehen dieses Buches danken.

Ganz besonderer Dank gilt den Autoren der beiden Annexes: Herr Univ.-Prof. Dr. Roman Rohatschek hat seine Expertise über „Bilanzierung von Fac-toring in Österreich nach UGB und IFRS“ für diese Ausgabe überarbeitet und auf den letzten Stand gebracht, neu ist der Beitrag von Frau Univ.-Prof Dr. Brigitta Zöchling-Jud und Herrn Univ.-Ass. Dr. Gabriel Kogler zur Rechts-natur des Factoring unter besonderer Berücksichtigung der Anfechtungsrisi-ken. Dieser Beitrag ist die Zusammenfassung eines Gutachtens, das die beiden Autoren im Auftrag des Österreichischen Factoringverbands im Jahr 2011 verfasst haben. Für die Erlaubnis zum Abdruck gilt daher der Dank nicht nur

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 9Hibler_Factoring_Umbruch.indd 9 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 11: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

10Fac

torin

g v

on

A b

is Z

den beiden Autoren, sondern den – neben der Intermarket Bank – anderen Mitgliedern dieses Verbands: der FactorBank AG, der Raiffeisen Factor Bank AG und der VB Factoring Bank AG. Mag. Doris Stephanides hat ihre lang-jährige praxisnahe Erfahrung im Factoringeschäft in das Kapitel „Das recht-liche Umfeld des Factoring-Geschäfts“ einfließen lassen.

Erfreulicherweise hat die Erstauflage des Jahres 2006 eine so starke Nach-frage ausgelöst, dass wir uns entschlossen haben, Ihnen mit der Zweitauflage einen aktuellen Überblick über die anhaltend positive Entwicklung von Facto-ring zur Verfügung zu stellen.

Die Autoren

Theo HiblerMarlene Walenta

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 10Hibler_Factoring_Umbruch.indd 10 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 12: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

11 I Ein

leitu

ng

I Einleitung

Die Finanzierungsform Factoring existiert seit über 4000 Jahren, hat aber in Europa und insbesondere in Österreich erst in den letzten Jahren wirtschaft-liche Bedeutung erlangt. Anlass genug, um dem Thema Factoring eine kom-pakte Darstellung mit einem österreichischen Schwerpunkt zu widmen.

Aus der österreichischen Unternehmens- und Finanzierungsstruktur erge-ben sich im Wesentlichen die Motive für Unternehmen, Factoring zu nutzen. Bevor auf das zentrale Thema eingegangen wird, erfolgt ein kurzer Überblick über die Entstehung von Factoring. Der Hauptteil des Buches beleuchtet Fac-toring in all seinen Facetten. Nach einer Definition des Begriffs Factoring werden Ablauf, Abwicklung sowie Produktarten vorgestellt. Das Buch gibt einen praxisorientierten Überblick und erläutert insbesondere den Nutzen von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes. Darüber hinaus vermittelt es ein

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 11Hibler_Factoring_Umbruch.indd 11 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 13: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

12Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Bild über die rechtliche Einbettung, die risikopolitischen Faktoren sowie die bilanzielle Gestaltung.

Das Buch nimmt nicht nur auf Österreich Bezug, sondern widmet sich auch der internationalen Entwicklung von Factoring. Insbesondere werden die Besonderheiten von Factoring in den angrenzenden Märkten Mittel- und Osteuropas dargestellt. Das abschließende Glossar definiert die wichtigsten Begriffe im Factoring und bietet ein rasches Nachschlagewerk.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 12Hibler_Factoring_Umbruch.indd 12 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 14: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

13 II U

nte

rne

hm

en

sstr

uktu

r ö

ste

rre

ich

isch

er

Be

trie

be

II Unternehmensstruktur

österreichischer Betriebe

Dieses Kapitel widmet sich der Betriebsgrößenstruktur österreichischer und

europäischer Unternehmen, deren Kapitalausstattung und Finanzierungs-

quellen. Zudem werden Neugründungen Insolvenzen gegenübergestellt,

deren Ursachen aufgelistet sowie die „Überlebensrate“ neugegründeter

Unternehmen im europäischen Vergleich dargestellt.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 13Hibler_Factoring_Umbruch.indd 13 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 15: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

14Fac

torin

g v

on

A b

is Z

1. Betriebsgrößenklassen

In Österreich sind rund 445.000 Unternehmen tätig. Die 500 umsatzstärks-ten Unternehmen erzielten 2011 einen Jahresumsatz von 434 Mrd. EUR, die zehn größten Unternehmen des Landes wiederum erwirtschafteten mehr als ein Drittel davon, knapp 136 Mrd. EUR. Und der Rest? Vernachlässigbar klein? Keineswegs, immerhin sprechen wir noch immer von knapp 296.400 Unternehmen, die 61% der Umsatzerlöse, 67% der Beschäftigten und 99,6% der Unternehmen ausmachen.

Die Europäische Kommission definiert kleine und mittlere Unternehmen (KMU) als Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten, einem Jahresumsatz von 50 Mio. EUR und einer Bilanzsumme bis zu 43 Mio. EUR. Diese KMU werden wiederum in Kleinstunternehmen (bis zu zehn Beschäftigte, 2 Mio. EUR Umsatz und 2 Mio. EUR Bilanzsumme) und kleine Unternehmen (bis zu 50 Beschäftigte, 10 Mio. EUR Umsatz und 10 Mio. EUR Bilanzsumme)

Abbildung 1: Anteil der KMU an der marktorientierten Wirtschaft Österreichs. Quelle: KMU Forschung Austria

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 14Hibler_Factoring_Umbruch.indd 14 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 16: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

15 II U

nte

rne

hm

en

sstr

uktu

r ö

ste

rre

ich

isch

er

Be

trie

be

unterteilt. Gemäß dieser Definition waren 99,7% aller Unternehmen in Ös-terreich per Ende 2011 KMU (vgl. Tabelle 1). Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung. Dieselbe Statistik des Jahres 2005 verzeichnete insgesamt 298.772 Unternehmen, rund 81.500 weniger. Beinahe der gesamte Zuwachs konnte im Bereich 1–9 Beschäftigte verzeichnet werden und ist somit auf Neugründungen zurückzuführen.

Betriebsgrößenklassen nach Anzahl der Beschäftigten

Anzahl Unter-nehmen 2005

% Anzahl Unter-nehmen 2011

%

1–9 269.155 90% 377.694 92%

10–49 24.083 8% 25.449 6%

50–249 4.568 2% 4.961 1%

>250 966 0% 1.090 0%

Summe 298.772 100% 409.194 100%

Tabelle 1: Anzahl der Unternehmen nach Betriebsgrößenklassen 2005 versus 2011. Quelle: WKO Statistisches Jahrbuch 2011

Eine Einteilung nach der Summe der Beschäftigten pro Betriebsgröße ergibt eine andere Struktur, sodass die Vielzahl von Betrieben mit wenig Beschäfti-gen einen geringeren Anteil im Vergleich zu den wenigen Großbetrieben mit vielen Beschäftigten aufweist. Insgesamt beschäftigen Betriebe mit einer Be-schäftigtenzahl zwischen einem und neun Mitarbeitern weniger als halb so viele Mitarbeiter wie Betriebe mit über 250 Beschäftigten (vgl. Tabelle 2).

Betriebsgrößenklassen nach Anzahl der Beschäftigten

Summe Beschäf-tigte 2005

% Summe Beschäf-tigte 2011

%

1–9 356.068 17% 354.367 16%

10–49 474.764 23% 505.002 22%

50–249 460.552 22% 499.235 22%

>250 805.974 38% 898.813 40%

Summe 2.097.358 100% 2.257.417 100%

Tabelle 2: Summe der Beschäftigten nach Betriebsgrößenklassen 2005 versus 2011. Quelle: WKO Statistisches Jahrbuch 2012

Der Vergleich zu 2005 zeigt einen Zuwachs von rund 160.000 Beschäftigten in Summe. Während Unternehmen bis 9 Mitarbeitern insgesamt weniger

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 15Hibler_Factoring_Umbruch.indd 15 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 17: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

16Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Mitarbeiter beschäftigten, gab es den größten Zuwachs bei Betrieben mit über 250 Beschäftigten.

Im europäischen Vergleich liegen die österreichischen KMUs damit ziem-lich exakt im Durchschnitt. Die weit überwiegende Mehrheit der in der EU-27 aktiven Unternehmen, nämlich 99,8% waren nach der aktuellsten Unter-suchung von EUROSTAT Klein- und Mittelbetriebe, insgesamt sind das 20,9 Mio. Unternehmen. Diese Unternehmen beschäftigen zwei Drittel aller Arbeitnehmer in der EU und tragen 58,6% zur Wirtschaftsleistung (jeweils außerhalb des Finanzsektors) bei.

Betriebsgrößenklassen nach Anzahl der Beschäftigten

Anzahl der Unternehmen

Arbeitnehmer Wertschöpfung

Anteil in %

Alle KMUs 99,8% 66,7% 58,6%

1–9 92,0% 29,0% 21,8%

10–49 6,7% 20,5% 18,6%

50–249 1,1% 17,2% 18,2%

>250 0,2% 33,3% 41,4%

Summe 100,0% 100,0% 100,0%

Tabelle 3: Größenordnung europäischer (EU-27)Unternehmen 2008. Quelle: Eurostat, Key figures on European Business with a special feature on SMEs, 2011 edition

Innerhalb der EU gibt es in der Größenklassifizierung der KMUs jedoch be-trächtliche Unterschiede. Zwar erreicht der Anteil der Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern in keinem Land die 1%-Marke, die Mikro-Unter-nehmen (1–9 Mitarbeiter) sind u.a. in den großen Staaten wie Deutschland und UK aber anteilsmäßig geringer vertreten. Dies gilt – wohl aus historischen Gründen – auch für die zentraleuropäischen Reformstaaten und zwar in die-sen Fällen unabhängig von der Größe des jeweiligen Landes (Anmerkung: Ziffern für Frankreich liegen nicht vor).

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 16Hibler_Factoring_Umbruch.indd 16 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 18: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

17 II U

nte

rne

hm

en

sstr

uktu

r ö

ste

rre

ich

isch

er

Be

trie

be

Gesamtanzahl der Unter-nehmen

1–9 MA 10–49 MA 50–249 MA >250 MA

tsd (%)

EU-27 20.994 92,0 6,7 1,1 0,2

BE 426 92,5 6,3 0,9 0,2

BG 270 88,7 9,2 1,9 0,3

CZ 899 95,1 3,9 0,8 0,2

DK 211 85,0 12,2 2,4 0,4

DE 1.880 83,0 14,1 2,4 0,5

EE 46 83,9 13,0 2,7 0,4

IE 158 87,8 9,9 1,9 0,3

ES 2.653 93,1 6,0 0,8 0,1

IT 3.947 94,3 5,1 0,5 0,1

CY 47 92,3 6,4 1,1 0,2

LV 70 84,4 12,9 2,4 0,3

LT 139 88,7 9,2 1,9 0,3

LU 17 85,8 11,5 2,2 0,5

HU 566 94,3 4,7 0,8 0,2

NL 583 90,4 8,0 1,4 0,3

AT 294 87,2 10,8 1,7 0,4

PL 1.556 95,5 3,3 1,0 0,2

PT 778 94,0 5,1 0,7 0,1

RO 506 88,9 8,8 1,9 0,4

SI 93 92,4 6,1 1,3 0,3

SK 59 71,2 24,2 3,7 0,9

FI 202 91,7 6,9 1,1 0,3

SE 586 94,7 4,4 0,8 0,2

UK 1.731 89,3 8,8 1,5 0,4

Tabelle 4: Größenordnung von Unternehmen in einzelnen EU-Staaten 2008. Quelle: Eurostat, Key figures on European Business with a special feature on SMEs, 2011 edition

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 17Hibler_Factoring_Umbruch.indd 17 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 19: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

18Fac

torin

g v

on

A b

is Z

2. Kapitalausstattung

Die durchschnittliche Eigenkapitalquote (Eigenkapital in % des Gesamtkapi-tals) der österreichischen KMU lag 2005 noch bei 19% und hat sich 2009/2010 auf 28,1% erhöht. Je nach Umsatzklasse liegen die Bandbreiten aus-einander, wobei deutlich sichtbar ist, dass Unternehmen mit niedrigerem Um-satz tendenziell auch eine geringere Eigenkapitalquote aufweisen. Erfreulich ist im Vergleich zu 2005, dass alle Umsatzklassen im Durchschnitt positive Eigenkapitalquoten aufweisen (vgl. Tabelle 5).

Eigenkapitalquote %2005

Eigenkapitalquote % 2009/2010

Durchschnitt 19,00% 28,10%

Oberes Quartil 27,50% 33,78%

Unteres Quartil 12,60% 26,85%

Jahresumsatz in EUR:

bis 0,3 Mio. –5,70% 14,09%

0,3–0,5 Mio. –1,50% 9,61%

0,5–1 Mio. 3,50% 15,31%

1–2 Mio. 9,80% 17,77%

2–4 Mio. 14,80% 22,44%

4–7 Mio. 17,80% 26,49%

über 7 Mio. 23,80% 31,79%

Tabelle 5: Eigenkapitalquote KMU. Quelle: KMU Forschung Austria

Auch im Bereich der Überschuldung hat sich die Situation in den letzten fünf Jahren deutlich verbessert. Während 2005 noch rund 40% der heimischen KMU über kein Eigenkapital verfügten, waren es 2009/2010 nur noch rund 30%. Dennoch sind in etwa ein Drittel der Klein- und Mittelbetriebe über-schuldet (vgl. Tabelle 6).

Fehlendes Eigenkapital ist nicht zuletzt ein Resultat des Ergebnisses der Geschäftstätigkeit. Nachhaltige Verluste führen in Folge zu negativem Eigen-kapital. Demgemäß ist auch der Anteil der Unternehmen mit negativem EGT (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) entsprechend hoch, jedoch mit einem Trend zur Verbesserung. Ende 2005 wiesen noch knapp die Hälfte der KMU (Durchschnittswert von 46,6%) einen Fehlbetrag auf, 2009/2010

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 18Hibler_Factoring_Umbruch.indd 18 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 20: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

19 II U

nte

rne

hm

en

sstr

uktu

r ö

ste

rre

ich

isch

er

Be

trie

be

Anteil der Unternehmen ohne Eigenkapital in % 2005

Anteil der Unternehmen ohne Eigenkapital in % 2009/2010

Durchschnitt 39,70% 30,50%

Oberes Quartil 26,40% 18,00%

Unteres Quartil 58,60% 49,30%

Jahresumsatz in EUR:

bis 0,3 Mio. 54,30% 45,20%

0,3–0,5 Mio. 51,70% 43,40%

0,5–1 Mio. 46,10% 36,30%

1–2 Mio. 37,70% 28,50%

2–4 Mio. 28,00% 20,60%

4–7 Mio. 22,10% 14,90%

über 7 Mio. 11,60% 7,60%

Tabelle 6: Überschuldete KMU. Quelle: KMU Forschung Austria

waren es mit rund 40% bereits deutlich weniger (vgl. Tabelle 7). Aber auch hier ist festzustellen, dass die positiven Ergebnisse mit zunehmender Unter-nehmensgröße ansteigen, wenn auch bedauerlicherweise das – zumindest aus-gewiesene – Unternehmensergebnis bei Umsatzgrößen bis zu einem Jahres-umsatz von 0,5 EUR in mehr als 50% der Unternehmen negativ ist.

Anteil mit negativem EGT 2005 Anteil mit negativem EGT 2009/2010

Durchschnitt 46,40% 39,80%

Oberes Quartil 0,00% 0,00%

Unteres Quartil 100,00% 100,00%

Jahresumsatz in EUR:

bis 0,3 Mio. 69,20% 61,10%

0,3–0,5 Mio. 53,10% 48,20%

0,5–1 Mio. 43,90% 39,00%

1–2 Mio. 38,00% 31,30%

2–4 Mio. 34,50% 30,70%

4–7 Mio. 34,40% 29,80%

über 7 Mio. 32,00% 28,10%

Tabelle 7: Unternehmen mit negativem EGT. Quelle: KMU Forschung Austria

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 19Hibler_Factoring_Umbruch.indd 19 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 21: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

20Fac

torin

g v

on

A b

is Z

3. Finanzierung von KMU

Seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) werden mittlerweile zweimal jährlich Untersuchungen über der Zugang von KMUs zu Finanzmitteln im Euroraum beauftragt („Survey on the Access to Finance of SMEs in the Euro Area“). Gegenstand dieser Untersuchungen sind neben Fragen nach den Finan-zierungsmöglichkeiten auch Fragen zum Geschäftsverlauf bzw. nach jenen Faktoren, die die Weiterentwicklung der KMUs am stärksten einschränken. In sämtlichen Untersuchungen der letzten Jahre wurde der Zugang zu Finanz-mitteln von den befragten Unternehmen als eines der drei wichtigsten The-men für KMUs genannt, während dieses Problem bei Großbetrieben nicht unter den ersten fünf aufscheint.

Von den möglichen Finanzquellen her nützten in den letzten Jahren so-wohl in der EU wie in Österreich rund die Hälfte aller KMUs ausschließlich externe Finanzierungsmöglichkeiten, wobei hier nicht ausschließlich der klas-sische Bankkredit zum Einsatz kommt. 40% der Betriebe in der Gesamt-EU wie in Österreich haben dabei zuletzt einerseits den Betriebsmittelkredit in Anspruch genommen sowie zusätzlich andere Formen von Bankkrediten – 30% der KMUs in der EU, während es in Österreich 35% waren.

Stark zugenommen haben in der EU in den beiden letzten Jahren die Nut-zung von Leasing bzw. Mietkauf und Factoring mit nunmehr insgesamt 36% der KMUs (gegenüber 28% vor zwei Jahren) sowie der Lieferantenkredit, des-sen Nutzung von 17% auf 32% gestiegen ist. In Österreich wird insbesondere Leasing mit 45% deutlich stärker beansprucht.

Nach den letzten Vergleichsuntersuchen der Europäischen Kommission stehen österreichische Betriebe sowohl im Hinblick auf die Bankenfinanzie-rung wie auch auf die Zahlungsmoral der Kunden – verglichen mit dem Durchschnitt aller KMUs in der EU – gut da. Allerdings ist festzuhalten, dass der Durchschnitt der EU durch einige „Ausreißer“ stark nach unten gedrückt wird. Ein Vergleich mit Deutschland zeigt, dass Österreich zwar beispiels weise bei der Einräumung von Krediten liberaler ist, jedoch die KMUs hier um etwa 10% länger auf den Zahlungseingang warten müssen.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 20Hibler_Factoring_Umbruch.indd 20 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 22: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

21 II U

nte

rne

hm

en

sstr

uktu

r ö

ste

rre

ich

isch

er

Be

trie

be

4. Gründerboom und Unternehmensdauer

Im Jahr 2011 wurden trotz der wirtschaftlich schwierigen Zeit 28.320 Unter-nehmen neu gegründet – zum Vergleich: 2010 waren es 29.221.

2011 berichtete der KSV über 5.869 Insolvenzen, das waren um 7,4% weniger als 2010. Die Entwicklung ist doppelt erfreulich, da es eine weitere Verschiebung hin zu eröffneten Insolvenzverfahren (–7,4% gegenüber 2010) und weg von den mangels Masse nicht eröffneten Konkursen gegeben hat (–8,6% gegenüber 2010). Das Scheitern hat unterschiedlichste Gründe (vgl. Tabelle 8). Als Hauptgrund wurde bei den analysierten Insolvenzen das Feh-len des kaufmännischen Weitblicks identifiziert. Kalkulationsfehler, Absatz-schwierigkeiten und Kostensteigerungen sind unmittelbare Ursachen. Fahr-lässigkeit, insbesondere bei der Gründung von Unternehmen, schlägt sich mit rund einem Viertel in den Gründen nieder. Ebenso unterschätzt werden der Kapitalbedarf sowie die Konkurrenzsituation am Markt.

Der Hauptgrund blieb somit im Vergleich zu 2005 unverändert, stieg je-doch markant von 38% auf 53% an. Insbesondere kaufmännischer Weitblick,

Abstand vom EU-Durchschnitt(gemessen in Standardabweichungen, EU-Durchschnitt = 0)

Anteil der von KMU gestellten Bankdarlehenserträge, die abgelehnt wurden, 2009; Österreich: 16%; EU-Durchschnitt: 23%Zugang zu staatlichen Beihilfen einschließlich Bürgschaften (% derer, die eine Verschlechterung angaben), 2009; Österreich: 16%; EU-Durchschnitt: 22%Bereitschaft der Banken, ein Darlehen zu gewähren (prozentualer Anteil derer, die eine Verschlechterung angaben), 2009; Österreich: 31%; EU-Durchschnitt: 30%Relativer Unterschied zwischen Zinshöhen für Darlehen unter 1 Mio. Euro und Darlehen über 1 M io. Euro, 2010; Österreich: 20,12%; EU-Durchschnitt: 23,98%Gesamtdauer bis zum Zahlungseingang (in Tagen), 2010; Österreich: 35,33; EU-Durchschnitt: 54,02Zahlungsausfälle (% des Gesamtumsatzes), 2010; Österreich: 2%: EU-Durchschnitt: 2,78%Risikokapital-Investitionen – Frühphase (% des BIP), 2009; Österreich: 0,007%; EU-Durchschnitt: 0,014%Wirksamkeit und Effizienz des Rechtsschutzes, 2011; Österreich: 7; EU-Durchschnitt: 6,81Depth of Credit Information Index, 2011; Österreich: 6: EU-Durchschnitt: 4,47EU-Strukturfonds-Mittel für Anreize für unternehmerische Initiative u KMU, 2007–2013 (% der Gesamtmittelzuweisung/MS), 2011; Österreich: 15,5%; EU-Durchschnitt: 22%ELER-Mittel für die Gründung und Entwicklung von Unternehmen, 2007–2013 (% der Gesamtmittelzuweisung), 2011; Österreich: 0,19%: EU-Durchschnitt: 2,290%

Hinweis: Balken nach rechts zeigen Ergebnisse über dem EU-Durchschnitt an. Balken nach links Ergebnisse unter dem EU-Durchschnitt.

–1,5 –1,0 –0,5 0,0 0,5 1,0 1,5

Abbildung 2: Zugang zu Finanzmitteln. Quelle: SBA Factsheet 2010–2011 Österreich, European Commission, Enterprise and Industry

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 21Hibler_Factoring_Umbruch.indd 21 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 23: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

22Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Planung und Absatzschwierigkeiten stellen mit 39% eine gewichtige Insolvenz-ursache dar. Interessant ist auch, dass externe Auslöser sich mit 16% (nach 13% im Jahr 2005) niederschlagen. Nach deutlichen Rückgängen im Ver-gleich zu 2005 liegen Fahrlässigkeit und Kapitalmangel gleich auf als dritt-wichtigste Insolvenzursache.

2005 2011innerbetriebliche Ursachen 38% 53%Fehlen des unbedingt notwendigen kaufmännischen Weitblicks, der rationellen Pla-nung bei Funktionsänderungen, Absatzschwierigkeiten 30% 39%Mangelnde Beobachtung der Vorkommnisse in der Wirtschaft, Angebot-Nachfrage, Zinsen- und Kostensteigerungen, Umstrukturierungen, Differenzen in der Geschäfts-führung usw. 2% 9%Kalkulationsfehler, Produktionsmisserfolge 6% 5%außerbetriebliche Ursachen 13% 16%Geänderte Marktlage, aus- bzw. inländische Konkurrenzsituation, Kreditrestriktionen, Lohn- und Steuererhöhungen, usw. 10% 14%Insolvenz von Abnehmern 2% 1%Ausfall von Lieferanten 1% 1%Fahrlässigkeit 22% 11%Unvermögen der differenzierten Beurteilung der Wirtschaftsvorgänge, Gründungsfeh-ler, Unerfahrenheit 14% 6%Ungenügende Kenntnis des praktischen Wirtschaftslebens, mangelnde Branchen-kenntnis, Fehlen einer geordneten Betriebs- und Rechnungsprüfung 7% 4%Veranlassung und Durchführung von übermäßigen Investitionen und überflüssigen Be-triebserweiterungen 1% 1%Kapitalmangel 13% 11%Das im Unternehmen vorhandene Eigenkapital ist zu gering, um den vom Betrieb ge-forderten Aufwand zu befriedigen 12% 10%Unterschätzung der verfügbaren Eigenmittel mit der Absicht, Fremdkapital einzusetzen 1% 1%Persönliches Verschulden 10% 6%Betrügerische Handlungen 7% 3%Überhöhte Entnahmen im Privatbereich 2% 1%Vernachlässigung der Geschäftsführung 1% 2%Spekulationen 0% 0%Sonstige Ursachen 4% 3%Krankheit 3% 3%Unglücksfälle durch höhere Gewalt 1% 0%Sonstige Ursachen, die außerhalb der Einflusssphäre des Unternehmens liegen, z. B. Versorgungsschwierigkeiten mit Rohmaterialien, Streiks 0% 0%

Tabelle 8: Entwicklung Insolvenzursachen 2005 vs. 2011. Quelle: KSV

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 22Hibler_Factoring_Umbruch.indd 22 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 24: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

23 II U

nte

rne

hm

en

sstr

uktu

r ö

ste

rre

ich

isch

er

Be

trie

be

Die erfreuliche Tatsache der zahlreichen Unternehmensgründungen hat na-turgemäß zur Folge, dass es auch zum Scheitern von jungen Unternehmen kommt. Die Statistik des KSV1870 zeigt eine besondere Gefährdung der Gründer in den ersten drei Jahren. Nach dieser Periode flacht die Kurve deut-lich ab und pendelt sich acht Jahre nach der Gründung auf einem konstant niedrigen Wert ein (vgl. Abbildung 3).

Mit einer „Überlebensrate“ von annähernd 70% im Jahr 2009 der 2006 ge-gründeten Unternehmen liegt Österreich aber im absoluten Spitzenfeld der EU, insbesondere auch verglichen etwa mit Deutschland mit 52% (vgl. Ta belle 9).

Land Überlebensrate 3 Jahre nach GründungDeutschland 51,71%Spanien 56,07%Italien 62,16%Ungarn 53,67%Österreich 69,49%Slowenien 73,95%Slowakei 51,10%England 62,74%

Tabelle 9: Überlebensrate von Unternehmensgründungen (in % der vor drei Jahren gegründeten Unternehmen). Quelle: Eurostat: business demography indicators

Abbildung 3: Insolvenzen nach Gründungsjahren in %. Quelle: KSV1870

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 23Hibler_Factoring_Umbruch.indd 23 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 25: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

24Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 24Hibler_Factoring_Umbruch.indd 24 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 26: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

25 III D

ie G

esc

hic

hte

vo

n F

acto

ring

III Die Geschichte

von Factoring

In diesem Kapital erfahren Sie alles über die Entstehung von Factoring:

vom Ursprung über die Entwicklung bis hin zu Factoring in der Gegenwart.

Dargestellt werden die weltweite Entwicklung der Factoringvolumina sowie

jene des österreichischen Marktes. Sie lesen, wer in Österreich Factoring

anbietet und welchen Anteil Factoring am BIP hat. Ein Ausblick über die

zukünftige Entwicklung rundet das Kapitel ab.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 25Hibler_Factoring_Umbruch.indd 25 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 27: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

26Fac

torin

g v

on

A b

is Z

1. Die Entstehung von Factoring – ein kurzer

historischer Rückblick

In den sechziger Jahren boten die europäischen Banken ihren Kunden eine neue Dienstleistung an: Factoring. Das Wort Factoring (als amerikanische Be-zeichnung für Forderungsfinanzierung) fand schnell Eingang in die Geschäfts-sprache. Die rasche Verbreitung des Begriffes wurde durch die Ähnlichkeit mit dem Wort „Faktura“ erleichtert.

1.1. „Factoring“-Formen in Antike und Mittelalter

Dabei ist Factoring gar nicht neu. Definiert man Factoring als „die Umwand-lung von zukünftigen Einkommen in sofortige Liquidität durch Kredit oder Bevorschussung, oft ergänzt durch den Ankauf oder die Garantie von Forde-rungen“, gibt es „Factoring“ seit etwa 2000 v. Chr. Schon damals finanzierten reiche Privatpersonen den Export vom Mutterland Persien in die weit entfern-ten Handelskolonien. Im 5. Jahrhundert v. Chr. gewährten Finanzhäuser den Bauern Kredite für Erntewerkzeuge und vertrieben die Endprodukte (vor allem Getreide). In den folgenden Jahrhunderten spielten verschiedene For-men von „Factoring“ in vielen Teilen der Welt im Geschäfts- und Wirtschafts-leben eine wichtige Finanzierungsrolle.

Im Mittelalter erlebte Factoring eine neue Blüte. Auch der Name stammt aus dieser Zeit: Factoring und Faktura leiten ihre Herkunft aus dem mittel-alterlichen „Faktor“ und seiner „Faktorei“ ab. Die Tätigkeit des Faktors be-stand im Wesentlichen im Verkauf von Gütern im eigenen Namen und auf fremde Rechnung. Durfte der Faktor auf Ziel verkaufen, wusste der Käufer meist nicht, wessen Ware er eigentlich gekauft hatte. Obwohl der Faktor die längeren Zahlungsbedingungen einräumte, war es der Lieferant, der das Kre-ditrisiko trug. In vielen Fällen übernahm nun der Faktor dieses Risiko, das heißt, er übernahm die Garantie der Einbringlichkeit. Ein wesentlicher Be-standteil der Tätigkeit des Faktors war die Kreditgewährung dem Lieferanten gegenüber, da er Hafengebühren, Zoll, Fracht usw. sofort zu bezahlen hatte. Die Sicherstellung seiner Ansprüche war durch seine praktisch vollständige

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 26Hibler_Factoring_Umbruch.indd 26 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 28: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

27 III D

ie G

esc

hic

hte

vo

n F

acto

ring

Kontrolle über Ware, Rechnung und Zahlungsfluss ausgezeichnet. Aufgrund finanzieller Vorleistungen und der hervorragenden Besicherung entwickelten sich liquide Faktoren zu den wichtigsten Finanziers – lange vor der Existenz der ersten kommerziellen Banken. Diese Form der Finanzierung wurde vor allem von deutschen Lieferanten beansprucht. Sie bezog sich hauptsächlich auf Handelsgeschäfte.

1.2. Factoring in den USA

Die amerikanischen Kolonien waren lange Jahre von ihrem Mutterland und hier wiederum vom Vereinigten Königreich wirtschaftlich abhängig. Viele Güter wurden von England über den Atlantik exportiert und dort von Agen-ten vertrieben, welche auf Kommission verkauften, aber für Zölle und Hafen-gebühren in Vorlage zu treten und das Risiko für die Einbringlichkeit der Forderung zu übernehmen hatten. Schließlich waren sie es, die die Abnehmer in den USA ausgesucht hatten. Diese Form des Außenhandels ersparte den Exporteuren die Auslagen, Schwierigkeiten und Risiken bei der Errichtung von Zweigstellen in fernen Ländern. Die Agenten, „Merchant Factors“ genannt, hatten also sowohl eine Handels- als auch eine Finanzierungsfunktion, ganz ähnlich dem aus dem mittelalterlichen Deutschland bekannten „Faktor“.

Mit zunehmender Population stieg die Produktion von Gütern in den Ver-einigten Staaten, sodass in vielen Bereichen weitgehende Unabhängigkeit von Importen gewonnen wurde. Damit verloren die Merchant Factors ihre Han-delsfunktion und konzentrierten sich häufig nur noch auf die Finanzierung und die Übernahme des Risikos für die Einbringlichkeit der Forderung. Die „Finanzfactors“ boten zwar ähnlich dem früheren Handelsfactor eine Finan-zierungsleistung, verloren aber zunehmend jede Handelsfunktion. Da sie auch die Versicherung der Forderungen übernahmen, hatten sie den Nur-Finanz-Häusern gegenüber einen Produktvorteil. Die Bedeutung dieses Geschäfts-zweiges ist schon daraus ersichtlich, dass es im Jahre 1889 mit dem „Factors Act“ zur ersten gesetzlichen Regelung des Factoring-Geschäftes kam.

Die Übernahme des Delkredere-Risikos in allen Geschäftsfällen hatte je-doch zur Folge, dass sich die Factors in den USA sehr stark auf die Beurtei-

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 27Hibler_Factoring_Umbruch.indd 27 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 29: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

28Fac

torin

g v

on

A b

is Z

lung der Debitoren konzentrierten und daher in manchen Branchen – ins-besondere der Textilbranche, die sie noch aus ihrer früheren Handelsfunktion am besten kannten – stark verankert waren. Mit der Abwanderung dieser Industrien nach Asien gegen Ende des 20. Jahrhunderts kam es daher zu einer weitgehenden Stagnation des Factoring-Volumens und die USA verloren erst-mals die Position als volumenstärkstes Land im Factoring-Geschäft. Mit der Erweiterung des Horizontes um neue Branchen und in vielen Fällen neue Ge-schäftszweige im Asset Based Lending wurde dieser Entwicklung jedoch er-folgreich begegnet.

1.3. „Factoring“ in der österreichisch-ungarischen Monarchie

Auch in der k. u. k. Monarchie entwickelte sich die Finanzierung von Forde-rungen, wenngleich das „Factoring“ in Österreich-Ungarn deutlich andere Züge aufwies als im eher industriell geprägten Rest Europas. Am Ende des 19. Jahrhunderts fiel das Auge der Bankiers auf das unscheinbare Geschäft der Fakturenbevorschussung. Das Geschäft war zu diesem Zeitpunkt von geringer Bedeutung, das Prinzip aber gesund: Es beruhte auf Wechseln.

Verschiedene Banken unterstützten daher die Gründung von Kreditvereini-gungen, andere gründeten sie selbst. Die bankeigenen „Factoring-Institute“ refinanzierten sich, indem sie die Wechsel ihrer Kunden bei ihrer Mutterbank diskontierten. Dies machte für die Mutterbanken das Geschäft akzeptabel, da sie statt einer Vielzahl von kleinen Wechseln von zahlreichen Abnehmern einen hohen Wechsel erhielten. Die österreichischen Banken vermarkteten diesen Typ des „Factoring“ also nicht selbst, sondern verwendeten die für die-sen Zweck gegründeten „Genossenschaften“. Um die Wende zum 20. Jahr-hundert gab es etwa 80 solcher Gesellschaften, die zusammen rund 8.000 Un-ternehmen finanzierten.

Die Kriterien, die damals für die Finanzierung von Forderungen festgelegt wurden, haben – in abgewandelter Form – bis heute Gültigkeit:

➜ die Forderung musste schriftlich festgehalten und unbestritten sein ➜ sie musste auf einer Warenlieferung oder Dienstleistung basieren

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 28Hibler_Factoring_Umbruch.indd 28 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 30: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

29 III D

ie G

esc

hic

hte

vo

n F

acto

ring

➜ die Abnehmer mussten Firmen in „zivilisierten“ Ländern sein, die das Zahlungsziel zwar ausnützten, aber nicht exzessiv überzogen.

Folgende Forderungen wurden hingegen von einer Bevorschussung ausge-schlossen:

➜ Forderungen an Verwandte ➜ Forderungen mit Gegenverrechnung ➜ Forderungen in der Bauindustrie mit abschließender Kollaudierung

In der Praxis sandte der Lieferant an den Factor eine Zessionsurkunde mit einer Spezifizierung der Forderungen, die mit einem Abtretungsvermerk ver-sehen waren. Diese Übertragung hatte beispielsweise folgenden Text: „Wir offerieren Ihnen hiermit die unten aufgegliederten Forderungen im Gesamt-betrag von … Kronen zum Diskont. Wir schließen unseren Wechsel in Höhe von … Kronen bei. Die Zession dieser Forderungen wurde in unseren Bü-chern ordnungsgemäß vorgenommen.“

1907 gründete eine Reihe von Diskonthäusern eine „Evidenzcentrale“, de-ren Aufgabe es war, die Finanziers vor doppelten Abtretungen zu schützen. Die Mitglieder dieses Zentralinstitutes gaben ihre Kunden bekannt. Dort wurden die Namen überprüft und die doppelten Abtretungen konnten nach-gewiesen werden. Zum Beispiel waren es im Jahr 1911 47 Fälle mit 96.000 Kronen (0,04% aller Abtretungen) und 1913 53 Fälle mit 120.000 Kronen (0,03% aller Abtretungen). Berücksichtigt man, dass 1911 ein Jahr finanziel-ler Krisen war, so zeugen diese Zahlen von einer hohen Geschäftsmoral.

Mit dem Zusammenbrechen der k. u. k. Monarchie und der drastischen Verkleinerung des geographischen und wirtschaftlichen Raumes kam es zu einer völligen Umstrukturierung im österreichischen Kreditwesen, die auch zum Untergang der Diskonthäuser und damit zum Ende dieser Form der For-derungsfinanzierung führte.

2. Entwicklung des modernen Factoring in Europa

Factoring in seiner modernen Form wurde in Europa erstmals in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in England eingesetzt. Die Gesellschaf-

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 29Hibler_Factoring_Umbruch.indd 29 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 31: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

30Fac

torin

g v

on

A b

is Z

ten wurden zumeist von Merchant Banken gegründet, die – ähnlich der öster-reichischen Entwicklung 50 Jahre zuvor – in der Finanzierung von Forderun-gen einen lukrativen Geschäftszweig sahen. Manche dieser Gesellschaften suchten in den USA Unterstützung für die technische und operative Seite des Geschäftes. Dies mag ein Grund sein, warum in dieser Zeit zwei amerika-nische Institutionen begannen, den europäischen Factoring-Markt zu ent-wickeln – zum einen Heller, eine große, in Chicago ansässige und damals noch im Privatbesitz befindliche Institution zur Finanzierung von bilanziellen Assets sowie die First National Bank of Boston. Heller war auch unter diesem Namen im Jahr 1963 der erste namhafte Factor in Deutschland – und ist dort übrigens heute noch mittlerweile als GE Capital Marktführer –, während die First National Bank of Boston in aller Regel Joint Ventures mit lokalen Ban-ken zur Gründung von nationalen Factoring-Gesellschaften bildete.

Die Anzahl und Struktur der Factoring-Gesellschaften hat sich im Laufe der gut 40 Jahre, in denen es nun Factoring in Europa gibt, deutlich ver-ändert. Dies zeigt sich nicht zuletzt am Geschäftsumfang in den einzelnen Ländern. So lag im Jahre 1980 der Factoring-Gesamtumsatz in Europa bei 28 Mrd. EUR, in Amerika, im Wesentlichen den USA, bei 34 Mrd. EUR. Am europäischen Volumen hatte Schweden mit rund 7,3 Mrd. EUR den höchsten Anteil, gefolgt von Großbritannien (5,4 Mrd. EUR) und Deutsch-land (3,9 Mrd. EUR). Schweden – so wie der gesamte skandinavische Raum – war damals nicht nur im Factoring-Geschäft, sondern auch in anderen bank-nahen Dienstleistungen wie z. B. Leasing führend.

Seither hat sich das Geschäftsmodell aller im Factoring-Geschäft tätigen Banken und Sondergesellschaften deutlich geändert. Lag etwa in Großbritan-nien bei Entstehen des Factoring-Marktes der Fokus sehr stark auf der Ab-sicherung des Debitoren-Risikos, so ist heute ganz klar die Finanzierung in den Mittelpunkt gerückt. Dies hatte zur Folge, dass einerseits immer mehr private Gesellschaften entweder von Großbanken übernommen oder in spe-zielle Nischen gerückt wurden. Insgesamt hat der Factoring-Markt in England jedoch 1997 vom Volumen her erstmals den US-amerikanischen überholt und ist an die Spitze der weltweiten Factoring-Märkte gerückt.

Generell kann gesagt werden, dass Märkte, in denen der Zessionskredit von Bankenseite aus keine Historie hatte, bei der Entwicklung des Factoring

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 30Hibler_Factoring_Umbruch.indd 30 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 32: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

31 III D

ie G

esc

hic

hte

vo

n F

acto

ring

deutlich besser abgeschnitten haben als jene Märkte, wo die Finanzierung von Forderungen im Wege der Zession ein traditionelles Bankprodukt war. Dies wird deutlich im Vergleich der großen europäischen Volkswirtschaften Italien und Deutschland. In Italien lag das Factoring-Volumen schon Anfang der neunziger Jahre bei rund 40 Mrd. EUR, was dem Fünffachen des damaligen deutschen Wertes entsprach. Seit die absolute Wirkung des Zessionsverbotes in Deutschland im Jahre 1994 per Gesetz aufgehoben wurde, hat das Wachs-tum überaus dynamisch zugenommen. 2005 betrug das Gesamtvolumen 55 Mrd. EUR, 2011 bereits 157 Mrd. EUR. Während 2005 Italien mit 111 Mrd. EUR ein doppelt so hohes Volumen wie Deutschland verzeichnen konnte, lag 2011 der Umsatz 2011 mit 175 Mrd. EUR nur mehr knapp über dem deutschen Volumen.

Insgesamt betrug das weltweite Factoring-Volumen 2005 mit 1.016 Mrd. EUR zum ersten Mal in der Geschichte mehr als eine Billion Euro, schon sechs Jahre später, also 2011, hat es mit 2.015 Mrd. bereits die 2-Billionen-Schwelle überschritten. Europa ist im kontinentalen Vergleich nach wie vor deutlich führend, da über 60% des Volumens aus Europa stammen (vgl. Ab-bildung 4).

Eine detaillierte Darstellung der Entwicklung des Factoring-Volumens zwischen 1999 und 2011 basierend auf den Daten der Factors Chain Inter-national (vgl. Tabelle 10) zeigt die wachsende Bedeutung Europas im Facto-

Abbildung 4: Factoring-Volumen 2011 nach Kontinenten. Quelle: FCI

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 31Hibler_Factoring_Umbruch.indd 31 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 33: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

32Fac

torin

g v

on

A b

is Z

ring-Geschäft. Während sich das weltweite Volumen so wie jenes von Afrika rund vervierfachte, wuchs Europa um das dreieinhalb-fache, Amerika nur um 80%, Asien hingegen um das sechseinhalbfache. Basierend auf einem nied-rigen Ausgangsvolumen konnte Australien ein Gesamtwachstum von 1000% erzielen.

Zu berücksichtigen ist hier allerdings sowohl für Amerika als auch für Asien, dass diese Tabelle Euro-Werte anführt und somit die Stärke des Euros diese Märkte schlechter darstellt, als sie sich in lokaler Währung entwickelt haben: In US-Dollar betrug die Steigerung im selben Zeitraum 538% für Asien und immerhin 122% für Amerika.

1999 2006 2007 2008 2009 2010 2011

EUROPE

Austria 2.007 4.733 5.219 6.350 6.630 8.307 8.986

Belgium 7.630 16.700 19.200 22.500 23.921 32.203 38.204

Bosnia & Herzegovina 35 45 45

Bulgaria 2 35 300 450 340 550 1010

Croatia 0 340 1.100 2.100 2.450 2.793 2.269

Cyprus 1.120 2.546 2.985 3.255 3.350 3.450 3.758

Czech Republic 780 4.025 4.780 5.000 3.760 4.410 5.115

Denmark 3.360 7.685 8.474 5.500 7.100 8.000 9.160

Estonia 470 2.900 1.300 1.427 1.000 1.227 1.164

Finland 5.630 11.100 12.650 12.650 10.752 12.400 13.000

France 53.100 100.009 121.660 135.000 128.182 153.252 174.580

Germany 19.984 72.000 89.000 106.000 96.200 129.536 157.260

Greece 850 5.230 7.420 10.200 12.300 14.715 14.731

Hungary 144 2.880 3.100 3.200 2.520 3.339 2.817

Iceland 100

Ireland 6.160 29.693 22.919 24.000 19.364 20.197 18.330

Italy 88.000 120.435 122.800 128.200 124.250 143.745 175.182

Latvia 276 1.160 1.520 900 328 371

Lituania 1.896 2.690 3.350 1.755 1.540 2.134

Luxembourg 0 306 490 600 349 321 180

Malta 1 25 52 105 136 200

Netherlands 20.500 25.500 31.820 30.000 30.000 35.000 46.000

Norway 4.260 11.465 17.000 15.000 15.100 15.075 16.395

Poland 605 4.425 7.900 7.800 12.000 16.210 17.900

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 32Hibler_Factoring_Umbruch.indd 32 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 34: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

33 III D

ie G

esc

hic

hte

vo

n F

acto

ring

1999 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Portugal 7.450 16.886 16.888 18.000 17.711 20.756 27.879

Romania 37 750 1.300 1.650 1.400 1.800 2.582

Russia 0 8.555 13.100 16.150 8.580 12.163 21.174

Serbia 150 226 370 410 500 926

Slovakia 160 1.311 1.380 1.600 1.130 981 1171

Slovenia 35 340 455 650 650 650 550

Spain 12.530 66.772 83.699 100.000 104.222 112.909 122.125

Sweden 7.550 21.700 21.700 16.000 18.760 18.760 29.259

Switzerland 1.300 2.000 2.513 2.590 5.000 4.000 3.450

Turkey 5.250 14.925 19.625 18.050 20.280 38.988 30.869

Ukraine 0 620 890 1.314 530 540 955

United Kingdom 103.200 248.769 286.496 188.000 195.613 226.243 268.080

Total Europe 352.214 806.958 932.264 888.528 876.649 1.045.069 1.217.811

AMERICAS

Argentina 1.481 333 362 355 335 350 475

Bolivia 18 18 35

Brazil 17.010 20.054 21.060 22.055 29.640 49.050 45.623

Canada 1.952 3.386 4.270 3.000 3.250 3.723 5.284

Chile 2.600 11.300 14.620 15.800 14.500 16.422 21.500

Colombia 50 100 2.030 2.100 2.392 2.784 4.990

Honduras 160 30

Mexico 3.550 8.150 9.200 9.550 2.120 14.538 21.074

Panama 11 607 483 460 500 600 700

Peru 0 563 648 875 758 2.712 2.461

U.S.A. 88.069 96.000 97.000 100.000 88.500 95.000 105.000

Total Americas 115.134 140.493 149.673 154.195 142.013 185.357 207.172

AFRICA

Egypt 0 3 20 50 110 200 200

Morocco 57 440 660 850 910 1.071 1.406

South Africa 5.340 7.800 9.780 12.110 13.500 15.120 21.378

Tunesia 73 270 245 253 276 295 340

Total Africa 5.470 8.513 10.705 13.263 14.796 16.686 23.451

ASIA

Armenia 50 50 7 7 14 14

China 31 14.300 32.976 55.000 67.300 154.550 274.870

Hong Kong 1.800 9.710 7.700 8.500 8.079 14.400 17.388

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 33Hibler_Factoring_Umbruch.indd 33 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 35: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

34Fac

torin

g v

on

A b

is Z

1999 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Indonesia 33 3

India 257 3.560 5.055 5.200 2.650 2.750 2.800

Israel 219 375 800 1.400 1.400 1.650 1.650

Japan 55.347 74.530 77.721 106.500 83.700 98.500 111.245

Jordan 43 43 12

Korea 850 955 900 2.937 5.079 8.087

Lebanon 0 95 176 306 420 450 326,62

Malaysia 805 480 468 550 700 1.058 1.050

Mauritius 121 125 127

Qatar 23 23 75

Singapore 1.970 2.955 3.270 4.000 4.700 5.800 6.670

Taiwan 2.090 40.000 42.500 48.750 33.800 67.000 79.800

Thailand 1.010 1.925 2.240 2.367 2.107 2.095 3.080

United Arab Emirates 0 810 340 1.860 1.910 2.000 1.750

Vietnam 0 16 43 85 95 65 67

Total Asia 78.775 149.606 174.244 235.418 209.991 355.602 508.888

AUSTRALIA

Australia 5.100 27.573 33.080 32.546 39.410 44.915 57.491

New Zealand 184 280 700 700 700 600 600

Total Australia 5.284 27.853 33.780 33.246 40.110 45.515 58.091

TOTAL WORLD 556.877 1.133.423 1.300.666 1.324.650 1.283.559 1.648.229 2.015.413

Tabelle 10: Weltweite Entwicklung des Factoring-Volumens nach Ländern zwischen 1999 und 2011. Quelle: FCI

3. Die Entwicklung von Factoring in Österreich

Die erste moderne Factoring-Gesellschaft, die in Österreich gegründet wurde, war die heutige FactorBank, die – wie viele andere europäische Gesellschaften – ein Joint Venture der First National Bank of Boston in diesem Fall mit der Creditanstalt-Bankverein darstellte. Schon damals war klar, dass seitens der Aufsichtsbehörden Factoring als Bankengeschäft gesehen wurde und dement-sprechend eine (eingeschränkte) Bankkonzession erforderlich war. Nachdem diese Hürde überwunden war, nahm die FactorBank als erste Gesellschaft in Österreich bereits 1965 ihre Geschäftstätigkeit auf.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 34Hibler_Factoring_Umbruch.indd 34 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 36: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

35 III D

ie G

esc

hic

hte

vo

n F

acto

ring

Es dauerte sechs Jahre, bis der bankenmäßige Wettbewerb auf diese Initia-tive der CA reagierte, und unter Federführung der Girozentrale fanden sich die Zentralsparkasse, die Erste Österreichische Spar-Casse, die Steiermärkische Bank sowie die BAWAG zusammen und gründeten 1971 als zweites österrei-chisches Institut die Intermarket Factoring GesmbH. Wiederum fast zehn Jahre später wurde als dritte Gesellschaft die Heller Factoring in Salzburg ge-gründet.

Die Entwicklung des Factoring-Geschäftes in Österreich war in den ersten Jahren durchaus moderat, bestimmt von der Unbekanntheit des Produktes und der starken Konkurrenz durch Banken. In den 70er und 80er Jahren war der Zessionskredit ein durchaus gängiges Instrument in so gut wie allen Ban-ken. Erst als dieses Instrument rechtlich immer anfechtbarer wurde, wurden viele Banken vorsichtiger bei der Höhe der Finanzierung von Forderungen bzw. stellten sie die Zessionsfinanzierung zur Gänze ein. Nicht zuletzt deshalb konnte Factoring in Österreich seit dem Jahr 2000 Zuwachsraten von 15–20% jährlich verzeichnen, sodass das gesamtösterreichische Factoring-Geschäft im Jahr 2011 knapp 9 Mrd. EUR betrug (vgl. Abbildung 5).

Bis 2006 waren die Marktteilnehmer nach wie vor jene drei Gesellschaf-ten, die bis 1980 gegründet wurden: Intermarket Bank AG, FactorBank AG und VB Factoring Bank AG.

Abbildung 5: Factoring-Umsatz Österreich 2005 bis 2011. Quelle: FCI

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 35Hibler_Factoring_Umbruch.indd 35 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 37: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

36Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Das stetige Umsatzwachstum brachte Bewegung in den heimischen Facto-ringmarkt und so entstand mit der Coface Austria Bank AG die vierte Facto-ringgesellschaft am österreichischen Markt, gegründet von Coface Austria Holding AG. Die Übernahme der Bank Austria durch die Unicredit führte dazu, dass Unicredit 100% an der Factorbank AG übernahm und Raiffeisen im Jahr 2007 eine eigenständige Tochtergesellschaft, die Raiffeisen Factor Bank AG gründete. Somit ergab sich 2011 ein neues Bild am Factoringmarkt (vgl. Abbildung 6).

Im Jahr 2011 beendete die Coface nach einer Konzernentscheidung ihre Factoringaktivitäten in den meisten europäischen Ländern, so auch in Öster-reich. Gleichzeitig übernahm die Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG (Erste Bank Österreich) mit insgesamt 88,6% die deutliche Mehrheit an der Intermarket Bank, sodass sich am österreichischen Factoringmarkt nun-mehr die großen Bankengruppen – Sparkassen, Raiffeisen, Bank Austria und Volksbanken – jeweils mit 100%-igen Tochtergesellschaften gegenüber stehen.

Dieser Entwicklung der letzten Jahre zum Trotz ist die Bedeutung des Fac-toring-Geschäftes in Österreich nach wie vor eine relativ geringe. Gemessen

Abbildung 6: Österreichischer Factoring-Markt 2011. Quelle: Österreichischer Factoringverband

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 36Hibler_Factoring_Umbruch.indd 36 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 38: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

37 III D

ie G

esc

hic

hte

vo

n F

acto

ring

an den gesamten kurzfristigen Krediten an nichtfinanzielle Unternehmen liegt der Anteil der Factoringfinanzierung im Jahre 2011 bei 2,53%.

Betrachtet man die Entwicklung des Anteils des Factoring-Volumens am Bruttoinlandsprodukt, so spiegelt sich das starke Umsatzwachstum der letzten Jahre jedoch auch in diesem Indikator wider (vgl. Abbildung 7). Im Jahr 2005 betrug er etwas über 1,7%, 2011 bereits 2,98%, nachdem er in den 80er und 90er Jahren jeweils um rund 1% oszillierte.

Die Gründe für diese Umsatzentwicklung sind nicht in den gesamtwirt-schaftlichen Faktoren zu sehen. Das Wirtschaftswachstum betrug 2011 3,1%, was gegenüber dem Wachstum 2010 von 2,3% zwar eine Steigerung bedeutet, jedoch langfristig in keiner Korrelation zur Umsatzentwicklung im Factoring steht. Im gesamteuropäischen Vergleich lag das Wachstum sowohl der EU 27 (+1,5%) wie auch der EU 17 (+1,4%) deutlich unter jenem von Österreich. Die positive gesamtwirtschaftliche Lage allein reicht jedoch nicht aus, um den Anstieg des österreichischen Factoring-Volumens (gemessen am Brutto inlands-produkt) von 2,9% im Jahr 2010 (2009: 2,4%) auf 2,98% im Jahr 2011 zu erklären.

Dass dieser Anstieg zu einem großen Teil nur einen Aufholprozess dar-stellte, wird bei einem Vergleich mit anderen europäischen Ländern deutlich,

Abbildung 7: Anteil von Factoring am BIP in Österreich. Quelle: Österreichischer Factoringverband, WIFO

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 37Hibler_Factoring_Umbruch.indd 37 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 39: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

38Fac

torin

g v

on

A b

is Z

bei dem Österreich mit seinem Anteil des Factoring-Volumens am BIP in Europa nach wie vor im letzten Drittel liegt (vgl. Abbildung 8).

4. Ausblick

Nicht zuletzt diese Statistik zeigt, dass in Österreich nach wie vor Aufhol-bedarf im Factoring besteht.

Es hat sich in den vergangenen Jahren das legistische Umfeld für Factoring insofern zum Positiven geändert, als 2005 mit dem Zessionsrechtsänderungs-gesetz die absolute Wirkung des Zessionsverbotes dem Factor gegenüber be-endet wurde. Dies hat nicht sofort zu einer Änderung der Haltung der großen Abnehmerketten (die in aller Regel durchgängig ein solches Abtretungsverbot hatten) geführt. Nach langen „Schrecksekunden“ und den mit den Factoring-banken gewonnenen positiven Erfahrungen kam es letztlich aber doch zu einer Änderung der Haltung dieser wichtigen, weil häufig marktbeherrschenden Abnehmer dem Factoring gegenüber.

Neben dieser Relativierung des Zessionsverbotes ist mit Sicherheit der stei-gende Bekanntheitsgrad und vor allem auch die Akzeptanz bei größeren Un-

Abbildung 8: Anteil von Factoring am BIP in europäischen Ländern 2011. Quelle: FCI; WIFO

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 38Hibler_Factoring_Umbruch.indd 38 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 40: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

39 III D

ie G

esc

hic

hte

vo

n F

acto

ring

ternehmen ein weiterer Aspekt für die künftige Entwicklung des Factoring in Österreich.

Beides zusammengenommen hat in den letzten Jahren zum starken Auf-schwung des Factoring in Deutschland beigetragen, wie eine 2011 durchge-führte Untersuchung der Universität zu Köln im Auftrag des Deutschen Fac-toring-Verbandes zeigt („Wachsen mit Factoring-Nutzung und Erfahrungen in Deutschland“, Köln 2011).

Danach gibt es nach wie vor einen klaren Unterschied in der imagemäßi-gen Beurteilung von Factoring zwischen Nutzern und Nichtnutzern. 55% der Nutzer beurteilen nämlich das Image mit „sehr gut“ oder „gut“ gegenüber lediglich 19% der Nichtnutzer. Die deutschen Factoringkunden werden aber im Schnitt ständig größer: Mittlerweile haben zwei Drittel aller Nutzer einen Jahresumsatz von mehr als 10 Mio Euro, verglichen mit nur einem Drittel bei den Nichtnutzern.

Wie in Deutschland, wo 92% der befragten Factoringanwender das Instru-ment zur Erhaltung und Erhöhung der Liquidität einsetzen, betonen in Ös-terreich bei einer Kundenumfrage 68% der Kunden, dass sie eine starke und 26%, dass sie eine leichte Verbesserung der Liquidität durch Factoring erfah-ren haben, womit sich Factoring eindeutig als probate Finanzierungsalterna-tive positioniert. Hinzu kommt die Entwicklung, die Basel III für die Banken und damit auch für die kreditsuchenden Unternehmen bringen wird.

Die erforderliche Erhöhung der Eigenmittelquote der Banken führt dazu, dass teils versucht wird, die Bilanzsumme zu reduzieren, um so die geforderte Eigenmittelrelation von 9% zu erreichen, was – aus Sicht der Wirtschaft schlechtestenfalls – eine Verringerung der Ausleihungen, bestenfalls eine Er-höhung der Kreditkosten zur Folge haben wird, wie eine Umfrage des KSV 1870 aus dem Herbst 2011 zeigt. Danach stellen 47% der befragten Unter-nehmen fest, dass die Kreditaufnahme sich gegenüber dem Vorjahr erschwert hat, 87% rechnen überdies für die kommenden Jahre mit höheren Kosten für die Fremdmittelfinanzierung.

Damit wird es Factoring in Österreich in den nächsten Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit gelingen, jedenfalls das derzeitige deutsche Niveau in Re-lation zu BIP von mehr als 6% zu erreichen.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 39Hibler_Factoring_Umbruch.indd 39 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 41: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

40Fac

torin

g v

on

A b

is Z

5. Die Geschichte von Factoring im Überblick

2000 v. Chr.: Erste Formen des Factoring – Reiche Privatpersonen finanzie-ren den Export von Gütern aus Persien5. Jh. v. Chr.: Finanzhäuser gewähren den Bauern Kredite für Erntewerk zeuge und vertreiben die Endprodukte.Mittelalter: Prägung der Begriffe „Faktor“ und „Faktorei“ – die Faktoren ent-wickeln sich zu wichtigen Finanziers für den HandelKolonialzeit: Einzug des Begriffs „Faktor“ in die englische Sprache und Ver-breitung bis nach Amerika.1889: „Factors Act“ – erste gesetzliche Regelung des Factoring-Geschäftes in den USAEnde 19. Jh.: Die großen Bankinstitute in Österreich-Ungarn entdecken das Geschäft der Forderungsfinanzierung für sich.Anfang 20. Jh.: Erste Definition jener Kriterien, die ein Factoring-Geschäft erfüllen muss.1960er Jahre: Factoring, wie wir es heute kennen, kommt – von England ausgehend – in Europa auf.1965: Die erste Factoring-Gesellschaft in Österreich, die heutige FactorBank, wird gegründet.1969: Die Girozentrale und die BAWAG einigen sich auf die Gründung einer gemeinsamen Factoring-Gesellschaft.1971: Die Intermarket Factoring GesmbH startet ihre Geschäftstätigkeit in Österreich.1980: Intermarket ist erstmals unter den acht größten Factoring-Gesellschaf-ten Europas zu finden.1999: Der Geschäftsumfang des globalen Factoring-Marktes beträgt knappe 560 Mrd. Euro.2005: Die Factoring-Branche erreicht erstmals ein weltweites Geschäftsvolu-men von über 1 Billion Euro (1.016 Mrd. Euro).2011: Mit 2.016 Mrd. Euro hat sich das weltweite Volumen in sechs Jahren verdoppelt.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 40Hibler_Factoring_Umbruch.indd 40 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 42: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

41 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

IV Factoring: Funktionen,

Vorteile und Formen

Was ist Factoring? Wozu dient es? Welche Dienstleistungen deckt es ab?

Welche Arten von Factoring unterscheidet man? Wie funktioniert es in der

Praxis? Was kostet es und welche Irrtümer kursieren noch immer im Alltag?

Antworten auf all diese Fragen finden Sie im folgenden Kapitel.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 41Hibler_Factoring_Umbruch.indd 41 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 43: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

42Fac

torin

g v

on

A b

is Z

1. Was ist Factoring?

Schon die geschichtliche Entwicklung zeigt, dass es schwierig ist, eine einheit-liche Definition des Begriffes „Factoring“ zu finden. In den USA hat sich – zumindest teilweise – bis heute die Tradition gehalten, unter Factoring in erster Linie eine Absicherung des Debitorenrisikos zu verstehen, wenn auch in den letzten Jahren die Finanzierung mehr in den Vordergrund gerückt ist. In Europa und so auch in Österreich stand von Beginn des modernen Factoring an die Finanzierungsfunktion im Vordergrund.

Eine allgemein gültige Definition findet sich in der so genannten UNI-DROIT-Konvention. Diese 1988 unterzeichnete Konvention über das inter-nationale Factoring wurde geschaffen, um die Regeln im internationalen Fac-toring-Geschäft zu vereinheitlichen. In dieser Konvention wird jemand als Factor bezeichnet, der zumindest zwei der folgenden Funktionen erfüllt:

➜ Finanzierung von Lieferanten einschließlich Kredite und Vorauszahlungen ➜ Durchführung der Debitorenbuchhaltung ➜ Inkasso von Forderungen ➜ Absicherung des Risikos des Zahlungsausfalles

In Österreich definiert das Bankwesengesetz (§ 1 Abs. 1 Z 16) Factoring als:„… Ankauf von Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistun-

gen, die Übernahme des Risikos der Einbringlichkeit solcher Forderungen und im Zusammenhang damit der Einzug solcher Forderungen.“ Diese Defi-nition des österreichischen Gesetzgebers unterscheidet sich also insofern von der UNIDROIT-Konvention, als sie lediglich drei der vier möglichen Funk-tionen von Factoring beinhaltet.

2. Funktionen von Factoring

2.1. Finanzierung von Forderungen

Die bei den meisten Factoring-Nutzern im Vordergrund stehende Funktion ist ohne Zweifel die Finanzierung von Forderungen. Der Factor kauft – recht-

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 42Hibler_Factoring_Umbruch.indd 42 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 44: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

43 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

lich gesehen – die Forderungen eines Unternehmens und hat als Kaufpreis den Betrag der angekauften Forderung unter Berücksichtigung allfälliger Ab-züge nach Zahlung durch den Abnehmer zu leisten. Die Finanzierungsfunk-tion besteht nun darin, dass der Factor eine Kaufpreisanzahlung in Höhe von zumeist 80% leistet und lediglich die restlichen 20% (reduziert um die er-wähnten Abzüge) erst nach Zahlung durch den Abnehmer ausgeglichen wer-den.

Wirtschaftlich betrachtet heißt dies, dass der Factoring-Kunde nach Fak-turierung, die wie bisher direkt an seine Abnehmer erfolgt, den Factor über die Faktura informiert und sofort 80% des Rechnungsbetrages auf das Konto seiner Hausbank überwiesen erhält. Die restlichen 20% werden nach Zahlung durch seinen Abnehmer überwiesen. Da der Factor die Anzahlung auf den Brutto-Fakturenbetrag leistet, erhält das liefernde Unternehmen bei einem Mehrwertsteuersatz von 20% also sofort 96% des Waren- oder Dienstleis-tungswertes und, da die Mehrwertsteuer erst zu einem späteren Zeitpunkt abzuführen ist, ausreichende Liquidität. Die Höhe der Finanzierung beim Factoring richtet sich daher auch nach der Höhe des Außenstandes der Forde-rungen und passt sich somit der Forderungs- und Umsatzentwicklung an.

Stellt man die Dauer zwischen Wareneinkauf und tatsächlichem Zahlungs-eingang auf einer Zeitachse dar (vgl. Abbildung 9), so erstreckt sich dieser Prozess über einen erheblichen Zeitraum. Factoring verkürzt diese Zeitspanne markant.

Abbildung 9: Lieferantenkredit. Quelle: eigene Darstellung

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 43Hibler_Factoring_Umbruch.indd 43 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 45: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

44Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Ein Elektrogroßhändler kauft Büromaschinen bei einem Pro-

duzenten mit den Zahlungskonditionen 10 Tage 2% Skonto,

30 Tage netto ein. Der Großhändler verkauft die Büromaschinen

an Einzelhandelsketten zu den vereinbarten Zahlungsbedingungen von 90 Ta-

gen. Möchte der Großhändler innerhalb der Skontofrist bezahlen, muss er die

Ware 80 Tage lang für den Einzelhändler finanzieren. In der Praxis ist diese Dauer

naturgemäß länger. Der Einfachheit halber wurden in diesem Beispiel nicht Trans-

portwege für den Versand der Ware und Rechnung berücksichtigt, die die Finan-

zierungsdauer noch zusätzlich verlängern.

2.1.1. Liquiditätsverbesserung

Als wesentlichster Vorteil des Factoring kann gesehen werden, dass das liefern-de Unternehmen als Factoring-Kunde durch die sofortige Finanzierung der fakturierten Rechnungen nicht länger von der Zahlungsmoral des Kunden abhängig ist, sondern sofort jene Liquidität aufweist, die es einsetzen kann für:

➜ die Finanzierung von Produktion und Einkauf ➜ die Realisierung von Boni- und Mengenvorteilen im Einkauf ➜ die Zahlung innerhalb von Skontofristen ➜ die zeitgerechte Bezahlung von Löhnen und Gehältern etc.

Der angesprochene Büromaschinengroßhändler hat einen Jah-

resumsatz von 18 Mio. EUR (zuzüglich Mehrwertsteuer), dem

steht ein Handelswareneinsatz von 15 Mio. EUR gegenüber. Er hat

die Möglichkeit, seinem Lieferanten die Ware innerhalb von 10 Tagen mit 3%

Skonto zu bezahlen. Seine Abnehmer, Elektroeinzelhändler, zahlen pünktlich

3

Praxis-beispiel

Praxis-beispiel

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 44Hibler_Factoring_Umbruch.indd 44 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 46: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

45 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

90 Tage nach Rechnungslegung. Ohne Factoring hätte der Büromaschinen-

großhändler nicht die Möglichkeit, den Skonto im Einkauf zu nutzen, da er die

Liquidität benötigen würde, um Folgeaufträge zu finanzieren. Er entscheidet sich

für Factoring und kann 450.000,– EUR pro Jahr an Skontoerträgen realisieren.

Die gegenüberstehenden Factoring-Kosten betragen selbst bei 90 Tagen

Außen standsdauer wesentlich weniger. Der Büromaschinengroßhändler profi-

tiert somit von einer Nettokostenersparnis im Ausmaß von rund 307.000,– EUR

(vgl. Tabelle 11).

Lieferantenkredit Berechnungsbasis % EUR

Skonto 10 Tage, 45 Tage netto

Einkaufsvolumen vonEUR 15 Mio.

3% 450.000

Kostenersparnis durch Ausnutzung des Skontos p.a.

450.000

Factoring % absolut

Factoring-Gebühr Jahresumsatz inkl. MwSt. vonEUR 21,6 Mio.

0,12% 25.920

Zinsen für Bevorschussung 80 % des durchschnittlichen Außenstandes von EUR 5,4 Mio. = EUR 4,32 Mio.

EURIBOR3 Monate + 2%

116.640

Gesamtkosten p.a. 142.560

Nettokostenersparnis 307.440

Tabelle 11: Skontoausnutzung. Quelle: eigene Darstellung

2.1.2. Umsatzadäquate Finanzierung

Kredite sind in aller Regel an einen fixen Finanzierungsrahmen gebunden, der nur nach Genehmigung einer Rahmenerhöhung ausgeweitet werden kann. Factoring stellt im Vergleich zu Bankkrediten eine rahmenlose Fi-nanzierung dar. Bei steigenden Umsätzen steht einer linearen Umsatzent-wicklung eine sprungfixe Entwicklung des Kreditrahmens gegenüber. Es ergibt sich eine mögliche Unterdeckung des Liquiditätsbedarfs (vgl. Abbil-dung 10).

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 45Hibler_Factoring_Umbruch.indd 45 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 47: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

46Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Abbildung 10: Rahmenanpassung Bankkredit. Quelle: eigene Darstellung

Abbildung 11: Rahmenanpassung Factoring. Quelle: eigene Darstellung

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 46Hibler_Factoring_Umbruch.indd 46 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 48: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

47 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

Bei Factoring basiert die Finanzierung auf dem tatsächlichen Forderungs-stand. Da sich normalerweise bei steigenden Umsätzen auch der Forderungs-stand im selben Ausmaß erhöht, ist eine entsprechende Ausweitung der Finan zierung erforderlich. Durch den laufenden Forderungsankauf, passt sich die Finanzierung bei Factoring der Umsatzentwicklung an (vgl. Abbil-dung 11).

Unternehmen profitieren von dieser umsatzadäquaten Finanzierung nicht nur im Fall von steigenden Umsätzen, sondern auch bei saisonal schwanken-den Umsätzen (vgl. Abbildung 12).

Während bestimmte Branchen sehr stark vom saisonalen Geschäft abhängig sind (z. B. die Bekleidungsindustrie), gibt es in vielen Branchen unterschied-lich umsatzstarke Monate im Jahresverlauf, beispielsweise das Vorweihnachts-geschäft in vielen Konsumgüterbranchen. Factoring bietet somit durch die automatische Finanzierungsanpassung Unternehmen die Möglichkeit, sowohl geplante Expansionen zu realisieren, als auch saisonal stark schwankende Um-sätze ausreichend zu finanzieren.

Abbildung 12: Umsatzdynamik bei Factoring. Quelle: eigene Darstellung

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 47Hibler_Factoring_Umbruch.indd 47 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 49: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

48Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Im Herbst kommt ein neues Produkt der Unterhaltungselektronik

auf den Markt. Aufgrund der Neuartigkeit und des Weihnachts-

geschäftes wird dieses Produkt vom Elektroeinzelhandel so stark

nachgefragt, dass der Elektrogroßhändler in den Monaten vor Weihnachten einen

doppelt so hohen Umsatz wie in den übrigen Monaten des Jahres erzielen kann.

Um die Waren einzukaufen, benötigt er jedoch die entsprechende Liquidität. Fac-

toring ermöglicht ihm das Geschäft, da er unmittelbar bei Fakturierung aus-

reichend liquid ist, um die Folgeeinkäufe finanzieren zu können.

2.2. Debitorenbuchhaltung, Mahn- und Inkassowesen

Neben der Bevorschussung der Forderungen bieten Factoringbanken auch die Übernahme des kompletten Forderungsmanagements an: darunter fallen die Übernahme der Debitorenbuchhaltung sowie das Mahn- und Inkassowesen.

Die Factoring-Gesellschaft verbucht alle Ausgangsrechnungen des Liefe-ranten und stellt diesem eine tagfertige Debitorenbuchhaltung zur Verfügung. Neben der Verbuchung der Zahlungseingänge betreibt der Factor ein nach den Bedürfnissen des Lieferanten abgestimmtes Mahn- und Inkassowesen. Der Lieferant hat dabei die Möglichkeit, festzulegen, wie und wann gemahnt werden soll: Anzahl der Mahnschritte (in der Regel ein bis drei Mahnstufen), Auswahl des Mahntextes, Zeitpunkt der Mahnung (z. B. erste Mahnung so-fort nach Fälligkeit oder erst eine Woche nach Fälligkeit, zweite Mahnung eine Woche später oder in zweiwöchigem Abstand). Darüber hinaus wird üb-licherweise zu Beginn der Zusammenarbeit festgelegt, ob der Factor auch die rechtliche Betreibung der Forderungen übernimmt, er also seine Anwälte mit den allenfalls erforderlichen gerichtlichen Schritten beauftragt.

Die Vorteile dieser Dienstleistung liegen insbesondere in der administra-tiven Entlastung des Factoring-Kunden. Die Fakturierung erfolgt in so gut wie allen Betrieben heute weitestgehend automatisiert, während die Zuord-nung von Zahlungen häufig noch manuell durchzuführen ist. Und auch wenn die ersten Mahnschreiben zumeist automatisch erstellt werden, so ist zur Ein-

Praxis-beispiel

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 48Hibler_Factoring_Umbruch.indd 48 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 50: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

49 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

treibung der Forderungen doch eine genauere Beobachtung und häufig eine individuelle Behandlung der einzelnen Debitoren erforderlich – etwas, wozu gerade in Klein- und Mittelbetrieben oft die Kapazität oder Zeit fehlt.

Mit Factoring ergeben sich also folgende Möglichkeiten:

➜ effiziente Durchführung des Mahn- und Inkassowesens durch eine Bank, dadurch

➜ Verkürzung der Außenstandsdauer – die Zahlungen der Debitoren erfol-gen um bis zu 15% schneller, da eine Bank hinter der Eintreibung steht

➜ Übernahme der negativen Kontakte (Mahnungen, Inkasso) durch den Factor, und damit einer Puffertätigkeit für das liefernde Unternehmen

➜ Entlastung des Eigentümers ermöglicht eine bessere Konzentration auf die Geschäftstätigkeit

➜ tagfertige Debitorenbuchhaltung entspricht den Anforderungen von Kun-den, Steuerberatern und Kreditgebern

Kleinbetriebe haben organisatorisch oft nicht die Möglichkeit, ein

effizientes Debitorenmanagement einzurichten. In vielen Fällen

ist es der Eigentümer selbst, der sich nebenbei um das Mahnwesen

kümmert. Das Zahlungsverhalten der Kunden ist jedoch oft eine Frage der Erzie-

hung. Ein konsequentes Mahnwesen von Beginn an trägt wesentlich zu pünkt-

lichen Zahlungseingängen bei. Ist der Firmeninhaber jedoch gleichzeitig für den

Verkauf von Waren und das Eintreiben der Forderungen zuständig, befindet er

sich oft in einem Interessenkonflikt und in einer unangenehmen Situation mit dem

Kunden. Die Auslagerung der Debitorenbuchhaltung erspart Unternehmern diese

Unannehmlichkeit und führt zu rascheren Zahlungseingängen. Besonders beliebt

ist dieses Service bei Unternehmensneugründern.

Praxis-beispiel

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 49Hibler_Factoring_Umbruch.indd 49 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 51: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

50Fac

torin

g v

on

A b

is Z

2.3. Übernahme des Ausfallrisikos

Factoring-Gesellschaften bieten auch die Übernahme des Ausfallrisikos der Forderungen im Falle einer Insolvenz des Debitors an. Bei dieser Factoring-Form wird – rechtlich gesehen – die gesetzlich geregelte Haftung des Facto-ring-Kunden für die Einbringlichkeit der Forderungen ausgeschlossen. Der Factor räumt hier für die einzelnen Abnehmer Limits ein, bis zu deren Höhe die Forderungen abgesichert sind. Wird nun ein Kunde insolvent, so trägt der Factor dieses Risiko, das heißt in der Praxis, die bereits geleistete Bevorschus-sung ist nicht zurückzuzahlen, sondern der Factoring-Kunde erhält – je nach vertraglicher Regelung – den gesamten oder Teile des noch offenen Betrages überwiesen. Diese Art von Factoring wird auch als Factoring mit Übernahme des Ausfall- bzw. Delkredere-Risikos bezeichnet oder Non-recourse Factoring bzw. regressloses Factoring.

Die Vorteile der Risikoabsicherung ergeben sich naturgemäß erst in den Fäl-len, in denen ein Abnehmer zahlungsunfähig wird – dann jedoch sind sie umso eklatanter. Denn Forderungsausfälle können – je nach der Größenordnung – dem Unternehmen nicht nur Liquidität entziehen, sondern vor allem auch die Rentabilität nachhaltig in der Form so negativ beeinflussen, dass erhebliche Teile des Betriebsergebnisses dadurch entfallen. Im Extremfall können Forderungs-ausfälle sogar die Insolvenz des liefernden Unternehmens verursachen, was im Jahr 2011 in einem Prozent aller Insolvenzfälle eingetreten ist (vgl. Tabelle 8).

3. Factoring-Arten

Die dargestellten Factoring-Dienstleistungen können nun in beliebiger Kom-bination von Kunden genutzt werden.

Factoring mit Debitorenmanagement und Übernahme des Delkredere-Risikosbietet die Summe aller Dienstleistungen an und umfasst somit

➜ Finanzierung der Forderungen ➜ Debitorenbuchhaltung

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 50Hibler_Factoring_Umbruch.indd 50 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 52: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

51 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

➜ Mahnwesen und Inkasso ➜ Übernahme des Ausfallrisikos

und wird in erster Linie von kleineren Betrieben genutzt, die nicht nur die Finanzierung ihrer Außenstände sicherstellen, sondern sich auch gegen das Risiko der Kundeninsolvenz absichern wollen. Daneben können sie sich – wegen der Übernahme des gesamten Forderungsmanagements durch den Fac-tor – auch in der Administration Ressourcen sparen, ohne dass die Verwaltung und Eintreibung der Forderungen vernachlässigt wird.

Für Unternehmen, die zwar die Forderungsverwaltung und das Inkasso outsourcen wollen, wegen der Qualität der Abnehmer jedoch keine Absiche-rung des Kundenrisikos für erforderlich halten, kommt

Factoring mit Debitorenmanagement und ohne Übernahme des Del-kredere-Risikosalso

➜ Finanzierung der Forderungen ➜ Debitorenbuchhaltung ➜ Mahnwesen und Inkasso

in Frage.

Ein Elektrogroßhandel wurde vor zehn Jahren gegründet. Zum

damaligen Zeitpunkt hatte er im ersten Jahr einen Jahresumsatz

von 1 Mio. EUR mit 15 Kunden erzielt. Als Mitarbeiter waren neben

dem Eigentümer nur eine Sekretärin und ein weiterer Verkäufer beschäftigt. Die

Buchhaltung war an den Steuerberater ausgelagert, Fakturierung, Debitoren-

buchhaltung sowie Mahn- und Inkassowesen musste der Eigentümer allerdings

selbst besorgen. Aufgrund des geplanten Umsatzwachstums begann er damals

mit Factoring inklusive Debitorenmanagement. Der Eigentümer konnte sich somit

auf das Kerngeschäft konzentrieren und das Umsatzwachstum forcieren. Das

effi ziente Mahn- und Inkassowesen des Factors führte zu pünktlichen Zahlungs-

Praxis-beispiel

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 51Hibler_Factoring_Umbruch.indd 51 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 53: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

52Fac

torin

g v

on

A b

is Z

eingängen, die rasche Liquidität konnte zur Finanzierung des Umsatzwachstums

eingesetzt werden.

Betrieben, die über ein ausgefeiltes Debitorenmanagement verfügen und in erster Linie die Finanzierung der Forderungen in Anspruch nehmen, wird

Factoring ohne Debitorenmanagement und mit oder ohne Übernahme des Delkredere-Risikosangeboten. Die einfachste Form ist Factoring ohne Übernahme des Ausfall-risikos (auch Delkredere-Risiko genannt) und mit eingeschränkten Dienstleis-tungen (etwa ausschließlich das Inkasso der Forderungen). Die Debitoren-buchhaltung sowie das Standardmahn- und Inkassowesen verbleiben demnach administrativ in der bisherigen Form beim Unternehmen, werden jedoch – aufgrund des Forderungsverkaufes – im Auftrag des Factors durchgeführt.

Für den Elektrogroßhändler mit einem Jahresumsatz von 18 Mio.

EUR ist Factoring ohne Debitorenmanagement ideal. Der Elek-

trogroßhändler hat ein EDV-gesteuertes Mahn- und Inkassowesen

und eine eigene Buchhalterin, die für die Debitorenbuchhaltung zuständig ist. Auf-

grund der langen Zahlungsziele seiner Abnehmer (90 Tage) ist für ihn Fac toring

aufgrund der sofortigen Liquidität und der Ermöglichung der Ausnutzung von

Skontovorteilen ideal.

Üblicherweise umfasst der Factoring-Vertrag sämtliche Forderungen eines Unternehmens, das heißt, es werden Forderungen gegen inländische wie auslän dische Abnehmer nach derselben Art angekauft, finanziert und abge-wickelt. Einen Sonderfall stellen jene Exporte dar, bei welchen nur Forderun-gen gegen Abnehmer in einzelnen Ländern oder gegen einzelne ausländische Abnehmer im Factoring-Verfahren übertragen werden:

t

Praxis-beispiel

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 52Hibler_Factoring_Umbruch.indd 52 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 54: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

53 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

EXPORT FACTORING

Bei der hier dargestellten Form bedient sich der inländische Factor (Exportfactor)

eines Korrespondenzfactors im Importland (Importfactor), um die gesamte

Dienstleistungspalette von Factoring zu erbringen, also die Finanzierung, die Ab-

sicherung und das Inkasso der Forderungen gegenüber ausländischen Kunden.

Bei diesem Verfahren übernehmen beide Factors jene Rolle, die sie aufgrund lokaler Gegebenheiten und Kenntnisse am besten ausüben können. Das heißt, der Exportfactor, der den Factoring-Vertrag mit dem liefernden Unternehmen abgeschlossen hat, übernimmt diesem gegenüber zwar alle Aufgaben, also so-wohl die Finanzierung wie auch die Absicherung der Forderungen, im Innen-verhältnis führt aber der Importfactor alle abnehmerbezogenen Funktionen durch. Der Importfactor übernimmt somit das Risiko der Einbringlichkeit der Forderungen sowie das Inkasso. Für beide Funktionen ist der Importfactor

Abbildung 13: FCI-Export-Factoring. Quelle: eigene Darstellung

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 53Hibler_Factoring_Umbruch.indd 53 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 55: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

54Fac

torin

g v

on

A b

is Z

bestens geeignet: Er verfügt über die notwendigen Informationen über die Bonität der in seinem eigenen Land beheimateten Abnehmer und kann daher entsprechende Limits zur Absicherung zeichnen. Ebenso ist er mit der In-kasso-Usance seines eigenen Landes bestens vertraut und deshalb besser als ein ausländischer Lieferant (oder auch Factor) in der Lage, die Betreibung von Forderungen effektiv vorzunehmen (vgl. Abbildung 13).

Diese Form von Export Factoring bietet also bei der Finanzierung und dem Inkasso dieselben Vorteile wie Factoring mit Debitorenmanagment im Inland. Bei der Delkredere-Übernahme gehen sie sogar darüber hinaus: Hier wird nämlich eine 100%ige Absicherung des Risikos angeboten und die Zah-lung des Garantiebetrages erfolgt 90 Tage nach Fälligkeit der Rechnung. In der Praxis heißt das, dass der Exporteur nicht nur die Anzahlung von 80% sofort erhält, sondern auch die restlichen 20% – bei einwandfreier Waren-lieferung – 90 Tage nach der vereinbarten Fälligkeit.Merkmale:

➜ Finanzierung ausländischer Forderungen mit 100%-Absicherung des Aus-fallrisikos

Vorteile:

➜ die Absicherung erfolgt zu 100%, also ohne Selbstbehalt ➜ die Delkredere-Beträge sind 90 Tage nach Fälligkeit der Forderung zu leis-ten, unabhängig davon, ob der Abnehmer nicht zahlen will oder kann

➜ die Höhe des abgesicherten Betrages wird von vornherein festgelegt und nicht im Schadensfall überprüft

➜ der administrative Aufwand für das Unternehmen ist unvergleichlich ge-ring: Es werden lediglich die Limitanfrage und die Fakturenkopie an den Factor gesendet, der Factorkunde hat also keine Kosten der Auskunfts-einholung, keine Fristen für Inkassoschritte etc.

Im Vergleich zu einer Kreditversicherung weist Export Factoring zahlreiche Vorteile auf. Tabelle 12 stellt die beiden Produkte gegenüber.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 54Hibler_Factoring_Umbruch.indd 54 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 56: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

55 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

Export Factoring Kreditversicherung

Volumen Beschränkung auf einzelne Kun-den möglich

Üblicherweise eine Reihe von Abnehmern erforderlich

Umfang der Absicherung 100% 80–90%

Verwaltung der Absicherung Keine Verwaltung erforderlich, wird vom Factor erledigt

Reklamationen müssen innerhalb einer bestimmten Zeit bekannt ge-geben werden. Zudem muss die Forderung überwacht werden und nach bestimmten Fristen müssen Aktionen hinsichtlich Mahn- und Inkassowesen getätigt werden. Werden die Vorschriften nicht ein-gehalten, kann die Entschädi-gungsleistung entfallen.

Finanzierung ja nein

Inkasso im Ausland durch Factor Durch den Exporteur, denVorschriften entsprechend

Garantiezahlung 90 Tage nach Fälligkeit Vertragsabhängig, eher nach 6 Monaten (bei protracted default)

Der Käufer kann seine Forde-rung lokal bezahlen ohne Fremdwährungstransfer

ja nein

Tabelle 12: Vergleich Export Factoring mit einer Kreditversicherung. Quelle: eigene Dar-stellung

Zusammenfassend stellt Tabelle 13 die Factoringprodukte anhand der inklu-dierten Dienstleistungen im Überblick dar.

Produkt Forderungs-finanzierung

Debitoren- Management

Debitoren- Versicherung

(idR 80% versichert)

FCI Export Factoring

(100% versichert)

Factoring ohne Debitorenmanage-ment

x

Factoring mit Debitorenmanagement x x

Factoring ohne Debitorenmanage-ment und mit Debitorenversicherung

x x

Factoring mit Debitorenmanagement und -versicherung

x x x

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 55Hibler_Factoring_Umbruch.indd 55 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 57: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

56Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Produkt Forderungs-finanzierung

Debitoren- Management

Debitoren- Versicherung

(idR 80% versichert)

FCI Export Factoring

(100% versichert)

Factoring mit Debitorenmanagement und mit Debitorenversicherung

x x x

Factoring mit Debitorenmanagement und mit 100%-iger Debitorenversi-cherung

x x x

Tabelle 13: Factoringprodukte im Überblick. Quelle: eigene Darstellung

4. Factoring in der Praxis

4.1. Der Ablauf

Beim Inlands-Factoring gibt es in den meisten Fällen drei beteiligte Parteien:

1. Lieferant: Unternehmen, das Handelswaren oder Dienstleistungen ver-kauft

2. Kunde: Abnehmer, der die Handelswaren oder Dienstleistungen kauft3. Factor: Bank, die die Forderungen kauft und finanziert

Abbildung 14 stellt die Dreiecksbeziehung der Beteiligten dar. Der Ablauf erfolgt nach folgenden Schritten:

1. Der Lieferant verkauft und liefert die Ware oder Dienstleistungen an seinen Kunden und fakturiert diese. Zu dem Zeitpunkt, zu dem der Lieferant die Rechnung an den Kunden stellt, schickt er sie gleichzeitig an den Factor.

2. Der Factor kauft die Rechnung an und stellt dem Lieferanten dafür in der Regel 80% der Bruttofakturensumme zur Verfügung.

3. Der Kunde zahlt an den Factor.4. Bei Bezahlung durch den Kunden überweist der Factor die restlichen 20%

(reduziert um vereinbarte oder vom Lieferanten akzeptierte Abzüge) der Forderung an den Lieferanten.

Je nach vertraglicher Vereinbarung werden die Forderungen bis zu einer be-stimmten Laufzeit finanziert – in der Regel bis zu 90 Tagen nach Fälligkeit

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 56Hibler_Factoring_Umbruch.indd 56 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 58: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

57 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

bzw. 120 Tage lang ab Rechnungsdatum. Erfolgt nach diesem Zeitpunkt kein Zahlungseingang, wird – abhängig von dem gewählten Factoring-Modell – die Rechnung vom Factor betrieben oder wieder an den Lieferanten rücküber-tragen. Bei Factoring mit Delkredere-Übernahme wird die Forderung nach dem festgelegten Zeitpunkt und in Höhe des vereinbarten Prozentsatzes vom Factor bezahlt.

4.2. Formale Gestaltung

Nach Abschluss der Factoring-Vereinbarung verständigt der Factoring-Kunde seine Abnehmer vom Beginn der Zusammenarbeit mit der Factoring-Gesell-schaft und teilt ihnen mit, dass ab sofort Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung nur mehr an den Factor geleistet werden können. Ein gleich lauten-der Vermerk (Abtretungsvermerk) befindet sich auch auf jeder Faktura. For-mal ändert sich an der Rechnung somit wenig. Der Lieferant fakturiert selbst in seinem Namen und mit seinem Briefkopf. Die bestehende Kontoverbin-

Abbildung 14: Factoring-Ablauf

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 57Hibler_Factoring_Umbruch.indd 57 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 59: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

58Fac

torin

g v

on

A b

is Z

dung wird durch die Kontonummer des Factors ersetzt und mit dem Abtre-tungsvermerk ergänzt.

Der Abtretungsvermerk informiert den Debitor über den rechtswirksamen Verkauf der Forderung. Erscheint der Abtretungsvermerk auf der Rechnung, spricht man von offenem Factoring, anderenfalls von stillem Factoring. Die Aufhebung der absoluten Wirkung des Zessionsverbotes in Österreich hat die Wichtigkeit des Abtretungsvermerkes verstärkt, da erst mit diesem der Ab-nehmer von der Abtretung Kenntnis erlangt.

Aufgrund des Abtretungsvermerks war Factoring in der Vergangenheit immer wieder mit einem negativen Image behaftet. Entstanden ist dieses Nega tivimage durch die Praxis der Banken im Umgang mit Zessionskrediten. Zessionskredite sind mit Forderungen besicherte Kredite, bei denen die For-derung als Sicherheit nicht nach außen aufscheint, sondern lediglich als Ver-merk in den Büchern – in der Regel in der Offenen-Posten-Liste. Werden Risiken aus Sicht der Banken schlagend, kommt es zur Offenlegung dieser Zession. Da in dieser Situation die wirtschaftliche Situation des Unterneh-mens angespannt ist, wird der Abtretungsvermerk von Factoring – der einer dauerhaften Forderungsabtretung entspricht und daher nicht eine kurzfristige Notlage darstellt – oft mit der einmaligen Offenlegung verwechselt.

4.3. Abwicklung

Nach Abschluss des Factoring-Vertrages beginnt die Zusammenarbeit zwi-schen Factoring-Kunde und Factor zumeist damit, dass die bestehenden For-derungen an den Factor verkauft werden und sich somit aus deren Finan-zierung für den Factoring-Kunden ein sofortiger Liquiditätseffekt ergibt. In weiterer Folge werden die neuen Fakturen laufend an den Factor verkauft. Die Übermittlung der Fakturen bzw. der Fakturenjournale erfolgt in gebündelten Paketen täglich, wöchentlich oder je nach Fakturierung in größeren Zeit-abständen, in den meisten Fällen via e-Factoring (siehe folgende Erläuterun-gen). Aufgrund der neuen Rechnungen wird der Gesamtsaldo der Forderun-gen ermittelt und dem Kunden die Differenz zwischen seinem alten Saldo an Bevorschussung und dem neuen auf das Hausbankkonto überwiesen.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 58Hibler_Factoring_Umbruch.indd 58 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 60: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

59 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

Die Zahlungseingänge der Abnehmer gehen auf das jeweilige Konto des Factors ein und werden zugeordnet und verbucht. Diese Eingänge vermindern die Außenstände gegen die Drittschuldner und gleichzeitig das Bevorschus-sungskonto.

e-Factoring

Alle österreichischen Factoringbanken verfügen über ein Tool, bei dem es nicht mehr erforderlich ist, die Rechnungen als Kopie in Papierform via Post oder Fax zu übermitteln. Stattdessen reicht eine Datei, in der alle Rechnungs-informationen abgebildet sind.

Mit e-Factoring ist ein rascher und sicherer Datenaustausch via Internet in beide Richtungen – vom Factor zum Factoring-Kunden und vom Factoring-

Abbildung 15: e-Factoring. Quelle: e-Factoring Intermarket Bank AG

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 59Hibler_Factoring_Umbruch.indd 59 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 61: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

60Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Kunden zum Factor – möglich. Da der Zugang zu e-Factoring mit jedem Inter net-Browser möglich ist, kann der Factoring-Kunde von jedem Ort aus einfach und kostengünstig und rund um die Uhr über sämtliche Daten der Debitoren verfügen. Rechnungen werden daher nach der Fakturierung durch den Factoring-Kunden als File an den Factor übertragen und Sekunden später kann der Kunde über das Internet feststellen, welcher Betrag an Bevorschus-sung zur Verfügung steht und den seinen Bedürfnissen entsprechenden Betrag abrufen (vgl. Abbildung 15).

Weiters sind sämtliche, jeweils auf den aktuellsten Stand gebrachten Daten über die Debitoren verfügbar. Alle Forderungen und auch Zahlungen werden permanent aufgebucht, so dass der Factoring-Kunde in Gesprächen mit sei-nen Abnehmern jederzeit überprüfen kann, ob z. B. eine behauptete Zahlung tatsächlich geleistet wurde oder nicht. Ebenso können Reklamationen von Kunden abgerufen und bearbeitet werden. Der Factoring-Kunde hat also seine gesamte Debitorenverwaltung outgesourced und dennoch jederzeit alle Informationen verfügbar.

Der Elektrogroßhändler möchte Rechnungen über e-Factoring

übermitteln. Dazu steigt er über www.e-factoring.at ein und regis-

triert sich durch die Eingabe seines Benutzernamens und Pass-

wortes. Unter dem Punkt „Rechnungen übermitteln“ sucht er im Quellverzeichnis

seine nach der definierten Schnittstelle erstellte Rechnungsdatei, fügt sie hinzu

und übermittelt sie durch „Klick“ auf den Button „Senden“. Nach wenigen Minuten

sieht er unter dem Punkt „Konto“ die finanzierbaren Forderungen, die maximale

Bevorschussung, die mögliche Überweisung sowie den Stand der Bevorschus-

sung. Durch Eingabe des gewünschten Betrages auf das angeführte Geschäfts-

konto kann er eine weitere Überweisung anfordern.

t

Praxis-beispiel

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 60Hibler_Factoring_Umbruch.indd 60 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 62: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

61 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

4.4. Kosten

Ein immer wieder vorgebrachtes Argument gegen Factoring sind die Kosten. Dies mag damit zusammenhängen, dass die Kostenstruktur von Factoring sehr transparent ist und sich im Wesentlichen aus zwei Komponenten zusam-mensetzt:

➜ Zinsen ➜ Factoring-Gebühr

Für die Bevorschussung der Forderungen fallen Zinsen an, die kontokorrent-mäßig vom in Anspruch genommenen Betrag abgerechnet und monatlich am Monatsende angelastet werden. Bezugsgröße ist das so genannte Bevorschus-sungskonto, also die Summe aller vom Factor geleisteten Anzahlungen ab-züglich der von den Abnehmern erhaltenen Zahlungen. Basis für die Zins-berechnung ist aufgrund der Kurzfristigkeit des Geschäftes in aller Regel der 3-Monats-EURIBOR. Der auf diesen Basiswert hinzugerechnete Aufschlag ist von der Bonität des Factoring-Kunden, seiner Debitoren und der Qualität der Forderungen abhängig. Hier unterscheidet sich Factoring also insofern von der klassischen Bankenfinanzierung, als neben dem Kundenrating noch wei-tere Kriterien einfließen.

Die Factoring-Gebühr wird für die vom Factor übernommene Dienstleis-tung verrechnet. Je nachdem, ob der Factor das Debitorenmanagement zur Gänze übernimmt, also inklusive Mahn- und Inkassowesen, oder nur Teile davon, ist die Gebühr unterschiedlich hoch. Ebenso ergibt sich natürlich eine veränderte Gebühr bei der zusätzlichen Übernahme des Delkredere-Risikos. Im Zusammenhang mit der Übernahme des Delkredererisikos steht die Limit-gebühr, die für die Einräumung von Versicherungslimits im Rahmen einer Delkredereabsicherung anfällt. Diese Prüfgebühr wird in der Regel einmal jährlich pro Anfrage für einen Debitor und je nach der beantragten Limithöhe in Rechnung gestellt.

Im Wesentlichen richtet sie sich also nach Art und Umfang der vereinbar-ten Dienstleistung, das heißt, die Anzahl der zu verarbeitenden Rechnungen und zu betreuenden Debitoren hat einen entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Gebühr. Diese wird üblicherweise in Prozent vom angekauften Rechnungsbetrag ausgedrückt und bei Forderungsankauf in Abzug gebracht.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 61Hibler_Factoring_Umbruch.indd 61 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 63: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

62Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Dienstleistungen und Größenord-nungen der Factoring-Kunden ist es nur im Einzelfall möglich, die Kosten genau zu bestimmen. Bei Großkunden und einem geringen Dienstleistungs-umfang betragen sie um 0,1% der Summe der abgetretenen Forderungen. Für Kleinbetriebe bzw. für das gesamte Service-Paket belaufen sich die Kosten auf bis zu 1% der abgetretenen Forderungen. Wie das Beispiel in Tabelle 11 je-doch zeigt, können in den meisten Fällen die Factoringkosten durch den Nut-zen mehr als kompensiert werden.

Neben Zinsen und Factoringgebühr können noch sonstige Kosten an-fallen, die je nach Factor und Vertrag individuell ausgestaltet sein können. Unter sonstige Kosten können beispielsweise die e-factoring-Gebühr für die Einrichtung von Nutzungsberechtigungen und zur Sicherstellung eines siche-ren Datenaustausches oder eine Gebühr für den Zahlungsverkehr fallen.

4.5. Mythen über Factoring

Trotz seiner vielen positiven Eigenschaften gibt es immer noch Vorbehalte gegen Factoring – diese sind meist unbegründet und eher dem Reich der My-then zuzuordnen. Hier wird nun mit den gängigsten Irrtümern aufgeräumt und erklärt, was Factoring kann oder auch nicht kann.

Mythos 1: Factoring ist InkassoFactoring ist der Verkauf von Forderungen an einen Dritten, dem so genann-ten Factor. Diese Forderung wird durch diesen Factor zu 80 Prozent sofort bevorschusst und erhöht somit die Liquidität des Unternehmens. Inkasso be-zeichnet hingegen das Eintreiben einer überfälligen Forderung. Mahn- und Inkassodienste bieten Factoringbanken als Zusatz an, dies ist aber nicht ihre Kernkompetenz.

Mythos 2: Factoring ist zu teuerMit dem verstärkten Wettbewerb durch viele Factoringanbieter am öster-reichischen Markt wurde auch Factoring in den letzten Jahren günstiger. Durch die dauerhafte Liquidität können Unternehmen beispielsweise Skonto-

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 62Hibler_Factoring_Umbruch.indd 62 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 64: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

63 IV F

acto

ring

: Fun

ktio

ne

n, V

ort

eile

un

d F

orm

en

effekte stets für sich nutzen und offene Rechnungen bei Lieferanten schnell begleichen. Nicht genutzte Lieferantenskonti gelten aus betriebswirtschaft-licher Sicht als großes Versäumnis. Auch tritt ein weiterer positiver Effekt durch die rasche Begleichung einer fälligen Rechnung ein: Der Lieferant folgert rich-tigerweise, dass sein Kunde stets „flüssig“ ist und auf finanziell soliden Beinen steht. Das stärkt die Vertrauensbasis und kann unter Umständen zu weiteren vorteilhaften Konditonenverhandlungen führen.

Mythos 3: Mein Kunde erkennt die Forderungsabtretung und hat Vor-behalteAuf der Rechnung an den Abnehmer findet sich ein so genannter Abtretungs-vermerk über den Verkauf der Forderung. Früher konnte so ein Abtretungs-vermerk oft zu Verunsicherung auf Seiten des Debitors führen, denn so ein Vermerk war nur von Zessionskrediten bekannt: Dabei handelt es sich um eine stille Abtretung als Kreditbesicherung, von der der Abnehmer erst im Fall des Regresses durch den Kreditgeber erfährt. Der Zessionskredit hat eine lange Tradition in Österreich, im Gegensatz zum anglo-amerikanischen Raum, wo eine lange und starke Factoringgeschichte besteht. Dieser Vorbehalt gilt in unserer heutigen modernen Geschäftswelt aber kaum noch. In der Praxis ist bei der Forderungsabtretung durch Factoring aber ein interessanter anderer Effekt festzustellen: Tritt ein Factoringunternehmen als Gläubiger auf, zahlen Kunden in der Regel schneller – weil das Mahnwesen genauer eingehalten wird. Denn für das Factoringunternehmen ist die Aufforderung zur Zahlung weniger unangenehm als für den Unternehmer, der seinen Lieferanten immer wieder „ermahnen“ muss.

Mythos 4: Factoring brauchen nur Unternehmen in SchwierigkeitenWenn ein Unternehmen Factoring nutzt, bedeutet dies keinesfalls, dass es in Schwierigkeiten ist und in irgendeiner Form Zahlungsprobleme hat. Die Ur-sachen für Liquiditätsprobleme sind meist hohe Forderungsstände, lange Zah-lungsziele, saisonale Spitzen und Umsatzschwankungen sowie Zahlungsaus-fälle. Genau dem wirkt Factoring entgegen. Auch in Investitionsphasen und bei der Umsetzung von Expansionsplänen ist zusätzliche Liquidität gefordert. In solchen Situationen ist Factoring die optimale Finanzierungsform, denn

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 63Hibler_Factoring_Umbruch.indd 63 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 65: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

64Fac

torin

g v

on

A b

is Z

umsatzdynamisches Wachstum wird so gefördert. Schließlich ist noch die bilanz verkürzende Wirkung von Factoring zu nennen. Durch den Verkauf von Forderungen wird die Bilanzsumme verkürzt, was die Eigenkapitalquote steigern lässt. Das Resultat ist ein besseres Rating im Sinne der Basel-Krite-rien. Unternehmen, die Factoring nutzen, geht es also nicht schlechter, son-dern besser.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 64Hibler_Factoring_Umbruch.indd 64 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 66: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

65 V D

ie F

acto

ring

-Kun

de

n

V Die Factoring-Kunden

Das folgende Kapitel widmet sich der Zielgruppe von Factoring –

Branchen und Unternehmensgrößen. Sie erfahren den Bekanntheitsgrad

von Factoring, was Kunden am Factoring schätzen und was sie weniger

begeistert. Des Weiteren wird Factoring als Instrument in der Unternehmens-

sanierung beleuchtet und der Weg zur Zusammenarbeit erläutert.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 65Hibler_Factoring_Umbruch.indd 65 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 67: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

66Fac

torin

g v

on

A b

is Z

1. Zielgruppe des Factoring

Factoring richtet sich in erster Linie an jene KMUs, die, wie in Kapitel 2 dar-gestellt, knappe Kapitalressourcen haben und zunehmend unter Druck der Auswirkungen der diversen Basel-Regeln stehen.

Die Kernzielgruppe besteht aus Dienstleistungs-, Handels- und Produk-tionsunternehmen mit einem Jahresumsatz ab 500.000,– EUR. Die größten Factoring-Kunden weisen einen Umsatz von bis zu mehreren hundert Millio-nen Euro aus.

Naturgemäß ist Factoring nur für Betriebe mit ausreichenden Forderun-gen an andere gewerbliche Abnehmer geeignet („B2B“), da private Abnehmer andere Zahlungsarten aufweisen. Besonders eignet sich Factoring also für alle Unternehmen mit langer Außenstandsdauer, die so beträchtliche liquide Mit-tel in den Forderungen binden. Weiters ist Factoring – wie aufgezeigt – ideal für Betriebe mit rasch steigenden oder stark schwankenden Umsätzen, da hier die umsatzkonforme Finanzierung besondere Bedeutung hat. Darüber hinaus wendet sich Factoring insbesondere auch an Großhandelsbetriebe, deren Bilanz aktivseitig zumeist im Wesentlichen von Forderungen und dem Lager domi-niert wird und die daher wenig bankmäßige Sicherheiten anzubieten haben, was in aller Regel auch für Unternehmensgründer zutrifft, sodass diese bei erfolgreicher Tätigkeit sehr rasch in eine Finanzierungslücke kommen, die mit Factoring geschlossen werden kann. Und schließlich wird Factoring sehr stark von Unternehmen genützt, die von einzelnen Abnehmern und deren Zah-lungsverhalten abhängig sind. Aufgrund der Konzentration im österreichi-schen Einzelhandel ist dies in vielen Branchen gegeben.

Wenig geeignet ist Factoring für Branchen, in denen die Bezahlung davon abhängig ist, dass die Leistung vorher abgenommen wird, wie z. B. die Bau-branche, bzw. dort, wo es laufend und in hohem Ausmaß zu Gegenverrech-nungen kommt, wie etwa bei Spediteuren.

Als Beispiel für eine durchaus typische Branchenverteilung sei hier die Struktur der Kunden der Intermarket Bank aus dem Jahr 2011 aufgezeigt (vgl. Abbildung 16).

Auch die Größenstruktur der Factoring-Kunden (wiederum am Beispiel der Intermarket) spiegelt die betriebliche Struktur in Österreich wider (vgl.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 66Hibler_Factoring_Umbruch.indd 66 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 68: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

67 V D

ie F

acto

ring

-Kun

de

n

Abbildung 17). Rund zwei Drittel aller Kunden erzielen einen Jahresumsatz von unter 5 Mio. EUR, das restliche Drittel einen Umsatz über EUR 5 Mio., lediglich 15% einen solchen von über 15 Mio. EUR.

Insgesamt zeigten in den letzten Jahren vermehrt größere Betriebe starkes Interesse an Factoring. Betrachtet man die Historie, so bestätigt sich dieses Bild. Lange Zeit erzielten drei Viertel der Kunden einen Umsatz bis EUR 5 Mio. Im Durchschnitt hat sich die Umsatzgröße der Kunden in den letzten Jahren von 5 Mio. EUR auf rund EUR 10 Mio. verdoppelt.

Abbildung 16: Branchenstreuung 2011. Quelle: Intermarket Bank AG

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 67Hibler_Factoring_Umbruch.indd 67 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 69: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

68Fac

torin

g v

on

A b

is Z

In jüngster Zeit haben sich auch zunehmend Großbetriebe des Factoring bedient, um durch den Verkauf ihrer Forderungen die Bilanzsumme zu redu-zieren und so das Bilanz- bzw. Kapitalbild zu verbessern (vgl. Annex 1, „Bilan-zierung von Factoring in Österreich nach UGB und IFRS“).

2. Die Kenntnisse über und die Zufriedenheit mit

Factoring

Nach einer im Auftrag der Intermarket Bank von Karmasin durchgeführten Marktforschung sind die Kenntnisse österreichischer Klein- und Mittelbetriebe (die Zielgruppe der Untersuchung) noch verbesserungsfähig.

Zwar sagen 84% aller befragten Betriebe, dass sie den Begriff „Factoring“ kennen, bei genauerer Befragung der Funktionen wird das Bild jedoch deutlich verschwommener: Ungestützt gefragt assoziieren 21% damit die Ab tretung von Forderungen, lediglich 14% deren Finanzierung sowie 10% die Übernah-me des Inkassos.

Abbildung 17: Kundenstruktur 2011. Quelle: Intermarket Bank AG

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 68Hibler_Factoring_Umbruch.indd 68 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 70: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

69 V D

ie F

acto

ring

-Kun

de

n

Von allen befragten Unternehmen sehen jeweils rund zwei Drittel die größten Vorteile in der rahmenlosen bzw. umsatzadäquaten Finanzierung, dem Wegfallen zusätzlicher Sicherheiten und der Möglichkeit, selbst mit Skonto zu bezahlen. Als größter Nachteil werden von 40% die Kosten ge-sehen. Zusammenfassend sind rund ein Viertel der Befragten der Meinung, dass Factoring für sie in Frage kommt.

Das Bild ändert sich in manchen Aspekten deutlich bei den Nutzern von Factoring. Im Auftrag der Intermarket Bank befragt ein unabhängiges Markt-forschungsinstitut in zweijährigen Abständen, zuletzt in 2012, sämtliche Kun-den zur Zufriedenheit über unterschiedlichste Aspekte der Zusammenarbeit. Abgesehen davon, dass die Gesamtzufriedenheit sehr hoch ist (und mit der Dauer der Zusammenarbeit steigt), verspüren 77% der Kunden eine starke und weitere 14% eine leichte Verbesserung der Liquidität, 59% registrieren eine kürzere Außenstandsdauer der Forderungen. Dass 94% der befragten Kunden Factoring weiterempfehlen würden (oder schon empfohlen haben), spricht eine deutliche Sprache über die Vorteile dieser Finanzdienstleistung.

3. Factoring in der Unternehmenssanierung

Die Ursachen für Krisen in Unternehmen können vielfältig sein. Symptome einer akuten Schieflage sind zumeist eine angespannte finanzielle Lage sowie Verluste bzw. eine schlechte Ertragssituation im operativen Bereich. Um die Betriebsfähigkeit aufrechtzuerhalten, sind zwei Voraussetzungen zu erfüllen:

➜ Vermeidung einer möglichen Zahlungsunfähigkeit ➜ Vermeidung einer Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Unternehmen seine fälligen Schulden nicht bezahlen kann und sich die erforderlichen Zahlungsmittel auch nicht verschaffen kann. Zu einer Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes kommt es dann, wenn nicht ausreichend stille Reserven vorhanden sind und keine positive Fortbestehensprognose vorliegt.

Um kurzfristig die Liquidität sicherzustellen, ist zu überprüfen, inwieweit das Unternehmen über Vermögen verfügt, das kurzfristig in Liquidität um-

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 69Hibler_Factoring_Umbruch.indd 69 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 71: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

70Fac

torin

g v

on

A b

is Z

gewandelt werden kann. Ein möglicher Ansatzpunkt sind die Forderungen in den Aktiva. Sofern sie noch nicht anderweitig als Besicherung dienen (z. B. bereits im Rahmen eines Zessionskredites zediert sind), können sie rasch in Liquidität umgewandelt werden.

Wie bereits zuvor erläutert, ist die Hauptfunktion des Factoring in der so-fortigen Finanzierung von 80–90% des Bruttorechnungsbetrages zu sehen. Die Finanzierung bleibt dabei bis zur Zahlung durch den Schuldner, oder bis zur Fälligkeit der Versicherungsleistung oder bis zum vereinbarten Zeitpunkt der Rückübertragung aufrecht.

Factoring eignet sich nicht nur als Instrument zur Begleitung einer Sanie-rung, sondern kann darüber hinaus auch im Konkurs eingesetzt werden. Auf Basis der Forderungsstruktur der Vergangenheit wird vom Factor eine Prüfung des Forderungsmaterials durchgeführt. Finanziert werden, mit der Zustimmung des Insolvenzverwalters, alle neuen Forderungen nach Eröffnung der Insol-venz. Somit ist eine sofortige und kurzfristige Liquiditätszufuhr sichergestellt und die Basis zur Erfüllung des Sanierungsplanes gegeben.

Vom Factor sind für die Finanzierungsentscheidung unbedingt der Sanie-rungsplan, die Offene-Posten-Liste von Debitoren und die Zustimmung des Insolvenzverwalters erforderlich. Die Entscheidung wird im Wesentlichen von den Erfolgsaussichten des Konzeptes abhängen.

4. Weg zur Zusammenarbeit

Der Weg zur Zusammenarbeit beginnt mit dem Erstgespräch. In einem ersten persönlichen und unverbindlichen Beratungsgespräch wird das Dienstleis-tungsangebot vom Factor vorgestellt. Umgekehrt lernt der Factor das Geschäft vom Kunden kennen. Gemeinsam wird geprüft, wie und ob Factoring für das Unternehmen sinnvoll einsetzbar ist.

Geht aus dem Erstgespräch hervor, dass Factoring für das Unternehmen eine geeignete Finanzierungsform ist, verschafft sich der Factor einen tieferen Einblick. Dazu werden ausgewählte Unterlagen wie z. B. Jahresabschluss und offene-Posten-Liste zur Verfügung gestellt. Ab einer bestimmten Forderungs-höhe führen Factoringbanken zusätzlich einen Audit vor Ort durch.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 70Hibler_Factoring_Umbruch.indd 70 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 72: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

71 V D

ie F

acto

ring

-Kun

de

n

Nach erfolgter positiver Prüfung erhält der Factoringkunde in der Regel ein verbindliches Factoringangebot mit sämtlichen Informationen und Kon-ditionen. Nach Annahme des Angebotes kommt es zur Vertragsunterzeich-nung und gleichzeitigen Einschulung vor Ort durch den Betreuer. In der Folge erhält der Kunde die Zugangsdaten für e-factoring. Testdateien und Schnitt-stellen mit den Systemen werden geprüft und eingerichtet. Zudem erfolgt eine Abstimmung über die Handhabung von Mahnwesen, Kundenverständi-gung und Abtretungsvermerk.

Beim Erstankauf finanzieren Factoringbanken entweder bereits alle offe-nen Rechnungen oder sie beginnen mit dem Ankauf aller neuen Rechnungen ab Vertragsunterzeichnung. Im darauffolgenden Tagesgeschäft werden laufend alle von neu erstellten Rechnungen online an den Factor übermittelt. Dieser kauft die Rechnungen an, prüft sie und ermittelt den möglichen Betrag, der abgerufen werden kann. Ab diesem Zeitpunkt steht dem Kunden eine mög-liche Überweisung zur Verfügung, die er durch Anforderung über das System abrufen kann.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 71Hibler_Factoring_Umbruch.indd 71 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 73: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

72Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 72Hibler_Factoring_Umbruch.indd 72 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 74: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

73 VI R

isik

en

im F

acto

ring

-Ge

sch

äft

VI Risiken im Factoring-

Geschäft

Bonitätsrisiko des Factoring-Kunden, Verwässerungsrisiko der Forderung

und das Zahlungsrisiko stellen die wesentlichen Risiken im Factoring dar.

Lesen Sie folgend mehr darüber.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 73Hibler_Factoring_Umbruch.indd 73 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 75: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

74Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Das Risiko des Factors wird in aller Regel dann schlagend, wenn der Facto-ring-Kunde nicht mehr zahlungsfähig ist und die Abnehmer – aus welchen Gründen immer – nicht zu zahlen bereit oder in der Lage sind. Daher liegt das Risiko im Factoring-Geschäft im

➜ Bonitätsrisiko des Factoring-Kunden ➜ Verwässerungsrisiko der Forderung ➜ Bonitätsrisiko des Abnehmers

1. Bonitätsrisiko des Factoring-Kunden

Das Bonitätsrisiko des Factoring-Kunden ist dem Risiko aus der Sicht der Ban-ken gleichzusetzen. Daher werden auch von den Factoring-Gesellschaften am Beginn und während der laufenden Zusammenarbeit die Bilanzen des Kunden auf die üblichen Indikatoren wie Kapitalausstattung, Ertragskraft etc. überprüft.

2. Verwässerungsrisiko der Forderung

Dieses Risiko beinhaltet die unterschiedlichsten Kategorien, die den Bestand der Forderung gefährden und bei Fälligkeit zur Nichtzahlung durch den Ab-nehmer führen.

Eines dieser Risken ist, dass die Forderung zum Zeitpunkt der Übergabe an den Factor nicht oder noch nicht besteht, dass also nicht vorhandene Auf-träge fakturiert oder vorhandene Aufträge zu früh fakturiert werden. Hier kommt es also erst gar nicht zum Bestand der Forderung, sodass nicht von einem klassischen Verwässerungsrisiko gesprochen werden kann.

Besteht die Forderung ursprünglich zu Recht, so kann es in weiterer Folge zum gänzlichen oder teilweisen Untergang der Forderung kommen. Dies kann aus einer ganzen Reihe von Gründen geschehen:

Teillieferungen/-leistungenIn einzelnen Branchen ist es üblich und vertraglich vereinbart, nach Fertigstel-lung eines gewissen Teiles der Leistung eine Rechnung zu legen – wie z. B. in

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 74Hibler_Factoring_Umbruch.indd 74 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 76: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

75 VI R

isik

en

im F

acto

ring

-Ge

sch

äft

der Baubranche und im Baunebengewerbe oder bei der Software-Erstellung. Die Leistung ist hier zwar erbracht, jedoch hängt die endgültige Bezahlung durch den Abnehmer weitgehend vom Fortbestand des liefernden Unterneh-mens ab – der Wert der Lieferung ist de facto erst nach deren Fertigstellung gegeben. Factoring-Gesellschaften meiden daher Kunden in diesen Branchen.

Rückgaberechte/GegenrechnungenIn einzelnen Branchen bzw. bei einzelnen Debitoren sind in den Lieferverträ-gen Rückgaberechte vereinbart, das heißt, der Debitor kann bei Nicht-Ver-kauf der gelieferten Ware bis zu einem bestimmten Zeitpunkt entweder deren Rückgabe oder den Austausch gegen eine verkäufliche Ware verlangen. In bei-den Fällen ist eine Bezahlung der Rechnung im Falle der Insolvenz des Liefe-ranten (Factoring-Kunden) unwahrscheinlich. Ähnliches gilt für Branchen, die einen hohen Anteil von Gegenrechnungen haben (z. B. Speditionen), da im Falle der Insolvenz Leistungen aufgerechnet werden. Factoring-Banken schließen solche Branchen als Factoring-Kunden aus. In Branchen, in denen Gegenrechnungen nur fallweise vorkommen, werden Abnehmer mit Gegen-rechnung entweder aus der Factoring-Vereinbarung ausgenommen oder mit einem geringeren Prozentsatz bevorschusst.

ForderungsminderungAuch bei factorablen Branchen kommt es im laufenden Geschäft zur Rück-gabe von Waren wegen Mängel, Falschlieferung bzw. zu Forderungsminde-rungen und damit letztendlich zu Gutschriften. Diese stellen in aller Regel eine Verwässerung der Forderungen dar, für die durch die 20%, die nicht so-fort finanziert werden, mehr als vorgesorgt ist.

3. Zahlungsrisiko

Besteht die Forderung zu Recht und wird der Factoring-Kunde insolvent, so stellt sich für den Factor das Risiko, dass der Debitor zahlungsunfähig ist. Dieses Risiko wird vom Factor durch laufende Beobachtung der Debitoren, durch Einholung von Informationen und, wenn möglich, durch Analysen von

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 75Hibler_Factoring_Umbruch.indd 75 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 77: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

76Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Bilanzen begrenzt. Diese Daten sowie die eigenen Zahlungserfahrungen wer-den in einem Datenpool gesammelt und zur laufenden Beurteilung der Debi-toren herangezogen. Für den Fall, dass der Factor das Delkredere-Risiko über-nimmt, werden diese Prüfungen entsprechend rigider vorgenommen bzw. wird in vielen Fällen durch eine Rückversicherung vorgesorgt.

Wesentlich ist hier für den Factor auch, dass sich das Risiko eines Facto-ring-Kunden auf mehrere Debitoren verteilt, sodass bei Ausfall eines einzelnen Debitors als Folge weder die Insolvenz des Factoring-Kunden zu befürchten ist, noch allenfalls die Überdeckung durch Forderungen (aus der 80%igen Bevorschussung) nicht ausreicht. Aus diesem Grund wird bei jedem einzelnen Anschlusskunden laufend die Debitorenstreuung im Sinne einer ABC-Ana-lyse überprüft. Da jedoch auch bei einer guten Debitorenstreuung die A-Kun-den in der Regel einen erheblichen Anteil des Gesamtsaldos des Factoring-Kunden ausmachen (die 80/20-Regel, dass 20% der Abnehmer 80% der Salden ausmachen, ist hier durchaus häufig anzutreffen), ist die potentielle Zahlungsfähigkeit der Großdebitoren umso wesentlicher.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 76Hibler_Factoring_Umbruch.indd 76 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 78: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

77 VII

Fac

torin

g im

Re

chn

ung

swe

sen

VII Factoring im

Rechnungswesen

Die Bilanzverkürzung ist ein wesentlicher Vorteil von Factoring. Im folgenden

Kapitel wird anhand eines Beispiels der Effekt der Bilanzverkürzung dar-

gestellt.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 77Hibler_Factoring_Umbruch.indd 77 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 79: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

78Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Bilanzverkürzung

Die Bilanzierungsvorschriften von Factoring in Österreich nach UGB ermög-lichen es, die aktivseitigen Forderungen gegenüber dem Factor, an den diese ja abgetreten wurden, gegen die Verbindlichkeiten gegenüber dem Factor aus der Kaufpreisanzahlung zu saldieren. Eine detaillierte Behandlung zum Thema „Bilanzierung von Factoring in Österreich nach UGB und IFRS“ von Univ. Prof. Dr. Roman Rohatschek finden Sie im Appendix I.

In Abbildung 18 ist eine Beispielbilanz mit einem Forderungsstand von 1,85 Mio. EUR dargestellt. Durch den Forderungsverkauf und die Bevor-schussung von 80% durch den Factor erhöht sich die Liquidität des Unter-nehmens um 1,48 Mio. EUR. Die nicht durch den Factor finanzierten Forde-rungen in Höhe von 20% verbleiben als Forderungsstand auf der Aktivseite.

Bilanz vor Factoring

AKTIVA TEUR PASSIVA TEUR

AnlagevermögenFuhrparkGeschäftsausstattungUmlaufvermögenWarenbestandForderungenLiquide MittelBankguthabenKassaBilanzsumme

260150110

2.8501.0001.850

205

153.130

EigenkapitalStammkapitalLangfristiges FremdkapitalDarlehenKurzfristiges FremdkapitalLieferantenverbindlichkeitenBankverbindlichkeiten

Bilanzsumme

250250180180

2.7001.800

900

3.130

Forderung 80 % 1.480 Verkauf an Intermarket=

Erhöhung der Liquidität um 1.480

Abbildung 18: UGB Bilanz vor Factoring. Quelle: eigene Darstellung

Die Liquidität kann dazu verwendet werden, um auf der Passivseite Verbind-lichkeiten zu kürzen. Der Effekt ist somit eine verkürzte Bilanzsumme und in weiterer Folge verbesserte Kennzahlen (vgl. Abbildung 19).

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 78Hibler_Factoring_Umbruch.indd 78 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 80: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

79 VII

Fac

torin

g im

Re

chn

ung

swe

sen

Bilanz nach Factoring

AKTIVA TEUR PASSIVA TEUR

AnlagevermögenFuhrparkGeschäftsausstattungUmlaufvermögenWarenbestandForderungen

Liquide MittelBankguthabenKassaBilanzsumme

260150110

1.3701.000

370

205

151.650

EigenkapitalStammkapitalLangfristiges FremdkapitalDarlehenKurzfristiges Fremdkapital

LieferantenverbindlichkeitenBankverbindlichkeiten

Bilanzsumme

250250180180

1.220

320900

1.650

Auswirkung: Verbesserung der Eigenkapitalquoteohne Factoring 8%mit Factoring 15%

Abbildung 19: UGB Bilanz nach Factoring. Quelle: eigene Darstellung

Ein besonders relevantes Basel-Kriterium ist die Eigenkapitalquote. Diese Kennzahl fließt in das erforderliche Bankenrating ein und hat unmittelbare Auswirkungen auf Volumen und Konditionen von Krediten.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 79Hibler_Factoring_Umbruch.indd 79 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 81: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

80Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 80Hibler_Factoring_Umbruch.indd 80 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 82: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

81 VIII

Das

re

chtli

che

Um

feld

de

s F

acto

ring

-Ge

sch

äfts

VIII Das rechtliche Umfeld

des Factoring-Geschäfts

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit der Kaufvertragsnatur und der

Einordnung von Factoring im Bankwesengesetz. Zudem werden Zessions-

verbot und Zessionsänderungsgesetz beleuchtet.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 81Hibler_Factoring_Umbruch.indd 81 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 83: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

82Fac

torin

g v

on

A b

is Z

1. Kaufvertragsnatur

Abgesehen von § 1 Abs. 1 Z 16 Bankwesengesetz (BWG) findet sich zu Fac-toring in den österreichischen Rechtsnormen keine Legaldefinition. Zwar de-finiert diese Bestimmung Factoring als „Ankauf von Warenlieferungen oder Dienstleistungen, die Übernahme des Risikos der Einbringlichkeit solcher Forderungen – … – und im Zusammenhang damit der Einzug solcher Forde-rungen“. Eine zivilrechtliche Regelung, aus der sich die klare Zuordnung zum Vertragstypus Kauf ergeben würde, findet sich jedoch nicht.

Umso mehr Bedeutung kommt daher bei der Frage der Rechtsnatur des Factoring-Vertrages der Judikatur zu. In seiner Entscheidung vom 17.12.1994 (2Ob 504/94) hat der OGH sich klar zur Kaufvertragsnatur bekannt und dies wie folgt begründet: „Können aus der Gestaltung der Factoringvereinbarung keine durchschlagenden Gründe für die Einordnung als Kreditvertrag gewonnen werden, so ist dem deutlich geäußerten Parteiwillen der Vorrang einzuräumen und von einer kaufvertraglichen Konstruktion auszugehen.“1 Daher werden die Factoring-Verträge bewusst als Kaufverträge ausgestaltet und dement-sprechend von der überwiegenden Lehre und vom OGH, insbesondere auch in Entscheidung 8 Ob 271/98f vom 22.10.1998, ständig als solche beurteilt.

Der Ankauf der Forderungen mit Factoring-Vertrag folgt regelmäßig nach-stehendem Schema: Der Factor kauft sämtliche Forderungen des Unterneh-mers aus dessen Geschäftsbetrieb im Sinne einer Globalzession (vgl. §§ 1392f Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, ABGB) an, das Eigentum an der einzel-nen Forderung geht im Augenblick ihres Entstehens auf den Factor über. Ver-einbarungsgemäß können natürlich auch Forderungen gegen bestimmte Ab-nehmer vom Ankauf ausgeschlossen sein. Der Kaufpreis für diese Forderungen wird zwar erst mit Einlangen der Zahlung des Abnehmers für den Factor fäl-lig, dieser erklärt sich jedoch für gewöhnlich bereit, die angekauften Forde-rungen mit bis zu 80% zu bevorschussen.

Die Kaufvertragsnatur der Factoring-Verträge ist vor allem deshalb von so entscheidender Bedeutung, da sie für den Fall der Insolvenz des Factoring-Kunden zu folgenden Konsequenzen führt: Der Factoring-Vertrag erlischt

1 OGH 17.2.1994, 2 Ob 504/94 in ÖBA 1994, 810.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 82Hibler_Factoring_Umbruch.indd 82 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 84: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

83 VIII

Das

re

chtli

che

Um

feld

de

s F

acto

ring

-Ge

sch

äfts

nicht ex lege, und die bereits angekauften Forderungen stehen weiterhin im Eigentum des Factors. Der Factor hat eine im Sinne der Insolvenzordnung (IO) bzw. der Ausgleichsordnung (AO) in der Insolvenz anzumeldende For-derung gegen seinen insolventen Factoring-Kunden in Gesamthöhe der geleis-teten Kaufpreisanzahlungen. Da die Forderungen gegen die Abnehmer dem Factor erhalten bleiben und daher von diesem auch betrieben werden können, reduziert sich die angemeldete Forderung gegen den Factoring-Kunden lau-fend in Höhe der eingehenden Zahlungen. Kommt es nach Abdeckung des Saldos aus Kaufpreisanzahlungen zu einem Guthaben, so wird dieses an den Insolvenzverwalter überwiesen. Prinzipiell hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, den Factoring-Vertrag, wie alle Dauerschuldverhältnisse, mit so-fortiger Wirkung zu lösen (§ 21 IO, § 20b AO). Oftmals entscheidet er sich jedoch dafür, das Factoring-Verhältnis fortzusetzen, um die bisherige Finan-zierungsform weiterhin zur Verfügung zu haben. In diesen Fällen trägt der Factor wesentlich zum Zustandekommen eines Zwangsausgleichs bzw. Aus-gleichs bei, der letztlich zur Restschuldbefreiung führt und damit dem Unter-nehmer die Fortführung seines Unternehmens ermöglicht.

Die Unterschiede zwischen Factoring als Forderungskauf und der mit einem Zessionskredit verbundenen Sicherheitsabtretung sind in Tabelle 14 gegenübergestellt:

Zessionskredit Factoring

Zivilrechtliche Zuordnung Forderungsabtretung zur Besicherung eines Kredites

Forderungs(ver)kauf

Forderungseigentümer Kreditnehmer Factor – aufgrund der Kaufnatur geht das Eigentum an der Forde-rung auf den Factor über

Publizitätserfordernisse Vermerk in den Geschäftsbüchern des Zedenten

keine

Zeitpunkt der Verständigung der Abnehmer

bei Notleiden des Kredits sofort nach Beginn derZusammenarbeit

Dienstleistungen keine laufende Forderungsbewertung, evtl. Delkredere.Übernahme, evtl. Betreibungen

Zessionar hat bei Insolvenz des Zedenten

Absonderungsrecht Aussonderungsrecht

Tabelle 14: Vergleich Zessionskredit – Factoring

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 83Hibler_Factoring_Umbruch.indd 83 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 85: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

84Fac

torin

g v

on

A b

is Z

2. Zessionsverbot

Nachdem die Abtretung im Rahmen der Factoring-Verträge als Globalzession erfolgt, ist der Factor bestrebt, sämtliche Forderungen eines Unternehmers, des Factoring-Kunden, anzukaufen. Oftmals sind jedoch Forderungen gegen einzelne Abnehmer vom Factoring ausgeschlossen. Hat der Factoring-Kunde nämlich mit diesem eine Kontokorrentabrede getroffen oder wurde der Kauf-vertrag unter Vorbehalt der Warenrücknahme geschlossen (Kommissions-geschäft) oder ist die Forderung von Ansprüchen Dritter aus anderen Grün-den nicht frei, so ist sie der Abtretung an den Factor entzogen. Bis Ende Mai 2005 konnten außerdem – aufgrund der damaligen Rechtslage – alle mit Zes-sionsverbot behafteten Forderungen nicht wirksam abgetreten werden (abso-lute Wirksamkeit der Zessionsverbote). In diesen Fällen war die für den Er-werb des Eigentums an den Forderungen erforderliche Aufhebung des Zessionsverbotes oftmals von Zugeständnissen des Factors an den Abnehmer abhängig.

Mit 1.6.2005 trat das Zessionsrechtsänderungsgesetz in Kraft, das keine absolute Wirksamkeit von vertraglichen Zessionsverboten in Unternehmer-geschäften mehr vorsieht: Diese Zessionsverbote sind zwischen Factoring-Kunden und Abnehmer für ab 1.6.2005 entstandene Forderungen nur ver-bindlich, wenn sie im Einzelfall ausgehandelt worden sind und den Gläubiger nicht gröblich benachteiligen. Selbst unter diesen Voraussetzungen stehen sie jedoch der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen und die zugrunde liegenden Forderungen können daher ohne weiteres in die Abwicklung im Factoring-Verfahren mit einbezogen werden. Zahlungen des Abnehmers an den Altgläubiger wirken nach neuer Rechtslage schuldbefreiend, falls dem Ab-nehmer nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Der Factoring-Vertrag sieht daher regelmäßig vor, dass diese Zahlungseingänge an den Factor weiterzulei-ten sind. Tabelle 15 vergleicht die absolute und relative Wirksamkeit von Zes-sionsverboten.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 84Hibler_Factoring_Umbruch.indd 84 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 86: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

85 VIII

Das

re

chtli

che

Um

feld

de

s F

acto

ring

-Ge

sch

äfts

absolute Wirksamkeit desZessionsverbots

relative Wirksamkeit desZessionsverbots

Übertragbarkeit der Forderung Forderung kann nicht übertragen werden, ist dem Rechtsverkehr entzogen

Übertragung möglich, gegebenen-falls Schadenersatz gegenüber dem Schuldner aus Vertrags-verletzung

Auswirkung für den Forde-rungsverkäufer (Factor)

Abtretung der Forderungen an Factor nicht möglich, die Kauf-preisanzahlung kann nicht bean-sprucht werden

Abtretung der Forderungen an den Factor ist möglich, Kaufpreis-anzahlung kann beansprucht werden

Schlechterstellung des Schuld-ners durch Zession

nein, keine Veränderung der Rechtsposition, Zession findet nicht statt

nein, Schlechterstellung wird durch entsprechende Schuldner-schutzbestimmung vermieden

Position des Schuldners am Markt

Dominanzsituation wird verstärkt freier Wettbewerb wird gefördert

Tabelle 15: Vergleich absolute und relative Wirksamkeit von Zessionsverboten. Quelle: In Anlehnung an Österreichischer Factoring-Verband

3. Die Einordnung in das österreichische

Bankwesengesetz

Factoring stellt in Österreich ein Bankgeschäft dar und ist, wie beschrieben, in § 1 Abs. 1 Z 16 Bankwesengesetz (BWG) definiert. Deshalb können nur Kre-ditinstitute im Sinne dieses Gesetzes Factoring-Anbieter sein.

Die Factoring-Gesellschaften unterliegen als Kreditinstitute den allgemei-nen Ordnungsnormen des BWG, nicht aber bestimmten Sondervorschriften, wie etwa dem § 25 Abs. 2 bis 14 BWG, die speziell auf Banken mit Einlagen-geschäft und Wertpapierhandel zugeschnitten sind. Sie müssen als Kreditinsti-tute eine bestimmte Eigenkapitalausstattung aufweisen und unterliegen zahl-reichen Meldepflichten an die OeNB (Monats- und Quartalsausweise samt Informationen über die Großveranlagungen sowie die offenen Fremdwäh-rungspositionen, Jahresabschluss).

Die Meldepflicht umfasst auch die Daten über jene Kreditnehmer, deren offene Verbindlichkeiten den Betrag von 350.000 EUR übersteigen (Großkre-ditmeldungen), wobei nach den entsprechenden Durchführungsvorschriften

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 85Hibler_Factoring_Umbruch.indd 85 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 87: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

86Fac

torin

g v

on

A b

is Z

der Debitor zu melden ist, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Facto-ring mit oder ohne Delkredere-Übernahme handelt.

Weiters hat der Wirtschaftsprüfer einen bankaufsichtlichen Prüfbericht (inklusive Reservemeldung) auszufertigen. Factors haben als Banken außer-dem eine interne Revision einzurichten, die unmittelbar der Geschäftsleitung unterstellt ist und über deren Tätigkeit Vorstand und Aufsichtsrat regelmäßig informiert werden.

Als Aktiengesellschaften unterliegen Factoring-Banken weiters den Vor-schriften des Unternehmensgesetzbuchs (UGB). Dies betrifft etwa die Hand-lungs- und Kontrollbefugnisse der einzelnen Organe, die Rechnungslegung etc.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 86Hibler_Factoring_Umbruch.indd 86 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 88: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

87 IX F

acto

ring

in Z

en

tral

- un

d O

ste

uro

pa

IX Factoring in Zentral- und

Osteuropa

Folgendes Kapitel informiert Sie über die Entstehung von Factoring in

Zentral- und Osteuropa, die Entwicklung der Volumina im Ländervergleich

sowie den anteiligen Vergleich gemessen am BIP.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 87Hibler_Factoring_Umbruch.indd 87 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 89: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

88Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Wie in vielen anderen Branchen waren österreichische Factors auch die Pio-niere des Factorings in den Reformstaaten Zentral- und Osteuropas. Die erste Gesellschaft, die sich mit Factoring in diesen Ländern beschäftigt hat, geht jedoch noch auf die kommunistische Ära zurück. Eine tschechoslowakische Außenhandelsfirma namens Transakta hat schon in den frühen 80-er Jahren des vorigen Jahrhunderts damit begonnen, anderen staatlichen Unternehmen Export-Factoring anzubieten. Aus Gründen der Devisenbewirtschaftung gab es nämlich in der CSSR strenge Vorschriften, was auf offene Rechnung gelie-fert werden durfte und mit wie vielen Tagen Zahlungsziel maximal. Transakta hat mit einer Reihe von ausländischen Factors Vereinbarungen abgeschlossen, wonach diese das Risiko der Einbringlichkeit übernehmen, die Rechnungen jedoch nicht – wie sonst im Export Factoring üblich – 90 Tage, sondern 10 Tage nach Fälligkeit bezahlen würden. Dieses Geschäftsmodell hat über all die Jahre bis zur Änderung des Wirtschaftssystems zum Vorteil aller beteiligten Parteien sehr gut funktioniert: Die tschechoslowakischen Exportfirmen erhielten ihr Geld pünktlich im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen, Transakta erhielt ebenso wie die involvierten Importfactoring-Gesellschaften eine entsprechende Gebühr.

Nach der politischen Wende war Transakta auch die erste Factoring- Gesellschaft in den neuen Ländern Zentraleuropas. Jene Abteilung, die vorher das Factoring-Geschäft betrieben hatte, wurde von tschechischen und aus-ländischen Banken sowie einem ausländischen Factor übernommen und ab 1991 als Transfinance weitergeführt.

In der Folge entstanden auch in Ungarn, der Slowakei, Polen und weiteren Ländern Factoring-Gesellschaften, in vielen Fällen als Joint Ventures zwischen ausländischen Factors und heimischen Banken. Insgesamt ist die Entwicklung des Factoring jedoch anfangs nur sehr schleppend vor sich gegangen und hat erst im neuen Jahrtausend zur massiven Gründung von Factoring-Gesellschaf-ten geführt (vgl. Abbildung 20).

Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich die Anzahl der Factoringesell-schaften in CEE von 53 auf 171 mehr als verdreifacht.

Ähnlich ist der Verlauf des angekauften Forderungsvolumens. Ab 2006 stieg die Entwicklung sprunghaft an, sodass heute die geografisch größten Märkte Russland und Polen auch das höchste Volumen im osteuropäischen

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 88Hibler_Factoring_Umbruch.indd 88 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 90: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

89 IX F

acto

ring

in Z

en

tral

- un

d O

ste

uro

pa

Vergleich einnehmen (vgl. Abbildung 21). Die Entwicklung war jedoch noch drastischer als jene der Anzahl: das Volumen hat sich in den letzten zehn Jah-ren von EUR 4,3 Mrd. auf EUR 60,2 Mrd. mehr als verzehnfacht.

Abbildung 20: Anzahl der Factoring-Gesellschaften in CEE. Quelle: FCI

Abbildung 21: Entwicklung des Factoring-Volumens in CEE. Quelle: FCI

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 89Hibler_Factoring_Umbruch.indd 89 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 91: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

90Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Untersucht man die Entwicklung in den einzelnen Staaten in Zentral- und Osteueropa, so fällt das hohe Volumen einzelner baltischer Staaten auf. Diese Dynamik wurde weitgehend von Gesellschaften in skandinavischem Besitz befindlicher Banken getragen, die das Marktpotential rascher erkannten und daher auch 2005 noch mit rund 4 Mrd. EUR zusammengenommen das stärkste Volumen in Zentral- und Osteuropa aufwiesen.

In den osteuropäischen Ländern hingegen war Factoring Anfang des Jahr-tausends so gut wie nicht präsent. Bulgarien und Serbien starteten mit Facto-ring erst im Jahr 2006, die Ukraine in 2005, Kroatien und Russland im Jahr 2004 (vgl. Tabelle 16).

Diesem Aufholprozess zum Trotz darf nicht übersehen werden, dass der Anteil der Länder Zentral- und Osteuropas am gesamteuropäischen Volumen auch im Jahr 2011 erst bei rund 5% lag. Der Anteil an der Anzahl der Facto-ring-Gesellschaften an allen europäischen Gesellschaften hingegen lag für diese Länder bei 20%.

1993 2003 2007 2008 2009 2010 2010 2011

Polen 0 2.580 7.900 7.800 12.000 16.210 16.210 17.900

Russland 0 0 13.100 16.150 8.580 12.163 12.163 21.174

Tschechien 155 1.880 4.780 5.000 3.760 4.410 4.410 5.115

Ungarn 53 1.142 3.100 3.200 2.520 3.339 3.339 2.817

Kroatien 0 0 1.100 2.100 2.450 2.793 2.793 2.269

Rumänien 0 225 1.300 1.650 1.400 1.800 1.800 2.582

Litauen 0 0 2.690 3.350 1.755 1.540 1.540 2.134

Estland 0 2.262 1.300 1.427 1.000 1.227 1.227 1.164

Slowakei 0 298 1.380 1.600 1.130 981 981 1.171

Slowenien 14 170 455 650 650 650 650 550

Bulgarien 0 0 300 450 340 550 550 1.010

Ukraine 0 0 890 1.314 530 540 540 955

Serbien 0 0 226 370 410 500 500 926

Lettland 0 0 1.160 1.520 900 328 328 371

Bosnien & Herzegovina 0 0 0 0 35 45 45 45

CEE gesamt 222 10.819 44.831 52.878 37.460 47.076 47.076 60.183

Europa gesamt 126.693 517.683 932.264 888.528 876.649 1.045.069 1.045.069 1.217.811

Anteil CEE 0% 2% 5% 6% 4% 5% 5% 5%

Tabelle 16: Entwicklung Factoring in CEE. Quelle: FCI

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 90Hibler_Factoring_Umbruch.indd 90 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 92: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

91 IX F

acto

ring

in Z

en

tral

- un

d O

ste

uro

pa

Gemessen an der Gesamtwirtschaftsleistung aber haben insbesondere die Länder Zentraleuropas überwiegend den europäischen Durchschnitt erreicht. Vergleicht man den Anteil des Factoring-Volumens am BIP des Jahres 2011 in den Märkten Zentraleuropas (Polen, Ungarn, Tschechien, Slowenien, Bulga-rien, Slowakei und Rumänien – dargestellt in Abbildung 22) mit Österreich, so liegt Ungarn in etwa auf dem Niveau von Österreich. Estland und Litauen verzeichnen mit rund 7% bei weitem die höchsten Anteile. Deutlich zurück mit unter 2% liegen Rumänien, Lettland, die Slowakei und Slowenien.

Abbildung 22: Factoring-Anteil am BIP 2011 in CEE und Österreich. Quelle: FCI

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 91Hibler_Factoring_Umbruch.indd 91 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 93: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

92Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 92Hibler_Factoring_Umbruch.indd 92 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 94: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

93 X A

usb

lick

X Ausblick

Wie Tabelle 16 sowie Abbildung 22 zeigen, hat das Factoring-Geschäft weder in Österreich noch in Zentral-und Osteuropa den Zenit seiner Entwicklung erreicht. Mit BIP-Anteilen von um die 3 Prozent liegen diese Länder bei ei-nem Fünftel des Spitzenreiters Großbritannien, aber auch erst bei der Hälfte des „Spätstarters“ Deutschland (siehe Abbildung 8). Gerade dieses Beispiel zeigt aber, welches Potential noch im Markt vorhanden ist, denn noch vor zehn Jahren lag Deutschland bei diesem Indikator auf dem damaligen Niveau Österreichs (1,5%). Änderungen – insbesondere in der Beurteilung der Ban-ken hinsichtlich der Sicherheit und daher Sinnhaftigkeit des Zessionskredites – haben dort neben einer flexiblen Produktgestaltung zu durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten von jenseits der 20% geführt.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 93Hibler_Factoring_Umbruch.indd 93 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 95: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

94Fac

torin

g v

on

A b

is Z

In Österreich wird der Zessionskredit – wenn auch mit einer niedrigen Belehnungsquote – weiterhin angeboten. Die Bestimmungen von Basel III werden aber zu einer weiteren Differenzierung in der Unternehmensfinanzie-rung durch Banken führen. Der Druck auf die Eigenkapitalquote der Banken wird wegen der angestrebten Reduktion der Bilanzsumme einerseits zu einer Verknappung und andererseits zu einer Verteuerung auch kurzfristiger Kre dite führen. Dies wird Factors nicht nur einen größeren Markt offerieren, sondern auch den Konditionsunterschied, der sich durch die angebotenen Dienstleis-tungen des Factors ergibt, stärker ausgleichen.

Es wird aber an den Factoring-Anbietern liegen, im Angebot stärker zu differenzieren um das Produkt für die unterschiedlichen Kundensegmente noch attraktiver zu machen. Dann wird Factoring in Österreich in den nächs-ten Jahren eine wirklich bedeutende Rolle in der Unternehmensfinanzierung spielen.

In den Ländern Zentraleuropas wird der Aufholprozess unvermindert wei-tergehen, nachdem hier die Strukturen der Unternehmensfinanzierung noch deutlich weniger gefestigt sind und sich somit für Nischenplayer ein breites Feld bietet.

Insgesamt wird also das Factoring-Geschäft in Mittel- und Osteuropa mit großer Sicherheit weiter an Umfang und Bedeutung zunehmen.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 94Hibler_Factoring_Umbruch.indd 94 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 96: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

95 Ap

pe

nd

ix I

Appendix I

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 95Hibler_Factoring_Umbruch.indd 95 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 97: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

96Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Bilanzierung von Factoring in Österreich nach UGB

und IFRS

Univ. Prof. Dr. Roman Rohatschek

1. Untersuchungsgegenstand

Aufgrund der Entwicklung von Unternehmensfinanzierungen hat sich das Factoring als eine Finanzierungsform herausgebildet, die ein stetiges Wachs-tum verzeichnet.1 In Österreich stellt Factoring ein Bankgeschäft dar, welches im Bankwesengesetz definiert wird. Obwohl eine steigende Nachfrage dieser Finanzierungsform festzustellen ist, bestehen keine gesetzlichen Bestimmun-gen, die für die damit zusammenhängenden Bilanzierungsfragen eine klare Regelung finden. Auch haben sich in der Vergangenheit keine allgemein an-erkannten GoB zur Bilanzierung von Factoring-Geschäften in Österreich ge-bildet. Es werden zwar zahlreiche Darstellungen aus der deutschen Kommen-tarliteratur herangezogen, dabei wird allerdings nicht auf das unterschiedliche Verständnis – insbesondere iZm der Frage der zivilrechtlichen Kategorisie-rung – Bedacht genommen.

Die nachfolgenden Ausführungen behandeln als zentralen Punkt die Frage der Ausbuchung von Forderungen, die Gegenstand eines Factoring-Vertrages ist. Zu diesem Zwecke werden in einem ersten Schritt wesentliche Bestim-mungen und Aspekte einer näheren Betrachtung unterzogen, die Einfluss auf die bilanzielle Frage nehmen. Im Anschluss daran wird die bilanzielle Darstel-lung im Jahresabschluss behandelt, wobei die österreichischen Aspekte sowohl aus Sicht des UGB als auch der IFRS-Bestimmungen Berücksichtigung finden.

Da im Zusammenhang mit Fragen der Rechnungslegung in der österrei-chischen Literatur oftmals auf deutsche Literatur verwiesen wird, ist es erfor-derlich, insbesondere Unterschiede zwischen den Regelungen in Deutschland und Österreich herauszustreichen.

1 Siehe dazu die Darstellungen in Binder-Degenschild/Schandor, Factoring – Praxis und Rechtsnatur in Österreich, Wien 2003, 20ff.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 96Hibler_Factoring_Umbruch.indd 96 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 98: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

97 Ap

pe

nd

ix I

2. Betrachtung wesentlicher Vorschriften und Aspekte

Bevor auf die Frage der Bilanzierung von Factoring-Geschäften im Speziellen eingegangen werden kann, muss eine Analyse jener ausgewählten gesetzlichen Bestimmungen und Sachverhalte vorgenommen werden, die Einfluss auf die Bilanzierung und den Ausweis im Jahresabschluss haben.

2.1 Factoring als Kaufvertrag versus Kreditvertrag

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 16 BWG wird das Factoring-Geschäft als der Ankauf von Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen, die Übernahme des Risikos der Einbringlichkeit solcher Forderungen und im Zusammenhang damit der Einzug solcher Forderungen bezeichnet.

In § 33 TP 19 Abs. 3 Gebührengesetz fand Factoring ebenfalls eine Er-wähnung. Diese Bestimmung setzte die Vereinbarungen über die Gewährung eines Rahmens für die Inanspruchnahme von Anzahlungen im Rahmen eines Factoring einem Kreditvertrag gebührenrechtlich gleich. Wie Binder-Degen-schild/Schandor festhalten, sei es daher gebührenrechtlich unerheblich, ob der Factor (Forderungskäufer, Debitor bzw. Abnehmer) das Risiko für die Ein-bringlichkeit der Forderungen übernimmt oder nicht.2 Die Bestimmung des § 33 TP 19 entfiel mit 1.1.2011.3 Wie den Erläuterungen zur Regierungsvor-lage des BBG 2011 (981 BlgNR 24. GP) zu entnehmen ist, wurden im Ge-genzug zur Einführung der Stabilitätsabgabe für Banken (StabAbgG) die Kre-ditvertrags- und die Darlehensvertragsgebühr abgeschafft.

Für die zivilrechtliche Zuordnung von Factoring lässt sich allerdings aus der alten Rechtslage keine entscheidende Beurteilung ableiten. Aus der aus-drücklichen, gebührenrechtlichen Gleichstellung mit Kreditverträgen (die überdies nicht Factoring-Verträge an sich, sondern nur die „Vereinbarungen über die Gewährung eines Rahmens für die Inanspruchnahme von Anzahlun-

2 Vgl. Binder-Degenschild/Schandor, Factoring – Praxis und Rechtsnatur in Österreich, Wien 2003, 113f.

3 Siehe BDBl 2010/111.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 97Hibler_Factoring_Umbruch.indd 97 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 99: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

98Fac

torin

g v

on

A b

is Z

gen“ betrifft) könnte wohl auch gefolgert werden, dass Factoring-Verträge bzw. diese Vereinbarungen jedenfalls keine Kreditverträge sind (sonst wäre ja eine ausdrückliche Regelung nicht notwendig, weil sich die Gleichstellung aus der Natur der Sache ergäbe).

Aufgrund der abweichenden gesetzlichen Kategorisierung ist daher nicht eindeutig abzuleiten, ob ein Factoring-Vertrag als Kaufvertrag oder Kreditver-trag zu behandeln ist.

Die herrschende Ansicht4 in Österreich geht beim Factoring unabhängig von der Übernahme der Delkrederefunktion von einem Kaufvertrag aus. Ent-sprechend der Entscheidung des OGH vom 17.2.1994 (2 Ob 504/94) ist die klar geäußerte Präferenz der Ausgestaltung des Factoring als Kaufvertrag zu beachten: „Können aus der Gestaltung der Factoringvereinbarung keine durch-schlagenden Gründe für die Einordnung als Kreditvertrag gewonnen werden, so ist dem deutlich geäußerten Parteiwillen der Vorrang einzuräumen und von einer kaufvertraglichen Konstruktion auszugehen.“5

Vergleicht man Factoring mit einem Zessionskredit, so lassen sich folgende relevante Unterschiede feststellen:

➜ Beim Zessionskredit werden die Forderungen zur Besicherung eines Kre-dites abgetreten, während bei Factoring von einem Kauf der Forderungen auszugehen ist.

➜ Eigentümer der Forderung bleibt beim Zessionskredit der Kreditnehmer, während beim Factoring-Geschäft aufgrund des Kaufcharakters der Factor Eigentümer der Forderung wird und somit über diese Forderung Verfü-gungsmacht besitzt.

➜ Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt in den unterschiedlichen An-forderungen der Publizität. Beim Factoring sind die Erfordernisse iSd §§ 1392ff. ABGB zu erfüllen; somit kann eine Verständigung der Debi-toren in Form von frei gestaltbaren Einführungsschreiben und durch den Abtretungsvermerk auf der Faktura erfolgen. Demgegenüber hat im Rah-

4 Vgl. Weise/Czermak, in RdW 1985, 130ff.; Binder-Degenschild/Schandor, Factoring – Praxis und Rechtsnatur in Österreich, Wien 2003, 64.

5 OGH 17.2.1994, 2 Ob 504/94 in ÖBA 1994, 810; siehe auch das OGH 19.11.2008, 3 Ob 116/08t.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 98Hibler_Factoring_Umbruch.indd 98 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 100: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

99 Ap

pe

nd

ix I

men des Zessionskredits bei Buchforderungen ein entsprechender Vermerk in den Geschäftsbüchern des Zedenten zu erfolgen.

➜ Im Gegensatz zum Zessionskredit werden beim Factoring je nach Verein-barung zusätzliche Dienstleistungen (beispielsweise Bonitätsbeurteilung, Debitorenbuchhaltung, Mahnwesen) übernommen.

➜ Im Konkursfall besteht beim Zessionskredit ein Absonderungsrecht, wäh-rend im Falle des Factoring, wenn eine Beurteilung als Kaufvertrag vor-genommen werden kann, ein Aussonderungsrecht wirksam wird (siehe dazu im Detail Abschnitt 2.4 der Stellungnahme).

Im Gegensatz zur Rechtsprechung des OGH behandelt der BGH in Deutsch-land jenen Vertragstyp, bei dem der Factoring-Kunde (Forderungsverkäufer, Klient bzw. Lieferant) die Einbringlichkeit der Forderung garantiert und im Falle der Uneinbringlichkeit vom Factor wieder mit dem vorfinanzierten Be-trag belastet wird, jedenfalls als Darlehensgewährung an den Factoring-Kun-den.6

2.2 Übernahme des Risikos der Einbringlichkeit und der

Gewährleistung

Bezüglich der Übernahme des Risikos der Einbringlichkeit der Forderung (Delcredere-Risiko) wird in der deutschen Literatur zwischen echtem und un-echtem Factoring unterschieden. Während beim echten Factoring der Factor auch das Ausfallsrisiko übernimmt, verbleibt dieses im Rahmen eines un-echten Factoring beim Factoring-Kunden; ist die Forderung gegenüber dem Drittschuldner nicht einbringlich, so ist im Falle des unechten Factoring ein Rückgriff auf den Factoring-Kunden möglich. Allerdings kann diese Abgren-zung nicht immer eindeutig vollzogen werden. So wird nach Adler/Düring/Schmaltz ein unechtes Factoring dann anzunehmen sein, wenn der Factoring-Kunde eine Rückkaufs- oder Austauschverpflichtung eingeht, wonach Forde-rungen bei Verzögerungen oder Ausfall zurückzukaufen oder gegen vollwertige

6 Siehe dazu Schultzke, in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung3, Stuttgart 1990, I Rz. 393.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 99Hibler_Factoring_Umbruch.indd 99 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 101: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

100Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Forderungen auszutauschen sind.7 „Wird dagegen im Hinblick auf etwaige Bonitätsmängel ein Abschlag auf den Kaufpreis vereinbart, ändert dies nichts an der Einordnung als echtes Factoring. Die gilt auch dann, wenn der Abschlags-betrag einem „Garantiefonds“ zugeführt wird, aus dem sich der Factor gegebenen-falls befriedigen kann.“8, 9 Auch sei eine Rückkaufs- oder Austauschverpflich-tung nicht automatisch ein Kriterium für ein unechtes Factoring, wenn sie auf den Betrag der sonst zu vereinbarenden Delcredereprovision beschränkt wird.10

Die Begriffsbezeichnungen wurden in der österreichischen Literatur teil-weise übernommen; dies ist allerdings, wie Binder-Degenschild/Schandor ausfüh-ren, in Österreich nicht zielführend, „weil – ausgehend von der Ausgestaltung des Factoringvertrages als Kaufvertrag – die Übernahme des Delcredere-Risikos die vereinbarungsgemäße Beschränkung der Gewährleistung des Klienten ist.“11

Die Ablehnung einer Übernahme der deutschen Begriffe liegt somit ua in den unterschiedlichen Regelungen im Rahmen der Gewährleistung. In Deutschland wurden die Bestimmungen der §§ 437f. BGB mit 1.1.2002 er-satzlos aufgehoben. § 437 BGB (alte Fassung) hielt die Haftungsregelung knapp wie folgt fest: „Der Verkäufer einer Forderung haftet für den rechtlichen Bestand der Forderungen.“ Da diese Regelung nicht mehr existiert, wird nach Binder-Degenschild/Schandor in Deutschland nunmehr empfohlen, die Veritäts- und Bonitätshaftung12 noch umfassender als bisher vertraglich zu

7 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen6,§ 246 Tz. 313.

8 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen6,§  246 Tz. 314.

9 Wird der Garantiefonds in einer Höhe dotiert, dass letztlich doch das gesamte Risiko auf den Factoring-Kunden übergewälzt wird, sei allerdings von einem unechten Factoring auszugehen. Vgl Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unterneh-men6, § 246 Tz. 314.

10 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen6,§ 246 Tz. 315f.

11 Binder-Degenschild/Schandor, Factoring – Praxis und Rechtsnatur in Österreich, Wien 2003, 69.

12 Darunter wird die vertragliche Haftung des Verkäufers für den Bestand und die Wert-haltigkeit der verkauften Forderung verstanden.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 100Hibler_Factoring_Umbruch.indd 100 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 102: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

101 Ap

pe

nd

ix I

regeln.13 Anders als in Deutschland sind in Österreich für das Factoring grundsätzlich die besonderen Gewährleistungsregelungen des § 1397 ABGB14, die den allgemeinen Normen der §§ 922ff. ABGB vorgehen, zu beachten. Demnach haftet im Falle einer entgeltlichen Abtretung der Überträger dem Übernehmer sowohl für die Richtigkeit als auch für die Einbringlichkeit der Forderungen, jedoch nie für mehr, als er von dem Übernehmer erhalten hat. Eine Regelung über die Übernahme des Delcredere-Risikos durch den Factor bedeutet somit eine Einschränkung dieser besonderen Gewährleistungsrege-lung15; die vertragliche Regelung, dass der Factoring-Kunde das Risiko für die Einbringlichkeit der Forderung trägt, hat somit nicht eine Ausweitung der Haftungsregelung zur Folge.

2.3 Verfügungsmacht über einen Vermögensgegenstand

Entscheidend für die Ausbuchung eines Vermögensgegenstandes ist, ob ein Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht stattgefunden hat. Nach Förschle/Kroner besitzt die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Vermö-gensgegenstand idR derjenige, bei dem Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten der Sache liegen.16 Der Begriff „Besitz“ ist i.Z.m. Forderungen, die nicht verbrieft sind, nicht maßgebend. So sind für die Beurteilung insbesondere die Kriterien Verfügungsmacht, Chancen und Risiko zu beachten, wobei sich die Chance einer unverbrieften Forderung aus der Verfügungsbefugnis ergibt.17 Grund-

13 Siehe dazu Binder-Degenschild/Schandor, Factoring – Praxis und Rechtsnatur in Öster-reich, Wien 2003, 95.

14 § 1397 ABGB lautet: „Wer eine Forderung ohne Entgelt abtritt, also verschenkt, haftet nicht weiter für dieselbe. Kommt aber die Abtretung auf eine entgeltliche Art zustande, so haftet der Überträger dem Übernehmer sowohl für die Richtigkeit als auch für die Einbringlichkeit der Forderung, jedoch nie für mehr, als er von dem Übernehmer erhalten hat.“

15 Entsprechend werden auch in den Allgemeinen Factoring-Bedingungen der Factorbank die Regelungen über die Risikoübernahmen unter dem Titel „Beschränkung der Ge-währleistung“ angeführt.

16 Vgl. Förschle/Kroner, in Beck Bil-Komm8, § 246 Rn. 7, ebenso Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen6, § 246 Tz. 262.

17 Siehe auch Dreyer/Schmid/Kronat, Bilanzbefreiende Wirkung von Asset-Backed-Securi-ties-Transaktionen, in BB 2003/2, 93.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 101Hibler_Factoring_Umbruch.indd 101 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 103: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

102Fac

torin

g v

on

A b

is Z

sätzlich sind Forderungen dem zivilrechtlichen Eigentümer18 zuzurechnen;19 er hat das Recht zur wirtschaftlichen Verwertung. Beim Verkauf einer Forde-rung müssen daher die typischen Rechte eines Eigentümers, insbesondere das Recht, die Forderungen an einen Dritten zu veräußern oder zu verpfänden20, auf den Käufer übergehen.

Demgegenüber besteht das Risiko der Forderung im Bonitätsrisiko. Auch wenn das Delcredere-Risiko beim Factoring-Kunden verbleibt, muss fest-gehalten werden, dass es sich dabei nur um ein derivatives Bonitätsrisiko han-delt, das auf den zivilrechtlichen Eigentümer zurückfällt, wenn der Factoring-Kunde selbst ausfällt. Das der Forderung originäre Risiko ist mit dieser untrennbar verbunden und verbleibt beim zivilrechtlichen Eigentümer.

Festgestellt werden kann, ein alleiniges Abstellen auf das Risiko der Forde-rungen ist nicht geeignet, über die Ausbuchung einer Forderung, die im Rah-men eines Kaufvertrages abgetreten wird, zu entscheiden; gestärkt wird dies insbesondere durch die Tatsache, dass es sich hier lediglich um ein derivatives Risiko handelt und das originäre Risiko beim zivilrechtlichen Eigentümer ver-bleibt. Vielmehr scheint es überzeugender zu sein, die Kriterien Chancen und Verfügungsmacht in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen, die sich im Falle von Forderungen im Kriterium der Verfügungsmacht fokussieren.

2.4 Folgen der Insolvenz des Factoring-Kunden und des Factors

Ein Einfluss auf die bilanzielle Zurechnung der Forderung kann auch von der Behandlung des Factoring im Insolvenzfall abgeleitet werden.

Bei Eintritt der Insolvenz des Factoring-Kunden wird im Falle eines Kon-kurses der Factoringvertrag zumeist durch den Masseverwalter beendet. Auch

18 Hinsichtlich der Kriterien für den Übergang des zivilrechtlichem Übergang des Eigen-tums bei Forderungskauf siehe OGH vom 17.2.1994, 2 Ob 504/94 sowie Weiser/Czer-mak, Zur Rechtnatur des Factoring-Geschäftes, in RdW 1985, 130ff.

19 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen6, § 246.20 Vgl. in diesem Zusammenhang auch IDW RS HFA 8, Zweifelsfragen der Bilanzierung

von Asset-Backed-Securities-Gestaltungen und ähnliche Transaktionen, Stand 09.12.2003, Anm. 10.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 102Hibler_Factoring_Umbruch.indd 102 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 104: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

103 Ap

pe

nd

ix I

im Falle eines Ausgleichs kommt die Beendigung des Factoring-Verhältnisses in Betracht. Dem Factor gehören in diesen Fällen alle Forderungen, die ihm der Factoring-Kunde vor Konkurs- bzw. Ausgleichseröffnung verkauft und abgetreten hat. Diese Forderungen gehören nicht zur Konkursmasse und kön-nen gem. § 44 KO ausgesondert werden.21 Eine Unterscheidung in Factoring mit bzw. ohne Delcredere-Risiko wird dabei nicht getroffen.

Demgegenüber fallen in Deutschland vor Eröffnung des Insolvenzverfah-rens vom Factor gekaufte Forderungen nur dann nicht in die Masse, wenn das Delcredere-Risiko übernommen wird. Verbleibt allerdings das Delcredere-Risiko beim Factoring-Kunden – wie oben erwähnt liegt in diesem Falle aus Sicht des deutschen BGH ein Kreditgeschäft vor – habe, wie Binder-Degen-schild/Schandor festhalten, der Factor lediglich ein Recht auf abgesonderte Be-friedigung.22

Der Unterschied zwischen Aussonderung und Absonderung liegt insbe-sondere in der Art der Geltendmachung der Ansprüche aus der Forderung. Im Falle eines Aussonderungsanspruches gehört die in der Konkursmasse befind-liche Sache nicht in das Vermögen des Gemeinschuldners, wogegen bei Vor-liegen eines Absonderungsrechtes lediglich ein Anspruch auf eine abgesonderte Befriedigung aus einem Gegenstand der Konkursmasse besteht.23 Festgehalten werden kann, dass lediglich im Falle eines Aussonderungsanspruches der Drittschuldner eine Zahlung schuldbefreiend an den Factor leisten kann.

2.5 Zwischenergebnis

Für die Beurteilung des Factoring ist entscheidend, ob nach Willen der Ver-tragsparteien durch den Factoringvertrag ein Kaufvertrag oder eine Kreditge-währung vorliegt. Alleine die Übernahme des Ausfallsrisikos wird allerdings

21 Vgl. Binder-Degenschild/Schandor, Factoring – Praxis und Rechtsnatur in Österreich, Wien 2003, 117. Ebenso Schulyok in Konecny/Schubert, KO § 44 Rz. 12f.

22 Vgl. Binder-Degenschild/Schandor, Factoring – Praxis und Rechtsnatur in Österreich, Wien 2003, 130.

23 Siehe dazu Deixler-Hübner/Klicka, Zivilverfahren3, Rn. 643 (zu Aussonderung) und Rn. 649 (zu Absonderung).

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 103Hibler_Factoring_Umbruch.indd 103 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 105: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

104Fac

torin

g v

on

A b

is Z

nicht ausreichend sein, um eine Kategorisierung vorzunehmen, da nach öster-reichischem Recht die Gewährleistung gem. § 1397 ABGB auch auf die Ein-bringlichkeit einer Forderung abzielt. Eine Übernahme des Ausfallsrisikos durch den Factor bedeutet daher eine Einschränkung der Gewährleistungs-bestimmungen.

Als Indiz für den Willen der Vertragsparteien und somit für die Kategori-sierung als Kauf- oder Kreditvertrag sind die inhaltlichen Vereinbarungen des Factoringvertrags zu sehen. Auch wenn es nicht Inhalt des vorliegenden Bei-trags ist, auf die Unterschiede zwischen Kauf- und Kreditvereinbarung einzu-gehen, sollen hier die wesentlichen Kriterien aus den Entscheidungsgründen des OGH kurz angeführt werden:24

1. Entscheidend für die Beurteilung ist eine eindeutige kaufvertragliche Aus-richtung der abgeschlossenen Vereinbarung. Der Wille der Parteien muss ersichtlich sein.

2. Auch wenn die Vereinbarung nicht mit dem Zug-um-Zug-Prinzip der §§ 1052 und 1062 ABGB im Einklang steht, spricht dies nicht dagegen, den Vertrag als Kaufvertrag zu qualifizieren. Das Zug-um-Zug-Prinzip ist nachgiebiges Recht.

3. Gesetzliche Gewährleistungsregeln können einvernehmlich modifiziert werden und eine Verbesserung der Position der Berechtigten ist möglich.

4. Eine Bevorschussung durch den Factor spricht nicht für die Aufnahme eines Darlehens und eine vorgesehene Verzinsung stellt kein Argument für einen Kredit dar, da auch ein zu verzinsender Vorschuss Vorauszahlung auf den Kaufpreis sein kann. Auch das Recht des Factors, Anträge auf Bevor-schussung ohne Angabe von Gründen abzulehnen, weist auf kein Kredit-geschäft hin.

5. Die Frage, wer die Debitorenbuchhaltung führt, ist für die Abgrenzung Kauf versus Kredit nicht von Relevanz.

Der OGH räumt zwar unter Berufung auf Weiser/Czermak25 ein, dass beim Factoring die Verschaffung von Geldmitteln im Vordergrund steht, doch könne

24 Vgl. OGH vom 17.2.1994, 2 Ob 504/94.25 Vgl. Weiser/Czermak, Zur Rechtsnatur des Factoring-Geschäftes, in RdW 1985, 130ff.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 104Hibler_Factoring_Umbruch.indd 104 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 106: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

105 Ap

pe

nd

ix I

dies bei noch nicht fälligen Forderungen sowohl im Wege eines Verkaufs der Forderungen als auch durch einen Kreditvertrag erfolgen.

In Übereinstimmung mit dem OGH ist allerdings festzuhalten: „Auszu-gehen ist davon, dass das Factoring in sehr verschiedenen Erscheinungsformen auf-treten kann ( ), sodass eine verbindliche Aussage für alle als ,Factoring‘ bezeich-neten Rechtsgeschäfte nicht getroffen werden kann.“ 26

Für gewöhnlich werden jedoch, aufgrund der in Österreich üblichen Ver-tragsgestaltungen und dem diesbezüglich übereinstimmenden Parteiwillen Kaufverträge vorliegen.27

3. Darstellung von Factoring im Jahresabschluss

3.1 Darstellung im Jahresabschluss nach UGB

3.1.1 Behandlung in der Literatur

In der herrschenden Literatur28 wird die Abbildung des Factoring-Geschäfts in der Bilanz grundsätzlich abhängig gemacht von der Übernahme des Del-credere-Risikos; entsprechend der deutschen Kategorisierung wird daher zwi-schen „echtem“ und „unechtem Factoring“ unterschieden.

Übernimmt der Factor das Delcredere-Risiko („echtes Factoring“), so wird einheitlich die Auffassung vertreten, dass in diesem Falle der Factoring-Kunde die verkauften Forderungen auszubuchen hat. Sind aus dem Forderungsverkauf noch Beträge offen (d.h. der Factor hat noch nicht den Betrag der übernom-menen Forderungen beglichen), so sind diese Beträge nicht mehr als „Forde-rungen aus Lieferungen und Leistungen“ auszuweisen, sondern es handelt sich um Forderungen gegenüber dem Factor und somit um „Sonstige Forderun-gen“. Beträge, die auf einem sogenannten Sperrkonto29 gebucht sind, stellen

26 OGH vom 17.2.1994, 2 Ob 504/94.27 So auch Avancini/Iro/Koziol in Österreichisches Bankvertragsrecht BD II, 2/12.28 Vgl. etwa Pernsteiner, in Kofler u.a., HBA3, § 224 Abs 2 B II Z 1 Tz 11; Hötzl, in Bertl/

Mandl, Handbuch zum Rechnungslegungsgesetz, Loseblattsammlung, Stand 10. Liefe-rung, Jänner 2004, B.III./3.2.c), 7.

29 Dem Factor dient ein Sperrkonto als Sicherheit, woraus er seine Rückgriffsforderungen

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 105Hibler_Factoring_Umbruch.indd 105 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 107: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

106Fac

torin

g v

on

A b

is Z

ebenfalls Forderungen gegenüber dem Factor dar und sind daher ebenfalls als „Sonstige Forderungen“ auszuweisen. Ein Ausweis unter „Guthaben bei Kredit-instituten“ wird von Teilen der Literatur30 nur dann als möglich gesehen, wenn die Guthaben unmittelbar und uneingeschränkt dem Berechtigten zur Verfügung stehen. Allerdings wird wohl eine Zuordnung von Beträgen zu diesem Posten möglich sein, wenn im Anhang über die Gründe von nicht frei verfügbaren Beträgen berichtet wird.31 Die Factoring-Gebühr sowie die an-fallende Zinsbelastung sind ergebnismindernd in der Gewinn- und Verlust-rechnung zu erfassen.

Verbleibt das Delcredere-Risiko allerdings beim Factoring-Kunden („un-echtes Factoring“), so wird in der deutschen Literatur davon ausgegangen, dass, insbesondere wenn die Abtretung an den Factor nicht offengelegt wird und die Zahlungen tatsächlich beim Factoring-Kunden eingehen, die abgetre-tene Forderung unverändert bis zur Tilgung vom Factoring-Kunden auszu-weisen und gleichzeitig eine Verbindlichkeit (Refinanzierung durch den Fac-tor) auf der Passivseite zu berücksichtigen ist.32 „Diese Behandlung erscheint jedoch bei offener Zession wenig sinnvoll, da die Zahlungen beim Factor und nicht beim Factoring-Kunden eingehen und diesem besonders zur Kenntnis ge-bracht werden müsste, um entsprechende Buchungen zur Verminderung oder zum Ausgleich der Forderungen und der Verbindlichkeit gegenüber dem Factor auszulösen.“33 Deshalb sei in diesen Fällen aus Gründen der Praktikabilität eine Bilanzierung wie im Fall des „echten Factorings“ vorzuziehen und das beim Factoring-Kunden verbleibende Ausfallsrisiko als Haftungsverhältnis aus

befriedigen kann. Übersteigt das Guthaben dieses Kontos die potentiellen Rückgriffs-forderungen, so ist der Factor zur Auszahlung verpflichtet.

30 Vgl. Egger/Samer/Bertl, Der Jahresabschluss nach dem Handelsgesetzbuch, Band 113, 2010, 209.

31 Siehe auch Dübell/Nekvasil, in Kofler u.a., HBA3, § 224 Abs 2 B IV Tz 39ff.32 Vgl. etwa Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen6

§ 246 Tz. 321; WP-Handbuch 1996 Bd I, E Tz. 45. Auf die steuerrechtliche Recht-sprechung in Deutschland wird hier nicht eingegangen, siehe dazu BFH-Urteil vom 26.8.2010 – I R 17/09.

33 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen6,§  246 Tz. 322. Diesen folgend Clemm/Scherer, in Budde u.a., in Beck Bill-Komm.4, § 247 Anm. 113.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 106Hibler_Factoring_Umbruch.indd 106 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 108: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

107 Ap

pe

nd

ix I

Gewährleistungsverträgen unter der Bilanz zu vermerken bzw. bei drohender Inanspruchnahme zu passivieren.34

In der österreichischen Literatur hat man sich weitgehend der hM in Deutschland angeschlossen und spricht sich im Falle des „unechten Facto-rings“ für eine weitere Bilanzierung der Forderung beim Factoring-Kunden aus.35 Im Rahmen der EStR kommt man entgegen der oben zitierten OGH-Entscheidung zum Schluss, dass beim „unechten Factoring“ ein Kredit-geschäft mit Sicherungsübereignung (Zessionskredit) vorläge; „das Risiko der Einbringlichkeit bleibt beim Unternehmer. Die weiterwirkende Verpflichtung des Gläubigers muss jedenfalls in der Bilanz ausgewiesen werden.“36 Anzumerken sei hier bezüglich der letztzitierten Auffassung, dass die EStR keinerlei Wirkung auf die Darstellung im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss haben, son-dern nur für eine allfällig zu erstellende „Steuerbilanz“ – dies wird aber bis dato von keiner gesetzlichen Norm gefordert – Bedeutung haben.

Die Beurteilung des Factoring-Geschäftes in der angeführten Literatur un-terscheidet nicht oder zumindest nicht explizit, ob es sich bei dem Factoring-Vertrag zivilrechtlich um einen Forderungskauf handelt. Allerdings hat dieser Umstand wohl entscheidenden Einfluss auf die Bilanzierung des Sachverhalts. So merkt auch Doralt an, dass die Bilanzierung des Factorings von der Klä-rung der zivilrechtlichen Zuordnung abhängt.37 Aus diesem Grund werden in den folgenden Ausführungen die Voraussetzungen für eine Ausbuchung beim Factoring-Kunden einer näheren Betrachtung unterzogen.

3.1.2 Bonitätsrisiko als Bilanzierungskriterium – Kritische Betrachtung

Wie oben dargestellt, bezieht sich die Literatur iZm unechtem Factoring durchwegs auf das Bonitätsrisiko, das – wie bereits erwähnt – Grund für die

34 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen6, § 246 Tz.  322, so auch Strickmann, in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, Kap. 6, Rz 435.

35 Vgl. etwa Pernsteiner, in Kofler u.a., HBA3, § 224 Abs. 2 B II Z 1, Tz. 11; Hofians, in Straube, UGB II3/RLG, § 224 Tz. 41; Hötzl, in Bertl/Mandl, Handbuch zum RLG, Lose blattsammlung, Stand 10. Lieferung, Jänner 2004, B.III./3.2 c), 7; a.A. allerdings Platzer, Vodrazka, HBA2, § 131A III 8, Tz. 30.

36 EStR, Abschn. 6 Rn. 2336.37 Vgl. Doralt, Factoring – seine Behandlung in der Handels- und Steuerbilanz, in RdW

1984, 320ff. Abschnitt II.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 107Hibler_Factoring_Umbruch.indd 107 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 109: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

108Fac

torin

g v

on

A b

is Z

zivilrechtliche Abgrenzung des BGH38 war, wogegen der OGH eine derartige Abgrenzung nicht vornimmt. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Tra-gung des Bonitätsrisikos über die wirtschaftliche Verfügungsmacht zu stellen ist. Die Verfügungsmacht hat derjenige inne, der insbesondere die Forderun-gen an einen Dritten zu veräußern oder zu verpfänden vermag.

Auch wenn das Delcredere-Risiko beim Factoring-Kunden verbleibt, muss festgehalten werden, dass es sich dabei nur um ein derivates Bonitätsrisiko handelt, das auf den zivilrechtlichten Eigentümer zurückfällt, wenn der Facto-ring-Kunde selbst ausfällt. Das der Forderung originäre Risiko ist mit dieser untrennbar verbunden und verbleibt beim zivilrechtlichen Eigentümer. Dreyer/Schmid/Kronat weisen insbesondere auf die Bilanzierungsfrage in Drei- oder Mehrparteien-Verhältnissen hin, wenn das Bonitätsrisiko entscheidend für die unternehmensrechtliche Zurechnung der Forderung sein soll. So kann ein Gläubiger das zivilrechtliche Eigentum an eine Partei, das Bonitätsrisiko aller-dings auf eine andere Partei übertragen.39 Auch wenn der Gläubiger die For-derung auszubuchen hat, wäre bei Anwendung des Bonitätsrisikos als Zurech-nungskriterium nicht klar, wer denn nun wirtschaftlicher Eigentümer sei und die Forderung zu bilanzieren hätte.

Selbst in HFA 8 hält das IDW fest, dass eine isolierte Übernahme des Bo-nitätsrisikos durch Dritte noch nicht dazu führt, dass der bisherige Eigen-tümer das wirtschaftliche Eigentum an den Forderungen verliert; „… hierzu bedarf es der vollständigen Übertragung des einheitlichen Vermögensgegenstandes Forderung, insbesondere also der Berechtigung, die Forderungen für sich zu verwerten“40. In weiterer Folge führt das IWD aber aus, dass der Verkäufer einer Forderung nicht mit einem Dritten, der lediglich das Bonitätsrisiko trägt, vergleichbar sei, da er sich dieser Bonitätsrisiken und damit des wirt-schaftlichen Eigentums am einheitlichen Vermögensgegenstand Forderung

38 Häuselmann spricht sich gegen eine pauschale Übernahme der zivilrechtlichen Abgren-zung zwischen echtem und unechtem Factoring, wie dies vom BGH vorgenommen wurde, aus. Vgl. Häuselmann, in DStR 1998, 826 ff.

39 Siehe auch Dreyer/Schmid/Kronat, Bilanzbefreiende Wirkung von Asset-Backed-Securi-ties-Transaktionen, in BB 2003/2, 94.

40 IDW RS HFA 8, Zweifelsfragen der Bilanzierung von Asset-Backed-Securites-Gestaltun-gen und ähnliche Transaktionen, Stand 09.12.2003, Anm. 9.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 108Hibler_Factoring_Umbruch.indd 108 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 110: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

109 Ap

pe

nd

ix I

nicht dauerhaft entäußert hat. Zwar räumt das IDW ein, dass eine zivilrecht-lich wirksame Veräußerung der übertragenen Forderungen eine notwendige Bedingung für den Übergang auch des wirtschaftlichen Eigentums ist,41 aller-dings überwiegt in der weiteren Argumentation das Kriterium „Bonitäts-risiko“.

Dieser Schlussfolgerung des IDW kann nicht gefolgt werden.42 Wie auch Dreyer/Schmid/Konrat vertreten, kann nichts anderes gelten, wenn ein Ver-äußerer nach einer zivilrechtlich wirksamen Veräußerung durch ein weiteres Rechtsgeschäft Bonitätsrisiken teilweise wieder zurücknimmt. „Behält er nur das Bonitätsrisiko zurück, verliert er sowohl die zivilrechtliche Berechtigung als auch das wirtschaftliche Eigentum an der Forderung und geht stattdessen ein Risi-kogeschäft ein.“43 Die Beurteilung, ob das wirtschaftliche Eigentum – ange-merkt sei hier, dass es sich hier um einen Begriff handelt, der im Unterneh-mensrecht nicht definiert wird – auf den Erwerber übergegangen sei, beinahe ausschließlich auf das Kriterium „Tragung des Bonitätsrisikos“ zu begründen, ist meiner Ansicht nach abzulehnen.

Selbstverständlich muss das Bonitätsrisiko in die Beurteilung eines Facto-ring-Vertrags einbezogen werden, allerdings als eines von mehreren Kriterien.

3.1.3 Conclusio

Das Abstellen auf das Bonitätsrisiko für die Entscheidung, wem die wirt-schaftliche Verfügungsmacht zuzurechnen ist, stellt kein geeignetes Mittel für eine befriedigende Lösung der Frage dar, ob eine Ausbuchung von im Rah-men einer Factoring-Vereinbarung abgetretenen Forderungen erfolgen kann bzw. muss. So entstünden bei konsequenter Anwendung dieser Argumenta-tion insbesondere bei Übertragung des Bonitätsrisikos von Forderungen an Dritte Probleme bezüglich der Bilanzierung; es scheint aber ohne Zweifel, dass durch Absicherung lediglich des Bonitätsrisikos bei einem Dritten keine Än-

41 Vgl. IDW RS HFA 8, Zweifelsfragen der Bilanzierung von asset backed securites-Gestal-tungen und ähnliche Transaktionen, Stand 09.12.2003, Anm. 10.

42 Siehe zur Heranziehung des Bonitätsrisikos als Kriterium auch die Kritik bei Schmid, Das wirtschaftliche Eigentum an Forderungen, in DStR 2010, 146f.

43 Dreyer/Schmid/Kronat, Bilanzbefreiende Wirkung von Asset-Backed-Securities-Trans-aktionen, in BB 2003/2, 95.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 109Hibler_Factoring_Umbruch.indd 109 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 111: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

110Fac

torin

g v

on

A b

is Z

derung des Bilanzierungssachverhalts von Forderungen eintritt, wenn der zivilrechtliche Eigentümer weiterhin die Verfügungsbefugnis innehat. Ob die Forderung originär bei einem Unternehmen entstanden ist, kann im Gegen-satz zu der Darstellung des IDW nicht als geeignetes Kriterium für eine unter-schiedliche Zurechnung von Forderungen angesehen werden.

Dem Kriterium Verfügungsbefugnis des Eigentümers, das im Falle von Forderungen auch das Kriterium der Chance beinhaltet, ist bei der Frage der Ausbuchung von verkauften Forderungen gegenüber dem Bonitätsrisiko da-her der Vorzug zu geben. Die Verfügungsbefugnis umfasst insbesondere die Veräußerung und Verpfändung der Forderungen an einen Dritten; d. h. die typischen Rechte eines Eigentümers müssen auf den Erwerber übergegangen sein. Die Verfügungsbefugnis muss dauerhaft auf den Factor übergehen, dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn sich der Factor verpflichtet, die Forderun-gen an den Factoring-Kunden rückzuübertragen.

Ferner ist in Übereinstimmung mit Doralt darauf Bedacht zu nehmen, wie die zivilrechtliche Beurteilung der Factoring-Vereinbarung zu beurteilen ist. Insbesondere in jenen Fällen, in denen die wirtschaftliche Zurechnung nicht eindeutig beurteilt werden kann, muss der zivilrechtlichen Zurechnung stär-kere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Bestärkt wird dies durch die Folgen im Falle der Insolvenz des Factoring-Kunden, da bei zivilrechtlicher Beurtei-lung als Kaufvertrag der Factor einen Aussonderungsanspruch innehat. Hier sei noch einmal auf die Unterschiede der zivilrechtlichen Beurteilung des Fac-toring ohne Übernahme des Delcredere-Risikos durch den Factor in Öster-reich und in Deutschland verwiesen.

Dies hat zur Folge, dass bei Vorliegen eines Kaufvertrages, durch den das zivilrechtliche Eigentum und auch die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis auf den Factor übergeht, der Factoring-Kunde die Forderung auszubuchen hat. Für eine Übernahme des Bonitätsrisikos ist in geeigneter Form durch Einstellung eines Passivpostens (z. B. Rückstellung) Rechnung zu tragen. Da-bei ist entsprechend den kodifizierten GoBs insbesondere auf den Grundsatz der Vorsicht Bedacht zu nehmen. Die übernommene Haftung durch den Ge-schäftspartner des Factors (Verkäufer der Forderung) ist jedenfalls gemäß § 199 UGB unter der Bilanz auszuweisen und gemäß § 237 Z 3 UGB im Anhang aufzugliedern und zu erläutern.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 110Hibler_Factoring_Umbruch.indd 110 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 112: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

111 Ap

pe

nd

ix I

4. Darstellung im Abschluss nach IAS 39

4.1 Einführung

Da dem IAS 39 (rev. 2000) betreffend der Regelungen zur Ausbuchung (de-recognition) von finanziellen Vermögenswerten kein einheitliches Konzept44 zugrunde lag und somit ein kasuistischer Ansatz verfolgt wurde, sah das IASB die Notwendigkeit zur Überarbeitung, dem die Veröffentlichung des über-arbeiteten Standards im Dezember 2003 folgte. Der neue IAS 39 war auf alle IFRS-Abschlüsse anzuwenden, deren Geschäftsjahr am oder nach dem 1. Jän-ner 2005 beginnt. In den weiteren Ausführungen wird nicht auf die Über-legungen, die im Zuge des IFRS 9 angestellt werden, eingegangen, da einer-seits das Projekt IFRS 9 noch nicht abgeschlossen ist und eine Übernahme durch die EU abzuwarten bleibt.

4.2 Konzeptionelle Grundlagen

4.2.1 Allgemeine Darstellung

Im Rahmen des Abgangs von finanziellen Vermögenswerten ist zwischen Prin-zipien zur Ausbuchung einerseits und zum Umfang der Ausbuchung anderer-seits zu differenzieren.

Zur Feststellung, ob ein finanzieller Vermögenswert auszubuchen ist, kön-nen drei Konzepte herangezogen werden. Das Control-Konzept stellt auf das Kriterium der Verfügungsmacht ab45, demgemäß diese dann als übergangen zu sehen ist, wenn die Möglichkeit tatsächlich besteht, den finanziellen Ver-mögenswert ohne Zustimmung des veräußernden Unternehmens an einen Dritten zu veräußern oder zu verpfänden.46 Im Gegensatz dazu baut das Risk-

44 So vereinte dieser in sich Komponenten des Component- und Control-Konzeptes sowie des Risk-and-Reward-Konzeptes, wenngleich das Kontrollkonzept Vorrang besaß. Vgl. Kropp/Klotzbach, in Wpg 2002, 1014; Beine/Meyer, Wiley Kommentar zur internationa-len Rechnungslegung nach IFRS 2006, Weinheim 2006, Abschnitt 5 Tz 103.

45 Vgl. Kropp/Klotzbach, in Wpg 2002, 1014.46 Vgl. IAS 39.23.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 111Hibler_Factoring_Umbruch.indd 111 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 113: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

112Fac

torin

g v

on

A b

is Z

and-Reward-Konzept auf der Übertragung der wesentlichen Chancen und Ri-siken, die aus dem finanziellen Vermögenswert resultieren, auf, wobei unter dem Begriff der risks and rewards nur jene zu subsumieren sind, die eine Varia-bilität der Cashflows aus dem Vermögenswert nach sich ziehen.47 Das dritte Konzept stellt das Continuing-Involvement-Konzept dar, wobei eine Aus-buchung nur dann gerechtfertigt ist, wenn das übertragende Unternehmen keinerlei Mitwirkungsrechte oder -verpflichtungen mehr hat.48

Die zentrale Frage in Zusammenhang mit dem Umfang der Ausbuchung ist, ob ein finanzieller Vermögenswert im Zeitpunkt der Erfüllung der Aus-buchungskriterien vollständig oder nur teilweise aus der Bilanz auszuscheiden ist. Während der All-or-nothing Approach einen vollständigen Abgang vor-sieht, zielt der Component Approach auf eine teilweise Ausbuchung ab, wenn ein Teil der vertraglichen Cashflows beim übertragenden Unternehmen ver-bleibt.49

4.2.2 Konzeptionelle Grundlagen des IAS 39

Ob ein finanzieller Vermögenswert auszubuchen ist, ist anhand der Regelun-gen des IAS 39.15 bis IAS 39.37 zu beurteilen, wobei zwei Tatbestände unter-schieden werden können. Gemäß IAS 39.17 ist der bilanzielle Abgang eines finanziellen Vermögenswertes nur dann legitim, wenn (a) die vertraglichen Rechte auf die Cashflows aus dem financial asset erlöschen50 oder (b) ein Transfer des finanziellen Vermögenswertes an ein anderes Unternehmen er-folgte. Bereitet das Erlöschen des finanziellen Vermögenswertes i.d.R. durch Prüfung der Vertragsgrundlagen kaum Probleme, gestaltet sich die Frage nach dem Transfer (bzw. der Übertragung) komplexer.51

47 Diese sind z.B. das Ausfallrisiko, das Fremdwährungsrisiko oder das Zinsänderungs-risiko. Vgl. IDW RS HFA 9, Entwurf einer Fortsetzung der IDW-Stellungnahme zur Rechnungslegung: Einzelfragen zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach IFRS: Abgang von finanziellen Vermögenswerten nach IAS 39, Stand 10.07.2006, in FN-IDW 2006, 519.

48 Vgl. Kropp/Klotzbach, in Wpg 2002, 1014.49 Vgl. Kropp/Klotzbach, in Wpg 2002, 1014.50 Dies kann sein durch Zahlung, Verzicht, Verjährung oder Umschuldung. Vgl. Oertzen,

Beck’scher IFRS Kommentar, München 2009, § 10 Tz 54.51 Vgl. Oertzen, Beck’scher IFRS Kommentar, München 2009, § 10 Tz 55.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 112Hibler_Factoring_Umbruch.indd 112 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 114: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

113 Ap

pe

nd

ix I

In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob eine Übertragung (transfer) im Sinne des IAS 39.18 stattgefunden hat, denn nur wenn entweder die vertrag-lichen Rechte auf die Cashflows transferiert wurden oder wenn die vertrag-lichen Rechte beim übertragenden Unternehmen verbleiben und eine sog. Durchleitungsvereinbarung52 (pass-through arrangement) getroffen wird, liegt ein die Ausbuchung qualifizierender Transfer vor. Sodann ist zu überprüfen, in welchem Ausmaß die Chancen und Risiken, die aus dem Eigentum des finan ziellen Vermögenswertes erwachsen, übertragen oder behalten werden. Zur Beurteilung des Übergangs oder Nichtübergangs der Chancen und Risi-ken53 soll gem. IAS 39.21 auf die Risikoposition des übertragenden Unterneh-mens vor und nach der Übertragung hinsichtlich der Veränderungen und dem Eintrittszeitpunkt der Nettocashflows der übertragenen Vermögenswerte abgestellt werden. Stellt man nach Überprüfung dieses Kriteriums fest, dass eine signifikante54 Änderung der Risikoposition vorliegt und somit überwie-gend alle wesentlichen (substantially all) Chancen und Risiken auf das andere Unternehmen übertragen wurden, ist der finanzielle Vermögenswert auszu-buchen und aus der Übertragung resultierende bzw. zurückbehaltene Rechte oder Verpflichtungen als separater Vermögenswert oder Verbindlichkeit bilan-ziell zu erfassen.55 Dementsprechend ist bei einer nicht signifikanten Än-derung der finanzielle Vermögenswert in der Bilanz zu belassen und die Zahlungs mittelzuflüsse sind beim übertragenden Unternehmen brutto als Verbindlichkeit auszuweisen.

Tritt jedoch der Fall des IAS 39.20 (c) ein, dass die wesentlichen Chancen und Risiken weder übertragen noch zurückbehalten werden, ist für die ab-schließende Beurteilung der Ausbuchung auf die Verfügungsmacht (control) abzustellen. Ist die Verfügungsmacht übergegangen, ist der finanzielle Vermö-

52 An derartige Vereinbarungen stellt IAS 39.18 (b) i.V.m. IAS 39.19 besondere Anforde-rungen.

53 IAS 39 macht jedoch keine expliziten Angaben zu den bei der Beurteilung des Risiko-übergangs zu verwendenden Modellen und Risikomaßen.

54 Eine signifikante Änderung liegt gem. IAS 39.AG62 vor, wenn die Abweichung mind. 10% beträgt.

55 So ist bspw. ein aus der Übernahme des Inkassoservices resultierendes servicing asset bzw. eine servicing liability zu erfassen.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 113Hibler_Factoring_Umbruch.indd 113 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 115: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

114Fac

torin

g v

on

A b

is Z

genswert aus der Bilanz auszuscheiden, ansonsten ist nur ein Teilabgang unter Berücksichtigung der beim übertragenden Unternehmen verbleibenden Risi-ken (continuing involvement) zu erfassen. In letzterem Fall ist analog eine Ver-bindlichkeit in Höhe des continuing involvement zu passivieren.56

Hinweise auf die Höhe des coninuing involvement für den übertragenen Ver-mögenswert finden sich in IAS 39.30. Demnach ergibt sich der Betrag im Falle einer Garantie des übertragenen Vermögenswertes aus dem niedrigeren Betrag des Vermögenswertes und dem Höchstbetrag der erhaltenen Gegenleistung, den das Unternehmen eventuell zurückzahlen müsste (d. h. der garantierte Betrag).57 Wenn das continuing involvement des Unternehmens der Form nach eine ge-schriebene Option oder eine erworbene Option (oder beides) auf den übertra-genen Vermögenswert ist, so ist nach IAS 39.30 (b) der Umfang des anhalten-den Engagements des Unternehmens der Betrag des übertragenen Vermögenswertes, den das Unternehmen zurückkaufen kann. Im Fall einer ge-schriebenen Verkaufsoption auf einen Vermögenswert, der zum beizulegenden Zeitwert bewertet wird, ist der Umfang des anhaltenden Engagements des Un-ternehmens allerdings auf den niedrigeren Betrag aus beizulegendem Zeitwert des übertragenen Vermögenswertes und Ausübungspreis der Option begrenzt.58

Die Bewertungsregeln für die mit dem Vermögenswert verbundene Ver-bindlichkeit sind in IAS 39.31 enthalten. Die Verbindlichkeit entspricht ent-weder den fortgeführten Anschaffungskosten der von dem Unternehmen be-haltenen Rechte und Verpflichtungen, falls der übertragene Vermögenswert zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet wird, oder ist gleich dem beizu-legenden Zeitwert der von dem Unternehmen behaltenen Rechte und Ver-pflichtungen, wenn diese eigenständig bewertet würden, falls der übertragene Vermögenswert zum beizulegenden Zeitwert bewertet wird.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nach dem gültigen IAS 39 primär das Risiko sowie das Verhältnis über die fortgeführte Risikobeteiligung zur Klassifizierung heranzuziehen und nachrangig die Zuordnung der Verfügungs-macht über den finanziellen Vermögenswert zu prüfen ist.

56 Vgl. IAS 39.31.57 Vgl. IAS 39.30 (a).58 Zu weiterführenden Beispiele siehe IAS 39.AG48.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 114Hibler_Factoring_Umbruch.indd 114 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 116: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

115 Ap

pe

nd

ix I

Zur übersichtlichen Visualisierung der obigen Ausführungen wird in fol-gender Abbildung der Entscheidungsbaum zur Ausbuchung von finanziellen Vermögenswerten dargestellt und den ihm immanenten konzeptionellen Grundlagen gegenübergestellt.59

59 Das Flussdiagramm (Abbildung 1) wurde leicht adaptiert aus dem Entwurf zur Stellung-nahme des IDW übernommen.

Abbildung 1: Entscheidungsbaum zur Ausbuchung von finanziellen Vermögenswerten. (In Anlehnung an: IDW RS HFA 9, in FN-IDW 2006, S. 517 i.V.m. IAS 39.AG36.)

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 115Hibler_Factoring_Umbruch.indd 115 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 117: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

116Fac

torin

g v

on

A b

is Z

4.3 Behandlung des Factoring nach IAS 39

Unabhängig vom nationalen Schuldrecht ist es unabdingbare Voraussetzung zur Übertragung der Forderungsrechte im Sinne des IAS 39.18 (a), dass auch im Insolvenzfall des veräußernden Unternehmens der rechtliche Bestand des Übergangs der Verfügungsmacht gewährleistet bleibt. Auf Grund der öster-reichischen Rechtsprechung garantiert eine Factoringvereinbarung ein Aus-sonderungsrecht im Insolvenzfall, wodurch die rechtlich erfolgte Übertragung nicht tangiert wird.60 Wenngleich die Übernahme des Inkassos durch das ver-äußernde Unternehmen nicht im Widerspruch zur Übertragung der Forde-rungsrechte steht, müssen die Rechtsansprüche unwiderruflich und unbedingt dem Factor übertragen worden sein. Bei einer stillen Zession liegt nur dann eine Übertragung im Sinne des IAS 39.18 (a) vor, wenn diese durch den Er-werber in eine offene Zession gewandelt werden kann. Ist ein Wandlungsrecht nicht möglich, ist das Erfordernis der Übertragung nicht erfüllt. In diesem Fall ist sodann zu prüfen, ob eine Durchleitungsvereinbarung in Übereinstim-mung mit IAS 39.18 (b) i.V.m. IAS 39.19 gegeben ist.61 Gemäß den Bestim-mungen des IAS 39.19 müssen drei Kriterien kumulativ erfüllt sein, um eine einen Transfer qualifizierende Durchleitungsvereinbarung darzustellen:

a) Es besteht keine Verpflichtung für das veräußernde Unternehmen, Zah-lungen zu leisten, sofern nicht entsprechende Cashflows aus dem ur-sprünglichen Vermögenswert eingenommen werden. Vorauszahlungen, die einen Rückerstattungsanspruch an den geliehenen Beträgen inklusive auf-gelaufener Zinsen zum Marktzinssatz begründen, stehen dieser Bedingung nicht entgegen.

b) Gemäß vertraglicher Vereinbarung ist es dem veräußernden Unternehmen untersagt, den ursprünglichen Vermögenswert zu veräußern oder zu ver-wenden, außer er wird als Sicherheit gegenüber den eventuellen Empfän-gern der zu leistenden Zahlungen herangezogen.

60 Auch wenn im deutschen Recht in Abhängigkeit der Übernahme des Delcredere-Risikos ein Aussonderungs- oder Absonderungsrecht besteht, bleibt auch dort die Übertragung der Rechte an den Cashflows bestehen. Vgl. IDW RS HFA 9, in FN-IDW 2006, 516 f.

61 Vgl. IDW RS HFA 9, in FN-IDW 2006, 517.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 116Hibler_Factoring_Umbruch.indd 116 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 118: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

117 Ap

pe

nd

ix I

c) Es besteht die Verpflichtung, dass alle Cashflows, die das veräußernde Un-ternehmen für die eventuellen Empfänger vereinnahmt, ohne wesentliche Verzögerung weiterzuleiten sind. Darüber hinaus ist eine Reinvestition er-haltener Beträge bis zum geforderten Überweisungstermin an die even-tuellen Empfänger mit Ausnahme in Zahlungsmittel oder Zahlungsmittel-äquivalente untersagt.

4.3.1 Factoring mit Übernahme des Delcredere-Risikos

Wie bereits in den vorigen Ausführungen dargestellt, geht bei dem Factoring mit Übernahme des Delcredere-Risikos sowohl der rechtliche Zahlungs-anspruch als auch das vollständige Ausfallrisiko der Forderungen auf den Fac-tor über. Da im Falle des echten Factorings alle wesentlichen Chancen und Risiken im Sinne des IAS 39.20 (a) übertragen werden, ist die Forderung ent-sprechend auszubuchen und die zurückbehaltenen Rechte und Pflichten wie oben bereits erläutert als Vermögenswert und Schuld zu erfassen.62

4.3.2 Factoring ohne Übernahme des Delcredere-Risikos

Im Gegensatz zum Factoring mit Übernahme des Delcredere-Risikos wird im Falle des Factoring ohne Übernahme dessen zwar der rechtliche Anspruch an den Zahlungsströmen vom Factor erworben, das Ausfallrisiko verbleibt jedoch je nach vertraglicher Vereinbarung voll oder nur teilweise beim veräußernden Unternehmen.63

Übernimmt der Verkäufer so gut wie alle Ausfallrisiken, ist eine Aus-buchung der Forderung nicht zulässig, da gem. IAS 39.AG 40 (e) im Fall der Veräußerung einer kurzfristigen Forderung mit Regressanspruch die wesent-lichen Chancen und Risiken als nicht übertragen gelten und somit das Erfor-dernis des IAS 39.20 (a) nicht erfüllt wurde. Ein gegebenenfalls erhaltener Kaufpreis ist als Verbindlichkeit zu passivieren. Es sei hier noch einmal darauf hingewiesen, dass sich der Ausdruck „so gut wie alle Ausfallrisiken“ auf die Risikoposition des Verkäufers vor und nach Abschluss der Vereinbarung mit

62 Vgl. Scheinpflug, Beck’scher IFRS Kommentar, München 2006, § 10 Tz. 48; Beine/ Meyer, Wiley Kommentar zur internationalen Rechnungslegung nach IFRS 2006, Wein-heim 2006, Abschnitt 5 Tz. 43.

63 Vgl. Scheinpflug, Beck’scher IFRS Kommentar, München 2006, § 10 Tz. 49f.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 117Hibler_Factoring_Umbruch.indd 117 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 119: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

118Fac

torin

g v

on

A b

is Z

dem Factor abzustellen ist. Liegt ein Factoring ohne Übernahme des Del-credere-Risikos vor, ist jedoch der Ausfall der Forderung unwahrscheinlich, so ist bei Betrachtung des Wortlautes in IAS 39.AG40 (e) ein Übergang der we-sentlichen Risiken und Chancen zu unterstellen und die Forderung analog zu den Bestimmungen des IAS 39.20 (a) auszubuchen.64

Ist von einer Teilung der wesentlichen Risiken zwischen Factor und ver-äußerndem Unternehmen auszugehen, ist zu beurteilen, ob diese auf einen der beiden Vertragspartner übertragen wurden. Kann dies nicht abschließend beurteilt werden, ist darauf abzustellen, ob die Verfügungsmacht iSd IAS 39.20 (c)65 übergegangen ist. Wenn das veräußernde Unternehmen nach die-sen Kriterien weiterhin die Verfügungsmacht innehat, muss die Forderung entsprechend dem Ausmaß seines continuing involvement in der Bilanz weiter-geführt werden.66 Unter der Annahme, dass die Verfügungsmacht beim ver-äußernden Unternehmen verblieben ist und dieses wiederum durch Abschluss einer Ausfallsversicherung das dem continuing involvement entsprechende Ri-siko rückversichert hat, muss dennoch die Forderung weiterhin entsprechend dem continuing involvement bilanziert werden. Dies ist damit zu begründen, dass eine schuldrechtliche Absicherung seitens des veräußernden Unterneh-mens nichts daran ändert, dass es selber das originäre Bonitätsrisiko aus dem übernommenen Ausfallrisiko trägt.67

Sollte eine Wert- oder Ausfallsgarantie vereinbart sein, so ergibt sich nach IAS 39.30 (a) der zu bilanzierende Teilwert aus der zu leistenden Garantie-summe. Darüber hinaus ist zugleich eine korrespondierende Verbindlichkeit gem. IAS 39.31 einzubuchen, die so zu bemessen ist, dass der Differenzbetrag aus Aktiv- und Passivposten den beim veräußernden Unternehmen verblei-benden Ansprüchen und Verpflichtungen entspricht.

64 Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des IAS 39.AG 40 (e), wo ein Übergang der wesent-lichen Chancen und Risiken nur dann nicht gewährleistet ist, wenn „…credit losses are likely to occur.“

65 Unter dem Übergang der control ist wie bereits ausführlich erläutert die tatsächliche Möglichkeit zu verstehen, die Forderung ohne Zustimmung an Dritte veräußern oder verpfänden zu können.

66 Vgl. IAS 39.30.67 Dies leitet sich aus der Abstrahierung des Arguments bezüglich der Sinnhaftigkeit des

Abstellens auf das Bonitätsrisiko ab. Vgl. dazu Dreyer/Schmid/Kronat, in BB 2003, 94.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 118Hibler_Factoring_Umbruch.indd 118 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 120: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

119 Ap

pe

nd

ix I

Im Gegensatz dazu ist bei Übergang der Verfügungsmacht auf den Factor die Forderung vollständig beim veräußernden Unternehmen auszubuchen, wobei gegebenenfalls zurückbehaltene oder neu entstandene Rechte bzw. Pflichten und eventuelle Zahlungseingänge entsprechend bilanziell zu erfassen sind.

5. Zusammenfassung

Bezüglich der Frage der Bilanzierung von Factoring bestehen in den bestehen-den UGB-Vorschriften keine spezifischen Regelungen. Die Anlehnung der österreichischen unternehmensrechtlichen Literatur an die deutschen Kom-mentarmeinungen kann aber nicht ohne Vorbehalt erfolgen, da damit die Spezifika der nationalen zivilrechtlichen Konsequenzen der Factoringverein-barungen sowie der nationalen Rechtsprechung nicht berücksichtigt werden.

Zivilrechtlich wird Factoring in Österreich als Forderungsverkauf beurteilt, bei dem die Verfügungsmacht auf den Factor übergeht. Damit gehören alle Forderungen dem Factor, die ihm der Factoring-Kunde vor einer Konkurs- bzw. Ausgleichseröffnung verkauft hat. Diese Forderungen gehören nicht zur Konkursmasse und dem Factor steht gem. § 44 KO ein Aussonderungsrecht zu. Dies gilt sowohl im Falle eines Factoring mit Übernahme des Delcredere-Risikos als auch bei Factoring ohne Übernahme des Delcredere-Risikos. Dem-gegenüber fallen in Deutschland vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Factor erworbene Forderungen nur dann nicht in die Masse, wenn das Del-credere-Risiko auf den Factor übergeht.

Aufgrund einer entsprechenden Würdigung der zivilrechtlichen Aspekte ist für die Rechnungslegung nach UGB festzuhalten, dass bei Vorliegen eines Kaufvertrages, durch den das zivilrechtliche Eigentum und auch die uneinge-schränkte Verfügungsmacht auf den Factor übergeht, der Factoring-Kunde die Forderung auszubuchen hat. Für eine Übernahme der Bonitätsrisikos ist in geeigneter Form durch Einstellung eines Passivpostens – unter Beachtung des Vorsichtsgrundsatzes – Rechnung zu tragen. Die übernommene Haftung durch den Factoring-Kunden ist gemäß § 199 UGB unter der Bilanz aus-zuweisen und im Anhang aufzugliedern und zu erläutern.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 119Hibler_Factoring_Umbruch.indd 119 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 121: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

120Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Im Rahmen der International Financial Reporting Standards wird die Frage der Ausbuchung von Forderungen in IAS 39 behandelt. Mit der neuerlichen Überarbeitung von IAS 39 im Jahr 2003 hat der IASB einen Wechsel in der Betrachtung der Ausbuchungssachverhalte vorgenommen; damit wurde das Konzept der Chancen- und Risikotragung in den Vordergrund gestellt und detailliertere Ausbuchungskriterien wurden festgelegt. Dies hat zur Folge, dass bei Anwendung von IAS 39 eine Ausbuchung einer übertragenen Forderung nur dann vorgenommen werden kann, wenn alle substanziellen Chancen und Risiken vom Factor im Rahmen des Forderungskaufes übernommen werden. Nur wenn die substanziellen Chancen und Risiken im Wesentlichen weder übertragen noch beibehalten werden, tritt als Entscheidungsparameter die Frage der Verfügungsmacht in Erscheinung.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 120Hibler_Factoring_Umbruch.indd 120 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 122: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

121 Ap

pe

nd

ix II

Appendix II

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 121Hibler_Factoring_Umbruch.indd 121 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 123: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

122Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Zwei Fragen zur Anfechtung beim Factoring

Univ.-Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud / Univ.-Ass. Dr. Gabriel Kogler, Univer-sität Wien, Institut für Zivilrecht

I. Problemstellung

Wird über das Vermögen des Factorkunden das Insolvenzverfahren eröffnet, ist die Factorbank verschiedenen Anfechtungsrisiken ausgesetzt. Hierzu ge-hören natürlich primär die Anfechtung des Factoringvertrages als „nachteiliges Rechtsgeschäft“ nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO und die Anfechtung der aufgrund des Factoringvertrages, idR mit diesem gleichzeitig vorgenommenen Globalzession als Deckungshandlung nach § 30 Abs 1 und § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 1. Fall IO, sofern die jeweiligen Tatbestands-voraussetzungen erfüllt sind1.

Liegen der Factoringvertrag und die Globalzession außerhalb der kri-tischen Frist, rücken zwei andere Anfechtungsrisiken ins Zentrum des Inte-resses. Zum einen ist fraglich, ob auch die aufgrund der Globalzession vor-genommenen Einzelzessionen, zum anderen, ob die Unterlassung der Kündigung des Factoringvertrages als nachteilige Rechtsgeschäfte iSd § 31 IO angefochten werden können. Beide Fragen wurden in der jüngeren Literatur2 und Judikatur3 aufgeworfen, ihre Bejahung hätte für die Factorbank weit-reichende (nachteilige) Folgen:

1 Siehe dazu Zöchling-Jud/Kogler, ÖBA 2012, 434 ff.2 Vgl König, Anfechtung4, 148 f, Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze2006 § 31

KO Rz 21; Riss, ÖBA 2006, 429 f, 432 ff; Wittmann, Factoring 153 f, 162 ff. Vgl auch Koziol, JBl 1991, 510; dens in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz 1/247 f; Bollenberger, ÖBA 2000, 16.

3 OGH 2 Ob 2147/96s = ÖBA 1999/792 = RdW 1998, 744 = ZIK 1998, 166 = ecolex 1999/71; OGH 6 Ob 110/00w = SZ 73/182 = ÖBA 2002/1016 = ZIK 2001/269 = RdW 2001/321 (dazu Schummer, ÖBA 2002, 173; Widhalm, ecolex 2001, 369); 9 Ob 24/04a = ÖBA 2005/1301 = ZIK 2005/150 (dazu Bollenberger, ÖBA 2005, 683).

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 122Hibler_Factoring_Umbruch.indd 122 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 124: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

123 Ap

pe

nd

ix II

Nimmt man nämlich die Anfechtbarkeit der innerhalb der kritischen Frist erfolgten Einzelzessionen an, ist der Erwerb der betroffenen Forderungen durch den Factor den Insolvenzgläubigern gegenüber unwirksam und die ein-getretene Vermögensverschiebung an die Masse zurückzustellen4. Insofern ist die Forderung quasi nicht auf den Factor übergegangen und befindet sich im Vermögen des Schuldners, auch wenn der Factor dafür einen Vorschuss geleis-tet hat. Diesen kann er zwar zurückverlangen, doch dabei handelt es sich idR um eine Insolvenzforderung, sodass diese nur der allgemeinen quotenmäßigen Befriedigung unterliegt5. Ähnlich verhält es sich, wenn die Unterlassung der Kündigung des Factoringvertrages anfechtbar wäre. Dadurch würde nämlich der Titel für die Einzelzessionen ab Wirksamkeit der Kündigung beseitigt und damit deren Erwerb rechtsgrundlos6. Hinsichtlich der Rückforderung der ge-leisteten Vorschüsse käme für den Factor wiederum nur eine quotenmäßige Befriedigung in Betracht.

II. Anfechtbarkeit der Einzelzessionen

1. Entscheidung OGH 2 Ob 2147/96s

In einer Entscheidung zum in Österreich üblichen recourse factoring mit Vor-finanzierung geht der OGH offenbar von einer Anfechtung der Einzelzessio-nen als nachteilige Rechtsgeschäfte iSd § 31 IO aus. Er hat nämlich aus-gesprochen, dass es für die Anfechtung der Einzelzessionen als nachteilige Rechtsgeschäfte iSd § 31 IO ohne Bedeutung sei, ob der Factoringvertrag als Kredit- oder Kaufvertrag qualifiziert wird; läge ein Kaufvertrag vor, wären eben die „vorgenommenen ‚Forderungskäufe‘“ als nachteilige Rechtsgeschäfte anfechtbar7.

4 Vgl Iro in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz 2/137, 2/145; Riss, ÖBA 2006, 429.

5 Siehe dazu im Detail König, Anfechtung4, 344 ff.6 Vgl Riss, ÖBA 2006, 438 ff.7 OGH 2 Ob 2147/96s = ÖBA 1999/792 = RdW 1998, 744 = ZIK 1998, 166 = ecolex

1999/71. Diese Ansicht wurde von König, Anfechtung4, 248 und Wittmann, Factoring

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 123Hibler_Factoring_Umbruch.indd 123 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 125: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

124Fac

torin

g v

on

A b

is Z

2. Stellungnahme

Keine Anfechtbarkeit von Verfügungsgeschäften

Unter den „nachteiligen Rechtsgeschäften“ iSd § 31 IO werden zweiseitige Rechtsgeschäfte verstanden, also Verträge oder solche Rechtsgeschäfte, die eine Bindung des Schuldners gleich einer vertraglichen Vereinbarung bewirken8. Seit jeher ist umstritten, ob unter den Begriff „Rechtsgeschäft“ nur Verpflichtungs-geschäfte fallen oder auch Verfügungsgeschäfte9. Nach richtiger Ansicht können aber aufgrund des Wortlauts des § 31 IO und aufgrund systematischer Über-legungen nur Verpflichtungsgeschäfte „nachteilig“ iSd § 31 IO sein:

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass in § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO von „eingegangenen Rechtsgeschäften“ die Rede ist. Da aber durch Verfügungsgeschäfte keine Rechtsgeschäfte eingegangen werden, sondern der Schuldner die von ihm bereits eingegangenen Verpflichtungs-geschäfte erfüllt10, spricht dies klar für die Nichtanfechtbarkeit von Ver-

124 ff übernommen. König ist allerdings generell ein Vertreter der Anfechtbarkeit auch von Verfügungsgeschäften, sodass die Annahme der Anfechtbarkeit der Einzelzessionen („Forderungskäufe“) für ihn logische und zugleich notwendige Konsequenz ist. Siehe dazu auch Riss, ÖBA 2006, 429.

8 Vgl Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze2006 § 31 KO Rz 20; Koziol/Bollen-berger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht4 § 31 KO Rz 17; Widhalm, Konto-korrentkredit 44 jeweils mwN.

9 Gegen eine Anfechtbarkeit von Verfügungsgeschäften Hoyer, ÖJZ 1982, 383; Koziol, JBl 1982, 67; ders, Gläubigeranfechtung 92; Czermak, NZ 1984, 211 f; Lenneis, AnwBl 1986, 18; Fischer-Czermak, ecolex 1995, 92; Iro in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertrags-recht II Rz 2/138; Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht4 § 31 KO Rz 19; Schummer, ÖBA 2002, 178; Riss, ÖBA 2006, 430; Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze2006 § 31 KO Rz 23 (dieser geht aber trotzdem von der An-fechtbarkeit der Einzelzessionen als nachteilige Rechtsgeschäfte aus; vgl Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze2006 § 31 KO Rz 21). AA Bartsch/Pollak, KO3 I 211; Fink, RdW 1989, 184; König, Anfechtung4, 246 ff, 250 ff. Auch die Rsp ist uneindeutig; vgl insbesondere OGH 2 Ob 2147/96s = ÖBA 1999/792 = RdW 1998, 744 = ZIK 1998, 166 = ecolex 1999/71; Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze2006 § 31 KO Rz 23. Siehe dazu auch Wittmann, Factoring 118 mwN.

10 Vgl Koziol, JBl 1982, 67; Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze2006 § 31 KO Rz 23. Rebernig ist aber insofern widersprüchlich, als er trotzdem von der Anfechtbarkeit der Einzelzessionen als nachteilige Rechtsgeschäfte ausgeht (vgl Rebernig in Konecny/

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 124Hibler_Factoring_Umbruch.indd 124 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 126: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

125 Ap

pe

nd

ix II

fügungsgeschäften. Zudem wird in § 31 IO darauf abgestellt, dass es sich um „nachteilige“ oder „unmittelbar nachteilige“ Rechtsgeschäfte handeln muss. Koziol führt zutreffend aus, dass die Nachteiligkeit des Verfügungsgeschäfts für sich geprüft werden müsste, wollte man auch diese als nachteilige Rechts-geschäfte iSd § 31 IO qualifizieren11. Verfügungsgeschäfte wären aber stets nachteilig, denn durch sie verliert der Schuldner einen Vermögenswert; die Nachteiligkeit könne daher nur am Titelgeschäft gemessen werden12. Für die-ses Verständnis spricht insbesondere auch die neue Fassung des § 31 IO. Denn – im Unterschied zur Vorgängerbestimmung, auf die sich Koziol be-zog – ist in § 31 Abs 1 Z 3 IO davon die Rede, dass „der Eintritt eines Nach-teils für die Insolvenzmasse objektiv vorhersehbar war. Eine solche objektive Vorhersehbarkeit liegt insbesondere dann vor, wenn ein Sanierungskonzept offensichtlich untauglich war.“ Eine unmittelbare Nachteiligkeit lässt sich zwar bei Verfügungsgeschäften theoretisch annehmen, doch mehr als un-passend ist es, bei Verfügungsgeschäften von einer objektiven Vorhersehbar-keit ihrer Nachteiligkeit zu sprechen.

Dass nur Verpflichtungsgeschäfte nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO angefochten werden können, ergibt sich weiters aus der Systema-tik des § 31 IO. Wie Koziol darlegt, sind nämlich Rechtshandlungen, die zur Befriedigung oder Sicherstellung führen, in § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 1. Fall IO geregelt. Dieser speziellere Tatbestand würde die Anwendung des insofern generelleren Tatbestand des § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO ausschließen13. § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 1. Fall IO wäre also ohne Anwendungsbereich, sollten Verfügungsgeschäfte als nachteilige Rechts-geschäfte nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO anfechtbar sein. Auch die daran geübte Kritik von König14 und diesem folgend Witt-

Schubert, Insolvenzgesetze2006 § 31 KO Rz 21). Denn beim Factoring wird bei der Ab-tretung von Forderungen kein Rechtsgeschäft eingegangen. Die Abtretung liegt in der Globalzession und das Entstehen einer Forderung kann von vornherein kein Rechts-geschäft sein.

11 Koziol, JBl 1982, 67; dagegen Wittmann, Factoring 120.12 Vgl Koziol, JBl 1982, 67.13 So Koziol, JBl 1982, 67.14 König, Anfechtung4, 251 f.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 125Hibler_Factoring_Umbruch.indd 125 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 127: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

126Fac

torin

g v

on

A b

is Z

mann15, dass ein Umkehrschluss nach der Intention des Gesetzgebers nicht zu einer Aufweichung des Anfechtungsrechts führen dürfe, überzeugt nicht. Die-se Ansicht geht nämlich von der Prämisse aus, dass durch diese systematischen Überlegungen eine Aufweichung stattfindet. Dies würde aber freilich voraus-setzen, dass der Gesetzgeber will, dass Verfügungsgeschäfte nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO anfechtbar sind. Gerade diese Frage soll aber – auch anhand der Systematik des § 31 IO – beantwortet werden. In-sofern läuft man Gefahr, sich im Kreis zu drehen.

Verpfl ichtungs- und Verfügungsgeschäft beim Factoring

Die Rsp16 und die klar üL17 qualifizieren das in Österreich übliche Factoring – nämlich das recourse factoring mit Finanzierungsfunktion18 – als Kaufvertrag. Zudem ist nach den in Österreich üblicherweise verwendeten AFB und Fac-toringvertragsformblättern19 der Forderungserwerb einstufig ausgestaltet20: Im Factoringvertrag – dieser ist Verpflichtungsgeschäft – wird als Verfügungs-

15 Wittmann, Factoring 120.16 OGH 2 Ob 504/94 = SZ 67/29 = ÖBA 1994/455 = EvBl 1994/143 = ecolex 1994, 311;

8 Ob 271/98f = ÖBA 1999/806 = ZIK 1999, 96 = HS 29.601, 29.811; 2 Ob 114/99z = ecolex 2000/49 (Jaksch-Ratajczak) = ÖBA 2000/841 = ZIK 1999, 164; 6 Ob 17/02x = ÖBA 2003/1129 = ZIK 2003/132 = RdW 2003/208; 3 Ob 116/08t = ÖBA 2009/1563 = ecolex 2009/140 = ZIK 2010/31. Anders (aufgrund der Umstände des Einzelfalls) nur OGH 8 Ob 619/92 = ÖBA 1995/475 (Iro) = ecolex 1995, 22 (Fischer-Czermak) = RdW 1995, 56 = ZIK 1995, 26 = HS 25.682.

17 Binder-Degenschild, Factoring 53; Jud, QuHGZ 1981 H 3, 45 f; ders in Krejci, Konsu-mentenschutzgesetz 505; Kamper, Factoring 63 f; Welser/Czermak, RdW 1985, 134 ff; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 II 128; Iro in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz 2/10 ff, 2/17; Binder-Degenschild/Schandor, Factoring 71 f; Karollus, ÖBA 1999, 330; Beig, Zession 31 f; Wiesinger, Kreditsicherung 11 ff; Zöchling-Jud/Kogler, ÖBA 2012, 430 ff. AA (Kreditvertragskonstruktion) Koziol, QuHGZ 1972, 318; Schinnerer/Avancini, Bankverträge3 II 80; Schinnerer, ÖBA 1979, 481; Frotz/Hügel/Popp, GebG § 33 TP 19 Punkt 6; König, ZIK 1996, 1; ders, Anfechtung4, 429; Schulyok in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze1999 § 48 Rz 276; Wittmann, Factoring 32 f.

18 Siehe dazu Zöchling-Jud/Kogler, ÖBA 2012, 428 ff.19 Und zwar der FactorBank AG, der Intermarket Bank AG und der VB Factoring Bank

AG; abgedruckt bei Wittmann, Factoring (Anhänge A, B und C).20 Zur einstufigen Gestaltung siehe insbesondere Freitag/Mülbert in Staudinger2011 § 488

Rz 708.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 126Hibler_Factoring_Umbruch.indd 126 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 128: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

127 Ap

pe

nd

ix II

geschäft gleichzeitig eine Globalzession vereinbart, sodass sämtliche vom Fac-toringvertrag erfasste Forderungen bei ihrem Entstehen „automatisch“ auf den Factor übergehen. Dies hat zur Konsequenz, dass kein „zusätzliches“ Ver-pflichtungsgeschäft bei oder nach Entstehen der jeweiligen Forderung not-wendig ist, damit diese auf den Factor übergeht21. Demzufolge liegt beim in Österreich üblichen Factoring nur ein Verpflichtungsgeschäft vor, und zwar der Factoringvertrag selbst.

Mangels „zusätzlicher“ Verpflichtungsgeschäfte gibt es die vom OGH er-blickten einzelnen „Forderungskäufe“ daher nicht. Auch die vom OGH an-gedeutete Parallelität zwischen Factoring und Kontokorrentkredit besteht insofern nicht. Beim Kontokorrentkredit beruht die Anfechtung einer Ein-zelzession als nachteiliges Rechtsgeschäft iSd § 31 IO darauf, dass durch den Abruf des Kredits ein Gestaltungsrecht ausgeübt wird und dadurch ein Ver-tragsverhältnis entsteht22. Gerade dies ist aber beim in Österreich üblichen Factoring aufgrund der einstufigen Gestaltung nicht der Fall, weil der Factor-kunde gegenüber dem Factor kein Gestaltungsrecht ausübt, um eine Bevor-schussung zu erhalten, sondern der Erwerb der einzelnen Forderungen und damit der Anspruch auf den Vorschuss entstehen „automatisch“. Aus diesen Gründen ist davon auszugehen, dass – im Unterschied zu einem Konto-korrentkredit – die Einzelzessionen beim in Österreich üblichen recourse fac-toring nicht der (analogen) Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO unterliegen23.

21 Bei der zweistufigen Ausgestaltung hingegen – dies ist die in Deutschland vorherrschende Form (vgl Freitag/Mülbert in Staudinger2011 § 488 Rz 700) – liegt im Factoringvertrag ein Grund- oder Rahmenvertrag, aus dem die Andienungspflicht des Kunden und die Ankaufspflicht des Factors resultieren. Für den „endgültigen“ Erwerb der Forderungen bedarf es daher jeweils eines weiteren Einzelgeschäfts; vgl Freitag/M ülbert in Stau-dinger2011 § 488 Rz 702; Roth in MüKoBGB5 § 398 Rz 167.

22 Vgl Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz 1/247; Riss, ÖBA 2006, 432. Siehe auch Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze2006 § 31 KO Rz 22 f.

23 Vgl auch Riss, ÖBA 2006, 430; aA Wittmann, Factoring 153 ff („[D]ie einzelnen Facto-ringabwicklungen [könnten] analog zur Rsp zur Anfechtung von Kontokorrentkrediten, bei denen der OGH in jeder einzelnen Kreditausnützung ein anfechtbares Zug-um-Zug Rechtsgeschäft erkennen will, angefochten werden.“); Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze2006 § 31 KO Rz 23.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 127Hibler_Factoring_Umbruch.indd 127 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 129: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

128Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Dass der OGH an der Anfechtbarkeit der einzelnen „Forderungskäufe“ festhält oder dies wirklich in diesem Sinne verstanden wissen wollte, ist zudem aufgrund zwei jüngerer „Factoring-Entscheidungen“24 mehr als fraglich. Denn in diesen beiden Entscheidungen führt der OGH aus, dass nur Verpflich-tungsgeschäfte als nachteilige Rechtsgeschäfte nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2 je-weils 2. Fall und Z 3 IO angefochten werden können. Und obwohl er die Anfechtung eines Factoringvertrages als nachteiliges Rechtsgeschäft ablehnte, weil dieser außerhalb der kritischen Frist abgeschlossen wurde, ging er in wei-terer Folge nur von einer Anfechtung der Einzelzessionen nach § 31 Abs 1 Z 2 1. Fall KO (Deckungshandlung) aus. Damit hat der OGH implizit die An-fechtbarkeit von Einzelzessionen als nachteilige Rechtsgeschäfte verneint25.

Zwar gehen König26 und Wittmann27 (offenbar) davon aus, dass hier ein Schreibfehler vorliegt und der OGH hier § 31 Abs 1 Z 2 2. Fall KO (nach-teiliges Rechtsgeschäft) meinte, nicht aber – wie tatsächlich ausgeführt – § 31 Abs 1 Z 2 1. Fall KO (Deckungshandlung)28. Diese Deutung hätte aber bei der jüngeren dieser beiden Entscheidungen29 zur Konsequenz, dass diese un-vollständig und insofern unrichtig wäre, weil eine Auseinandersetzung mit der Nachteiligkeit stattfinden hätte müssen, wenn der OGH von der Anfechtung der Einzelzessionen als nachteilige Rechtsgeschäfte iSd § 31 IO ausgegangen wäre30. Plausibler ist daher, dass kein Schreibfehler vorliegt, die Entscheidung damit auch nicht unvollständig ist und der OGH eine Anfechtung der Ein-zelzessionen als nachteilige Rechtsgeschäfte iSd § 31 IO ausschließt, was da-mit korrespondiert, dass nur Verpflichtungsgeschäfte als nachteilige Rechts-geschäfte iSd § 31 IO anfechtbar sind. Dafür spricht außerdem, dass sich der

24 OGH 2 Ob 114/99z = ecolex 2000/49 (Jaksch-Ratajczak) = ÖBA 2000/841 = ZIK 1999, 164; 6 Ob 17/02x = ÖBA 2003/1129 = ZIK 2003/132 = RdW 2003/208.

25 So Riss, ÖBA 2006, 429 f.26 König, Anfechtung4, 248; ders in FS Gerhardt 482 („richtig wohl gemeint: Fall 2 KO“).27 Wittmann, Factoring 124 ff.28 Auch das OLG Innsbruck 1 R 224/01b (unveröffentlicht, aber teilweise wiedergegeben

bei König in FS Gerhardt 483 und Wittmann, Factoring 125 f ) leitet aus dieser Entschei-dung eine Anfechtbarkeit von Einzelzessionen als nachteilige Rechtsgeschäfte ab.

29 6 Ob 17/02x = ÖBA 2003/1129 = ZIK 2003/132 = RdW 2003/208.30 So König in FS Gerhardt 484.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 128Hibler_Factoring_Umbruch.indd 128 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 130: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

129 Ap

pe

nd

ix II

OGH auch auf Fischer-Czermak31 und Iro32 stützt, die eine Anfechtung der Einzelzessionen als nachteilige Rechtsgeschäfte ablehnen.

3. Zwischenergebnis

Aufgrund der in Österreich üblichen einstufigen Ausgestaltung des Factorings (Factoringvertrag mit Globalzession), liegt hinsichtlich der Übertragung der jeweiligen Forderung kein eigenes Verpflichtungsgeschäft vor. Vielmehr gibt es nur ein einziges Verpflichtungsgeschäft, und zwar den Factoringvertrag selbst. Eine Anfechtung der Einzelzessionen (und der Globalzession) als nach-teilige Rechtsgeschäfte iSd § 31 IO scheidet damit aus. Eine Durchbrechung des Grundsatzes, dass nur Verpflichtungsgeschäfte als nachteilige Rechts-geschäfte nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO angefochten werden können, ist beim Factoring nicht angezeigt.

III. Anfechtung der Unterlassung der Kündigung

des Factoringvertrags

1. Unterlassung der Kündigung durch den Factor

Koziol 33 und Bollenberger34 gehen im Zusammenhang mit Kontokorrentkredi-ten davon aus, dass – bei Insolvenz des Kreditnehmers – eine Unterlassung der Kündigung durch den Kreditgeber angefochten werden kann35. Umgelegt auf das Factoring würde dies bedeuten, dass bei Insolvenz des Factorkunden die Nichtkündigung durch den Factor der Anfechtung als nachteiliges Rechts-geschäft iSd § 31 IO unterliegt. Sie stützen sich dabei auf die Rsp des OGH,

31 Fischer-Czermak, ecolex 1995, 92.32 Iro in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz 2/144.33 Vgl Koziol, JBl 1991, 510. Siehe auch dens in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II

Rz 1/247 f.34 Vgl Bollenberger, ÖBA 2000, 16.35 Siehe auch Bachmann, ZIK 2002/207, 150.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 129Hibler_Factoring_Umbruch.indd 129 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 131: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

130Fac

torin

g v

on

A b

is Z

die tatsächlich in diese Richtung deutet36. Die Rsp des OGH zu Kontokorrent-krediten ist allerdings nicht ganz eindeutig37, weil sie offen lässt, welche Rechtshandlung (Einzelvertrag durch Abrufen der Kreditvaluta oder unterlas-sene Kündigung durch den Kreditgeber) konkret angefochten wird38.

Der allgemeine Grundsatz, dass auch Unterlassungen anfechtbar sind, fin-det sich in § 36 IO. Nach dieser Bestimmung sind als Rechtshandlungen auch Unterlassungen des Schuldners anzusehen, durch die er ein Recht verliert oder durch die gegen ihn vermögensrechtliche Ansprüche begründet, erhalten oder gesichert werden. Der Wortlaut des § 36 IO erfasst damit nur Unterlassungen des Schuldners, nicht aber des Anfechtungsgegners. Bei Insolvenz des Factor-kunden muss daher eine Anfechtung der Unterlassung der Kündigung durch den Factor ausscheiden; auch eine analoge Anwendung ist – wie von Riss dar-gelegt – nicht angezeigt39.

2. Unterlassung der Kündigung durch den Factorkunden

Meinungsstand

Eine Unterlassung der Kündigung des Factoringvertrages durch den Factor-kunden wäre bei dessen Insolvenz eine Unterlassung des Schuldners iSd § 36 IO. Dementsprechend gehen Riss40 und (diesem ohne nähere Begründung

36 Vgl OGH 6 Ob 110/00w = SZ 73/182 = ÖBA 2002/1016 = ZIK 2001/269 = RdW 2001/321 (dazu Schummer, ÖBA 2002, 173; Widhalm, ecolex 2001, 369); 9  Ob 24/04a = ÖBA 2005/1301 = ZIK 2005/150 (dazu Bollenberger, ÖBA 2005, 683). Siehe auch Riss, ÖBA 2006, 432; OGH 6 Ob 72/06s = ÖBA 2007/1430 (Fruhstorfer) = ecolex 2007/76 = RdW 2007/425 = ZIK 2007/37 (dazu Richter, ZIK 2007/65) mwN.

37 Vgl Schummer, ÖBA 2002, 176 ff. 38 Die Ausführungen des OGH sind ungenau und allgemein gefasst, sodass man ihm wohl

nicht unterstellen könnte, es gehe ihm tatsächlich um die Anfechtung der Unterlassung der Kündigung als solches (vgl OGH 6 Ob 110/00w = SZ 73/182 = ÖBA 2002/1016 = ZIK 2001/269 = RdW 2001/321 [dazu Schummer, ÖBA 2002, 173; Widhalm, ecolex 2001, 369]; 6 Ob 72/06s = ÖBA 2007/1430 (Fruhstorfer) = ecolex 2007/76 = RdW 2007/425 = ZIK 2007/37 [dazu Richter, ZIK 2007/65]; siehe auch Riss, ÖBA 2006, 432).

39 Riss, ÖBA 2006, 437.40 Riss, ÖBA 2006, 432 ff.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 130Hibler_Factoring_Umbruch.indd 130 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 132: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

131 Ap

pe

nd

ix II

folgend) König41 davon aus, dass die Unterlassung der Kündigung des Facto-ringvertrages durch den Factoringkunden als (nachteiliges) Rechtsgeschäft iSd § 31 Abs 1 Z 1 und Z 2 Fall 2 und Z 3 IO iVm § 36 IO angefochten werden kann. Demgegenüber schließt ein anderer Teil der Lehre die Anfechtung einer Unterlassung als nachteiliges Rechtsgeschäft offenbar generell aus42. In der Lehre ist aber teilweise anerkannt, dass durch eine Unterlassung ein Rechts-geschäft zustande kommen kann, das dann der Anfechtung als nachteiliges Rechtsgeschäft iSd § 31 IO unterliegt43.

Kritik und eigene Ansicht

Richtig ist, dass ein Rechtsgeschäft, das durch eine Unterlassung zustande kommt – dies ist etwa dann der Fall, wenn Schweigen als Zustimmung gewer-tet werden darf und daher ein Vertrag zustande kommt –, grundsätzlich als nachteiliges Rechtsgeschäft iSd § 31 IO anfechtbar ist. Denn dies entspricht dem Wortlaut des § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO, spricht dieser doch von „eingegangenen“ Rechtsgeschäften. Bei Unterlassung der Kündigung wird aber gerade kein Rechtsgeschäft „eingegangen“, weil ein Ver-tragsverhältnis bereits besteht. Der Wortlaut spricht daher klar gegen die An-fechtbarkeit der Unterlassung der Kündigung durch den Factorkunden als nachteiliges Rechtsgeschäft iSd § 31 IO iVm § 36 IO44.

Daran mag auch ein Vergleich zum Kontokorrentkredit nichts ändern. Denn selbst nach Riss liegt das anfechtbare Rechtsgeschäft beim Kontokorrent-kredit im neuerlichen Abruf45, nicht aber in der Nichtkündigung. Riss zieht allerdings den Schluss, dass zwischen der Ausübung einer Option bei einem befristeten Rechtsverhältnis und der Kündigungsmöglichkeit bei einem unbe-

41 König, Anfechtung4, 248, 35.42 Bartsch/Pollak, KO3 I 211; Schummer, ÖBA 2002, 180 mwN, der bei einer Kündigung

mangels Zweiseitigkeit eine Anfechtung nach § 31 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO ausschließt.

43 Vgl Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht4 § 36 KO Rz 2; A. Huber, Anfechtung von Unterlassungen 76; Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenz-gesetze2006 § 36 KO Rz 3. Siehe auch Riss, ÖBA 2006, 425 ff.

44 Vgl Wittmann, Factoring 167 f.45 Vgl Riss, ÖBA 2006, 432 unter Berufung auf Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Bank-

vertragsrecht II Rz 1/247. Vgl auch Wittmann, Factoring 167 f.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 131Hibler_Factoring_Umbruch.indd 131 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 133: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

132Fac

torin

g v

on

A b

is Z

fristeten Rechtsverhältnis nicht unterschieden werden darf. Dieser Schluss fin-det aber im Gesetz keine Deckung. Denn bei der Ausübung einer Option geht es um eine „normale“ aktive Rechtshandlung, während es bei der Unter-lassung der Kündigung um eine „Nichthandlung“ geht. Wie sich aber aus dem Wortlaut des § 36 IO ergibt, ist der Kreis der anfechtbaren Unterlassun-gen enger, als jener der „normalen“ Rechtshandlungen. Denn nur bestimmte Arten von Unterlassungen sind als Rechtshandlungen anfechtbar46. Der von Riss gezogene Schluss überzeugt insofern nicht. Aufgrund des klaren Wort-lauts des § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO ist daher davon auszu gehen, dass die Unterlassung der Kündigung durch den Factorkunden nicht der Anfechtung als nachteiliges Rechtsgeschäft unterliegt.

3. Zwischenergebnis

Da § 36 IO auf Unterlassungen des Schuldners abstellt, unterliegt die Nicht-kündigung durch den Factor nicht der Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO iVm § 36 IO. Auch die Unterlassung der Kündi-gung durch den Factorkunden kann nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO iVm § 36 IO nicht angefochten werden. Denn dadurch wird kein Rechtsgeschäft „eingegangen“; die Nichtkündigung durch den Schuldner ist also nicht vom Wortlaut gedeckt.

IV. Zusammenfassung

Die in der neueren Literatur und Judikatur zT vertretene Ansicht, wonach bei Insolvenz des Factoringkunden nicht nur der Facotoringvertrag selbst, son-dern auch die erfolgten Einzelzessionen als nachteilige Rechtsgeschäfte nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils 2. Fall und Z 3 IO anfechtbar sind, kann nicht überzeugen. Auch eine Anfechtung der Unterlassung der Kündigung des Fac-toringvertrages kommt nicht in Betracht.

46 Vgl Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze2006 § 36 KO Rz 1.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 132Hibler_Factoring_Umbruch.indd 132 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 134: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

133 Ap

pe

nd

ix II

I

Appendix III

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 133Hibler_Factoring_Umbruch.indd 133 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 135: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

134Fac

torin

g v

on

A b

is Z

GLOSSAR

Abnehmerauch: Käufer, Abnehmer der Ware, Debitor, Zahler, Drittschuldner, Zessus, debitor cessus = Kunde des Verkäufers. Er ist verpflichtet, die Forderung aus der Lieferung oder sonstigen Leistung zu bezahlen.

AbsicherungslimitMaximaler Forderungsbetrag, für den der Factor das Ausfallsrisiko für einen Abnehmer übernimmt.

AbtretungsvermerkSchriftlicher Hinweis auf der Rechnung, dass die Forderung an einen Factor verkauft wurde und an den Factor zu zahlen ist.

AbzugDer Abnehmer zieht sich eine berechtigte oder nicht berechtigte Summe bei der Bezahlung der Rechnung ab.

AusbuchungenAbzüge des Abnehmers, die nach Rücksprache mit dem Factoring-Kunden von diesem akzeptiert und daher ausgebucht werden.

AusfallsrisikoRisiko, dass der Abnehmer außer Stande ist, die offene Forderung zu zahlen.

BevorschussungVom Factor geleistete Anzahlung auf den Kaufpreis der Forderung, üblicher-weise in Höhe von 80% des Bruttorechnungsbetrages.

DifferenzIst jener offene Betrag, der entsteht, wenn nur ein Teil einer Forderung be-zahlt wurde. Über die weitere Bearbeitung einer Differenz (Ausbuchung oder weitere Betreibung) entscheiden üblicherweise Factoring-Kunde und Factor im Einvernehmen.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 134Hibler_Factoring_Umbruch.indd 134 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 136: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

135 Ap

pe

nd

ix II

I

Domestic FactoringVerkauf von Inlandsforderungen an einen Factor.

EURIBOREuropean Interbank Offered Rate, also jener Zinssatz, der durchschnittlich zwischen Banken für Ausleihungen in Euro verrechnet wird.

Export Factor (EF)Der Factor im Land eines Exporteurs, mit dem dieser einen Factoring-Vertrag abschließt.

Export FactoringVerkauf von Auslandsforderungen an einen Factor. Dabei übernimmt der Fac-tor gegenüber dem Exporteur an 100 Prozent das Risiko des Forderungsaus-falls und bevorschusst die Forderung sofort zu 80 Prozent.

Factorauch: Factoring-Gesellschaft, Factoring-Unternehmen, Factoring-Institut, Factoring-Bank. Anbieter von Factoring.

FactoringForderungsverkauf an einen Factor.

Factoring-GebührGebühr für die vom Factor erbrachten Dienstleistungen.

Factoring-UmsatzSumme der vom Factor angekauften Forderungen.

FCIFactors Chain International, Gruppierung von Factors verschiedener Länder, die als Import- und Exportfactors auf Basis von Interfactor Agreements zu-sammenarbeiten.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 135Hibler_Factoring_Umbruch.indd 135 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 137: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

136Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Finance FactoringFactoring mit – gegenüber dem Full Factoring (siehe dort) – eingeschränktem Dienstleistungsumfang: Debitorenbuchhaltung sowie Mahn- und Inkasso-wesen verbleiben beim Factoring-Kunden. Auch Bulk- oder Inhouse-Facto-ring genannt.

ForderungAnspruch des Gläubigers gegen den Schuldner auf eine bestimmte Leistung; manifestiert sich idR im offenen Betrag einer Rechnung, die vom Schuldner noch nicht oder nicht zur Gänze bezahlt wurde.

ForderungsabtretungÜbertragung einer Forderung vom bisherigen Gläubiger auf einen neuen Gläubiger; auch Zession.

ForderungsstandSumme aller zur Gänze oder teilweise offenen Rechnungen abzüglich Gut-schriften.

Full FactoringFactoring mit Übernahme der Debitorenbuchhaltung sowie Mahn- und In-kassowesen.

GarantiezahlungZahlung des Importfactors im Rahmen von FCI-Export Factoring auf Basis eines eingeräumten Limits 90 Tage nach Fälligkeit der Rechnung, sofern keine Reklamationen erfolgten.

Import Factor (IF)Factor im Land des importierenden Käufers, der das Risiko für die Einbring-lichkeit der Forderung übernimmt und daher das Mahn- und Inkassowesen betreibt.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 136Hibler_Factoring_Umbruch.indd 136 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 138: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

137 Ap

pe

nd

ix II

I

Indirekte ZahlungZahlung einer abgetretenen Forderung an den Verkäufer und nicht an den Factor.

InkassoForderungseintreibung. Beim reinen Finanzierungsfactoring übernimmt der Factor das Mahn- und Inkassowesen nicht, wird aber von den meisten Insti-tuten zusätzlich angeboten.

Interfactor agreementVereinbarung zwischen Exportfactor und Importfactor über ihre Zusammen-arbeit.

Invoice discountingSiehe Finance-Factoring, zumeist ohne Abtretungsvermerk („still“).

KundenverständigungInformationsbrief des Factoring-Kunden an seine Debitoren über den Forde-rungsverkauf an einen Factor.

Lieferantauch: Verkäufer, Factoring-Kunde, Anschlusskunde, Verkäufer, Zedent. Liefe-rant der Ware, Kunde der Factorbank, Verkäufer der Forderung, Unterneh-men, das Waren oder Dienstleistungen verkauft, und die daraus entstehenden Forderungen im Rahmen eines Factoring-Vertrages an den Factor verkauft.

LimitgenehmigungErfolgt, wenn der Factor das Risiko der Einbringlichkeit übernimmt.

MahnrhythmusDer Mahnrhythmus/die Mahnstufe gibt an, wie oft die offene Rechnung schon gemahnt wurde.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 137Hibler_Factoring_Umbruch.indd 137 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 139: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

138Fac

torin

g v

on

A b

is Z

MahnsperreBetrifft die Möglichkeit, einzelne offene Posten von der Mahnung bzw. vom Mahnrhythmus auszunehmen.

Maximale BevorschussungJener Betrag, der sich aufgrund der Buchung von Belegen (z. B. Rechnungen, Zahlungen) bzw. der Bearbeitung von Informationen (z. B. Reklamationen, Ausbuchungen) rechnerisch als bevorschussbar ergibt.

Mögliche ÜberweisungDifferenz zwischen maximaler Bevorschussung aus den angekauften Forde-rungen und der tatsächlich aushaftender Bevorschussung.

Non-recourse FactoringSiehe regressloses Factoring.

RechnungsdateiKundenrechnungen werden in Dateiform an den Factor übersendet.

Regressloses FactoringÜbernahme des Ausfallrisikos durch den Factor im Rahmen einer „Factoring-Vereinbarung mit Delkredere-Übernahme“.

Verrechnungskonto, Stand des VerrechnungskontosErrechnet sich aus den geleisteten Kaufpreisanzahlungen abzüglich der Kun-denzahlungen und zuzüglich der vom Factor angelasteten Kosten. Der Ver-rechnungskontostand ist in der Buchhaltung des Factorkunden mitzuführen.

ZahlungsbedingungenSpezielle Bedingungen, unter welchen die Rechnung gezahlt werden kann. Die Bedingungen beinhalten unter anderem die Voraussetzungen für den Ab-zug eines vereinbarten Skontos.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 138Hibler_Factoring_Umbruch.indd 138 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 140: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

139 Ap

pe

nd

ix II

I

ZahlungszielAuch Zahlungsdauer: Gewährte Frist zur Zahlung eines Kaufpreises.

ZessionsverbotUntersagung der Abtretung einer Forderung an Dritte durch Debitoren. Wird in Geschäftsbedingungen oder Aufträgen ausgesprochen, hat in Österreich seit 1.6.2005 Dritten gegenüber keine Rechtswirksamkeit mehr.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 139Hibler_Factoring_Umbruch.indd 139 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 141: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

140Fac

torin

g v

on

A b

is Z

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Anteil der KMU an der marktorientierten Wirtschaft ÖsterreichsAbbildung 2: Zugang zu FinanzmittelnAbbildung 3: Insolvenzen nach Gründungsjahren in %Abbildung 4: Factoring-Volumen 2010 nach KontinentenAbbildung 5: Factoring-Umsatz Österreich 2005 bis 2011Abbildung 6: Österreichischer Factoring-Markt 2011Abbildung 7: Anteil von Factoring am BIP in ÖsterreichAbbildung 8: Anteil von Factoring am BIP in europäischen LändernAbbildung 9: LieferantenkreditAbbildung 10: Rahmenanpassung BankkreditAbbildung 11: Rahmenanpassung FactoringAbbildung 12: Umsatzdynamik bei FactoringAbbildung 13: FCI-Export-FactoringAbbildung 14: Factoring-AblaufAbbildung 15: e-FactoringAbbildung 16: Branchenstreuung 2011Abbildung 17: Kundenstruktur 2011Abbildung 18: UGB Bilanz vor FactoringAbbildung 19: UGB Bilanz nach FactoringAbbildung 20: Anzahl der Factoring-Gesellschaften in CEEAbbildung 21: Entwicklung des Factoring-Volumens in CEEAbbildung 22: Factoring-Anteil am BIP 2011 in CEE und Österreich

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 140Hibler_Factoring_Umbruch.indd 140 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 142: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

141 Tab

elle

nve

rze

ich

nis

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Anzahl der Unternehmen nach Betriebsgrößenklassen 2005 versus 2011Tabelle 2: Summe der Beschäftigten nach Betriebsgrößenklassen 2005 versus 2011Tabelle 3: Größenordnung europäischer (EU-27) Unternehmen 2008Tabelle 4: Größenordnung von Unternehmen in einzelnen EU-Staaten 2008Tabelle 5: Eigenkapitalquote KMUTabelle 6: Überschuldete KMUTabelle 7: Unternehmen mit negativem EGTTabelle 8: Entwicklung Insolvenzursachen 2005 vs. 2011Tabelle 9: Überlebensrate von UnternehmensgründungenTabelle 10: Weltweite Entwicklung des Factoring-Volumens nach Ländern zwischen

1999 und 2010Tabelle 11: SkontoausnutzungTabelle 12: Vergleich Export Factoring mit einer KreditversicherungTabelle 13: Factoringprodukte im ÜberblickTabelle 14: Vergleich Zessionskredit – FactoringTabelle 15: Vergleich absolute und relative Wirksamkeit von ZessionsverbotenTabelle 16: Entwicklung Factoring in CEE

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 141Hibler_Factoring_Umbruch.indd 141 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 143: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

142Fac

torin

g v

on

A b

is Z

AUTOREN

Theo Hibler

Ist seit über 35 Jahren im Factoring-Geschäft tätig, davon 25 Jahre als Geschäftsführer bzw. Vorstand in zwei österreichischen Factoring-Ge-sellschaften, seit 2000 Vorstandsvorsitzender der Intermarket Bank AG. Er ist langjähriger Präsi-dent des Österreichischen Factoring Verbandes und war Mitglied des Executive Committees der FCI (Factors Chain International).

Marlene Walenta

Studium an der Fachhochschule für Internatio-nale Wirtschaftsbeziehungen in Eisenstadt, von 2001 bis 2005 in der Intermarket Bank AG in diversen Funktionen tätig; von 2006 bis 2008 stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Compa-nia de Factoring, rumänische Tochtergesellschaft der Intermarket Bank AG; bis 2010 Leiterin des Vertriebs der Intermarket Bank AG. Derzeit Senior Client Executive in der Erste Group Bank AG.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 142Hibler_Factoring_Umbruch.indd 142 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 144: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

143 Aut

ore

n

AUTOREN DER APPENDICES

Univ.-Prof. Dr. Roman Rohatschek

Vorstand des Instituts Unternehmensrechnung und Wirtschaftsprüfung an der Johannes Kepler Universität Linz; Mitglied im Fachsenat für Handelsrecht und Revision, im österreichischen Beirat für Rechnungslegung und Abschlussprü-fung (AFRAC) und in diversen Fachausschüssen der Kammer der Wirtschaftstreuhänder sowie Fachautor auf den Gebieten der nationalen und internationalen Rechnungslegung.

Univ.-Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud

Geboren 1972 in Graz, Studium der Rechtswis-senschaften und Promotion an der Universität Wien, 2003 Habilitation für die Fächer Zivil-recht und Europäisches Zivilrecht, 2003–2006 Professur für Bürgerliches Recht an der Univer-sität Bonn, 2006–2007 Professur für Privat-rechtsvergleichung und Internationales Privat-recht an der Universität Salzburg, seit Dezember 2007 Professur für Bürgerliches Recht an der Universität Wien. Seit 2006 Rechtsanwältin (RAK Köln).

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 143Hibler_Factoring_Umbruch.indd 143 26.09.12 14:2626.09.12 14:26

Page 145: ÖSTERREICH AUSGABE Factoring - Linde Verlag · 2017. 6. 22. · von Factoring für mittelständische Unternehmen sowie die Vorteile und Chancen dieses Finanzierungsinstrumentes

144Fac

torin

g v

on

A b

is Z

Univ.-Ass. Dr. Gabriel Kogler

2000–2004 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien, 2004/2005 Gerichts-praxis im Sprengel des OLG Wien, 2005–2007 Rechtsanwaltsanwärter bei Bichler Zrzavy Rechts-anwälte GmbH, Mai 2007–September 2007 Universitätsassistent am Institut für Zivilverfah-rensrecht bei o. Univ.-Prof. Dr. h. c. Dr. Walter H. Rechberger, seit Januar 2008 Universitäts-assistent am Institut für Zivilrecht bei Univ.-Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud.

Hibler_Factoring_Umbruch.indd 144Hibler_Factoring_Umbruch.indd 144 26.09.12 14:2626.09.12 14:26