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DOI 10.1007/s11573-011-0519-y Z Betriebswirtsch (2011) 81:1401–1403 REZENSIONEN Steven Ott: Investitionsrechnung in der öffentlichen Verwaltung Die praktische Bewertung von Investitionsvorhaben, Gabler, Wiesbaden 2011, 244 Seiten, ISBN 978-3-8349-2804-7, 44,95 Friedrich Sommer Die angespannte Finanzlage der öffentlichen Hand wird in den Medien regelmäßig disku- tiert. Die Forderung, dass öffentliche Investitionen wirtschaftlich sein sollen, ist keines- falls neu, ist sie doch in Art. 114 Abs. 2 des Grundgesetzes kodifiziert. Ergänzend fordert § 7 der Bundeshaushaltsverordnung „angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen“ für sämtliche finanzwirksamen Maßnahmen und schreibt die Grundsätze von Wirtschaft- lichkeit und Sparsamkeit fest. Umso erstaunlicher erscheint der empirische Befund des Bundesrechnungshofs, dass im Jahr 2006 in der Mehrzahl der untersuchten Fälle keinerlei Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erfolgt sei, verbunden mit der Empfehlung, die Mitarbei- ter der Verwaltung hierfür gezielt zu qualifizieren. Hier setzt Steven Ott mit seinem 2011 erschienenen Buch „Investitionsrechnung in der öffentlichen Verwaltung“ an. Es richtet sich primär an Mitarbeiter sowieAuszubildende in der öffentlichenVerwaltung, die praktische Probleme im Bereich der Investitionsrechnung lösen möchten. Spezielles betriebswirtschaftliches Wissen wird hierbei nicht vorausge- setzt. Das Buch bietet jedoch ebenfalls Studierenden der Wirtschaftswissenschaften einen guten Überblick über die Investitionsrechnung im öffentlichen Kontext. Um das ggf. unterschiedliche Vorwissen der Leser zu berücksichtigen, stellt der Au- tor nach einem einführenden Teil in Kap. 2 zunächst die Besonderheiten des öffentlichen Sektors, die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit sowie die Einführung in die Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnung dar.Vorteilhaft sind die knappe, jedoch gut verständliche Darstellung und die durchgängige Verwendung verwaltungsspezifischer Beispiele. Diese tritt in den folgenden Kapiteln bei der Vorstellung der Verfahren noch prominenter hervor, fällt jedoch bei den betriebswirtschaftlichen Grundlagen besonders positiv auf. Bei der Erläuterung von Begrifflichkeiten und Konzepten gelingt dem Autor der Spagat zwischen betriebswirtschaftlicher Korrektheit und der gesetzgeberischen Realität weitgehend gut. Online publiziert: 08.10.2011 © Gabler-Verlag 2011 Dipl.-Kfm. F. Sommer () Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Controlling, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Universitätsstraße 14–16, 48143 Münster, Deutschland E-Mail: [email protected]

Steven Ott: Investitionsrechnung in der öffentlichen Verwaltung

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DOI 10.1007/s11573-011-0519-yZ Betriebswirtsch (2011) 81:1401–1403

REZ E NSIONEN

Steven Ott: Investitionsrechnung in deröffentlichen VerwaltungDie praktische Bewertung von Investitionsvorhaben, Gabler,Wiesbaden 2011, 244 Seiten, ISBN 978-3-8349-2804-7, 44,95 €

Friedrich Sommer

Die angespannte Finanzlage der öffentlichen Hand wird in den Medien regelmäßig disku-tiert. Die Forderung, dass öffentliche Investitionen wirtschaftlich sein sollen, ist keines-falls neu, ist sie doch in Art. 114 Abs. 2 des Grundgesetzes kodifiziert. Ergänzend fordert§ 7 der Bundeshaushaltsverordnung „angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen“für sämtliche finanzwirksamen Maßnahmen und schreibt die Grundsätze von Wirtschaft-lichkeit und Sparsamkeit fest. Umso erstaunlicher erscheint der empirische Befund desBundesrechnungshofs, dass im Jahr 2006 in der Mehrzahl der untersuchten Fälle keinerleiWirtschaftlichkeitsuntersuchung erfolgt sei, verbunden mit der Empfehlung, die Mitarbei-ter der Verwaltung hierfür gezielt zu qualifizieren.

Hier setzt Steven Ott mit seinem 2011 erschienenen Buch „Investitionsrechnung in deröffentlichen Verwaltung“ an. Es richtet sich primär an Mitarbeiter sowie Auszubildende inder öffentlichen Verwaltung, die praktische Probleme im Bereich der Investitionsrechnunglösen möchten. Spezielles betriebswirtschaftliches Wissen wird hierbei nicht vorausge-setzt. Das Buch bietet jedoch ebenfalls Studierenden der Wirtschaftswissenschaften einenguten Überblick über die Investitionsrechnung im öffentlichen Kontext.

Um das ggf. unterschiedliche Vorwissen der Leser zu berücksichtigen, stellt der Au-tor nach einem einführenden Teil in Kap. 2 zunächst die Besonderheiten des öffentlichenSektors, die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit sowie die Einführung in die Investitions-und Wirtschaftlichkeitsrechnung dar. Vorteilhaft sind die knappe, jedoch gut verständlicheDarstellung und die durchgängige Verwendung verwaltungsspezifischer Beispiele. Diesetritt in den folgenden Kapiteln bei der Vorstellung der Verfahren noch prominenter hervor,fällt jedoch bei den betriebswirtschaftlichen Grundlagen besonders positiv auf. Bei derErläuterung von Begrifflichkeiten und Konzepten gelingt dem Autor der Spagat zwischenbetriebswirtschaftlicher Korrektheit und der gesetzgeberischen Realität weitgehend gut.

Online publiziert: 08.10.2011© Gabler-Verlag 2011

Dipl.-Kfm. F. Sommer (�)Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Controlling,Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Universitätsstraße 14–16,48143 Münster, DeutschlandE-Mail: [email protected]

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Leider wird der (möglicherweise aus dem Verwaltungsapparat stammende) Leser nichtdafür sensibilisiert, dass die Implikationen mancher Vorschriften betriebswirtschaftlichfragwürdig sind. Dies ist jedoch zugleich eine Erleichterung für den Leser, der an einerEinführung in die Konzepte zur Bewältigung seiner Arbeit interessiert ist. Hierbei ist derexplizite Einbezug relevanter Normen, etwa der Bundeshaushaltsverordnung, hilfreich.

Kapitel 3 stellt mit einem Umfang von ca. 100 Seiten den Schwerpunkt des Buches dar,in dem die einzelnen Verfahren der Investitionsrechnung vorgestellt werden. Der konsi-stente Aufbau jedes einzelnen Passus aus einer prägnanten Verfahrensdarstellung, ergänztum eine Beurteilung und ein anschließendes verwaltungsspezifisches Beispiel, erleichtertdem Leser die Orientierung. Es werden zunächst die klassischen statischen und dyna-mischen Verfahren bei einer Zielgröße unter Sicherheit erörtert. Im Folgenden werdenEndwertverfahren und vollständige Finanzpläne (VoFi) vorgestellt. Die Beschränkung aufisolierte Auswahl- und Ersatzentscheidungen sich gegenseitig ausschließender Alternati-ven erscheint für ein einführendes Lehrbuch angemessen.

Im Kontext der statischen Verfahren werden Kosten- und Gewinnvergleichsrechnungsowie Rentabilitäts- und Amortisationsrechnung vorgestellt. Der Autor beschreibt gelun-gen die jeweiligen Einsatzbereiche und das Vorgehen. Im Anschluss werden die Adaptionzur Entscheidung über Erweiterungs- und Ersatzinvestitionen vorgestellt, bevor die Ver-fahren kritisch gewürdigt werden. Analog werden als klassische dynamische VerfahrenKapitalwert-, Annuitäten- und interne Zinsfußmethode vorgestellt. Unter den dynami-schen Endwertverfahren werden dieVermögensendwert- und die Sollzinssatzmethode sehrverständlich erläutert. Positiv hervorzuheben ist, dass der Autor die Gemeinsamkeiten undUnterschiede einzelner Verfahrensvarianten transparent macht und dem mit der Thema-tik weniger vertrauten Leser die Orientierung nicht unnötig erschwert. Angenehm ist indiesem Zusammenhang, dass bereits eingeführte Beispiele teilweise abgewandelt werden,um die Unterschiede zwischen Verfahren verständlich zu machen. Die VoFi-Methodikwird im Vergleich zu ihrer Komplexität vergleichsweise knapp, jedoch gut verständlichbeschrieben. Bei der Beurteilung der einzelnen Verfahren geht der Autor regelmäßig aufdie mit der Anwendung akzeptierten Prämissen ein. Dies geschieht vorsichtig und auf-grund des Charakters eines einführenden Werks im Überblick. Für kommende Auflagenkönnte überlegt werden, gezielt weiterführende Literaturhinweise zu Vorgehen und Prä-missen jedes einzelnen Verfahrens im Anschluss an die Beurteilung zu präsentieren. DerPraktiker in der öffentlichen Verwaltung wird sich zur Durchführung von Investitionsrech-nungen regelmäßig einer Tabellenkalkulation, etwa Microsoft Excel, bedienen. Hinweisezur mit Excel gestützten Durchführung der Verfahren der Investitionsrechnung könntensomit ebenfalls eine gelungene Ergänzung darstellen.

Im Vergleich zu den direkten monetären Konsequenzen, idealtypisch innerhalb derVerwaltung, sind die externen Folgen von Investitionsentscheidungen schwieriger zu mes-sen, gleichwohl für Investitionen der öffentlichen Hand bedeutsam. Um diese Folgengreifbar zu machen, stellt der Autor im Kap. 4 – überschrieben mit „Kosten-Nutzen-Entscheidungen“ – die Nutzwertanalyse, die Kosten-Nutzen-Analyse und die Kosten-Wirksamkeitsanalyse vor. Hierzu wird auf das bewährte Vorgehen mit verwaltungsspezi-fischen Beispielen zurückgegriffen. In Kap. 5 wird der Aspekt der Unsicherheit bei Inve-stitionen näher betrachtet, indem die Korrekturverfahren, die Sensitivitätsanalyse sowieRisikoanalyse und Entscheidungsbaumverfahren erläutert werden.

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Das Buch wird mit einer gelungenen Sammlung von Übungsaufgaben abgerundet, diejeden zentralen Aspekt der Ausführungen abdecken. Diese Sammlung schließt ohne einvorheriges Fazit an das Kap. 5 an, die Lösungen sind online beim Gabler-Verlag erhältlich.

Zusammenfassend ist das Buch als Einstieg in die Investitionsrechnung für Mitar-beiter und Auszubildende in der öffentlichen Verwaltung gut geeignet, ebenso bietet eswirtschaftswissenschaftlichen Studierenden gute Einblicke. Es ist klar strukturiert undbietet dem Leser einen gelungenen Überblick über die Verfahren. Als größte Stärke ist derdurchgängig klare Bezug zu Problemstellungen der öffentlichen Verwaltung zu nennen.