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Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie

Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonienews.eformation.de/client/media/588/data/41537.pdf · Jahresbericht Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie 2015 Heiligabend auf dem Schäferhof

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Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie

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Jahresbericht 2015

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Jahresbericht Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie 2015

Frontansicht Haupthaus

Auch bei schlechtem Wetter ein schöner Ort zum Arbeiten und Ernten

Letzte Arbeiten am neuen Holzheizwerk (Fassadenverkleidung)

Jahresbericht 2015 – mit einem Ausblick nach 2016 Einführung 2015 – wiederum ein bewegtes Jahr für den Schäferhof und die Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie. Der vorliegende Jahresbericht gibt Auskunft, wie vielfältig die Arbeit ist. Kern unseres Auftrags ist die Hilfe für wohnungslose Menschen. Diesen Auftrag erfüllen wir mit der stationären Hilfe am Standort Schäferhof, die wir aus christlicher Überzeugung leisten. Doch darum herum gruppieren sich vielfältige Angebote und Aktivitäten, soziale, pädagogische, wirtschaftliche, planerische, naturschutzmäßige etc… Es ist das stete Bemühen, alle Aktivitäten immer mit dem diakonischen Auftrag zu verbinden. So wollen wir einen strukturierten Organismus schaffen und den Stiftungszweck erfüllen. Ich habe es als ein wunderbares Kompliment für unsere Arbeit empfunden, dass der aus dem Kreis Pinneberg stammende, aber seit Jahrzehnten in Paris lebende Künstler Barlach Heuer nach einem Besuch auf dem Schäferhof meinte, das ganze komme ihm wie ein „unaufdringliches Glaubensbekenntnis“ vor. 2015 war wieder durch ein großes Bauvorhaben geprägt, die Errichtung eines zentralen Holzheizwerks mit einem Nahwärmenetz, an das alle Gebäude des Schäferhofs angeschlossen sind. Dieses Vorhaben startete im Sommer und wurde in wenigen Monaten fertiggestellt. Inbetriebnahme war Mitte November. Die Einweihung erfolgte am 11.02.2016. In 2016 blickt die Hamburger Arbeiter-Kolonie auf ihr 125-jähriges Bestehen. Im Jubiläumsjahr zeigt die Stiftung am Standort Schäferhof, dass sie innovativ und leistungsfähig ist und sich aktuellen Herausforderungen stellt. Dass dies auch für unsere soziale Arbeit gilt, wollen wir in 2016 durch geeignete Wege (z.B. durch einen Fachtag zur stationären Wohnungslosenhilfe am 09.09.2016) auch gegenüber der interessierten Öffentlichkeit zeigen. Appen, im April 2016 R.Adomat, Geschäftsführender Vorstand

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Heiligabend auf dem Schäferhof

Holzwerkstatt

Bewohner des Haus Raboisen haben dem Archäologen Holger Junker geholfen, am Elbmarschenhaus Haseldorf einen Lehmbackofen zu bauen

Stationäre Wohnungslosenhilfe Schäferhof Die stationäre Wohnungslosenhilfe ist der wesentliche Teil der operativen Betätigung der Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie. Es gibt in Schleswig-Holstein insgesamt 115 stationäre Maßnahmeplätze, die Hilfe für wohnungslose Menschen anbieten, deren besondere Lebenssituation mit besonderen sozialen Schwierigkeiten verbunden ist. Diese Plätze sind schwerpunktmäßig in Kiel, Lübeck und eben im Kreis Pinneberg zu finden. Unsere Stiftung hat für den Standort Schäferhof über 40 Plätze eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung mit dem Land Schleswig-Holstein abgeschlossen. Dazu zählen bis zu drei dezentrale Heimplätze in der Region. Diese dezentralen Plätze finden sich in Wohnungen für 1-Personen-Haushalte und werden in der Regel später von den Bewohnern als Hauptmieter übernommen.

Wer zu uns kommt und die stationäre Hilfe nutzen will, muss bereit sein zu Veränderungen in seinem Leben und sich auf die für den Schäferhof geltenden Abläufe und Regeln einlassen. Damit wird niemand in ein starres System gepresst, sondern es gibt Gestaltungsraum für die besonderen Probleme jedes neu aufgenommenen Bewohners. Diese Individualität des Einzelfalls nehmen wir in unserer Arbeit sehr ernst und entwickeln anhand eines Hilfeplans gemeinsam mit dem Bewohner Lösungsstrategien und Perspektiven für seine Zukunft.

Im Jahr 2015 waren unsere Plätze mit 91,51% belegt und planmäßig ausgelastet. Wie individuell jeder Hilfeprozess verläuft, belegen die Zahlen über die Abgänge.

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Alle erwerbsfähigen Bewohner müsen sich beim Jobcenter melden und erhalten ggf. von dort Leistungen, neben den Leistungen nach SGBXII §67.

Regelmäßig stattfindende gemeinsame Kegelabende

Glückwunsch zur eigenen Wohnung!

Abgänge insgesamt: 30

Wohnungsbezüge: 6

Wechsel in andere Einrichtung: 9

Ins Ausland gegangen: 1

Verstorben: 1

Abbrüche: 13

Von den 30 Abgängen verlief der überwiegende Teil nach Hilfeplan. Es gab 13 Abbrüche, das ist mit etwa 40% der Abgänge im langfristigen und auch überregionalen Vergleich ein „normaler“, also durchschnittlicher Wert. Bei Abbrüchen können die Gründe sehr vielfältig sein. In der Regel erfüllen sich nicht die Erwartungen des Bewohners auf schnelle Beseitigung der Probleme und das eigene Vorankommen. Die Erfahrung zeigt aber, dass Veränderungen in kleinen Schritten verlaufen und Zeit benötigen. Nicht alle Hürden können im ersten Angang genommen werden. Die notwendige Frustrationstoleranz stellt eine große Anforderung dar. Die Struktur und Organisation einer stationären Einrichtung und das Einhalten von Regeln werden von manchen als Beschneidung der eigenen Freiheit empfunden und nicht als hilfreicher, stützender Rahmen, um die eigenen Ziele zu erreichen. Aber auch die Einrichtung beendet im Einzelfall die Maßnahme. Dies kann im Fall von fehlender Mitwirkung erfolgen, aber auch bei groben oder wiederholten Verstößen gegen die Hausordnung. Läuft die Hilfe gemäß Hilfeplan, so steht am Ende des Aufenthalts der Bezug einer eigenen Wohnung oder der Wechsel in eine andere Einrichtung im sozialen Hilfesystem. Die sechs Wohnungen, die 2015 durch Bewohner bezogen wurden, lagen alle im Kreis Pinneberg. Es ist schwer, stets neue geeignete und bezahlbare Wohnungen zu finden.

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Bei Ausflügen wird die Region erkundet (Rantzauer See und Speicherstadt).

Haus Raboisen: Ankunft des Mittagessen, gleich wird ausgeteilt

Die größten Chancen hat, wer über eigenes Arbeitseinkommen verfügt und keine Schufa-Einträge aufweist. Dies ist aber in vielen Fällen nicht gegeben. Ob das Ziel unserer stationären Hilfe der Bezug einer eigenen Wohnung oder aber der Wechsel in eine andere Einrichtung ist, stellt sich häufig schon im Erstgespräch heraus, da hier Hilfebedarf und Zielsetzung ermittelt werden. Dennoch kann sich im Laufe des Hilfeprozesses die Zielsetzung ändern, z.B. durch das Erkennen von zuvor verdeckten Einschränkungen, Erkrankungen oder Behinderungen. Solche stellen sich im Verlauf unserer sozialpädagogischen Arbeit oder aber durch die Inanspruchnahme von therapeutischer Hilfe außerhalb des Schäferhofs heraus. Beim Wechsel in eine andere Einrichtung muss herausgefunden werden, welche die angemessene ist und der Bewohner zu einem Wechsel motiviert werden. Die 9 Wechsel in andere Einrichtungen erfolgten in die Hilfesysteme Suchthilfe und Pflege. Stationäre Suchthilfe Haus Raboisen Im Jahre 2015 zeigte sich die Fortsetzung des positiven Trends, der bereits im Vorjahresbericht erwähnt wurde. Das Team der neuen Mitarbeiter fand sich weiter zusammen. Der Weggang des bisherigen Sozialpädagogen und die Neubesetzung der Stelle Mitte des Jahres hat diesen, z.T. sehr intensiven, Prozess der Teambildung noch einmal belebt und auch einige Neuerungen mit sich gebracht. Die Tagesstruktur des Hauses hat sich bewährt und besteht daher weiterhin unverändert. Die gemeinsame Einnahme der Mahlzeiten, die regelmäßig stattfindenden Atemalkoholkontrollen und die individuelle Unterstützung im Einzelfall werden von den Bewohnern akzeptiert und angenommen. Weitere Grundpfeiler des „Haus Raboisen“ wie z.B. das Beschäftigungsangebot im Gartenbereich bzw. im Hofcafé und die Patenschaft für den Naturerlebnisraum

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Bewohner des Haus Raboisen richten den hausübergreifenden Gemeinschaftsraum ein.

Das Gelände des Schäferhofs bietet vielfältige Möglichkeiten, die Natur zu genießen.

wurden fortgeführt und durch neue Ideen und Projekte ergänzt. Der Wochenplan mit den ergotherapeutischen Angeboten ist überarbeitet und z.T. neu gestaltet worden, wobei die festen Zeiten unberührt blieben. Aktuell ist eine Projektgruppe damit beschäftigt, eine Schautafel über die Entstehungsgeschichte Hamburgs unter Anleitung einer Ergotherapeutin herzustellen. Hierbei gilt das Prinzip „so viel Unterstützung wie nötig und so wenig wie möglich“, da das Engagement der Bewohner im Vordergrund stehen soll und dieses, besonders unter Berücksichtigung des Klientel (chronisch mehrfach beeinträchtigte alkoholkranke Menschen), nicht hoch genug zu bewerten ist. Abgerundet wird das Angebot des Hauses durch regelmäßig stattfindende Ausflüge an den Wochenenden, welche in die nähere Umgebung oder auch einmal morgens um 6:00h früh auf den Hamburger Fischmarkt führen können. Weiterhin ist zu erwähnen, dass es im Laufe des Jahres 2015 die Grenzen zwischen der Wohnungslosenhilfe und der Suchthilfe durchlässiger wurden. Einzelne Bewohner mit einer Alkoholerkrankung wechselten in das Haus Raboisen. Auch im Alltag kam es zu einer Verzahnung der Bereiche. So wurde z.B. ein Freizeit- und Aufenthaltsraum mit Bewohnern beider Bereiche und Mitarbeitern des Haus Raboisen eingerichtet. Dieser wird auch hausübergreifend genutzt. Zahlen: Das Haus Raboisen war im Jahre 2015 im Durchschnitt mit 10 von 12 Plätzen belegt. Es gab relativ großen Wechsel in der Bewohnerschaft. Zwei Bewohner haben die Maßnahme abgebrochen, zwei wurden aufgrund schwerer Erkrankung und daraus resultierender Pflegebedürftigkeit in ein Pflegeheim übergeleitet, drei Bewohner verstarben. Es gab fünf Neuaufnahmen.

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Aktion mit dem Mölln-Hof Tornesch: Historische Weizenernte im August

Natur für Alle: Barrierefreiheitskonferenz November 2015

Team des Hofcafés

Hilfen für Langzeitarbeitslose

Die Soziale Beratung und Unterstützung von Langzeitarbeitslosen hat sich als „kleines, aber feines“ Angebot etabliert. Es wurden in 2015 insgesamt 9 Teilnehmerinnen und Teilnehmer betreut. Die Beratung wird über Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine (AVGS), die seitens der Jobcenter ausgegeben werden, finanziert. Die Problemlagen, die von den Teilnehmern an uns herangetragen werden und von der zuständigen Sozialarbeiterin aufzugreifen sind, sind sehr vielfältig. Entsprechend vielfältig sind die Ergebnisse, die jeweils am Ende des Beratungs- und Unterstützungsprozesses stehen. Wechsel aus dem SGBII in die Grundsicherung der Sozialhilfe, Einstieg in eine Reha-Maßnahme und Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses sind hier zu nennen. Am Ende des Jahres wurde die Neuzertifizierung der Maßnahme wieder auf den Weg gebracht. Im Januar 2016 erhielten wir dann von der zuständigen Stelle Zertpunkt wiederum für drei Jahre die Berechtigung, das Angebot auf Basis von AVGS-Gutscheinen durchzuführen.

Naturerlebnisraum und Natur für Alle Unser Naturerlebnisraum konnte wieder zahlreiche Besucher verzeichnen. An den Führungen und Vortragsveranstaltungen nahmen häufig auch Bewohner des Schäferhofs teil. Projekt „Natur für Alle im Kreis Pinneberg“ arbeitet seine Projektschritte nach Plan ab. Die für den Naturerlebnisführer in einfacher Sprache erstellten Texte werden in Schulen und Freizeitgruppen durch Menschen mit und ohne Behinderung gegen gelesen und auf die Verständlichkeit der einfachen Sprache geprüft.

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v.l.: Maren von der Heyde, Ursula Tölken, Rainer Adomat

Vor Baubeginn des neuen Holzheizwerks

Um das Thema Barrierefreiheit im Naturerleben einem breiten Kreis in der pädagogischen und umweltpädagogischen Fachwelt im Kreis Pinneberg näher zu bringen, wurde im November ein Methodenworkshop durchgeführt. Arbeit mit Pappmaché, Einsatz von Handpuppen und Masken, Fotografieren als Türöffner zum Naturerleben und das Erstellen von Texten in einfacher Sprache wurden den etwa 50 Teilnehmenden vorgestellt. In diesem Projekt sind an allen Veranstaltungen und Arbeitsschritten Menschen mit und ohne Behinderung beteiligt, so auch beim Methodenworkshop. Das Haus Raboisen war auch eingebunden. Doch auch Verbindung Bewohner der Wohnungslosenhilfe wollen wir künftig stärker in unsere Naturerlebnisangebote einbeziehen.

Hofcafé Das Hofcafé ist wie die Organisation von Veranstaltungen Teil unseres Konzeptes, den Schäferhof zu einem Zielort von Naherholung und Naturerleben zu machen und dies mit unserer sozialen Arbeit zu verknüpfen. Im Hofcafé sind stets auch Bewohner im Service tätig und tragen so entscheidend dazu bei, dieses Angebot attraktiv zu machen. Die Besucherzahl im Hofcafé konnte in 2015 gesteigert werden. Goldenes Kronenkreuz für Ursula Tölken Im Februar 2015 wurde die langjährige Mitarbeiterin Frau Ursula Tölken feierlich verabschiedet. Frau Tölken war über 30 jahre auf dem Schäferhof in der Küche und Hauswirtschaft tätig, davon über viele Jahre als stellvertretende Hauswirtschaftsleitung. Im Rahmen der Feierstunde wurde Ursula Tölken mit dem Goldenen Kronenkreuz, der höchsten Auszeichnung der Diakonie, geehrt. Die Verleihung des Kronenkreuzes erfolgte durch Diakoniepastorin und Mitglied des Stiftungsrats Maren von der Heyde. Geschäftsführer Rainer Adomat führte aus:

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Einweihung des Holzheizwerks

Staatssekretärin Nestle und die Planer

Zahlreiche Gäste waren gekommen. Hier die Architekten und Kreispräsident Tiemann

Liebe Frau Tölken, über all die Jahre waren Sie mit Ihrem großem Fleiß und großem Einsatz eine feste Säule des Schäferhof-Teams. Sie drängeln sich nicht gern nach vorn, aber alle wussten: Uschi ist da und auf sie ist Verlass! Als Diakonie wollen wir Menschlichkeit und Liebe in die Welt bringen. Bei Ihnen spürte man immer, dass Sie die Menschen, mit denen sie arbeiteten und für die Sie zu sorgen hatten, mochten und wertschätzten. So haben Sie die Atmosphäre des Schäferhofs über all die Jahre positiv geprägt. Holzhackschnitzelheizwerk Ausgangslage und Ziele Der Aufsichtsrat der Stiftung Hamburger Arbeiter Kolonie beschloss am 23.06.2015 den Wärmebedarf für die Gebäude auf dem Schäferhof durch ein umweltfreundliches Biomasseheizwerk (Holzhackschnitzelheizwerk) zu decken. Über ein neu zu erstellendes Nahwärmenetz wird die Wärme bedarfsgerecht den Gebäuden zugeführt. Am 11.02.2016 wurde das Holzheizwerk des Schäferhofs durch Frau Staatssekretärin Dr. Nestle (Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein) im Rahmen einer Feierstunde eingeweiht, an der zahlreiche Gäste aus Politik, Kirche, Verwaltung, Wirtschaft und Sozialwesen, aber natürlich auch Mitarbeiter und Bewohner teilnahmen.

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Freude über den neuen Kessel

Der Filter wird per Kran ins Kesselhaus gesetzt.

Mit der Anlage war geplant:

- mehrere vorhandene veraltete Heizsysteme (Insellösungen) durch ein modernes zentrales Heizwerk zu ersetzen

- eine langfristig wirtschaftlich günstige Lösung umzusetzen

- einen Beitrag zum Klima- und Atmosphärenschutz leisten

- ein Konzept umzusetzen, dass auch soziale Belange („Hände an die Arbeit bringen!“) berücksichtigt

Umsetzung Offizieller Baubeginn, also „Erster Spatenstich“ mit Pressebeteiligung für das Vorhaben war am 23.07.2015 um 11.00 Uhr auf dem Schäferhof. Es wurde seinerzeit mit einer Bauzeit von etwa 6 Monaten gerechnet. Die Arbeiten gingen durch den großen Einsatz der planenden Ingenieure und der ausführenden Firmen sehr zügig voran, so dass die Anlage bereits im November 2015 angefahren wurde und seitdem in Betrieb ist. Technik Für die Versorgung der Verbraucher mit Wärme aus dem Biomasseheizwerk hat das Ingenieurbüro für Umweltschutz & Technik, 24955 Harrislee ein umfassendes Konzept entwickelt. In einem hochmodernen und vollautomatisch arbeitenden Vorschubholzkessel wird Wasser erwärmt und durch ein Rohrleitungssystem zu den Bestandsgebäuden transportiert. Ein Elektrofilter wird zur Reduzierung der Staubemission nachgeschaltet. Bei den Verbrauchern befindet sich lediglich eine Wärmeübergabestation, so dass der Heizkessel mit Schornstein und Öltank entfällt.

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Spannend: Unterquerung eines Laufgrabens

Heizwerk im Bau

Für den Übergangszeitraum wurde eine mobile Ölheizung eingesetzt.

Zusätzlich wird die Wärmeversorgung durch einen Ölkessel in Spitzen- und Notlastzeiten gesichert. Die Versorgung mit Holzhackschnitzeln wird durch die eigene Land- und Forstwirtschaft auf dem Schäferhof, durch Kooperation mit Lohnunternehmern aus der Region und den holzverarbeiteten Betrieben auf dem Grundstück sichergestellt Biomasse Holz Als Brennstoff werden vorrangig Holzhackschnitzel aus der regionalen Forst- und Knickpflege verwendet. Der Rohstoff entstammt überwiegend den Knicks, die in Schleswig-Holstein auf einer Länge von über 55.000 km die Landschaft prägen. Während die Knicks früher als Erosionsschutzhecken dienten und gleichzeitig das Brennmaterial für die Dörfer lieferten, sind sie heute ein fester Bestandteil des Natur- und Landschaftsschutzes. Knicks müssen für ihren Erhalt alle 8 – 12 Jahre auf den „Stock“ gesetzt werden Dadurch fallen im Jahr etwa 210.000 t Holz an, die bisher meistens vor Ort verbrannt wurden. Im Holzheizwerk Schäferhof werden jährlich ca.500 t /a (2.000 m³/a) Holzhackschnitzel benötigt. Umwelt und Klima Bei jeder Verbrennung entsteht Kohlendioxyd (CO2), ein Gas, das für den zunehmenden Treibhauseffekt verantwortlich ist. Das Verbrennen von Gas und Öl entlässt das seit Jahrmillionen gebundene CO2 in die Atmosphäre. Der Vorteil von Biomasse, in diesem Fall Holzhackschnitzel, ist, dass kein zusätzliches CO2 bei der Verbrennung produziert, sondern die gleiche Menge freigesetzt wird, die die Pflanzen in den Jahren vorher durch Photosynthese aus der Atmosphäre verbraucht haben. Diese Energiegewinnung ist somit CO2-neutral und nicht klimaschädlich. Die an das Wärmenetz angeschlossenen Bestandsgebäude benötigen insgesamt ca.2.000 m³/a Holzhackschnitzel, wobei durch den Einsatz

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Verlegung der Leitungen für das Nahwärmenetz

Befüllung des Bunkers am neuen Holzheizwerk

regenerativer Energie viel CO2 eingespart wird. Bezogen auf die angeschlossenen Bestandsgebäude sind das 308 t/a. Dieses entspricht ca. 260 PKW mit je 10.000 km pro Jahr. Es werden ca. 85- 90.000 ltr. Heizöl jährlich eingespart. Dies ist unter dem Aspekt „Treibhauseffekt“ ein wichtiger Beitrag zum aktiven Umweltschutz! Wirtschaftliche und soziale Gesichtspunkte Für das Vorhaben, die benötigte Wärme in einer Holzfeuerungsanlage zu erzeugen, werden heimische Energieträger genutzt. Es werden Arbeitsplätze in der Land- und Forstwirtschaft geschaffen durch Anpflanzung, Pflege, Ernte und Bereitstellung der benötigten Holzmengen. Hierbei wird gemäß dem sozialen Auftrag des Schäferhofs darauf geachtet, dass auch sozial benachteiligte Menschen und Menschen mit Behinderung zum Einsatz kommen. Ortsansässige klein- und mittelständische Unternehmen erhalten Aufträge für Planung, Betrieb und Bau der Heizanlage. Dies bedeutet eine wirtschaftliche Belebung des ländlichen Raumes. Es werden sichere Versorgungsstrukturen unabhängig von internationalen Märkten und Krisen geschaffen. Investitionen Die Investitionskosten für das gesamte Projekt, Holzheizwerk mit Heizungsgebäude und Hackschnitzelsilo und Nahwärmenetz, belaufen sich auf ca. 1.050.000 € brutto. Förderung Das Projekt wird über das Programm Erneuerbare Energie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert.

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Symbolische Übergabe der Deponie an den Schäferhof

Beweidung der Deponie durch Schäfer Stumpenhagen aus Holm

Kundgebung gegen Wohnungsnot vor dem Brandenburger Tor: Pinneberg und Appen sind dabei

Technische Daten Wärmeproduktion Holz: 1.180 MWh/a Leistung Holzkessel 550 kW Brennstoffbedarf: ca. 2.000 m³/a Lagerkapazität Silo: 150 m³ Pufferspeicher: 35 m³ Not-Reserve Ölkessel: 280 kW Versorgung: ca. 5000 qm beheizte Fläche, darunter:

- Heimgebäude - Zentralküche, Speisesaal - Wohnungen/Reihenhäuser - Werkstätten der Sozialwirtschaft - Büro- Verwaltungsgebäude - Funktionsgebäude Reiterbetrieb - Gewerbebetriebe

Nahwärmenetzlänge: 975 m SchäferhofrecyclingPLUS Der Recyclinghof Schäferhof verfügt nur über eine befristete Betriebserlaubnis. Über die Planungen, durch eine Verknüpfung mit sozialer Beschäftigung die recyclingwirtschaft dauerhaft am Standort Schäferhof zu halten, ist im Jahresbericht 2014 vorgestellt worden. 2015 wurden hierfür weitere wichtige Schritte umgesetzt. Die Gemeinde Appen hat am 26.03.15 entsprechende Aufstellungsbeschlüsse zur Änderung des Flächennutzungsplans und zur Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst. Danach wurde dann die frühzeitige Beteiligung der Fachbehörden durchgeführt. Dieses Verfahren ist zum Zeitpunkt des Abfassens dieses Berichts (April 2016) immer noch nicht abgeschlossen, allerdings sind wir nach wie optimistisch, das Vorhaben zu realisieren.

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Litauens Landespastor Kayris (rechts) mit Rainer Adomat in Riga

Besuchergruppe November 2015 unter Leitung von Landespastor Naß

Teilnehmer des Pilgerwegs

Übergabe Deponie Die Deponie Schäferhof sollte eigentlich auch in der Nachsorgephase vom ehemaligen Betreiber unterhalten und kontrolliert werden. Da sich der Betreiber hierzu nicht in der Lage sah, wurde auf Initiative Landes Schleswig-Holstein eine Regelung gefunden, die die Verantwortung und Pflichten für die Nachsorge jetzt beim Kreis Pinneberg, der Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie und dem Land Schleswig-Holstein ansiedelt. Für die Herrichtung in der Stilllegungsphase war der Betreiber noch zuständig. Diese Phase wurde im Herbst 2015 abgeschlossen. Seitdem obliegt die Pflege der Deponie, aber auch bestimmte Kontrollaufgaben der Stiftung. Diese wiederum hat für die notwendige Beweidung einen Schäfer aus der Region als Partner gewonnen. BAGW Gremienarbeit Der Geschäftsführende Vorstand der Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie ist in den Gremien der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe aktiv. Er ist Mitglied im Fachausschuss Arbeit und Qualifizierung, leitet diesen und nimmt in dieser Funktion auch an den Sitzungen des Hauptausschusse der BAGW teil. Außerdem ist er im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Stationäre Hilfen und Werkstätten in der BAGW vertreten. Bundestagung Die alle zwei Jahre stattfindende Bundestagung der BAGW ist ein Höhepunkt des fachlichen Austausches in der Wohnungslosenhilfe. In 2015 kamen dazu in Berlin über 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammen. Vom Schäferhof wird die Bundestagung regelmäßig nicht nur besucht. Durch die Moderation von Veranstaltungen und das Einbringen von fachlichen Beiträgen wird die Tagung aktiv mitgestaltet. In 2015 wurde seitens des Schäferhofs ein Beitrag zum Thema

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Stadtfest Tornesch: Schäferhofbewohner waren erfolgreich beim Wikingerschach

Eine starke Truppe rückt aus.

Sommerfest intern: Spaß

garantiert

Suchtmittelkonsum in stationären Einrichtungen verantwortet. Vortragende war die Leiterin der Sozialen Dienste, Petra Mindermann. Die Tagung 2015 schloss mit einer Kundgebung gegen Wohnungsnot am Brandenburger Tor. Besuch unter Leitung des Landespastors Immer wieder kommen Besuchergruppen auf den Schäferhof, um sich ein Bild von unserer diakonischen Arbeit zu machen. Im November 2015 besuchten der schleswig-holsteinische Landespastor Heiko Naß und der Geschäftsführer der Diakoniestiftung Schleswig-Holstein, Bernd Hannemann den Schäferhof mit einer Gruppe von über 20 Personen, die zu den regelmäßigen Spendern für die Diakoniestiftung Schleswig-Holstein zählen. Pilgerweg „Geht doch!“ macht Station auf dem Schäferhof Anlässlich des Weltklimagipfels im September 2015 wurde ein quer durch Europa führender Pilgerweg mit dem Ziel Paris organisiert. Dieser Pilgerweg machte es möglich, einzelne Abschnitte des Weges mitzugehen. So wechselten die Teilnehmer, der Pilgerzug blieb stets erhalten und auf dem Weg. Am 24. September kehrt der Pilgerzug zu einer Rast auf dem Schäferhof in Appen ein. Der Schäferort war von den Veranstaltern als „Kraftort“ gezielt ausgesucht worden. Partnerschaft ins Baltikum, Konferenz in Riga Seit Jahren unterhält man seitens des Schäferhofs eine Beziehung zur baltischen Diakonie, insbesondere zur Einrichtung Gabrielius in Litauen. Zur Pflege dieser Beziehung nahm der geschäftsführende Vorstand im Frühjahr an einer vom Diakonischen Werk Schleswig-Holstein organisierten Konferenz in Riga teil, auf der es um die Neuentwicklung und Finanzierung von Projekten ging.

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Sommerfest intern

Eine starke Truppe!

Dank an alle, die unsere Arbeit ermöglichen, tragen und unterstützen

Liebevoll per Hand gestrickt: eine persönliches Weihnachtsgeschenk für die Schäferhofbewohner, über geben von einer Strickgruppe, an der eine Appenerin betei ligt ist

Unsere Arbeit speist ihren Lauf und ihren Erfolg aus vielen Quellen. Zu nennen ist hier das große Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Vergütungen staatlicher Stellen sind die wesentliche finanzielle Basis der sozialen Arbeit, ergänzt durch Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Doch stets sehen wir unsere Vertrags- und Geschäftspartner auch als Kooperationspartner, die unseren sozialen Auftrag unterstützen. Besonders freuen wir uns über ehrenamtliches Engagement, das unserer Arbeit bzw. den Bewohnern des Schäferhofs zuteilwird. Sei es das ehrenamtlich geführte Internet-Café, seien es finanzielle Spenden oder Sachspenden wie die schönen gestrickten Sachen zu Weihnachten. Last not least: unsere Bewohner und Teilnehmer tragen die Arbeit des Schäferhofs durch Aktivität und Verantwortungsübernahme wesentlich mit. Für all das und allen, die unsere Arbeit tragen, möchten wir an dieser Stelle sehr herzlich danken.

Redaktion: R.Adomat, J.Duncker, P.Mindermann, D.Volejnik;

Fotos: R.Adomat,J.Duncker,D.Volejnik,I.Völlink, M.Meers

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Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie Schäferhof Appen Schäferhofweg 30 25482 Appen Telefon 04101 - 500 60 Fax 04101 – 500 666 [email protected] www.schaeferhof-sh.de www.naturerlebnisraum-schaeferhof.de www.stiftung-hamburg.de Spendenkonto Evangelische Bank DE 52 520 604 100 006 419 402 BIC: GENODEF1EK1