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VON R EINHARD R ECK A ndreas Ostrowicki ver- dient sein Geld mit et- was, das man nicht sieht, aber eine große Wirkung entfaltet. Der promovierte Che- miker ist Geschäftsführer der BGS Beta-Gamma-Service GmbH & Co. KG, die mit ioni- sierenden Strahlen Kunststof- fe veredelt und bestimmte Ma- terialien sterilisiert. An den Standorten in Bruchsal und in Saal an der Donau arbeitet BGS mit Elektronenbeschleu- nigern (Beta-Strahlung), am Hauptsitz in Wiehl bei Gum- mersbach kommt noch eine Anlage für Gamma-Bestrah- lung hinzu. »Sterilität unerlässlich« Das europaweit tätige Unter- nehmen hat seine Geschäftsfel- der in einer hochspezialisier- ten Branche, die aber nicht nur für viele Firmen, son- dern auch für öffentliche Ein- richtungen wichtig ist. »Bei- spielsweise im medizinischen bereich ist die Sterilität uner- lässlich«, betont Ostrowicki. »Alle Patienten verlassen sich darauf, dass Verbände, Kathe- ter, Dialysefilter und andere Materialien nicht mit krank- heitserregenden Keimen belas- tet sind.« Dies wird mit der von BGS durchgeführten »Strah- lensterilisation« gewährleis- tet. Die verpackten Produk- te werden in Bruchsal und den anderen beiden Standorten mit Förderbändern durch die Be- strahlungsanlagen geschleust und können direkt hinterher abtransportiert werden. Auch in vielen Fertigungsprozessen der Industrie, etwa in der Halb- leiterherstellung, der Pharma- und Kosmetikindustrie sowie nicht zuletzt in der Lebensmit- telverarbeitung ist eine opti- male Sterilisierung unabding- bar. Auch das zweite Standbein von BGS, die Kunststoffverede- lung durch die sogenannte »Strahlenvernetzung«, nimmt an Bedeutung zu. Im Prinzip geht es um ein »Upgrading« von Kunststoffen. Das geschieht durch eine Vernetzung von Mo- lekülen, die letztlich durch die fast mit Lichtgeschwindigkeit geschickten energiereichen Be- ta- und Gammastrahlen verur- sacht wird. Das Ergebnis: Die »veredelten« Materialien be- kommen so eine erhöhte Hitze- und Abriebsbeständigkeit und können unter erschwerten Be- dingungen eingesetzt werden. Genau das ist etwa bei Kabeli- solationen, Heizrohre oder bei Folien für bestimmte Spezial- anwendungen wichtig. Aber Sicherheit ist das A und O bei diesen sensiblen Pro- zessen. »Unsere Kunden ver- lassen sich darauf, dass bei uns höchste Standards gelten«, er- läutert Geschäftsführer Ostro- wicki. Um das durch Zertifika- te und regelmäßige Prüfungen gewährleisten zu können, suchte man Brückenschlag über den Rhein hinweg zu ei- ner Einrichtung die im Innova- tionspark (Parc d’Innovation) in Illkirch-Graf- fenstaden bei Straßburg ange- siedelt ist: dem »Centre de Res- sources Tech- nologiques (CRT) Aérial«. Die Experten dieser elässischen Einrichtung kontrollieren je- des Jahr die Bestrahlungs- anlagen an allen BGS-Stand- orten. »Wir arbeiten seit den 1990er-Jahren mit CRT Aéri- al zusammen und haben beste Erfahrungen gemacht«, unter- streicht Andreas Ostrowicki. Der Geschäftsführer macht auch deutlich, dass es in ganz Europa nur eine verschwin- dend geringe Anzahl von Ein- richtungen gibt, die überhaupt in der Lage sind, solche hoch- spezialisieren Bestrahlungsge- räte, wie sie bei BGS verwendet werden, zu kontrollieren. »Punktgenaue Messung« »In der Tat ist einer unse- rer Schwerpunkte die punkt- genaue Messung der Dosis von Bestrahlungen«, erklärt der Franzose Alain Strasser, Chef von CRT Aérial. »Wir be- treiben anwendungsorientier- te Forschung und stellen dann unser Wissen den Partnern aus der Industrie zur Verfügung«. CRT Aérial ist weder ein Un- ternehmen noch eine öffentli- che Einrichtung, sondern eine privatrechtliche Organisati- on in einer Art Vereinsform. Das Zentrum wurde in den 1980er-Jahren vom damaligen Studenten Strasser und eini- gen Mitstreitern quasi aus der Straßburger Universität ge- gründet und ist heute weltweit tätig. Die Experten im Innova- tionspark von Illkirch-Graf- fenstaden kooperieren mit vie- len Forschungseinrichtungen und werden auch von öffentli- chen Einrichtungen gefördert. »Bei unseren regelmäßigen Kontrollen überwachen wir mit einem Spektophotometer die Intensität der Strahlungen der BGS-Anlagen, um hinter- her die notwendigen Zertifika- ten ausstellen zu können«, sagt Florent Kuntz, Aérial-Projekt- leiter und zuständig für den Kontakt zu dem deutschen Un- ternehmen. Interessant sei auch für nichtfranzösische Firmen wie BGS insbesondere das weltweit anerkannte Zer- tikat von Cofrac, der offiziel- len französischen Einrichtung für die Kalibrierung von Mess- mitteln. Florent Kuntz kommt auch häufiger zu Fortbildungsver- anstaltungen nach Bruchsal und zu den anderen BGS-Stand- orten: »Das ist beispielsweise dann notwendig, wenn neue ISO-Normen in Kraft treten.« Die geringe Entfernung zwi- schen Illkirch-Graffenstaden und Bruchsal sieht Kuntz als großen Vorteil: »Wenn’s mal brennt, sind wir gleich da.« Man könne schnell reagieren, wenn es Probleme bei den Be- strahlunganlagen gibt. Strasser und Kuntz schät- zen die Kooperation mit dem deutschen Partner sehr. Kuntz hat auch keine sprachlichen Probleme mit den Kollegen von der anderen Seite des Rheins, weil er Elsässer ist. »Vielleicht verstehen wir uns deswegen ja so gut«, schmunzelt er. Lesen Sie diesen Bericht und die an- deren Teile der Serie im Internet un- ter www.bo.de/brueckenschlag Strahleneinsatz für Industrie und Verbraucher Kooperationsserie (Teil 4): Warum die deutsche BGS Beta-Gamma Service GmbH mit dem elsässischen CRT Aérial zusammenarbeitetB Das lesen Sie nächstes Mal: Grenzüberschrei- tende Kooperation bei der Justiz. 14. April Interview mit Jean- Louis Hoerlé über die Kooperation. 21. April Die Staustufe Iffez- heim – ein Erfolgs- projekt. 28. April Software aus Kehl für den Europarat in Straßburg. 5. Mai Beta- und Gamma- strahlung – Brücken- schlag erwünscht. 12. Mai Anwälte aus zwei Ländern suchen den Kontakt. 19. Mai Grenzüberschreiten- de Zusammenarbeit im Bankensektor. 26. Mai Bessere Technik für Orgeln mit EU-For- schungsvorhaben. 2. Juni Chancen mit grenzüberschreiten- der Ausbildung. Eine Serie der Wirtschaft: Brückenschlag am Oberrhein Im vierten Teil unserer Se- rie über die grenzübschrei- tende Wirtschaftskoopera- tion am Oberrhein geht es um eine hochspezialisier- te Branche. Die BGS Be- ta-Gamma-Service GmbH & Co. Kg mit Sitz im nord- rheinwestfälischen Wiehl, die im badischen Bruch- sal ein Zweigwerk betreibt, nutzt Strahlungen unter anderem zur Kunststoff- veredelung und zur Steri- lisierung. Um ihren hohen Standard zu halten, koope- riert das Unternehmen mit dem Straßburger Ressour- cenzentrum CRT Aérial. BGS-Chef Andreas Ostrowi- cki: »Wir haben mit CRT Aérial beste Erfahrungen gemacht. Foto: BGS »Regelmäßige Kontrollen«: Florent Kuntz (links) und Alain Strasser vom CRT Aérial mit einem Spektophotometer zur Messung der Strahlendosis. Foto: Reinhard Reck Bei der BGS Beta-Gamma-Service GmbH wer- den die Produkte in der Verpackung durch die Bestrahlungsanlagen geschleust. Foto: BGS

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Page 1: Strahleneinsatz für Industrie und Verbraucheren.bgs.eu/wp-content/uploads/2015/08/Mittelbadische...»Centre de Res-sources Tech-nologiques (CRT) Aérial«. Die Experten dieser elässischen

Von ReinhaRd Reck

Andreas Ostrowicki ver-dient sein Geld mit et-was, das man nicht

sieht, aber eine große Wirkung entfaltet. Der promovierte Che-miker ist Geschäftsführer der BGS Beta-Gamma-Service GmbH & Co. KG, die mit ioni-sierenden Strahlen Kunststof-fe veredelt und bestimmte Ma-terialien sterilisiert. An den Standorten in Bruchsal und in Saal an der Donau arbeitet BGS mit Elektronenbeschleu-nigern (Beta-Strahlung), am Hauptsitz in Wiehl bei Gum-mersbach kommt noch eine Anlage für Gamma-Bestrah-lung hinzu.

»Sterilität unerlässlich«Das europaweit tätige Unter-

nehmen hat seine Geschäftsfel-der in einer hochspezialisier-ten Branche, die aber nicht nur für viele Firmen, son-dern auch für öffentliche Ein-richtungen wichtig ist. »Bei-spielsweise im medizinischen bereich ist die Sterilität uner-lässlich«, betont Ostrowicki. »Alle Patienten verlassen sich darauf, dass Verbände, Kathe-ter, Dialysefilter und andere

Materialien nicht mit krank-heitserregenden Keimen belas-tet sind.« Dies wird mit der von BGS durchgeführten »Strah-lensterilisation« gewährleis-tet. Die verpackten Produk-te werden in Bruchsal und den anderen beiden Standorten mit Förderbändern durch die Be-strahlungsanlagen geschleust und können direkt hinterher abtransportiert werden. Auch in vielen Fertigungsprozessen der Industrie, etwa in der Halb-leiterherstellung, der Pharma- und Kosmetikindustrie sowie nicht zuletzt in der Lebensmit-telverarbeitung ist eine opti-male Sterilisierung unabding-bar.

Auch das zweite Standbein von BGS, die Kunststoffverede-lung durch die sogenannte »Strahlenvernetzung«, nimmt an Bedeutung zu. Im Prinzip geht es um ein »Upgrading« von Kunststoffen. Das geschieht durch eine Vernetzung von Mo-lekülen, die letztlich durch die fast mit Lichtgeschwindigkeit geschickten energiereichen Be-ta- und Gammastrahlen verur-sacht wird. Das Ergebnis: Die

»veredelten« Materialien be-kommen so eine erhöhte Hitze- und Abriebsbeständigkeit und können unter erschwerten Be-dingungen eingesetzt werden. Genau das ist etwa bei Kabeli-solationen, Heizrohre oder bei Folien für bestimmte Spezial-anwendungen wichtig.

Aber Sicherheit ist das A und O bei diesen sensiblen Pro-zessen. »Unsere Kunden ver-lassen sich darauf, dass bei uns höchste Standards gelten«, er-läutert Geschäftsführer Ostro-wicki. Um das durch Zertifika-te und regelmäßige Prüfungen gewährleisten zu können, suchte man Brückenschlag über den Rhein hinweg zu ei-ner Einrichtung die im Innova-tionspark (Parc d’Innovation) in Illkirch-Graf-

fenstaden bei Straßburg ange-siedelt ist: dem »Centre de Res-sources Tech-

nologiques (CRT) Aérial«. Die Experten dieser elässischen Einrichtung kontrollieren je-des Jahr die Bestrahlungs-anlagen an allen BGS-Stand-orten. »Wir arbeiten seit den 1990er-Jahren mit CRT Aéri-al zusammen und haben beste Erfahrungen gemacht«, unter-streicht An dreas Ostrowicki. Der Geschäftsführer macht auch deutlich, dass es in ganz Europa nur eine verschwin-dend geringe Anzahl von Ein-richtungen gibt, die überhaupt in der Lage sind, solche hoch-spezialisieren Bestrahlungsge-räte, wie sie bei BGS verwendet werden, zu kontrollieren.

»Punktgenaue Messung«»In der Tat ist einer unse-

rer Schwerpunkte die punkt-genaue Messung der Dosis von Bestrahlungen«, erklärt der Franzose Alain Strasser, Chef von CRT Aérial. »Wir be-treiben anwendungsorientier-

te Forschung und stellen dann unser Wissen den Partnern aus der Industrie zur Verfügung«. CRT Aérial ist weder ein Un-ternehmen noch eine öffentli-che Einrichtung, sondern eine privatrechtliche Organisati-on in einer Art Vereinsform. Das Zentrum wurde in den 1980er-Jahren vom damaligen Studenten Strasser und eini-gen Mitstreitern quasi aus der Straßburger Universität ge-gründet und ist heute weltweit tätig. Die Experten im Innova-tionspark von Illkirch-Graf-fenstaden kooperieren mit vie-len Forschungseinrichtungen und werden auch von öffentli-chen Einrichtungen gefördert.

»Bei unseren regelmäßigen Kontrollen überwachen wir mit einem Spektophotometer die Intensität der Strahlungen der BGS-Anlagen, um hinter-her die notwendigen Zertifika-ten ausstellen zu können«, sagt Florent Kuntz, Aérial-Projekt-

leiter und zuständig für den Kontakt zu dem deutschen Un-ternehmen. Interessant sei auch für nichtfranzösische Firmen wie BGS insbesondere das weltweit anerkannte Zer-tikat von Cofrac, der offiziel-len französischen Einrichtung für die Kalibrierung von Mess-mitteln.

Florent Kuntz kommt auch häufiger zu Fortbildungsver-anstaltungen nach Bruchsal und zu den anderen BGS-Stand-orten: »Das ist beispielsweise dann notwendig, wenn neue ISO-Normen in Kraft treten.« Die geringe Entfernung zwi-schen Illkirch-Graffenstaden und Bruchsal sieht Kuntz als großen Vorteil: »Wenn’s mal brennt, sind wir gleich da.« Man könne schnell reagieren, wenn es Probleme bei den Be-strahlunganlagen gibt.

Strasser und Kuntz schät-zen die Kooperation mit dem deutschen Partner sehr. Kuntz hat auch keine sprachlichen Probleme mit den Kollegen von der anderen Seite des Rheins, weil er Elsässer ist. »Vielleicht verstehen wir uns deswegen ja so gut«, schmunzelt er.

Lesen Sie diesen Bericht und die an-deren Teile der Serie im Internet un-ter www.bo.de/brueckenschlag

Strahleneinsatz für Industrie und VerbraucherKooperationsserie (Teil 4): Warum die deutsche BGS Beta-Gamma Service GmbH mit dem elsässischen CRT Aérial zusammenarbeitetB

Das lesen Sie nächstes Mal:

Grenzüberschrei-

tende Kooperation

bei der Justiz.

14. April

Interview mit Jean-Louis Hoerlé über die Kooperation.

21. April

Die Staustufe Iffez-heim – ein Erfolgs-projekt.

28. April

Software aus Kehl für den Europarat in Straßburg.

5. Mai

Beta- und Gamma-strahlung – Brücken-schlag erwünscht.

12. Mai

Anwälte aus zwei Ländern suchen den Kontakt.

19. Mai

Grenzüberschreiten-de Zusammenarbeit im Bankensektor.

26. Mai

Bessere Technik für Orgeln mit EU-For-schungsvorhaben.

2. Juni

Chancen mit grenzüberschreiten-der Ausbildung.

Eine Serie der

Wirtschaft:Brückenschlag am

Oberrhein

Im vierten Teil unserer Se-rie über die grenzübschrei-tende Wirtschaftskoopera-tion am Oberrhein geht es um eine hochspezialisier-te Branche. Die BGS Be-ta-Gamma-Service GmbH & Co. Kg mit Sitz im nord-rheinwestfälischen Wiehl, die im badischen Bruch-sal ein Zweigwerk betreibt, nutzt Strahlungen unter anderem zur Kunststoff-veredelung und zur Steri-lisierung. Um ihren hohen Standard zu halten, koope-riert das Unternehmen mit dem Straßburger Ressour-cenzentrum CRT Aérial.

BGS-Chef Andreas Ostrowi-cki: »Wir haben mit CRT Aérial beste Erfahrungen gemacht. Foto: BGS

»Regelmäßige Kontrollen«: Florent Kuntz (links) und Alain Strasser vom CRT Aérial mit einem Spektophotometer zur Messung der Strahlendosis. Foto: Reinhard Reck

Bei der BGS Beta-Gamma-Service GmbH wer-den die Produkte in der Verpackung durch die Bestrahlungsanlagen geschleust. Foto: BGS