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EUREK Europäisches Raumentwicklungskonzept Auf dem Wege zu einer räumlich ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung der Europäischen Union Angenommen beim Informellen Rat der für Raumordnung zuständigen Minister in Potsdam, Mai 1999 Herausgegeben von der Europäischen Kommission

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EUREKEuropäisches

Raumentwicklungskonzept

Auf dem Wege zu einer räumlich ausgewogenen undnachhaltigen Entwicklung der Europäischen Union

Angenommen beim Informellen Rat der fürRaumordnung zuständigen Minister in Potsdam, Mai 1999

Herausgegeben von der Europäischen Kommission

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Vorgelegt vom Ausschuß für Raumentwicklung

Zahlreiche weitere Informationen zur Europäischen Union sind über Internet verfügbar: Server Europa(http://europa.eu.int) und Website Inforegio (http://inforegio.cec.eu.int).

Bibliographische Daten befinden sich am Ende der Veröffentlichung.

Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 1999

ISBN 92-828-7656-X

© Europäische Gemeinschaften, 1999Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.

Printed in Italy

GEDRUCKT AUF CHLORFREI GEBLEICHTEM PAPIER

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(1) Die für die Raumordnung zuständigen Ministerinnenund Minister der Mitgliedstaaten der Europäischen Unionsowie das für die Regionalpolitik zuständige Mitglied derEuropäischen Kommission stellten in Potsdam den Ab-schluß der politischen Debatte über das Europäische Raum-entwicklungskonzept (EUREK) als wichtigen Schritt imeuropäischen Integrationsprozeß heraus.

(2) Mit dem EUREK verständigten sich Mitgliedstaatenund Kommission auf gemeinsame räumliche Ziele bzw.Leitbilder für die zukünftige Entwicklung des Territoriumsder Europäischen Union.

(3) Das Anliegen der Raumentwicklungspolitiken ist es, aufeine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Terri-toriums der Union hinzuwirken. Nach Auffassung der Mi-nisterinnen und Minister ist sicherzustellen, daß die dreigrundlegenden Ziele europäischer Politik gleichermaßenerreicht werden:I wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt,I Erhaltung und Management der natürlichen Lebens-

grundlagen und des kulturellen Erbes,I ausgeglichenere Wettbewerbsfähigkeit des europäischen

Raumes.

Das EUREK ist ein geeigneter Orientierungsrahmen für dieFachpolitiken der Gemeinschaft und der Mitgliedstaatenmit räumlichen Wirkungen sowie für regionale und lokaleGebietskörperschaften zur Erreichung einer ausgewogenenund nachhaltigen Entwicklung des europäischen Territori-ums.

(4) Im Interesse einer engeren europäischen Integrationsehen die Ministerinnen und Minister die Zusammenarbeitbei der räumlichen Entwicklung zwischen den Mitglied-staaten untereinander sowie zwischen ihren Regionen undlokalen Gebietskörperschaften als notwendig an. Regiona-le und lokale Gebietskörperschaften müssen künftig übernationale Grenzen hinweg zusammenarbeiten. Das EUREKist das geeignete Referenzdokument für die Unterstützungdieser Zusammenarbeit unter Wahrung des Subsidiaritäts-prinzips.

(5) Alle Beteiligten waren sich einig, daß das EUREK kei-ne neuen Kompetenzen auf der Ebene der Gemeinschaftbegründet. Es dient den Mitgliedstaaten, deren Regionenund lokalen Gebietskörperschaften und der EuropäischenKommission im jeweiligen eigenem Zuständigkeitsbereichals politischer Orientierungsrahmen.

EUREK Europäisches RaumentwicklungskonzeptAuf dem Wege zu einer räumlich ausgewogenenund nachhaltigen Entwicklung der EU

Auszug aus den Schlußfolgerungen der deutschen Ratspräsidentschaft

beim Informellen Rat der für die Raumordnung zuständigen Ministerinnen

und Minister der Europäischen Union

Potsdam, 10./11. Mai 1999

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Teil A

Für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Territoriums der EU:der Beitrag der Raumentwicklungspolitik ………………………………………………………………… 5

1 Der räumliche Ansatz auf europäischer Ebene …………………………………………………………… 71.1 Das „Territorium”: eine neue Dimension der europäischen Politik…………………………………………… 71.2 Räumliche Entwicklungsunterschiede………………………………………………………………………… 81.3 Die grundlegenden Ziele des EUREK ……………………………………………………………………… 101.4 Der Status des EUREK ……………………………………………………………………………………… 111.5 Das EUREK als Prozeß ……………………………………………………………………………………… 12

2 Einfluß der Politiken der Gemeinschaft auf das Territorium der EU……………………………………… 132.1 Wachsende Bedeutung der raumwirksamen EU-Politiken ………………………………………………… 132.2 EU-Politiken mit räumlichen Auswirkungen ……………………………………………………………… 142.2.1 Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft ……………………………………………………………………… 142.2.2 Transeuropäische Netze (TEN) ……………………………………………………………………………… 142.2.3 Strukturfonds ………………………………………………………………………………………………… 162.2.4 Gemeinschaftliche Agrarpolitik (GAP)……………………………………………………………………… 172.2.5 Umweltpolitik ……………………………………………………………………………………………… 172.2.6 Forschung, Technologie und Entwicklung (FTE) …………………………………………………………… 182.2.7 Darlehenstätigkeit der Europäischen Investitionsbank ……………………………………………………… 192.3 Für eine verbesserte räumliche Kohärenz der EU-Politiken ………………………………………………… 19

3 Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU………………………………………………… 203.1 Räumliche Orientierung von Politiken ……………………………………………………………………… 203.2 Polyzentrische Raumentwicklung und eine neue Beziehung zwischen Stadt und Land …………………… 213.2.1 Polyzentrische und ausgewogene Raumentwicklung in der EU …………………………………………… 213.2.2 Dynamische, attraktive und wettbewerbsfähige Städte und Verdichtungsregionen ………………………… 233.2.3 Eigenständige, vielfältige und leistungsfähige ländliche Räume …………………………………………… 243.2.4 Partnerschaft zwischen Stadt und Land……………………………………………………………………… 263.3 Gleichwertiger Zugang zu Infrastruktur und Wissen………………………………………………………… 273.3.1 Ein integrierter Ansatz zur verbesserten Verkehrsanbindung und des Zugangs zu Wissen ………………… 273.3.2 Die polyzentrische Entwicklung: ein Leitbild besserer Erreichbarkeit ……………………………………… 283.3.3 Effiziente und nachhaltige Nutzung der Infrastruktur ……………………………………………………… 303.3.4 Verbreitung von Innovation und Wissen …………………………………………………………………… 313.4 Umsichtiger Umgang mit der Natur und dem Kulturerbe …………………………………………………… 323.4.1 Natur und Kulturerbe als Entwicklungsgut ………………………………………………………………… 323.4.2 Erhalt und Entwicklung der Natur…………………………………………………………………………… 333.4.3 Wasserressourcenmanagement: eine spezielle Herausforderung für die räumliche Entwicklung…………… 343.4.4 Kreativer Umgang mit Kulturlandschaften ………………………………………………………………… 353.4.5 Kreativer Umgang mit dem Kulturerbe……………………………………………………………………… 36

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

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4 Die Anwendung des EUREK ……………………………………………………………………………… 384.1 Auf dem Wege zu einer integrierten Raumentwicklung …………………………………………………… 384.2 Die Anwendung des EUREK auf Gemeinschaftsebene …………………………………………………… 404.3 Die transnationale Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten …………………………………………………… 434.4 Die grenzübergreifende und interregionale Zusammenarbeit ……………………………………………… 464.5 Die Anwendung des EUREK in den Mitgliedstaaten ……………………………………………………… 484.6 Die Bedeutung des EUREK für die gesamteuropäische und internationale Zusammenarbeit ……………… 48

5 Die Erweiterung der EU: eine zusätzliche Herausforderung für die europäische Raumentwicklungspolitik … 495.1 Ein neuer Referenzraum für das EUREK …………………………………………………………………… 495.2 Wichtige Merkmale der räumlichen Entwicklung in den Beitrittsstaaten …………………………………… 505.2.1 Bevölkerung ………………………………………………………………………………………………… 505.2.2 Wirtschaft …………………………………………………………………………………………………… 515.2.3 Verkehr ……………………………………………………………………………………………………… 515.2.4 Umwelt ……………………………………………………………………………………………………… 515.2.5 Schlußfolgerung …………………………………………………………………………………………… 52 5.3 Spezifische Aufgaben für die europäische Raumentwicklungspolitik in den künftigen Mitgliedstaaten ……525.4 Räumliche Auswirkungen der Erweiterung auf die Regionen der EU ……………………………………… 535.5 Die politischen Ziele und Optionen des EUREK im Lichte der Erweiterung ……………………………… 545.6 Grundsätze zur Einbeziehung der Erweiterungsaufgabe in die europäische Raumentwicklung …………… 54

Teil B

Das Territorium der EU: Tendenzen, Perspektiven und Herausforderungen………………… 57

1 Bedingungen und Trends der Raumentwicklung der EU…………………………………………………… 591.1 Geographische Merkmale der EU …………………………………………………………………………… 591.2 Bevölkerungsentwicklung …………………………………………………………………………………… 611.3 Wirtschaftliche Tendenzen ………………………………………………………………………………… 631.4 Umweltrelevante Entwicklungen …………………………………………………………………………… 66

2 Themen der Raumentwicklung von europäischer Bedeutung ……………………………………………… 692.1 Veränderungstendenzen im europäischen Städtesystem …………………………………………………… 692.1.1 Das Entstehen urbaner Netze………………………………………………………………………………… 692.1.2 Veränderung urbaner wirtschaftlicher Möglichkeiten ……………………………………………………… 692.1.3 Fortschreitende Ausuferung der Städte ……………………………………………………………………… 702.1.4 Zunehmende soziale Segregation in Städten ………………………………………………………………… 702.1.5 Verbesserungen der städtischen Lebensqualität …………………………………………………………… 712.2 Die sich ändernde Rolle und Funktion der ländlichen Räume ……………………………………………… 712.2.1 Steigende Interdependezen von städtischen und ländlichen Räumen ……………………………………… 712.2.2 Unterschiedliche Entwicklungslinien in ländlichen Räumen ……………………………………………… 712.2.3 Veränderungen in Land- und Forstwirtschaft – Konsequenzen für Wirtschaft und Flächennutzung ……… 72

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2.3 Verkehr und Vernetzung …………………………………………………………………………………… 732.3.1 Grenz- und Integrationsprobleme der Netze ………………………………………………………………… 732.3.2 Wachsende Transportströme und Überlastungserscheinungen ……………………………………………… 742.3.3 Erreichbarkeitsdefizite in der EU …………………………………………………………………………… 742.3.4 Konzentration und Entwicklungskorridore ………………………………………………………………… 752.3.5 Ungleichgewichte in der Verbreitung von Innovation und Wissen ………………………………………… 762.4 Natur und Kulturerbe………………………………………………………………………………………… 772.4.1 Verlust von biologischer Vielfalt und natürlichen Gebieten ………………………………………………… 772.4.2 Gefährdung der Wasserressourcen ………………………………………………………………………… 782.4.3 Wachsende Bedrohung der Kulturlandschaften……………………………………………………………… 802.4.4 Wachsende Bedrohung des kulturellen Erbes ……………………………………………………………… 80

3 Ausgewählte Programme und Leitbilder für eine integrierte Raumentwicklung …………………………813.1 Raumwirksame EU-Förderprogramme ……………………………………………………………………… 813.2 INTERREG II C-Programme ……………………………………………………………………………… 823.3 Pilotaktionen zur transnationalen Raumentwicklung unter Artikel 10 EFRE ……………………………… 833.4 Räumliche Leitbilder………………………………………………………………………………………… 84

4 Basisdaten für die Beitrittsstaaten und Mitgliedstaaten…………………………………………………… 85

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Teil A Für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Territoriums der EU: der Beitrag der Raumentwicklungspolitik

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EUREK

1.1 Das „Territorium”: eine neue Dimen-sion der europäischen Politik

(1) Das charakteristische Merkmal des Territoriums der Eu-ropäischen Union (EU) ist seine auf engem Raum konzen-trierte kulturelle Vielfalt. Hierdurch unterscheidet es sichvon anderen großen Wirtschaftsräumen der Welt, wie USA,Japan und MERCOSUR1. Diese Vielfalt – potentiell einerder wichtigsten Entwicklungsfaktoren der EU – muß imZuge der europäischen Integration gewahrt bleiben. Des-halb dürfen die Politiken mit Einfluß auf die Raum- undSiedlungsstruktur in der EU die lokalen und regionalenIdentitäten, die zur Bereicherung der Lebensqualität allerBürgerinnen und Bürger beitragen, nicht vereinheitlichen.

(2) Seit Inkrafttreten der Wirtschafts- und Währungsunion(WWU) ist die europäische Integration erheblich fortge-schritten2. Mit der wachsenden wirtschaftlichen und sozia-len Integration verlieren die Binnengrenzen zunehmendihren trennenden Charakter, und es entstehen intensivereBeziehungen und Verflechtungen zwischen den Städtenund den Regionen der Mitgliedstaaten. Das bedeutet u. a.,daß regionale, nationale oder gemeinschaftliche Vorhabenin einem Staat über dessen Hoheitsgebiet hinaus erheblicheAuswirkungen auf die Raum- und Siedlungsstruktur ande-rer Mitgliedstaaten haben können. Bei der Durchführunggemeinschaftlicher Politiken müssen künftig die räumli-chen Wirkungen frühzeitig berücksichtigt werden, da bei-spielsweise regionale Produktivitätsunterschiede in Zu-kunft nicht mehr durch nationale Wechselkursanpassungenausgeglichen werden können. Das trägt zur Vermeidunggrößerer regionaler Disparitäten bei.

(3) Entwicklungsvorhaben verschiedener Mitgliedstaatenergänzen sich am besten dann, wenn sie sich an gemeinsamfestgelegten Zielen zur räumlichen Entwicklung orientie-ren. Die nationalen Raumentwicklungspolitiken der Mit-gliedstaaten und die Fachpolitiken der EU bedürfen daherklarer, räumlich übergreifender Leitbilder. Diese werdenmit dem Europäischen Raumentwicklungskonzept(EUREK) von den Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mitder Europäischen Kommission vorgelegt.

(4) Der Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt, eine derwesentlichen Triebkräfte für den räumlichen Ent-wicklungsprozeß in der EU, wird durch die WWU noch ver-stärkt. Auch wenn die Regionen, Städte und Gemeinden be-reits begonnen haben, in verschiedenen Bereichen zusam-

menzuarbeiten, so stehen sie miteinander in Konkurrenz umwirtschaftliche Aktivitäten, Arbeitsplätze und Infrastruktur.Gegenwärtig haben jedoch nicht alle europäischen Teilräu-me die gleichen Ausgangsbedingungen. Die Stärkung deswirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der EU wirddadurch erschwert. Es ist deshalb wichtig, schrittweise einräumliches Gleichgewicht mit dem Ziel einer geographischausgewogeneren Verteilung des Wachstums auf dem Terri-torium der EU (Kohäsionsziel) anzustreben.

(5) Angesichts gravierender Arbeitsmarktprobleme in derüberwiegenden Zahl der Regionen der EU muß räumlicheEntwicklungspolitik die Anstrengungen zur Schaffung neuer,zukunftsfähiger Arbeitsplätze für die Bürgerinnen und Bürgerunterstützen. Nur bei relativ ausgeglichenen regionalen Ar-beitsmärkten können sie ihr Leben selbst und eigenverant-wortlich gestalten und die Vorteile der europäischen Integra-tion in ihrer jeweiligen Heimatregion positiv erfahren.

(6) Die langfristigen räumlichen Entwicklungstendenzenin der EU werden vor allem durch drei Faktoren beeinflußt:

I die fortschreitende wirtschaftliche Integration und diedamit verbundene verstärkte Kooperation zwischen denMitgliedstaaten,

I die wachsende Bedeutung der lokalen und regionalenGebietskörperschaften und ihre Rolle bei der Raument-wicklung und

I die zu erwartende Erweiterung der EU und die Ent-wicklung der Beziehungen zu ihren Nachbarn.

Diese drei Entwicklungsfaktoren müssen vor dem Hinter-grund weltweiter wirtschaftlicher und technologischer Ent-wicklungen sowie der allgemeinen demographischen, sozia-len und ökologischen Trends gesehen werden. Richtig ge-nutzt, stellen sie wichtige Rahmenbedingungen für ein stär-keres Zusammenwachsen des europäischen Raumes dar.

(7) Räumliche Entwicklungsprobleme in der EU könnenkünftig nur durch das Zusammenwirken unterschiedlicherRegierungs- und Verwaltungsebenen gelöst werden, da sichim Zuge der europäischen Integration auf allen Ebenen en-gere Beziehungen entwickeln: zwischen den Regionen un-tereinander sowie zwischen Regionen und nationalen undeuropäischen Organen. Die Abhängigkeit der Städte undRegionen von weltweiten Trends und von Entscheidungenauf Gemeinschaftsebene steigt. Außerdem können die po-sitiven Effekte der europäischen Integration durch eine ak-

1 Der räumliche Ansatz auf europäischer Ebene

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Der räumliche Ansatz auf europäischer Ebene

Karte 1: Bruttoinlandsprodukt

75 bis unter 100

100 bis unter 125

125 und mehr

Quelle: Eurostat

bis unter 75

BIP in Kaufkraftstandards (KKS)je Einwohner 1995Index: EUR 15 = 100

NUTS 2

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

tive Beteiligung der Städte und Regionen an der räumli-chen Entwicklung besser zum Tragen kommen.

(8) Das EUREK bietet die Möglichkeit, den Blick über dierein fachpolitischen Maßnahmen hinaus auf die Gesamtsi-tuation des europäischen Territoriums zu richten und dabeiauch die Entwicklungschancen, die sich für die einzelnenRegionen ergeben, zu berücksichtigen. Neue Formen dermit dem EUREK vorgeschlagenen Zusammenarbeit sollendazu beitragen, daß bislang unabhängig voneinander agie-rende Fachpolitiken in Zukunft zusammenarbeiten, wennsie dasselbe Territorium betreffen. Darüber hinaus bedarfdie Gemeinschaft nicht nur der aktiven Mithilfe der natio-nalen Fachpolitiken, sondern gerade auch der Städte und

Regionen, um die Ziele der EU bürgernah verwirklichen zukönnen. Auf diese Weise wird das im Vertrag über die EUverankerte Subsidiaritätsprinzip mit Leben erfüllt.

1.2 Räumliche Entwicklungsunterschiede

(9) Mit mehr als 370 Mio. Einwohnern auf einer Fläche von3,2 Mio. km2 und einem jährlichen Bruttoinlandsprodukt(BIP) von 6,8 Bill. ECU gehört die EU zu den größten undwirtschaftsstärksten Regionen der Welt.3

(10) Die EU weist jedoch gravierende wirtschaftliche Un-gleichgewichte auf, die die Verwirklichung des angestrebtenLeitbildes einer regional ausgewogenen und nachhaltigenRaumentwicklung erschweren. Die räumlich unterschiedli-

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EUREK

che Verteilung des Wirtschaftspotentials läßt sich wie folgtbeschreiben (vgl. Karte 1). In dem durch die europäischenMetropolen London, Paris, Mailand, München und Hamburgabgegrenzten Raum im Zentrum der EU erwirtschaften auf20% der Fläche 40% der Bevölkerung 50% des Bruttoin-landsproduktes der EU4. Am südlichen Rand der EUdagegen – von Portugal über Südspanien und Süditalien bishin nach Griechenland – sowie in den neuen LändernDeutschlands erreicht das BIP pro Kopf nur etwa 50% bis65% des EU-Durchschnitts. Nicht viel besser stehen inwirtschaftlicher Hinsicht einige Regionen an der nördlichenPeripherie der EU – zum Beispiel in Nordfinnland und imNorden des Vereinigten Königreiches – da; die Überseege-biete erreichen zum großen Teil sogar nur BIP-Werte proKopf von weniger als 50% des EU-Durchschnitts5. Hier mußdas EUREK seinen Beitrag dazu leisten, daß mittelfristig eineräumlich ausgewogenere Entwicklung erreicht wird.

(11) In den zehn Jahren zwischen 1986 und 1996 haben die25 Regionen6 der EU mit der geringsten Wirtschaftskraftihren relativen Rückstand nur teilweise aufholen können: ihrBIP pro Kopf-Niveau stieg von 52% des EU-Durchschnittsim Jahr 1986 auf 59% im Jahr 1996. Im Jahr 1986 war dasBIP pro Kopf der 25 reichsten Regionen 2,7mal so groß wiedas der 25 ärmsten Regionen; zehn Jahre später betrug das

BIP pro Kopf-Gefälle nur noch das 2,4 fache. Trotz dieserlangsamen Angleichung sind die Disparitäten in der EU wei-terhin hoch. Nach Berechnungen der Europäischen Kommis-sion (GD XVI) sind im Jahr 1996 die Disparitäten zwischenden Bundesstaaten der USA weniger als halb so groß wie diezwischen vergleichbaren Regionseinheiten in der EU7.

(12) Während also die Unterschiede in der Wirtschaftskraftzwischen „reichen“ und „armen“ Regionen leicht rückläu-fig sind, wachsen die regionalen Disparitäten innerhalbmehrerer Mitgliedstaaten. Dies liegt zum einen daran, daßin den vier Kohäsionsländern (Griechenland, Spanien, Por-tugal und Irland) häufig die relativ wirtschaftsstarken städ-tischen Zentren höhere Wachstumsraten haben als die är-meren, zumeist ländlich geprägten Regionen des jeweiligenMitgliedstaates; zum anderen gibt es aber auch innerhalbder „reicheren“ Mitgliedstaaten Disparitäten zwischen ehe-mals wohlhabenden Regionen, deren Industrie im Nieder-gang ist und die deshalb eine relativ schwache wirtschaft-liche Dynamik aufweisen, und solchen Regionen, derenwirtschaftliches Wachstum ungebrochen ist (vgl. Abb. 1).

(13) Das EUREK geht davon aus, daß Wachstum an sich bzw.die Angleichung wirtschaftlicher Kennziffern allein nicht aus-reicht, um eine ausgewogene und nachhaltige Wirtschafts-

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UKSFIPATNLLIIRLFEGRDDKB

RegionBruxelles-capitale

Hainaut

Hamburg

Dessau

Attiki

Ipeiros

Comunidadde Madrid

Ile-de-France

Emilia-Romagna

Calabria

Groningen

Flevo-land

Wien

Burgen-land

Lisboae Valedo Tejo

Açores

Uusimaa(suuralue)

Itä-Suomi

Stockholm

ÖstraMellan-sverige

innerLondon

Cornwalland Islesof ScillyExtre-

madura

Languedoc-Roussillon

Abb. 1: Regionale Unterschiede im Pro-Kopf-BIP (KKS) in den Mitgliedstaaten 1996

über Landesdurchschnitt unter dem Landesdurchschnitt

Die genannten Regionen (NUTS 2) sind die Regionen mit dem geringsten bzw. dem höchsten Pro-Kopf-BIP in jedem Land.

EUR 15-Durchschnitt

Quelle: Eurostat

EUR 15 = 100

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und Raumstruktur in derEU zu entwickeln. Wirt-schaftliches Wachstummuß für die Bevölke-rung durch eine Zunah-me der Arbeitsplätze„sichtbar” werden. Eineder größten Herausfor-derungen in der EU istdie Bekämpfung der ho-hen Arbeitslosigkeit.Nach einem Höchst-stand von 18,5 Mio. Ar-beitslosen im Jahr 1994ist die Zahl der Arbeits-losen zwar bis Ende1998 auf 16,5 Mio. ge-sunken. Das entsprichtaber immer noch knappzehn Prozent der arbeits-

fähigen Bevölkerung. Arbeitslosigkeit bedeutet nicht nur ei-nen tiefen Einschnitt in die persönliche Lebensplanung, son-dern auch eine Entwertung von Qualifikationen und einenVerlust an Produktions- und Wertschöpfungspotentialen fürdie gesamte EU. 50% der Arbeitslosen gelten als Langzeitar-beitslose mit mehr als einem Jahr ohne Erwerbsarbeit. Die Ju-gendarbeitslosigkeit in der EU beträgt über 20% und weistsehr große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten auf(vgl. Abb. 2).

(14) Die zunehmende wirtschaftliche Integration in der EUund der wachsendeBinnenhandel zwi-schen den EU-Mit-gliedstaaten führen zueinem stetigen Anstiegdes Personen- und Gü-terverkehrs. Insbeson-dere der europäischeGüterverkehr auf derStraße hat deutlich zu-genommen und zu re-gionalen Überlastun-gen der Siedlungs- undVerkehrsinfrastrukturgeführt (vgl. Abb. 3).

(15) ZunehmendesVerkehrsaufkommenund ineffizient organi-sierte Siedlungsstruk-

turen tragen dazubei, daß die EU – ge-meinsam mit den an-deren großen Indu-strieländern bzw. -re-gionen – für einengroßen Teil der welt-weiten CO2-Emis-sionen verantwort-lich ist (vgl. Abb. 4).Für die Raument-wicklungspolitik be-deutet es eine großeHerausforderung, einen Beitrag zu den in internationalenUmwelt- und Klimakonferenzen von der EU zugesagtenZielen der Reduzierung der Schadstoffeinträge in das glo-bale Ökosystem zu leisten.

(16) Durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Moderni-sierungsprozesse ist das natürliche und kulturelle Erbe inder EU gefährdet. Die europäischen Kulturlandschaften,die europäischen Städte und Gemeinden sowie eine Viel-zahl von Natur- und Baudenkmälern sind Bestandteile die-ses historischen Erbes. Seine Weiterentwicklung ist eineherausragende Aufgabe für moderne Architektur, Stadtge-staltung und Landschaftsplanung in allen Regionen der EU.

1.3 Die grundlegenden Ziele des EUREK

(17) Angesichts der bestehenden regionalen Entwicklungs-unterschiede und der teilweise noch gegenläufigen räumli-chen Wirkungen der Gemeinschaftspolitiken sollten sichalle für die Raumentwicklung Verantwortlichen an räumli-chen Leitbildern orientieren. Das Europäische Raumwick-lungskonzept ist auf das Ziel der Union ausgerichtet, eineausgewogene und nachhaltige Entwicklung, insbesondereauch durch die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialenZusammenhalts, herbeizuführen8. Nach der Definition desBrundtland-Berichtes der Vereinten Nationen9 umfaßtnachhaltige Entwicklung nicht nur eine umweltschonendeWirtschaftsentwicklung, die die heutigen Ressourcen fürkommende Generationen bewahrt, sondern gleichfalls eineausgewogene Raumentwicklung. Das bedeutet insbeson-dere, die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an denRaum mit seinen ökologischen und kulturellen Funktionenin Einklang zu bringen und somit zu einer dauerhaften,großräumig ausgewogenen Raumentwicklung beizutragen.Die EU wird sich somit schrittweise von einer Wirtschafts-union zu einer Umweltunion und künftig zu einer Sozial-union, unter Wahrung der regionalen Vielfalt, entwickeln(vgl. Abb. 5).

10

Der räumliche Ansatz auf europäischer Ebene

0 5 10 15 20 25 30 35 40

Rate der Arbeitslosen unter 25 Jahre 1997 in %

EUR 15UK

SFIN

PA

NLLI

IRLFE

ELD

DKB

Quelle: Eurostat

Abb. 2: Jugendarbeits-losigkeit

1200

1000

800

600

400

200

01970 1975 1980 1985 1990 1995

StraßeEisenbahnBinnenwasserstraßenPipelines

Entwicklung 1970-1996Milliarden tkm

Abb. 3: Gütertransport

Quelle: Europäische Kommission GD VII

andere

MERCOSURJapan

EU

USA

Abb. 4: CO2-Emissionen*

Quelle: Weltbank* Industrie

1996

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EUREK

(18) In Anlehnung an das Zieldreieck beinhaltet dies dieVerknüpfung der drei grundlegenden Ziele europäischerPolitik:

I wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt,I Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und des

kulturellen Erbes sowieI ausgeglichenere Wettbewerbsfähigkeit des europäi-

schen Raumes.

Für eine räumlich ausgewogenere Entwicklung müssendiese Ziele in allen Regionen der EU gleichzeitig verfolgtund ihre Wechselwirkungen berücksichtigt werden.

(19) Der Beitrag der Raumentwicklungspolitiken bestehtdarin, die nachhaltige Entwicklung der EU durch eine aus-gewogene Raum- und Siedlungsstruktur zu fördern. Be-reits 1994 verständigten sich die für die Raumordnung zu-ständigen Minister auf drei raumentwicklungspolitische.Leitbilder für die räumliche und siedlungsstrukturelle Ent-wicklung der EU10:

I die Entwicklung eines ausgewogenen und polyzentri-schen Städtesystems und eine neue Beziehung zwischenStadt und Land,

I die Sicherung eines gleichwertigen Zugangs zu Infra-struktur und Wissen sowie

I die nachhaltige Entwicklung, intelligentes Managementund Schutz von Natur und Kulturerbe.

Die Ziele des EUREK sollen gemeinsam von den europäi-schen Institutionen sowie den nationalen, regionalen undlokalen Regierungs- und Verwaltungsebenen angestrebtwerden.

(20) Die Stärkung von strukturell schwächeren Gebieten der EU sowie die Anpassung der Lebens- und Arbeitsbe-dingungen über Staatsgrenzen hinweg zwischen Gebietenmit unterschiedlichem Entwicklungsniveau stellen einegroße Herausforderung dar. Hierzu müssen Entwicklungs-,Ausgleichs- und Erhaltungsziele in Einklang gebracht wer-den. Eine einseitig auf Ausgleich ausgerichtete Politik wür-de zur Schwächung wirtschaftlich stärkerer Regionenführen, gleichzeitig aber auch die Abhängigkeit rückständi-gerer Regionen verstärken. Entwicklung allein würde dieZunahme der regionalen Unterschiede begünstigen. EineÜberbetonung des Schutzes bzw. der Bewahrung räumli-cher Strukturen wiederum birgt das Risiko einer Stagnationin sich, weil Modernisierungstendenzen gebremst werdenkönnten. Nur durch die Verknüpfung von Entwicklungs-,Ausgleichs- und Erhaltungszielen sowie ihrer Gewichtungentsprechend der jeweiligen räumlichen Situation wird eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der EUmöglich sein.

(21) Das EUREK vermittelt eine Vision vom künftigenRaum der EU. Mit seinen Ziel- und Leitvorstellungen stelltes einen allgemeinen Bezugsrahmen für raumbedeutsameMaßnahmen öffentlicher und privater Entscheidungsträgerdar. Darüber hinaus soll es ein positives Signal für einebreite öffentliche Beteiligung an der politischen Debatteüber die Entscheidungsfindungen auf europäischer Ebeneund deren Auswirkungen auf Städte und Regionen in derEU aussenden.

1.4 Der Status des EUREK

(22) Mit dem EUREK haben die Mitgliedstaaten in Zu-sammenarbeit mit der Europäischen Kommission ihrenWillen zum Ausdruck gebracht, daß sie im Zuge der eu-ropäischen Integration die Vielfalt erhalten sowie eine re-gional ausgewogenere und nachhaltige Entwicklung in derEU erreichen wollen. Diese Position wird vom Europäi-schen Parlament, dem Ausschuß der Regionen sowie demWirtschafts- und Sozialausschuß unterstützt. Das EUREK,als rechtlich nicht bindendes Dokument, ist ein politischerRahmen für eine bessere Zusammenarbeit zwischen dengemeinschaftlichen Fachpolitiken mit hoher Raumwirk-samkeit untereinander sowie mit den Mitgliedstaaten, ihrenRegionen und Städten. Es steht damit mit den 1994 verein-barten politischen Grundsätzen im Einklang.

nachhaltige

UmweltWirtschaft

Gesellschaft

Abb. 5: Zieldreick ausgewogener und nachhaltigerRaumentwicklung

EUREKRaumentwicklu

ng

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Der räumliche Ansatz auf europäischer Ebene

I Die Raumordnung kann in entscheidender Weise zurErreichung des Ziels des wirtschaftlichen und sozialenZusammenhalts beitragen.

I Die bestehenden Befugnisse der für die Gemeinschafts-politiken zuständigen Institutionen bleiben unverändert.Das Europäische Raumentwicklungskonzept kann zurDurchführung von Gemeinschaftspolitiken beitragen,die räumliche Wirkungen haben, ohne aber die zustän-digen Institutionen bei der Ausübung ihrer Befugnissezu beeinträchtigen.

I Das Hauptziel ist die Erreichung einer nachhaltigen undausgewogenen Entwicklung.

I Es wird unter Berücksichtigung der bestehenden Insti-tutionen ausgearbeitet und ist für die Mitgliedstaatennicht verbindlich.

I Es wird das Subsidiaritätsprinzip respektiert.I Das Dokument wird von jedem Land so weit berück-

sichtigt, wie dieses den europäischen Raumentwick-lungsaspekten in seiner nationalen Politik Rechnungtragen möchte11.

1.5 Das EUREK als Prozeß

(23) Das EUREK ist das Ergebnis eines intensiven Diskus-sionsprozesses der Mitgliedstaaten untereinander und mitder Europäischen Kommission zur räumlichen Entwicklungder EU. Die belgische Ratspräsidentschaft hatte den Vor-schlag zur Aufstellung des EUREK in die Beratungen ein-gebracht12. In Korfu13 verständigten sich die Raumordnungs-minister auf den Rahmen und erste politische Optionen derRaumentwicklung in der EU. In Leipzig konnten die we-sentlichen Raumordnungsprinzipien (Leitbilder) für dieSiedlungsentwicklung festgelegt werden14. Die darauffol-genden Präsidentschaften Frankreichs15, Spaniens16 und Ita-liens17 entwickelten wichtige Szenarien und Analysen für diesachgerechte Beurteilung der Raumentwicklung. Seit der iri-schen Präsidentschaft wurde die Rolle der Troika innerhalbdes Ausschusses für Raumentwicklung gestärkt, um dieKontinuität der Arbeiten zu gewährleisten18. Die niederlän-dische Präsidentschaft legte den ersten EUREK-Entwurf vor,zu dem eine breite europäische Debatte geführt wurde19. Diefolgenden Präsidentschaften von Luxemburg20 und dem Ver-einigten Königreich21 legten den Schwerpunkt auf die Um-setzung bzw. Anwendung des EUREK. Während der öster-reichischen Präsidentschaft wurde darüber hinaus der Dialogmit den Beitrittsstaaten intensiviert22.

(24) Durch die Konsultationen - sowohl auf nationaler alsauch auf europäischer Ebene – wurde eine breite Beteiligungder für die Raumentwicklung verantwortlichen Institutionenund Gruppen erreicht. Auf der Grundlage des „Ersten offizi-

ellen Entwurfes des EUREK“ (Noordwijk-Dokument/Juni1997) fanden in den fünfzehn Mitgliedstaaten umfangreicheBeratungen unter Beteiligung der Parlamente, Regionen undgesellschaftlichen Gruppen statt. Ferner führte die Europäi-sche Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eineReihe von öffentlichen Foren zu den Schwerpunktthemendes EUREK durch. Die Stellungnahmen der EuropäischenOrgane (Europäisches Parlament23, Ausschuß der Regio-nen24, Wirtschafts- und Sozialausschuß25) sowie die Interser-vice-Konsultationen der Europäischen Kommission habenebenfalls wichtige Beiträge für das EUREK geliefert. DasEUREK ist somit das Ergebnis eines europaweiten öffentli-chen Diskussionsprozesses.

(25) Die im EUREK vorgeschlagenen politischen Ziele undOptionen sind auf die räumlich-strukturelle Entwicklung inden fünfzehn Mitgliedstaaten ausgerichtet. Die frühzeitigeBerücksichtigung der aktuellen räumlichen Gegebenheitenund die situationsgerechte Bewertung möglicher Auswir-kungen fachplanerischer Entscheidungen für die Entwick-lung der Städte und Regionen ist ein permanenter Prozeß.Deshalb muß das EUREK, wie andere politische Doku-mente, Pläne und Programme zur Förderung der Raument-wicklung, periodisch weiterentwickelt werden. Die EU-Er-weiterung oder andere politische Ereignisse, wie beispiels-weise eine Intensivierung des Dialoges mit den Mittel-meeranrainerstaaten, haben großen Einfluß auf die zukünf-tige europäische Raumentwicklung. Bereits heute ist ab-sehbar, daß bei der zukünftigen Revision des EUREK derSchwerpunkt auf der Erweiterung der EU und den damitverbundenen Problemen der Raumentwicklung liegenmuß.

(26) Auch bei der Anwendung des EUREK sollten die Mit-gliedstaaten untereinander und mit der Europäischen Kom-mission eng zusammenarbeiten. Die Umsetzung der im Kapi-tel 3 enthaltenen Ziele und Optionen in konkretes politischesHandeln erfolgt dabei schrittweise. In Kapitel 4 werden ersteVorschläge zur Anwendung des EUREK durch die verschie-denen Akteure auf unterschiedlichen Ebenen unterbreitet. Ein-zelne Maßnahmen und Projekte werden unmittelbar nach derVerabschiedung des EUREK durchgeführt werden können.Andere Optionen und Umsetzungsvorschläge bedürfen einerweiteren Diskussion und inhaltlichen Ausgestaltung auf eu-ropäischer Ebene. Dazu gehören insbesondere der Austauschvon Erfahrungen sowie die Beobachtung und Evaluierung vonräumlichen Entwicklungen. Die Diskussion im Ausschuß fürRaumentwicklung über die zukünftige Orientierung europäi-scher Raumentwicklungspolitik wird auch nach der Annahmedes EUREK fortgesetzt werden müssen.

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EUREK

2.1 Wachsende Bedeutung der raumwirksamen EU-Politiken

(27) Die Weiterentwicklung der europäischen Verträge(Einheitliche Europäische Akte, Vertrag von Maastricht,Vertrag von Amsterdam) hat dazu geführt, daß die raum-wirksamen Fachpolitiken der EU immer stärkeren Einflußauf die Ausgestaltung und Umsetzung nationaler und re-gionaler Raumentwicklungspolitiken und damit auf dieräumliche Entwicklung in der EU ausüben. Raumwirksamheißt in diesem Zusammenhang, daß durch gemeinschaft-liche Maßnahmen räumliche Strukturen und Potentiale inWirtschaft und Gesellschaft und damit Flächennutzungenund Landschaftsbilder verändert werden. Außerdem kanndie Wettbewerbssituation bzw. räumliche Bedeutung einerStadt oder Region im europäischen Wirtschafts- und Sied-lungsgefüge beeinflußt werden.

(28) Vornehmlich die folgenden Vertragstitel eröffnen derEuropäischen Kommission Handlungsmöglichkeiten mitAuswirkungen auf die Raumentwicklung in der EU:

I Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft,I Transeuropäische Netze (TEN),I Strukturfonds,I Gemeinschaftliche Agrarpolitik (GAP),I Umweltpolitik,I Forschung, Technologie und Entwicklung (FTE),I Darlehenstätigkeit der europäischen Investitionsbank.

(29) Besondere Bedeutung kommen den Strukturfonds, dentranseuropäischen Netzen und der Umweltpolitik zu, da sieunmittelbar Einfluß auf die Entwicklung in den europäischenTeilräumen nehmen. Grundlage hierfür bilden die im Vertragüber die Europäische Union vom 7. Februar 1992 formulier-ten räumlichen Entwicklungsvorstellungen (speziell dasKohäsionsziel) sowie die damit verbundene Erweiterung derKompetenzen, insbesondere für die Transeuropäischen Net-ze (Art. 129 b EGV), für den wirtschaftlichen und sozialenZusammenhalt (Art. 130 a EGV) sowie für den Bereich derUmwelt (Art. 130 r-t EGV). Mit dem Amsterdamer Vertragvom 2. Oktober 1997 wird die Herbeiführung einer ausge-wogenen und nachhaltigen Entwicklung als eines der we-sentlichen Ziele der Europäischen Gemeinschaft anerkannt.Die Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhal-tes ist dabei Aufgabe der Gemeinschaft und der Mitgliedstaa-

ten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse. Im Artikel 2 desAmsterdamer Vertrages werden die Bedeutung des Umwelt-schutzes und die Verbesserung der Umweltqualität als Ge-meinschaftsaufgaben hervorgehoben.

(30) Finanziell gesehen sind die gemeinschaftliche Agrar-politik (GAP) und die Struktur- und Kohäsionsfonds diewichtigsten politischen Maßnahmen der EU (vgl. Abb. 6).1997 entfielen von den 80,2 Mrd. ECU des Haushalts derEU 83% allein auf diese beiden Bereiche26.

(31) In den meisten Fällen haben die Zielsetzungen der EU-Politiken – gemäß der im Vertrag festgelegten Definitionen– keinen räumlichen Charakter. Dennoch beeinflussen sieerheblich das Territorium der EU. Die räumlichen Auswir-kungen hängen von der spezifischen Art der Interventionab, sei sie finanzieller (z. B. Einkommenshilfe, regionaleund horizontale Strukturmaßnahmen, Maßnahmen im Be-reich der Fachpolitiken, wie die Finanzierung von For-schungsprogrammen), gesetzgeberischer (z. B. Wettbe-werbsregelungen, Liberalisierung des Marktes, Umweltge-setze, marktorientierte Instrumente) oder planerischer (z. B. transeuropäische Verkehrs- und Energienetze) Natur.So beeinflussen beispielsweise die planungsrelevanten EG-

Forschung undTechnologische

Entwicklung 3,8 %

Strukturmaßnahmenund Fischerei 32,8 %

Landwirtschaft(EAGFL-Garantie)

50,5 %

Andere

Abb. 6: EU-Haushalt 1997

Quelle: Europäischer Rechnungshof, Jahresbericht zum Haushaltsjahr 1997

2 Einfluß der Politiken der Gemeinschaft aufdas Territorium der EU

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Richtlinien zur Herstellung eines kohärenten Biotop-systems die Flächennutzung. Ferner beeinflussen die Ge-meinschaftspolitiken direkt das Verhalten wirtschaftlicherAkteure. Deren Handlungen sind darüber hinaus durchMarktkräfte bestimmt, die wiederum durch den gemeinsa-men Binnenmarkt verstärkt werden. Bereits die Vielfalt derInterventionsmethoden der Gemeinschaftspolitiken läßtauf eine schwierige Erfassung der tatsächlichen räumlichenAuswirkungen schließen. Das EUREK kann eine erste Be-urteilungsgrundlage hierfür darstellen.

2.2 EU-Politiken mit räumlichen Auswirkungen

2.2.1 Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft

(32) Der Wettbewerbspolitik kommt eine Schlüsselrolle beider Integration der einzelnen nationalen Märkte zu einemgemeinsamen europäischen Markt zu. Es wurden eine Rei-he von Regeln zum Wettbewerb aufgestellt. Diese Regelndienen dazu, Kartelle zu verhindern und den Mißbrauchdurch marktbeherrschende Unternehmen auszuräumen,Zusammenschlüsse bzw. Übernahmen von Firmen zu kon-trollieren und einen Rahmen für staatliche Beihilfen be-reitzustellen.

(33) Die entsprechenden Maßnahmen haben erheblicheAuswirkungen auf die räumliche Verteilung von wirt-schaftlichen Aktivitäten und von Handelsstrukturen in derEU. So kann die Liberalisierung des Marktes den Wettbe-werb zwischen Städten und Regionen in der Regel zugun-sten derjenigen Gebiete erhöhen, die die besseren Stan-dortbedingungen haben.

(34) Die Politik der Kommission erkennt durchaus die Not-wendigkeit zur Intervention an, um das Gleichgewicht zwi-schen Wettbewerb und Zielen des allgemeinen Interessessicherzustellen. So wird beispielsweise bei den Telekom-munikations- und Postmärkten die Liberalisierung durchVorkehrungen begleitet, welche ein Mindestangebot anUniversaldienstleistungen in allen Regionen sichern.

(35) Die Gemeinschaftspolitik bezüglich staatlicher Bei-hilfen hat ebenfalls eine explizite räumliche Auswirkung.Grundsätzlich gilt das Prinzip, daß Staatsbeihilfen mit demGemeinsamen Markt nicht vereinbar sind. Dennoch sindunter außergewöhnlichen Umständen bestimmte Kategori-en von Hilfen zulässig. Eine davon betrifft staatliche Bei-hilfen, welche die wirtschaftliche Entwicklung oder Kon-version regional, in klar abgegrenzten Fördergebieten, un-terstützen. Um die Kohärenz zwischen der Politik der

Staatsbeihilfen und dem Ziel des wirtschaftlichen und so-zialen Zusammenhalts zu verbessern, hat die Kommissionin den letzten Jahren versucht, Staatsbeihilfen auf dieschwächsten Regionen zu konzentrieren sowie einen Ab-stand bei der Förderintensität in den Regionen sicherzu-stellen, der es den schwächeren Regionen erlaubt, ihrestrukturellen Nachteile zu kompensieren.

2.2.2 Transeuropäische Netze (TEN)

(36) Der Unionsvertrag verpflichtet die Gemeinschaft, zumAuf- und Ausbau von transeuropäischen Netzen in den Be-reichen Verkehr, Telekommunikation und Energieversor-gungsinfrastrukturen beizutragen. Dieser Auftrag soll ins-besondere den Gemeinschaftszielen eines reibungslosenFunktionierens des Binnenmarktes sowie der Stärkung deswirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes dienen. Umdiesem Auftrag gerecht zu werden, soll die Integration dernationalen Netze sowie der Zugang zu den Netzen, insbe-sondere zur Anbindung insularer, eingeschlossener und pe-ripherer Gebiete an die zentralen Gebiete, verbessert wer-den.

(37) Unter raumentwicklungspolitischen Gesichtspunktenund in finanzieller Hinsicht sind die TEN-Maßnahmen imBereich Verkehr am bedeutsamsten. Sie zielen auf die För-derung eines gut funktionierenden und nachhaltigen Ver-kehrssystems ab. Die Konzepte für die Entwicklung derNetze sind in den Gemeinschaftsrichtlinien festgelegt.Dazu gehören unterschiedliche Verkehrsinfrastrukturnetze,Verkehrsregelungs- sowie Navigationssysteme. Auf dieTEN-Maßnahmen im Bereich des Verkehrs entfallen über80% des gesamten TEN-Budgets. Ein großer Teil der TEN-Verkehrsinvestitionen (rund 25% in 1996/97) konzentriertsich derzeit auf den Bau von Hochgeschwindigkeits-strecken der Bahn, die zumeist Verdichtungsregionen mit-einander verbinden (vgl. Karte 2). Diese Strecken werdendenjenigen Städten den höchsten Nutzen bringen, die inder Nähe von Haltepunkten des Hochgeschwindigkeitsver-kehrs liegen und bisher über eine vergleichsweise schlech-te Anbindung verfügen. In Räumen mit hoher Straßenver-kehrsbelastung durch Fernverkehr können die Hochge-schwindigkeitsstrecken einen Anreiz für Verlagerungen aufdie Schiene bieten und in der Folge zur Entlastung desStraßenverkehrs und damit der Umwelt beitragen. Die ge-stiegenen Verkehrsleistungen, insbesondere des Straßen-und Flugverkehrs, beeinträchtigen inzwischen die Wettbe-werbsfähigkeit einzelner zentral gelegener Gebiete in derEU. Es wird immer deutlicher, daß sich Verkehrssteigerun-gen durch reine Ausweitung der Straßeninfrastruktur nichtlänger bewältigen lassen. Raumentwicklungspolitische und

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Einfluß der Politiken der Gemeinschaft auf das Territorium der EU

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EUREK

städtebauliche Maßnahmen zur Beeinflussung des Stan-dortverhaltens von lokaler Wirtschaft und Bevölkerungwerden nötig sein, um die Voraussetzungen für eine Verla-gerung des Straßenverkehrs auf umweltverträgliche Ver-kehrsträger, öffentlichen Personennahverkehr, Fahrrad-und Fußgängerverkehr zu verbessern. Auch im Fernver-kehr bedarf es zur nachhaltigen Sicherung des Verkehrs-wesens einer Vielzahl verschiedener Initiativen, die insbe-sondere die Nutzung der umweltverträglicheren Verkehrs-mittel Schiene und im Güterverkehr auch der Binnenwas-serstraßen sowie des Küsten- und Seeverkehrs erhöhen.

(38) Die modernen Telekommunikationstechnologien und -dienstleistungen bieten die Möglichkeit, Entwicklungen inländlichen oder unzugänglichen Regionen zu unterstützen.

Sie können die räumliche Benachteiligung überwinden unddurch Telearbeit, -lernen und -shopping die Lebenssituationsowie die Standortbedingungen für wirtschaftliche Akti-vitäten verbessern. Die Förderung neuer innovativer Dienst-leistungen und Anwendungen der Telekommunikation isteines der Ziele der Transeuropäischen Netze, die Auswir-kungen auf die Raumentwicklung haben werden. Erste An-zeichen der Liberalisierung weisen jedoch darauf hin, daßWettbewerb und kommerzielle Nutzung die Investitionen inGebiete mit hoher Nachfrage lenken, da diese die höchstenGewinne versprechen. Die abgelegeneren Regionen, in de-nen nur ein geringes Marktpotential vorhanden ist, drohenweiter zurückzufallen. Um dieser Entwicklung entgegenzu-wirken, zielen Initiativen der Gemeinschaft darauf ab, dieVerfügbarkeit von Universaldienstleistungen zu erschwing-

1. Hochgeschwindigkeitsverbindung/kombinierter Verkehr Nord-Süd

2. Hochgeschwindigkeitsverbindung PBKAL3. Hochgeschwindigkeitsverbindung Süd4. Hochgeschwindigkeitsverbindung Ost5. Betuwe-Linie; konventionelle Schienen-

verbindung/kombinierter Verkehr6. Hochgeschwindigkeitsverbindung/

kombinierter Verkehr Frankreich-Italien7. Griechische Autobahnen

Pathe und Via Egnatia8. Multimodale Verbindung Portugal-

Spanien-Mitteleuropa9. Konventionelle Schienenverbindung

Cork-Dublin-Belfast-Larne-Stranraer10. Flughafen Malpensa, Milano

14. Hauptstrecke Westküste

13. Straßenverbindung Irland/VereinigtesKönigreich/Benelux

12. Multimodaler KorridorNordisches Dreieck

11. Feste Øresund-Verbindung (Straße-Schiene) Dänemark-Schweden

Karte 2: Die 14 vorrangigen Projekte der transeuropäischen Verkehrsnetze

SchieneStraßeFlughafen

Quelle: EU-Kommission GD VII

Hafen

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

0 500 km

1

1

BERLIN

2

PARIS

BRUXELLES KÖLN

AMSTERDAM

FRANKFURT

MADRID

BARCELONA

IRUNBILBAO

3ZARAGOZA

4METZ

STRASBOURG

SAARBRÜCKEN

MANNHEIM

ROTTERDAMEMMERICH

5

LYON

TORINOMILANO VENEZIA

TRIESTE

6

PATRA

ATHINA

THESSALONIKI

7

8

LISBOA

PORTO

SEVILLA

PALENCIA

CORK

DUBLIN

BELFAST

9

10

MALMÖ

11

GÖTEBORG

STOCKHOLM

TURKUHELSINKI

12

FELIXSTOWE

HARWICH

HOLYHEAD

14

EDINBURGH(FORTH)

HALLELEIPZIG

NÜRNBERG

MÜNCHEN

BRENNER

VERONA

LILLE LIEGE

DAX

VALLADOLID

MONTPELIER

PERPIGNAN

LUXEMBOURG

ARHNEM

PIRÄEUS

IGOUMENITSA

PROMAHONASKIPI

LA CORUÑA

HUELVA

FUENTES DE ONDRO

LONDON- DERRY

LARNE

KARLSTAD

NORRKÖPING

LAHTI

TAMPERE

13

LONDON

LIVERPOOLMANCHESTER

BIRMINGHAM

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lichen Preisen auch in diesen Regionen zu sichern. Aller-dings bietet die Verfügbarkeit von Informations- und Kom-munikationsmitteln allein noch keine Gewähr für positiveRegionalentwicklungen. Weitere Voraussetzungen sind bei-spielsweise das Qualifizierungs- und Ausbildungsniveauoder die Förderung eines öffentlichen Bewußtseins für dieMöglichkeiten der Informationsgesellschaft. Trotz des be-trächtlichen Fortschritts während der letzten Jahre gibt esnoch immer große räumliche Unterschiede im Telekommu-nikationsangebot sowohl zwischen den Regionen der zen-tral gelegenen Mitgliedstaaten und der Kohäsionsländer alsauch innerhalb der Mitgliedstaaten.

(39) Die TEN-Maßnahmen im Energiebereich haben zweiwichtige räumliche Auswirkungen. Auf der einen Seitekönnen die Produktion und Weiterleitung von Energie Aus-wirkungen im Bereich der Flächennutzung haben. Auf deranderen Seite können Energieverteilung und Verbrauchs-technologien die räumliche Entwicklung über dadurch in-duzierte Änderungen des Konsumverhaltens der Energie-verbraucher beeinflussen. Von den TEN im Bereich Stromund Gas ist durch den Verlauf der Leitungen oder die Er-richtung beispielsweise von Kraftwerken vor allem die lo-kale Planung betroffen. Schwierigkeiten treten hier insbe-sondere im Hinblick auf die komplexen Genehmigungs-verfahren, die vielfältigen technischen und ökologischenSachzwänge und die Akzeptanz seitens der Bevölkerungauf. Zudem erfordern die Gasversorgungsnetze umfangrei-che Lagerkapazitäten, normalerweise in unterirdischenTanks. Die Standortwahl folgt geologischen Kriterien, wasdie möglichen Optionen der Raumentwicklungspolitik ein-schränkt. Aus dem Blickwinkel der Raumentwicklung sinderneuerbare Energiequellen (durchschnittlich 6% des Ver-brauchs in der gesamten EU) besonders vielversprechend.Einerseits tragen sie zur Verminderung der Umweltwir-kungen des Energiesektors bei. Andererseits eignen sie sichbesonders für dezentrale Versorgungssysteme und örtlichenEinsatz, der mehr oder weniger unabhängig vom Vertei-lungsnetz ist, und stärken damit die Flexibilität des Systemsund die wirtschaftliche Bereitstellung von Energie in abge-legenen Regionen.

2.2.3 Strukturfonds

(40) Die Strukturfonds – und insbesondere der Europäi-sche Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) – folgender Zielsetzung der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsi-on (gemessen an traditionellen makroökonomischen Indi-katoren). Dem ersten Bericht über den wirtschaftlichen undsozialen Zusammenhalt ist zu entnehmen, daß sich zwar dieEntwicklungsunterschiede zwischen den Mitgliedsländern

der Union verringert haben, gleichzeitig aber der regionaleKonzentrationsprozeß ökonomischer Aktivitäten fort-schreitet. Dies dürfte nicht zuletzt auf die oft fehlenden Me-chanismen zur räumlichen Koordinierung zurückzuführensein, die zu einer ausgewogeneren Verteilung wirtschaftli-cher Aktivitäten substantiell beitragen könnten. Neben dertraditionellen Fördergebietskulisse gewinnen daher zuneh-mend räumliche Typologien (wie beispielsweise städtischeGebiete) als Rahmen für die Interventionen der Fonds anBedeutung.

(41) Rund 30 - 40% der Fördermaßnahmen der Regional-fonds in Ziel-1-Gebieten27 liegen in Städten. Maßnahmen inZiel-2-Gebieten28 haben in vielen Mitgliedstaaten ebenfallshäufig einen städtischen Charakter. SektorübergreifendeMaßnahmen sind erforderlich, um der Konzentration vonsozialen Problemen, Umweltschäden, Kriminalität undwirtschaftlichem Niedergang in bestimmten Stadtgebietenentgegenzuwirken. Städtische Probleme können aber nichträumlich isoliert behandelt werden. Vielmehr sind Maß-nahmen gefordert, welche die städtischen Zentren als Be-standteil eines erweiterten (regionalen) Territoriums be-trachten. Diesen integrierten Ansatz gilt es für die nächsteGeneration der Strukturinterventionen weiterzuentwickeln.

(42) Das programmbezogene System der Strukturfonds bie-tet die Möglichkeit, integrierte Entwicklungspläne zu er-stellen. Auf diese Weise kommen die raumentwicklungspo-litischen Chancen besser zum Tragen. Durch das Prinzipder Partnerschaft wird der integrierte Ansatz weiter ver-stärkt, da alle relevanten regionalen Akteure entsprechendder nationalen Regeln und der vorherrschenden Praxis inden Entscheidungsprozeß eingebunden werden. Dies dienteiner verbesserten Koordinierung von direkten Fördermaß-nahmen mit Vorhaben, die nicht durch die Fonds gefördertwerden.

(43) Küstengebiete erfordern eine spezielle Aufmerksam-keit, da sie z. T. intensivem Druck und Konflikten zwischenkonkurrierenden Flächennutzungen ausgesetzt sind. DieIntegration des Finanzinstruments für die Ausrichtung derFischerei (FIAF) in die Strukturfonds und die Einbezie-hung der von Fischerei abhängigen Gebiete (FDA) in dieFördergebietskulisse des Regionalfonds markieren einegrundsätzliche Entwicklung auf dem Weg von einer Fach-politik hin zu einer integrierten Politik für Küstengebiete.Derzeit entfallen mehr als 50% der Finanzmittel des FIAFauf Strukturmaßnahmen in den Kohäsionsländern. Zudemträgt die Gemeinschaftsinitiative PESCA aktiv dazu bei,Personen und Unternehmen in den FDA auf neue Aktivitä-ten auszurichten sowie die Struktur der FDA zu diversifi-

16

Einfluß der Politiken der Gemeinschaft auf das Territorium der EU

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zieren (Umstrukturierung von Häfen zu Gebieten mit viel-fältigen Aktivitäten maritimer Art, Kombination von Fi-scherei und Aquakultur mit Tourismus, usw.).

(44) Die Ziele der Strukturpolitik werden ferner durch Ge-meinschaftsinitiativen unterstützt. Aus Sicht der Raument-wicklung ist die Gemeinschaftsinitiative INTERREG diebedeutendste Maßnahme der Strukturfonds, da mit ihr einquerschnittsorientierter Ansatz zur Raumentwicklung ver-folgt wird. Nicht der Einzelsektor, wie Schiffbau, Bergbauoder Textil, steht im Vordergrund, sondern das Zusammen-spiel der raumbeeinflussenden Faktoren in einem integrier-ten Entwicklungsansatz in Grenzregionen und größerentransnationalen Kooperationsgebieten.

2.2.4 Gemeinschaftliche Agrarpolitik (GAP)

(45) Die gemeinschaftliche Agrarpolitik (GAP) ist primärsektoral auf eine Steigerung der Produktivität ausgerichtet.Eine 1992 durchgeführte Reform der GAP zielte darauf ab,Finanzhilfen für die Aufgabe von Anbauflächen zu verge-ben, mit dem Ergebnis, daß zwischen 1993 und 1994 ca. 6Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche stillgelegt wordensind. Dieser Ansatz erbrachte insbesondere für die land-wirtschaftlichen Einkommen in bereits intensiver bewirt-schafteten Teilen der EU Vorteile, da sich die an die Land-wirte gezahlten Beträge nach den früheren Erträgen richte-ten. Areale, in denen eine weniger intensive Bewirtschaf-tung stattfand, waren dadurch tendenziell benachteiligt,wodurch das Wohlstandsgefälle zwischen einzelnen Agrar-regionen noch verschärft wurde.

(46) In diesem Zusammenhang zeigen Untersuchungen überdie räumlichen Auswirkungen der GAPauf Einkommen, Ar-beitsmarkt, Infrastruktur und natürliche Ressourcen die engeund spezifische Beziehung zwischen der Landwirtschaft undländlichen Räumen. Damit bestimmt die GAP die Entwick-lung vieler ländlicher Räume. Die Wirkungen variieren vonRegion zu Region beträchtlich. Sie sind abhängig von denspezifischen umweltbezogenen, kulturellen, sozialen undwirtschaftlichen Bedingungen und teilweise auch von Pro-duktionstypen und Marktorganisationen.

(47) Intensivierung, Konzentration und Spezialisierung derlandwirtschaftlichen Produktion haben aber auch einige ne-gative Folgen für die räumliche Entwicklung. Dazugehören beispielsweise die Eintönigkeit der Landschafts-bilder, die Aufgabe traditioneller Bewirtschaftungsmetho-den, die Nutzung großer Teile von Feuchtgebieten, Heide-landschaften und natürlichen Magerwiesen, die Grundwas-serverschmutzung durch verstärkten Einsatz von Pestiziden

17

und Düngemitteln und der Rückgang der Artenvielfalt. Seitnahezu zwei Jahrzehnten werden Versuche unternommen,die Agrarstrukturpolitik in einen größeren wirtschaftlichenund sozialen Kontext des ländlichen Raumes einzubinden.Die Erfahrung zeigt, daß die Diversifizierung von Aktivitä-ten für die Landwirte neue Perspektiven und Möglichkeiteneröffnet. Dies gilt beispielsweise für die Entwicklung undVermarktung qualitativ hochwertiger Produkte sowieAgrartourismus und Investitionsvorhaben im Zusammen-hang mit der Umwelt, denen früher eher marginale Bedeu-tung zukam.

(48) Ein Schlüsselelement der Reformen von 1992 betrifftumweltschutzbezogene Belange der Landwirtschaft. Esgibt Beispiele, daß Programme zur Verminderung der In-tensität von Viehzucht und einer umweltbewußteren Be-wirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen finanzielleGewinne erbracht haben. Diese Förderprogramme sind je-doch nur mit einem GAP-Budgetanteil von 3% ausgestat-tet. Gegenwärtig wird lediglich 1% des Territoriums öko-logisch bewirtschaftet, davon werden 75% von der EU un-terstützt.

(49) Eine verbesserte Abstimmung zwischen diesen Politikbereichen zur Entwicklung ländlicher Räume wirdauch deshalb notwendig, weil die EU-Erweiterung und dieFortsetzung der Welthandelsgespräche im Jahr 1999 wahr-scheinlich zu großen Herausforderungen für die Agrarwirt-schaft führen werden. Mehr Wettbewerb auf globalen Märk-ten kann den Druck zur Intensivierung der Produktion in be-stimmten Regionen erhöhen. Das kann zu erheblichen nega-tiven Auswirkungen auf die Umwelt führen. Höchstwahr-scheinlich wird die Landwirtschaft in strukturell schwäche-ren ländlichen Regionen auch weiterhin ökonomischemDruck ausgesetzt sein, der den Bedarf an besseren Strategi-en zur Raum- und Siedlungsentwicklung (einschließlichUmweltmanagement) erhöhen wird.

2.2.5 Umweltpolitik

(50) Mit dem Amsterdamer Vertrag erhält die Umweltpoli-tik ein noch stärkeres Gewicht innerhalb der Gemein-schaftspolitiken. Umweltschutzanforderungen müssen indie Durchführung von Gemeinschaftspolitiken und -akti-vitäten, besonders unter Berücksichtigung der Förderungder nachhaltigen Entwicklung, integriert sein.

(51) Die Aufgaben der gemeinschaftlichen Umweltpolitikbeinhalten Bestimmungen, die eine Verknüpfung mit derRaumentwicklung und insbesondere der Flächennutzungausdrücklich betonen. Beispielsweise soll durch die EU-

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weite Ausweisung von Schutzgebieten ein Biotopverbund-system entstehen, das die Bezeichnung „Natura 2000“trägt. Bestandteile dieses Biotopverbundsystems sind Vo-gelschutzgebiete und Fauna-, Flora-, Habitat-Schutzgebie-te, in denen bestimmte Lebensräume und Arten geschütztwerden sollen, wobei sozio-ökonomische und regionaleBelange Berücksichtigung finden. Ziel der EG-Nitratrege-lung29 ist es, den Nitratgehalt landwirtschaftlicher Flächenzu reduzieren und weitere Verunreinigungen des Grund-wassers zu vermeiden.

(52) Eine Reihe anderer Gemeinschaftsaktivitäten wirkensich indirekt auf die Flächennutzung bzw. Raumentwick-lung aus, wie etwa die Richtlinie 85/337/EWG, welche dieDurchführung und Veröffentlichung von Umweltverträg-lichkeitsprüfungen bei großen Projekten vorschreibt, eineReihe weiterer Richtlinien, die Qualitätsstandards für na-turnahe Gebiete festlegen, und die Regulierungen zur Ver-ringerung der Emissionen.

(53) Darüber hinaus hat die Kommission 1996 ein Demon-strationsprogramm über ein integriertes Management vonKüstengebieten aufgelegt, das die Förderung eines nach-haltigen Managements durch Zusammenarbeit und inte-grierte Planung vorsieht. Alle relevanten Akteure werdenauf einer geeigneten räumlichen Ebene einbezogen. Diesstellt einen Versuch dar, einen integrierten territorialen An-satz auf Gemeinschaftsebene zu verfolgen sowie Empfeh-lungen für eine europäische Strategie für das integrierteManagement von Küstengebieten zu entwickeln30.

(54) Im Verlauf der Jahre hat die Umweltpolitik der Ge-meinschaft die Entwicklung städtischer Gebiete über dieGesetzgebung zur Abfall- und Abwasserbehandlung,Lärmbelastung und Umweltverschmutzung zunehmend be-einflußt. Beispielsweise werden Belastungsgrenzen beimLärm oft in nationale Gesetze und in Methoden zur Planungder Flächennutzung aufgenommen und beeinflussen damitneue Entwicklungen der Infrastruktur. In ähnlicher Weisekönnen Grenzwerte für die luftverschmutzenden Stoffe di-rekte Auswirkungen auf die Entwicklung städtischer undindustrieller Gebiete haben.

(55) Die umweltpolitischen Anforderungen werden zu be-deutenden Standortfaktoren für die Unternehmensansied-lung. Diesbezügliche gemeinschaftsrechtliche Vorgaben sindfür einige Mitgliedstaaten nicht nur in ökologischer Hinsicht,sondern auch in ökonomischer Hinsicht erheblich.

2.2.6 Forschung, Technologie und Entwicklung(FTE)

(56) Geleitet durch ein mehrjähriges Rahmenprogramm,das sich aus verschiedenen Forschungs- und Demonstra-tionsprogrammen zusammensetzt, fördert die FTE-Politikder Gemeinschaft die Zusammenarbeit mit und zwischenUnternehmen, Forschungszentren und Universitäten. DasAugenmerk liegt dabei auf einer Stärkung der wissen-schaftlichen und technologischen Grundlagen der Industrieund ihrer Wettbewerbsfähigkeit im weltweiten Maßstab.Weitere Vorgaben sind die Zusammenarbeit mit Drittstaa-ten und internationalen Organisationen, die Verbreitungund Anwendung von Ergebnissen der FTE-Politik und dieFörderung von Ausbildung und Mobilität von Forschernaus der Gemeinschaft.

(57) Regionalspezifische Auswahlkriterien gibt es nicht.Die regionale Verteilung der FTE-Mittel ergibt sich daheraus der geographischen Verteilung hochqualifizierter For-schungs- und Technologieeinrichtungen auf die Städte undRegionen in der EU. Es wäre jedoch ein voreiliger Schluß,daraus abzuleiten, daß die FTE-Politik die weniger ent-wickelten Regionen vernachlässigen würde und sich aus-schließlich auf die hochentwickelten wirtschaftsstarkenRegionen konzentriert, in denen naturgemäß die Mehrzahlder zu fördernden Einrichtungen liegt. Beispielsweisestammte von den zehntausenden von Institutionen, die inden letzten 15 Jahren gegründet und unterstützt wurden,eine bemerkenswert hohe Anzahl aus strukturschwächerenRegionen. Zudem bieten die Ausbildungs- und die Mobi-litätsanreize für Forscher in benachteiligten Regionengrößere Möglichkeiten, mit Regionen, die über vielfältigeForschungseinrichtungen verfügen, zusammenzuarbeiten.Ferner zielen spezifische Programme innerhalb des fünftenRahmenprogramms speziell auf Forschungen zur räum-lichen Entwicklung ab, wie etwa „die Stadt von morgenund das Kulturerbe“, „ein nachhaltiges Management von Land-, Forstwirtschaft und Fischerei - inklusive integrier-ter Entwicklung von ländlichen Gegenden“ und „nachhal-tigem Management und Wasserqualität“.

(58) Die neue Struktur des fünften Rahmenprogrammswird die Entwicklung und Implementierung verschiedenerPolitiken der Gemeinschaft besser unterstützen, darunterauch jene mit einer deutlich räumlichen Ausrichtung.Strukturschwächere Regionen können durchaus Ziel dergemeinschaftlichen Forschungs-, Technologie- und Ent-wicklungspolitik sein. Erfahrungen (wie z. B. in Schottlandoder in den neuen Ländern in Deutschland) zeigen, daßauch wirtschaftlich schwache Regionen in der Lage sind,

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Einfluß der Politiken der Gemeinschaft auf das Territorium der EU

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leistungsfähige Forschungs- und Technologiezentren neuanzusiedeln und zu „halten“. Hierzu bedarf es allerdings ei-ner engen Kooperation nationaler, regionaler und lokalerAkteure und eines zielorientierten Regional- oder Stadt-marketings. Das EUREK kann hier als Rahmen für eineentsprechende Zusammenarbeit dienen.

2.2.7 Darlehenstätigkeit der Europäischen Inve-stitionsbank

(59) In den letzten Jahren hat die Gemeinschaft Struktur-förderung zunehmend auch außerhalb ihres Haushaltesdurch Darlehensvergabe verschiedener EG-Institutionenbetrieben. Dabei spielt die Europäische Investitionsbank(EIB) die zentrale Rolle. Mit dem gleichen Finanzvolumenkann über Darlehen im Vergleich zu Zuschüssen einegrößere Zahl von Adressaten erreicht werden. Der größere„Anstoßeffekt“ erlaubt es, eine höhere Zahl an Investi-tionsprojekten zu fördern. Der Eigenbeitrag der Kreditneh-mer erhöht zudem die wirtschaftspolitische Effizienz.Schließlich bietet sich die Darlehensvergabe bei Projektenmit langer Laufzeit an. Hierzu zählen insbesondere Infra-strukturprojekte. Deren Finanzierung über Darlehen hatden fiskalischen Vorteil, daß die ausgelösten volkswirt-schaftlichen Wachstumseffekte in Form von höherenSteuereinnahmen zur Zins- und Tilgungsleistung eingesetztwerden können. Das Hauptziel der EIB-Darlehen ist dieFörderung des Ausbaus von Infrastruktur und Investitionenin weniger begünstigten Regionen der EU. Auch bei derBewältigung der anstehenden Osterweiterung könntenDarlehen einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung derRaum- und Siedlungsstruktur leisten. Die zinsgünstigenDarlehen der EIB in der Gemeinschaft beliefen sich imZeitraum 1991 bis 1995 auf 84 Mrd. ECU, was rund 90%der insgesamt vergebenen Darlehen entsprach.

2.3 Für eine verbesserte räumlicheKohärenz der EU-Politiken(60) Auch wenn die Zielsetzungen der meisten Gemein-schaftspolitiken keinen unmittelbaren räumlichen Charakterhaben, so stehen hinter ihnen doch eine Reihe von räumlichenVorstellungen, die wie folgt unterschieden werden können:

I Festlegung der zuschußfähigen Gebiete und Festsetzungder jeweiligen FörderhöheDiese Gebiete bestimmen die Interventionen der räum-lichen Strukturpolitik sowie die Möglichkeit der Ge-währung nationaler raumwirksamer Finanzhilfen. Zunennen sind beispielsweise die Zielgebiete nach demRegionalfonds.

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I Verbesserung der InfrastrukturEine Reihe von Gemeinschaftspolitiken haben zumZiel, die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen si-cherzustellen, die unmittelbare Auswirkungen auf denRaum haben. Dies gilt beispielsweise für die transeu-ropäischen Netze, insbesondere im Verkehrs- und Ener-giebereich, sowohl bei linienhafter (z. B. Autobahnen,Hochspannungsleitungen) als auch standortbezogenerInfrastruktur (z. B. Güterverkehrszentren, Kraftwerke).

I Verwendung von Raum- /FlächenkategorienBei einigen Gemeinschaftspolitiken werden Raum-bzw. Flächenkategorien verwendet, beispielsweise beider Anwendung von Rechtsvorschriften im BereichUmweltschutz (z. B. Gebiete, die im Rahmen des Netz-werkes „Natura 2000“ zum Schutz von Biotopen sowiebestimmten Tier- und Pflanzenarten ausgewählt wer-den), bei der Zuteilung bestimmter Subventionen (z. B.Bergregionen, deren Landwirtschaft nach einer be-stimmten Richtlinie bezuschußt wird, und Inseln gemäßArtikel 130 a Amsterdamer Vertrag) oder bei der Fest-legung bestimmter Themen im fünften Rahmenpro-gramm für Forschung, Technologie und Entwicklung.

I Entwicklung funktionaler SynergienIm Rahmen einiger Gemeinschaftspolitiken werdenräumliche Elemente berücksichtigt, um funktionaleInterdependenzen herzustellen und um Synergieeffektehervorzuheben. So werden bei Forschungen im Verkehrs-bereich Wechselwirkungen zwischen der Raumnutzung unddem Verkehrsbedarf oder die Anforderungen einernachhaltigen Mobilität an die Verkehrsmittelwahl behan-delt. Die Regionalpolitik versucht, dem örtlichen Bedarfentsprechend regionale Innovationsstrategien zu fördern;die Energiepolitik befaßt sich u. a. mit der Nutzung der Son-nenenergie im Einklang mit den Zielen der Stadtplanung.

I Integrierte räumliche EntwicklungsansätzeÜber die bloße Anerkennung funktionaler Wechselwir-kungen und die Entwicklung möglicher Synergieeffek-te hinaus versuchen einige Gemeinschaftspolitiken ei-nen integrierten und multisektoralen Ansatz mit einerstarken räumlichen Dimension zu entwickeln. Dies giltfür die Gemeinschaftsinitiative Transnationale Zusam-menarbeit in der Raumentwicklung (INTERREG II C),für die Politik der integrierten Entwicklung ländlicherRäume (LEADER) sowie für das Demonstrationspro-gramm für ein integriertes Management der Küstenge-biete (ICZM). Von diesen anspruchsvollen integriertenEntwicklungsansätzen gibt es bislang jedoch verhält-nismäßig wenige.

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Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

(61) Die Gemeinden und Regionen profitieren in unter-schiedlichem Maße von den Ausgaben raumwirksamer Po-litiken, die sowohl von der EU insgesamt als auch nach EU-weit geltenden Regelungen von den einzelnen Mitglied-staaten vorgenommen werden. Dabei ergänzen sich dieräumlichen Auswirkungen der Gemeinschaftspolitiken nichtzwangsläufig im Sinne einer stärker regional ausgewoge-nen Entwicklung. Auch stimmen sie nicht automatisch mitden Entwicklungsvorstellungen der Regionen und Städteüberein. Ohne gegenseitige Abstimmung verstärken sievielfach ungewollt regionale Entwicklungsunterschiede, dasie sich ausschließlich von sektoralen Fachzielen – ohneRaumbezug – leiten lassen.

(62) Die Mitgliedstaaten und die Kommission betrachtendas EUREK als ein Instrument, daß dazu beitragen kann,die Abstimmung der Gemeinschaftspolitiken zu verbes-sern. Die möglichst frühe Berücksichtigung der politischenZiele und Optionen bei der Formulierung und Beurteilungder Fachpolitiken der Gemeinschaft wird sich auf die Ent-

wicklung der Gemeinden und Regionen positiv auswirken.Kennen andererseits die lokalen und regionalen Gebiets-körperschaften die räumlichen Auswirkungen der fachpo-litischen Entscheidungen auf EU-Ebene frühzeitig, dannkönnen sie hierauf besser reagieren.

(63) Die frühzeitige Berücksichtigung der regional unter-schiedlichen Auswirkungen der EU-Fachpolitiken ist dahernotwendig. Die Verwirklichung der räumlichen Entwick-lungsziele in der EU hängt damit nicht nur von dem zurVerfügung stehenden Finanzvolumen ab, sondern in zu-nehmendem Maße von der frühzeitigen Zusammenarbeitraumwirksamer Fachpolitiken. In dieser Hinsicht ist esdringend notwendig, Mechanismen zur Stärkung der Zu-sammenarbeit innerhalb der Dienststellen der Europäi-schen Kommission zu entwickeln, um die räumlicheKohärenz der Politiken sicherzustellen. Darüber hinaus isteine systematische Erforschung und Beurteilung der räum-lichen Auswirkungen der geltenden EU-Politiken durch dieKommission erforderlich.

3.1 Räumliche Orientierung von Politiken

(64) Die regional sehr verschieden wirkenden Gemein-schaftspolitiken und die räumlichen Entwicklungsunter-schiede belegen, daß die Gemeinden und Regionen der EUim Zuge der WWU keineswegs automatisch zu einem re-gional ausgewogenen Raum zusammenwachsen. Vielmehrmüssen räumlich differenzierte Maßnahmen ergriffen wer-den, um die Chance, die die europäische Integration füreine nachhaltige und damit regional ausgewogene Ent-wicklung der EU darstellt, besser nutzen zu können.

(65) In den folgenden Kapiteln werden hierfür politischeZiele und Optionen aufgestellt, die von allen an der Raum-entwicklung beteiligten Behörden und Regierungsstellenberücksichtigt werden können. Die raumwirksamen Fach-politiken auf der Gemeinschafts-, National-, Regional- undLokalebene können damit frühzeitig darauf achten, daß ne-ben der Verwirklichung ihrer sektoralen Ziele auch räumli-che Leitbilder für das Territorium der EU berücksichtigtwerden. Das betrifft insbesondere die drei folgenden räum-lichen Grundvorstellungen:

I Entwicklung eines polyzentrischen und ausgewogene-ren Städtesystems und Stärkung der Partnerschaft zwi-schen städtischen und ländlichen Räumen. Hierbei gehtes auch um die Überwindung des heute nicht mehr an-gemessenen Dualismus von Stadt und Land.

I Förderung integrierter Verkehrs- und Kommunikations-konzepte, die die polyzentrische Entwicklung des EU-Territoriums unterstützen und die eine wichtige Voraus-setzung für die aktive Einbindung der europäischenStädte und Regionen in die WWU darstellen. Schritt-weise sollen gleichwertige Zugangsmöglichkeiten zuInfrastruktur und Wissen realisiert werden. Dazu müs-sen regional angepaßte Lösungen gefunden werden.

I Entwicklung und Pflege der Natur und des Kulturerbesdurch ein intelligentes Management. Dies trägt auch zurBewahrung und Weiterentwicklung der regionalenIdentität und den Erhalt der natürlichen und kulturellenVielfalt der Regionen und Städte der EU im Zeitalter derGlobalisierung bei.

(66) Für jedes dieser drei raumentwicklungspolitischenLeitbilder werden spezielle politische Ziele und Optionenerarbeitet. Sie gelten nicht gleichermaßen in allen Gebieten

3 Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

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kommensniveau und eine gut entwickelte Infrastruktur er-möglichen. Darüber hinaus gibt es einige isolierte Wachs-tumsinseln (z. B. Barcelona, Öresundregion), deren Wirt-schaftskraft noch nicht ausreicht, die derzeit ungleichge-wichtete räumliche Entwicklung nennenswert im Sinne dergrundlegenden Ziele des EUREK zu verändern. Insofernunterscheidet sich die wirtschaftsgeographische Situationder EU beispielsweise von den USA, die über mehrere imWeltmaßstab herausragende wirtschaftliche Integrations-zonen verfügen: Westküste (Kalifornien), Ostküste, Süd-westen (Texas), Mittlerer Westen.

(69) Die gegenwärtigen räumlichen Trends in der EU las-sen eine weitere Ausrichtung von hochwertigen und globa-len Funktionen auf den Kernraum der EU und daneben nurnoch auf wenige Metropolen erkennen. Auch angesichtsder Erweiterung der EU würde eine weitere Konzentrationder Raumentwicklung auf nur eine einzige global heraus-ragende, dynamische Integrationszone nicht zu einer Re-duzierung der Disparitäten zwischen dem zentralen Teilund einer sich noch vergrößernden Peripherie führen. Eineneue Strategie der Raumentwicklung ist daher erforderlich.

(70) Die bisherigen raumentwicklungspolitischen Maßnah-men bestehen im wesentlichen in der Verbesserung der An-bindung der Peripherie an den Kernraum durch Infrastruktur-vorhaben. Es bedarf jedoch einer Politik, die eine neue Per-spektive für die peripheren Gebiete durch eine eher polyzen-trische Gestaltung des EU-Raumes bietet. Die Schaffung vonmehreren dynamischen Zonen weltwirtschaftlicher Integrati-on, die im Raum der EU gut verteilt sind und aus miteinandervernetzten, international gut erreichbaren Metropolregionenund daran angebundenen Städten und ländlichen Gebietenunterschiedlicher Größe bestehen, wird eine Schlüsselrollebei der Verbesserung des räumlichen Ausgleichs in Europaspielen. Hochwertigen und globalen Dienstleistungen mußdabei in Zukunft auch in den Metropolregionen und Groß-städten außerhalb des Kernraumes der EU mehr Gewicht bei-gemessen werden.

(71) Ein Raumentwicklungskonzept, das sich nur auf einedezentrale Entwicklung von Metropolregionen beschränkt,entspricht allerdings nicht der Tradition der Erhaltung städ-tischer und ländlicher Vielfalt in der EU. Anzustreben istdaher eine dezentrale Siedlungsstruktur mit einer abgestuf-ten Rangfolge von Städten, die das gesamte Territorium derEU umfaßt. Sie stellt eine unabdingbare Voraussetzung fürdie ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der Ge-meinden und Regionen dar und muß zum eigentlichenStandortvorteil der EU gegenüber anderen großen Welt-wirtschaftsregionen ausgebaut werden.

EUREK

der EU, sondern sollten je nach der wirtschaftlichen, sozia-len und umweltbezogenen Situation räumlich differenziertim Interesse einer ausgewogenen und nachhaltigen Ent-wicklung angewendet werden.

3.2 Polyzentrische Raumentwicklung undeine neue Beziehung zwischen Stadt undLand

3.2.1 Polyzentrische und ausgewogene Raument-wicklung in der EU

(67) Aufgrund der früheren und künftigen Erweiterungenhat die EU inzwischen eine Größe und Vielfalt erreicht, dieeiner raumentwicklungspolitischen Strategie bedürfen. Umeine regional ausgewogene Entwicklung auch bei voller In-tegration in die Weltwirtschaft sicherzustellen, muß ein po-lyzentrisches Entwicklungsmodell verfolgt werden. Einderartiges Leitbild dient dazu, eine weitere übermäßigeKonzentration von Wirtschaftskraft und Bevölkerung imKernraum der EU zu verhindern. Nur durch die Weiterent-wicklung der relativ dezentral ausgerichteten europäischenSiedlungsstruktur können die wirtschaftlichen Potentialealler Regionen der EU genutzt werden. Die weitere Ver-besserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU im globalenMaßstab erfordert außerdem die stärkere Einbindung dereuropäischen Regionen in die Weltwirtschaft, wobei derspezielle maritime Charakter der EU günstige Standortvor-aussetzungen bietet. Der Auf- und Ausbau mehrerer dyna-mischer weltwirtschaftlicher Integrationszonen stellt einwichtiges Instrument zur Beschleunigung der wirtschaftli-chen Entwicklung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen inder EU dar, insbesondere auch in den gegenwärtig alsstrukturschwach (Ziel-1- und Ziel–6-Gebiete des noch gel-tenden Regionalfonds) eingestuften Regionen.

(68) Zur Zeit gibt es nur eine herausragende größere geo-graphische Zone weltwirtschaftlicher Integration: denKernraum der EU, der das von den Metropolen London,Paris, Mailand, München und Hamburg begrenzte Gebietumfaßt. Diese Zone bietet hochwertige globale Wirt-schaftsfunktionen und Dienstleistungen, die ein hohes Ein-

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(72) Raumwirksame politische Entscheidungen und Inve-stitionen sollten sich deshalb an einem polyzentrischenEntwicklungsmodell orientieren. Das gilt auch für den Ein-satz von Mitteln aus den Strukturfonds, insbesondere inden heutigen Ziel-1-Gebieten. Geeignete politische Maß-nahmen und insbesondere die Gewährleistung einer Hoch-leistungsinfrastruktur auf transnationaler, nationaler undregionaler Ebene sollten die Entwicklung der jeweiligenIntegrationszonen unterstützen und ergänzen.

(73) Um flächendeckend eine ausgewogene Siedlungs-struktur zu stärken, müssen Wege und Verfahren gefundenwerden, damit Städte und Regionen einander ergänzen undmiteinander kooperieren können. Hierfür gibt es vielfältigeMöglichkeiten, die zum Teil bereits erprobt worden sind.Neben Städtenetzen auf regionaler Ebene sind es insbeson-dere interregionale, transnationale oder gar EU-weite Städtenetze. Je nach lokaler bzw. regionaler Ausgangs-lage unterscheiden sich die dabei verfolgten Ziele sowieLösungen.

(74) Die Komplementarität zwischen Städten und Regio-nen zu fördern, bedeutet, die Vorteile des wirtschaftlichenWettbewerbs zwischen ihnen zu nutzen und gleichzeitigdie Nachteile des Wettbewerbs zu überwinden. Komple-mentarität soll jedoch nicht nur auf den Wettbewerb und dieWirtschaft beschränkt bleiben, sondern soll auf alle Stadt-funktionen erweitert werden (wie z. B. Kultur, Erziehungund Bildung und soziale Infrastruktur). Es ist eine Politikzu verfolgen, die eine effektive Zusammenarbeit zwischenden Städten fördert, indem auf den gemeinsamen Interes-sen und dem Beitrag aller Teilnehmer aufgebaut wird. Vor-aussetzung hierfür ist die Freiwilligkeit der Kooperationund die Gleichberechtigung der Partner.

(75) Städte weisen vielfältige und sich weiter verstärkendefunktionale Verflechtungen mit ihrem Umland auf. Diese Verflechtungen über administrative Grenzen hinwegerfordern eine freiwillige Zusammenarbeit der Kommunen,um die Region insgesamt im Wettbewerb zu stärken. Davon profitieren alle beteiligten Partner. Mögliche Feldereiner Zusammenarbeit sind der Nahverkehr, die Aus-weisung von gemeinsamen Wohn- oder Gewerbegebietenoder die Abfallwirtschaft. Grenzübergreifende Städtenetzeund –kooperationen können ein Instrument zur Überwin-dung von Entwicklungsnachteilen im grenznahen Raumsein.

(76) Die Bildung von Netzen kleinerer Städte in wenigerdicht besiedelten und wirtschaftlich schwächeren Regionenist ebenfalls wichtig. In diesen Gebieten stellt die Verknüp-

fung von städtischen Potentialen häufig die einzige Mög-lichkeit dar, die für den Erhalt wirtschaftsorientierter Ein-richtungen und Dienstleistungen notwendigen Konsumen-tenzahlen zu erreichen, die von den jeweiligen Städten al-lein nicht aufgebracht werden könnten.

(77) Weiter voneinander entfernt liegende Städte sollten inNetzwerken zusammenarbeiten, durch die Lösungen fürgemeinsame Probleme gefunden werden können. Über denbloßen Erfahrungsaustausch hinaus sollten dabei gemein-same Ziele verfolgt und gemeinsame Projekte durchgeführtwerden, etwa zu Fragen des lokalen Verkehrsmanage-ments, der City-Logistik, der Kooperation von Universitä-ten und Forschungszentren, dem Umgang mit dem Kul-turerbe und historischen Stadtzentren sowie die Integrationneuer Zuwanderer in die städtische Gesellschaft.

(78) Eine Zusammenarbeit zwischen Städten und Regionenüber die Außengrenzen der EU hinweg ist eine wichtigeMöglichkeit, die politischen und wirtschaftlichen Bezie-hungen zu den benachbarten Regionen in Nord-, Mittel-und Osteuropa sowie im Mittelmeerraum zu stärken undeine Zusammenarbeit bei Fragen von strategisch bedeutsa-mer Infrastruktur und Umweltprojekten zu fördern.

(79) Politische Optionen

1. Stärkung mehrerer größerer Zonen weltwirtschaft-licher Integration in der EU, die mit hochwertigenund globalen Funktionen und Dienstleistungenauszustatten sind unter Einbindung der peripherenGebiete durch transnationale Raumentwicklungs-konzeptionen.

2. Stärkung eines polyzentrischen und ausgewoge-neren Systems von Metropolregionen, Stadtgrup-pen und Städtenetzen durch engere Zusammenar-beit der Strukturpolitik und der Politik der Trans-europäischen Netze (TEN) sowie durch Verbesse-rung der Verbindungen zwischen internationa-len/nationalen und regionalen/lokalen Verkehrs-netzen.

3. Förderung integrierter Raumentwicklungsstrategi-en für Städtesysteme in den einzelnen Mitglied-staaten sowie im Rahmen von transnationaler undgrenzübergreifender Zusammenarbeit unter Ein-beziehung des entsprechenden ländlichen Raumsund seiner Städte.

4. Stärkung der fachlichen Zusammenarbeit bei derRaumentwicklung in Netzwerken auf grenzüber-greifender und transnationaler Ebene.

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Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

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EUREK

wicklung sind die folgenden fünf Aspekte von besondererBedeutung:

I Kontrolle über die Expansion der Städte,I Mischung von Funktionen und gesellschaftlichen Gruppen

(was besonders für große Städte gilt, in denen wachsende Be-völkerungsteile vom Ausschluß aus der städtischen Gesell-schaft bedroht sind),

I intelligentes und ressourcensparendes Management des städti-schen Ökosystems (insbesondere Wasser, Energie und Abfall),

I eine bessere Erreichbarkeit mit Verkehrsmitteln, die sowohleffektiv als auch umweltfreundlich sind, sowie

I die Erhaltung und Entwicklung der Natur und des Kulturerbes.(82) Die nachhaltige Stadtentwicklung bietet viele Gele-genheiten „global zu denken und lokal zu handeln“. DieUN-Konferenzen in Rio und in Istanbul (Habitat II) habenglobale Maßnahmen angeregt, die auf nationaler und loka-ler Ebene umgesetzt werden sollten. Dieses Thema mußvon den Gemeinschaftspolitiken und von allen Mitglied-staaten aufgegriffen werden. Die in diesem Abschnitt ge-nannten politischen Optionen, die mit der Agenda 2131 undder Habitat-Agenda32 in Zusammenhang stehen, können ambesten durch eine multisektorale, integrierte Stadtentwick-lungsstrategie angewendet werden.

(83) Die Strategien und Instrumente zur Erreichung einernachhaltigen Stadtentwicklung sind in starkem Maße vonden lokaIen, regionalen und nationalen Ausgangsbedingun-gen in den Städten und Mitgliedstaaten abhängig. Der vonden Mitgliedstaaten initiierte Erfahrungsaustausch zu Ele-menten einer nachhaltigen Stadtentwicklung bietet gute An-satzpunkte für die Anwendung der politischen Optionen desEUREK.33 In dem EU-Aktionsrahmen hat die EuropäischeKommission ebenfalls politische Zielvorstellungen vorge-stellt und Maßnahmen für städtische Gebiete vorgeschlagen,die in Einklang mit den Zielen des EUREK stehen.34

(84) Um den Trend zur weiteren Expansion der Städte bes-ser kontrollieren zu können, sollten die Mitgliedstaaten so-wie ihre lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dasKonzept der „kompakten Stadt“ (die Stadt der kurzenWege) verfolgen. Dazu gehört auch, daß beispielsweise inden Vorstädten oder in vielen Küstengebieten die Ausdeh-nung der Siedlungsflächen im Rahmen einer sorgfältigenStandort- und Siedlungspolitik minimiert werden. Das Ein-dämmen der Expansion der Städte ist allerdings nur im re-gionalen Kontext zu verwirklichen. Es müssen also die Zu-sammenarbeit zwischen Stadt und Umland intensiviert undneue partnerschaftliche Formen des Interessenausgleichsgefunden werden.

5. Förderung der Zusammenarbeit auf regionaler,grenzübergreifender und transnationaler Ebenemit Städten in den Staaten Nord-, Mittel- und Ost-europas sowie der Mittelmeerregion; Stärkung derNord-Süd-Verbindungen in Mittel- und Osteuropasowie der West-Ost-Verbindungen in Nordeuropa.

3.2.2 Dynamische, attraktive und wettbewerbs-fähige Städte und Verdichtungsregionen

(80) Die Regionen der EU können nur dann wettbewerbs-fähig sein und damit zum Abbau der Arbeitslosigkeit bei-tragen, wenn die Städte auch außerhalb der globalen Inte-grationszonen und Metropolregionen über ein ausreichen-des wirtschaftliches Potential verfügen. Dazu gehören be-sonders die sogenannten „Gateway-Städte“, die den Zu-gang zur EU bilden (große Seehäfen, interkontinentaleFlughäfen, Messe- und Ausstellungsstädte, kulturelle Zen-tren), sowie kleinere Städte, die als aktive Regionalzentrenfür die Revitalisierung niedergehender ländlicher Regio-nen dienen. Zu de „Gateway-Städten“ gehören auch die pe-ripher gelegenen Metropolregionen, die ihre spezifischenVorteile nutzen können, wie zum Beispiel niedrige Ar-beitskosten oder besondere Beziehungen zu außereuropäi-schen Wirtschaftszentren bzw. benachbarten Nichtmit-gliedstaaten.

(81) Viele der weniger attraktiven Städte der EU weiseneine relativ schmale, von einem einzigen Wirtschaftszweigdominierte, wirtschaftliche Basis auf, deren Niedergangsich negativ auf die gesamte regionale Wirtschaft auswirkt.Die Wettbewerbsfähigkeit der Städte hängt somit von einerPolitik zur Diversifizierung ihrer ökonomischen Basis ab.Auch die Zukunftsaussichten des ländlichen Umlandes be-ruhen auf wettbewerbsfähigen Städten. Das materielle undsoziale Wohlergehen in den Städten ist damit ein wichtigerFaktor der sozialen, umweltbezogenen und wirtschaftli-chen Entwicklung. Die Entwicklungspolitiken zur Errei-chung dieser Ziele sind in starkem Maße von den lokalenGegebenheiten abhängig. Für eine nachhaltige Stadtent-

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Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

(85) Die Zukunft der Städte in der EU hängt von derBekämpfung wachsender Armut, sozialer Ausgrenzungund der Eindämmung des Bedeutungsverlusts bestimmterstädtischer Funktionen ab. Der Wiederaufbau vernachläs-sigter Gebiete und Industriebrachen muß ebenso gefördertwerden wie ein ausgewogenes Angebot von preiswerten,qualitativ hochwertigen Wohnungen in den Stadtgebieten.Durch Funktionsmischung sollte allen Bürgern ein ange-messener Zugang zu den Basisdienstleistungen und -ein-richtungen, zu allgemeiner und beruflicher Bildung undGesundheitsversorgung, aber auch zu Freiflächen ermög-licht werden. Dazu gehört die Erhaltung und Entwicklungvon Kleingartenanlagen in den Grünzonen der Städte, de-nen neben ihrer ökologischen auch eine wichtige sozialeFunktion zukommt.

(86) Ein intelligentes und ressourcensparendes Manage-ment des städtischen Ökosystems ist von großer Bedeu-tung. Ein integrierter Ansatz mit geschlossenen Kreisläufennatürlicher Ressourcen, Energie und Abfall muß verfolgtwerden, um die Belastungen für die Umwelt zu verringern.Durch diesen Ansatz könnten die Abfallerzeugung und derVerbrauch natürlicher Ressourcen eingeschränkt werden(besonders von Ressourcen, die nicht erneuerbar sind odersich nur langsam regenerieren). Auch die Luft-, Boden- undWasserverschmutzung könnte reduziert werden. Die Aus-weitung der Naturräume in den Städten, die Erhaltung derArtenvielfalt und gemeinsame Energiesysteme für Haus-halte und Industrie sind Beispiele für Maßnahmen, die zueiner intelligenten Umweltpolitik gehören.

(87) Die Erreichbarkeit der Städte hat wesentlichen Einflußauf die Lebensqualität, die Umwelt und die Wirtschafts-kraft. Sie sollte durch eine Standortpolitik gefördert wer-den, die in Übereinstimmung mit der Flächennutzungspla-nung und der Verkehrsplanung steht. Das Ziel sollte darinbestehen, die Expansion der Städte einzudämmen und ei-nen integrierten Ansatz der Verkehrsplanung anzuregen.Dadurch werden die Abhängigkeit vom Pkw verringert undandere Fortbewegungsarten gefördert (öffentliche Ver-kehrsmittel, Fahrräder).

(88) Politische Optionen

6. Ausbau der strategischen Rolle der Metropol-regionen und „Gateway-Städte“ mit einem beson-deren Augenmerk auf die Entwicklung der Rand-gebiete der EU.

7. Verbesserung der wirtschaftlichen Basis, der Um-welt und der Dienstleistungsinfrastruktur der

Städte, insbesondere in wirtschaftlich weniger be-günstigten Regionen, mit dem Ziel, ihre Attrakti-vität für mobiles Investitionskapital zu erhöhen.

8. Förderung der wirtschaftlichen Diversifikation inStädten, die zu stark von einem Wirtschaftszweigabhängig sind, und Unterstützung der wirtschaft-lichen Entwicklung kleiner und mittlerer Städte inweniger bevorzugten Regionen.

9. Förderung umfassender Stadtentwicklungskon-zepte, die auf soziale und funktionale Diversitätabzielen, vor allem im Hinblick auf die Bekämp-fung der sozialen Ausgrenzung, sowie die Um-nutzung bzw. Wiedernutzung mindergenutzteroder wirtschaftlich brachliegender Flächen.

10. Förderung des intelligenten Managements städti-scher Ökosysteme.

11. Förderung einer besseren Erreichbarkeit in Städ-ten und Verdichtungsregionen durch eine adäqua-te Standortpolitik und Flächennutzungsplanung,die eine Mischung städtischer Funktionen und dieNutzung öffentlicher Verkehrsmittel anregt.

12. Unterstützung von wirksamen Methoden zur Re-duzierung unkontrollierter städtischer Expansion;Verringerung zu starken Siedlungsdrucks, insbe-sondere in Küstenregionen.

3.2.3 Eigenständige, vielfältige und leistungsfähi-ge ländliche Räume

(89) Ländliche Räume in der EU sind durch Vielfalt undEigenständigkeit gekennzeichnet. Sie sind Wirtschafts-,Natur- sowie Kulturstandorte, kurz „komplexe Standorte“,die sich nicht durch eindimensionale Kriterien wie Bevöl-kerungsdichte, Landwirtschaft oder natürliche Ressourcencharakterisieren lassen. Einigen ländlichen Räumen ist esbereits gelungen, den Strukturwandel erfolgreich zu be-wältigen. Dafür sind nicht nur Standortfaktoren wie gün-stige Lage oder niedriges Lohnniveau verantwortlich, son-dern zunehmend Faktoren wie z. B. die Qualität des natür-lichen und kulturellen Erbes, das Vorhandensein von Netz-

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werken und Partnerschaften, der demokratische Umgangbei der Entscheidungsfindung und nicht zuletzt die Initiati-ve und das Engagement der regionalen und lokalen Politi-ker und anderer gesellschaftlicher Akteure. Die Erfolge vie-ler ländlicher Regionen in der EU zeigen, daß Wohnen undProduzieren auf dem Land an sich kein Hindernis für einedynamische wirtschaftliche Entwicklung und Beschäfti-gungswachstum ist. Es gibt ferner ländliche Regionen, dieeine relativ gute Wettbewerbsposition in der Landwirt-schaft oder im Tourismus entwickelt haben.

(90) In vielen ländlichen Räumen ist der Strukturwandelbislang allerdings nicht gelungen; sie haben vielfach auf-grund ihrer peripheren Lage noch erhebliche wirtschaftli-che Probleme. Neben einem hohen Anteil landwirtschaftli-cher Arbeitsplätze kann die Strukturschwäche dieser Räu-me weitere Ursachen haben, wie z. B. eine extrem geringeBevölkerungsdichte, Unzugänglichkeit, klimatische Nach-teile, infrastrukturelle Defizite, strukturelle Entwicklungs-brüche, ungünstige Branchenstrukturen, ungünstige land-wirtschaftliche Produktionsbedingungen. Vor großen Her-ausforderungen stehen auch ländliche Räume, die durchdas Wirtschaftswachstum und den Siedlungsdruck aus be-nachbarten Metropolen und größeren Städten neuen Bela-stungen unterworfen sind oder die durch den Niedergangder Landwirtschaft gefährdet sind.

(91) In der Vergangenheit wurden die ländlichen Räume vonder Politik vielfach als homogene Räume mit gleichen Ent-wicklungshemmnissen und -chancen betrachtet. Diese Sicht-weise trifft die Wirklichkeit der EU nicht mehr. GemeinsameKennzeichen ländlicher Räume sind nur noch eine geringe-re Bevölkerungsdichte und ein höherer Anteil landwirt-schaftlicher Flächennutzung. Sie unterscheiden sich aber er-heblich bezüglich ihrer Entwicklungspfade und -perspekti-ven voneinander. Die Vielfalt ländlicher Entwicklung in derEU macht also deutlich, daß Raumentwicklungsstrategien anden lokalen und regionalen Bedingungen, Besonderheitenund Bedürfnissen ansetzen müssen.

(92) Neue Impulse sind von einer Neubewertung der Part-nerschaft zwischen Stadt und Land zu erwarten. Dahintersteht vor allem eine integrative Betrachtung von Stadt undLand als funktional-räumliche Einheit mit vielfältigen Be-ziehungen und Abhängigkeiten. Eine scharfe Trennungzwischen Stadt und Land innerhalb einer Region vernach-lässigt, daß nur Regionen Arbeitsmärkte, Informations- undKommunikationsmärkte ausbilden können. Die Region istdaher in den meisten Fällen die „richtige“ Handlungs- undUmsetzungsebene und für viele Fragen der Raumentwick-lung auch die adäquate Analyseebene.

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(93) Die kleinen und mittleren Städte und ihre Verflechtun-gen bilden in einem polyzentrischen Städtesystem geradefür ländliche Regionen wichtige Kristallisationskerne imräumlichen Beziehungsgefüge. In ländlichen Problemre-gionen sind nur sie in der Lage, Infrastruktur und Dienst-leistungen für wirtschaftliche Aktivitäten in der Region an-zubieten und den Zugang zu größeren Arbeitsmärkten zuerleichtern. Die Städte „auf dem Lande“ bedürfen daher ei-ner besonderen Aufmerksamkeit bei der Konzeption inte-grierter ländlicher Entwicklungsstrategien.

(94) Ländliche Gebiete sind heute durch das Wirtschafts-wachstum vielfältigen Umweltbelastungen ausgesetzt.Dazu gehören u. a.: starker Siedlungsdruck auf die Frei-flächen in stadtnahen Gebieten; Wachstum der Erst- undZweitwohnsitze; negative Auswirkungen neuer Freizeitak-tivitäten; Boden-, Luft- und Wasserbelastungen durch dieVerarbeitung und Lagerung von Abfällen etc. Landschaft-lich reizvolle Gebiete wie Gebirgs- und Küstenregionensind durch den Massentourismus in ihrer Attraktivität ge-fährdet. Auch intensive landwirtschaftliche Nutzung kannzu Bodenbelastungen und zur Zerstörung von Kulturland-schaften führen. Diesen Belastungen kann nur mit einer ge-eigneten regionalen Flächennutzungsplanung und entspre-chenden umweltpolitischen sowie agrarpolitischen Maß-nahmen (z. B. Wiederherstellung der Artenvielfalt, Verrin-gerung der Bodenbelastung sowie Extensivierung und Di-versifizierung der landwirtschaftlichen Nutzung) begegnetwerden.

(95) Auch in Gebieten mit ungünstigen Produktionsstruk-turen muß sich die Landwirtschaft den Herausforderungeneines internationalen Wettbewerbs stellen. Möglichkeitenergeben sich durch die Entwicklung hochwertiger land-wirtschaftlicher Produkte, durch geeignete Strategien fürdie Vermarktung dieser Produkte sowie die Wiederent-deckung der Pluriaktivität von Landwirtschaft, d. h. viel-fältigen Verdienstmöglichkeiten in landwirtschaftlichenBetrieben (z. B. Ferien auf dem Bauernhof, Windenergie-anlagen). Der gesellschaftlich anerkannte Wert der Erhal-tung der Umwelt und der Kulturlandschaften steigt und bie-tet für die Landwirtschaft vielfältige Beschäftigungsmög-lichkeiten. Geeignete Aus- und Weiterbildungsangebotekönnen dazu beitragen, neben der Landwirtschaft auch al-ternative Einkommensquellen zu erschließen.

(96) Die strukturschwachen ländlichen Räume in der EU be-dürfen daher einer besonderen Aufmerksamkeit. In allen die-sen Gebieten muß eine Diversifizierung der ländlichen Wirt-schaft angestrebt werden, um Abhängigkeiten von einseitigenStrukturen zu vermeiden und zukunftsorientierte Beschäfti-

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Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

gungsmöglichkeiten zu schaffen. Die kleinen und mittlerenStädte in diesen Regionen bieten Anknüpfungspunkte für dieEntwicklung von industrie- und dienstleistungsbezogenenAktivitäten, Forschung und Technologie, Tourismus und Er-holung. Der Prozeß der internen Diversifikation der ländli-chen Wirtschaft führt zu regions-externen Verbindungen undNetzwerken, zu Kontakten zu neuen Märkten und zu anderenBetrieben, zu Information und Wissen.

(97) In den ländlichen Räumen der EU besteht ein be-trächtliches Potential für erneuerbare Energien: Solarener-gie, Windenergie, Wasserkraft und Gezeitenenergie, Ener-gie aus Biomasse und sogar aus städtischen Abfällen in derNähe großer Städte (Methanerzeugung). Dies eröffnet in-teressante Perspektiven für die wirtschaftliche Diversifika-tion und eine umweltfreundliche Energieerzeugung. DiesesPotential sollte für eine effiziente Nutzung der Ressourcenaktiviert werden. Ein weiterer Schritt wäre die Einspeisungvon überschüssiger Energie in die größeren Energienetze.

(98) In der Entwicklung einer eigenständigen Perspektive,dem Entdecken der endogenen Potentiale und dem Erfah-rungsaustausch mit anderen Regionen, nicht aber im Ko-pieren von Entwicklungsmodellen aus anderen Teilräumender EU, liegt der Schlüssel für eine zukunftsfähige undnachhaltige Entwicklung ländlicher Räume. PolitischeStrategien müssen diese Vielfalt sowie die Entwick-lungschancen und -engpässe berücksichtigen. Sie müssenfür die ländlichen Gebiete Instrumente bereitstellen, die esden regionalen und lokalen Akteuren ermöglichen, auf ihreProbleme mit größtmöglicher Flexibilität zu reagieren.

(99) Politische Optionen

13. Förderung diversifizierter Entwicklungsstrategi-en, die an die jeweiligen Entwicklungspotentialeder ländlichen Räume angepaßt sind und die eineeigenständige Entwicklung ermöglichen (ein-schließlich der Förderung landwirtschaftlicherPluriaktivitäten). Unterstützung der ländlichenRegionen bei der Aus- und Weiterbildung und beider Schaffung von außerlandwirtschaftlichen Ar-beitsplätzen.

14. Stärkung der kleinen und mittleren Städte in länd-lichen Gebieten als Kristallisationspunkte der re-gionalen Entwicklung sowie Förderung ihrer Ver-netzung.

15. Sicherung einer nachhaltigen Landwirtschaft,Durchführung von Umweltmaßnahmen und Di-versifizierung der agrarischen Flächennutzung.

16. Förderung und Unterstützung der Kooperationund des Erfahrungsaustauschs zwischen ländli-chen Räumen.

17. Nutzung des Potentials für erneuerbare Energien instädtischen und ländlichen Gebieten unter Berück-sichtigung der lokalen und regionalen Bedingun-gen, besonders des Kulturerbes und der Natur.

18. Nutzung der Entwicklungspotentiale umwelt-freundlicher Formen des Tourismus.

3.2.4 Partnerschaft zwischen Stadt und Land

(100) Viele lokale Probleme sind heute ohne eine inte-grierte Sichtweise von Stadt und Land nicht mehr lösbar,weil sie immer auch regionale Probleme sind. Gelebte Part-nerschaft äußert sich in Kooperation und Koordination. Da-mit aus den Kooperationen eine langfristig erfolgreichePartnerschaft wird, sind allerdings einige Voraussetzungenzu schaffen:

I die Gleichrangigkeit und Eigenständigkeit der Partner,I die Freiwilligkeit in der Partnerschaft,I die Berücksichtigung unterschiedlicher administrativer

Bedingungen undI eine gemeinsame Verantwortung und ein gemeinsamer

Nutzen.

(101) Partnerschaften zwischen Stadt und Land haben mehrere räumliche Dimensionen: eine regionale, überre-gionale, interregionale sowie transnationale Perspektive.Die regionale Perspektive beinhaltet die Partnerschaft zwi-schen Städten jeder Größenordnung und ihrem ländlichenUmland. Gerade hier müssen Stadt und Land einen integrierten Ansatz verfolgen, da sie eine Region bildenund für ihre weitere Entwicklung gemeinsam verantwort-lich sind. Städte in ländlichen Regionen haben zudem eine wichtige Funktion als Impulsgeber für die regionaleWirtschaftsentwicklung. In dünn besiedelten ländlichenRäumen können nur die Städte gewisse Standards in der Infrastrukturversorgung und an Dienstleistungen anbieten

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und wirtschaftliche Aktivitäten anziehen. In diesen Gebieten haben Städte eine besondere Bedeutung für die Erhaltung der Siedlungsstruktur und der Kulturland-schaft.

(102) Die überregionale Perspektive bezieht sich auf einegroßräumige Funktionsteilung zwischen Stadt- und Metro-polregionen und ländlichen Regionen. Prinzipiell geht esbei einem partnerschaftlichen Ansatz auch hier um das Ziel,großräumig einen Ausgleich der Interessen herbeizuführen,bei dem sowohl ökonomische und ökologische als auch so-ziale Aspekte Berücksichtigung finden.

(103) Bei der interregionalen und transnationalen Dimen-sion stehen der Erfahrungsaustausch und das „voneinanderLernen“ im Vordergrund. Es geht hier nicht um den part-nerschaftlichen Ausgleich von Interessen, sondern darum,Erfahrungen in der Zusammenarbeit zwischen Stadt undLand oder aus konkreten Projekten bzw. Initiativen auszu-werten und weiterzugeben.

(104) Partnerschaft bedeutet, daß jeder gleichwertige Lei-stungen erbringt, sei es z. B. die Bereitstellung von hoch-wertigen und teuren Infrastruktureinrichtungen oder dieBereitstellung von Flächen für die Wasserversorgung derstädtischen Bevölkerung. Neue Formen der Partnerschaftbieten die Möglichkeit, den Leistungsaustausch zwischenStadt und Land im Sinne einer nachhaltigen Raument-wicklung neu zu bewerten. Ziel ist die Schaffung eines re-gionalen „Leistungspools“ für den kommunalen Lei-stungsaustausch.

(105) Neben der Partnerschaft zwischen administrativenGebietskörperschaften spielen partnerschaftlich organisier-te Netzwerke zwischen Betrieben in Stadt und Land einegroße Rolle für die regionale Wirtschaft. Dabei können po-tentielle Synergieeffekte genutzt und Lernprozesse in Ganggesetzt werden, die den Betrieben in räumlicher Nähe Wis-sen und Informationen vermitteln.

(106) Politische Optionen

19. Erhaltung einer Grundausstattung an Dienstlei-stungen und öffentlichen Verkehrsmitteln in klei-nen und mittleren Städten ländlicher Gebiete, ins-besondere in denen, die vom Niedergang betrof-fen sind.

20. Förderung der Zusammenarbeit zwischen Stadtund Land mit dem Ziel, funktionale Regionen zustärken.

21. Integration des ländlichen Umlands großer Städtein stadtregionale Raumentwicklungsstrategien mitdem Ziel einer effizienteren Flächennutzungspla-nung unter Berücksichtigung der Verbesserung derLebensqualität im städtischen Umland.

22. Förderung und Unterstützung von partnerschaftli-cher Zusammenarbeit zwischen kleinen und mitt-leren Städten auf nationaler und transnationalerEbene durch gemeinsame Projekte und Erfah-rungsaustausch.

23. Förderung von betrieblichen Netzwerken zwi-schen kleinen und mittleren Unternehmen in Stadtund Land.

3.3 Gleichwertiger Zugang zu Infra-struktur und Wissen

3.3.1 Ein integrierter Ansatz zur verbessertenVerkehrsanbindung und des Zugangs zu Wissen

(107) Städtische Zentren und Metropolen müssen effizientmit der weltweiten Wirtschaft sowie untereinander undauch mit dem jeweiligen Hinterland verbunden werden.Ein gut funktionierender Verkehr und ein ausreichenderZugang zur Telekommunikation sind außerdem grundle-gende Voraussetzungen zur Stärkung der Wettbewerbs-situation von Randgebieten bzw. weniger begünstigtenRäumen und damit des sozialen und wirtschaftlichenZusammenhalts der EU. Verkehrs- und Telekommunikati-onsmöglichkeiten sind wesentliche Faktoren bei derFörderung einer polyzentrischen Entwicklung. EffizienteVerkehrs- und Telekommunikationssysteme wie auch -dienstleistungen haben Schlüsselfunktionen zur Verstär-kung der ökonomischen Ausstrahlung der verschiedenenMetropolen und regionalen Zentren.

(108) Die Mobilität von Menschen, Gütern und Informati-on in der EU ist durch Konzentrations- und Polarisierungs-tendenzen gekennzeichnet. Zunehmender Wettbewerb auf

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den Transport- und Telekommunikationsmärkten kann die-se Entwicklung verschärfen. Die Politik muß dafür Sorgetragen, daß alle Regionen, auch die in Insel- und Randla-gen, über einen angemessenen Zugang zu den Infrastruktu-ren verfügen, um den sozialen und wirtschaftlichen und da-mit den räumlichen Zusammenhalt in der Gemeinschaft zufördern. Es sollte aber auch sichergestellt werden, daßdurch hochwertige Infrastruktur, wie z. B. Hochgeschwin-digkeitsstrecken/Hochleistungsstrecken der Bahn und Au-tobahnen, keine Ressourcen aus strukturschwächeren Re-gionen und Randlagen abgezogen werden („Sogeffekt“)oder diese Räume durchquert werden, ohne sie anzubinden(„Tunneleffekt“). Die Raumentwicklungspolitik sollte dar-auf hinwirken, daß hochwertige Verkehrsinfrastrukturendurch Sekundärnetze ergänzt werden, um deren Nutzen indie Regionen hineinzutragen.

(109) Auf der anderen Seite führt die Konzentration vonVerkehrsleistungen im Kernraum der EU und dessen bela-steten Korridoren zu Beeinträchtigungen der Funktions-fähigkeit in Teilbereichen sowie zu erheblichen Umwelt-belastungen. Zur Senkung der Beeinträchtigungen durchden Verkehr sind integrierte intermodale Lösungen, dieeine Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundlichereVerkehrsmittel sowie eine effizientere Ausnutzung beste-hender Infrastruktur anstreben, von Bedeutung. Dies setztlangfristig eine verbesserte Abstimmung zwischen den Ver-kehrsträgern voraus. Umfassende integrierte Raument-wicklungsstrategien müssen dies berücksichtigen. Raum-verträglichkeitsprüfungen sollten zukünftig Voraussetzungfür alle größeren Verkehrsprojekte sein.

(110) Der Bau neuer Infrastrukturen, so unerläßlich er auchfür alle Regionen ist, wird nicht ausreichen, um die o. g.Probleme zu lösen. Verkehrs- und Telekommunikations-infrastrukturen sind keine hinreichenden Voraussetzungenfür die Regionalentwicklung, sondern bedürfen flankieren-der Maßnahmen in anderen Politikbereichen, wie z. B. derregionalen Strukturpolitik oder Bildungs- und Ausbil-dungsförderung, um langfristig die Standortvorteile derRegionen zu verbessern. Dies gilt insbesondere für struk-turschwache Regionen.

3.3.2 Die polyzentrische Entwicklung: ein Leit-bild besserer Erreichbarkeit

(111) Bei der zukünftigen Ergänzung der Transeuropäi-schen Netze (TEN) sollte das polyzentrische Entwick-lungsmodell als räumliche Leitvorstellung zugrunde gelegtwerden. Das bedeutet, vorrangig die Erschließung der zuentwickelnden, global bedeutsamen wirtschaftlichen Inte-grationszonen zu sichern sowie deren Anbindung an dieWeltwirtschaft zu gewährleisten. Darüber hinaus sollte denRegionen mit geographischen Hemmnissen, vor allem In-seln und abgelegenen Gebieten, mehr Aufmerksamkeit ge-schenkt werden. Räumliche Unterschiede in der EU kön-nen nicht reduziert werden ohne eine grundlegende Ver-besserung der Verkehrsinfrastruktur und -dienstleistungenin den Regionen, in denen der mangelnde Zugang zur Ver-kehrs- und Kommunikationsinfrastruktur die wirtschaftli-che Entwicklung hemmt. Eine grundlegende Verbesserungder Infrastruktur und der Erreichbarkeit geht jedoch überdie Ergänzung fehlender Verbindungen der TEN hinaus.

(112) Die Festlegung von Prioritäten bei der Ergänzung desNetzes erfordert zusätzliche Maßnahmen zur Entwicklungintraregionaler Verknüpfungen und der innerregionalen Er-schließung. Die Effizienz und Dichte dieser sekundärenNetze werden für die Integration der regionalen und städti-schen Wirtschaft und deren Wettbewerbsfähigkeit ent-scheidend sein. Sie dienen insbesondere der Stärkung klei-ner und mittlerer Städte und deren Funktion als Auslösergesamtregionaler Entwicklungen.

(113) Es besteht das Risiko, daß Investitionen in sekun-däre Netze und deren Anbindung an die TEN erst mit Zeitverzögerung oder gar nicht getätigt werden, wenn derVollendung von höherrangigen Netzen eine größere Prio-rität beigemessen wird. Zur Vermeidung einer relativenVerschlechterung der Dienstleistungsqualität derjenigenEU-Räume, die nicht direkt an die TEN angebunden sind,darf der Ausbau sekundärer Netze nicht nachrangig behan-delt werden. Dazu gehört auch die Modernisierung derregionalen Verkehrsdienste, wobei die verwendeten Ver-kehrsmittel den spezifischen lokalen bzw. regionalenBedingungen angepaßt sein sollten (konventionelles Schie-

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Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

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nennetz, Busse, Regionalflughafen, usw.). Im übrigen können die sekundären Netze zur Bündelung der Verkehrs-ströme auf den TEN beitragen und das kritische Potentialfür großräumige Verbindungen erschließen. Insofern kann der Zeitpunkt für die Anbindung der sekundären Net-ze an die TEN für deren Entwicklung von großer Bedeu-tung sein.

(114) Neben der EU-weiten muß aber auch die interkonti-nentale Dimension der Verkehrsnetze gesehen werden. Die gegenwärtigen Strukturen der interkontinentalen Er-reichbarkeit der EU sind einmal durch die regional unter-schiedlichen Standards der Verkehrsnetze und -knoten(Seehäfen, Flughäfen) geprägt, zum anderen aber auchdurch die Politik der Flug- und Seeschiffahrtsgesellschaf-ten, die aus zu meist marktwirtschaftlichen Gründen be-stimmte interkontinentale Knoten im Kernraum der EU fa-vorisieren. Die Einbindung der Regionen in die interkonti-nentalen Netze ist deshalb bislang räumlich nicht ausge-wogen. Dies liegt jedoch nicht nur an der ungleichen Verteilung der Knotenpunkte für den interkontinentalenVerkehr, sondern auch am unterschiedlichen Dienstlei-stungsniveau der entsprechenden Knoten. Im Interesse ei-ner ausgewogeneren Entwicklung ist es daher wichtig, daßnicht nur die Unterschiede der Verkehrsinfrastruktur, son-dern auch des Dienstleistungsniveaus und der entsprechen-den Kosten abgemildert werden. Denn der private Sektorwird eine wachsende Rolle im Entwicklungsprozeß vonKnotenpunkten und Netzwerken mit unterschiedlichenDienstleistungsniveaus für den interkontinentalen Verkehrspielen.

(115) Ausgewogenheit beim Luftverkehr wie auch die Er-richtung eines europäischen Netzes von großen Seehäfeneinschließlich regionaler Subsysteme von Häfen wäre imInteresse aller Regionen. Dies würde sowohl den Knoten-punkten im Kernraum der EU nutzen, die z. T. unter zu-nehmender Überlastung leiden, als auch den Randgebieten,die einer weiteren Förderung ihres wirtschaftlichen Poten-tials bedürfen. Dabei ist auch die grundlegende Förderungder Verbindung der interkontinentalen Knotenpunkte mitdem Hinterland durch Schienen- und Binnenwasserverkehrsehr wichtig, um das Ziel eines nachhaltigen Verkehrssy-stems erreichen zu können. Für die Entwicklung der See-und Flughafeninfrastrukturen in Kombination mit einer Po-litik der leistungsfähigen Anbindung aller EU-Regionenkönnen transnationale Raumentwicklungskonzepte einewichtige Hilfestellung geben.

(116) Telekommunikationsnetze können eine bedeutendeRolle beim Ausgleich von Nachteilen spielen, die durch

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die Distanz und eine geringe Dichte in peripheren Regio-nen verursacht werden. Das relativ geringe Marktvolumenin Regionen mit niedriger Bevölkerungsdichte und ent-sprechend hohen Investitionskosten für Telekommunikati-onsinfrastruktur kann jedoch zu einem geringeren techni-schen Standard und zu hohen Tarifen führen, die Wettbe-werbsnachteile nach sich ziehen. In vielen Bereichen (Te-learbeit, Fernstudiengänge, Telemedizin, usw.) ist aber ge-rade die Bereitstellung hochwertiger Dienstleistungen zuerschwinglichen Preisen ein Schlüsselfaktor für die Ent-wicklung. Die Anwendung moderner Technologien hängtjedoch nicht allein von der Verfügbarkeit fortschrittlicherInfrastruktur, Ausrüstung oder Dienstleistungen und derenErschwinglichkeit, sondern auch vom Entwicklungsstandder jeweiligen Region ab. Um Investitionen anzuregen,sollte deshalb nachfragestimmulierenden Maßnahmen, derEntwicklung von anwendungsbezogenen Fachkenntnissenund der Bewußtseinsbildung besondere Aufmerksamkeitgeschenkt werden.

Voraussetzung für entspechende Infrastrukturvorhaben soll-te eine frühzeitige Prüfung der zu erwartenden räumlichenWirkungen sowie eine Abstimmung gemeinschaftlicher, na-tionaler und regionaler bzw. lokaler Maßnahmen sein.

(117) Politische Optionen

24. Stärkung der sekundären Verkehrsnetze und derenVerbindungen mit den TEN, inklusive der Ent-wicklung effizienter regionaler öffentlicher Ver-kehrssysteme.

25. Förderung eines räumlich ausgewogeneren Zu-gangs zum interkontinentalen Verkehr der EUdurch eine entsprechende Verteilung von See- undFlughäfen (global gateways) und die Steigerungihres Dienstleistungsniveaus sowie der Verbesse-rung ihrer „Hinterlandanbindung“.

26. Verbesserung der Verkehrsverbindungen periphe-rer und ultra-peripherer Regionen sowohl mit derEU als auch mit benachbarten Drittstaaten unterBerücksichtigung des Luftverkehrs und Ausbauentsprechender Infrastruktureinrichtungen.

27. Verbesserung des Zugangs zu und der Nutzungvon Telekommunikationseinrichtungen; Bereit-stellung von „Universaldienstleistungen“ in dünnbesiedelten Gebieten durch eine entsprechendeAusgestaltung der Tarife.

28. Verbesserung der Kooperation zwischen den Ver-kehrspolitiken auf EU-, nationaler und regionalerEbene.

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Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

29. Einführung einer Raumverträglichkeitsprüfungals Instrument der räumlichen Bewertung größe-rer Infrastrukturprojekte (insbesondere im Ver-kehrsbereich).

3.3.3 Effiziente und nachhaltige Nutzung der Infrastruktur

(118) Das derzeitige Wachstum von Personen- und Güter-verkehr (insbesondere im Straßen- und Luftverkehr) be-einträchtigt zunehmend die Umwelt und die Effizienz derVerkehrssysteme. Ansätze zur Entlastung sind durch einegeeignete Raumentwicklungspolitik, die die Standorte vonWirtschaft und Bevölkerung und damit den Mobilitätsbe-darf und die Wahl der Verkehrsmittel beeinflußt, möglich.Durch die Stärkung der umweltverträglicheren Verkehrs-träger und die Förderung intermodaler Transportkettenkann eine effizientere Nutzung der bestehenden Infrastruk-tur erzielt werden. Dieses Ziel muß jedoch ohne nachteili-ge Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit der EU ins-gesamt oder ihrer Teilregionen erreicht werden. Die Inte-gration von Verkehrs- und Flächennutzungsplanung kanninsbesondere in großen Stadtregionen erfolgversprechendsein, in denen die Abhängigkeit der Bevölkerung vom Pkwstark reduziert werden könnte. Erforderlich ist eine Politik,die in Städten und ihrem Umland sowie in Verdichtungsre-gionen die Nutzung des öffentlichen Verkehrs begünstigt.

(119) Im Kernraum der EU, aber auch in anderen dicht be-siedelten Gebieten entlang der großen Korridore sowie eini-ger Küsten, hat der Verkehr, insbesondere der Straßenver-kehr, ein so hohes Maß erreicht, daß dringend Maßnahmenzur Verringerung der damit verbundenen Erreichbarkeitsdefi-zite und Umweltbelastungen eingeleitet werden müssen.Deshalb sollten vermehrt Maßnahmen zur Stärkung der um-weltverträglicheren Verkehrsträger ergriffen werden. Dazugehören beispielsweise die Erhebung von Straßenbenut-zungsgebühren oder die Internalisierung von externen Kostendes Straßenverkehrs in Verbindung mit einer entsprechendenStandortpolitik. Der Einsatz der Instrumente sollte sich nach

den örtlichen Gegebenheiten richten. Gleichwohl wird derStraßenverkehr sowohl im Personen- als auch im Güterver-kehr seine große Bedeutung behalten, insbesondere bei derErschließung peripherer oder dünn besiedelter Regionen.

(120) Die Stärkung der umweltfreundlicheren Verkehrsträ-ger erfordert eine verkehrsträgerübergreifende Betrach-tungsweise und ein koordiniertes Management der Ver-kehrsinfrastruktur. Für ihre effizientere und nachhaltige Nut-zung müssen die Schiene und im Güterverkehr auch die Was-serwege (See-, Küsten- und Binnenschiffahrt) stärker ge-nutzt werden. Neben der Erhöhung der Leistungsfähigkeitder Netze müssen angemessene intermodale Verknüpfun-gen, d. h. ein flächendeckendes Angebot an Umsteige- bzw.Umladeknoten, entwickelt werden. Die Potentiale der Bahnkönnen nur durch eine umfassende Modernisierung ausge-schöpft werden. Dies betrifft sowohl die Herstellung der In-teroperabilität zwischen den einzelnen Systemen als auchdie Verbesserung der Logistik. In dichter besiedelten eu-ropäischen Teilräumen kann der Hochgeschwindigkeits-bahnverkehr auf Strecken bis ca. 800 km den Luftverkehr er-setzen. In dünner besiedelten peripheren Regionen, insbe-sondere in den Insellagen, muß jedoch dem regionalen Flug-verkehr auch auf kürzeren Strecken größere Bedeutung ein-geräumt werden; generell müssen besondere Lösungen fürdie weniger bevorzugten Gebiete gefunden werden.

(121) Die für Häfen, Flughäfen, Eisenbahnverkehr undFernstraßen zuständigen Behörden sowie die Betreiber derunterschiedlichen Netze sollten ihre Politiken und Akti-vitäten im Rahmen von integrierten verkehrsträgerüber-greifenden Konzepten abstimmen. Potentielle Synergienzwischen den Transportsystemen müssen genutzt werden.Lösungen liegen auch in der gemeinschaftlichen Nutzungvon bestehender Infrastruktur, um ggf. Überkapazitäten zuvermeiden. So können z. B. zwei benachbarte Häfen ge-meinsam Schienenwege nutzen, oder ein Flughafen kannsein Hinterland grenzübergreifend bedienen.

(122) Ein weiterer wichtiger Aspekt sind Kooperationenzwischen nationalen, regionalen und örtlichen Verkehrspo-litiken. Effiziente Verbindungen zwischen den Netzen derunterschiedlichen Ebenen sind unerläßlich. RegionaleInitiativen können nationalen Institutionen und Netzwerk-betreibern helfen, ihre Planungen und die Auslastung ihrerKapazitäten durch die Berücksichtigung der örtlichenBedürfnisse zu verbessern.

(123) Telekommunikation sowie Informations- und Kom-munikationstechnologien sind ein wichtiges Ergänzungs-instrument für die regionale Integration. Sie können jedoch

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ten Jahrzehnts, die eine große Zahl neuer Technologien her-vorgebracht haben und die auch für verbesserte Ausbil-dungschancen und Fachkenntnisse gesorgt haben, ist derZugang zu Wissen sowie das Innovationspotential nochimmer räumlich unausgewogen. Aber auch das Bewußt-sein der Bevölkerung für die angebotenen Möglichkeitenmuß weiter gestärkt werden. Die Regierungen (auf allenEbenen) müssen dafür sorgen, daß Bildung und Forschungbesser mit dem Bedarf der regionalen Wirtschaftsstruktu-ren verknüpft werden. Sie müssen auch darauf achten, dasallgemeine Bildungsniveau anzuheben.

(126) Für die künftige Entwicklung der Wirtschaft wird dem Austausch immaterieller Leistungen ein bedeuten-der Stellenwert beigemessen. Arbeitsplätze werden qualifi-zierter. Die Produktivitätssteigerung und das Beschäfti-gungswachstum sind immer stärker von einer weiten Ver-breitung von neuen und besseren Produkten und Prozessenabhängig. Diejenigen Firmen, die Innovationskapazitätenmit neuen Organisationsformen und einer Höherqualifizie-rung der Beschäftigten verbinden können, werden sich län-gerfristig besser am Markt positionieren können.

(127) In diesem Zusammenhang ist der Zugang zu einemMindestangebot an hochwertiger Ausbildung und zu For-schungszentren unabdingbar. Für eine unmittelbare Zusam-menarbeit zwischen Unternehmen in weniger entwickeltenGebieten und Forschungszentren sowie Ausbildungsstättenist entscheidend, daß gut ausgebildete Vermittler in der Lagesind, entsprechende Kontakte herzustellen. TechnischeDienstleistungszentren, in denen Innovationen vorgestelltund von örtlichen Unternehmen getestet werden können,wären dabei hilfreich. Darüber hinaus ist es notwendig, dieKommunikation zwischen lokalen Betrieben auf der einenund Technologiezentren, Universitäten, Unternehmensbera-tern usw. auf der anderen Seite zu verbessern, um sich er-gänzende Kompetenzen auszunutzen.

(128) Die wirtschaftliche Attraktivität einer Region hängtauch von dem Ausbildungsniveau und den beruflichen Fer-tigkeiten ihrer Arbeitskräfte ab. In den letzten Jahren habendie weniger entwickelten Gebiete diesbezüglich bedeuten-de Fortschritte gemacht, insbesondere bei der Bekämpfungdes Analphabetentums. Diese Bemühungen müssen fortge-setzt werden. Daneben muß sichergestellt werden, daß dieörtlichen Unternehmen auch in der Lage sind, Arbeitskräf-te qualifikationsgerecht zu beschäftigen und zu bezahlenund somit in der Region zu halten.

(129) Informations- und Kommunikationstechnologien(IK) können dazu beitragen, Defizite im Zugang zu Inno-

nicht als Ersatz für verkehrliche Erschließung angesehenwerden. Ein Schwerpunkt sollte hier auf die Koordinationzwischen den Entscheidungsträgern für Verkehr und Tele-kommunikation gelegt werden. Ebenso sollten die Raum-und Verkehrsplanung stärker verzahnt werden.

(124) Politische Optionen

30. Bessere Koordination von Raumentwicklungspo-litik und Flächennutzungsplanung mit Verkehrs-und Telekommunikationsplanung.

31. Verbesserung der öffentlichen Verkehrsdienstlei-stungen und Bereitstellung eines Mindestangebo-tes an öffentlichen Verkehrsleistungen in kleine-ren und mittleren Städten.

32. Reduzierung der negativen Auswirkungen in ver-kehrlich stark belasteten Räumen durch die Stär-kung umweltverträglicherer Verkehrsmittel, dieErhebung von Straßenbenutzungsgebühren unddie Internalisierung der externen Kosten.

33. Förderung der Vernetzung intermodaler Knoten-punkte für den Güterverkehr, insbesondere fürden Verkehr auf den europäischen Korridoren, un-ter besonderer Berücksichtigung der Schiffahrtund Binnenschiffahrt.

34. Koordinierte und integrierte Infrastrukturplanungund -management zur Reduzierung uneffektiverInvestitionen (z. B. unnötiger paralleler Ausbauvon Verkehrswegen) und zur Sicherung einer ef-fizienten Nutzung der bestehenden Verkehrsinfra-struktur.

3.3.4 Verbreitung von Innovation und Wissen

(125) Der Zugang zu Wissen hat für die Wettbewerbssitua-tion der EU die gleiche Bedeutung wie der Zugang zu In-frastruktur. Die regional miteinander verflochtenen Ar-beitsmärkte sowie Produktions- und Dienstleistungsstan-dorte benötigen dynamische Innovationssysteme, einen ef-fektiven Technologietransfer und Institutionen zur Qualifi-zierung ihrer Arbeitskräfte. Trotz der Fortschritte des letz-

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vation und Wissen abzubauen und damit die Ansiedlungvon Unternehmen in ländlichen Regionen zu unterstützen.Dadurch werden Investitionsanreize in Regionen geschaf-fen, in denen die relativen Standortkosten normalerweisegeringer sind. Dies kann eine polyzentrische Entwicklungdes Raumes der EU unterstützen.

(130) Die Verbreitung der neuen Informationstechnologienin allen Regionen bedeutet nicht nur die Bereitstellung einerqualitativ gleichwertigen allgemeinen Grundversorgung,sondern auch eine angemessene Gebührenpolitik. Wie dienördlichen Länder demonstrieren, ist eine geringe Bevölke-rungsdichte kein unüberwindbares Hindernis zur Einrich-tung und weitverbreiteten Nutzung von hochwertigen Tele-kommunikationsdiensten. Neben regulativen Maßnahmenbegünstigen Strategien zur Stimulierung der Nachfrage nachWissen die Handhabung und Nutzung von Informations- undKommunikationstechnologien. Dazu gehören beispielswei-se Kampagnen zur Bewußtseinsbildung („awareness rai-sing“) und verbesserte Ausbildungsangebote.

(131) Politische Optionen

35. Umfassende Integration wissensrelevanter Politi-ken, wie der Förderung von Innovation, der schu-lischen Bildung, der Berufsausbildung und Wei-terbildung, der Forschung und Technologieent-wicklung, in räumliche Entwicklungskonzepte,insbesondere auch in abgelegenen oder dünn be-siedelten Gebieten.

36. Sicherstellung eines europaweiten Zugangs zuwissensrelevanter Infrastruktur unter Berücksich-tigung des sozio-ökonomischen Potentials mo-derner kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)als Motoren nachhaltiger wirtschaftlicher Ent-wicklung.

37. Begünstigung der Vernetzung von Firmen und derschnellen Verbreitung von Innovationen, insbe-sondere durch regionale Institutionen, die Inno-vationen fördern.

38. Unterstützung der Einrichtung von Innovations-zentren sowie einer Zusammenarbeit zwischenhöherer Bildung, angewandter Forschung undEntwicklung und Privatwirtschaft, insbesonderein wirtschaftsschwachen Gebieten.

39. Entwicklung einer Mischung aus angebots- undnachfragestimulierenden Maßnahmen zur Ver-besserung des regionalen Zugangs bzw. der Nut-zung von Informations- und Kommunikations-technologien.

Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

3.4 Umsichtiger Umgang mit der Naturund dem Kulturerbe

3.4.1 Natur und Kulturerbe als Entwicklungsgut

(132) Die Kommissionsmitteilung an den Rat und das Eu-ropäische Parlament bezüglich der Europäischen Strategiefür Biodiversität35 besagt, daß die Raumentwicklung einewichtige Rolle beim Erhalt und der nachhaltigen Nutzungder biologischen Vielfalt auf lokaler und regionaler Ebenespielen kann. Die Natur und das Kulturerbe der EU sinddurch unterschiedliche Einflüsse ständig bedroht. Auchwenn strenge Schutzmaßnahmen manchmal gerechtfertigtsein mögen, so ist es doch oft sinnvoller, den Schutz und dieHandhabung der gefährdeten Gebiete in räumliche Ent-wicklungsstrategien für größere Gebiete einzubeziehen.

(133) Das kulturelle Erbe Europas – von den gewachsenenKulturlandschaften der ländlichen Gebiete bis hin zu denhistorischen Stadtzentren – ist Ausdruck seiner Identitätund von weltweiter Bedeutung. Es ist auch Bestandteil deralltäglichen Umgebung vieler Menschen und bereichert de-ren Lebensqualität. Rigorose Schutzmaßnahmen, wie sieder Denkmalschutz für bestimmte Stätten und Monumentevorsieht, können nur einen kleinen Teil dieses Erbes ab-decken. Für den größeren Teil ist ein kreativer Ansatzvonnöten, damit der in vielen Gebieten vorherrschendeTrend zur Vernachlässigung, Beschädigung und Zerstörungumgekehrt wird und somit das kulturelle Erbe, einschließ-lich der zeitgenössischen Errungenschaften, an künftigeGenerationen weitergegeben werden kann. Es ist außerdemnotwendig, das kulturelle Leben flächendeckend in der EU zuentfalten, insbesondere durch die Unterstützung des Ausbauskultureller Einrichtungen, der Wiederaufwertung des öffentli-chen Raumes und der Wiederbelebung von Gedenkstätten. Indiesem Sinne kann die kulturelle Entwicklung eine sozialeund räumliche Ausgleichsrolle spielen.

(134) Die Natur und das Kulturerbe sind ein wirtschaftli-cher Faktor, der für die Regionalentwicklung zunehmendwichtiger wird. Die Lebensqualität von Städten, ihrer Um-gebung und der ländlichen Räume ist für die Standortent-

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scheidung neuer Unternehmen von immer größerer Bedeu-tung. Natürliche und kulturelle Sehenswürdigkeiten sindauch eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklungdes Tourismus.

3.4.2 Erhalt und Entwicklung der Natur

(135) Die Entwicklung der natürlichen Ressourcen erfolgtin der EU über ein Management der Umweltmedien (Luft,Wasser, Boden) und über einen gezielten Gebietsschutz(Schutzgebiete, umweltsensible Gebiete).

(136) Der Umfang geschützter Gebiete in der EU ist in den letzten zehn Jahren angestiegen, wobei diese Gebiete meist geschützte „Inseln“ bleiben. Das mit derFauna-, Flora-, Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) undden Umweltrichtlinien angestrebte gemeinschaftsweiteNetz von Schutzgebieten „Natura 2000“ stellt einen sinn-vollen Ansatz dar, der frühzeitig mit der regionalen Ent-wicklungspolitik in Einklang zu bringen ist. KonzertierteSchutzmaßnahmen für Gebiete, die zum Netzwerkgehören, müssen in abgestimmte räumliche Entwicklungs-konzepte eingebunden werden. Mit einem ökologischenVerbundsystem und Natura 2000 kann auch ein Verbundschutzwürdiger Biotope gesichert und entwickelt werden.Eine besondere Rolle kommt den Verbindungen und Korridoren zwischen Schutzgebieten zu, wie beispielswei-se den Hecken, die die Wanderung und den genetischenAustausch bei Pflanzen und freilebenden Tieren unter-stützen. Darüber hinaus kann eine breiter angelegteFlächennutzungspolitik einen Rahmen für Schutzgebietebilden, ohne diese zu isolieren. Falls nötig können Puffer-zonen eingerichtet werden.

(137) Neben den Schutzgebieten weisen auch verschiede-ne Arten umweltsensibler Gebiete eine große biologischeVielfalt auf, z. B. Berggebiete, Feuchtgebiete, Küstenre-gionen und Inseln. Da solche weitgehend intakten Lebens-räume immer mehr abnehmen, müssen auch deren ökolo-gisch wertvollen Kernbereiche unter Schutz gestellt werden.Schutz allein reicht jedoch zum Erhalt dieser Gebiete nichtaus. Die weniger empfindlichen Teile sollten einer ihrer

ökologischen Funktion angemessenen wirtschaftlichenNutzung zugeführt werden. Für die Regionen eröffnen sichdadurch gleichzeitig neue Entwicklungschancen, z. B. imBereich des umweltfreundlichen, „sanften“ Tourismus.

(138) Der Erhalt und die Entwicklung natürlicher Ressour-cen erfordern angepaßte integrierte Entwicklungsstrategienund Planungskonzepte sowie geeignete Formen des Mana-gements. Dadurch wird sichergestellt, daß der Naturschutzund die Verbesserung der Lebensbedingungen für die Be-völkerung ausgewogen berücksichtigt werden. Die hierfürnotwendigen Informationsgrundlagen können Raum- undUmweltverträglichkeitsprüfungen liefern. Bei der Suchenach ausgewogenen Lösungen ist auch die betroffene Be-völkerung intensiv zu beteiligen. Die Empfehlungen für dieräumliche Planung in den Küstengebieten der Ostsee sindein vielversprechendes Beispiel internationaler Zusam-menarbeit auf diesem Gebiet36.

(139) Daneben sollten verstärkt neue Wege beschrittenwerden, die Naturschutz und räumliche Entwicklung inEinklang bringen. Schutzgebiete und sonstige ökologischwertvolle Gebiete leisten durch den Erhalt der Natur einenwichtigen Dienst für die gesamte Gesellschaft. Schutzauf-lagen und Entwicklungsbeschränkungen dürfen sich jedochnicht nachteilig auf die Lebensbedingungen der Bevölke-rung auswirken. Vielmehr müssen ökologische Leistungen– etwa durch geeignete Abgabenlösungen – auch ökono-misch in Wert gesetzt werden. Über so entstandene Ein-künfte könnten diesen Regionen dann neue, ihrer Funktionangemessene Entwicklungsperspektiven eröffnet undgleichzeitig die Natur erhalten werden.

(140) Der sogenannte „Treibhaus-Effekt“, d. h. die Anrei-cherung von Treibhausgasen in der Erdatmosphäre, stelltkünftig eine zentrale Herausforderung für den Umwelt-schutz dar. Verantwortlich für die damit verbundene Kli-maänderung sind insbesondere die Verbrennung großerMengen fossiler Brennstoffe im Energie- und Verkehrssek-tor, die Vernichtung der Wälder, die Intensivierung derLandwirtschaft sowie die Produktion von FCKW und Ha-lonen. Zur Gegensteuerung sind die in Kyoto von der EUeingegangenen Verpflichtungen zur CO2-Minderung striktumzusetzen. Raumentwicklungspolitik kann einen wichti-gen Beitrag zum Klimaschutz leisten, indem sie auf ener-giesparende und verkehrsreduzierende Siedlungsstruktu-ren und Standorte hinwirkt sowie zum verstärkten Einsatzvon CO2-neutralen erneuerbaren Energien beitragen hilft.Die europäischen Wälder sind in ihrer Funktion als „grüneLunge“ für eine nachhaltige Entwicklung von höchsterWichtigkeit; hierzu gehört auch eine optimale Nutzung der

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Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

Waldressourcen in Europa. In diesem Zusammenhang soll-te eine nachhaltige Forstwirtschaft höchste Priorität haben.

(141) Ein weiteres großes Umweltproblem in der EU ist dieZerstörung der Böden. Viele Böden drohen durch Art, Aus-maß und Intensität der menschlichen Nutzung in ihrer Viel-falt und in ihrer Funktion als elementare Lebensgrundlagenunwiederbringlich verlorenzugehen. Wesentliche Gefähr-dungsfaktoren sind nutzungsbedingte Bodenerosion, Hoch-wasser, Waldschäden, Grundwasserbelastung, Anreiche-rung von Schadstoffen, aber auch die Intensität der Agrar-nutzung und die Umnutzung von Freiflächen für Sied-lungszwecke. Deshalb ist ein effizienter Bodenschutz notwendig, der die natürlichen Ressourcen und Boden-funktionen erhält. Dazu gehört, daß nutzungsbedingte Ver-dichtungen, Erosionen und Bodenzerstörungen ebenso ver-mindert werden wie Einträge von Schadstoffen oder dieübermäßige Inanspruchnahme von Freiflächen für Sied-lungszwecke.

(142) Geschützte und gefährdete Gebiete müssen als festerBestandteil städtischer und ländlicher Regionen anerkanntwerden. Eine Raumplanung auf der geeigneten Regie-rungs- und Verwaltungsebene kann hier – und auch beimSchutz von Menschen und Ressourcen vor Naturkatastro-phen – eine entscheidende Rolle spielen. Bei Entscheidun-gen zur territorialen Entwicklung sind potentielle Risiken,wie Überschwemmungen, Brände, Erdbeben, Erdrutsche,Erosion, Muren und Lawinen und die Ausbreitung vonDürrezonen, einzubeziehen. Bei der Vorbeugung von Risi-ken sollte insbesondere die regionale und transnationaleDimension berücksichtigt werden.

(143) Politische Optionen

40. Weiterentwicklung europäischer ökologischerNetzwerke, wie durch Natura 2000 vorgeschla-gen, inklusive der erforderlichen Verbindungenzwischen naturnahen Standorten und Schutzge-bieten von regionaler, nationaler, transnationalerund EU-weiter Bedeutung.

41. Berücksichtigung der Erhaltung der biologischenVielfalt in den Fachpolitiken (Landwirtschaft, Re-gionalpolitik, Verkehr, Fischerei, usw.), wie es inder Gemeinschaftsstrategie für biologische Viel-falt vorgesehen ist.

42. Erarbeitung integrierter räumlicher Entwick-lungsstrategien für Schutzgebiete, umweltemp-findliche Gebiete und Gebiete mit hoher biologi-scher Vielfalt, wie beispielsweise Küstengebiete,

Bergregionen und Feuchtgebiete, unter Sicher-stellung des Ausgleichs zwischen Schutz und Ent-wicklung auf der Grundlage von Raum- und Um-weltverträglichkeitsprüfungen und unter Einbe-ziehung der betroffenen Partner.

43. Stärkerer Einsatz ökonomischer Instrumente, umdie ökologische Bedeutung von Schutzgebietenund umweltsensiblen Gebieten zu honorieren.

44. Förderung energiesparender und verkehrsredu-zierender Siedlungsstrukturen, integrierte Res-sourcenplanung und verstärkte Nutzung erneuer-barer Energien zur CO2-Reduktion.

45. Schutz der Böden als Lebensgrundlage für Men-schen, Tiere und Pflanzen durch Verminderungvon Erosion, Bodenzerstörung und übermäßigerFreiflächeninanspruchnahme.

46. Entwicklung von Strategien zum Risikomanage-ment in katastrophengefährdeten Gebieten auf lo-kaler, regionaler und transnationaler Ebene.

3.4.3 Wasserressourcenmanagement: eine spezielle Herausforderung für die räumliche Entwicklung

(144) Wasser ist eine lebenswichtige Ressource für Natur,Landwirtschaft, Haushalte, Industrie, Erholung, Energie-gewinnung und Verkehr. In der EU wird das Vorhandenseinvon Wasser oft als selbstverständlich angesehen. DieSchwierigkeiten bei der Gewährleistung der Wasserversor-gung werden sich jedoch wahrscheinlich in Zukunft so-wohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht ver-größern. Durch anhaltende Verschmutzung, Übernutzungund schlechtes Management hat die Qualität der Wasser-ressourcen abgenommen, wobei sich das Ausmaß diesesProblems innerhalb der EU von Region zu Region unter-scheidet. Da Wasser keine Grenzen kennt, haben die damitverbundenen Probleme häufig transnationalen Charakter.Es ist daher erforderlich, beim Management der Wasser-ressourcen, wie in größeren Flußtälern, beim Hochwasser-schutz, bei der Vorbeugung gegen Trockenheit sowie beim

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EUREK

Schutz des Grundwassers und der Feuchtgebiete, über ad-ministrative Grenzen hinweg zu kooperieren.

(145) Wasserschutzpolitik und Wasserressourcenmanage-ment sind zu einer Notwendigkeit geworden. Sowohl diePolitik hinsichtlich der Oberflächengewässer als auch hin-sichtlich des Grundwassers muß mit der Raumentwick-lungspolitik verknüpft werden. Präventive Maßnahmen zurVerringerung der Abwässer sowie der Übernutzung undVerschmutzung der Wasserressourcen sollten einernachträglichen Behebung von Umweltschäden vorgezogenwerden. Eine entsprechende Raum- und Flächennutzungs-planung kann einen entscheidenden Beitrag zur Verbesse-rung der Wasserqualität leisten. Die Auswirkungen großerProjekte im Bereich der Wasserbewirtschaftung solltendeshalb im Vorfeld von Investitionen durch Raum- undUmweltverträglichkeitsprüfungen ermittelt werden. Darü-ber hinaus sind grenzübergreifende und transnationaleRaumentwicklungsstrategien als Grundlage für ein besse-res Wasserressourcenmanagement zu entwickeln.

(146) Wasser kann auch eine Bedrohung darstellen. DieRaumplanung kann vor allem auf transnationaler Ebene ei-nen wichtigen Beitrag für den Schutz der Menschen und dieVerringerung des Risikos von Hochwasser leisten. Vorbeu-gender Hochwasserschutz kann mit Naturentwicklungs-bzw. -rehabilitationsmaßnahmen kombiniert werden. Hier-für zeigt das INTERREG II C-Programm zur Vorbeugunggegen Hochwasser erste mögliche Ansätze auf.

(147) Die Nachfrage nach Wasser steigt vor allem als Fol-ge des wachsenden Verbrauchs der Haushalte, der Land-wirtschaft und des Tourismus weiter an. In den Mittel-meergebieten ist das Problem besonders akut. Die Pro-gramme zur Bekämpfung von Trockenheit, wie spezielleProgramme im Rahmen von INTERREG II C, müssen stär-ker darauf ausgerichtet werden, die Nachfrage nach Wasserzu begrenzen und die Effizienz der Wasserversorgungs-systeme zu erhöhen. Die Raumplanung kann im Hinblickauf Aktivitäten mit hoher Nachfrage nach Wasser schon beider Planung auf eine ressourcensparende Verwendunghinweisen. Diese Probleme bedürfen einer breit angelegtenöffentlichen Diskussion, da nur durch ein entsprechendesBewußtsein in der Bevölkerung eine nachhaltige Nutzungder Wasserressourcen gewährleistet werden kann.

(148) Die Übernutzung des Grundwassers und Entwässe-rungsprojekte haben auch negative Auswirkungen auf um-weltsensible Gebiete. Große Teile von Feuchtbiotopenwurden zerstört, und einige Feuchtgebiete sind vollständigverschwunden. Feuchtgebiete sind, was ihren biologischen

Wert und ihre natürlichen Reinigungs- und Regulierungs-funktionen betrifft, eine wertvolle Ressource. Ihre Erhal-tung und Wiederherstellung hat hohe Priorität.

(149) Der Eintrag von Schad- und Nährstoffen in die Meereund ihre Übernutzung bedroht die Meeresökosysteme undführt zu einer allgemeinen Verschlechterung der Umwelt.

(150) Politische Optionen

47. Verbesserung des Gleichgewichts zwischen Was-serversorgung und -nachfrage, insbesondere in Ge-bieten, die der Gefahr von Trockenheit ausgesetztsind. Entwicklung und Anwendung ökonomischerInstrumente für die Wasserbewirtschaftung, inklu-sive der Förderung wassersparender landwirt-schaftlicher Nutzungskonzepte und Bewässerungs-technologien in Wassermangelgebieten.

48. Förderung der transnationalen und interregionalenZusammenarbeit bei der Durchführung integrierterStrategien für das Management der Wasserressour-cen einschließlich größerer Grundwasservorkom-men, insbesondere in dürre- und hochwasserge-fährdeten Gebieten und Küstenregionen.

49. Erhaltung und Wiederherstellung von großenFeuchtgebieten, die durch zu starke Wasserent-nahme oder durch Umleitung von Zuflüssen ge-fährdet sind.

50. Abgestimmtes Meeresmanagement, insbesondereErhalt und Rehabilitation der bedrohten Meeres-ökosysteme.

51. Stärkung der regionalen Eigenverantwortung imWasserressourcenmanagement.

52. Durchführung von Umwelt- und Raumverträg-lichkeitsprüfungen für alle großdimensioniertenProjekte im Bereich der Wasserbewirtschaftung.

3.4.4 Kreativer Umgang mit Kulturlandschaften

(151) Die Kulturlandschaften tragen durch ihre Eigenartzur lokalen und regionalen Identität bei und spiegeln die

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Geschichte und das Zusammenspiel von Mensch und Na-tur wider. Sie sind deshalb beispielsweise als touristischeAnziehungspunkte von beträchtlichem Wert. Die Bewah-rung dieser Landschaften ist von großer Bedeutung. Siedarf aber nicht dazu führen, daß eine wirtschaftliche Nut-zung unmöglich oder übermäßig behindert wird. In einigenFällen ist der gezielte Schutz besonders bedeutsamer Stät-ten erforderlich. In anderen Fällen müssen ganze Land-schaften erhalten oder wiederhergestellt werden. Die Artund Weise der Landbewirtschaftung ist häufig der wichtig-ste Schritt, eine Zerstörung von Kulturlandschaften zu ver-hindern.

(152) Ein gemeinsames Merkmal vieler europäischerLandschaften ist ihre ständige Weiterentwicklung. Dabeibesteht jedoch die Gefahr der Vereinheitlichung und desVerlustes biologischer Vielfalt. Eine kleine Anzahl vonKulturlandschaften sollten als einmalige Beispiele histori-scher Kulturlandschaften unter Schutz gestellt werden: z. B. die „Bocage“, Wallheckenlandschaften entlang derAtlantikküste. Schutzmaßnahmen sind auch für Elementenötig, die besonders typisch für ältere Landschaften sind,wie beispielsweise die alten Systeme der offenen Felder,durch die Orte von historischem Interesse entstanden sind.In ähnlicher Weise sind die durch verschiedene Länderführenden, historischen Wege wie der Pilgerweg nach San-tiago de Compostela oder die italienische „Via Franci-gena“ von solch hohem Wert, daß sie unter Schutz gestelltwerden sollten.

(153) In einem Großteil der Fälle ist die kreative Weiter-entwicklung bzw. Wiederherstellung der Landschaftenwichtiger als die Erhaltung der gegenwärtigen Situation.Derzeit werden landschaftsbeeinflussende Maßnahmenhäufig unkoordiniert durchgeführt. Ihre Ergebnisse sind eher zufällig und spiegeln vielfach nur die verschiede-nen Interessen der jeweils Beteiligten wider. Neue Unter-nehmens- und Wohnansiedlungen werden oft ohne ästheti-sche oder umweltgerechte Überlegungen angelegt. Durchdie Förderung von Rohstoffen werden z. T. ganze Land-schaften zerstört. Für viele Gebiete in Europa ist daher eineindividuell angepaßte und kreative Landschaftspolitik er-forderlich, d. h. eine Politik, die sich auf Integration grün-det, offen für neue Entwicklungen ist und zur Schaffungbzw. Wiederherstellung attraktiver Landschaftsbilderbeiträgt.

(154) Schließlich gibt es Fälle, in denen sich die Landschaftaufgrund fehlender menschlicher Eingriffe verschlechtert.Dies geschieht besonders dort, wo traditionelle Methodender landwirtschaftlichen Bodennutzung aufgegeben wer-

Politische Ziele und Optionen für das Territorium der EU

den. Die Vernachlässigung der Landbewirtschaftung in ge-fährdeten Gebieten, wie Gebirgen und Küstengebieten,kann besonders folgenschwer sein, indem sie z. B. die Bo-denerosion verstärkt. In Gebieten, in denen menschlicheAktivitäten nicht sehr ausgeprägt sind, kann der Rückgangder menschlichen Eingriffe aber auch zur Erholung der Na-tur führen. Die Förderung traditioneller Landbewirtschaf-tungsmethoden, der touristischen Erschließung sowie vonAufforstungen können beispielsweise mögliche Alternati-ven zum vollständigen Brachliegen darstellen.

(155) Politische Optionen

53. Erhaltung und kreative Weiterentwicklung vonKulturlandschaften mit besonderer kulturhistori-scher, landschaftsästhetischer und ökologischerBedeutung.

54. Inwertsetzung von Kulturlandschaften im Rah-men integrierter Raumentwicklungsstrategien.

55. Verbesserte Koordinierung der Entwicklungs-maßnahmen, die sich auf die Landschaften aus-wirken.

56. Kreative Wiederherstellung von Landschaften,die durch menschliche Eingriffe Schäden erlittenhaben, einschließlich von Rekultivierungsmaß-nahmen.

3.4.5 Kreativer Umgang mit dem Kulturerbe

(156) Viele europäische Städte und Gemeinden besitzenein hohes Maß an kulturell äußerst wertvoller Substanz,die vielfach in langsamen, aber stetigem Verfall begriffenist. Trotz beträchtlicher Investitionen zur Erhaltung und Re-staurierung konnte dieser Trend bislang nicht gestoppt wer-den. Um irreparable Schäden zu verhindern, müssenSchutzprogramme initiiert werden. Die Unterzeichnerstaa-ten des Abkommens von Granada von 1985 haben sich zueinem Lösungsansatz verpflichtet, nach dem das architek-tonische Erbe zu schützen und dessen Erhaltung zu sichernist, gleichzeitig aber auch die Bedürfnisse einer modernenGesellschaft berücksichtigt werden müssen37.

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(157) Das kulturelle Erbe ist besonders durch Umweltver-schmutzung, menschliche Interventionen und natürlicheRisikofaktoren gefährdet. Die Kenntnisse über diese Risi-kofaktoren sind immer noch unzureichend. Hierzu ist dieEntwicklung ausgereifter Methodologien, die sich auf einumfassendes Konzept der Risikoeinschätzung stützen, er-forderlich.

(158) Das Kulturerbe der EU besteht nicht nur aus einzel-nen kulturhistorisch wertvollen Bauwerken und archäolo-gischen Stätten. Die unterschiedlichen Lebensstile der Be-wohner europäischer Städte und Gemeinden sind in ihrerGesamtheit als ein Bestandteil des Kulturerbes zu betrach-ten. Viele europäische Städte sind den Gefahren der Kom-merzialisierung und kulturellen Vereinheitlichung ausge-setzt, die ihre Individualität und jeweilige Identität zer-stören. Hierzu zählen beispielsweise Immobilienspekula-tionen, im Vergleich zur Umgebung überdimensionierte In-frastrukturprojekte oder unüberlegte Anpassungen an denMassentourismus. Diese Faktoren führen häufig zu ernst-haften Schäden in der Struktur und im gesellschaftlichenLeben der Städte sowie zur Beeinträchtigung ihres Poten-tials als attraktive Standorte für mobile Investitionen. Stra-tegien der Raumentwicklung können dazu beitragen, die-sen Gefahren entgegenzutreten.

(159) Moderne innovative Bauwerke sollten nicht alsstörende Einflüsse, sondern als potentielle Bereicherungendes kulturellen Erbes angesehen werden. In vielenFällen sind die besten architektonischen Werke jedoch nur

37

Einzelerfolge, die häufig von Entwicklungen begleitetwerden, die die Qualität der städtischen Umwelt herabset-zen. Selten werden Gebäude bzw. Gebäudegruppen auf derGrundlage einer zeitgenössischen Vision der Stadtplanunggestaltet und harmonisch in städtebauliche Ensembles in-tegriert. Wie im ländlichen Bereich sind auch Stadtland-schaften häufig die Folge zufälliger Entwicklungen. Strate-gien für eine kreative Gestaltung der Stadtbilder werdennur allmählich entwickelt. Sie sind jedoch dringend not-wendig, insbesondere in Städten, in denen die sich ver-schlechternde Qualität der Bauwerke ein Stadium erreichthat, durch das Menschen davon abgehalten werden, dort zuleben oder zu investieren.

(160) Politische Optionen

57. Entwicklung von integrierten Strategien zumSchutz des kulturellen Erbes, welches in Gefahroder im Verfall begriffen ist, einschließlich derEntwicklung von Instrumenten zur Beurteilungder Risikofaktoren und zur Bewältigung von Kri-sensituationen.

58. Erhaltung und kreative Umgestaltung schützens-werter städtebaulicher Ensembles.

59. Förderung zeitgenössischer Bauwerke von hoherarchitektonischer Qualität.

60. Stärkung des Bewußtseins, daß aktuelle Stadt-und Raumentwicklungspolitik zum kulturellenErbe zukünftiger Generationen beiträgt.

EUREK

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38

Die Anwendung des EUREK

4 Die Anwendung des EUREK

Abb. 7: Formen der Zusammenarbeit bei der Raumentwicklung

4.1 Auf dem Wege zu einer integriertenRaumentwicklung

(161) Bei der Anwendung der politischen Optionen durchdie Regierungs- und Verwaltungsstellen der Mitgliedstaatenund die Dienststellen der EU müssen sachliche, räumlicheund zeitliche Überschneidungen und Konflikte frühzeitigbeachtet und die richtigen Prioritäten gesetzt werden. Hier-zu bedarf es neuer Formen der Zusammenarbeit, die gemäßden Prinzipien des EUREK auf freiwilliger Basis erfolgen.Die Anwendung der politischen Optionen stützt sich auf dasSubsidiaritätsprinzip. Erforderlich ist deshalb eine enge Zu-sammenarbeit einerseits der Fachpolitiken untereinanderund mit den für die räumliche Entwicklung zuständigenBehörden auf der jeweiligen Ebene (horizontale Zusam-menarbeit) und andererseits der Politiken der Gemein-schaftsebene und der transnationalen, regionalen und loka-len Ebenen untereinander (vertikale Zusammenarbeit – vgl.

Abb. 7). Kooperation ist der Schlüssel für eine integrierteRaumentwicklungspolitik und stellt deren Mehrwert ge-genüber isoliert handelnden Sektorpolitiken dar.

(162) Integrierte Raumentwicklungspolitik im EU-Maß-stab muß die politischen Optionen zur Entwicklung be-stimmter Gebiete so miteinander kombinieren, daß natio-nale Grenzen und andere administrative Hürden keine Ent-wicklungsengpässe mehr darstellen. Das EUREK liefertden Rahmen für die integrierte Anwendung der politischenOptionen. Seine inhaltliche Ausfüllung ist nicht Aufgabeeiner Behörde, sondern liegt in der Verantwortung einerVielzahl von Raumentwicklungsbehörden (Raumordnung,Regionalplanung, Stadtplanung) und Fachplanungen.

(163) Die politischen Optionen unterscheiden sich im Hin-blick auf ihren räumlichen Anwendungsbereich. Das EUREKempfiehlt für die räumliche Kooperation drei Ebenen:

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I die Gemeinschaftsebene,I die transnationale/nationale Ebene,I die regionale/lokale Ebene.

Aus EU-Sicht ist dabei die Zusammenarbeit auf trans-nationaler Ebene von zentraler Bedeutung. TransnationaleStrategien und Programme dienen der Differenzierung ge-meinschaftlicher Fachpolitiken in den verschiedenen Re-gionen der EU. Sie können auch die Abstimmung der Ge-meinschaftspolitiken mit den entsprechenden nationalen,regionalen und lokalen Politiken unterstützen.

(164) Aus den möglichen Kombinationen der politischenOptionen des EUREK ergeben sich eine Reihe vonSchwerpunktaufgaben für eine ausgewogene und nachhal-tige Raumentwicklungspolitik. Diese Aufgaben müssenentsprechend der jeweiligen Situation vor Ort spezifiziertwerden. Beispielhaft seien genannt:

I Förderung der Vernetzung von Stadtregionen: AlleStädte und Regionen müssen in der Lage sein, zum Ab-bau der Arbeitslosigkeit, zu wirtschaftlichem Wachstumund sozialer Ausgewogenheit der EU beizutragen. Hier-zu sollten strategische Partnerschaften und Kooperatio-nen zwischen den Stadtregionen stärker gefördert wer-den. Dies bedarf eines regionalen, grenzübergreifendenund transnationalen Ansatzes für Städtenetze.

I Bessere Erreichbarkeit als Grundvoraussetzung einerpolyzentrischen Entwicklung: Auch wenn es nicht mög-lich ist, den gleichen Grad der Erreichbarkeit zwischenden Regionen der EU zu schaffen, so sind unter Berück-sichtigung des Nachhaltigkeitsgedankens Verbesserun-gen besonders in den peripheren Regionen und in denhochverdichteten, stark verkehrlich belasteten Räumenvon grundlegender Bedeutung.

I Entwicklung von Euro-Korridoren: Diese Korridorekönnen den räumlichen Zusammenhalt der EU stärkenund sind ein wesentliches Instrument der Raument-wicklung zur Kooperation der Städte. Das räumlicheKonzept eines Eurokorridors kann Verbindungen zwi-schen Fachpolitiken, wie Verkehr, Infrastruktur, wirt-schaftliche Entwicklung, Städtebau und Umwelt, her-stellen. Solch ein Entwicklungskonzept sollte klar vor-geben, welche Gebiete weiterhin durch Wachstum ver-dichtet werden dürfen und welche als Freiräume erhal-ten werden müssen. Die Zahl der möglichen Korridorein der EU ist groß. Einzelne Korridore sind bereits gutentwickelt. In anderen Gebieten der EU müssen solcheKorridore ausgebaut und mit bestehenden verbundenwerden. Wichtige fehlende Bindeglieder und sekundäreNetze müssen ermittelt werden.

39

I Stärkung der Städte und Regionen an den Außengrenzender EU: Politiken zur Entwicklung der „Gateway-Städte“,der multimodalen Infrastruktur für die europäischen Kor-ridore, der gleichen Zugangsmöglichkeiten zu Telekom-munikationseinrichtungen und der interkontinentalen Er-reichbarkeit könnten die Rolle der Regionen an denAußengrenzen und ihrer Städte stärken. Dies gilt sowohlfür den Erweiterungsprozeß als auch die Entwicklung in-tensiverer Beziehungen zu Nichtmitgliedstaaten nach Sü-den sowie zu anderen Weltwirtschaftsregionen.

I Erhaltung und Entwicklung der biologischen Vielfalt inden EU-Regionen: Die erfolgreiche Entwicklung eineseuropäischen Naturraumnetzes hängt vom räumlich abge-stimmten Vorgehen verschiedener Gemeinschaftspoliti-ken untereinander und von den entsprechenden nationalenMaßnahmen ab. Viele wildlebende Tierarten, vor allemVögel, nutzen im Verlauf des Jahres das gesamte Territo-rium der EU als ihren Lebensraum. Die Beziehungen zwischen den Elementen dieses Netzwerks, wie Feucht-gebiete, Nationalparks, Inseln, Küstenregionen, Watten-meere und bestimmte ländliche Regionen, müssen erfaßtund auf europäischer Ebene unter aktiver Beteiligung derregionalen und lokalen Ebene abgestimmt werden.

I Entwicklung des europäischen Kulturerbes: Die Bewah-rung der Vielfalt der europäischen Identität erfordert imZuge der Globalisierung, daß kohärente Strategien zumErhalt des Kulturerbes mit den Bedürfnissen der Wirt-schaft und der Regionalentwicklung in Einklang gebrachtwerden. Hierfür müssen Leitlinien und Instrumente derRaumentwicklung entwickelt werden. Dies gilt sowohlfür in Europa weit verbreitetes Kulturerbe gemeinsamenUrsprungs (z. B. das Erbe der Kelten sowie historischePilgerwege) als auch für lokales Erbe (z. B. die Stadt-ensembles Brügge oder Venedig).

I Notwendigkeit eines integrierten Managements von Kü-stengebieten (ICZM): Aufgrund zunehmender sektoralerKonflikte, demographischer Entwicklungen und der Viel-zahl von Institutionen und Akteuren mit Interessen in Kü-stengebieten stellen diese Gebiete eine große Herausfor-derung der Raumentwicklung im EU-Maßstab dar.

(165) Es wird deutlich, daß zur Umsetzung raumentwick-lungspolitischer Ziele und Optionen andere Politikansätzeerforderlich sind als für Politikbereiche, für die eine klareZuständigkeit der Gemeinschaft besteht:

I Auch wenn auf Gemeinschaftsebene keine Raumord-nungskompetenz verankert ist, muß gesichert werden,daß die verschiedenen raumrelevanten Politiken der Ge-meinschaft nicht gegeneinander wirken oder sich ge-genseitig neutralisieren.

EUREK

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I Aus dem EUREK darf sich aber kein Rahmenplan ent-wickeln, der über anderen Politikfeldern steht. SeineAnwendung beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit.Dies erfordert vor allem Kooperation, Konsensstrebenund Konsultation der betreffenden Politikverantwortli-chen und Exekutivorgane auf gemeinschaftlicher, na-tionaler, regionaler und lokaler Ebene. Eine umfassen-de öffentliche Unterstützung ist eine wirkungsvolle Vor-aussetzung für die effiziente Anwendung des raument-wicklungspolitischen Ansatzes.

I Der Schwerpunkt der Anwendung des EUREK als ein eu-ropäisches Dokument liegt auf Gemeinschafts- und trans-nationaler Ebene. Vorrang sollten Fragen haben, die nichtin entsprechender Weise von einem oder zwei Mitglied-staaten behandelt werden können, sondern der Kooperati-on mehrerer Staaten bedürfen. Dabei hängt eine erfolgrei-che Raumentwicklungspolitik, viel mehr als in einigen an-deren Politikbereichen, vom Zusammenwirken mit der lo-kalen und regionalen Ebene ab. Transnationale bzw.grenzübergreifende Aktionen auf dieser Ebene sind daherfür die Anwendung des EUREK unabdingbar.

I Es gibt eine Vielzahl von Wegen der grenzübergreifendenZusammenarbeit bei der Raumentwicklung. Projekte zurausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung der Grenz-regionen sowie Investitionsprojekte können gestärkt undunterstützt werden durch gegenseitigen Konsens beider-seits der Grenzen, politische Vereinbarungen, zwi-schenstaatliche Bewertungen räumlicher Auswirkungenund Anpassungen nationaler Gesetzgebungen.

Im folgenden werden die wesentlichen Vorschläge für dieAnwendung des EUREK auf den jeweiligen Regierungs-und Verwaltungsebenen gegeben.

4.2 Die Anwendung des EUREK auf Gemeinschaftsebene

(166) Die Anwendung bzw. Berücksichtigung des EUREKdurch die Europäischen Institutionen kann zu einer höherenWirksamkeit der Gemeinschaftspolitiken beitragen. DasEuropäische Parlament, der Ausschuß der Regionen sowieder Wirtschafts- und Sozialausschuß haben mit Stellung-nahmen zum EUREK ihre Unterstützung für eine regionalausgewogenere Entwicklung der Städte und Regionen inder EU deutlich zum Ausdruck gebracht.

(167) Die Europäische Kommission hat eine Interservice-Gruppe zur Untersuchung der Wechselbeziehungen zwischenGemeinschaftspolitik und räumlicher Entwicklung gebildet.Ferner wird eine räumliche Vorgehensweise unter Einbezie-hung mehrerer Politikbereiche, wie z. B. im Rahmen der

Demonstrationsprogramme für das integrierte Managementvon Küstengebieten, erprobt. Hierbei werden neue Bereicheder horizontalen Zusammenarbeit geschaffen.

Der Europäischen Kommission wird vorgeschlagen, dieräumlichen Wirkungen von Politikbereichen wie der gemein-samen Agrarpolitik, Verkehrspolitik und TranseuropäischeNetze, Strukturpolitik, Umweltpolitik, Wettbewerbspolitiksowie Forschungs- und Technologiepolitik systematisch undperiodisch auf europäischer Ebene zu überprüfen.

(168) Die Treffen der für die Raumentwicklung verantwort-lichen Minister und des Ausschusses für Raumentwicklung(CSD) spielen eine zentrale Rolle bei der Anwendung undWeiterentwicklung des EUREK. Aufgrund ihres informellenCharakters können sie jedoch keine Beschlüsse herbeiführen.Europäische Institutionen, wie das Europäische Parlamentund der Wirtschafts- und Sozialausschuß befürworten dahereine Formalisierung dieser Gremien unter Wahrung des Sub-sidiaritätsprinzips. Die Mitgliedstaaten vertreten hierzu un-terschiedliche Positionen.

Den Mitgliedstaaten wird vorgeschlagen, die Vorstellungen eu-ropäischer Institutionen zur Formalisierung der Treffen derRaumordnungsminister sowie des Ausschusses für Raument-wicklung unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips zu prüfen.

(169) Mit der Errichtung der WWU und der Ausweitung desinternationalen Handels sind Fragen der räumlichen Ent-wicklung nicht nur für Institutionen der EU, sondern auch füreuropaweit sowie international kooperierende politische Zu-sammenschlüsse (Europarat, OECD), für Nicht-Regierungs-organisationen, Wirtschaftsverbände und Dienstleistungsun-ternehmen sowie Arbeitnehmervertretungen von Bedeutung.

Den europäischen Institutionen wird vorgeschlagen, ge-meinsam mit den nationalen Raumentwicklungsbehördender Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen der Zusammen-arbeit mit internationalen Organisationen und Institutio-nen zu ergreifen, um die kohärente praktische Anwendungdes EUREK auf internationaler Ebene zu fördern.

(170) Die Bereitstellung umfassender Informationen aufGemeinschaftsebene im Rahmen einer laufenden Raumbe-obachtung umfaßt:

I Verbreiterung der Wissensbasis durch die Bereitstellungvergleichbarer Daten und Indikatoren, Analyse und Er-forschung von grenzübergreifenden, transnationalenund europaweiten Trends, die die Raumentwicklung be-einflussen,

40

Die Anwendung des EUREK

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I Informationsaustausch über die Praxis der Raumpla-nung auf vergleichender Basis,

I Beobachtung und Bewertung der räumlichen Entwick-lung mit Schlußfolgerungen für die politischen Zieleund Optionen sowie die Erarbeitung geeigneter Kriteri-en und Indikatoren. Dies ist von besonderer Bedeutungfür die Weiterentwicklung des EUREK.

Den Mitgliedstaaten wird vorgeschlagen, regelmäßig stan-dardisierte Informationen über wichtige Aspekte der natio-nalen Raumentwicklungspolitik und ihrer Umsetzung in na-tionalen Raumentwicklungsberichten aufzubereiten undsich dabei an die Struktur des EUREK anzulehnen. Dies för-dert die Vergleichbarkeit der Darstellung raumrelevanterTrends in den Mitgliedstaaten.

(171) Mit dem EUREK wird eine erste Einschätzung derTrends und Problemstellungen zur Raumentwicklung inEuropa getroffen. Zusätzlich zu weitergehenden Forschun-gen und Studien gibt es einen Bedarf nach eingehenderenAnalysen der europäischen Raumentwickung auf der Basisgemeinsamer statistischer Grundlagen, die einen längerenZeitraum abdecken. Harmonisierte Daten und Bewertun-gen regionalwirtschaftlicher Entwicklungen in Europa ste-hen bereits auf europäischer Ebene in Form von Doku-menten, wie beispielsweise den Periodischen Berichtenüber die soziale und wirtschaftliche Lage und die Entwick-lung der Regionen der Gemeinschaft und dem „Kohäsi-onsbericht“38 zur Verfügung. Es wurden jedoch bei der Er-stellung des EUREK große Lücken hinsichtlich vergleich-barer raumbezogener Daten festgestellt. Einen Ansatzpunktfür deren Erhebung könnten die Kriterien, die während derspanischen und italienischen Präsidentschaft erstmals vor-geschlagen und unter niederländischer Präsidentschaft er-weitert wurden, darstellen. Im Rahmen des Studienpro-gramms der Europäischen Kommission werden folgendeKriterien zur Zeit eingehend untersucht:

I geographische LageI wirtschaftliche StärkeI soziale IntegrationI räumliche IntegrationI Druck auf die FlächennutzungI natürliche WerteI kultureller Wert.

Der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaatenwird vorgeschlagen, sich auf verläßliche Kriterien und In-dikatoren zu einigen, um eine nachhaltige Entwicklung derRegionen und Städte wirksam unterstützen zu können. Dielangfristig ausgerichtete Forschung zu räumlich relevanten

41

Themen in der EU muß als Teil eines fortlaufenden Aktua-lisierungsprozesses des EUREK durchgeführt werden. Ent-sprechende Aktivitäten betreffen insbesondere:

I auf Initiative der Kommission erstellte Studien und Pilot-projekte, mit denen Probleme und Lösungen der Raum-und Regionalentwicklung im Zusammenhang mit demEUREK ermittelt, analysiert und neuartige Kooperati-onsformen erprobt werden,

I den Austausch von innovativen Erfahrungen im Hin-blick auf eine optimale Nutzung und den Transfer vonKenntnissen im Bereich der Raum- und Regionalent-wicklung.

(172) Räumliche Kriterien und Indikatoren sind auch fürdie Erarbeitung von Langzeitszenarien der Raumentwick-lung wichtig. Die Themen der Raumentwicklung von eu-ropäischer Bedeutung des gegenwärtigen EUREK bezie-hen sich auf bestimmte langfristig geltende Hypothesen.Obwohl die Zusammenarbeit im Bereich der Raument-wicklung sowohl kurz- als auch mittelfristig erfolgen kann,ist es wichtig, längerfristige Probleme und Perspektivennicht aus dem Auge zu verlieren.

Demzufolge wird der Europäischen Kommission und denMitgliedstaaten vorgeschlagen, die sich entwickelnden Trendsund deren Triebkräfte sowie räumlich differenzierten Auswir-kungen zu bewerten und als grundlegende Aufgabe langfristigdurchzuführen. Dazu würden folgende Themen gehören:

I demographische Veränderung und Verteilung,I Globalisierung der Wirtschaft,I Struktur- und Standortwechsel der wirtschaftlichen Ak-

tivitäten und des Arbeitsmarktes,I Veränderungen im Bereich der Verkehrstechnologie, der

Telekommunikation, des Energiesektors und des Infor-mationsaustauschs,

I Fachpolitiken und Projekte der EU,I Wirksamkeit der unterschiedlichen Städtenetze und der

Partnerschaften,I EU-Erweiterung,I Beziehungen mit Drittstaaten.

(173) Über den Informationsaustausch hinaus sollte die po-litische Zusammenarbeit nationaler Raumentwicklungs-behörden untereinander und mit der Kommission vonraumwissenschaftlichen Forschungsinstituten der Mit-gliedstaaten in Form eines Netzwerkes vorbereitet und be-gleitet werden. Die Forschungsergebnisse könnten demAusschuß für Raumentwicklung (CSD) als Beratungs-grundlage dienen. Die Kooperation der Forschungsinstitu-

EUREK

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Die Anwendung des EUREK

Nordseeraum

NordwesteuropäischerMetropolraum

Südwesteuropa

Mitteleuropäischer, Adriatischer,Donau- und SüdosteuropäischerRaum (CADSES)

Ostseeraum

Westliches Mittelmeerund Südalpen

Atlantischer Raum

Karte 3: Interreg II C Allgemeine Programme zur Zusammenarbeit

Quelle: Europäische Kommission GD XVI

Karte 3: Interreg II C-Allgemeine Programme zur Zusammenarbeit

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te untereinander und ihre enge Zusammenarbeit mit demCSD bedarf kontinuierlich arbeitender Strukturen und soll-te aus dem Haushalt der Gemeinschaft mitfinanziert wer-den. Abgesehen von einem Netzwerksekretariat könntesich durch die erfolgreiche Vernetzung nationaler For-schungsinstitute die Einrichtung einer weiteren zentraleneuropäischen Behörde als überflüssig erweisen. Die Zu-sammenarbeit in einem Netzwerk wird gegenwärtig imRahmen eines Studienprogramms nach Artikel 10 derEFRE-Verordnung erprobt.

Die Institutionalisierung eines „Netzwerks EuropäischesRaumentwicklungsobservatorium“ sollte unter Berücksich-tigung der Erfahrungen des Studienprogramms möglichstumgehend eingeleitet werden.

4.3 Die transnationale Zusammenarbeitder Mitgliedstaaten

(174) Die EU führte bereits 1996 mit der Gemeinschafts-initiative INTERREG II C einen innovativen Ansatz zur integrierten räumlichen Entwicklungspolitik auf transnatio-naler Ebene ein. Die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten er-folgt nach drei Förderschwerpunkten: transnationale Ko-operation zur Raumentwicklung in sieben Kooperations-räume; (vgl. Karte 3), vorbeugender Hochwasserschutz inzwei Programmregionen, und Vorsorge vor Dürreschäden in vier nationalen Förderprogrammen; (vgl. Karte 4) auf der Grundlage gemeinsam ausgearbeiteter Programme. Darüber hinaus werden in vier Kooperationsgebieten trans-nationale Pilotprojekte nach Art. 10 des EFRE durchgeführt

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

von ÜberschwemmungenProgrammgebiete zur Verhütung

Interreg Rhein-Maas Aktivitäten (IRMA)

Frankreich und Italien

Programmgebiete zurDürrebekämpfung

(Nationale Programme)

Quelle: Europäische Kommission GD XVI

Karte 4: Interreg II C Programme zur Verhütung von Überschwemmungen und zur Dürrebekämpfung

EUREK

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(vgl. Karte 5). Die Abgrenzung der Kooperationsräume istdas Ergebnis eines politischen Abstimmungsprozesses zwi-schen den beteiligten Staaten. In einigen Räumen wirkenStaaten, die nicht der EU angehören, mit.

(175) In diesen großen Kooperationsräumen wird die trans-nationale Zusammenarbeit bei räumlichen Entwicklungs-

44

vorhaben erstmals in gemeinsamen Organisations-, Ver-waltungs- und Finanzstrukturen erprobt (vgl. Tab. 1).

(176) Es werden staatenübergreifende Entwicklungspro-jekte durchgeführt, die über die unmittelbaren Grenzgebie-te hinausgehen. Zum Beispiel werden im Rahmen des vor-beugenden Hochwasserschutzes am Rhein mit EU-Mitteln

Die Anwendung des EUREK

Kooperations- Entscheidungs- Sekretariat Finanzabwicklung der Raum gremien EU-Fonds

INTERREG II C – Transnationale Zusammenarbeit zur Raumentwicklung

Ostsee Gemeinsam Zentral in Rostock, D Zentral durch I-Bank Schleswig-Filiale in Karlskrona, S Holstein in Kiel/Rostock

Nordsee Gemeinsam Zentral in Viborg, DK Zentral durch Jyske-Bank in Viborg

CADSES Gemeinsam Vernetzung nationaler Einrichtungen Nationale Einrichtungen

NWMA Gemeinsam Zentral in London, UK Zentral durch Lloyds-Bank in London

Atlantischer Raum Gemeinsam Vernetzung nationaler Einrichtungen Zentral durchmit Unterstützung eines zentralen Sekre- beauftragte Banken tariates in Poitiers, F (in Vorbereitung)

Südwesteuropa Gemeinsam Vernetzung nationaler Einrichtungen Nationale Einrichtungen

Westliches Mittel- Gemeinsam Vernetzung nationaler Einrichtungen Nationale Einrichtungenmeer/Südalpen

INTERREG II C - Hochwasservorsorge

Hochwasserschutz Gemeinsam Zentral in Den Haag, NL Zentral durch I-Bank Nordrhein-Rhein-Maas Westfalen in Düsseldorf

Frankreich/Italien Gemeinsam Vernetzung nationaler Einrichtungen Nationale Einrichtungen

Pilotprojekte nach Artikel 10 EFRE

Nördliche Peripherie Gemeinsam Zentral in Oulu, Finnland Zentral durch den Regionalrat von Nord-Ostrobothnia

Westliches Gemeinsam Vernetzung nationaler Einrichtungen Nationale EinrichtungenMittelmeer

Ostalpen Gemeinsam Vernetzung nationaler Einrichtungen Nationale Einrichtungen

Südöstliches Gemeinsam Vernetzung nationaler Einrichtungen Nationale EinrichtungenMittelmeer

Tab. 1: Strukturen zur Umsetzung transnationaler operationeller Programme zur Raumentwicklung

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EUREK

die Planungen für umfangreiche Retentionsräume am Ober-lauf (Deutschland) vorangetrieben, damit ein künftigesHochwasser am Unterlauf (Niederlande) nicht solche Folgenhinterläßt wie in der Vergangenheit. Andere Projekte erpro-ben entlang mehrerer staatenübergreifender Transportkorri-dore ein gemeinsames Verkehrsmanagement, den Aufbau in-tegrierter Verkehrssysteme und eine abgestimmte Er-schließung regionaler Wirtschaftspotentiale.

(177) Vorrangig werden solche Projekte genehmigt, vondenen sich alle Partnerstaaten einen Mehrwert für ihreRaumentwicklung versprechen, auch wenn sie sich in ein-zelnen Fällen nicht finanziell beteiligen. Dazu gehören Pla-nungsaktivitäten, Projektmanagement, Netzwerke, Pilotak-tionen, Erfahrungsaustausch, Machbarkeitsstudien und inbegrenztem Umfang auch komplettierende Infrastrukturin-

vestitionen. Gleichzeitig werden an Hand der Projekte na-tional unterschiedliche Erfahrungen in Bereichen wie öf-fentliche Verwaltung, Planung, Recht, Management,Public-private Partnership über die Staatsgrenzen hinwegausgetauscht und Anstöße zur Kooperation von Unterneh-men, Behörden, Verbänden und Gebietskörperschaftengegeben.

(178) Die Durchführung der operationellen Programme hatdas starke Interesse regionaler und lokaler Gebietskörper-schaften bei der transnationalen Zusammenarbeit verdeut-licht, die auch maßgeblich die Kofinanzierung der Projek-te übernommen haben. Bereits in den ersten Entschei-dungsrunden zeichnet sich eine finanzielle Überzeichnungeinzelner Programme ab. Im Ostseeraum, wo die Zusam-menarbeit bereits auf der Grundlage gemeinsamer politi-

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

Tor zum Mittelmeer

Alpenraum

Mittlerer und östlicherMittelmeerraum (Archi-med)

Quelle: Europäische Kommission GD XVI

Nördliche Peripherie

Karte 5: Artikel 10-Pilotaktionen

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scher Ziele zur räumlichen Entwicklung39 erfolgt, sind bei-spielsweise 200 Gebietskörperschaften an der Durch-führung der Projekte beteiligt.

Der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten wird vorgeschlagen, die projektorientierte transnationaleZusammenarbeit zur Raumentwicklung im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative INTERREG III weiterzuführen undgemeinsam die entsprechenden Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen. Dies wird ein wesentliches Instrumentzur Anwendung des EUREK sein. Wichtigste Aufgaben sind:

I die Beibehaltung geeigneter Kooperationsräume und dieWeiterentwicklung gemeinsamer transnationaler Ver-waltungs-, Finanzierungs- und Managementstrukturenfür Programme und Projekte,

I die stärkere Mitwirkung regionaler und lokaler Gebiets-körperschaften in den Entscheidungsprozessen und derProgrammdurchführung,

I die weitere Förderung räumlich integrierter Projekte un-ter Einbeziehung fachpolitischer Problemstellungen, umSynergieeffekte zu gewährleisten,

I die Beseitigung von rechtlichen Hindernissen in den Mit-gliedstaaten, die die grenz- und staatenübergreifendenAbstimmungen raumbedeutsamer Planungen und Maß-nahmen behindern,

I die Nutzung der Projekte zur Vorbereitung investiverMaßnahmen, die Weiterentwicklung der Instrumente derRaumordnung, insbesondere von grenzübergreifendenRaumverträglichkeitsprüfungen,

I die Unterstützung des Zusammenwirkens mit benach-barten Nicht-EU-Staaten, insbesondere mit mittel- undosteuropäischen Staaten und mit Zypern zur Vorberei-tung eines EU-Beitritts, sowie mit den Mittelmeeranrai-nerstaaten,

I die Bewertung der Ergebnisse der transnationalen Zusammenarbeit im Rahmen von INTERREG und Artikel 10 EFRE vor dem Hintergrund des EUREK durch diezuständigen Gremien der EU und der Mitgliedstaaten.

(179) Derzeit können Nichtmitgliedstaaten an INTERREGII C und Artikel 10-Pilotaktionen teilnehmen. Sie erhaltenjedoch keine Förderung aus dem EFRE, sondern aus ande-ren Förderprogrammen (PHARE, TACIS). Die Kombinati-on dieser verschiedenen Förderprogramme in einem ge-meinsamen Kooperationsraum gestaltet sich in Folge derunterschiedlichen Verwaltungsvorschriften sehr schwierig.Das INTERREG-Programm könnte als „Heranführungsin-strument“ beitrittswilliger Staaten besser genutzt werden,wenn deren Teilnahme durch vereinfachte Verwaltungs-strukturen erleichtert würde.

46

Der Europäischen Kommission wird empfohlen, die Verbin-dung von INTERREG mit Programmen der Gemeinschaft fürNichtmitgliedstaaten derart zu verbessern, daß Programmeund Projekte zur Raumentwicklung „aus einer Hand“ durch-geführt werden können.

4.4 Die grenzübergreifende und inter-regionale Zusammenarbeit

(180) Die regionalen und lokalen Gebietskörperschaftengehören zu den Schlüsselakteuren der europäischen Raum-entwicklungspolitik. Die Umsetzung der politischen Op-tionen erfordert die aktive Unterstützung seitens der regio-nalen und lokalen Ebenen, von Kleinstädten in ländlichenGebieten bis hin zu Metropolregionen. Die regionalen undlokalen Gebietskörperschaften verwirklichen die Ziele derGemeinschaft durch ihre Zusammenarbeit untereinanderund im Gegenstromprinzip. Gleichzeitig ist dies die Ebene,auf der die Bürgerinnen und Bürger die Ergebnisse eu-ropäischer Raumentwicklungspolitik unmittelbar erfahren.Viele räumliche Entwicklungsaufgaben können dabei nurdurch die grenzübergreifende Zusammenarbeit der Ge-bietskörperschaften zufriedenstellend gelöst werden. DieZusammenarbeit über nationale Grenzen hinweg hat dahereine Schlüsselrolle bei der Anwendung des EUREK.

(181) Die grenzübergreifende Zusammenarbeit benachbarterGrenzregionen wurde in Europa durch Regierungs- undRaumordnungskommissionen sowie durch Empfehlungendes Europarates vorbereitet. Sie wird seit 1990 durch die Ge-meinschaftsinitiative INTERREG finanziell gefördert. Fastalle Grenzregionen haben die Förderung durch INTERREGgenutzt, um gemeinsame Organisationen, Strukturen undNetzwerke aufzubauen. Der Aufbau dieser Strukturen warVoraussetzung für die Ausarbeitung grenzübergreifenderRaumentwicklungskonzepte beispielsweise in der Öresund-region, in den Benelux-Staaten, in den Euroregionen an derdeutsch-niederländischen Grenze oder in der Saar-Lor-Lux-Region. Hierdurch konnte die räumliche Wirksamkeit undAbstimmung von Einzelprojekten verbessert werden. Künf-tig sind grenzübergreifende Raumentwicklungskonzepteeine wichtige Grundlage für grenzübergreifende operatio-nelle Programme „aus einem Guß“. Beispiele hierfür sind:

I die Förderung der Kooperation zwischen benachbartenGrenzgebieten, damit sich die Städte und Gemeinden zu„einem gemeinsamen“ Wirtschaftsraum entwickeln,

I eine bessere Verknüpfung zwischen dem regionalen öf-fentlichen Verkehr und Hauptverkehrsnetzen überStaatsgrenzen hinweg sowie

Die Anwendung des EUREK

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I eine Landschaftsentwicklungs- und Umweltschutzpoli-tik für ökologisch empfindliche Gebiete zur Schaffunggrenzübergreifender Biotopverbundsysteme.

Den Mitgliedstaaten, regionalen und lokalen Gebietskör-perschaften wird vorgeschlagen, weitere grenzübergreifendeProgramme und Projekte durchzuführen, vor allem:I Erstellung grenzübergreifender raumordnerischer Leit-

bilder und Konzepte (Raumentwicklungskonzepte) so-wie deren Berücksichtigung in nationalen Raument-wicklungs- und Fachplanungen,

I regelmäßige grenzübergreifende Abstimmung allerraumbezogenen Planungen und Maßnahmen,

I Aufstellung gemeinsamer grenzübergreifender Regional-und, wo sinnvoll, Flächennutzungspläne als weitge-hendste Form grenzübergreifender Raumentwicklungs-politik.

(182) Den nationalen Planungsbehörden und den Regionenund Städten ist trotz der WWU bis heute nicht die Mög-lichkeit gegeben, aktiv auf Entscheidungen in benachbartenStaaten, die sie betreffen, Einfluß zu nehmen.

Den Mitgliedstaaten wird deshalb vorgeschlagen, zu prüfen,ob im Rahmen ihrer Gesetzgebung die Grundlagen für diegrenzübergreifende Abstimmung von solchen raumbedeut-samen Planungen und Maßnahmen, die erhebliche Auswir-kungen auf Nachbarstaaten haben, geschafft werdensollten. Nachbarstaaten sollten dabei entsprechendePlanungen und Maßnahmen nach den Grundsätzen derGegenseitigkeit und Gleichwertigkeit abstimmen. Einederartige Abstimmung sollte dem Grundsatz der Partner-schaft und dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend sowohlfür den lokal/regionalen Bereich, aber auch für die staatli-che Ebene vorgesehen werden.

(183) Viele politische Optionen beziehen sich auf Aufgabender regionalen und lokalen Ebene und erfordern eine Koope-ration auch zwischen nicht benachbarten, geographisch ge-trennten Gebietskörperschaften unterschiedlicher Mitglied-staaten, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Es isteine der grundlegenden politischen Absichten des EUREK,daß Lösungsansätze für räumliche Problemstellungen nichtnur auf EU- oder transnationaler Ebene gesucht werden, son-dern daß die regionalen und lokalen Körperschaften dazu an-geregt werden, sich an der Lösung europäischer Probleme zubeteiligen. Damit können auch sie ihre Vorstellungen zurräumlichen Struktur des Europas von morgen einbringen. Die folgenden Vorschläge beziehen sich sowohl auf diegrenzübergreifende als auch auf die interregionale Zusam-menarbeit. Sie gelten jedoch auch genauso für die Zusam-

47

EUREK

menarbeit von Gebietskörperschaften innerhalb einer Re-gion (intraregional).

Den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften wird vor-geschlagen, bei einer nachhaltigen räumlichen Entwicklungenger zusammenzuarbeiten. Dies betrifft :

Maßnahmen zur Information und Kooperation auf regiona-ler Ebene: I Verbesserung der Erreichbarkeit durch Verbindung der

regionalen Verkehrssysteme mit den nationalen/inter-nationalen Knotenpunkten,

I Beiträge zu einer integrierten Entwicklung der Verkehrs-infrastruktur,

I Aktionsprogramme für die Erhaltung von Siedlungen inländlichen Gebieten, die von Bevölkerungsabnahme undFlächenstillegungen betroffen sind,

I Strategien für eine nachhaltige Entwicklung von Land-schaften und Bewertung des landschaftlichen Potentialszur Ausschöpfung erneuerbarer Energien,

I Entwicklung von Landschaften und Ökosystemen mit re-gionaler und europäischer Bedeutung,

I koordinierte Flächennutzungspläne unter Einbeziehungeines intelligenten Managements der Wasserressourcen,

I Programme zur Erhaltung und Erweiterung des gemein-samen Kulturerbes.

Maßnahmen zur Information und Kooperation auf lokalerEbene: I gemeinsame Strategien zur wirtschaftlichen Diversifika-

tion, die auf die Entwicklung von Städtekooperationenund Städtenetzen ausgerichtet sind,

I Aufnahme von Planungskonzepten für eine nachhaltigeStadtentwicklung, darunter die Förderung von multimo-dalen Verkehrskonzepten und die Verringerung des Rei-sebedarfs,

I städtische und ländliche Partnerschaften zur nachhalti-gen Ausschöpfung der Möglichkeiten für innovativeRaumentwicklungsstrategien für die Städte und ihr länd-liches Umland,

I Aktionsprogramme zum Schutz und zur Erhaltung des städtischen Erbes und Förderung qualitativ hochwertigerArchitektur.

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4.5 Die Anwendung des EUREK in denMitgliedstaaten

(184) Die für die Raumordnung auf nationaler, regionalerund lokaler Ebene verantwortlichen Behörden haben inzweierlei Hinsicht bedeutende Aufgaben:

I extern, indem sie in ihrer mitgliedstaatlichen Verant-wortung das EUREK zur Planung und Umsetzunggrenzübergreifender, transnationaler und interregionalerKooperationsmaßnahmen nutzen und

I intern, indem sie das EUREK bei der Formulierungräumlicher Entwicklungspolitik, die sich ausschließlichauf ihre eigenen Gebiete bezieht, berücksichtigen.

Den Mitgliedstaaten wird vorgeschlagen, die politischen Zie-le und Optionen des EUREK jetzt in ihrer nationalen Raum-planung in geeigneter Form zu berücksichtigen und über Er-fahrungen der europaweiten Zusammenarbeit bei derRaumentwicklung öffentlich zu informieren.

(185) Die Anwendung des EUREK in der nationalen und re-gionalen räumlichen Planung wird für den weiteren wirt-schaftlichen und sozialen Zusammenhalt der EU von beson-derem Wert sein. Sie wird auch dazu beitragen, daß die loka-len Behörden die Ziele und politischen Optionen des EU-REK in ihrer eigenen Politik besser berücksichtigen können.

Den Mitgliedstaaten wird vorgeschlagen, auch bei der Ab-stimmung der nationalen Raumentwicklungspolitiken,-pläne und -berichte die europäische Dimension der Raum-entwicklung zu berücksichtigen. Hier stellt sich zunehmenddie Aufgabe einer „Europäisierung der Landes-, Regional-und Stadtplanung“. Das heißt, lokale und regionale Regie-rungs- und Verwaltungsstellen sollten bei ihren raumbe-deutsamen Planungen inselhafte Betrachtungen ihres Terri-toriums überwinden und europäische Bezüge und Verflech-tungen von vornherein berücksichtigen.

(186) Eine Reihe von Mitgliedstaaten hat die Konsultati-onsverfahren über Fragen der Raumentwicklung institutio-nalisiert. Sie führen zu Entwicklungsprojekten mit erhebli-chen räumlichen Wirkungen Raumverträglichkeitsprüfun-gen durch. Durch die Beteiligung der Betroffenen sollenschon in der Frühphase von Planungen die positiven Wir-kungen von Investitionen für die räumliche Entwicklunggesteigert werden. Die Ostseeanrainerstaaten haben dieDurchführung solcher Verfahren für Modellprojekte in derKüstenregion empfohlen.

48

Die Mitgliedstaaten sollten den Erfahrungsaustausch zuRaumverträglichkeitsprüfungen intensivieren und dienationalen Regelungen und Instrumente weiterentwickeln.

4.6 Die Bedeutung des EUREK für die gesamteuropäische und internationale Zusammenarbeit

(187) Das EUREK stellt auch einen Rahmen für die engereZusammenarbeit zwischen den 15 EU-Staaten und 25 wei-teren Staaten des Europarates bei der gesamteuropäischenRaumentwicklung dar. Eine besonders intensive Zusam-menarbeit wird dabei mit den elf Beitrittsstaaten40 angestrebt.Die zunehmenden Verflechtungen mit der Schweiz und mitNorwegen und das ausdrückliche Interesse dieser Staaten ander Zusammenarbeit bestätigen die Notwendigkeit, dieRaumentwicklungsplanung der EU über das Territorium der15 Mitgliedstaaten hinaus auszudehnen. Der Zusammenar-beit im Europarat kommt bei der Entwicklung einer konti-nentalen Raumentwicklungspolitik besondere politische Be-deutung zu.

(188) Ausgehend von den Beschlüssen der EuropäischenRaumordnungsministerkonferenz (EMKRO) im Oktober1997 in Zypern wird derzeit eine gesamteuropäische Raum-entwicklungsstrategie („Leitlinien für eine zukunftsfähigeräumliche Entwicklung auf dem europäischen Kontinent“) er-stellt. Im Unterschied zur Zusammenarbeit der Mitgliedstaa-ten der EU bei der Erstellung des EUREK liegen die Schwer-punkte auf der Ebene des Europarates bei folgenden Aspekten:I stärkere Berücksichtigung der kontinentalen Dimension

der Raumentwicklung Europas,I Analyse der spezifischen Situation und Anforderungen

der Länder Mittel- und Osteuropas im Vergleich zuWesteuropa und Diskussion entsprechender Leitprinzi-pien für die räumliche Entwicklung,

I Untersuchung von Finanzierungsmodellen für räumli-che Entwicklungsprojekte.

Auf der nächsten Europäischen Raumordnungsminister-konferenz (EMKRO) im Jahr 2000 im Rahmen der EXPOin Hannover wird das Dokument von den europäischenRaumordnungsministern behandelt werden.

Es wird vorgeschlagen, die politischen Ziele und Optionendes EUREK als grundlegenden Beitrag der 15 EU-Mitglied-staaten in die gesamteuropäische Raumentwicklungsstrate-gie einzubringen.

Die Anwendung des EUREK

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EUREK

5.1 Ein neuer Referenzraum für das EUREK

(190) Nach der Vorlage des „Ersten offiziellen Entwurfesdes EUREK“ in Noordwijk im Juni 1997 haben sich dieMitgliedstaaten und die Europäische Kommission geeinigt,dem Dokument ein eigenes Kapitel anzuschließen, das dieHerausforderungen des in jüngster Zeit in Gang gekomme-nen Erweiterungsprozesses für die europäische Raument-wicklungspolitik behandelt.41

(191) Das EUREK dient als Orientierung für die Raument-wicklungspolitik der nächsten Jahre. In diesem Zeitraum istmit einer Erweiterung des EU-Raumes zu rechnen. Elf Staa-ten haben den Antrag auf Mitgliedschaft in der EU gestellt.Die Erweiterung der EU um diese Beitrittsstaaten bedeuteteine Erhöhung der Gesamtbevölkerungszahl um 28% und ei-nen Zuwachs an Territorium von 34% (vgl. Karte 6).

(192) Nach dem Beschluß des Europäischen Rates von Luxemburg Ende Dezember 1997 sind mit sechs Kandida-ten (Estland, Polen, Slowenien, Tschechische Republik,Ungarn und Zypern) bereits Verhandlungen aufgenommenworden. Es ist damit zu rechnen, daß zumindest einzelnedieser Staaten noch während der Anwendungsphase des EUREK ihren Beitritt vollziehen werden. Unab-hängig vom Zeitpunkt des Beitritts werden von der EU umfangreiche Vor-Beitritts-Unterstützungen angeboten, von denen teilweise bedeutende Auswirkungen auf die räumliche Entwicklung ausgehen können. Die vor-

aussichtlich in mehreren Schritten erfolgende Erweiterungder EU mit der wirtschaftlichen und politischen Integra-tion der Beitrittsstaaten ist als eine zusätzliche Heraus-forderung für die europäische Raumentwicklungspolitikanzusehen.

(193) Damit ergibt sich ein neuer Bezugsraum für den Pro-zeß der Weiterentwicklung des EUREK. Dabei geht esnicht nur um die raumentwicklungspolitische Vorbereitungder Erweiterung der Union um die elf Beitrittsstaaten, son-dern darüber hinaus auch um die Zusammenarbeit mitDrittstaaten ohne Beitrittsinteressen - insbesondere auchjene Staaten, die nach erfolgter Erweiterung künftig Nach-barn der EU sein werden.

(194) Es ist bereits vor einer Erweiterung notwendig, das Be-wußtsein für die spezifischen Herausforderungen des Erwei-terungsraumes zu stärken. Die bisher fehlenden Vorarbeitenerlauben es allerdings noch nicht, die raumbezogenen Fragender Regionen des Erweiterungsraumes so eingehend zu be-handeln, wie dies für das Territorium der derzeitigen Mit-gliedstaaten geschehen ist. Im Rahmen des EUREK-Prozes-ses wird es darauf ankommen, die politischen Optionen undVorschläge zur Anwendung des EUREK im Lichte der Er-weiterung zu überprüfen. Darum wird hier bereits ein Aus-blick gegeben, welche nächsten Schritte auf der europäischenund auf der transnationalen Ebene erforderlich sind, um zu ei-ner den Erweiterungsraum einschließenden Perspektive dereuropäischen Raumentwicklungspolitik unter Beteiligung derbetroffenen elf Staaten zu gelangen.

(189) Ein weiteres internationales Aktionsfeld zur Anwendung des EUREK ist die Erarbeitung regionaler undlokaler Agenden zur nachhaltigen Entwicklung im Ergeb-nis des Rio-Prozesses (Agenda 21). Die hier gefundenenLösungen müssen für die Weiterentwicklung einer nach-haltigen europäischen Raumentwicklungspolitik genutztwerden. Gleichzeitig ist eine ausgewogene und nachhalti-ge räumliche Entwicklung ein wesentlicher Bestandteil ei-ner ökologisch verantwortlichen Politik für Europa. Diese

Zusammenhänge werden z. B. bei der Anwendung der re-gionalen Agenda 21 für den Ostseeraum (Baltic 21) zu-grunde gelegt.

Den Mitgliedstaaten, regionalen und lokalen Gebietskör-perschaften wird vorgeschlagen, sich mit Konzepten und Pro-jekten an der Erarbeitung und Umsetzung regionaler undlokaler Agenden 21 zu beteiligen. Das EUREK kann hierzuwichtige Anstöße geben.

5 Die Erweiterung der EU: eine zusätzliche Herausforderungfür die europäische Raumentwicklungspolitik

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Die Erweiterung der EU

Beitrittsstaaten

EU - 15

Karte 6: Der Erweiterungsraum der EU

Norge

SverigeEesti

Latvija

Lietuva

Belarus

Ukraina

Moldova

Polska

DeutschlandBelgie/Belgique

Luxembourg

SchweizÖsterreich

Ceska Republika

France

EspañaPortugal

Italia

EllasTürkiye

SlovenskaRepublika

Magyarorszag România

Balgarija

SlovenijaHrvatska

Jugoslavija

Malta

Island

RossijskajaFederacija

Nederland

Bosnia iHercegovina

ShqiperiaFYROM

RossijskajaFederacija

SuomiFinland

Danmark

United KingdomIreland

Quelle: Europäische Kommission - Task Force für die Beitrittsverhandlungen (TFAN)

Cyprus

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

5.2 Wichtige Merkmale der räumlichenEntwicklung in den Beitrittsstaaten

5.2.1 Bevölkerung

(195) Die betroffenen elf Staaten gehören sehr verschiede-nen Größenklassen an. Mit den baltischen Staaten, Slowe-nien und Zypern wird sich die bisher in der Union nichtstark vertretene Gruppe von kleineren Staaten mit wenigerals 4 Mio. Einwohnern auf sieben vergrößern; nur Polenund Rumänien sind flächenmäßig große und bevölke-rungsreiche Länder.

(196) Die Bevökerungsdichte der elf Beitrittsstaaten (imDurchschnitt 98 Ew./km2) liegt insgesamt etwas unter jener

der derzeitigen Gemeinschaft (115 Ew./km2). Die Spann-weite zwischen den Dichtewerten der einzelnen Staaten istallerdings innerhalb der Union wesentlich größer als unterden Beitrittsstaaten. Die Bevölkerungsdichte der am dünn-sten besiedelten baltischen Staaten übertrifft jene der skan-dinavischen Mitgliedstaaten.

(197) Bei der räumlichen Verteilung der Bevölkerung kannin den Beitrittsstaaten eine insgesamt stärker konzentrierteSiedlungsstruktur als in den Mitgliedstaaten beobachtetwerden. Allerdings leben 62% der Einwohner der Beitritts-staaten in Grenzregionen, während es in der EU-15 nur ca.15% sind. Die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwi-schen den Beitrittsstaaten ist daher eine große Herausfor-derung für eine europäische Raumentwicklungspolitik.

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EUREK

5.2.2 Wirtschaft

(198) Im erreichten wirtschaftlichen Wohlstand (gemessenam Bruttoinlandsprodukt - BIP - pro Kopf in Kaufkraftpa-ritäten) liegen die Beitrittsstaaten (1995) durchweg unterdem Niveau der Mitgliedstaaten und dabei auch noch weitauseinander. Der Beitrittsstaat mit dem höchsten Wohl-standsniveau (Slowenien) liegt in etwa gleichauf mit demEU-Mitgliedstaat mit dem niedrigsten Wert (Griechenland:67% des EU-Durchschnitts). Die baltischen Staaten sowieRumänien und Bulgarien liegen mit ihrem jeweiligen BIPpro Kopf am unteren Ende der Skala.

(199) Im Verlauf der Wirtschaftsentwicklung sind nach dentiefgreifenden Rückschlägen zu Beginn der 90er Jahre (un-mittelbar nach den grundlegenden politischen Reformen)in der zweiten Hälfte der 90er Jahre in den meisten Staatenrelativ stabile Wachstumsraten zu beobachten, die größten-teils über jenen der Mitgliedstaaten liegen. Einzelne Bei-trittsstaaten befinden sich in einem erfolgversprechendenAufholprozeß.

(200) Die Entwicklung der Beschäftigung ist von einem ur-sprünglich hohen Beschäftigtenanteil im Produktionssektormit starken Rückgängen sowie sehr unterschiedlichen Ent-wicklungen des Agrarsektors gekennzeichnet (rasch fallen-de Anteile in Tschechien, in der Slowakischen Republikund Ungarn, Stagnation in Polen und Slowenien, Zunah-men in Rumänien, Bulgarien und in den baltischen Staa-ten). Die Arbeitslosenquoten sind insgesamt hoch. Dieschwierigsten Situationen treten in Regionen mit hohen Be-schäftigtenanteilen in der Industrie und in der Landwirt-schaft auf.

(201) Erhebliche regionale Disparitäten innerhalb der Bei-trittsstaaten sind sowohl hinsichtlich der Beschäftigung alsauch der Wirtschaftskraft feststellbar. Insbesondere dieHauptstadtregionen sowie Gebiete an den EU-Außengren-zen überragen mit ihrem BIP pro Kopf (in Kaufkraft-paritäten) die nationalen Durchschnittswerte teilweise extrem. Da die Hauptstadtregionen und die westlichen Regionen an der derzeitigen EU-Außengrenze eine rasantejüngere Entwicklung zeigen, mit der sie den übrigen Regionen im Transformationsprozeß davoneilen, sind nochweitere Zunahmen der regionalen Disparitäten zu erwarten.Zu den Verlierern zählen zurückfallende Industrieregionenmit wirtschaftlichen, sozialen und Umweltproblemen und benachteiligte ländliche Regionen (mit einem insge-samt höheren Bevölkerungsanteil als in der EU-15), dieaußerhalb des Einflusses der EU-Außengrenzen, der Metropolen an den Nicht-EU-Grenzen und in Binnen-Peripherien liegen.

(202) Ein regionaler Vergleich zeigt heute schon Überlap-pungen im ökonomischen Erfolg zwischen Beitrittsstaatenund Mitgliedstaaten: führende Regionen in den Beitritts-staaten (Slowenien und mehrere tschechische Regionen)übertreffen einige der wirtschaftsschwächsten Regionender EU. Das BIP pro Kopf in den Hauptstadtregionen vonBudapest, Prag und Sofia übersteigt jenes der schwächerenRegionen, wie beispielsweise in Griechenland, Portugal,Spanien und Deutschland. Das Ausmaß der regionalenDisparitäten der Beitrittsstaaten ist daher mit jenem derKohäsionsländer vergleichbar.

5.2.3 Verkehr

(203) In den mittel- und osteuropäischen Beitrittsstaaten istes zu dramatischen Verschiebungen im Bereich des Ver-kehrs in mehreren Dimensionen gekommen: geographischvon einer Ost- zu einer Westorientierung, im Modal splitvon der Schiene zur Straße und volkswirtschaftlich vom öf-fentlichen zum privaten Verkehr.

(204) Der Ausbau und die Erneuerung der Infrastrukturstellen in allen Beitrittsstaaten die große Herausforderungdar. Dabei geht es in erster Linie darum, ein der Nachfragein den rasch wachsenden Marktwirtschaften entsprechen-des Infrastrukturangebot zu schaffen, eine ausgewogeneEntwicklung zwischen den verschiedenen räumlichen Ebe-nen (international, national und lokal) zu ermöglichen,neue Finanzierungs- und Managementmethoden einzu-führen und die technischen Standards an jene der Gemein-schaft heranzuführen.

(205) Wenngleich die Beseitigung der infrastrukturellenDefizite in den Beitrittsstaaten politische Priorität genießt,stehen der Umsetzung eine Reihe von Hindernissen entge-gen. Dazu zählen die fehlenden finanziellen Ressourcen,denen auch noch ein geringer „return of investment“, ins-besondere im stark wachsenden Straßenverkehr, gegenüber-steht. Die besten Aussichten haben noch die für in- undausländische private Investoren attraktivsten Bereiche Te-lekommunikation und Luftverkehr. Die anderen Bereiche(v. a. Schienenverkehr) werden weiter starker internationa-ler Unterstützung bedürfen.

5.2.4 Umwelt

(206) Die Umweltsituation zeigt ein insgesamt ambivalen-tes Bild. Die meisten Beitrittsstaaten verfügen über ausge-dehnte Kulturlandschaften bzw. Ökosysteme in einem Zu-stand der relativen Unversehrtheit, wie er in vielen Mit-

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52

Die Erweiterung der EU

gliedstaaten kaum mehr anzutreffen ist; Zahl und Ausmaßvon Nationalparks und anderen Schutzgebieten sind ein-drucksvoll, wenngleich die tatsächliche Schutzwirkung inder Praxis nicht überschätzt werden sollte.

(207) Der relativen ökologischen Unversehrtheit großerTeile des Erweiterungsraumes stehen allerdings durchweghohe Umweltbelastungen der Luft durch Hausbrand undStraßenverkehr (mit einem immer noch hohen Anteil ver-alteter Fahrzeuge) und des Wassers durch landwirtschaftli-che Intensivbewirtschaftung sowie Industrieabwässer ge-genüber. Eine starke Konzentration von Umweltproblemengibt es in allen industriell geprägten Regionen. An einigen„hot spots“ treten Umweltbelastungen in einem (ökologi-sche Normen geradezu sprengenden) Maß mit gesundheit-lichen Folgeschäden auf, so daß von Umweltkatastrophengesprochen werden muß.

(208) Insgesamt ist zu beobachten, daß das Niveau der Um-weltbelastungen in den Beitrittsstaaten bereits stark ab-nimmt, und zwar nicht nur im Ausmaß der rückläufigenProduktion. Das läßt auf eine aktive Umweltschutzpolitikschließen. Von der Fortführung der wirtschaftlichen Refor-men kann einerseits eine weitere Verringerung der Um-weltbelastungen bzw. eine Abkoppelung der Umweltver-schmutzung vom Wachstumsprozeß erwartet werden. An-dererseits wird es auch wesentlich von der Finanzierbarkeitabhängen, wieweit Konflikte zwischen der Verbesserungder Umweltbedingungen und der Erhaltung der industriel-len Produktion gelöst und kostenintensive Umweltauflagendurchgesetzt werden können.

5.2.5 Schlußfolgerung

(209) Die dargestellten Bedingungen der Ausgangslage inden Beitrittsstaaten sind nicht ausschließlich als Problemezu werten. Die meisten enthalten bei entsprechender Stra-tegie zu ihrer Bewältigung auch erhebliche Chancen. Dazuzählen die Möglichkeiten zur Vermeidung raumstrukturel-ler Fehlentwicklungen, wie sie in den Mitgliedstaaten auf-getreten sind, zur volkswirtschaftlichen Nutzung der not-wendigen Investitionen und ihrer Folgeeffekte sowie zurErhaltung und nachhaltigen Nutzung bisher verschonterRessourcen.

(210) Die Bewältigung der mit der Transformation verbun-denen Herausforderungen wird in den mittel- und osteu-ropäischen Beitrittsstaaten überwiegend noch als nationaleAufgabe gesehen. Dies läßt zunächst kaum Spielräume fürregional differenzierte Strategien zu. Insofern sind in denmeisten Ländern in der politischen Praxis wenige oder nur

sehr schwache regionalpolitische Orientierungen zu erkennen. Für eine Raumentwicklungs- und Regionalpolitikim Sinne vieler EU-Mitgliedstaaten und der EU-Struktur-fonds fehlt weitgehend die Tradition. Dies findet seinen Nie-derschlag in einem Mangel an raumordnungs- und regional-politischen Instrumenten und Institutionen sowie einemweitgehenden Fehlen einer selbständigen regionalen Ebene im System der politisch-administrativen Territorial-gliederung.

(211) Die im Rahmen der Agenda 2000 der EuropäischenKommission evaluierte nationale Regionalpolitik in denBeitrittsstaaten zeigt bisher nur wenige Ansatzpunkte füreine EU-Regionalpolitik nach dem bestehenden Muster(partnerschaftliche Institutionen, regionale Entwicklungs-konzepte, Kofinanzierung). Diesen Erfordernissen bereitsam nächsten kommt die Regionalpolitik in Polen, Sloweni-en und Ungarn.

(212) Die bisher dargestellte Ausgangslage trifft nicht fürZypern zu, dessen Rahmenbedingungen sich grundlegendvon jenen der übrigen zehn Beitrittsstaaten unterscheiden.Das gilt für die geographische Lage der Insel im östlichenMittelmeer, die wirtschaftlichen und politischen Rahmen-bedingungen und für die Größe Zyperns, das nur etwa diehalbe Einwohnerzahl Estlands, dem kleinsten mittel- undosteuropäischen Beitrittsstaat, hat.

(213) Die Wirtschaft Zyperns hat verhältnismäßig hohe Wachstumsraten erreicht, die hauptsächlich auf den Dienstleistungssektor zurückzuführen sind. In dieser Hinsicht ist die Bedeutung des Tourismussektors,trotz der rückläufigen Entwicklung während der letztenJahre, zu beachten. Das BIP pro Kopf ist in Zypern niedri-ger als der EU-Durchschnitt, aber höher als das von Griechenland und Portugal. Zypern könnte in einer erwei-terten EU aufgrund seiner geographischen Lage eineSchlüsselrolle als „gateway-country“ für den Nahen Osten zukommen.

5.3 Spezifische Aufgaben für die euro-päische Raumentwicklungspolitik in denkünftigen Mitgliedstaaten

(214) Die grundlegenden Ziele des EUREK unter den Be-dingungen der Erweiterung zu verfolgen und ohne ihre Er-reichung innerhalb der Mitgliedstaaten zu gefährden, stellteine besondere Herausforderung dar. Gesamtpolitisch ge-sehen liegt der spezifische Beitrag der europäischen Raum-entwicklungspolitik zur Integration des Erweiterungsrau-mes in die EU darin,

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EUREK

I sichtbar zu machen, auf welche Weise in den Beitritts-staaten die öffentlichen Investitionen verschiedener,voneinander weitgehend unabhängiger Maßnahmenträ-ger (im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Auf-holprozessen und der Sanierung bzw. Verhinderung gra-vierender Umweltschäden) miteinander zusammenhän-gen und sich in ein und demselben Raum auswirken,

I aufzuzeigen, mit welchen Strategien absehbare Kon-flikte zwischen verschiedenen Politikbereichen sowieVerwaltungsebenen reduziert bzw. vermieden und mög-liche Synergien genutzt werden können.

(215) Wenn Raumplanung auch keine ausdrückliche Auf-gabe der Gemeinschaft ist, so muß sie bei ihrem finanziel-len Engagement in den Beitrittsstaaten – genauso wie inden EU-Mitgliedstaaten – dafür sorgen, daß verschiedenepolitische Maßnahmen nicht einander entgegenwirken odersich gegenseitig neutralisieren. Der Bedarf nach europäi-scher Zusammenarbeit im Bereich der räumlichen Abstim-mung verschiedener Fachpolitiken gilt in besonderer Wei-se für den Erweiterungsraum.

(216) Die geringe Finanzkraft des Erweiterungsraumes unddie zunehmende Verflechtung zwischen dem Erweite-rungsraum und dem Raum der derzeitigen Gemeinschaftbringen es mit sich, daß die Prozesse der räumlichen Ent-wicklung im Erweiterungsraum nicht einfach als zeitlichversetzte Kopien der Entwicklungsprozesse innerhalb derEU-15 ablaufen, sondern zu neuen und spezifischen Auf-gabenstellungen für die europäische Raumentwicklungs-politik führen. Dem Zeitfaktor muß deshalb noch mehrAufmerksamkeit gewidmet werden, als es schon für diebisherige Raumentwicklungspolitik auf der europäischenEbene erforderlich war.

(217) Unter den erwähnten Umständen kommt der räumli-chen Abstimmung in den Beitrittsstaaten eine höhere Be-deutung zu als in den derzeitigen Mitgliedstaaten. Das be-trifft insbesondere:

I Planungen zum Ausbau der transnationalen Verkehrsin-frastruktur und der gemeinschaftlichen Verkehrspolitik,

I Maßnahmen zur ökologischen Sanierung, v. a. der altenIndustriereviere, und

I Maßnahmen zur Strukturanpassung in den ländlichenRäumen.

(218) Durch die Intensivierung der grenzübergreifendenZusammenarbeit und der transnationalen Kooperation beider Raumentwicklung kann der Integrationsprozeß im Er-weiterungsraum unterstützt werden. Dies gilt sowohl für

Regionen an der derzeitigen Außengrenze der EU als auchfür die vielen Grenzregionen innerhalb des Erweiterungs-raumes zwischen den Beitrittsstaaten.

(219) Die in den mittel- und osteuropäischen Beitrittsstaa-ten meist schwach ausgeprägte oder fehlende regionaleEbene im politisch-administrativen System ist eines derwichtigsten Themen und erfordert eine spezifische Unter-stützung seitens der EU bei der Ausbildung regionaler In-stitutionen. Diese soll gewährleisten:

I eine Verbesserung der Regionalisierung der räumlichenInformation,

I eine Aktivierung regionaler Initiativen sowieI die Voraussetzungen zur Abwicklung der kooperativen

EU-Regionalpolitik (durch partnerschaftliche Institu-tionen, regionale Entwicklungskonzepte, Kofinanzie-rung).

5.4 Räumliche Auswirkungen der Er-weiterung auf die Regionen der EU

(220) Mit der künftigen Erweiterung der EU ist eine Reform der bisherigen Regionalpolitik und der Agrarpoli-tik der EU erforderlich geworden. Die Europäische Kom-mission hat ihre Vorschläge dazu in der Agenda 2000 dargelegt. Angesichts der erst bevorstehenden Reform sinddie räumlichen Auswirkungen der Erweiterung auf die Regionen der derzeitigen Mitgliedstaaten zur Zeit schwerabschätzbar.

(221) Aus den Erfahrungen früherer Erweiterungen der EUläßt sich aber ableiten, daß es mit der Zunahme der Zahlwirtschaftlich schwächerer Mitgliedstaaten zu einer weite-ren Verringerung des regionalpolitischen Spielraumes derwohlhabenderen Mitgliedstaaten im Rahmen der europäi-schen Regionalpolitik kommt. Dies wird eine Erhöhungdes Einsatzes nationaler Regionalpolitiken erfordern, umeiner Zunahme regionaler Disparitäten entgegenzuwirken.Aufgabe der europäischen Raumentwicklungspolitik indiesem Zusammenhang ist es vor allem, infrastrukturelleDefizite in den Beitrittsstaaten abbauen zu helfen.

(222) Zu den Auswirkungen der wirtschaftlichen Öffnungder Beitrittsstaaten auf die Regionen der EU liegen erst we-nige Studien vor. Weitere, den Integrationsprozeß beglei-tende Studien zur Frage der räumlichen Auswirkungen derErweiterung auf die Regionen der EU sind erforderlich.Dabei ist die Dynamik zu berücksichtigen, die sich aus demProzeß der wirtschaftlichen Reformen selbst sowie aus denveränderten Erreichbarkeiten ergibt.

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Die Erweiterung der EU

5.6 Grundsätze zur Einbeziehung der Erweiterungsaufgabe in die europäische Raumentwicklung

(226) Die Bewältigung der Erweiterung, v. a. der Integrati-on Mittel- und Osteuropas in die Union, ist eine neue zen-trale Aufgabe für die europäische Raumentwicklungspoli-tik. Sie darf aber nicht Anlaß zur Ausdehnung und unkriti-schen Übernahme der innerhalb der derzeitigen Union ent-wickelten Konzeptionen sein. Europäische Raumentwick-lungspolitik betreiben heißt vielmehr, den Erweiterungs-prozeß vorzubereiten, zu begleiten und damit zu fördern.Der einerseits von Dynamik und andererseits von Unge-wißheit hinsichtlich der möglichen Zeithorizonte der Bei-tritte gekennzeichnete Erweiterungsprozeß macht es not-wendig, daß die inhaltliche Analyse und Konzeptentwick-lung auf der Ebene der europäischen Raumentwicklung ko-operativ von den jeweils betroffenen Staaten mitgetragenund möglichst unabhängig von den formalen Beitrittspro-zeduren organisiert wird.

(227) Eine wichtige Voraussetzung dafür bilden die laufen-den Kooperationsprogramme der transnationalen Raum-planung im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative INTER-REG II C. Schon heute greifen die Programme für den Ost-see- und den mittel-, Adria-, Donau- und südosteuropäi-schen Raum (CADSES-Raum) über die Unionsgrenzenhinaus und umfassen alle mittel- und osteuropäischen Bei-trittsstaaten.

(228) Diese transnationalen Programme sind schon jetzt,neben der politischen Zusammenarbeit im Europarat, alsAusgangspunkte für die Weiterentwicklung der europäi-schen Raumentwicklungspolitik im Sinne des EUREK fürden Erweiterungsraum zu betrachten. Die neue Gemein-schaftsinitiative INTERREG III (der Strukturfonds-Pro-grammperiode 2000 – 2006) bietet die programmatischeund finanzielle Basis für die Beteiligung der Mitgliedstaa-ten und der Europäischen Kommission einerseits sowie derBeitrittsstaaten andererseits.

(229) Bei der Raumentwicklung der EU ist es außerdemnotwendig, über das Territorium ihrer Mitgliedstaaten hin-ausgehend die Perspektiven der Nachbarstaaten zu berück-sichtigen und diese Staaten in die Kooperation einzubezie-hen. Dies gilt auch für Staaten an den künftigen Außen-grenzen der Union in Europa sowie die benachbarten Mit-telmeerstaaten Nordafrikas und des Nahen Ostens. Auchhier bieten INTERREG III und der Europarat einen geeig-neten Rahmen.

(223) Es kann erwartet werden, daß die regionalen Aus-wirkungen des Beitritts auf das EU-15-Territorium nicht al-lein von der Erreichbarkeit bestimmt wird, sondern von derReaktionsfähigkeit der EU-Regionen auf die neuen Wett-bewerbsbedingungen. Strukturelle Verschiebungen in denEU-Regionen an der derzeitigen Außengrenze der Union,die in erster Linie Niedriglohnsegmente betreffen, könnenals beschleunigte Anpassungsprozesse verstanden werdenund haben eine beschränkte Reichweite.

5.5 Die politischen Ziele und Optionendes EUREK im Lichte der Erweiterung

(224) Insgesamt gesehen sollten die drei raumentwick-lungspolitischen Leitbilder des EUREK auch für den Er-weiterungsraum gelten. Bei der Anwendung des EUREKist aber zu berücksichtigen, daß im größten Teil des Erwei-terungsraumes mit folgenden Bedingungen zu rechnen ist:

I anhaltende Übergangssituationen im politisch-admini-strativen System, auch in seinen räumlichen Ausprä-gungen,

I rasante wirtschaftliche Aufholprozesse mit erheblichenräumlichen Polarisierungen,

I einer sich nur langsam und sehr ungleichmäßig ent-wickelnden technischen Infrastruktur (Telekommunika-tion und Flugverkehr als Spitzenreiter, Straße weit vorBahn),

I Umweltschäden von teilweise unvergleichlichem Aus-maß sowie

I wesentlich geringere finanzielle Ressourcen der öffent-lichen Hand.

(225) Die ländlichen Regionen des Erweiterungsraumeswerden von den Transformationsproblemen in besondererWeise betroffen. Sie zeichnen sich durch ein starkes öko-nomisches Gefälle aus und verfügen über relativ wenigestädtische Zentren. Teilweise kann die Mischung aus Pro-duktions- und Beschäftigungseinbrüchen, schlechter Infra-strukturausstattung und mangelnder Verkehrserschließungzu massiver Abwanderung aus dem ländlichen Raum undzum Zusammenbruch der gesamten räumlichen Strukturführen. Auf die Situation in den ländlichen Regionen desErweiterungsraumes, die dort einen größeren Anteil an derGesamtfläche als in der EU-15 haben, muß die europäischeRaumentwicklungspolitik mit veränderten Zielen und Op-tionen reagieren. Dabei ist auch der teilweise eingeengteHandlungsspielraum der regionalen und lokalen Ebene impolitisch-administrativen System zu berücksichtigen.

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EUREK

Bei der Anwendung des EUREK in der transnationalen Zusammenarbeit mit und zwischen den Beitrittsstaaten wirdvorgeschlagen, Netzwerke für die transnationale Raument-wicklungspolitik auch innerhalb des Erweiterungsraumes (inErgänzung zu den zur Zeit nur an der derzeitigen EU-Außen-grenze eingerichteten) aufzubauen.

Für die regionale und lokale Ebene gilt es, auf den spezifischenBedarf nach neuen institutionellen Strukturen einzugehen.

Der Ausarbeitung von neuen politischen Zielen und Optio-nen, die auf die spezifischen Aufgabenstellungen und Pro-bleme in den Beitrittsstaaten ausgerichtet sein müssen, soll-ten entsprechende Untersuchungen zugrunde liegen. Dabeisollte auf die flächendeckende Behandlung zahlreicher Fra-gestellungen verzichtet und selektiv problemorientiertePrioritäten gesetzt werden.

Die Beteiligung der betroffenen Staaten von Anfang an istdabei unverzichtbar. Von daher ergibt sich die Notwendig-keit, die Arbeiten des Europarates eng mit dem Prozeß derWeiterentwicklung des EUREK zu verknüpfen.

Den beteiligten Mitgliedstaaten wird vorgeschlagen, die In-stitutionalisierung der künftigen Zusammenarbeit auf dertransnationalen Ebene möglichst kurzfristig schon vor den er-sten Beitritten einzuleiten. Sie wird den Programmrahmenvon INTERREG II C in zeitlicher Hinsicht überschreiten. Wieweit sie auch über den durch die laufenden INTERREG II C-Pro-gramme abgesteckten räumlichen Rahmen hinausgehen soll,wird von den beteiligten Staaten gemeinsam mit derEuropäischen Kommission zu klären sein.

(230) Die beiden in Aufstellung befindlichen transnationa-len Kooperationsdokumente VASAB 2010+ (für den Ost-see-Raum) und VISION PLANET (für den CADSES-Raum) werden Orientierungen für eine an den räumlichenErfordernissen der Beitrittsstaaten orientierte Verteilungder EU-Mittel zur Vor-Beitritts-Unterstützung im Rahmendes PHARE-Programmes (ab 2000 PHARE neu) sowie imRahmen der neuen Fonds ISPA (Instruments for StructuralPolicies for Pre-accession) und SAPARD (Special ActionProgramme for Pre-accession Aid for Agriculture andRural Development) bieten. Dies ist insofern von Bedeutung,als damit für die Beitrittsstaaten innerhalb derProgrammperiode 2000 - 2006 (und gegebenenfalls schonvor dem Beitritt) kooperativ erarbeitete Planungsgrundla-gen für eine räumliche Differenzierung des Mitteleinsatzeszur Verfügung stehen werden.

Den Mitgliedstaaten wird vorgeschlagen, die Einbeziehungder Beitrittsstaaten sowie der unmittelbaren Nachbarstaa-ten in die europäische Raumentwicklungspolitik als einezentrale Aufgabe der nächsten Jahre anzusehen und durchdiese Kooperation einen Beitrag zur Vorbereitung, Beglei-tung, Förderung und Bewältigung des EU-Erweiterungspro-zesses zu leisten.

Die beiden INTERREG II C-Programme für den Ostsee-Raumsowie für den CADSES-Raum und ihre Strukturen bildengleichzeitig eine Basis für die Weiterentwicklung der Zu-sammenarbeit zwischen den Raumordnungsministern derEU und der Beitrittsstaaten. Ebenso wichtig ist die perma-nente raumentwicklungspolitische Kooperation der Bei-trittsstaaten untereinander.

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EUREK

Teil B Das Territorium der EU:Tendenzen, Perspektiven und Herausforderungen

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EUREK

EU-15 USA JAPAN MERCOSURBevölkerung in 1000 (a) 372 082 263 250 125 095 204 523Fläche in 1000 km2 (a) 3 236 9 364 378 11 877BIP Summe in Mrd. ECU (1996) (a) 6 776 6 014 3 620 1 370BIP pro Einwohner in ECU (1996) (a) 18 150 22 650 28 760 6 700Einfuhr pro Einwohner in ECU (a) 4 210 2 404 2 194 335Ausfuhr pro Einwohner in ECU (a) 4 445 1 828 2 582 289Landgrenze zu Staaten außerhalb 9 305 12 248 0 17 924des Wirtschaftsraums in km(davon zu MOE-Staaten) (b) (5006)

(a) Statistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch 1998 für das Ausland, Wiesbaden 1998. Umrechnungskurse (1 ECU = 1,27 USD): EUROSTAT,Durchschnitt für 1996

(b) CIA - The World Fact Book, Washington 1997

1.1 Geographische Merkmale der EU

(231) Die Europäische Union ist – nach Japan und den USA– die drittreichste Wirtschaftsregion der Welt (gemessen amBIP/Einwohner). Unter den aufstrebenden Wirtschaftsbünd-nissen der Welt nimmt der lateinamerikanische Zusammen-schluß MERCOSUR42 eine führende Position ein (vgl. Tab.2). Die für räumliche Entwicklungspolitiken bedeutsamengeographischen Ausgangsbedingungen der EU sind weder

mit denen der USAnoch mit denen Japans oder demMERCOSUR ver-gleichbar. Im Gegen-satz zur kompaktenLandmasse der USAund des MERCO-SUR und der vielge-staltigen Form derInselwelt Japans istdie physische Ge-stalt der Europäi-

schen Union durch ihre „Halbinselform“ am westlichen Ran-de des eurasischen Kontinents geprägt (vgl. Abb. 8). Auchviele ihrer Mitgliedstaaten haben die Form einer Insel oderHalbinsel. Während die USA insgesamt auf knapp20.000 km Küstenlinien kommen, wird die Küstenlinie derEU auf ca. 60.000 km geschätzt (vgl. Abb. 9).

(232) So wichtig die Nähe und Affinität zum Meer ist, socharakteristisch ist für die EU die gute Erreichbarkeit fastaller Regionen auf dem Landweg aufgrund der zusammen-

hängenden Gestalt. Auch das Überwinden natürlicher Bar-rieren ist in jüngster Zeit durch technische Großprojekte,wie den Kanaltunnel und die feste Öresund-Verbindung,noch einmal grundlegend verbessert worden. Dies hat denräumlichen Zusammenhalt der EU deutlich gestärkt. Für ei-nige Randgebiete der EU stellen Meere jedoch immer nocherhebliche Barrieren dar, so z. B. für Griechenland, dasdurch das Meer von seinem nächsten EU-Nachbarn, Itali-en, und damit vom übrigen EU-Territorium abgetrennt ist(vgl. hierzu auch Karte 7).

(233) In gleicher Weise sollte auch den sieben in Artikel 299Absatz 2 des Amsterdamer Vertrages aufgeführten ultrape-ripheren Regionen besonders Rechnung getragen werden43.Durch ihre geographische Lage stehen sie mit anderen Kon-tinenten in Verbindung und bieten so der EU eine privile-gierte Ausgangslage für die Zusammenarbeit mit deren An-rainerstaaten, wie z. B. Martinique oder Französisch-Guayana mit anderen lateinamerikanischen Staaten. DieSchaffung und Festigung wirtschaftlicher, sozialer undkultureller Entwicklungspole sowohl innerhalb dieser ultra-peripheren Regionen und deren Anrainerstaaten als auch fürdie gesamte Region, die sie bilden, sollte unterstützt werden.

1 Bedingungen und Trends der Raumentwicklung der EU

Tab. 2: Statistischer Vergleich EU - USA - Japan - MERCOSUR

Polarkreis

EU

USA

Polarkreis

Abb. 8: Überlagerung EU - USA

EU

USA

Japan

MERCOSUR

60.000 km

20.000 km

30.000 km

13.000 km

Abb. 9: Länge der Küstenlinien

Quelle: CIA - The World Fact Book, 1997

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(234) Generell wirken die Meere und die großen Flüsseebenso wie die meisten Gebirgszüge heute nicht mehr nurals physische, ökonomische und kulturelle Barrieren. Siesind zum Teil sogar bevorzugte Lebens-, Wirtschafts- undTourismusräume, so daß hier in besonderer Weise Zielkon-flikte der Raumentwicklung durch verschiedene Nutzungs-ansprüche entstehen. Die großen Flußtäler leiden wenigeran der trennenden Wirkung von Flüssen als an ihrer hohenSiedlungs- und Verkehrsdichte. In Küstennähe (in einem20-km-Streifen) lebt ca. ein Drittel der städtischen EU-Be-völkerung (Städte über 20.000 Einwohner); einschließlichder Flußtäler der fünfzehn größten europäischen Flüssesummiert sich dieser Bevölkerungsanteil auf über 50 %!44

Die Alpen gehören – gemessen an ihrer besiedelbarenFläche – zu den höchstverdichteten Regionen Europas.

60

Flüsse, Seen und Gebirge sind in besonderer Weise iden-titätsstiftende Einheiten. Die Alpen, die Donau, die Ostseeund das Mittelmeer sind gute Beispiele für Gebiete, in de-nen ein koordiniertes Vorgehen notwendig ist, um gemein-same Fragen zu lösen, gemeinsame Zielvorstellungen zubekräftigen und größere regionale Verbundenheit zu för-dern.

(235) Zu Zeiten des kalten Krieges war die „Halbinsel“Westeuropa faktisch, vor allem aber im Bewußtsein derMenschen, eine „Insel“. Die politische Teilung zwischendem Westen und dem Osten stellte eine viel größere Bar-riere als der Atlantik im Westen dar. Dies hat sich seit 1989schlagartig verändert. Der Blick nach Osten, auf die ande-re Hälfte Europas, ist frei geworden.

Bedingungen und Trends der Raumentwicklung der EU

Helsinki

Stockholm

København

Berlin

Amsterdam

Bruxelles

LuxembourgParis

London

Dublin

Roma

Madrid

Wien

Athinai

Lisboa

Karte 7: Physische Karte und Entfernungen

ca. 1

600

km

ca. 3100 km

ca. 2200 km

ca. 2

400

km

ca. 4

000

km

ca. 3700 km

ca. 1800 km

ca. 1800 km

ca. 7700 km

ca. 9500 km

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

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(236) Eine weitere wichtige natürliche Randbedingung dereuropäischen Raumentwicklung bilden die verschiedenenklimatischen Bedingungen in den Teilräumen der EU. Extre-me Kälte kann z. B. erhebliche Verkehrsprobleme und -kostenverursachen und damit die Probleme der Marktferne peri-pherer Regionen erheblich verschärfen. In Teilen der südli-chen Mitgliedstaaten stellen Probleme der Wasserversorgungeinen hemmenden Faktor der Regionalentwicklung dar.

(237) Die Vielfalt des kulturellen Erbes in Europa kannheute als unschätzbarer Wert und Basis des europäischenZusammenwachsens angesehen werden. Neben den geo-graphischen Ausgangsbedingungen haben unterschiedlichekulturelle, politische und wirtschaftliche Entwicklungs-pfade die jetzige Raum- und Siedlungsstruktur der EU maß-geblich geprägt. Unterschiedliche Sprach- und Kulturräu-me und Lebensweisen in den verschiedenen Teilen Europaskonnten sich herausbilden. Es bestehen erhebliche Unter-schiede in der Bevölkerungsdichte, dem Grad der Verstäd-terung, dem Maß an Entwicklung und Wohlstand. Dies giltgroßräumig, z. B. unter dem Gesichtspunkt von Zentrumund Peripherie, dies gilt aber auch kleinräumig innerhalbder Mitgliedstaaten bzw. zwischen den Regionen der EU.

(238) Die im folgenden aufgezeigten Tendenzen der räum-lichen Entwicklung der EU werden sich natürlich nicht injedem Teil in gleicher Weise zeigen, und in einigen Gegen-den werden die Erfahrungen verschieden oder sogar entge-gengesetzt zu der allgemeinen Entwicklung sein. DieTrends werden hier aus der europäischen Warte summa-risch skizziert; einige Aussagen erfordern noch ein detail-lierteres Studium und müssen weiter beobachtet werden.

(239) Die folgenden Kapitel beinhalten keine neuen geogra-phischen Analysen. Sie greifen vielmehr auf die vielen Stu-dien und Analysen zurück, die von europäischen, nationalenund anderen Institutionen seit 1990 durchgeführt wurden, vorallem die der Kommission (Europa 200045, Europa 2000+46)und einzelner EU-Präsidentschaften.

1.2 Bevölkerungsentwicklung

(240) Drei Trends werden die Bevölkerungsentwicklungder EU in den nächsten 20 bis 30 Jahren beherrschen:

I Bevölkerungsrückgang,I Wanderungsbewegungen undI Verschiebungen in der Alterspyramide.

(241) Das natürliche Bevölkerungswachstum in der Eu-ropäischen Union ist seit Jahren sehr gering und zeigt eine

rückläufige Tendenz. Eine Umkehr von Bevölkerungs-wachstum in Bevölkerungsrückgang wird ohne nennens-werte Änderungen des generativen Verhaltens in der EU-15wahrscheinlich um das Jahr 2020 eintreten47(vgl. Abb. 10).Vor diesem Hintergrund sind internationale und interregio-nale Wanderungsbewegungen von zunehmender Bedeu-tung für die Bevölkerungsentwicklung der EU und ihrerTeilräume. Die natürliche Wachstumsrate beträgt zur Zeitweniger als 0,1 % (1995). Hinzu kommt jedoch die Net-toeinwanderung in die EU, die in den vergangenen Jahrenca. 0,2 % der Gesamtbevölkerung pro Jahr entsprach48.Nettoeinwanderung trägt somit zu zwei Dritteln zum ge-samten Bevölkerungswachstum bei und wird in Zukunftwohl dessen einzige Quelle sein. Die regionale Verteilungder Zuwanderung in die EU ist sehr unterschiedlich.

(242) Sprachbarrieren und administrative Hindernisse tra-gen dazu bei, daß die Wanderungsrate zwischen den Mit-gliedstaaten der EU relativ gering ist. Wesentlich größer,aber im internationalen Vergleich – z. B. zu den USA – im-mer noch sehr gering sind die Wanderungsbewegungenzwischen den Regionen innerhalb der Mitgliedstaaten.

(243) Die meisten Zuwanderer lassen sich in städtischenGebieten nieder und verstärken damit die vorhandenen verstädterten Siedlungsstrukturen. Auch innerhalb der Mitgliedstaaten wandern die Menschen tendenziell von Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit zu solchen mit gerin-geren Arbeitslosenzahlen. Das Ausmaß dieser Tendenz ist jedoch in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlichausgeprägt. Viele der stark verstädterten Regionen, vor al-lem in Nordwesteuropa, werden voraussichtlich in ZukunftWachstumsraten aufweisen, während Regionen mit sehrgeringer Bevölkerungsdichte, z. B. auf der Iberischen Halbinsel, in Frankreich, im Nordosten Deutschlands undweiten Teilen der nordischen Länder, vermutlich weitereBevölkerungsverluste hinnehmen müssen (vgl. hierzu auch Karte 8).

EUREK

61

Abb. 10: Bevölkerungsentwicklung

Index, 1950 = 100

100

200

300

400

500

WeltEU

20202010200019901980197019601950

Quelle: Statistisches Jahrbuch für das Ausland 1998

0

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(244) Ungeachtet der Zuwanderung von überwiegend jun-gen Leuten wird das Durchschnittsalter der EU-Bevölke-rung weiter steigen (vgl. Abb. 11). Die Zusammensetzungder Bevölkerung und ihre Präferenzen hinsichtlich Standortund Art der Wohnungen werden sich ändern. Dies wird sichauch räumlich niederschlagen. Die zukünftige Gesellschaftder EU wird durch einen höheren Anteil älterer Menschengeprägt sein, die allerdings – im Gegensatz zu früheren Ge-nerationen – mobiler, wohlhabender und aktiver sein wer-den. Kinder und Jugendliche werden zunehmend Kindervon Einwanderern sein, und sie werden häufig „zwischenden Kulturen“ stehen. Nach der Mehrgenerationen-Familieder agrarisch geprägten Gesellschaft ist auch die „Durch-schnitts-Familie“ (Ehepaar mit Kindern) auf dem Rückzug.Alleinlebende, Alleinerziehende – häufig finanzschwach –

62

und kinderlose Paare – als Doppelverdiener vergleichswei-se finanzstark – prägen zunehmend die Gesellschaft derEU. Die Ansprüche der verschiedenen Gruppen an denRaum unterscheiden sich voneinander, die gesellschaftli-chen Bedürfnisse der Raumnutzung werden differenzierter.Bedingt durch Arbeitslosigkeit und die Krise des Sozial-staats klaffen die Möglichkeiten zur Befriedigung von Be-dürfnissen weiter auseinander.

(245) Insgesamt führt dies zur Überlagerung verschiedenerräumlicher Trends. Tendenziell führen die gesellschaftli-chen Veränderungen zu kleineren Haushalten, und dieswiederum führt zu wachsender Nachfrage nach Wohnraumtrotz Bevölkerungsrückgangs. Dem steht der Zwang zumZusammenrücken aus finanziellen Gründen gegenüber,

Bedingungen und Trends der Raumentwicklung der EU

Karte 8: Bevölkerungsentwicklung

ø

- 1 % bis unter 1 %

1 % bis unter 3 %

3 % und mehr

Quelle: Eurostat

- 3 % bis unter - 1 %

Bevölkerungsentwicklung1991 - 1995

NUTS 2

- 3 % und weniger

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

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EUREK

insbesondere unter jungen Menschen, in Regionen mit ho-her Arbeitslosigkeit und dort, wo das Angebot an er-schwinglichem Wohnraum gering ist. Auch die Verände-rungen der Bevölkerungsstruktur verstärken den Trend zurVerstädterung. Alleinerziehende finden in Städten bessereDienstleistungen, doppelverdienende Zweipersonenhaus-halte ein besseres Spektrum an Beschäftigungsmöglichkei-ten, Alleinlebende bessere Freizeit- und Kulturangebote.Aber auch großräumig treffen neue Bedürfnisse auf neueAngebote mit weitreichenden räumlichen Konsequenzen.So entwickeln sich auch in Europa – ähnlich wie in denUSA schon seit langem – zunehmend „Rentnerstädte“in landschaftlich und klimatisch bevorzugten RegionenEuropas.

in % der Gesamtbevölkerung

99und mehr

90

80

70

60

50

40

30

20

10

1

Alter in Jahren

1,0 0,5 0,0 0,0 0,5 1,0

Männlich Weiblich

Abb. 11: Altersstruktur der EU-Bevölkerung 1995-2040

1995 2040

Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden

1.3 Wirtschaftliche Tendenzen

(246) Die demographischen Trends stellen auch eine großeHerausforderung für die regionale Wirtschaftsentwicklungund somit für die europäische Konkurrenzfähigkeit dar. Siestellen Entwicklungsfragen in Bezug auf eine nachhaltigeEntwicklung der Metropolregionen sowie die Frage, wiesich ein gangbarer Weg in die Zukunft für die ländlichenRegionen finden läßt. Die eingeschränkte Mobilität machteine aktive Regionalpolitik zur Schaffung von Arbeitsplät-zen in den Regionen um so dringlicher. Dieses sind wichti-ge Elemente einer Entwicklung hin zu größerer wirtschaft-licher und sozialer Integration der EU.

(247) Für eine nachhaltige Entwicklung ist eine Politik er-forderlich, die die Wettbewerbsfähigkeit fördert und die wirt-schaftliche und soziale Integration unterstützt. Die RegionenEuropas brauchen wettbewerbsfähige Firmen, um Arbeits-plätze zu schaffen, die so wichtig für individuelle Lebens-chancen sind, und um das Steueraufkommen zu erwirtschaf-ten, das für öffentliche Dienstleistungen notwendig ist. Ta-belle 2 zeigt, daß die EU das höchste Bruttoinlandsproduktweltweit erwirtschaftet. Bei der Handelsbilanz (Ausfuhr-Einfuhr) steht die EU nach Japan an zweiter Stelle.

(248) Die regionalen Unterschiede im BIP pro Kopf stelleneinen Ausgangspunkt für die europäische Regionalpolitikdar (vgl. Karte 9). Die Periodischen Berichte49 und derKohäsionsbericht50 der Europäischen Kommission weisendarauf hin, daß sich die wirtschaftliche Situation der Mit-gliedstaaten in den vergangenen Jahren zwar einander an-geglichen hat (insbesondere durch den Aufholprozeß Ir-lands). Trotz der finanziellen Anstrengungen der EU-Re-gionalpolitik haben sich jedoch die Disparitäten zwischenden Regionen der EU (gemessen am BIP pro Kopf) nur sehrlangsam verringert. Die Wirtschaftstätigkeit in der EU kon-zentriert sich räumlich auf einen Kernraum, der sich durchdas Fünfeck London, Paris, Mailand, München, Hamburgbegrenzen läßt. Hier leben auf ca. 20 % der Fläche ca. 40 %der EU-Einwohner, die ca. 50 % des gesamten BIP der EUerwirtschaften51.

(249) Für eine vertiefte Beurteilung der regionalen Wettbe-werbsfähigkeit müssen jedoch weitere Gesichtspunkte wieBeschäftigung, Produktivität, Investitionen und Handelsbi-lanz berücksichtigt werden. Die Aussagefähigkeit des Brut-toinlandsprodukts hinsichtlich der regionalen Verteilungvon Einkommen und Steueraufkommen ist begrenzt. DerKohäsionsbericht verweist auf die Tatsache, daß viele na-tionale Politiken die Einkommensverteilung beeinflussen,vor allem durch Steuern und Sozialleistungen. Daher

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weicht die regionale Verteilung des persönlich verfügbarenEinkommens (PDI) erheblich von der Einkommensvertei-lung vor Steuern und Sozialleistungen ab. Der Kohäsions-bericht kommt zu dem Ergebnis, daß die regionalen Dispa-ritäten des PDI, d. h. unter Berücksichtigung der Wirkun-gen von Steuern und staatlichen Haushaltsausgaben, zwi-schen 20 % und 40 % niedriger als die regionalen Dispa-ritäten des BIP pro Kopf in den Mitgliedstaaten sind52.

(250) Die Arbeitslosigkeit in der EU ist die größte Heraus-forderung für die europäische Integrationspolitik. Nach ei-nem Höchststand der Arbeitslosenquote im Jahre 1994(11,2 %) sank die Arbeitslosenquote bis Ende 1998 zwar aufknapp unter 10 %; aber dies bedeutet immer noch: 16,5 Mio.Menschen in der Europäischen Union sind ohne Arbeit!Etwa die Hälfte aller Arbeitslosen, also etwa 5 % der Er-

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werbsbevölkerung, waren im Jahre 1997 länger als ein Jahrarbeitslos (zum Vergleich: die Quote der Langzeitarbeitslo-sen in den USAliegt unter 1 %). Es gibt sehr ausgeprägte re-gionale Unterschiede. 1995 reichten die Arbeitslosenquotenvon 2,5 % in Luxemburg bis 32 % im südspanischen An-dalusien und 36,8 % im französischen Überseegebiet Réuni-on. Die meisten Regionen mit der geringsten Arbeitslosig-keit, mit Ausnahme Portugals, befinden sich im Zentrum derEU (Luxemburg, Süddeutschland, Norditalien), währenddie Regionen mit sehr hoher Arbeitslosigkeit (mehr als20 %) eher am Rande liegen, insbesondere in Spanien,Süditalien, Ostdeutschland sowie den französischen Über-seegebieten (vgl. Karte 10). Die Arbeitslosenquote vonFrauen beträgt 12,5 %, das sind 3 Prozentpunkte mehr alsdie von Männern. Insgesamt sind in der EU mehr als 20 %der jungen Leute unter 25 Jahren arbeitslos53.

Bedingungen und Trends der Raumentwicklung der EU

Karte 9: Förderfähigkeit durch Strukturfonds

Ziel 1 1994-99(π), Ziel 2 1997-99, Ziel 5b 1994-99, Ziel 6 1995-99(π) Die Abruzzen kommen für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 1996für die Hilfe im Rahmen des Ziels 1 in Betracht.

Quelle: Europäische Kommission GD XVI

Ausgabe der Karte: 12/1998

Nicht förderfähigZiel 1: voll förderfähigZiel 2: voll förderfähigZiel 2: teilweise förderfähigZiel 5b: voll förderfähigZiel 5b: teilweise förderfähigZiel 6: voll förderfähigZiel 6: teilweise förderfähigZiel 5b und 6: teilweise förderfähigZiel 2 und 6: teilweise förderfähigZiel 2 und 5b: teilweise förderfähigZiel 2, 5b und 6: teilweise förderfähigAndere Länder

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

0 500 km

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EUREK

(251) Große Industriebetriebe haben oft die Grundlage desWohlstands vieler Städte und Ballungsräume in der EU ge-bildet. Obwohl die Stammsitze vieler großer Unternehmenweiterhin in den großen Städten liegen, findet die Produk-tion in steigendem Maße an anderen Standorten statt. Re-gionen in ländlichen Räumen profitieren hiervon. GroßeUnternehmen werden auch weiterhin wichtig sein, aber eskann nicht darauf vertraut werden, daß diese in Zukunft ingrößerem Umfang neue Arbeitsplätze schaffen werden, ins-besondere nicht an ihren Stammsitzen. Die Verlagerungvon der Produktion zur Dienstleistung und der Struktur-wandel innerhalb der Unternehmen – wie die zunehmendeAuslagerung von Unternehmensfunktionen in selbständigeSubunternehmen – werden jedoch zur Gründung neuer Fir-men führen.

(252) Wirtschaft und Beschäftigung in der EU basieren in steigendem Maße auf kleinen und mittleren Unterneh-men (KMU), wenn deren Natur auch sehr unterschiedlichist (vgl. Abb. 12). Von insgesamt 160 Mio. Erwerbstätigensind 101 Mio. in insgesamt 16 Mio. Unternehmen beschäf-tigt (Landwirtschaft ausgenommen). In der EU sind 23 %der Erwerbstätigen in sehr kleinen Betrieben (1-10 Mitarbeiter) beschäftigt, wohingegen der Anteil in den USA 12 % und in Japan nur 7 % beträgt. In Südeuropaherrschen sehr kleine Betriebe vor (im Mittel 1,8 Beschäf-tigte in Griechenland, 4,7 in Spanien). Forschungsergeb-nisse besagen, daß die Gründungsrate neuer Firmen in denUSA größer als in der EU ist, die neuen Firmen in der EU jedoch eine größere Überlebenswahrscheinlichkeit haben54.

Karte 10: Arbeitslosigkeit

ø

6 % bis unter 10 %

10 % bis unter 14 %

14 % und mehr

Quelle: Eurostat

bis unter 6 %

Arbeitslosenquote 1997

NUTS 2

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

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(253) Flexibilität und In-novationsfähigkeit sindwichtige Voraussetzun-gen der wirtschaftlichenEntwicklung. KMU bie-ten in dieser Hinsichtviele Vorteile. Sie habenhäufig eine größere Kundennähe und könnenaufgrund der kurzen Ent-scheidungswege schnel-ler und flexibler auf Kun-denwünsche reagieren.Was den Standort be-

trifft, sind KMUs jedoch in der Regel weniger flexibel. Sobaldsie in einem bestimmten Gebiet ansässig sind, sind sie sehrstark abhängig von diesem Standort. Es gibt starke persönlicheBindungen, die eine kleine Firma in der Gegend halten, in derauch Unternehmer und Angestellte leben. Einige Firmen sindin Funktion und Standort an einen einzigen, großen Auftrag-geber oder Industriezweig gebunden. Außerdem verfügen vie-le KMUs nicht im erforderlichen Ausmaß über die Arbeits-kräfte und finanziellen Mittel, die zur Prüfung der Frage, obein Standortwechsel profitabel wäre und welcher Ersatzstand-ort in Frage käme, notwendig sind.

(254) Wertmäßig ungefähr60 % der Exporte der Mit-gliedstaaten werden inner-halb der EU abgewickelt,vor allem zwischen be-nachbarten Ländern55

(vgl. Abb. 13). Durch dengemeinsamen Markt ent-wickelt sich der Handel in-nerhalb der EU schnellerals mit anderen Weltregionen. Darüber hinaus besteht ein be-trächtliches Potential für einen wachsenden Handel mit Mittel-und Osteuropa; ebenso wichtig ist es, vor allem für die südli-chen Mitgliedstaaten, Ereignisse und Entwicklungen in Nah-ost und Nordafrika im Auge zu behalten, die erhebliche Aus-wirkungen auf die Wahl von Produktionsstandorten undTransportwegen haben können.

(255) Ein erheblicher Teil des Handels besteht in dem Aus-tausch innerhalb von Konzernen, verursacht durch Trends zuSpezialisierung, wirtschaftlicher Verflechtung zwischen Fir-men, geographischer Arbeitsteilung und flächenmäßig größe-ren Märkten. In engem Zusammenhang mit Handelsver-flechtungen stehen die Direktinvestitionen von Unternehmen;sie sind teilweise komplementär, teilweise substitutiv. Die

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ausländischen Direktinvestitionen in der EU sind zwischen1985 und 1995 von unter 50 Mrd. ECU auf über 350 Mrd.ECU gestiegen56. Die Entwicklungsperspektiven der eu-ropäischen Regionen sind eng verknüpft mit ihrer Fähigkeit,konkurrenzfähige Produkte auf dem Weltmarkt anbieten zukönnen und ausländische Direktinvestitionen anzuziehen. Ir-land und Schottland haben in jüngerer Vergangenheit in be-sonderer Weise von ausländischen Direktinvestitionen (vorallem aus Nordamerika und Südostasien) profitiert.

(256) Die Europäische Währungsunion wird eine weitere In-tensivierung des EU-Binnenhandels und weitere Spezialisie-rungen innerhalb der EU auslösen. Dies wird die Wettbe-werbsfähigkeit der EU auf dem Weltmarkt zum Wohle allerMitgliedstaaten steigern. Es birgt jedoch auch das Risiko ei-ner verstärkten Marginalisierung derjenigen Regionen, dieauf diesen verschärften Wettbewerb schlecht vorbereitet sind,in sich.

(257) Von erheblicher Bedeutung für die räumliche Entwick-lung werden auch die neuen Informations- und Kommunika-tionstechnologien sein. Deren räumliche Wirkungen sind je-doch ambivalent. Für eine zuverlässige Abschätzung dieserAuswirkungen reicht der Forschungsstand noch nicht aus.Einerseits können diese neuen Technologien die urbane Kon-zentration verstärken, andererseits bieten sie auch Möglich-keiten, die Entwicklung in entlegeneren Gebieten der Unionzu fördern. Letzteres geschieht jedoch nicht „automatisch“,vielmehr müssen regionalpolitische Strategien entwickeltwerden, um die Potentiale der neuen Informations- und Kom-munikationstechnologien in peripheren Regionen nutzbar zumachen.

(258) Im allgemeinen haben ökonomische Tendenzen in derVergangenheit meist zu einer Verstärkung regionaler Ent-wicklungsunterschiede geführt. Es ist wichtig, diese Trendsweiter zu beobachten und sie durch eine aktive Raument-wicklungspolitik zu korrigieren. Die Wettbewerbsfähigkeitder europäischen Regionen muß gestärkt werden, indem dieRegionen in die Lage versetzt werden, ihr langfristiges Po-tential nachhaltiger Entwicklung zu erreichen. Eine Politik,die auf die Schaffung einer diversifizierten Wirtschaftsstruk-tur in den Regionen zielt, stellt einen guten Ausgangspunktfür eine ausgeglichenere Verteilung von Arbeitsplätzen darund besitzt damit großen Einfluß auf Siedlungsstrukturen undWanderungsbewegungen.

1.4 Umweltrelevante Entwicklungen

(259) Die dritte Hauptgruppe von Trends, die die zukünftigeräumliche Entwicklung der EU betreffen, bezieht sich auf die

Bedingungen und Trends der Raumentwicklung der EU

KMU66 %

KMU65 %

Beschäftigung Umsatz

Quelle: Eurostat

Abb. 12: Bedeutung der kleinen und mittleren Unter-nehmen (KMU) in der EU

Anteile der KMU (unter 250 Angestellte)

(ohne Primärsektor)

außerhalbder EU

außerhalbder EU

innerhalbder EU

62,9 %

innerhalbder EU

63,6%

Ausfuhr Einfuhr

Quelle: Eurostat Jahrbuch '97

Abb. 13: Handel 1996

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Umwelt. Behutsamer Umgang mit den natürlichen Ressour-cen und Schutz der Umweltmedien (Luft, Wasser, Boden)vor Schadstoffeinträgen sind wichtige Ziele, die nur in inter-nationaler, weltweiter Zusammenarbeit erreicht werden kön-nen. Eine moderne, effektive und ressourcenschonendeRaumentwicklung kann hierzu einen Beitrag leisten.

(260) Im letzten Jahrhundert starben zwar relativ wenigeArten der europäischen Flora und Fauna aus, trotzdem istdie biologische Vielfalt in der EU von einer Verringerungder Artenzahl und einem Verlust von Biotopen betroffen.Verstädterung, der Trend zu einer intensiveren Landwirt-schaft, Aufforstung, ungezügelter Tourismus (z. B. in denKüstengebieten und auf den Inseln, insbesondere in denSommermonaten) und schädliche Infrastrukturprojekte tru-gen zu einem Verlust an Biotopen durch Zerstörung, Ver-änderung und Zerstückelung bei. So gingen z. B. 75 % derDünensysteme Südeuropas (von der Straße von Gibraltarbis Sizilien) verloren. Auch das Mündungsgebiet der Loi-re, das eine große Zahl von natürlichen Lebensräumen be-herbergte, erfuhr eine Verkürzung seiner natürlichen Ufervon 300 km zu Beginn dieses Jahrhunderts auf nunmehr 30km57.

(261) Die Reichhaltigkeit und Verschiedenartigkeit der Land-schaften bildet ein entscheidendes Merkmal der EU. Der Werteiner Landschaft kann unter dem Aspekt der nachhaltigenNutzung natürlicher Ressourcen, als Lebensraum für Wild-tiere, als Freiraum oder in Bezug auf ihre landschaftlicheSchönheit und die in ihr enthaltenen kulturellen Elemente ge-sehen werden. Landschaften bringen auch wirtschaftlicheVorteile – sie können z. B. den Hintergrund für eine touristi-sche Nutzung bilden wie an den Küsten und in den Alpen.Landschaftsqualität stand unter dem Druck städtischer Ent-wicklung, Tourismus, Erholung, Bergbau, veränderter Nut-zungsformen in Land- und Forstwirtschaft, was zu einer Ver-drängung natürlicher Vielfalt geführt hat.

(262) In einigen Regionen des Mittelmeerraumes, so z. B.in Sardinien, wurde die Bodenbeschaffenheit und somit dieLandschaftsqualität durch intensive Schafhaltung beein-trächtigt, was in gewissem Ausmaß zur Desertifikationbeitrug. Die Bedeutung des Landschaftsschutzes, den Ver-lust biologischer Vielfalt und kultureller Identität aufzuhal-ten, wird jedoch in zunehmendem Maß erkannt. Man gehtdabei über den reinen Arten- oder Gebietsschutz hinaus. Sogehören z. B. Sardinien, Toskana, Languedoc-Roussillon,Andalusien und Katalonien zu den Regionen, die eine ge-meinsame Politik für Erhalt und Pflege der mediterranenLandschaft betreiben. Der Europarat hat eine Reihe von In-itiativen zum Landschaftsschutz beschlossen.

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(263) Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Erdöl,Kohle und Gas) werden weltweit fast 22 Mrd. t Kohlendi-oxid (CO2) freigesetzt. CO2 gilt als hauptverantwortlich fürden Treibhauseffekt, der langfristig zu einem Anstieg desMeeresspiegels und darüber hinaus zu weiteren Naturkata-strophen (Überschwemmungen, Dürre) führen könnte. DieEU ist für ca. 15 % der weltweiten CO2-Emissionen ver-antwortlich; die anderen großen Wirtschaftsregionen emit-tieren über 30 % (die USA 24 %, Japan 5 % und MERCO-SUR 2 %)58. Die wirtschaftlich Starken – dies gilt im welt-weiten Vergleich, aber auch innerhalb der EU – sind dieHauptemissionsquellen, sowohl absolut als auch pro Kopf.Die Verringerung der CO2-Emissionen muß weltweit ange-gangen werden. Gerade die Industrieregionen sind in be-sonderem Maße aufgefordert, ihren Beitrag zur weltweitenReduktion der Treibhausgase zu leisten. Mit dem Kyoto-Protokoll im Dezember 1997 wurden erstmals mengen-mäßig bestimmte und verbindliche Reduktionsverpflich-tungen für die wichtigsten Treibhausgase vereinbart. So hatsich die EU verpflichtet, bis zum Zeitraum 2008 – 2012 ihreEmissionen um 8 % gegenüber 1990 zu verringern.

(264) Die Regionen Europas produzieren 25 % der globalenatmosphärischen Emissionen von Schwefeldioxid und Stick-oxiden. Ammoniakemissionen der Landwirtschaft überstei-gen immer noch kritische Werte in 60 % des europäischenTerritoriums59. Schwefeldioxidemissionen entstehen vor al-lem bei der Verbrennung von Öl und Kohle in Kraftwerken,Industrie und privaten Haushalten. Stickoxide werden beiVerbrennungsprozessen emittiert, wobei Verkehr, Strom-erzeugung und Wohnungsheizung die wichtigsten Quellendarstellen. Das Ammoniak in der Atmosphäre entstammthauptsächlich der Ausbringung von Gülle.

(265) Die Auswirkungen der Versauerung von Böden hän-gen vom Ausmaß des Eintrags und der ortstypischen Emp-findlichkeit von Boden und Wasser ab. Sie können unterUmständen auch weit entfernt von der Quelle auftreten.Europäische und nationale Gesetzgebung, Verbesserungder Verbrennungstechnologien und verbesserte Methodender Landwirtschaft haben zu einer Verringerung des Säure-eintrags geführt. Die Schwelle der kritischen Belastungenmit langfristigen Risiken für die Ökosysteme wird jedochvoraussichtlich auch weiterhin in über der Hälfte des eu-ropäischen Kontinents überschritten werden.

(266) Der Wasserverbrauch von Privathaushalten, Land-wirtschaft und Industrie ist nicht nur in der EU sondern europaweit in den vergangenen Jahrzehnten enorm gestie-gen (vgl. Abb. 14). Je nach Industrialisierungsgrad, Klimaund Bewässerung in der Landwirtschaft ist die Höhe

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(269) Der Flächenverbrauch für Siedlungsentwicklung undVerkehr in der EU hält an und hat negative Folgen für dieUmwelt, wie Verlust von hochwertigem Ackerland, Zer-störung von Biotopen, Zersplitterung der Ökosysteme. Ineinigen Regionen gibt es zunehmende Flächennutzungs-konflikte zwischen zusätzlichem Wohnraumbedarf, Ent-wicklung von Gewerbegebieten, landwirtschaftlichen Nut-zungen und Freiraumschutz. Andererseits gibt es in Euro-pa 2000 km2 brachliegende Industriegelände, welche je-doch ungleichmäßig verteilt sind. Die Kosten für derenWiedernutzung werden auf 100 Mrd. ECU geschätzt61.Hier liegt ein großes Flächenpotential für eine Siedlungs-entwicklung unter Vermeidung weiterer Zersiedlung imEinzugsbereich der großen Städte.

(270) Eine spezifische Form der Flächennutzung, die dieRaumentwicklungsstrategien von Städten und Metropolregio-nen, aber auch ländlichen Regionen vor besondere Heraus-forderungen stellt, sind Abfalldeponien. Trotz der Anwendungvon Abfallvermeidungsstrategien sind die Abfallmengen inder EU gestiegen. Mengenmäßig wichtigste Abfallquellensind Landwirtschaft, Industrie, Haushalte und Bergbau. DerAnteil gefährlicher Abfälle ist stark angestiegen.

(271) In einer Reihe von Mitgliedstaaten gibt es Schrittezur Einführung von integrierten Abfallkonzepten sowie zurgetrennten Sammlung und zum Recycling der Abfälle.Recycling von Abfällen findet jedoch in der EU immernoch in zu geringem Ausmaß statt.

(272) Trotz moderner Techniken und strengerer Bestimmun-gen verursacht die Abfallbeseitigung weiterhin Schadstoff-einträge in Boden und Grundwasser (Deponien), erzeugtCO2, Methan und Giftgase und führt zu Emissionen vonDioxinen, Salzsäure und Quecksilber (Müllverbrennung).

(273) Zu einer nachhaltigen Raumentwicklungspolitikgehören auch moderne Methoden von Abfallmanagement,Abfallvermeidung und Abfallbeseitigung. Das beinhaltetdas Ziel, Abfallprobleme im eigenen regionalen Kontextanzugehen und Müll-Transporte – insbesondere Transpor-te von Giftmüll und Nuklearabfällen – über weite Entfer-nungen zu vermeiden.

(274) Eine weitere Belastung stellen Naturkatastrophendar, die schlagartig durch Waldbrände, Erdbeben oder Stür-me nicht nur das Landschaftsbild verändern und die Bo-denbelastung erheblich erhöhen, sondern auch zum Teilverheerende ökologische Folgen mit sich bringen können.

und die Struktur desWasserverbrauchs sehrunterschiedlich. Stei-gender Verbrauch istinsbesondere in derLandwirtschaft zu ver-zeichnen, während derVerbrauch der Privat-haushalte im wesentli-chen konstant bleibtoder nur leicht ansteigt,in einigen Mitglied-staaten sogar rückläu-fig ist.

(267) Von großer Bedeutung sind der Vorrat und die Qualität von Trinkwasser. Besonders in Südeuropa, wo dieWasservorräte bereits sehr intensiv genutzt werden undWasserknappheit ein häufig vorkommendes Problem dar-stellt, bereitet die Trinkwasserversorgung Sorgen. In vielenRegionen geht der Grundwasserspiegel zurück. Da in derEU zwei Drittel der Bevölkerung ihr Trinkwasser aus demGrundwasserreservoir beziehen, hat dies ernstzunehmendeAuswirkungen. Darüber hinaus bestehen auch wachsendeGefahren der Versalzung des Grundwassers, vor allem ineinigen Küstengebieten des Mittelmeeres und im Westender Iberischen Halbinsel, mit schwerwiegenden Folgen fürdie Landwirtschaft. In vielen Regionen der EU stellen undichte öffentliche Versorgungsnetze ein großes Problemdar. Die Verluste werden in einigen Gegenden auf bis zu50 % geschätzt60. Derzeit wird über den Vorschlag für eineEU-Richtlinie, die unter anderem ein integriertes Management der Wassereinzugsgebiete vorsieht, verhan-delt.

(268) Auch der Grad der Wasserverschmutzung (Grund-wasser, Oberflächenwasser, Meerwasser) gibt Anlaß zurSorge. Zwar haben Gesetzgebung und Aktionsprogrammefür die Aufbereitung privater und industrieller Abwässer zueiner verbesserten Qualität des Oberflächenwassers beige-tragen, Schadstoffeinträge aus Landwirtschaft und Indu-strie bedrohen jedoch weiterhin die Wasserqualität.Während die organischen Abfallstoffe in Mittel- und West-europa nun weitgehend unter Kontrolle sind, tragen dieNährstoffe aus dem Abwasser und der Landwirtschaft zueiner verbreiteten Eutrophierung der Flüsse und Seen bei.Pestizide verunreinigen weiterhin Oberflächen- und Grund-wasser, reduzieren die biologische Vielfalt und dringen indie Nahrungskette ein. Die Verschmutzung des Grundwas-sers wird ein langfristiges Problem sein, da die natürlicheErneuerung der Reserven äußerst langsam verläuft.

Bedingungen und Trends der Raumentwicklung der EU

Jahr

1950

100

200

300

400

500

600

700

1960 1970 1980 1990 2000

Quelle: Dobris Bericht 1995

Abb. 14: Wassernachfrage in Europa

in km3

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2.1 Veränderungstendenzen im europäi-schen Städtesystem

(275) Die EU weist einen hohen Urbanisierungsgrad undstarke Regionen auf. Allerdings lebt nur etwa ein Drittel derBevölkerung in großen Metropolräumen. Die Raum- undSiedlungsstruktur der EU zeichnet sich im Gegensatz zuanderen Erdteilen dadurch aus, daß ländliche Gebiete rela-tiv dicht besiedelt sind. Etwa ein Drittel der Bevölkerunglebt in kleinen und mittelgroßen Städten außerhalb der Ag-glomerationen. Die dezentrale Geschichte Europas – cha-rakterisiert durch selbständige Nationalstaaten, die wieder-um zum Teil erst relativ spät aus kleineren Regionalstaatenentstanden sind – hat die Herausbildung eines starken, po-lyzentrischen Städtesystems gefördert. Es ist ein komple-xes Geflecht von großen, mittleren und kleineren Städtenentstanden, das in weiten Teilen Europas die Basis für ver-städterte Raumstrukturen auch in Agrargebieten bildet.Technologische, politische, soziale und ökonomische Ver-änderungen haben Auswirkungen auf das Städtesystem –auf seine Funktionen und auf den räumlichen Kontext.

2.1.1 Das Entstehen urbaner Netze

(276) Für die Stadt- und Raumentwicklung stellen dieseVeränderungen eine große Herausforderung dar. Dabeiwerden sich das Städtesystem und die Siedlungsstrukturder EU in mittelfristiger Perspektive wohl kaum grundsätz-lich ändern. Weltstädte, wie London und Paris, und Metro-polregionen, wie das Ruhrgebiet oder die Randstad, werdenihre herausragenden Positionen behalten. Neue Funktionenund Vernetzungen können jedoch in Zukunft große Aus-wirkungen für die Entwicklung einzelner Städte und Re-gionen haben. Verstärkt kooperieren Städte und bündelnihre Kräfte, beispielsweise durch die Entwicklung sich er-gänzender Funktionen oder durch die gemeinsame Nut-zung von Einrichtungen und Dienstleistungsangeboten.Solche Kooperationen können vorteilhaft für die regionaleEntwicklung sein, da sie das Angebot von Dienstleistungenund die wirtschaftlichen Voraussetzungen der Region ver-bessern und damit ihre Konkurrenzfähigkeit erhöhen.

(277) Kooperationen von Städten und Regionen gibt es zu-nehmend auch grenzüberschreitend. Kooperation setzt je-doch gleichberechtigte Partner mit vergleichbaren Kompe-tenzen voraus. Deshalb können verschiedene Politik- und

Verwaltungssysteme ein Hindernis für eine grenzüber-schreitende Zusammenarbeit darstellen. Initiativen, wieSaar-Lor-Lux (Saarbrücken, Metz, Luxemburg) und Tor-nio-Haparanda an der finnisch-schwedischen Grenze, zei-gen jedoch, daß grenzüberschreitende Kooperation mög-lich und erfolgreich sein kann.

(278) Ein weiterer Faktor, der die Kooperation zwischenStädten und das Erzielen von Synergie-Effekten gleicher-maßen notwendig wie schwierig macht, sind große Entfer-nungen in dünn besiedelten Gebieten. Schweden z. B. hatjedoch positive Erfahrungen mit der Verbindung mittel-großer Städte durch Hochgeschwindigkeitszüge gemacht.Dadurch können deren wirtschaftliche Potentiale und Ka-pazitäten u. a. im Ausbildungsbereich gebündelt und ge-stärkt werden.

2.1.2 Veränderung urbaner wirtschaftlicher Möglichkeiten

(279) Die Konkurrenz zwischen den Städten und Regionenum Investitionen nimmt zu. Die Aufrechterhaltung oderWiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit ist eine großeund wichtige Herausforderung. Viele Städte werden neuewirtschaftliche Potentiale entwickeln müssen. Altindu-strialisierte Städte und Regionen müssen ihren wirtschaft-lichen Modernisierungsprozeß fortsetzen. Städte und Re-gionen, die zu stark von einem einzigen Wirtschaftszweig,beispielsweise von der öffentlichen Verwaltung, vom Tou-rismus oder von Hafenfunktionen, abhängig sind, müssenversuchen, ihre wirtschaftliche Basis zu verbreitern. Aucheinige Städte in ländlichen oder peripheren Regionen wer-den Schwierigkeiten haben, ihre wirtschaftliche Basis zusichern und auszubauen. Dabei gibt es aber auch in peri-pheren Regionen durchaus Städte, die stark und attraktivgenug sind, um Investitionen für sich und ihre Umgebunganzuziehen. Insbesondere Städte, die besondere „Gate-way“-Funktionen übernehmen, können eine periphereLage durchaus positiv nutzen.

(280) Städte und Regionen, die ihre eigenen wirtschaftli-chen Chancen und Potentiale zu nutzen wissen, tun diesnicht auf Kosten anderer, sondern können im Gegenteil dieweltweite Wettbewerbsposition der EU insgesamt erheb-lich stärken. In diesem Sinne ist Konkurrenz durchaus po-sitiv; wichtig ist jedoch, daß der Wettbewerb zwischen

2 Themen der Raumentwicklung voneuropäischer Bedeutung

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Städten, Regionen und Mitgliedstaaten sozial- und um-weltverträglich geführt wird. Eine bedingungslose Kon-kurrenz „mit allen Mitteln“ schadet mittelfristig den Städ-ten und Regionen selber und trägt nicht zu einer nachhalti-gen Entwicklung Europas bei.

2.1.3 Fortschreitende Ausuferung der Städte

(281) Durch die wachsende Zahl der Haushalte sowie derdurchschnittlichen Wohnfläche pro Kopf steigt die Nach-frage nach Wohnungen und Bauland weiter an. In vielenStädten wurde neuer Wohnraum in bestehenden Wohnge-bieten oder in Neubaugebieten erstellt. Vielfach geschahdies geplant und geordnet, manchmal aber auch relativ un-kontrolliert. Unkontrolliertes Wachstum führt zu erhöhtemVerkehrsaufkommen im Individualverkehr, vergrößert denEnergieverbrauch, verteuert Infrastruktur und Dienstlei-stungsangebote und hat nachteilige Auswirkungen auf dieLandschaftsqualität und die Umwelt. Außerdem hat inmanchen Gebieten der steigende Wohlstand die Nachfragenach Zweitwohnungen in die Höhe getrieben, so daß man-che Orte inzwischen als „Wochenendstädte“ bezeichnetwerden können.

(282) Der Siedlungsdruck auf das städtische Umland stelltin vielen städtischen Gebieten der EU ein Problem dar (vgl.Abb. 15). Deshalb müssen gemeinsam nachhaltige Lösun-gen exemplarisch zur Planung und zum Management desStädtewachstums gefunden werden. In einigen Gebietender Union, besonders dort, wo das Land knapp ist, wurdeninnovative Maßnahmen zur Stadtplanung ergriffen. Hierzugehören der Ansatz der „kompakten Stadt“ aus den Nie-derlanden ebenso wie die Ansätze eines „Flächen-Recy-cling“ im Vereinigten Königreich und in Deutschland odergezielte Ansätze zur Befriedigung der Wohnungsnachfragespezifischer sozialer Gruppen.

2.1.4 Zunehmende soziale Segregation in Städten

(283) Wachsende Einkommensunterschiede und die Aus-differenzierung von Lebensstilen spiegeln sich in unter-schiedlichen Wohn- und Wohnstandort-Bedürfnissen undunterschiedlichen Möglichkeiten, diese Bedürfnisse zu be-friedigen, wider.

(284) So werden die Lebensbedingungen in Städten oft alsungeeignet für die Bedürfnisse von Kindern gehalten. FürFamilien mit Kindern bieten Vorstadtgebiete häufig mehrLebensqualität als zentralere Stadtlagen, und der Traumvom eigenen Haus läßt sich wegen des Preisgefälles oft nurdort realisieren. Deshalb ziehen viele Familien mit mittle-

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rem und höherem Einkommen aus der Stadt fort. In den In-nenstädten sowie in den großen Anlagen des sozialen Woh-nungsbaus konzentrieren sich ärmere Familien und Zu-wanderer. Andere zentrale Wohnlagen ziehen junge Leuteund Studenten an, wieder andere Besserverdienende undDoppelverdiener.

(285) Soziale Entmischung und Segregation sind nicht perse ein Problem. Wo aber wirtschaftliche Benachteiligung,Arbeitslosigkeit und soziale Stigmatisierung zusammen-treffen in Gebieten, die oft zusätzlich noch durch kulturel-le und ethnische Unterschiede geprägt sind und ihren Be-wohnern besonders hohe Integrationsleistungen abverlan-gen, steigt das Risiko sozialer Ausgrenzung. Es ist notwen-dig, sich diesen Problemen zu stellen, nicht nur, weil sie inEuropa weit verbreitet sind, sondern auch, weil sie die Be-deutung der sozialen Dimension nachhaltiger Entwicklungurbaner Räume in Europa unterstreichen. Um dem Problemder Armut, der sozialen Ausgrenzung und der Gettobildungerfolgreich zu begegnen, muß insbesondere die Langzeit-arbeitslosigkeit reduziert werden; einige Mitgliedstaatenhaben dies erfolgreich im Rahmen von integrierten, multi-sektoralen Programmen zur wirtschaftlichen Regenerie-rung und Entwicklung benachteiligter Stadtviertel ver-sucht.

Themen der Raumentwicklung von europäischer Bedeutung

Quelle: Europäische Kommission - Joint Researche Center Strategy and Systems for Space Applications Unit (SSSA)

Wohnen

Industrie/Handel/Transport

Mailand 1955 Mailand 1997

Dublin 1998Dublin 1956

Abb. 15: Urbanisierung

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2.1.5 Verbesserungen der städtischen Lebens-qualität(286) Die meisten Städte haben Maßnahmen gegen Um-weltprobleme wie Lärm, Luft- und Wasserverschmutzung,Verkehrsbelastungen, Abfallaufkommen und zu hohenWasserverbrauch ergriffen. Dennoch bleibt die Umwelt-qualität in vielen städtischen Gebieten weiter verbesse-rungsbedürftig. Außerdem haben städtische Entwicklungs-maßnahmen oftmals die historischen Strukturen und dieAttraktivität der Städte und ihre Identität beeinträchtigt.Dies hat nicht nur negative Auswirkungen auf Lebensqua-lität und Gesundheit ihrer Einwohner, sondern kann sichdurch Attraktivitätsverlust und Rückgang von Investitio-nen, Arbeitsplätzen und städtischer Finanzkraft auch öko-nomisch auswirken.

2.2 Die sich ändernde Rolle und Funktionder ländlichen Räume

2.2.1 Steigende Interdependezen von städtischenund ländlichen Räumen

(287) Die Zukunft vieler ländlicher Räume ist mehr undmehr mit der Entwicklung der Städte verknüpft. Die Städ-te in ländlichen Regionen sind ein integraler Bestandteilländlicher Entwicklung. Es muß sichergestellt werden, daßStadt und Land in partnerschaftlicher Zusammenarbeit re-gionale Entwicklungskonzepte erarbeiten und erfolgreichumsetzen können. Dabei ist das Verhältnis zwischen Stadtund Land in dicht besiedelten Regionen ein anderes als indünner besiedelten. In dicht besiedelten Regionen stehendie ländlich geprägten Teilräume unter erheblichem Urba-nisierungsdruck, mit allen – auch negativen – Begleiter-scheinungen von Verdichtung: Verschmutzung von Wasserund Boden, Zersplitterung offener Landschaften, Verlustdes ländlichen Charakters. Einige traditionell ländlicheFunktionen, wie z. B. extensive Landbewirtschaftung,Forstbetrieb, Naturerhalt und Naturentwicklung, sind inhohem Maße von großen, zusammenhängenden Land-schaftsgebieten abhängig. Das Erreichen eines besserenGleichgewichts zwischen urbanen Entwicklungen und demSchutz der offenen Landschaft ist deshalb eine zentraleAufgabe der Raumentwicklung. Vor allem in dicht besie-delten Regionen sind städtische und ländliche Teilräumeeng miteinander verflochten, z. B. profitieren ländlicheRäume vom Kulturangebot der Städte, und umgekehrt dieStädte vom Freizeit- und Erholungswert des ländlichenRaumes. Stadt und Land können deshalb mehr als Partnerdenn als Konkurrenten verstanden werden.

(288) Weniger dicht besiedelte ländliche Räume, besonderswenn sie weiter von Metropolräumen entfernt liegen, habenbessere Chancen, ihren ländlichen Charakter zu bewahren.In manchen Regionen haben jedoch viele kleinräumige Ent-wicklungsmaßnahmen zur Verbesserung der Agrarstrukturund der Siedlungsweise einen nachteiligen Einfluß auf dieUmwelt und besonders auf die Landschaftsqualität gehabt.In vielen ländlichen Räumen in den Randgebieten der EUbedrohen Abwanderungen die Tragfähigkeit öffentlicherund privater Dienstleistungen. Das natürliche und kulturel-le Erbe dieser gefährdeten ländlichen Räume sind Schlüs-selwerte, welche die Fundamente wirtschaftlicher und so-zialer Erneuerung bilden können, die u. a. auf nachhaltigemTourismus und Erholung basieren.

2.2.2 Unterschiedliche Entwicklungslinien inländlichen Räumen

(289) Zur kulturellen, natürlichen und landschaftlichenVielfalt in der EU tragen nicht zuletzt die ländlichen Räu-me bei. Ihre Rolle erschöpft sich nicht als suburbaner Ein-zugsbereich der Städte und auch nicht in der Abhängigkeitvon Landwirtschaft oder Tourismus. Ihre Funktionen sindmehr als die Sicherung der Ernährungsgrundlagen und desRessourcenschutzes. Vielmehr bedeutet ländliche Ent-wicklung in Europa eine Vielfalt an räumlichen Tendenzen,Konstellationen und Einflußfaktoren. Dabei haben vieleländliche Räume den strukturellen Wandel erfolgreichdurchlaufen und eine eigenständige Entwicklung vollzie-hen können. Bei der Verwirklichung der Ziele für die eu-ropäische Raumentwicklung kommt neben den großenStädten und Stadtregionen auch den ländlichen Räumeneine große Bedeutung zu. Eine dezentrale, polyzentrischeSiedlungsstruktur wird nicht zuletzt dadurch erreicht wer-den können, daß die sozio-ökonomische Funktionsfähig-keit ländlicher Räume stabilisiert, langfristig gesichert oderhergestellt werden kann. Dafür sind die Zugangsmöglich-keiten zu Infrastruktur und Wissen Schlüsselpositionen,denn bei guter Infrastrukturausstattung und Zugang zu In-formationen haben ländliche Räume Potentiale für einewirtschaftliche Attraktion und Diversifikation. Auch bei derEntwicklung des natürlichen und kulturellen Erbes sindländliche Räume besonders gefordert.

(290) Ländliche Entwicklung bedeutet aber auch, daß vie-le Regionen nach wie vor mit erheblichen strukturellenSchwächen konfrontiert sind. Diese strukturellenSchwächen können durch natürliche Einflußfaktoren, wieperiphere oder schwer zugängliche Lage (Inseln, Bergge-biete) oder klimatische Ungunst (mediterrane Gebiete, ex-trem dünn besiedelte Gebiete Nordskandinaviens), ver-

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stärkt werden (vgl. Karte 11). In diesen Gebieten hat dieLandwirtschaft als Erwerbsquelle oft noch eine große Be-deutung, allerdings mit einer relativ schlechten Wettbe-werbsposition. Diversifikation, Pluriaktivität und die Si-cherung alternativer Erwerbsmöglichkeiten sind ohne Hil-fe und Erfahrungsaustausch schwierig zu erreichende Zie-le. Es wird abzuwarten sein, inwiefern die neuen Informa-tions- und Kommunikationstechniken dezentrale Entwick-lungsimpulse in ländlichen Räumen fördern können. Esgibt einige hoffnungsvolle Ansätze, z. B. im schottischenHochland. Dort haben kleine und mittlere Unternehmenmit staatlicher Unterstützung den Zugang zu Informations-und Kommunikationstechniken und darüber zu globalenMärkten gefunden.

72

2.2.3 Veränderungen in Land- und Forstwirt-schaft – Konsequenzen für Wirtschaft undFlächennutzung

(291) Die schrittweise Reform der europäischen Landwirt-schaft wird angesichts wirtschaftlicher Liberalisierung,Verringerung öffentlicher Ausgaben und Beachtung vonumweltpolitischen Überlegungen weitergehen. NachSchätzungen könnten in der EU zwischen 30 % und 80 %der Flächen aus der landwirtschaftlichen Produktion ge-nommen werden62. Die führende Position der Landwirt-schaft als Basis der regionalen Entwicklung, Wirtschaft undBeschäftigung wird in einigen Regionen jedoch weiterhinbestehen bleiben.

Themen der Raumentwicklung von europäischer Bedeutung

0 500 km250

über 300

280 - 300

260 - 280

240 - 260

220 - 240

210 - 220

200 - 210

190 - 200

Durchschnittliche Anzahl der Tagepro Jahr zwischen 1961 und 1990 ,an denen die mittlere Tagestemperatur über +5 C liegt.

Quelle: mit freundl. Genehmigung des Finnish Meteorological Institute, P.O. Box 503, FIN-00101 Helsinki

140 - 150

130 - 140

120 - 130

unter 120

180 - 190

170 - 180

160 - 170

150 - 160

Karte 11: Zahl der Tage pro Jahr mit einer mittleren Temperatur über +5˚C

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

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(292) Manche Regionen können durch steigende Intensi-vierung der Landwirtschaft konkurrenzfähig bleiben. Dieswird durch Produktionsmethoden unterstützt, die mehr aufLogistik und Einsatz von Technik basieren als auf dernatürlichen Ausstattung einer Region. Während dieser An-satz (zumindest kurzfristig) die Produktion steigert und dieWettbewerbsfähigkeit der EU-Agrarindustrie hebt, kann erauch negative Effekte haben, wie z. B. die sinkende Zahlder Beschäftigten, steigende Umweltbelastung, sinkendeArtenvielfalt und Vereinheitlichung der Landschaft.

(293) Andere Regionen bemühen sich um eine Verbreite-rung der Basis ihrer Wirtschaft, indem sie alternativeAktivitäten in Forstwirtschaft und ländlichem Tourismusentwickeln. Diversifizierung wird deshalb besonders in den ländlichen Gegenden erfolgreich vorangetrieben, dieüber geeignete Umweltbedingungen, attraktive Landschaf-ten und eine günstige Lage zu den Bevölkerungszentrenverfügen, wie beispielsweise in Süddeutschland, in Mittel-frankreich und in vielen Gebieten im südlichen Europa. Ein weiteres, seit langem bestehendes Beispiel für erfolg-reiche Diversifizierung in ländlichen Räumen, die nichtnahe an Bevölkerungszentren gelegen sind, stellt die kleinbäuerliche Wirtschaft in den Highlands und auf denInseln Schottlands dar. Zunehmende Bedeutung hat in die-sem Zusammenhang die Zu- und Nebenerwerbslandwirt-schaft.

(294) Eine dritte Art, wie ländliche Gegenden auf die Än-derungen in der Agrarwirtschaft reagieren, ist die Extensi-vierung der Produktion. Sie kann u. a. über eine Vielzahlvon Maßnahmen erfolgen, wie beispielsweise kontrolliertbiologischen Anbau. In Österreich hat beispielsweise dieFläche, die biologisch bewirtschaftet wird, seit 1990 von22.500 ha und 1.500 Bauernhöfen auf 250.000 ha (7,5 %der bewirtschafteten Fläche) und 18.000 Bauernhöfe in1996 zugenommen63. Auch die Zahl biologisch bewirt-schafteter Flächen in Deutschland, Schweden, Finnlandund den Niederlanden nimmt zu.

(295) Marginalisierung tritt ein, wenn Landwirtschaft sichwirtschaftlich nicht mehr rechnet. Marginalisierung kannpositive Auswirkungen auf Umwelt und Landschaft haben,indem andere Landnutzungen, wie z. B. Forstwirtschaft,möglich werden. Negative Aspekte dagegen sind die mög-liche Abwanderung von Arbeitskräften aus dem Agrarsek-tor, die Erhöhung des Risikos für Bodenerosion und Wald-brände und die Beeinträchtigung der Landschaftsqualität.Damit kann Marginalisierung die Basis der regionalenWirtschaft schwächen, z. B. in den Alpen und den Apenni-nen.

73

(296) Die Veränderungen in der Landwirtschaft illustrierendie Vielfalt ländlicher Entwicklungen. Insgesamt bietendiese Prozesse den Regionen der EU mehr Möglichkeitenals Gefahren. Intensivierung eröffnet Chancen für Investi-tionen und induziert andere Aktivitäten. Diversifizierungkann die Abhängigkeit von Fördermitteln reduzieren undneue Möglichkeiten zur Erhaltung der Natur, zum Land-schaftsschutz und zu alternativen Erwerbsquellen eröffnen.Marginalisierung und Extensivierung können in bestimm-ten Gebieten die Aussichten für Naturschutz und Auffor-stungsmaßnahmen verbessern.

2.3 Verkehr und Vernetzung

(297) Die europäische Verkehrs- und Kommunikations-infrastruktur ist überwiegend in nationalen Zusammenhän-gen entstanden. Dieses Erbe ist auch heute noch in weitenTeilen der EU spürbar. Zukünftige Verkehrs- und Infra-strukturpolitik muß jedoch verstärkt die Ziele und Poli-tikbereiche der Europäischen Gemeinschaft und die Zu-sammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten berücksichti-gen. Wichtige Teilaspekte sind Liberalisierung, Effizienz-steigerung, Umweltverträglichkeit und Integration der Teil-netze.

2.3.1 Grenz- und Integrationsprobleme der Netze

(298) Obwohl der gemeinsame Markt und die Verkehrspo-litik der Gemeinschaft die Bedeutung nationaler Grenzenbereits deutlich verringert haben, gibt es weiterhin schlechtaufeinander abgestimmte, unterentwickelte oder gar feh-lende Infrastrukturnetzverbindungen und Dienstleistungen.Dabei bestehen auch Schwierigkeiten durch physikalischeGegebenheiten, wie beispielsweise Bergketten. Im Bezugauf Schienenverbindungen bestehen weiterhin die techni-schen Unterschiede zwischen nationalen Systemen - bei-spielsweise in der Signaltechnik, Sicherheit und Energie-versorgung. Organisatorische Probleme und nationaleAbschottungen der Eisenbahngesellschaften bilden Hin-dernisse für die angestrebte Integration. Weitere Deregu-lierung, technische Standardisierung und wettbewerbsge-rechte Preise sind Grundvoraussetzungen eines integriertentransnationalen Eisenbahnnetzes. Engpässe für den grenz-überschreitenden Verkehr gibt es auch in der Binnenschif-fahrt. Die verbesserte Integration der Schiffahrtswege alsTeil eines multimodalen Transportsystems wird beträchtli-cher Investitionen bedürfen. Zusammengefaßt gilt, daßnoch große technische, finanzielle und politisch-organisa-torische Aufgaben bewältigt werden müssen, bevor die EUein integriertes Infrastrukturnetz besitzt.

EUREK

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2.3.2 Wachsende Transportströme undÜberlastungserscheinungen

(299) Eine der wichtigsten Rahmenbedingungen der eu-ropäischen Verkehrspolitik ist das stetig wachsende Trans-portaufkommen an Gütern und Personen. Im Jahr 1992 be-lief sich das Handelsvolumen zwischen den damals zwölfMitgliedstaaten auf ca. 10 Mrd. t Güter64. Mit der Erweite-rung im Jahr 1994, dem Beginn der WWU und der Öffnungder Märkte Mittel- und Osteuropas liegt diese Zahl nun be-trächtlich höher. Obwohl das Verkehrsaufkommen inner-halb der Mitgliedstaaten immer noch sehr viel höher als dasgrenzüberschreitende Aufkommen ist, wächst das interna-tionale Transportvolumen schnell an. Da die meisten Trans-porte immer noch über kurze Entfernungen erfolgen, istder Straßenverkehr bei weitem die wichtigste Transportart.Je länger die zu überbrückenden Distanzen werden, destomehr steigt die Attraktivität anderer Transportarten.

(300) Die größten Verkehrszuwächse sind in den Teilen derEU zu verzeichnen, die bereits die höchste Verkehrsbela-stung hatten. So entstanden viele zusätzliche Engpässe imVerkehrsnetz, besonders in den Stadtregionen und Ver-dichtungsräumen, mit Behinderungen des Personen- wieGüterverkehrs, des Kurz- wie auch des Langstreckenver-kehrs. Überlastungen kosten Zeit und Geld und beeinträch-tigen die Umwelt- und Lebensbedingungen. Aber auchgroßräumige Verkehrskorridore zeigen Überlastungser-scheinungen, wie z. B. der Rhein- oder Rhônekorridor oderdie Grenzübergänge nach Polen.

(301) Das Potential an kombinierten Güterverkehrssyste-men ist noch sehr begrenzt. Unter den gegenwärtigenMarktbedingungen sind sie mit dem Straßenverkehr nichtkonkurrenzfähig, außer in Fällen, in denen physikalischeHindernisse überwunden werden müssen, wie bei Irland,dem Ionischen Meer, der Ostsee und den Alpen. Auch dasAngebot kurzer Seeverbindungen ist zur Zeit noch nichtausreichend entwickelt.

(302) Beim Personenverkehr sind die heutigen Entwick-lungen und Bedingungen etwas besser, besonders was dieKombination von Luft- und Hochgeschwindigkeitsverkehrbetrifft. In der EU gibt es ein großes Aufkommen an Kurz-streckenflügen, die einen überproportional hohen Energie-bedarf pro Passagierkilometer haben. Z. B. finden 60 % derFlüge von und nach Amsterdam nur im Radius von bis zu800 km statt65. Hochgeschwindigkeitszüge ersetzen bereitszunehmend europäische Kurzstreckenverbindungen, bei-spielsweise auf den Strecken London-Paris oder London-Brüssel. Dieser Trend wird sich mit der Fertigstellung wei-

74

terer Hochgeschwindigkeitsverbindungen fortsetzen. Neu-baustrecken sind dabei nicht immer notwendig, denn dieRad-Schiene-Technik ermöglicht es, hohe Geschwindig-keiten auch auf vorhandenen Strecken zu erreichen. Wenndie gegenwärtige Geschwindigkeit von Zügen um 30 %gesteigert werden könnte und Fahrzeiten, die um 50 %höher als Flugzeiten liegen, von den Passagieren (auch we-gen der zeitaufwendigen Zu- und Abgänge bei Flughäfen)akzeptiert würden, könnten mehr als 50 europäische Städ-teverbindungen durch Hochgeschwindigkeitszüge bedientwerden66. Solche kombinierten Strategien werden zur Ent-lastung von Flughäfen beitragen. Für große Entfernungensind der Substitution des Luftverkehrs durch Hochge-schwindigkeitszüge jedoch Grenzen gesetzt, selbst bei Ge-schwindigkeiten von mehr als 300 km/h.

2.3.3 Erreichbarkeitsdefizite in der EU

(303) Gute Erreichbarkeit der europäischen Regionen ver-bessert nicht nur die eigene Konkurrenzfähigkeit, sondernauch die Wettbewerbsfähigkeit Europas insgesamt. DieVerkehrsanbindung einiger Teile Europas ist defizitär, wasdazu führen kann, daß diese Regionen für Investitionen we-nig attraktiv sind. Inseln, Grenzgebiete und periphere Re-gionen sind im allgemeinen schlechter erreichbar als zen-trale Regionen und müssen spezifische, angepaßte Lö-sungswege gehen (vgl. Karte 12). So haben z. B. Staatenwie Schweden und Finnland ein gut ausgebautes Systemregionaler Flughäfen entwickelt, das durch die gute Anbin-dung an Helsinki und Stockholm auch die Erreichbarkeitim europäischen Maßstab sicherstellt. Durch die ÖffnungMittel- und Osteuropas werden die Regionen an der ge-genwärtigen östlichen Außengrenze der EU eine zentraleLage innerhalb der Gemeinschaft bekommen. Die Infra-strukturnetze in diesen Gebieten – die Verbesserungen in-nerhalb Deutschlands ausgenommen – spiegeln aber immernoch die alten politischen Abgrenzungen wider. Hier müs-sen Netzlücken geschlossen und Verbindungen zwischenden Städten und Regionen wieder aufgebaut werden.

(304) Selbst in Gebieten, die innerhalb des europäischenNiveaus schwächer angebunden sind, ist die tatsächlicheVerkehrsanbindung sehr unterschiedlich. Größere Städtemit Verbindungen zu mehr als einem internationalen Ver-kehrsnetz – Flughäfen, Häfen, Hochgeschwindigkeits-schienenverbindungen – befinden sich in vorteilhaftererLage als kleine und mittlere Städte im selben Gebiet. Ver-bindungen zwischen großen und kleineren Städten sinddeswegen zum Ausgleich unterschiedlicher Verkehrsan-bindung von großer Bedeutung. Das gleiche gilt für die Re-gionen im Zentrum der EU. Auch dort sollte sichergestellt

Themen der Raumentwicklung von europäischer Bedeutung

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EUREK

werden, daß ein funktionierendes sekundäres Verkehrsnetzvorhanden ist, das die im Aufbau befindlichen transeu-ropäischen Netze ergänzt.

(305) Die Verbesserung der Verkehrsanbindung allein ga-rantiert noch keine bessere wirtschaftliche Entwicklung derbetroffenen Regionen. Vielmehr muß dies durch eine akti-ve Raumentwicklungspolitik unterstützt werden. Verbes-serte Verkehrsanbindung wird zunächst den Einzugsbe-reich der wirtschaftlich stärkeren Regionen vergrößern.Dadurch werden sich Betriebe, die bis dato durch schlech-te Erreichbarkeit „geschützt“ waren, verstärkt gegen großeFirmen und gegen die durchsetzungsfähigen Dienstlei-stungsunternehmen aus den wirtschaftlich stärkeren Re-gionen behaupten müssen. Dieser Konkurrenzkampf wird

oft zugunsten der stärkeren Regionen und zum Nachteilder neu angebundenen Gebiete verlaufen. Deshalb muß dieVerbesserung der Verkehrsanbindung durch weitere Fach-politiken und integrierte Strategien ergänzt werden.

2.3.4 Konzentration und Entwicklungskorridore

(306) Infrastrukturnetzwerke führen oft dazu, vorhandeneWirtschaftsstandorte in ihren Funktionen zu stärken. Re-gionen mit einer hohen Konzentration wirtschaftlicher Ak-tivitäten haben oft erhebliche Wettbewerbsvorteile; Inve-storen werden sich möglicherweise eher in diesen Regio-nen ansiedeln als in solchen, die nur schlecht an die großenNetze angebunden sind. Deshalb bilden sich in Europa zu-nehmend „Entwicklungskorridore„ heraus, die sich insbe-

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

••

Dublin

BerlinAmsterdamLondon

Bruxelles

ParisWien

Madrid

Helsinki

Luxembourg

Athinai

København

Lisboa

Roma

Stockholm

0 500 km

bis unter 5 Mio.

5 bis unter 10 Mio.

10 bis unter 20 Mio.

20 bis unter 40 Mio.

40 bis unter 80 Mio.

80 Mio. und mehr

Quelle: Eigene Berechnungen des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung

Karte 12: ErreichbarkeitInnerhalb von 3 Stunden Reisezeit mit kombinierter Verkehrsmittelbe-nutzung (Straße, Schiene, Luft)erreichbare EU-Bevölkerung 1996NUTS-Ebene 3

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sondere in relativ stark urbanisierten Gebieten befinden.Sie sind oft transnational und grenzübergreifend, und esbesteht deshalb ein Bedarf an einer umfassenden Raum-entwicklungspolitik, die über eine rein nationale Politikhinausgeht. Der Trend zur Konzentration bezieht sich nichtnur auf den Straßen- und Schienenverkehr, sondern wirdauch im Luftverkehr deutlich. Verbindungen zu anderenErdteilen sind in den zentralen Regionen der EU stark kon-zentriert. Die Liberalisierung des Luftverkehrs scheint zueiner weiteren Konzentration internationaler Flugverbin-dungen auf die Großflughäfen Nordwesteuropas zu führen,obwohl dort die Verkehrsdichte im Luftraum bereits jetztsehr hoch ist.

(307) Nach einer neuesten Veröffentlichung der Europäi-schen Kommission werden 90 % des EU-Außenhandels-volumens über den Seeweg abgewickelt67. In Nordwesteu-ropa besteht eine Konzentration großer Seehäfen, die dengrößten Teil der internationalen Seeverbindungen Europasübernehmen. Die funktionalen Einzugsgebiete dieser Hä-fen erstrecken sich über ganz Europa und überschneidensich sehr stark. Diese Häfen stehen in starker Konkurrenzzueinander und sind ständig bemüht, ihre eigene Positionzu verbessern. Gleichwohl könnte ein größeres Maß an Ko-operation zu Vorteilen für diese Räume und die Umweltführen. Viele Häfen im Atlantik- und Mittelmeerraum ver-fügen nicht über die günstige Hinterlandanbindung derNordseehäfen, so daß ihre Chancen, zu Knotenpunkten fürinterkontinentalen Transport zu werden, eher gering sind.Diese Hafenstädte spielen jedoch in ihren regionalen Öko-nomien eine sehr wichtige Rolle, und viele von ihnen könn-ten ihr Potential als europäische Häfen für kürzere Distan-zen noch weiter ausbauen. Die Umsetzung eines europäi-schen Hafennetzwerkes könnte diesen Prozeß erheblich un-terstützen. Sowohl die Atlantik- als auch die Mittelmeerhä-fen haben in den letzen Jahren eine substantielle Steigerungan Verkehrsvolumen erfahren. Die wirtschaftliche Ent-wicklung in Nordafrika und Asien könnte ihre Funktion alsZugang zur EU weiter stärken und die Entwicklung im Hin-terland dieser Häfen fördern. Dies könnte große Auswir-kungen auf die Organisation des europäischen Raumes unddie Raumnutzung haben. Durch die Stärkung des Seever-kehrs könnte auch der Landverkehr in Europa entlastet wer-den. Die physisch-geographische Lage der „Halbinsel EU“könnte so besser ausgenutzt werden.

2.3.5 Ungleichgewichte in der Verbreitung vonInnovation und Wissen

(308) Ein Phänomen mit möglicherweise erheblichen Aus-wirkungen auf die Raumentwicklung ist die Telematik. Die

Anzahl der Home Pages pro 1000 Einwohner, Juli 1998

0 20 40 60 80 100 120

Finnland

USA

Schweden

Dänemark

Niederlande

Verein. Königreich

Luxemburg

Österreich

Belgien

Deutschland

Irland

Japan

Frankreich

Spanien

Italien

Portugal

Griechenland

EU

Andere

Quelle: OECD from Network Wizards and Imperative Data

Abb. 16: Präsenz im Internet

76

Kombination neuer Rundfunk- und Fernsehtechniken, Ka-beltechnik und einer Politik der Liberalisierung führen zuneuen Dienstleistungen wie Tele-Ausbildung, Tele-Medi-zin, Tele-Arbeit und Tele-Konferenzen. Solche „elektroni-schen Marktplätze“ lassen theoretisch das Standortverhal-ten von Menschen und Unternehmen ortsungebundenerwerden. Die daraus resultierenden Möglichkeiten für abge-legenere Regionen können sehr groß sein, vorausgesetzt,daß entsprechende Fähigkeiten existieren, um die Vorteiledieser Entwicklung zu nutzen. Die Weiterentwicklung die-ser „Infostrukturen“ und der Telekommunikation ist einepotentielle und wichtige Kraft zu weiterer Integration undzur Förderung steigender Wettbewerbsfähigkeit der Städteund Regionen in der EU. Die Auswirkungen der „Info-strukturen“ auf die Raumentwicklung sind im einzelnennoch nicht absehbar. Es scheint, als würden sie konventio-nelle Infrastrukturen eher ergänzen als ersetzen und als obbeide sich eher verstärken und unterstützen. Regionen, diesowohl über eine gute Anbindung an „Infostrukturen“ alsauch an traditionelle Infrastrukturnetze verfügen, sind des-halb im Vorteil.

Themen der Raumentwicklung von europäischer Bedeutung

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(309) Trotz großer Fortschritte sind die Entwicklungen aufdem Gebiet der Telematik in den Kohäsionsländern (Grie-chenland, Irland, Portugal und Spanien) langsamer als in an-deren Teilen der EU (vgl. Abb. 16). In allen Regionen dervier Kohäsionsländer wurden große Investitionen in Tele-kommunikationssysteme getätigt. Digitale Vermittlungsstel-len und Glasfaserverbindungen verringern die ungleicheVersorgung. 1999 wird ein großer Teil der Regionen dieserLänder über effiziente Systeme verfügen. Trotzdem müssenorganisatorische Verbesserungen hinzukommen, damit sichdie Vorteile dieser Investitionen auch in konkurrenzfähigenKommunikationskosten niederschlagen. Wissen, Bildungund Ausbildung werden eine immer wichtigere Basis fürwirtschaftliche Teilhabe und Erfolg. Regionen mit einge-schränktem oder unbefriedigendem Zugang zu Informationund Wissen aufgrund fehlender höherer Schulen, For-schungseinrichtungen, Ausbildungsangebote usw. werdenwahrscheinlich Probleme bekommen, ihre Bevölkerungs-zahl zu erhalten und dabei besonders Menschen mit höhererAusbildung und größeren Fähigkeiten an die Region zu bin-den. Dies kann Bevölkerungsverschiebungen in Gebiete, diebereits über gute Infrastruktur verfügen, noch verstärken,den Druck auf diese Gebiete erhöhen und gleichzeitig dieAussicht auf höheren Lebensstandard für wirtschaftlichschwächere Regionen verringern.

2.4 Natur und Kulturerbe

(310) Die Vielfalt der Natur und des Kulturerbes und derenErhaltung in der EU sind gefährdet. Die wachsende Bedro-hung dieses Erbes scheint den Fortschritt, der im Natur-und Denkmalschutz in den vergangenen Jahrzehnten er-reicht wurde, wieder einzuholen. Es ist wichtig zu erken-nen, daß die große Vielfalt von Europas Natur- und Kul-turerbe sowohl Chancen als auch Gefahren birgt. DieHaupttypen gefährdeter Gebiete, wie z. B. Küstengebiete,Gebirge, Wattlandschaften, Wasserspeicher, Wälder undKulturlandschaften, sind in ganz Europa stark gefährdet.

(311) Die Küsten mit ihrer großen Vielfalt an empfindlichenBiotopen sind von großer Bedeutung für den menschlichenLebensraum, für Tourismus und Verkehr, für die Industrie, dieEnergieerzeugung sowie für Landwirtschaft und Fischerei.Sie sind generell vom Städtebau und vom Massentourismussowie von Überdüngung und Verschmutzung bedroht. DieGebirge dienen freilebenden Tieren und Pflanzen als Lebens-raum und sind der Ursprung für frisches Quellwasser. Siesind nicht nur wichtige Naturräume, sondern oft auch bedeu-tende Wirtschafts- und Lebensräume. Die Berggebiete derEU sind vielfach von dem sich entwickelnden Massentouris-mus, Talsperren und neuen Transportwegen sowie von Über-

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weidung, Erosion und Nichtbewirtschaftung bedroht. DieWattlandschaften, Flüsse und Seen haben lebenswichtigeökologische Funktionen und sind einzigartige Sammelstättenfür archäologische Funde. Anzahl, Ausmaß und territorialerZusammenhang der Wattlandschaften werden aufgrund vonTrockenlegung, Kultivierung, Absinken des Grundwasser-spiegels und Verringerung des Wasserflusses sowie durchneue Durchgangswege stark reduziert. Ströme und Flüssewerden begradigt, ihre Überflutung wird eingeschränkt undDämme werden gebaut. Die Wälder als „grüne Lunge“ inEuropa tragen zum Schutz der Wasser- und Bodenressourcenund vielerorts zur landschaftlichen Schönheit bei. Auch siesind wichtiger Lebensraum für Flora und Fauna und Erho-lungsgebiete für die Menschen. Hauptgefahren für die Wäl-der sind Luftverschmutzung, Insekten- und Pilzbefall sowieWaldbrände. Nicht zu vergessen ist, daß nahezu alle Gebiete,die als gefährdet betrachtet werden, Gebiete mit Städten,Wohnorten und Infrastrukturen sind, in denen Menschen le-ben und arbeiten.

(312) Böden sind Lebensgrundlage und Lebensraum fürMenschen, Tiere und Pflanzen und damit wesentlicher Be-standteil des Naturhaushaltes. Der Reichtum unterschiedli-cher Böden in Europa erklärt sich zum einen aus der Viel-falt natürlicher Faktoren, er dokumentiert jedoch zugleichdie differenzierte europäische Natur- und Kulturgeschich-te. Böden sind Abbau- und Ausgleichsmedium für dienatürlichen Stoffkreisläufe, und fast die gesamte Ernährungvon Menschen, Tieren und Pflanzen beruht auf der Frucht-barkeit der Böden. Die Vielfalt dieser Böden und ihre natür-lichen Funktionen sind jedoch durch menschliche Akti-vitäten in weiten Bereichen stark gefährdet.

(313) Auch das Klima ist ein Teil der Umwelt und dernatürlichen Lebensgrundlagen, die verstärkt negativen Ein-flüssen durch menschliche Aktivitäten unterliegen. Die Zu-nahme der vom Menschen verursachten treibhausrelevan-ten Gase ändert die Temperatur und die Niederschlagsver-teilung, führt zur Verschiebung der Anbauzonen, gefährdetdas Pflanzenwachstum und erhöht die Häufigkeit und In-tensität von extremen Wetterereignissen.

2.4.1 Verlust von biologischer Vielfalt undnatürlichen Gebieten

(314) Die EU zeichnet sich – trotz der Bedrohungen, denendie gefährdeten Gebiete ausgesetzt sind – immer nochdurch einen hohen und vielfältigen Bestand an freilebendenPflanzen und Tieren aus. In den vergangenen Jahrzehntenhaben internationale Initiativen und das wachsende öffent-liche Bewußtsein für den Wert dieses Naturerbes in vielen

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Mitgliedstaaten dazu geführt, daß Strategien zum Schutzdieses Erbes in den unterschiedlichsten Formen entwickeltworden sind, wie beispielsweise:I gesetzliche Schutzbestimmungen für bestimmte Gebiete,I Erwerb von Land durch die öffentliche Hand und Nicht-

Regierungsorganisationen, beispielsweise zur Anlageseltener Biotope,

I Unterstützung privater Eigentümer bei einer umwelt-verträglichen Flächennutzung.

(315) Die herkömmlichen Kriterien zur Festlegung von zuschützenden Gebieten sind ihr Gefährdungsgrad, ihre Ein-maligkeit oder Seltenheit und ihr Wert hinsichtlich wissen-schaftlicher Informationen. In vielen Mitgliedstaaten hat dieszur Festlegung von Naturschutzgebieten und geschütztenLandschaften geführt. Auf europäischer Ebene haben EU-Richtlinien für Vögel und Habitate zu Erhaltung und Schutzvon Gebieten mit europaweiter Bedeutung beigetragen.

(316) Eine starke Bedrohung für das Naturerbe stellt jedochdie räumliche Zersplitterung von geschützten Gebieten dar.Die Wirksamkeit von Naturschutzmaßnahmen hängt daherauch vom entsprechenden Umgang mit den Gebieten in derUmgebung von Schutzgebieten ab. Eine innerhalb der un-terschiedlichen Verwaltungsebenen gut koordinierteRaumentwicklungspolitik unter Beteiligung der Öffent-lichkeit kann zum Schutz von Habitaten und Ökosystemenbeitragen und dadurch den Verlust der biologischen Vielfaltrückgängig machen. Die Initiative zur Schaffung eines eu-ropäischen Netzwerks, Natura 2000, ist ein Beispiel hierfürauf EG-Ebene. Um jedoch Erfolg zu haben, müssen allePartner zu der Einsicht gelangen, daß der Schutz von Eu-ropas Naturerbe zur nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Ineiner Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlamentüber eine Gemeinschaftsstrategie zur Erhaltung der Arten-vielfalt68 betont die Europäische Kommission die wichtigeRolle der Raumplanung in diesem Kontext und führt aus,wie die Raumplanung zur Erhaltung und nachhaltigen Be-wirtschaftung der Ökosysteme beitragen kann.

2.4.2 Gefährdung der Wasserressourcen

(317) Die Verschmutzung und Übernutzung von Ober-flächen- und Grundwasser ist in der EU ein grenzüber-schreitendes Problem. Intensive landwirtschaftliche Nut-zung, nicht zuletzt als Folge der Agrarpolitik der Gemein-schaft, führt nach wie vor zu gravierenden Problemen beider Gewässerbelastung. Die Verschmutzung durch Indu-strie und Privathaushalte konnte in einigen Regionen durcheine konsequente Gewässerschutzpolitik verringert wer-den. So hat sich beispielsweise die Wasserqualität des

Rheins in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dennochgibt es immer noch Gebiete, in denen durch die Ver-schmutzung von Grund- und Oberflächenwasser an-spruchsvollere Gewässernutzungen, z. B. als Trinkwasseroder für Erholungszwecke, stark beeinträchtigt werden.

(318) Die Wasserressourcen sind in der EU ungleichmäßigverteilt. Aber alle Mitgliedstaaten verfügen über genügendRessourcen, um den Bedarf des Landes zu decken. Es gibtaber ein räumliches und auch jahreszeitliches Verteilungs-problem. So sind in den südlichen Mitgliedstaaten Trocken-perioden zumeist die Zeiten des größten Bedarfs. Hier - aberauch in einigen nördlichen Mitgliedstaaten - kann es zusaisonalen Engpässen in der Wasserversorgung kommen.

(319) Einen wichtigen Beitrag kann eine integrierte Raum-entwicklungspolitik sowohl bei der Verhütung von Über-schwemmungen als auch im Kampf gegen Wasserknappheitleisten. Obwohl diesen beiden Phänomenen unterschiedlichepolitische und territoriale Bedeutung zukommt, sind siegleichwohl bedeutsam für ein nachhaltiges räumliches Nut-zungsmanagement. Wasserknappheit und Überschwemmun-gen sind in der EU nur teilweise Zufallsphänomene. ImGrundsatz sind beides strukturelle Probleme einer nicht an-gepaßten Raumentwicklung. Die Häufigkeit, mit der eineReihe europäischer Flüsse wie Rhein, Mosel oder Po über dieUfer treten, hat in den vergangenen Jahren zugenommen.Überschwemmungen haben zu erheblichen Schäden an pri-vatem Eigentum, aber auch zu großen volkswirtschaftlichenSchäden geführt. Hochwässer sind durch verschiedene Fak-toren bestimmt, von denen ein Großteil eher künstlichen alsnatürlichen Ursprungs ist, z. B. die Begradigung von Flüssen,die Besiedlung von natürlichen Überflutungsgebieten sowieabflußbeschleunigende Flächennutzungen in den Einzugsge-bieten der Flüsse. Die jüngsten Hochwasserkatastrophen inEuropa zeigen vor allem, daßI Deiche und andere technische Hochwasserschutzmaß-

nahmen keine hundertprozentige Sicherheit garantierenund

I Siedlungsflächen sowie andere hochwasserempfindli-che Nutzungen in überschwemmungsgefährdeten Ge-bieten ein erhebliches und weiter zunehmendes Scha-denspotential enthalten.

(320) Selbst in den trockeneren Regionen der EU, in denenRegen episodisch, dann aber meist sehr intensiv auftritt, wirdin den letzten Jahren eine höhere Überschwemmungshäufig-keit verzeichnet, die z. B. in Spanien zu erheblichen Schädengeführt hat. Ein integratives, nachhaltiges Raumnutzungs-und Wassermanagement im gesamten Einzugsgebiet vonFlüssen stellt eine bedeutende Antwort auf dieses Problem

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Themen der Raumentwicklung von europäischer Bedeutung

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dar. Es treten sehr unterschiedliche Typen von Über-schwemmungen auf. Hier sind zu nennen Überschwem-mungen in den großen Einzugsgebieten, die durch intensive,lang andauernde Niederschläge verursacht werden (wie z. B.an Rhein-Maas, Donau oder der Oder), Sturzfluten durchstarke lokale Gewittergüsse sowie Sturzfluten (wie in denvergangenen Jahren in einigen Gegenden Südfrankreichs),die hauptsächlich durch unberechenbare meteorologischeEreignisse ausgelöst werden. Um den Schäden solcher Er-eignisse vorzubeugen, bedarf es aus raumentwicklungspoli-tischer Sicht einer abflußmindernden Flächennutzung im ge-samten Einzugsgebiet sowie einer angepaßten Raum- undFlächennutzung in den potentiellen Abfluß- und Über-schwemmungsgebieten. Unabhängig davon sind technischeHochwasserschutzmaßnahmen durch die Wasserwirtschaftsowie Maßnahmen des Katastrophenschutzes erforderlich,um Schäden möglichst gering zu halten.

(321) Das Problem der Wasserknappheit in einzelnen Teilender EU ist anders gelagert. Das Wassermengenproblem wirdvor allem durch die räumliche sowie zeitliche Unregel-mäßigkeit von Regenfällen bestimmt, die sich nicht mit denWasserbedarfsspitzen decken. Ein zusätzlicher, typisch me-diterraner Spezialfall ist der örtlich begrenzte Wasserbedarffür landwirtschaftliche Bewässerung und für Erholungs-zwecke. In den Mittelmeerstaaten ist die Landwirtschaft derHauptverbraucher von Wasser, so beispielsweise zu 63 % desGesamtbedarfs in Griechenland, zu 59 % in Italien, zu 62 %in Spanien und zu 48 % in Portugal69. Der Mittelmeerraum istein Hauptreiseziel für den Welttourismus, und der Tourismuswie auch der Dienstleistungsbereich beeinflussen den ökolo-gischen Wasserkreislauf zusätzlich stark.

(322) Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, daßohne eine Integration von wasserwirtschaftlichen Maßnah-

Açores (P)

Madeira (P)

Canarias (E)

Guyane (F)

Guadeloupe (F)

Martinique (F)

La Réunion (F)

Quelle: EEA ETC/LC und EEA ETC/NC.EEA land cover Daten

Keine Daten für die Ägäischen Inseln in Griechen-land, die spanischen und portugiesischen Inseln und die französischen Überseedépartements

Karte 13: Haupttypen der Bodennutzung

Wälder

Wasserflächen

Bebaute Gebiete

Stark landwirtschaftlichgeprägte Flächen

Nicht bewaldete,naturnahe Flächen

Feuchtgebiete

Schwach landwirtschaftlichgeprägte Flächen

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lungsstrategien können jedoch Nutzungsarten, die fürLandschaften von kultureller Bedeutung schädlich sind,vermieden und negative Auswirkungen eingedämmt oderbegrenzt werden. Zusätzlich ermöglichen explizite Strate-gien eine Einflußnahme auf die räumliche Entwicklung derKulturlandschaft: Gewünschte Flächennutzungsarten wer-den bestimmt und andere ausgeschlossen.

2.4.4 Wachsende Bedrohung des kulturellen Erbes

(325) Für die Gemeinschaften auf lokaler, regionaler und na-tionaler Ebene hat das kulturelle Erbe der EU in historischer,ästhetischer und auch in wirtschaftlicher Hinsicht einen ho-hen Stellenwert. Dies gilt für einzelne Objekte, wie Monu-mente, Bauwerke und archäologische Stätten, sowie für hi-storische Stadtzentren und Dörfer. Die Qualität und Vielfaltdieses Erbes ist von großer Bedeutung für die EU, für Euro-pa und sogar für die ganze Welt. Der wirtschaftliche Wert deskulturellen Erbes ist nicht allein auf das touristische Interes-se, sondern auch auf seine Attraktivität als Investitionsgebietzurückzuführen. Der Städtetourismus macht ungefähr 30 %des europäischen Tourismus aus. Es wird erwartet, daß dieserAnteil in den nächsten Jahren um ca. 5 % anwächst, was be-trächtlich mehr ist als die Wachstumsrate des traditionellenUrlaubs am Meer oder in den Bergen, für die nur Werte von2 % bzw. 3 % prognostiziert werden70.

(326) Wichtige kulturelle Stätten, wie z. B. historischeStädte, sind permanentem Verfall ausgesetzt. Normaler-weise werden alte Straßenpflaster und historische Gebäudeund Stätten heute unter Denkmalschutz gestellt. AndereBereiche historischer Städte leiden jedoch auch unter derAusnutzung des kulturellen Erbes. Einige Städte, z. B. Ve-nedig, Florenz und Brügge, werden so vom Tourismus be-herrscht, daß sie bei der Erfüllung dieser Aufgabe an dieGrenzen des Möglichen stoßen. Viele historische Stadtzen-tren, insbesondere in Großstädten wie Athen oder Rom, lei-den zusätzlich unter der Verschmutzung aufgrund groß-städtischer Aktivitäten. Attraktive Stadtbilder, die wenigergeschichtsträchtig sind und daher weniger streng geschütztwerden, sind aufgrund von Immobiliengeschäften, Verein-heitlichungen von Gebäuden und Fassaden sowie verbes-serter Verkehrserschließung gefährdet. Die Behörden aufnationaler und lokaler Ebene haben in den letzten Jahrenschon viele Maßnahmen zur Bewahrung dieses Erbes ge-troffen. Die Strategien der Raumentwicklung, die unter-schiedliche Ansätze verschiedener Bereiche integrieren,tragen zur Linderung der wachsenden Belastung des kultu-rellen Erbes bei.

men in ein Siedlungsentwicklungs- und Flächenmanage-ment (Nutzungssteuerung) eine nachhaltige und effizienteWassernutzung wie auch die Verhütung von Überschwem-mungen nicht erreicht werden können. Tatsächlich kanndie Vorbeugung vor Überflutungen in großen europäischenFlußeinzugsgebieten nur dann effizient sein, wenn Aufla-gen und Eingriffe in die Raumnutzung erfolgen. Vergleich-bares gilt für die Verringerung von Wasserknappheit. Einnachhaltiges Management der Wasservorkommen bedeu-tet, mit planerischen und ökonomischen Instrumenten einewirksame Steuerung der unterschiedlichen Wassernutzun-gen herbeizuführen. Dies gilt in besonderem Maße für dielandwirtschaftliche Bewässerung und die sparsame Was-serverwendung in Industrie, Haushalten und Gewerbe.

2.4.3 Wachsende Bedrohung der Kulturland-schaften

(323) Die Art und Weise, in der die lokalen und regionalenGemeinwesen im Laufe der Jahrhunderte die Umwelt be-handelt und den Boden kultiviert haben, hat zu einer großenlandschaftlichen Vielfalt und differenzierten Bodennutzunggeführt (vgl. Karte 13). Diese Landschaften tragen zurIdentität der unterschiedlichen Regionen bei, und ihre Viel-falt stellt ein wichtiges Element für das kulturelle Erbe derEU dar. Dieses ist allerdings nicht nur von historischemoder ästhetischem Wert oder für den Erhalt der biologi-schen Vielfalt wichtig, vielmehr ist es auch in wirtschaftli-cher Hinsicht von Interesse. Durch die Besonderheit einerLandschaft können die Qualitäten eines Gebietes heraus-gestellt und somit neue Industrien, Tourismus oder andereInvestoren angezogen werden. Die Bedrohung der Kultur-landschaften in der EU hängt eng mit der Rationalisierungund Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion so-wie der Aufgabe extensiver Landbewirtschaftung in eini-gen Gebieten zusammen. In anderen Teilen der EU sindTrends zur Marginalisierung zu beobachten. Zudem beein-flussen die Ausbreitung der Städte und vereinzelte Ansied-lungen, die im wesentlichen aus Zweitwohnungen beste-hen, die Kulturlandschaften.

(324) Die Zerstörung von Landschaften geht nicht immerdramatisch vonstatten. In einigen Gebieten geschieht sieallmählich und fast unbemerkt. Daher kann sich die Ent-wicklung einer spezifischen Strategie zum Schutze dieserLandschaften schwierig gestalten, da ihr Wert in der ge-samten Zusammensetzung und nicht in einzelnen Elemen-ten besteht. Die Landschaften sind zudem untrennbar mitihrer Nutzungsart verbunden. Mit Hilfe von Raumentwick-

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Themen der Raumentwicklung von europäischer Bedeutung

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Einige Fonds der Europäischen Gemeinschaft sind ge-eignet, integrierte Projekte der Raumentwicklung zu un-terstützen.

Wirtschaftlicher und sozialer ZusammenhaltUnter dem Dach der Strukturfondsverordnung fördernvier Hauptfonds den wirtschaftlichen und sozialen Zu-sammenhalt: der Europäische Fonds für regionale Ent-wicklung (EFRE), der Europäische Sozialfonds (ESF),der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds fürdie Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung „Ausrichtung“,und das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fi-scherei (FIAF). Im Hinblick auf Projekte der Raument-wicklung sind die Gemeinschaftsinitiative INTERREGII C (vgl. B.3.2) und die nach Artikel 10 EFRE durch-geführten innovativen Pilotaktionen von besonderer Be-deutung (vgl. B.3.3).

Das Programm TERRA unter Artikel 10 EFRE zielt aufNetzwerke lokaler und regionaler Behörden ab, dieKompetenzen zur Raumplanung haben. Die Projektesind interregional. Gefördert werden Kooperation undErfahrungsaustausch zwischen in geographischer Hin-sicht vergleichbaren lokalen Behörden, um gemeinsameProblemlösungen zu entwickeln. Eine Initiative zieltz. B. auf Problemstellungen und Lösungsansätze zurnachhaltigen Entwicklung in Flußgebieten ab. Ebenfallsunter Artikel 10 unterstützt das Programm RECITE in-terregionale Projekte und Netzwerke regionaler und lo-kaler Behörden in der EU.

Förderung der Zusammenarbeit mit Mittel- undOsteuropa sowie dem MittelmeerraumEinige Finanzierungsinstrumente zielen darauf ab, dieEntwicklung in der EU und Gesamteuropa zu fördern,wobei die Programme PHARE (mitteleuropäische undbaltische Staaten), TACIS (Neue Unabhängige Staatender ehemaligen Sowjetunion und Mongolei) und MEDA(südliche Mittelmeer-Anrainerstaaten) besonders be-deutsam sind.Das Programm PHARE für Staaten Mitteleuropas unddie baltischen Staaten unterstützt die Heranführung bei-

trittswilliger Staaten an die zukünftige Mitgliedschaft inder EU. Dies erfolgt hauptsächlich über Zuschüsse zurerfolgreichen Bewältigung der Erfordernisse des Trans-formations-Prozesses, aber auch durch eine Vielzahl an-derer Aktivitäten, darunter auch das Teilprogramm zurgrenzübergreifenden Kooperation. Hieran beteiligensich Regionen an den Außengrenzen der genanntenStaaten zur EU. Dieses Programm hat komplementäreAnsätze zu den EU-Gemeinschaftsinitiativen INTER-REG II A und INTERREG II C und soll damit auch diegrenzübergreifende und transnationale Zusammenarbeitzwischen Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten derEU unterstützen. Dabei werden auch multi-sektoraleProjekte gefördert.

Das Programm TACIS unterstützt den Transfer vonKnow-how, Erfahrungsaustausch, Errichtung von Part-nerschaften, Netzwerken, Zwillings- und Pilotprojek-ten. Seit 1996 besteht bei den regionalen Programmeneine Budgetlinie zur grenzüberschreitenden Kooperati-on, mit der sowohl Projekte an den Grenzen zu EU-Staaten als auch zu den anderen mittel-und osteuropäi-schen Staaten unterstützt werden können. Schwerpunk-te sind Netzwerke, die Lösung von Umweltproblemensowie die Zusammenarbeit auf lokaler Ebene (jeweilsgrenzübergreifend).

Das Programm MEDA finanziert die Entwicklung von Kooperationsprojekten und den Austausch von Er-fahrungen und Know-how unter den EU-Mitgliedstaa-ten sowie Nichtmitgliedstaaten im südlichen Mittel-meerraum. Die Zusammenarbeit berücksichtigt Fach-politiken mit größeren Auswirkungen auf die räumlicheEntwicklung, wie etwa Verkehrspolitik, und soll die allmähliche Errichtung einer Freihandelszone unter-stützen.

Unterstützung der Umwelt LIFE ist ein Finanzierungsinstrument für innovativeUmweltprojekte und fördert die diesbzügliche Zusam-menarbeit unter den Mitgliedstaaten der EU. Nachhal-tiges Bodenmanagement stellt einen Schwerpunkt dar.

3 Ausgewählte Programme und Leitbilder füreine integrierte Raumentwicklung

3.1 Raumwirksame EU-Förderprogramme

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Die transnationalen Programme gliedern sich in drei Be-reiche: Zusammenarbeit in der allgemeinen Raument-wicklung, Milderung der Folgen von Flutkatastrophen undVorbeugung gegen Dürre. Im folgenden werden die vonder Europäischen Kommission als Basis für eine Finan-zierung genehmigten Programme zur allgemeinen Raum-entwicklung (derzeit sieben) vorgestellt. Im Unterschiedzu INTERREG II A (grenzübergreifende Zusammenar-beit) erstreckt sich die transnationale Zusammenarbeit un-ter II C auf wesentlich größere Räume (vgl. hierzu auchKarte 4 in Kapitel A.4.3). Die Zielkombination orientiertsich an den Vorgaben von INTERREG II C, welche imEinklang mit der Konzeption des EUREK stehen.

Die Ziele sind:- zur ausgewogenen räumlichen Entwicklung der EUbeizutragen, d. h. durch geordnete und möglichst opti-male Allokation raumwirksamer Maßnahmen, Entwick-lung adäquater Kommunikationsnetze, Verringerungvon Entwicklungsunterschieden und Erarbeiten vonStrategien zur Nachhhaltigkeit den wirtschaftlichen undsozialen Zusammenhalt zu fördern, – die räumlichen Auswirkungen der Politik der Ge-

meinschaft im Hinblick auf die Raumentwicklung zuverbessern und

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– auf die transnationalen Räume abzielende Verbesse-rungen der Zusammenarbeit zwischen den für Raum-planung zuständigen nationalen Instanzen herzustel-len, und zwar dergestalt, daß für staatenübergreifen-de, zusammenhängende Räume Entwicklungsprio-ritäten definiert werden.

Programme zur Zusammenarbeit in der Raumplanung:– Nordseeraum,– Ostseeraum,– Atlantischer Raum,– Südwesteuropa,– Westliches Mittelmeer und Südalpen,– Adria-, Donau-, mittel- und südosteuropäischer

Raum (CADSES),– Nordwesteuropäischer Metropolraum.

Die Programme nehmen sich der oben genannten Ziele inunterschiedlicher Gewichtung und Ausrichtung an. Dazusind zu jedem Programm eine Anzahl von Prioritäten(Sub-Programme, die nach Maßnahmen und Handlungs-feldern gegliedert sind) definiert worden. Diese erstreckensich in unterschiedlichen Kombinationen auf die in Kapi-tel A.3 angeführten politischen Optionen.

Ausgewählte Programme und Leitbilder für eine integrierte Raumentwicklung

Handlungsfeld/Programm Nordsee- Ostsee- Atlantischer Südwest- Westliches CADSES Nordwest-raum raum Raum europa Mittelmeer europäischer

und Südalpen Metropolraum

Entwicklung gemeinsamer X X XPlanungsprozesse und inte-grierter Programmstrategien

Entwicklung polyzentrischer Städtesysteme X X X X X

Entwicklung ländlicher Gebiete X X

Verbesserte Beziehungen zwischen Stadt und Land X X X X X X

Entwicklung multimodaler X X X X X X XVerkehrssysteme und ver-besserter Zugang zu Infrastrukturen

Verbesserung des X X XZugangs zu Wissen und Information

Umsichtiger Umgang mit X X X X X XNatur- und Kulturerbe

Wirtschaftliche Entwicklung X X X Xim Tourismusbereich

Technische Hilfe X X X X X X X

3.2 INTERREG II C-Programme

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EUREK

ARCHI-MED – Südöstlicher Mittelmeerraum. Teil-nehmer: Griechenland, Italien, (Zypern, Malta)Ziele:I Entwicklung umweltfreundlicher, multimodaler

Transportsysteme und Integration von Inseln in dasinternationale Transportsystem,

I Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich derSchiffahrt, Erhöhung von Qualität und Effizienz beimGewässerschutz und bei der Verkehrssicherheit auf See,

I qualitativ hochwertiger Tourismus, Effizienzsteige-rung touristischer Dienste und Infrastruktur,

I verbesserter Natur- und Landschaftsschutz durch Si-cherung und Steigerung der Artenvielfalt,

I genauere und systematische Wissensbasis über denBestand und die Gefährdung des kulturellen Erbessowie Erhaltung und Erweiterung des Bestandes zurHebung der Landschaftsqualität,

I Förderung der Umwelt als Entwicklungsfaktor imMittelmeerraum.

Nördliche Peripherie. Teilnehmer: Finnland, Schwe-den, Vereinigtes Königreich, (Norwegen)Ziele:I Übergeordnete Zielvorgabe ist, durch transnationa-

len Erfahrungsaustausch eine Verbesserung derDienstleistungen und Wertschöpfung im Hinblickauf Nachhaltigkeit zu erreichen. Dies umfaßt die Zu-sammenarbeit in der Raumentwicklung, da die Ent-wicklung wirtschaftlicher Aktivitäten und sozialerDienste in den Zielregionen einbezogen ist. Es wirdkein gemeinsamer Planungsprozeß angestrebt, son-dern nur ein verbesserter Erfahrungsaustausch.

I Die gemeinsame Strategie zielt auf die Gewinnungneuer Erkenntnisse über innovative und gut geeigneteLösungen zum nachhaltigen Wirtschaften ab. Diesschließt Produktion, Dienstleistungen und Flächennut-zung ein, und zwar unter besonderer Berücksichtigungder speziellen Bedingungen in peripheren Regionendes Nordens. Dazu zählen extrem geringe Bevölke-rungsdichte, große Entfernungen und hartes Klima.

Alpenraum/Ostalpen. Teilnehmer: Deutschland,Italien, ÖsterreichZiele:I Weiterentwicklung gemeinsamer Visionen und

Raumentwicklungsstrategien in Anlehnung an dasDokument „Grundlagen einer Europäischen Raum-

entwicklungspolitik“ (Leipzig) sowie andere rele-vante Dokumente (Venedig 1996),

I Förderung von transnationalen, grenzüberschreiten-den und transeuropäischen Netzwerken zwischenGemeinden und Regionen der Alpen, insbesondereim Bereich der Raumentwicklung,

I Verbesserung und Entwicklung nachhaltiger sozio-ökonomischer Aktivitäten sowie umweltverträgli-cher lokaler Verkehrsnetze, insbesondere in ökolo-gisch bedrohten Gebieten; Entwicklung neuer For-men zur Sensibilisierung der lokalen Bevölkerung,um sie zu verstärktem Engagement bei der Betreu-ung und Kontrolle empfindlicher und bedrohter Ge-biete anzuregen,

I Testen innovativer Aktionslinien in einem Gebiet mithohem Konfliktpotential zwischen wirtschaftlicherProsperität und Naturschutz.

Mediterranes „Gateway“. Teilnehmer: Spanien,Portugal, (Marokko)Ziele:I Kampf gegen Verschlechterung und Verlust von

natürlichem und kulturellem Erbe,I Beitrag zu einer Europäischen Raumentwicklungs-

perspektive durch verbesserte kulturelle räumlicheVielfalt,

I Identifizierung und Bewertung der Unterschiedestädtischer und ländlicher Lebensformen,

I Hebung der Wettbewerbsfähigkeit der drei Teilneh-merstaaten durch verbesserte Nutzung des gemein-samen kulturellen Erbes.

Die drei vorgesehene Entwicklungsschwerpunktesind:I Verbesserung der Kenntnisse über und Bewertung

des gemeinsamen kulturellen Erbes,I nachhaltiger und integrierter Schutz des gemeinsa-

men Erbes mittels Studien zur Dauerhaftigkeit undDurchführbarkeit,

I Bewertung des Erbes im Bereich Architektur als Fak-tor ökonomischer Entwicklung anhand konkreterProjekte.

3.3 Pilotaktionen zur transnationalen Raumentwicklung unter Artikel 10 EFRE

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Beispiel: „Leitbild und Strategien rund um die Ostsee2010“, erstellt von Dänemark, Schweden, Finnland,Norwegen, Deutschland, Rußland, Estland, Lettland,Litauen, Weißrußland und Polen

AusgangslageDie Ostseeregion hat wertvolle Naturgebiete, die durchdie rasche Entwicklung gefährdet sind. In vielen Städtenverschlechtert sich die Umweltqualität durch wachsen-den Straßenverkehr, Luft- und Wasserverschmutzung,Überalterung der Bausubstanz, unangemesseneFlächennutzung, ungeeignete Müllentsorgung und an-dere Probleme. Es gibt weitere Umweltschäden auf an-deren Gebieten, die umgehender Abhilfe bedürfen. DieDringlichkeit dieser Probleme darf die Länder aber nichtdavon abhalten, langfristig tragfähige Lösungen zu er-arbeiten. Hierauf zielt das räumliche Leitbild für dieOstseeregion ab.

Zweck und StatusDas räumliche Leitbild für die Ostseeregion stellt einenersten Schritt zur Formulierung eines langfristigen Rah-mens für die Zusammenarbeit in vielen Bereichen dar. Essoll helfen, isolierte Aktionen und eine Verschwendungvon Ressourcen zu vermeiden. Es ist kein „Generalplan“,liefert den zuständigen Stellen aber den Kontext zum Ent-wurf ihrer eigenen Raumentwicklungspolitik.

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ZieleDas räumliche Leitbild für die Ostseeregion zielt aufdrei Teilbereiche:I ein Städtesystem von internationaler Bedeutung,I effektive und nachhaltige Verbindungen zwischen

den Städten,I die nachhaltige Entwicklung spezifischer Gebiete

(Küstenzone, Inseln, Grenzgebiete, ländliche Gebie-te, Naturschutzgebiete).

Damit verbundene Aktionsfelder zielen ab auf die:I Förderung konkreter Aktionen im Einklang mit dem

Leitbild,I Förderung einer ausgewogenen Entwicklung des

Ostseeraums sowieI Weiterentwicklung des räumlichen Leitbildes.

Bislang umfaßt die Arbeit folgendes:I Einberufung regelmäßiger Treffen der für Raumpla-

nung verantwortlichen Minister zur Ausarbeitung derLeitbilder und Strategien sowie Aktualisierung desAktionsprogramms,

I Erstellung von Vorschlägen für ausgewählte Pilot-projekte,

I Ausarbeitung eines Forschungsprogramms sowieI Förderung der Arbeit von Raumforschungsinstituten

innerhalb eines Netzwerkes.

Ausgewählte Programme und Leitbilder für eine integrierte Raumentwicklung

3.4 Räumliche Leitbilder

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Fläche Bevölkerung 1997 BIP 1997 Agrarsektor Arbeitslose 1997

Staat in 1000 km2 in Mio.** EW je km2 ECU je EW je EW (KKP) in % der ges. in % der Arbeits-(KKP)*** EU-15=100 BWS 1997* Besch. 1997* losenquote

in %**

Ungarn 93,030 10,1530 109 8.900 47 6,7 7,9 8,1

Polen 312,690 38,6600 124 7.500 39 5,9 20,5 11,2

Rumänien 238,390 22,5260 94 5.800 31 20,1 39,0 6,0

Slowakei 49,030 5,3870 110 8.900 47 6,0 8,6 11,6

Lettland 64,589 2,4584 38 5.100 27 7,4 18,3 14,4

Estland 45,227 1,4538 32 7.000 37 6,3 9,9 10,5

Litauen 65,301 3,7040 57 5.800 31 12,7 21,9 14,1

Bulgarien 110,990 8,2830 75 4.400 23 15,4 24,4 15,0

Tschechien 78,870 10,2991 131 12.000 63 5,0 5,8 4,7

Slowenien 20,270 1,9849 98 13.000 68 4,4 10,1 7,3

MOEL 10 1.078,387 104,891 97 n.v.

Zypern 9,251 0,746 81 n.v. n.v. 4.5 10,0 3,4in % der in %

ges. BWS der Besch.1995** 1995*

Belgien 30,518 10,154 333 21.470 113 1,7 2,7 9,2

Dänemark 43,094 5,236 122 21.850 115 3,7 4,4 5,5

Deutschland 356,974 80,567 226 21.090 111 1,0 3,2 10,0

Griechenland 131,957 10,266 78 12.920 68 14,7 20,4 9,6

Spanien 504,782 38,910 77 14.820 78 3,7 9,3 20,8

Frankreich 543,956 56,818 104 19.760 104 2,5 4,9 12,4

Irland 70,285 3,605 51 18.620 98 7,5 12,0 10,1

Italien 301,302 56,648 188 18.810 99 2,9 7,5 12,1

Luxemburg 2,856 0,416 146 30.140 162 1,5 3,9 2,6

Niederlande 41,685 15,335 368 20.140 106 3,6 3,8 5,2

Österreich 83,845 7,906 94 21.280 112 2,4 7,3 4,4

Portugal 92,27 9,848 107 13.300 70 5,1 11,5 6,8

Finnland 338,144 5,112 15 18.620 98 5,2 7,8 13,1

Schweden 449,956 8,837 20 19.000 100 2,1 3,3 9,9

Verein. Königr. 241,752 57,854 239 18.810 99 1,6 2,1 7,0

EU-15 3.233,376 367,512 114 19.000 100 2,4 5,3 10,7

* Quelle: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Regelmäßige Berichte der Kommission über die Fortschritte auf dem Weg zum Beitritt.Brüssel 1998 (Internetversion)

** Quelle: EU-Staaten – Eurostat 1999: Eurostatistik, Daten zur Konjunkturanalyse – Themenkreis 1, Reihe B. Brüssel 1999; MOEL – Eurostat1999: Statistisches Jahrbuch für die MOEL 1998. Brüssel 1999

*** BIP/EW in KKP Volumenindex – es handelt sich um die überarbeiteten Daten aus dem internationalen Vergleichsprojekt 1996 zu Kaufkraft-standards (OECD, Eurostat, Nat. Statist. Ämter), Kaufkraftstandard-Wechselkurse (KKS) werden anstelle der amtlichen Wechselkurse benutzt,um den relativen Lebensstandard zu schätzen. Kostenunterschiede in den Staaten sind berücksichtigt.

4 Basisdaten für die Beitrittsstaaten und Mitgliedstaaten

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Anmerkungen:

1 MERCOSUR : Zusammenschluß von Argentinien, Brasilien, Para-guay und Uruguay zu einem gemeinsamen Markt

2 Der Währungsunion sind am 1.1.1999 beigetreten: Belgien, Deutsch-land, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Nieder-lande, Österreich, Portugal und Spanien

3 Zum Vergleich: Die USA haben etwas mehr als 260 Mio. Einwohnerauf einer Fläche von 9,4 Mio. km2 und erwirtschaften ein jährlichesBruttoinlandsprodukt von ca. 6 Bill. ECU, das - umgerechnet in Kauf-kraftstandards - ziemlich genau dem BIP der EU entspricht (vgl. Sta-tistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch 1998 für das Ausland.Wiesbaden 1998)

4 Eigene Berechnungen des Bundesamtes für Bauwesen und Raumord-nung (BBR), Bonn

5 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.) : Sechster pe-riodischer Bericht. (im Druck)

6 Für statistische Zwecke ist das Gebiet der EU in 208 NUTS-2-Ge-bietseinheiten (ohne französische Überseedépartements) unterglie-dert, die - wenn nicht anders vermerkt - im folgenden dem Regions-begriff zugrunde liegen

7 vgl. auch: Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.) :Sechster periodischer Bericht. S.12 (im Druck)

8 vgl. hierzu im einzelnen: Titel I Artikel 2 der nach dem AmsterdamerVertrag konsolidierten Fassung des Vertrages über die EU

9 World Commission on Environment and Development: Our CommonFuture. New York 1987

10 Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.):Grundlagen einer europäischen Raumentwicklungspolitik. Bonn 1995

11 Ebd.

12 For an important step towards a concerted spatial planning: Documentof the Belgian Presidency on Spatial Planning, Informal meeting onRegional Policy and Spatial Planning. Liège 12-13 November 1993

13 Ministry of National Economy, Ministry for the Environment, Physi-cal Planning and Public Works: Informal Council of Regional Policyand Spatial Planning Ministers. Conclusions of the Presidency andDocuments. Corfu, 3-4 June 1994. Athens, October 1995

14 vgl. Fußnote 10

15 French Presidency, European Union 1995: The European Spatial Deve-lopment Perspective. Informal council of ministers responsible for spa-tial planning and regional policies. Strasbourg, 30 and 31 March 1995

16 Ministerio de Obras Públicas, Transportes y Medio Ambiente(Hrsg.):Balance of the Spanish Presidency of the European Union with res-pect to Spatial Planning. Serie monográficas. Madrid 1996

17 Presidenza del Consiglio dei Ministri, Dipartimento per il coordina-mento delle politiche comunitarie (Hrsg.): European Spatial Plan-ning. Ministerial Meeting on Regional Policy and Spatial Planning.Venice, 3 and 4 May 1996. Roma 1996

18 Der Ausschuß für Raumentwicklung wird von der jeweiligen Präsi-dentschaft geleitet und setzt sich aus den für die Raumordnung bzw.räumliche Entwicklung zuständigen Vertretern der nationalen Regie-rungen der Mitgliedstaaten sowie der EU-Kommission zusammen.Die Sekretariatsfunktion nimmt die Europäische Kommission wahr

19 European Communities (Hrsg.): European Spatial Development Per-spective. First official draft presented at the informal meeting of Mi-nisters responsible for spatial planning of the member states of the Eu-ropean Union. Noordwijk, 9 and 10 June 1997

20 Ministerium für Raumordnung Luxemburg (Hrsg.): Konzept zur Er-richtung eines „Netzwerk Europäisches Raumplanungsobservatori-um“ (NERO). Echternach 1997

21 Informelles Treffen der für die Raumordnung zuständigen Ministerder Europäischen Union, Europäisches Raumentwicklungskonzept(EUREK). Glasgow, 8 Juni 1998, vollständiger Entwurf

22 The Future of European Spatial Development Policy – CSD andESDP after 1999. Report of the Austrian Presidency. CSD Seminar or-ganised by the Federal Chancellery under the Austrian EU Presiden-cy, 23-24 November 1998

23 Europäisches Parlament (Hrsg.): Entschließung zur Raumordnungund zum Europäischen Raumentwicklungskonzept, angenommen am02.07.98. Amtsblatt A4 - 0206/98

24 Ausschuß der Regionen (Hrsg.): Stellungnahme des Ausschusses derRegionen vom 14. Januar 1999 zu dem Europäischen Raumentwick-lungskonzept. Erster offizieller Entwurf. Brüssel, den 25. Januar 1999

25 Wirtschafts- und Sozialausschuß der Europäischen Gemeinschaften(Hrsg.): Stellungnahme zu dem Europäischen Raumentwicklungs-konzept. Erster offizieller Entwurf (Initiativstellungnahme). Brüssel,den 9./10. September 1998

26 Europäischer Rechnungshof: Jahresbericht zum Haushaltsjahr 1997

27 Ziel 1: Entwicklung und Strukturanpassung von Gebieten mit einempro-Kopf Einkommen von weniger als 75 % des Durchschnitts in derGemeinschaft

28 Ziel 2:Anpassung von Regionen, die vom Niedergang der industriel-len Entwicklung besonders betroffen sind

29 EG-Nitratregelung (91/676)

30 Wie vom Europäischen Rat in seiner Resolution vom 6. Mai 1994 ge-fordert (94/C 135/02)

31 Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung imJuni 1992 in Rio de Janeiro: Agenda 21

32 United Nations Conference on Human Settlements (Habitat II): TheHabitat Agenda. Goals and Principles, Commitments and Global Planof Action. Istanbul, Turkey 3-14 June 1996

33 vgl. German Association of Cities, Austrian Association of Cities,City of Vienna/Europaforum Vienna in co-operation with the FederalMinistry of Transport, Building and Housing in Germany, Federal Of-fice for Building and Regional Planning in Germany: Urban Exchan-ge Initiative. Report on elements of a sustainable urban developmentin the European Union. (Draft March 1999)

34 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): NachhaltigeStadtentwicklung in der Europäischen Union: ein Aktionsrahmen.28.10.1998 - COM/98/605 F, Luxemburg 1999

35 Europäische Strategie für Biodiversität (KOM(98)42)

36 Stockholmer Erklärung über eine nachhaltige Raumentwicklungspo-litik für die Ostseeregion. In: Leitbild und Strategien rund um die Ost-see 2010: Vom Leitbild zur Aktion. Vierte Konferenz der Raumord-nungsminister der Ostseestaaten. Stockholm, 22. Oktober 1996

37 Abkommen zum Schutz des europäischen Architekturerbes. Granada,den 3. Oktober 1985

38 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Erster Be-richt über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt 1996.Brüssel, Luxemburg 1996

39 Leitbild und Strategien rund um die Ostsee 2010. Vom Leitbild zurAktion. Vierte Konferenz der Raumordnungsminister der Ostseestaa-ten. Stockholm, 22. Oktober 1996

40 Beitrittsstaaten: dies umfaßt die Staaten, mit denen 1998 Beitrittsver-

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Anmerkungen

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einschließlich Mittel- und Osteuropa sowie des europäischen Teilsvon Rußland. Die EEA weist darauf hin, daß die Schätzungen derweltweiten Emissionen höchst unsicher sind.

60 ebd.

61 ebd.

62 Meeting of Ministers responsible for Spatial Planning of the MemberStates of the European Union, European Spatial Development Perspective (ESDP), Glasgow, 8 June 1998, Complete draft, S. 25

63 ebd., S. 26

64 National Spatial Planning Agency. Spatial Patterns of Transportation,Atlas on freight transport in Europe, The Hague, 1997, S. 6

65 Train/Air Complementarity (Astudy for the National Spatial PlanningAgency), Stratagem, Amsterdam, 1997

66 ebenda

67 ESDP, Complete draft, a. a. O., S. 30

68 KOM (98) 42-C4-0140/98

69 Statistisches Jahrbuch 1998 für das Ausland, a. a. O., S. 185

70 ESDP, First official draft, a. a. O., S.34

EUREK

handlungen aufgenommen wurden: Estland, Polen, Slowenien,Tschechische Republik, Ungarn und Zypern, sowie die assoziiertenmittel- und osteuropäischen Staaten, deren offizielle Beitrittsgesuchevorliegen: Bulgarien, Lettland, Litauen, Rumänien und SlowakischeRepublik

41 Grundlage für die Ausarbeitung dieses Kapitels ist: Biehl, Dieter u. a.(Institut für ländliche Strukturforschung Frankfurt a. M.): Raument-wicklungsperspektiven für die Erweiterung der Europäischen Union.Studie im Auftrag der Kommission der Europäischen Gemeinschaf-ten, 1998 (Veröffentlichung in Vorbereitung). Im Zuge der Erarbei-tung des Kapitels durch die österreichische Ratspräsidentschaft habenalle Beitrittskandidaten dazu Stellung genommen. Diese haben imübrigen zusammen mit den Nachbarländern der EU, Schweiz undNorwegen, auch zum „Ersten offiziellen Entwurf des EUREK” Stel-lung genommen

42 MERCOSUR: Zusammenschluß von Argentinien, Brasilien, Paragu-ay und Uruguay zu einem gemeinsamen Markt

43 Ultraperiphere Regionen: französische überseeische Départements,Azoren, Madeira, Kanarische Inseln

44 Berechnungen des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung(BBR), Bonn

45 Europäische Kommission (Hrsg.): EUROPA2000 – Perspektiven derkünftigen Raumordnung der Gemeinschaft. Amt für amtliche Veröf-fentlichungen der Europäischen Gemeinschaften. Luxemburg 1991

46 Europäische Kommission (Hrsg.): EUROPA 2000+ – EuropäischeZusammenarbeit bei der Raumentwicklung. Amt für amtliche Veröf-fentlichungen der Europäischen Gemeinschaften. Luxemburg 1995

47 Eurostat-Prognose, zitiert nach: Statistisches Bundesamt: Die Bevöl-kerung der Europäischen Union heute und morgen, Wiesbaden 1998

48 Eurostat Regio-Datenbank (Regionen: Statistisches Jahrbuch 1997)

49 Europäische Kommission (Hrsg.): Wettbewerbsfähigkeit und Kohä-sion: Tendenzen in den Regionen - Fünfter Periodischer Bericht überdie sozioökonomische Lage und Entwicklung der Regionen der Ge-meinschaft. Amt für amtliche Veröffentlichungen der EuropäischenGemeinschaften. Luxemburg 1994 und Sechster Periodischer Berichtüber die sozioökonomische Lage und Entwicklung der Regionen derEuropäischen Union. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Eu-ropäischen Gemeinschaften. Luxemburg 1999 (im Druck)

50 Europäische Kommission (Hrsg.): Erster Bericht über den wirt-schaftlichen und sozialen Zusammenhalt 1996. Amt für amtliche Ver-öffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften. Luxemburg 1996

51 Berechnungen des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung(BBR), Bonn

52 Erster Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt1996. a. a. O., S. 55

53 Sechster periodischer Bericht, a. a. O.

54 Wissen, L. van: Regional demography of enterprises in Europe: anoverview, Netherlands Interuniversity Demographic Institute, TheHague 1997

55 Eurostat Jahrbuch 1997, Luxemburg 1997

56 Statistisches Jahrbuch 1998 für das Ausland, a. a. O., S. 366

57 European spatial development perspective. Complete draft. Glasgow1998, S. 15 f.

58 Worldbank (Hrsg.): World Development Indicators 1998

59 European Environment Agency (EEA): Europe’s Environment. TheDobris Assessment. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Eu-ropäischen Gemeinschaften. Luxemburg 1995, S. 323 ff. Diese Werke beziehen sich auf das gesamte europäische Gebiet

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Europäische Kommission

EUREK - Europäisches RaumentwicklungskonzeptAuf dem Wege zu einer räumlich ausgewogenen und nachhaltigenEntwicklung der Europäischen Union

Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften

1999 — 93 S. — 21,0 x 29,7 cm

ISBN 92-828-7656-X

Preis in Luxemburg (ohne MwSt.): EUR 19