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A. v. Homeyer: Streif. fiber d. b(ihm.-sch]. Grenzgebirge. 355 Streifereien fiber die b hmisch.schlesischen Grenzgebirge. Von Alexander Yon Homeyer. Premier-Lieutenant im schlesischen Fiisilier-Regiment Nr. 38. I. Von Bunzlau nach Hirschberg. Das hfigelige Ackerland, durehweg sehr fruehtbar und be- bauet, ist zuweilen durch Felsziige durchsetzt oder mit felsigen H6hengruppen gekr6nt, oder dureh saftige Wiesen yon den Wald- parthien getrennt. Die Ufer des Bober sind oft recht felsig und steil, oft aber auch fiach, entweder kiesssandig oder dutch Wiesen begleitet. Dis Liirche und die Rothtanne machen den Hauptbestand der benaehbarten Wiilder und der in oder an dem Thal belassenen Baumgruppen aus, wie einzelne dieser B~tnme, die sich durch H~he oder Eigenthiimlichkeit auszeiehneten, aueh in den Giirteu verblieben. In diesen wird die Obstbaumzueht fleissig betrieben, und ist namentlieh der Birnbaum und die Goldreinette stark ver- treten. In der Naeht vom ]. zum 2. Mai hatte es Eis gefroren; gegen ffiuf Uhr Morgens ist es eminent kalt, yon dem mit Schnee be- deekteu Riesengebirge her wehete ein sehr scharfer Wind. Gegen sieben Uhr wird es warmer, die V6gel singen und die Schmetter- linge fliegen. Namentlich maehen sieh die Strafe bemerkbar, die hier zu Hunderten in den sogenannten Miisten (Nistklistehen) ein Obdach gefunden. Fast jeder Gartenbaum beherbergt 2 bis 3 Piir- ehen. Die Weibehen brfiten schon, die Mannchen aber singen yon den Biiumen herab oder sehreiten der Nahrung halber gra- vitlitisch auf den Wiesen einher. -- Die bier sehr hiiufigen Gold- ammern (E. cit~inella) zeigen eia sehr lebhaftes Gelb, die Raueh- sehwalben sind iichte rustica, d. h. weissbiiuehig, Saxicola ~'ubetra ist iiberall~ S.:rubicola nirgends anzutreffen. Bei L~iwenberg sehe ieh Motacilla sulphurea als el'sten Ge- birgsvogel, aber ebenda auch noch einen iichten Niederungsvogel, den Storch (C. alba), welcher der froschreichen Wiesen halber so weit aufwiirts ging. -- Gleich hinter Liiwenberg habe ieh eine freudige Ueberraschung: Von einer alten, isolirt stehenden Roth- tanne herab sing~; F~ingilla serinus, der Girlitz. Das V~gelehen verliisst seinen Sitz und gaukelt im bekannten Paarungsfluge fiber das Thal hinweg, :-- maeht eine grosse Schwenkung und setzt sich

Streifereien über die böhmisch-schlesischen Grenzgebirge

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A. v. H o m e y e r : Streif. fiber d. b(ihm.-sch]. Grenzgebirge. 355

Streifereien fiber die b hmisch.schlesischen Grenzgebirge. Von

Alexander Yon Homeyer. Premier-Lieutenant im schlesischen Fiisilier-Regiment Nr. 38.

I. Von Bunzlau nach Hirschberg. Das hfigelige Ackerland, durehweg sehr fruehtbar und be-

bauet, ist zuweilen durch Felsziige durchsetzt oder mit felsigen H6hengruppen gekr6nt, oder dureh saftige Wiesen yon den Wald- parthien getrennt. Die Ufer des Bober sind oft recht felsig und steil, oft aber auch fiach, entweder kiesssandig oder dutch Wiesen begleitet.

Dis Liirche und die Rothtanne machen den Hauptbestand der benaehbarten Wiilder und der in oder an dem Thal belassenen Baumgruppen aus, wie einzelne dieser B~tnme, die sich durch H~he oder Eigenthiimlichkeit auszeiehneten, aueh in den Giirteu verblieben. In diesen wird die Obstbaumzueht fleissig betrieben, und ist namentlieh der Birnbaum und die Goldreinette stark ver- treten.

In der Naeht vom ]. zum 2. Mai hatte es Eis gefroren; gegen ffiuf Uhr Morgens ist es eminent kalt, yon dem mit Schnee be- deekteu Riesengebirge he r wehete ein sehr scharfer Wind. Gegen sieben Uhr wird es warmer, die V6gel singen und die Schmetter- linge fliegen. Namentlich maehen sieh die Strafe bemerkbar, die hier zu Hunderten in den sogenannten Miisten (Nistklistehen) ein Obdach gefunden. Fast jeder Gartenbaum beherbergt 2 bis 3 Piir- ehen. Die Weibehen brfiten schon, die Mannchen aber singen yon den Biiumen herab oder sehreiten der Nahrung halber gra- vitlitisch auf den Wiesen einher. - - Die bier sehr hiiufigen Gold- ammern (E. cit~inella) zeigen eia sehr lebhaftes Gelb, die Raueh- sehwalben sind iichte rustica, d. h. weissbiiuehig, Saxicola ~'ubetra ist iiberall~ S.:rubicola nirgends anzutreffen.

Bei L~iwenberg sehe ieh Motacilla sulphurea als el'sten Ge- birgsvogel, aber ebenda auch noch einen iichten Niederungsvogel, den Storch (C. alba), welcher der froschreichen Wiesen halber so weit aufwiirts ging. - - Gleich hinter Liiwenberg habe ieh eine freudige Ueberraschung: Von einer alten, isolirt stehenden Roth- tanne herab sing~; F~ingilla serinus, der Girlitz. Das V~gelehen verliisst seinen Sitz und gaukelt im bekannten Paarungsfluge fiber das Thal hinweg, :-- maeht eine grosse Schwenkung und setzt sich

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wieder, auf die alte Fichte. - - Von jetzt an sehe i eh in jedem Dorfe Girlitze, und je naher ieh an Hirsehberg komme, desto zahl- reieher werden sie.

2. Das H i r s e t i b e r g e r Thal.

Dieses Thal wird nach Siiden durch das Riesen-, nach Westen durch das Iser-Gebirge~ nach Norden.und Osten zu dutch die Vor- hOhen eingeschlossen, wahrend zahllose kleine oder gr0ssere Hiigel- gruppen aus dem grossen flachmuldigen Thale hervorsehen und mit ihrer Bewaldung und nackten Felsparthien diesem ein so iiberaus liebliches-Ansehen geben. Dabei ist das Thal yon W.-O.. gegen sechs Meilen lang und yon N.-S. gegen fiinf Meilen breit. Dureh- flossen wird es yore Bober mit vielen Nebenw~issern, w~hrend viele Teiche vorzugsweise am Fuss des Gebirges zwisehen Warm- brunn und Sehmiedeberg liegen. Das Thal liegt sehr gesehiitzt, ihm verdankt Warmbrunn seinen Ruf.

Zwei V6gel ziehen hier meine Aufmerksamkeit auf sich, Frin- gilla serinus un~l Turdus: pilaris. Beide sind an nur irg'end ge- eigneten Lokalitaten sehr h~tufig und oftmals zusammen anzutreffen. So z. B: auf dem Cavalierberg bei Hirschberg, wie in den Pro- menaden Warmbrunns. Der Cavalierberg liegt in der n~ehsten Nahe der Stadt, es ist ein mit Nadel- und Laubholz bewaldeter flacher Kegelberg: und als Vergniigungsort der St~idter mit vielen Kaffee- und :Bierwirthsehaften versehen. Dureh die Holzparthien .fifln-en breite kiessandige Wege, durch Blumenbeete oder son- stigeGartenanlagen hier und da begleitet, so dass tier Wald- charakter auih6r~ und das Ganze einem Park gleicht. Der Ver- kehr is~ bier sehr lebhaft, die Musik spielt fast taglich. Trotz alledem nun beherbergt unser Berg eine sehr starke Wachholder- drossel-Colonie. Die VOgel haben sieh vollst~indig an. das bunte Treiben gew6hnt und jeglicheMenschenscheu abgelegt: Sie singen yon den die Gastwirthschaften umstehenden Fichten oder L~rchen herab, oder fliegen den der Stadt zuliegenden, ebenfalls sehr be- Iebten Wiesen zu, um hier mit den Staaren der Naln'ung nach- zugehen. Mich hat diese Zutraulichkeit, die ieh im Park yon Warm- brunn Wiederfand, unwillkiibrlich auf den Gedanken gebraeht, dass sie den noeh mensehenfreundlicheren Staaren abgelernt wurcle. Da beide Colvnien in gemischten Best~nden slob: betanden, so wo.llte ich dureli die Nestlanlage gern eons~tiren i weleher Holzart der u gegeben wiirde, ~ Wenn ich nun~ auch mehrere Nester

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auf der Rothtanne, der Kiefer und der L~rehe - - und keins auf Laubholz -- fund, somit die u fiir Nadelholz sehr nahe liegb, so ist doch nieht ausser Aeht zu lassen, dass die Laubh01zer der dicht benachbarten Lage des Riesengebirges halber Anfang Mai -- also schon in der Brutzeit unserer V6gel - - noch nicht oder doeh nur wenig mit Blattern versehen sind, also noch keine geeigneten Nistpl~tze abgeben k6nnen, wahrend d ies das Nade l - holz zu jeder Zeit in vollem Maasse thut. Dieser Umstand spricht entschieden mit~ denn in Nieder-Schlesien habe ich nie eine Vor- liebe ffir eine gewisse Baumart gefunden - - es sei denn fiir die Eiehe und ffir die Kiefer, also fiir eine Laub- und ffir eine Nadel- holzart. Wie wenig Turdue pilari8 bei der Nestanlage wahlerisch ist, so sei nut erw~hnt, dass auf dem Cavalierberg, also unter denselben Verh~ltnissen, ieh einige Nester hochoben auf Larchen (80 Fuss hoch) und auch tiefunten auf dem kleinen Kiefernnaeh- wuchs (6--8 Fuss hoeh) land.

So h~ufig nun hier auc h F~ingilla serinu8 ist, so finde ich doeh nur zwei Nester. Nach Herrn K o r b in Hirschberg und Herrn Dr. reed. Luchs in Warmbrunn ist der Girlitz im Hirseh- berger Thal erst gegen acht Jahre, w~hrend Turdus pilari8 sehon seit vielen Jahren ansassig i s t .

Dr. Luchs hat fibrigens eine ganz nette V~gelsammlung. Sehade nur, dass jener Herr die Lust verlor, welter zu sammeln und sich f i i r das Gesammelte zu interessiren. Jedermana weiss, wie schnell eine Sammlung leidet, wenn die schiitzende Hand fehlt. Es ist recht schade durum. In der Sammlung ~ h ich St~ix dasyp~s vielfach und S~,r/x passerina ein Mal, dutch Herrn Heydrieh ira Iser..Gebirge gesammelt. Naeh Dr. Luehs kommt Merops apiaster alljahrlich zwischen Warmbrunn und ttirchberg, Accentor alpinussehr selten auf dem Zuge im Gebirge vor; Fr/n- gilla nivalis sei dann und warm, Alauda alpest,'is jeden Winter und Charadrius mo~'inellus sehr selten anzutreffen.

Was den Zug der VOgel yore 4. bis 18. Mai anbetrifft, so notire ich : A m 4. Muscicapa grisola, am 7. Cypseh~s apus ange- kommen. Am 9. singt Sylvia hortensis und Hy~olais. - - Inzwisehen hat sich auch Sylvia atrica2"illa und sibilatrix, und ~n den Teiehen bei Buchwald sogar Calamoherpe a~ndinacea und Crex :pratensi8 eingefunden~ wi~hrend bei Warmbrunn Gallinula chlorol~us , Fulica atra und Anas querquedula bereits an die Brut denken.

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3. U e b e r K o e h e l - und Z a c k e n f a l l a u f den Kamm. Am 18. Mai gegen 5 Uhr kbends verliessen zwei Touristen

Hirschberg, frohen kIuths dem Gebirge zuschreitend. Beide, der Premier-Lieutenant yon Ktigelgen, sowie der Schreiber dieser Zeilen, liessen ~n ihrem heutigen Erscheinen nicht im Entferntesten an die militairisehe Wirksamkeit der letzten Tage als Landwehr, Compagnie-Fiihrer denken.: Umgehitngte Botanisirtrommel und lunge L. Carillo-Pist01e abet liessen schliessen, dass diese Tour naturwissenschaftlichen Beobachtungen gewidmet sein sollte.

In Hermsdorf am Kynast machte ich die Bekanntsehaft des Herrn Forstmeister Bormann, und erhielt mit der gr6ssten Be- reitwilligkeit die Erlaubniss, f'm- wissensehaftliche Zwecke V6gel sehiessen zu dfirfen. - - Wir blieben in ttermsdorl" zar Nacht; mor- gens fi'fih marschirten wir am Fuss des Gebirges auf Petersdorf zu. Der Girlitz ist hier iiberall sehr haufig, h6rt abet oberhalb Petersdorf, d. h. beim Eintritt in das Gebirge, vollstiindig auf . Zwei en passant gefimdene Nester sitzen auf dem Bfi'nbaum. Besonders zahlreich ist auch gypolais, Lanius collu~'io lind Alauda eris~ata. Die Spottv(igel sind bier fast alle vorzfigliche Sanger .

Das Kochel-Thal his zur Josephinen-Hiitte ist stei! einge~ schnitten, nieht breit und vornehmlich mit Roth- and Edeltannen~ wie mit Buchen bewaldet. Motacilh~ sulThurea ist fiberall, doeh behauptet jedes Paar sein Revier.

Als wir welter aufwarts pilgern, da haben wir eine sch6ne Ueberrasehung: Vierzehn B~en , d. h. wirkliche Baren~(Ursua arches) kommen uns entgegen, doch nidht fi~ei~ s0ndern mit einem Ring dureh die Nase und yon ein~gen zwanzig Zigeunern gef~tihrt. Die Leute geben an~ aus Serbien zu sein. Die Biixen sind dureh- weg kleine verkfimmerte Thiere; unsere ttunde thun so, als lob sie nichts Fremdes vor sieh hatten, doch als ganz znletzt ein wirklieh sehr starker Bar folgte, da gerietben sie in fieberhafte Aatregung, sie sprangen seitwarts, straabteu die Rfickhaare und bellten heulend. - - Was Einem doch klles begegnen kannl

Am Koeheliall ist Reg~h~s haufig, Accentor modularis bier und da~ Cinclus aquaticu8 nieht, wie iiberhaupt aueh nieht am Koehel und Zacken anzutreffen.

Die Vegetation um die Josephinenhiitte ist m4gefahr dieselbe wie im Thai; oberhalb derselben h6rt jedoch das Laubholz auf, w~hrend bis zum Zaekenfall die Rotht~nne in diehten Bestiinden and grosser Ueppigkeit vorherrseht. Welter oberhalb fangt die-

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selbe an, bei noch g]eieher Gr~isse in verkiimmerter Form auf -~ zutreten. Die Biiume stehen nicht mehr so dieht, and der Unter- grund zeigt einen durch allerhand Moose und Flechten verwebten Teppieh, in welehem Polyganum hi, terra, Ranunculus aconitifolia und Epilobien als Charakterpflanzen ge!ten. - - Hier fand ieh ein M~scica2aa grisola-Parchen brfitend. Die Form der Rothtanne an- deft yon Neuem ab. Viele sta~ken Stamme erreiehen nut die H(ihe yon acht bis zehn Fuss, die Wipfel sind gewOhnlich abge- broehen, die Aeste, vom starken Sehneedruek im Winter zur Erde geneigt, reiehlieh mit Bartflechten bekleideL. Hier ist es, we ich zuerst das langgezogene Ciiib des Turdus torquatus hOre. DerVogel sitzt auf der Spitze einer Krtippelkiefer, lockt immerwiihrend and lasst deutlich erkennen, dass er hier das Nest habe.

Jetzt . treten wir auf den Kamm des Riesengebirges. Ein rauher Wind kommt uns entgegen und liisst uns in der neuen sehlesischen Grenzbaude einspreehen. Wir befinden uns jetzt in einer Hohe yon 3733 Fuss. Das Knieholz (Pinus Tumila) (iber. zieht stxaaehartig grosse Strecken, in sich grosse Gruppen bil- dend. Anemone narcissiflora und altgna treten auf, die erstere grosse Strecken bedeckend, die letztere einzelner. Zwisehen dem Knieholz sind stellenweise kahle Moorwiesen, welche mit ver- sehiedenen Torfmoosen und allerlei Seggen (Carex li.mosa und Eriophorum alpinum) bedeckt sind. A u s ihnen steigt in schrager Linie eilfertig und laat singend ein kleiner Vogel auf, in welchem ieh sofort den Fieper and dana aueh gleieh den Wasserpieper (~tnthua aquaticus) erkenne. Das Aufsteigen, wie die Art des Sin: gens, ist ganz so wie beim Baumpieper (~/. arboreus), aueh die Ge- sange gleiehen sich sehr, doeh ist beim Wasserpieper das Tempo sehneller und der Ton feiner and barter, "kraftiger vorgestossen, wodarch nicht das Sanfte und Melodische des Baumpiepergesanges erreioht wird, and deshalb auch ,diesem nachsteht.

Bei den Sehneegruben langen wir gegen acht Uhr Abends an and bleiben in der dortigen Baude zur Nacht.

4. Die S c h n e e g r u b e n und das E lb tha l .

Sehon vier Uhr Morgens verlassen wit das Strohlager. Es ist sehr kalt; die Sonne geht gerade auf, ieh m~::he mich vor die Thfir und horche. Der Elbfall rauscht, dis Birkhi~hne locken zahlreich in den Thalern, ~namentlich nach Warmbrunn zu, Anthua aquaticu8 steigt bereits in die Luft, eine Feldlerche (Alauda ar.

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Alexander v.: H o m e y e t :

vensis) zieht in mittler H0he singend vorbei. Jetzt ist es Tag, Ieh nahere mieh den Schneegruben, die Sonne beseheint sehon die steilen Basaltfelsen, ieh sehe yon oben in die Tiefe und habe abermals eine Ueberraschang. Von alien Seiten ersehaIlt yon unten her ein Girreh gehmgehmgehmgehm, was sich im sehreien- den Ton ohne Unterbrechung lange wiederholt. Das war dean eine grosse Freude ftir reich, bier so unerwartet einen alten Be- kannten wiederzufinden i denn was war es anders ats Accen~or alpim~, der bier ziemlieh zahh'eieh seine Wohnstatte aufgeschlagen hatte. Ieh lege reich oben an den Rand, und immerwiihrend in die Tiefe sehauend, gewohnt sich bald das Auge an die grosse Entfernung und erspi~ht das Erwtinschte. Zwei Vi~gel befindeu sich ungef~thr in ] der Tiefe yon unten, sie laufen auf den sehar. fen wagrechten Kanten der Felswand ent|ang, spielen mit einander, zwitschern und singen, kosen - - b e g a t t e n sieh, :- fiiegen dann tiber d ie Schlucht hinweg, um drtiben ihre Liebkosungen zu er- neuern. - - Andere VOgel treiben es ~hnlich, - - sie laufen an deu Felswanden, suchen Nahrung, hadern mit einander, ziehen fliegend tiber die Schlueht und schwingensieh, jenseits angekommen, kurz vor der Felswand bis I der H0he auf u n d singed yon tier vor- springendeu Kante. Der Gesang, den ich sehrl genau yon meinen Stubenv0ge!n her kannte, hat nichts Hervorragendes. Die Lock- tCine girreh gehmgehmgehm s ind , etwas laater und st4rker vor, gestosson, die TOne des Sehreekens~ and im ruhigen Tempo eine Hauptstrophe des Gesanges. Wenngleich diesel- nun auch noch aus anderen sanftea Tonweisen besteht~ die oftmals an die be.sseren Stellen des Saxicola-oenanthe-Gesanges e r i n n e m , _ wie z. B, ht{delt~ hiidelt, hfih (auf htih die Betonung), alles in nieht zu sehnellem Tone vorgetragen, - - so ist tier Gesang doch nicht be- deutend zu nennen, um so mehr, a|s die anmuthigsten S.tellen immer dureh girrr and tirrr begleitct sind. In der Schweiz steht unser Vogel in dem Ru~e eines vorzfiglichen Sangers, ohne: dass er ihn verdient. ~ Dessenungeaehtet maeht mir gerade hie~der Gesang viele Freude, dcnn sowohl er, wie da s ganze Treiben der u mir an, dass Acc$ntor alpinus in ftinf his ach~ Paaren im Begrit~':ist i in den Schneegruben zu brtiten.

Gem haste i ch noeh langer hier verweilt, doeh mahn~ der Reisegeli~hrte zum Auibruch. Zucrst kommen: wit tiber einen reiehen Bltithenteppich des Kammes, gebilde~ aus Primula minima, Anemone narcissiflora, Potentilla au,'ea and [:Iyraeien~ ~ dann in

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die dem ElbfaI1 zuliegenden Moosparthien, woselbst man leieht bis an die Kniee - - und welter noch - - versinken kaan. Das Terraifi zwischen den Schneegruben nach dem EIbfall zu senkt sich namlich allmahlig, da die ersteren 4595, der letztere nur 3927 Fuss hoch ist. In den Mooren an der Elbquelle ist Anthus aquaticus so recht-zu Hause. Es steigen viele V(~gel singen d in die Luft und bestat igen das oben Gesagte. Sic setzen s ich auf die hervorragenden Steine oder auf die trocknen Aeste. des Kaie- holzes. Die u sind so scheu, dass ich ihnen mit meizier Pistole nichts anhaben kann; nur einer lasst~ sich ziemlich nahe kommen, er sitzt auf einem aus einer Moorwiese hervorsehenden Stein und maeht nile Man6ver der Extase, die der Begattang vorherzugehen pfiegen, weshalb muthmasslieh da~ Weibehen in tier nachsten:Nahe beim fertigen Nest ist. Er hebt den Schwanz senk- reeht in die tt6he; legt den Kopf zuriiek~ l~s t die Fliiget:hi~ngen und tanzt singend auf dem Stein bin und her, ganz so wie ein Blaukehlchen. Am Saum dieser Moore finde ich vielfacb die Excremente des Tetrao tet~'ix. Trotz der H6he der Schneegruben und dcr Elbquellen kommt auf dem Kamm bier ~tlauda arve~is nieht selten vor, denn ich sehe wohl 5 oder 6 Vogel, welche in circa Haush0he singend einherfiiegem ohne in die LuIt za steigen, wie dies in- der Ebene gesehieht.

Am Elbfall halt sieh/ein Cucuh~s canorus auf~ der ~ein ,,Ku- kuk" weithin erschallen li~sst, tiberall seiu unstates Wesen treibt und jedenfalls hierselbst seine Eier in die Nester yon 211otacilla sulphureat Anthus aquaticus und Accentor modularis legt. - ~qa~h Joseph Sehier, dem Elbfallbaudenbesitzer, soll Cinelus aquatic~a zeitweise : den :Elbfall besuchen und dann an tier Forellenbrut grossen Schaden thun.

Das obere Elbthal hat vollkommenen Hoehgebirgscharakter. Beim Hinabsteigen kommt man zuerst dutch Knieholz, dana dureh verkriippelte Rothtannen und durch knieholzartig gewachsene Bir- ken; ,ferner-durch ges.chlossene Rothtannen und endlieh darch tippige gemisehte Laub-~ und Nadelwaldungen. - - B e i m Hinab- steigen h(lre ich oben in den Felsen Erithacus tithy8 und im Ka'iippel- holz Tur&~s torquatus in abgerissenen Strophen. ~ccentor modu- laris ist iiberall ~ hier, Sylviafitis nur einzelu. In der Region der Birken lltsst sicti Troglodytes, Sylvia rubecula und trochilus h~ren, im geschlossenen Tanaenwald Tttrdus muaicus , Sylvia ,an'ieatg'lla,

Journ. f. Ornith?, XI!I..lahrg.,, Nr 77. September 1865, 25

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Regulus, Sylvia hortensis, und iiberall yon der Quelle bis St. Peter Motacilla 8ulphurea.

Bei St. Peter fallen mir sofort die vielen Sehwalben ('Hirundo urbica) auf, welehe sehr hoeh oben in derLuft sehweben und ihre Nester an der Spindler-Mtibie angelegt haben. Es wird immer angenommen, dass bei der Wanderung die Vogel, namentlich die SehwaIben und Segler, das Riesengebirge ganz meiden und das- selbe umfiieg'en. Bei der grossen H0he der Spindler-hliihle glaube ich nich~ mehr daran, web1 abet, dass die Wanderung durch die Thaler geht, so z. B. die Iser aufwarts und den Zacken abwarts. Hirundo rustica kommt bei St. Peter nicht vor; die wenigen Staar- buden sind besetzt. Ein Corvus cornix durchstreicht das Thal) die Hole besuehend, und ist ohne Zweifel ein Brutweibehen. Tur- dus viscivorus singt spat am Abend, Tetrao tet~'ix is~ nach FOrster Patzal ziemlieh haufig bier.

5. Der Z iegenr f i cken und die Koppenp lane .

Der direkte Aufgang auf den Ziegenriicken yon der Spindler- Miihle aus ist der Steilheit halber sehr ermiidend. Ich h0re am Abhange Pyr~'hula sanguinea, F+ingilla coelebs~ Embem~a citrinella und Saxicola rubetra. Der Ziegenriicken fallt zum Weisswasser und dem Langengrund, d. h. dem St. Peter-Thai so steil ab und ist stellenweise oben so sehmal, dass die Passage fiir einen sieh zum Sehwindel Neigenden nieht reeht geeignet ist. Die HOhe wie die Abhlinge sind kahl oder mi~ Knieholz gruppenweise bedeckt. Unsere Hunde revieren im Knieholz ausserordentlieh, ohne aueh nur einen Vogel herauszubringen. In der Ferne steigt aus den offenen Parthien .4nthus: aquaticus aus und singt gleiehzeitig mit einigen Baumpiepern des Abhanges, wodureh mir die Aehnlich- keit tier Gesiinge beider so recht vorgef'iihrt wird.

Zur Koppenplane, za der wit hinabsteigen, fallt siidlich der Ziegenriicken und der Brunnenberg, nOrdlieh der Silberkamm, der Lahnberg, die kleine und die Schneekoppe ab. Sie ist eine Er- ~eiterung des Kammes and bildet eine grosse Flaehe mit santten Abdaehungen inmitten der Hochgebirge selbst mit Moor-und Wiesenparthien undKnieho/zgruppen. - -Die vorziigliehsten wiesen sind die der Renner- und der Wiesenbaude, Die erstere liege gleieh am Fuss des Ziegenriiekens sanft zum Weisswasserhin sieh senkend; sie ist bei einer Gr~isse yon ~circa 7 Morgen eben, ziem- lich nass Und mit fi'isehem griinen Gras bewaehsen; nur hier und

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da steht ein Mal eine Btilte als Unebenheit, oder eiae kri~ftig hervorschiessende Veraterum Lobelianum als Charakterpflanze. Ich beobaehte bier Saxicola oenanthe, Sylvia tithys, Motacilla alba, Anthus aquaticus und 19ratensis.

Der Durst halt reich auf einige Minutea an der Quelle der Rennerbaude zurtick, wahrend von Ktigelgen langsam weitel: waa- deft. Seine ,,Fanka '~ treibt yon der Wiese einen ~ s s e r e n Vogel auf, der niedrig und i~hnlieh wie Oedlcnemus tiber den Boden him wegstreichend, 200 Schritt davon sich am Abhange niederliisst. Ich bin zu entfernt, um mit Sieherheit die Art ~u erkennen. Der Vogel ist viel kleiner wie Oedicnemus, doch gehSrt er hierher; sollte es nicht ein Morinell sein? - - Eilig gehe ich ihm nach und nahere reich bis auf 35 Schritt. Der Vogel sitzt ganz ruhig~ jetzt erkenne ieh ihn, es ist wirklich ein Charad.rius morinellus. Er reekt die Fltigel und will auffiiegen, - - j e t z t ist es Zeit~ ieh schiesse mit meiner langen L. Carillo-Pistole und - - mein Vogel springt immer fusshoch, ohae yon der Stelle kommen zu k~innen. Ich sttirze darauf zu, doch Fanka paekt ihn einen ~oment frtiher, und - - ein vollsti~ndig entwickeltes, aber noeh unschaliges El, das der Vogel fallen liisst, l iegt vor meiaen Fiissen. - - Lange suchen wir vergebens nach dem Nest, doeh constatirt der Fall selbst, dass Ch. movinellus nun wieder auf der Koppenplane brtitet.*)

Das zwischen beiden Wiesen gelegene Moorterraia ist durch tiefe nattirliehe Gri~ben oder besser Risse durehzogen und mit Kuieholz reichlieh bewaehsen. `4lauda arvensis ist auch bier ziem- lieh haufig, wie auch MotaciUa alba, Saxicola oenanthe and die beiden Pieper (.4. aquaticus und pratensis).

Die Wiesenbaude liegt gauz ahnlieh wie die Rennerbaude. Hier p)~i~parire ieh meinen Morinell, und schiesse einige Wasser: pieper, die hier sehr zahm sind. Sylvia tithys nistet tibrigens im Heustall.

An den Teiehen, die wir Nachmittags besuehen, finale ieh das Nest yore Wasserpieper, wobei ich bemerke, dass der Wiesen- pieper des Riesengebirges ein echter Anthus pratensis und nichts Anderes ist. Hierzu berechtigt ihn k(irperliehe Gestaltung,/Far- bung, Loekstimme und Gesang, Nestanlage und Ei. In den Fels- wanden der Teiehe liegt noch mehr Schnee, als in den eigent-

*) Wie ich dean ebeadaher Anfang Juai fiinf Eier erhalten habe. 25*

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lichen Schneegruben, yon Accentor alpinu6 ist jedoch Nichts zu sehen und zu h(iren.

Auf der Schneekoppe haben wir eine brillante Beleuchtung und Fernsicht; bei Hiibner in den Grenzbauden bleiben wir zur Nacht.

6. D u r c h das k l e i n e A u p a - T h a l a u f den S c h w a r z e n b e r g .

Kamm, Koppenplaae und Schneekoppe haben das Auge auf die Dauer ermtidet, das saftige Grfin des kleinen Aupa-Thals wirkt sehr erfrischend. Auf tier Wiese uaweit der Grenzbauden spaziert ein durehaus nicht seheuer Turd~s torquatus, zeitweise mit dem Sehwanz und den Fltigeln zuckend und ciiil Iockend. - - In den Rothtannen des Thales melden sieh die beiden Waldmeisen (Parus ater und c~'istatus)~ wahrend F~ingilla coelebs reeht fleissig schlagt. Erst in Dunkelthal, wo das Thal sic5 erweitert, stellt sich wieder F'~ingilla se~inus ein, ~vie auch Hi~ndo rustica, urbica und Cypselus apus. Hier diirfte ebenfalls Ffir Wandervsgel eine Durchgangs- passage: sein, niimlich Kleia-Aupa und Lieschea aufwarts zum Bober hia und diesen abw~rts.

Der Girlitz wird haufiger, auch der Staar und der Spottvogel (Hypolais) treten wieder auf, nur der Sperling (Passer domesticus) fehlt immer noch yon Petersdorf an.

Am 23. Morgens bestiegen wir yon Johannisbad aus den fast 4000 Fuss hohen Sehwarzenberg. Die Abhange nach Johannis- bad zu hahen dichte Rothtannenbesti~nde, worauf in i der H(ihe Wiesen Und Baudenwirthschaften, endlieh Moore und tIochgebirgs- tannen fdigen. Auf dem Gipfel stehen die schou einige Mal er- wahnten kopflosen, reichlich mit Flechten bewaehsenen Roth- tannen~ wahrend das Knieholz fehlt. Der Gipfel fst nicht dicht bewaehsen, die Rothtannen stehen zu 5 und 6 Fuss zusammen, in sich kleinere oder gr(~ssere Gruppen bildend. - - Beim letzten Moore nehme ich ein Nest yon .4nthus Tratensis aus und bin mit dem Eiereinpacken noeh beschaftigt, als mir yon Kiigelge~ zuruft, dass er Waehholderdrosseln (Turdus pilari8 ) h(Ire. ~Sehnell bin fch bei ihm. Wir h(iren wieder dieses giig giig, aber nicht yon der Wachholderdrosse], sondern yore Turdus torquatus. Der Ton ist~ iibrigens zum Verwechseln ahnlich. Zwei Vsgel treiben dieht vor uns ihr Wesen in den dicht verwebten untern Kiefernzweigen, und zeigen auch hierbei eine gewisse Aehnlichkeit mit Turdus pi- laris. - -Je tz t ging es nun art's Nestersuchen, selbst yon Kiigelgen

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Streifereien tiber die btihm.rschles. Grenzgebirge. 365

ging mit Feuer und Flamme daran. Die V6gel ,,g~ggera" immer um uns herum oder kehren, wenn sie sich, um uns irre zu leiten, auf einen Moment entfernen, hnmer wieder zurfiek. Ihr gauzes We'sea verrath unzweifelhaft den Brutplatz, - - es sind fibrigens zwei Faare hier, w and immer noch kein Nest. Da mit einem Male sitzt es vor mir, tier Vogel auf ihm, und zwar SO fest, dass ieh ihn beinahe ergreife. Im Nest liegen 4 sehr stark bebriitete Eier. Dieses sitzt 4 Fuss ~om Bodcn. Die alte Rothtanne ist l0 Fuss t~och, weaigstens II Fuss dick, obea fast verdorrt und nut mit wenig halbtrockeaem Zweigaussehlag versehen. Das Nest sitzt auf einem starken Seitenast, mit der e inen Seite an den Hauptsmmm sich anlehnend. Es sitzt nach Nordwesten zu und is~ yon hier durch dichtes Gezweig der Nachbartannen derselbea Gruppe gedeckt, nach SW. und Osteu halt der Stature mit seinen Zweigen selbst dea~ :kalten Wind ab. Das Gezweig umgiebt mit lung herabh'~ngenden weissen Bartflechten wallartig in einer Ent- fernung yon 1 l~ Fuss das Nest, welches demnach recht ge: schfitzt und doch frei dasteht. Es ist fibrigens das Mannehen, welches briitete. Es war ein herrlicher Anblick, diesen wirklich sch~nen Vogel mit der weissen Kehle und den grossen klugen Augen so auf dem Neste sitzen zu sehen ~ inmitten von Rfibezahl- Barten, wie die Flechten genannt werden. Der Vogel strich ,stiIV ab,, sti~rzte in das dichte Gezweig einer Naehbargruppe, ring hier an zt~ g(iggexn und bald waren ihrer vier:da, woraus hervorgeht~ dass muthmasslich noch ein zweites Nest in nachster Nahe war; Wir' lagen lange im Hil~terhalt, ohne auf einen der Vtigel, die sich gut verbargen, sehiessen zu ktinnen.

Wit gehen nun fiber den Blauberg zurtick, woselbst 'wir Muscicapa gq'isola, Sylvia Thoenicurus und Regulus antreffen. Die dortigen Moorparthien sind zu klein und durch flea Wald zu sehr eingeengt, als dass sie den Charadrius moq~nellus beherbergen sollten. - - In Johannisbad wurde kein Sperling gesehen. ~ [[err Hampel~ ein Gasthausbesitzer, erziihlt mir, dass, wenn Turdus tor- quatus frfih Morgens sehr laut, oft wohlklingend, oft schaekernd ohne reehten Zusammenhang sang%: es ft ir den Bh'khahnjiiger Zeit sei, auf die Balz zu gehen.

Ehe wit ~on Turdus tor~uatus Abschied nehmen~:bemerke ieh noeh, dass er ira Riesengebirge durchaus nicht haufig ist~ dass ieh ihn. hie ~.im Knieholz, wohl aber stets in der diesemtiefer ge- legenea Naehbarregion fan& Gew6hnlich war Wasser in der

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366 Alex. v. Homeyer : Streifereien fiber die b0hm.-schles.

Niihe, der Gipfel des Schwarzenberges aber ist sehr-trockcn und die Moore wohl 20 Minuten davon entfernt.

7. U e b e r T r a u t e n a u dureh die Felsen.

Das bohmisehe Hiigelland ist unter dem Pflug, Wiilder treten in den Hintergrund, dem Landschaftsbilde sieht man die fort- geschrittene Cultur an. Fringilla serinus ist fiberall hiiufig, Passer fehlt fast ganz in den D0rfern. Trautenau hat seiner tiefern Lage halber eine besonders iippige Umgegend, GetreidefeIder wechseln mit hochgrasigen Wiesen ab, in denen Crex pratensis schnarrt. An den Kiesbitnken des Bachs li~uft Charadrius minor einher, aus den Giirten singt uns Syb.~a garrula und cinerea entgegen. Die alten Thfirme Trautenaus beherbergen eine Unzahl yon Dohlen (Corvus menedula) und Seglern (CTpselu~):

Das Thierleben in den Adersbacher und Weckelsdorfer Felsen ist durchaus nicht yon Bedeutung, denn ausser den unvermeid: lichen Gebirgsbachstelzen (M. sulphurea) ist in ihnen nur Fringilla coelebs, Emberiza citrineUa, Accentor modula~4z, Parus ater und Regulus anzutreffen, wahrend ieh nur ein Mal am Fuss derselben in einem ziemlich gesehlossenen, mittelMten Rothtannenwald einea Oirlitz singen hOrte. Naeh den eingezogenen Erkundigungen soil ,gt~'ix bubo hier in 3 bis 5 Paaren horsten, einzelne VOgel sollen die Gewohnhcit haben, Abends yon Lieblingsplatzen aus stunden- lang :dutch die FeIsen zu schreien. Den ~r alpinus will man kennen.

Die lohnende Parthie fiber den ttutberg nach dem Sternberg bei Braunau llisst uns vielfach in den Buchenwi~ldern mit Sylvia sibilatrix zusammenkommen. Herr F0rster Zgek theilt mit t dass der Uhu auf dem Stern allji~hrlieh horste, dass Tetrao urogallu8 daselbst ein Mal gebrtitet habe, dass Tetrao tetrlx daselbst nicht~ Tctrao bonasia aber recht haufig vorkommen; dass Turdu8 pilari~ im Sommer nicht, im Winter in grossen Schaaren anzutreffen sei.

8. U e b e r Glatz nach Liegni tz .

Die westliche Grafschaft zeigt seh0ne sanft abfaUende Htigel mit geniigend Wasser und pr~tchtigen Waldungen. Hervorragend isll namentlieh der zwischen Heuseheuer and Cudowa gelegene Buehwald, in welehem Muscicapa pa~'va zu Hause ist. Ich hOre wohl 5--6 Miinnehen singen, ohne mit meiner langen Pistote ihnen beikommen zu k0nnen. Die Vogel halten sich sehr hoch oben auf~

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Grenzgebirge. - - Pred. B (i e k: Mauser d. Eudytes arcticus. 367

sind sehr scheu und unst~tt, singen immerfort, doeh nie auf der- selben Stelle zwei Ma], sie durchstreifen das an und ffir sich nieht grosse Revier mit grosser Eflfertigkeit und sind bald wieder da, wo sie uns verliessen, ohne jedoch liinger als einen Moment zu verweilen.J~ Der Gesang ist frei heraus, zart und doeh sehr laut; der Ton erinnert mit seiner zarten Frische an Parus ater oder aueh an die Laubv(igel (Ficedula). - - Ein Nest finde ich nicht, aber Brutvogel is t MuscicaTa Tarva ganz gewiss hier and dieses durchaus nicht selten.

In den Kiefern h(ire ich Loxia curvirostra und Spinus alnorum; im Thal yon Cudowa MuscicaTa grisola, ttypolais, wahrend am Teich Calamoherpe arunclinacea brfitet.

In Reinerz ist Fringilla serinus h~tufig, Passer domesticus iedoeh gar nicht.

: Auf tier Tour naeh Glatz wird Ft . serinu8 seltener, .tlauda cristata, Fringilla chloris und Embe~Sza hortulana stellen s i ch ein, Crex und Coturnix lassen sieh auf dem Kleefeld h0ren. - - An den kleinen Feldteiehen dieht vor Glatz kommt Calamohe~Te palust~'is (ifter vor. - - Bei Reichenbach h~re ieh keinen Girlitz mehr, yon Kfigelgen beobachtet ihn noch ein Mal bei Salzbrunn. Bei Schweidnitz stellt sieh Turdus Tila~is ein.

Die sehone Stadtpromenade yon Liegnitz beherbergt den Girlitz nicht.

G l o g a u , den 4. August 1865.

D i e M a u s e r d e s B u d y l e a a r e t i c u # ist seit li~ngerer Zeit ein Gegenstand des St§ und es sind die Acten fiber dieselbe wohl noeh nicht geschlossen. Die ent- gegengesetzten Ansiehten Naumanns und des Dr. Paulsen (Ueber- setzer des Werkes yon Holb(ill) seize ieh als bekannt voraus. Ich habe reich sei~ ~ einer ;R~ih~Von ~ Jahren' mii der Mauser der hie- sigen Wasserv(igel beschaftigt und babe besonders dem E. avcticu s und septeht~'ionalis meine Aufmerksamkeit zugewendet~ Ich habe yon beiden Arten eine grosse Masse ~n Hiinden gehabt and be- sitze noch jetzt yon JederAr t wenigstens 30 Exemplare aus fast allen Monaten und in den versehiedensten Kleidern. Ieh entscbeide reich mit Bestimmtheit f'tir die Ansicht des Dr. P~dsen. Beide Vogelarten mausern, wie es die nahe Verwandtschaft auch schon vermuthen lasst, fast zu gleieher Zeit, so dass sie im April, Mai, Anfang Juni das frisehe Prachtkleid ~'ollendet tragen. Arcticus